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Die BiBhebung: Behandlungserfolg und -mifierfolg unter Beurteilung von Fernrfntgenseitenbildern Von R. Wenzel, Bremen Kieferorthop/idische Abteilung (Prof.Dr. G. H. Miiller) der Klinikund Poliklhfikfiir Zahn, Mund- und Kieferkrankheitender Georg-August-Universit~it G6ttingen (Prof. Dr. Dr. Th. Kirsch) Mit 2 Abbildungen Die Schwierigkeiten, die sich oftmals bei der Behebung eines starken frontalen Tiefbisses sowohl bei herausnehmbaren als auch mit festsitzenden Behandlungsver- fahren ergeben, veranlagte uns, dieses Problem noch einmal genauer zu untersu- chen. In Anlehnung an die bei der Podiumsdiskussion unserer letzten Jahrestagung deutlich erkennbaren unterschiedlichen Meinungen fiber den prognostischen Wert des Fernr6ntgenseitenbildes fiir den Einzelfall wurde eine Nachuntersuchung eini- ger in der Literatur empfohlener Kriterien vorgenommen. Es soil in dieser Arbeit gekl~irt werden, inwieweit bestimmte fernr6ntgenologische Winkel- und Strecken- befunde sowie deren Beziehungen zueinander einen ausreichenden Hinweis auf eine zu erwartende negative oder positive Bighebungstendenz h~itten liefern k6nnen. Eigene Untersuchungen Es wurden 60 Patienten der Kieferorthop~idischen Abteilung der G6ttinger Klinik mit Angle-Klassen I, II1 und II2 an Hand von Anfangs- und Schlugmodellen sowie Anfangs-Femr6ntgenaufnahmen ausgewertet, davon 27 mit negativem und 33 mit positivera klinisehen BiBh'ebungsergebnis. Als Auswahlkriterien dienten: 1. mindestens 5 mm frontaler Llberbig bei Behandlungsbeginn (Mittelwerte bei den negativ verlaufenen 5,8 mm, bei den positiv verlaufenen 6,0 mm), 2. Behandlung ausschlieBlich mit abnehmbaren Ger/iten, weitgehend mit funktions- kieferorthop/idischen Apparaten sowic 3. gute Mitarbeit der Patienten, ermittelt an Hand der Karteikarte sowie durch Be- fragen der zust/indigen Kollegen. Die Behandlungsdauer betrug bei den negativ verlanfenen F/illen 3,5 bis 7,7 Jahre Tab. I. Mittelwerte der Untersuchungsdaten. Durchschnitts- Dauer der frontaler durehschnitt- alter bei Behandlung Uberbil3 vor liche Behandlungs- Behandlungs- BiBhebung beginn beginn erfolgte B~hebung ausgebliebene Bighebung 9,6 Jahr, 3,8 Jahre 6,0 mm 3,8 mm 9,3 Jahre 4,4 Jahre 5,8 mm 0,15 mm 302 Fortsehr. Kieferorthop.37 (1976) 302-309 (Nr. 3)

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Page 1: Die Bißhebung: Behandlungserfolg und-mißerfolg unter Beurteilung von Fernröntgenseitenbildern

Die BiBhebung: Behandlungserfolg und -mifierfolg unter Beurteilung von Fernrfntgenseitenbildern Von R. Wenzel, Bremen

Kieferorthop/idische Abteilung (Prof. Dr. G. H. Miiller) der Klinik und Poliklhfik fiir Zahn, Mund- und Kieferkrankheiten der Georg-August-Universit~it G6ttingen (Prof. Dr. Dr. Th. Kirsch)

Mit 2 Abbildungen

Die Schwierigkeiten, die sich oftmals bei der Behebung eines starken frontalen Tiefbisses sowohl bei herausnehmbaren als auch mit festsitzenden Behandlungsver- fahren ergeben, veranlagte uns, dieses Problem noch einmal genauer zu untersu- chen. In Anlehnung an die bei der Podiumsdiskussion unserer letzten Jahrestagung deutlich erkennbaren unterschiedlichen Meinungen fiber den prognostischen Wert des Fernr6ntgenseitenbildes fiir den Einzelfall wurde eine Nachuntersuchung eini- ger in der Literatur empfohlener Kriterien vorgenommen. Es soil in dieser Arbeit gekl~irt werden, inwieweit bestimmte fernr6ntgenologische Winkel- und Strecken- befunde sowie deren Beziehungen zueinander einen ausreichenden Hinweis auf eine zu erwartende negative oder positive Bighebungstendenz h~itten liefern k6nnen.

Eigene Untersuchungen Es wurden 60 Patienten der Kieferorthop~idischen Abteilung der G6ttinger Klinik

mit Angle-Klassen I, II1 und II2 an Hand von Anfangs- und Schlugmodellen sowie Anfangs-Femr6ntgenaufnahmen ausgewertet, davon 27 mit negativem und 33 mit positivera klinisehen BiBh'ebungsergebnis.

Als Auswahlkriterien dienten:

1. mindestens 5 mm frontaler Llberbig bei Behandlungsbeginn (Mittelwerte bei den negativ verlaufenen 5,8 mm, bei den positiv verlaufenen 6,0 mm),

2. Behandlung ausschlieBlich mit abnehmbaren Ger/iten, weitgehend mit funktions- kieferorthop/idischen Apparaten sowic

3. gute Mitarbeit der Patienten, ermittelt an Hand der Karteikarte sowie durch Be- fragen der zust/indigen Kollegen.

Die Behandlungsdauer betrug bei den negativ verlanfenen F/illen 3,5 bis 7,7 Jahre

Tab. I. Mittelwerte der Untersuchungsdaten.

Durchschnitts- Dauer der frontaler durehschnitt- alter bei Behandlung Uberbil3 vor liche

Behandlungs- Behandlungs- BiBhebung beginn beginn

erfolgte B~hebung ausgebliebene Bighebung

9,6 Jahr, 3,8 Jahre 6,0 mm 3,8 mm

9,3 Jahre 4,4 Jahre 5,8 mm 0,15 mm

302 Fortsehr. Kieferorthop. 37 (1976) 302-309 (Nr. 3)

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Beurteilung yon FernrOntgenseitenbildern bei Bifihebung

(J), MJttelwert (M) 4,4 J; bei den positiv verlaufenen F/illen 2,7 bis 5,0 J, M = 3,8 J (Tab~ l.).

Die Behandlung begann bei den negativen Ffillen im Alter zwischen 8,0 bis 12,1 J, M = 9,3 J; bei den positiven Ffillen zwischen 8,8 bis 12,0 J, M = 9,6 J.

Bei 37 % der neg. und 36,3 % der pos. F/ille war zusgtzlich eine Bigabweichung yon :1/4 bis 1 PB nach distal vorhanden, stark iiberwiegend 1/2 P B :

Bei 63,6 % der pos. und 77,7 % der neg. F/ille war eine Extraktionvon bleibenden Ziihnen vorgenommen worden, dabei betrugen die Pr~molarenextraktionen bei den r~eg. FNlen 55,5 % und bei den pos. 33,3 %.

Am Modell wurde der frontale l~berbig zu Beginn und am Ende der Behandlung r

Die fernr6ntgenol0gische Auswertung erfolgte mit dem yon Bj6rk angegebenen ~nd yon Jarabak (1972/1975) weiter entwickelten Verfahren erg/inzt durch den $chfidelbasiswinkel (Anlehnung an Kummer 1952) (Abb. 1).

a) Strecken: vordere Gesamtgesichtsh6he (NMe) vordere obere Gesichtsh6he (N Spa Spp) vordere untere Gesichtsh6he (Spa Spp Me) hintere Gesichtsh6he (SGo)

Trennung durch die Spinaebene

b) Winkel: Gesamtgonionwinkel (Go) unterer Gonionwinkel (Gou) oberer Gonionwinkel (Goo) Me-N-S-Winkel Winkel zwischen NS und der Tangente an den horizontalen Unterkieferrand (NS/MP) Winkel SpaSpp/NS Grundebenenwinkel (SpaSpp/MP) Winkel zwischen NS und der Y-Achse (NS/Y)

Trennung durch die Gerade GoN

Schiidelbasiswinkel (N-S-Ba) Weiterhin wurde der Versuch unternommen, in Anlehnung anBjOrk (1963/1969)

angeblich mit der Rotationstendenz des Unterkiefers verbundene Merkmale einzu- beziehen: Krtimmung des Unterkieferrandes (Abb. 2), Mandibularkanalverlauf, sowie Form und Lage der Symphysenl~ingsachse zur Frankfurter Horizontalen.

Das Auswerten der Ferrtr6ntgendurchzeichnungen erfolgte ohne vorherige Klas- sifikation in die pos. oder neg. Gruppe, um eine subjektive Beeinflussung zu vermei- den. Zur weiteren Eingrenzung von Fehlerm6glichkeiten wurden die Analysen durch eine einzige Person vorgenommem

Die Versuchsergebnisse fiberprfifien wir mit dem T-Test nachStudent auf ihre Si- gnifikanz.

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R. Wenzel

__FH

a

Abb. t. Schema der verwendeten MeBgr6Ben.

/ m e

/ 3o

Abb. 2. Skizze zur metrischen Erfassung des Unterkieferrandverlaufes in Relation zur Un- terkiefertangente; + = st~rkste Durchbiegung (in ram); - = maximalster Auspr~igungsgrad der Einziehung (in ram) des Unterkieferrandes in bezug auf die Tangente.

Ergebnisse

D i e ers te F r a g e ga i t d e m Einflul3 d e r W i n k e l b e z i e h u n g zwischen d e r Sch~idel- so-

wie de r O b e r k i e f e r - u n d Un te rk i e f e rba s i s . Be i k e i n e m der u n t e r s u c h t e n W e r t e

k o n n t e e in s ign i f ikan te r U n t e r s c h i e d zwischen den neg. u n d pos . v e r l a u f e n e n F~illen

fes tges te l l t w e r d e n :

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Beurteilung yon FernrOntgenseitenbildern bei Biflhebung

NSfY (pos. 67,6 ~ _ 4,66; neg. 67,8 ~ + 4,09),

NS/SpaSpp (pos. 6,8 ~ + 2,38; neg. 6,0 ~ + 3,17), NS/UK-Tangente (pos. 34,6 ~ + 9,19; neg. 33,0 ~ -1- 6,41), ~N/Me (pos. 73,9 ~ + 3,79; neg. 74,1 ~ + 3,91) (Tab. II) .

Ebenfalls war bei der vorl iegenden Nachuntersuchung kein Unterschied im Mit- telwert der Sch/idelbasiswinkel (pos. 1 3 0 ~ 3,85; neg. 128 ,3~ 4,0) und der Grundebenenwinkel (pos. 27,8 ~ + 6,24; neg. 27,0 ~ + 6,21) zwischen den beiden Bighebungsgruppen zu eruieren (Tab. II).

lm gleichen Sinne verhielten sich der Gesamtgonionwinkel (pos. 127,3 ~ __ 7,3; ~eg. 123,5 ~ + 21,0) wie auch die getrennten Mittelwerte, der oberen Gonionwinkel (pos. 5 3 , 8 ~ 5,1; neg. 5 1 , 5 ~ 5,3) und der unteren Gonionwinkel (pos.

73.4~ neg. 71,8~ 13,9) (Tab. III) . Bei Errechnung der Mittelwerte, getrennt ~ach Extraktions- und Nichtextraktionsf~iUen, konnte kein signifikanter Unter - schied zum Gesamtmi t te lwer t der jeweiligen Gruppe festgestellt werden. Die $chwankungen lagen sowohl bei den pos. als auch bei den neg. verlaufenen Gruppen welt unterhalb der Standardabweichung der Gesamtgruppe. Auch die Mittelwerte der Verh/iltnisse der hinteren zur vorderen Gesichtsh6he (pos. 63 ,4% _+ 4,46; neg. 64,7 % + 4,7) und der anterioren unteren zur anterioren oberen Gesichtsh6he (pos. 1,22 _+ 0,09; neg. 1,24 + 0 ,01)zeigten keinen signifikanten Unterschied (Tab. IV).

Etwas anders verhielt sich die Best immung der Rotat ionstendenz, abgeleitet aus dem hinteren und vorderen Gesichtsh6henverhgltnis nachJarabak (1975) (Tab. V).

Tab. II. BiBhebungseffekte in bezug auf einige cephalometrische Winkel (Mittelwerte).

NS/UK- Schfidel- Spa-Spp/ NS/Y-Achse NS/Spa-Spp Tangente basis-win- S N / M e lK-Tangente

(in ~ (in ~ (in ~ kel (in ~ (in ~ (in ~

erfolgte 67,6 6,8 34,6 Bil3hebung SD=4,66 SD=2,38 SD=9,19 N=33

ausgebliebene 67,8 6,0 33,0 BiBhebung SD=4,09 SD=3,17 SD=6,41 N=27

130,0 SD=5,85

73,9 27,8 SD=3,79 SD=6,24

128,3 74,1 27,0 SD=4,00 SD=3,91 SD=6,21

Tab. IiI. BiBhebungseffekte in bezug auf die Gonionwinkel (Mittelwerte).

Gonion- oberer unterer Verh~iltnis winkel (in ~ Gonion- Gonion- unterer Go 2}.

winkel (in ~ winkel(in ~ zum oberen Go 2~

erfolgte 127,3 53,8 73,4 1,37 Bighebung SD=7,3 SD=5,1 SD=5,5 SD=0,18 N=33

ausgebliebene 123,5 51,5 71,8 1,38 Bil3hebung SD = 21,0 SD = 5,3 SD = 13,9 SD = 0,17 N=27

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Tab_ IV. Bil3hebungseffekte ~in bezugauf 'das Verh/~ttnis d e r Gegiehtsh6hen (Mittelwerte).

posteri0~:elanteriore ar/teri0re tintefe/afiteriore obere '(ifi %) (Absoltltwerte)

erfolgte 63,4 1,22 Bighebung S"D'=:4;~6 SD =0',09 N=33- ausgebl!ebene 64,7 1,24 BiB:tleb:ing' SD= 4.70 SD ~O, 10 N=27

Tab. V. BiBhebtmgseffekte in bezug auf die Rotationstendenzbesltimmung nachJarabak

BiB6ffnungs- ,neutral BigsehlieBungs- r, otation rotation ,Gesamtzahl

(clOckwise) (neutral) (counter clockwise) der (Ailzaltl t ie r F~ille) fArizahl:der@/ille) (Aiizah(de, 'FNie) Fglle

erfoigte 7 15 11 33 BiBheb~ang (-~ 21,2 %) (~ 45,5 %) (g 33,J %) (~ 100%)

Busgebliebene 1 ! 4 12 27 i~hebt/ng (=~ 3,7 %) (~ 5 i,9%) (~ 44,4 %) ( ~ 100 %)

[posteriore dutch an~teriore Ge.sichtsh6he-in % =~ bei clockwise 54% his 59%. ~" bei neutral 59% > bis < 65%

bei co, nnter clockwise 65% bis 80%]

: :I:ab~ u ~eh'~teilunNder:NeutralNerte naeh der Gr6Be der ob.eren,und un, teren, Goni~winkel nachJara- ba~.

effolgte Bif3hebung ausgeNiebene BiBhebung Nr. 0berer Go 2~ ~nte~gr G0 ~ oberer .G0,2~, unterer Go~

i 2 )

4

6

9 I0

*1 1'2 *3 14

1 5 Norma!werte

r l

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+- + n

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2 �84

2 . . . . . "

I I :

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oberer Go 2~ 52~ ~

: Unterer Go 2~ 70o-750

; n - - ~

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n - n: U ~2= n

u ~

n h - 5 ' : n n :+

+ + I 1 171 n

n 4 q- - :n + + n

n ~ Norm alwer t =gr6f3er

-~=kle]ner f i ....

F0rtsctir.,Ki6fero~th6pi: 37 (I976): 302~3:09 (Nr~,3)

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Beurteilung yon FernrOntgenseitenbildern' bei Biflhebung

Einziehung Durchbiegung

~,,~'folgte Ng~hebu~lg 0,94 mm 1,53 mm Tab. VII. BiBhebungsef 7

fekte in bezug auf die zu~gebliebene Form des Unterkiefer- Btl3hebung 1,15 mm 1,33 mm randes.

Hierbei war ein Uberwiegen der BiB6ffnungsr0tation (counter-clockwise) bei den 0ositiven gegeniiber den negativen Fallen (21,2 % zu 3,7 %) festzustellen, wahrend ,,.~ieh die BiBschliegungsrotation (clockwise), wenn auch nicht so eindeutig wie im obigen Fall, entgegengesetzt verhielt (33,3 % zu 44,4 %). Entscheidend ist dabei, dab r~eben den geringen Unterschieden bei der Bigschliegungsrotation noch ein sehr groger Rest von neutralen, d.h. auf Grund der Gesichtsh6henretation nicht eindeu- ~g einzugruppierenden, FaUen vorhanden ist (pos. 45,5 %; neg. 51,9 %). Zur progno- .~tischen Bewertung dieser Falle schlagtJarabak (1975) vor. das Verhalten des obe- ten und des unteren Gonionwinkels mit heranzuziehen: bei kleinem oberen Go- Winkel sei ein mehr vertikal verlaufendes Wachstum des aufsteigenden Unterkieferastes zu erwarten, was sich im Sinne einer BiBschliegung auswirken wiirde (und umgekehrt). Noch eindeutiger sei die BIB- schliegungstendenz aus der relativen Kleinheit des unteren Gonionwinkels zu er- kennen und umgekehrt die BiB6ffnungstendenz bei grogem unterem Gonionwinkel.

Die Betrachtung der Tabelle VI zeigt nun, dab der obere Gonionwinkel zwar bei den Fallen mit ausgebliebener BiBhebung eine relativ groge Zahl yon Werten klei- r~er als 52 ~ aufweist; aber bei den Mittelwerten ist dieser Trend nicht erkennbar.

Die Ergebnisse beztiglich des Grundebenenwinkels, des Gesamtgonionwinkels und der vorderen unteren Gesichtsh6he in Relation zur vorderen oberen Gesichts- h6he sind also bei weitem nicht so eindeutig wie die vonRuhland (1973) gefundenen Beziehungen bei Nachuntersuchung yon 57 extremen TiefbiBfallen. Die untersuch- ten Kriterien eignen sich demnach offenbar nut fiir die Prognose yon Extremfallen.

Auch die Ergebnisse vonRakosi (1973) und yon Droschl (1974) bezogen sich auf selektierte Falle.

Der Versuch, in Anlehnung an die yon Bj6rk (1969) angegebenen ,,structural signs of growth rotation" einen prognostischen Hinweis zu erhalten, wurde auf Form und Lage der Symphyse sowie Durchbiegung bzw. Einziehung des Unterkieferran- des beschrankt. Die urspriinglich beabsichtigte Beurteilung des Mandibularkanals, des Gelenkk6pfchens und der Sthrke der Unterkieferkompakta wurde aufgegeben, da diese Merkmale haufig nicht eindeutig zu erkennen waren. Bei Vergleich der ,,Durchbiegungs- und Einziehungswerte" des Unterkieferrandes konnten keine eindeutigen BiBhebungsunterschiede festgestellt werden (Tab. VII). Bei Beurtei- lung der Symphyse ergab sich eine verstfirkte Mesialkippung der Symphysenlangs- achse in Relation zur Frankfurter Horizontalen bei den F/illen mit erfolgreicher BiB-

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Tab. VIII: Bi/311eb~ggeI~ekte m I~e~g a~ ate: ~ympayse ( E ~ ! ii!: ~):~

Neigu~g der Symphysr zur Frankfurter Horizontalen

Form der Symphys~

senkrr mesial lgnglich mitte! breit

erfotgte- Bighebung 33,3 66,6 51,5 36,3

ausgebliebene Biglaebung- 55,5 44,5 40,7 44,7

12,2

14,6

die_. :mitt!eren,'Symphysenformen m der.(3berzahl (iangiieh' 40,7 %; mittei 44~i17~ breit t4,6%):

Wie.aus den :obigr ersichtl/ch ist, kann aus_den Ergebnissen zwar eine leiehte p0saive Relati0n Zwisehen Neigung und i~orm der Symphyse und Rotation abgelr werden; aber ei~ne eindeufige Zu0rdn~ung zu eincr der beiden Rota~tions- tendenzen: ist:Wegen~ tier relative gr0Bea :Streuung nicht m6glich. Diese Beurteil~g Sfi~:t:~uc~: mitdem,v0n Bj6rk..geggb~nen,. Hinwr iiberein, d ~ ~nur,:::~-einerge- setrlos~r a!!er seiner:.~Jeben,Me!~kma!e oez Wachst.-um&rgtafion iein gewis@~;:Hin~eis auf die ~tr erw~te~d~.Rotationstendenz zu.erhalten;:ist: Das:hei6t also;mit:~anderen?~Worten~ d~:auch laier wieder nur.extreme F/ille :em.e gesieherte pr0~0stische Abkli~ung ge~fihdeisten~ . . . . . . . . ~; BeLder .bier *oriiegei~den.Untersuclmng.won Anfangs,Fernr6mgenaufnahmen konnten, keir~e, Kxi}e:.:.fie~-:gefunden -.Werden, die eir~en he)icdigenden Hinweis fiir B ighebungstendenzea, lie, fern. Dies. best/itigt, die .Auffassur!g yon. Bimler~ (1975),

wrati"(197i'j,Schmuth. (i971/i.974)i Skieller"(~s dab did Ei.nze!fern'- r~ntgenaufnahme nur dne U~ul/inglictie Beurteilung ftir die individuellensch~del' ~n:t~r zul~6t~

Die.:Mer beschriebenen Resultate:.,sollen den Weft der Fernf6ntgenseitenauf~ aahm~.:~die kiefer0r~hopadische,Prognose nicht in Frage stellen, a-bet sic m6gen An! .~_ :;,sein, sich ;der gegebenen Gren~en stets bewugt zu bleiben.

ES:i0urtten bei60 ~P~/tiet~ten, ~on; den~ 33,einen:positi~en' und27 ei,netl ~egativen: BiBhebungserfo!g au(w!esen;. Ve~sunge~ar~f~gsfemr~tgenb~dern::y~rge~mmen~ ; ~ festzustei~en) inwie~it p~Lrfernr6ntgeno!og~hS~ik~h~Unter~c~ede, zwi~!~n d.en Q~tp ,~n:~gr!a~den.waren: .picket/

ROt~tion~Kri,te~:;~ zumiadeSt N~ heute ~r gibt:

Page 8: Die Bißhebung: Behandlungserfolg und-mißerfolg unter Beurteilung von Fernröntgenseitenbildern

Beur te i lung yon Fernri intgensei tenbildern bei B i f lhebung

Summary

Measurements were maoe on teleradiographs O f the begin Of treatment of 60 patients with deep overbi- te, 33 of these patients showed positive and 27 negative results in raising the bite, in order to clear up to what extent primary significant differences in the build up of the skull between both groups were existing. The above analysis shows that - at least up to the present time - there are no evident criteria of rotation existing.

R~sum~

On a proc6d6 h des mensurations de t616radiographies du d6but de traitement chez 60 patients trait6s par une sur616vation de l'occlusion, dont 33 ont donn6 un r6sultat positif et 27 un r6sultat n6gatif. Cette 6tude permet de distinguer radiologiquement des diff6rences significati7es entre les deux groupes. Pour les nombreux patients se trouvant ~ ta Iimite entre ces deux groupes, cette analyse d6montre qu'il n'existe pas, du moins jusqu'/t mainteiaant, d'6vidents crit6res de rotation.

Schrifttum

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Anschr. d. Verfl: Dr. Roll Wenzel, An der Weide 34, 28 Bremen.

Fortschr. Kieferortho p. 37 (1976) 302-309 (Nr. 3) 309