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Diplomarbeit 2016 Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel Die Behandlung des Gehörs in der Craniosacralen Osteopathie von Gabi Fischli

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Page 1: Die Behandlung des Gehörs in der Craniosacralen Osteopathie · die Anatomie des Gehörs mehr erfahren und wie das Hören rein physikalisch funk-tioniert. Häufige Ohrprobleme wollte

Diplomarbeit 2016

Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel

Die Behandlung des Gehörs in der

Craniosacralen Osteopathie

     

von Gabi Fischli

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016

Inhaltsverzeichnis

Seite

1 Einleitung 1 1.1 Warum ich dieses Thema gewählt habe 1 2 Gehör 2 2.1 Hören Töne Schallwellen 2 2.2 Anatomie des Ohres und Weiterleitung der Schallwellen 3 2.2.1 Aussenohr 4 2.2.2 Mittelohr 5 2.2.3 Innenohr 7 2.3 Wie gelangt der elektrische Impuls ins Gehirn? 10 2.4 Frequenz - Dezibel 12 2.5 Maskierungseffekt 13 3 Prüfung der Hörfunktion beim HNO-Arzt 14 3.1 Untersuchungsmethoden durch den Ohrenarzt 14 3.2 Häufige Hörprobleme 17 3.2.1 Häufige Probleme im Aussenohr 17 3.2.2 Häufige Probleme im Mittelohr 18 3.2.3 Häufige Probleme im Innenohr 20 3.2.4 Häufige Probleme beim Hörnerv 22 3.3 Therapie beim HNO-Arzt 23 4 Hörprobleme mit Craniosacraler Osteopathie behandeln 23 4.1 Chronische Mittelohrentzündung 24 4.1.1 Untersuchung und bei Bedarf Behandlung der folgenden Strukturen 24 4.2 Tuba auditiva Entzündung 25 4.2.1 Gründe für die verminderte Öffnung der Tube 25 4.2.2 Drei Varianten der Tubendrainage 25 4.3 Selbsthilfeübungen 27 5 Fallbeschreibungen 28 5.1 Fallbeschreibung A: 69-jähriger Mann 28 5.2 Fallbeschreibung B: 80-jährige Frau 29 5.3 Fallbeschreibung C: 45-jährige Sekretärin 30 6 Abschliessende Gedanken und Reflexion 32 7 Quellenverzeichnis 34

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1 Einleitung

Meine Schulkollegin Gaby Thomann und ich haben im Sommer 2016 beschlossen,

gemeinsam die Diplomarbeit zu schreiben. Da sie sich für das Thema Tinnitus inte-

ressiert und ich mich mit dem Gehör befassen wollte, konnten wir uns schnell für die-

ses Thema einigen. Wir haben vereinbart, dass wir die Arbeit so aufbauen, dass ich

zuerst die Anatomie und die Funktion des Gehörs erkläre und auf die Craniosacral

Therapie im Gehörbereich eingehe. Darauf aufbauend folgt von Gaby Thomann die

Arbeit zum Thema Tinnitus. Wir beide haben Patienten behandelt mit Tinnitus oder

sonstigen Hörproblemen. Unsere Erfahrungen haben wir in den Fallbeschreibungen

festgehalten.

1.1 Warum ich dieses Thema gewählt habe

Als wir die Themen Hirnnerven, Schwindel, Hören und Gleichgewicht im Unterricht

in der Cranio Schule bei Rudolf Merkel durchgenommen haben, hat mich das Gehör

besonders fasziniert. Beim Nachbearbeiten der Unterlagen sind bei mir viele Fragen

über die Anatomie und das eigentliche Hören aufgetaucht.

Hören ist ja nicht nur ein rein akustischer Vorgang, auch psychologische und soziale

Aspekte gehören dazu. Hören kann wohltuend aber auch belastend sein, im psycho-

logischen wie physiologischen Sinn. Und ein Mensch, der nicht oder vermindert hört,

muss Strategien entwickeln, um im sozialen Leben mithalten zu können.

Mit dieser Diplomarbeit wollte ich das Gehör etwas genauer studieren, vor allem über

die Anatomie des Gehörs mehr erfahren und wie das Hören rein physikalisch funk-

tioniert. Häufige Ohrprobleme wollte ich näher kennen lernen, und mir einen Einblick

über die Diagnoseverfahren des HNO-Spezialisten verschaffen. Obwohl es interes-

sante Literatur über die psychologischen Aspekte des Hörens gibt, streife ich dieses

Thema nur. Zum Schluss wollte ich die Literatur über Craniosacral Therapie und Ge-

hörprobleme mit meinen eigenen Erfahrungen mit Patienten vergleichen, die unter

anderem an Tinnitus oder an Altersschwerhörigkeit leiden.

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2 Gehör

2.1 Hören Töne Schallwellen

Über die Ohren hören wir. Es gelangen Töne in unseren Körper. Töne sind Schall-

wellen.

Wird eine Saite einer Gitarre mit den Fingern gezupft, hören wir einen Ton, denn

die schwingende Saite bewegt die Luft, die sie umgibt. Diese Bewegung - die Schall-

welle - verändert die Luftdichte um die Saite herum, und die Veränderung der Luft-

dichte breitet sich im Raum aus. Treffen Schallwellen auf eine Wand, verursacht dies

abwechselnd einen kurzzeitigen Druck und dann einen kurzzeitigen Sog. Trifft die

Schallwelle auf eine bewegliche Membran, zum Beispiel auf das Trommelfell im Ohr,

so wird diese Membran durch die eintreffenden Schwingungen mitbewegt. Menschen

und Tiere können Schall erzeugen und empfangen.

Der Mensch kann auch Töne senden. (www.hoerplus.de)

Töne werden über die Luft transportiert und der Mensch nimmt sie über das Ohr wahr. (www.hno-vahle.de)

Der Schall wird nicht nur durch die Luft weitergeleitet, sondern auch durch Wasser

und durch feste Körper. Die Schallwelle breitet sich im Wasser etwa vier Mal schnel-

ler aus als in der Luft, im Eisen etwa 15 Mal so schnell wie über die Luft.

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Einen herannahenden Zug hört man mit Horchen am Gleis besser als über die Luft (www.zoonar.de)

Das Ohr hat zwei Funktionen

Einerseits nimmt es den eintreffenden Schall auf und wandelt ihn in Nerven- signale um. Über den VIII. Hirnnerv (N. vestibulocochlearis) werden die Signale ans Gehirn geleitet.

Andererseits ist es für den Gleichgewichtssinn zuständig. Auch diese Impulse werden über den N. vestibulocochlearis ans zentrale Nervensystem geleitet. In dieser Arbeit befasse ich mich nur mit dem Gehör.

2.2 Anatomie des Ohres und Weiterleitung der Schallwellen

Das menschliche Gehör befindet sich im Kopf, ein grosser Teil des Gehörs ist im

Schläfenbein, Os temporale. Das Ohr besteht aus drei Abschnitten:

Aussenohr

Mittelohr

Innenohr

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Darstellung der Einteilung Aussen-, Mittel- und Innenohr (www.hoergeraete-zoellner.de)

2.2.1 Aussenohr

Das Aussenohr besteht aus der Ohrmuschel und dem äusseren Gehörgang

(Meatus acusticus externus) und ist wie ein Trichter geformt. Durch den äusseren

Gehörgang gelangen die Schallwellen zum Trommelfell. Der Gehörgang ist mit

Haut ausgekleidet und enthält Haare sowie Zeruminaldrüsen, die das Ohrschmalz

(Zerumen) produzieren. Das Zerumen transportiert Fremdkörper nach aussen und

kann Krankheitserreger vernichten. Das Trommelfell ist eine dünne, elastische

Membran. Sie trennt den äusseren Gehörgang vom Mittelohr.

Das Trommelfell wird über mehrere Nervenäste sensibel versorgt. Wichtig ist der

R. auricularis des N. vagus. Auch der N. auriculotemporalis, ein Ast des N. trigemi-

nus, versorgt das Trommelfell. Es hat eine glänzende Oberfläche und einen cha-

rakteristischen Lichtreflex.

Gesundes Trommelfell mit dem charakteristischen Licht-reflex (de.wikipedia.org)

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2.2.2 Mittelohr

Das Mittelohr ist hauptsächlich mit Luft gefüllt. Hier befindet sich die Paukenhöhle. In

dieser Höhle befinden sich die drei Gehörknöchelchen, Hammer (Malleus), Amboss

(Incus) und Steigbügel (Stapes).

Wie klein die winzigen Gehörknöchelchen sind, kann man im Vergleich mit den Fingern sehen. (www.anatomie-modelle.de)

Die Paukenhöhle ist über einen Kanal, die sogenannte Ohrtrompete, mit dem Nasen-

Rachen-Raum verbunden. Die Ohrtrompete wird unter anderem auch eustachische

Röhre, Tube und Tuba eustachia genannt. Die Paukenhöhle ist mit Luft gefüllt, damit

das Trommelfell frei schwingen kann, wenn es durch Schallwellen in Bewegung ver-

setzt wird. Über die Ohrtrompete wird das Mittelohr belüftet. Somit besteht im äusse-

ren Gehörgang und in der Paukenhöhle der gleiche Luftdruck. Denn nur so kann das

Trommelfell schwingen. Die Ohrtrompete öffnet sich beim Schlucken und Gähnen.

Die drei Gehörknöchelchen bilden eine Kette. Diese verläuft vom Trommelfell bis

zum Innenohr. Die Knöchelchen verbinden sich über Gelenke. Der Übergang zum

Innenohr ist mit einer Membran überzogen und heisst ovales Fenster. Die Gehör-

knöchelchen leiten die Schwingung des Trommelfells an das Innenohr weiter. Das

Innenohr ist nicht mit Luft gefüllt sondern mit Flüssigkeit.

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Das ovale und das runde Fenster verbinden das Mit-tel- mit dem Innenohr (www.planet-schule.de)

Im Aussenohr wird der Schall über die Luft weitergeleitet, im Mittelohr über die Kno-

chen. Die Knöchelchen können den Druck der Schallwellen verstärken, denn die

Flüssigkeit im Innenohr ist schwerer in Schwingungen zu versetzen als die Luft.

Diese Schallwellenverstärkung heisst Impedanzwandlung. Die Geräusche werden

somit in Originallautstärke und nicht gedämpft an das Gehirn weitergeleitet. Zwei

Muskeln beeinflussen die Beweglichkeit der Gehörknöchelchen. Es sind dies der

M. tensor tympani und der M. stapedius. Die beiden Muskeln sind sehr klein. Der

M. tensor tympani ist circa 25 mm lang. Er wird innerviert vom N. tensoris tympani,

das ist ein Ast des N. mandibularis, dieser wiederum ist ein Ast des N. trigeminus.

Der M. stapedius ist circa 6.3 mm lang und wird innerviert vom N. stapedius, das ist

ein Ast des N. facialis. Beide Muskeln ziehen sich bei lauten Geräuschen reflekto-

risch zusammen. Sie arbeiten synergistisch.

Mittelohr mit den winzigen Muskeln M. stapedius und M. tensor tympani (www.google.ch)

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2.2.3 Innenohr

Das Innenohr liegt im Felsenbein des Os temporale. Der verdickte Knochen, das Fel-

senbein oder Pars petrosa, schützt das empfindliche Innenohr. Im Innenohr befindet

sich die Schnecke (Cochlea), die das Hörorgan beherbergt. Weiter befinden sich im

Innenohr auch der Sacculus und Utriculus, die Bogengänge und der Vorhof. Diese

Strukturen gehören zum Gleichgewicht.

Schematische Darstellung des Ohrs, die Cochlea ist halb entrollt (www.digitalefolien.de)

Das Innenohr ist mit dem Mittelohr über zwei Membranen verbunden. Sie bilden wie

einen Eingang und einen Ausgang für die Schallwellen. Der "Eingang" heisst ovales

Fenster, der "Ausgang" rundes Fenster. Die Schnecke ist eingerollt in zweieinhalb

Windungen. Sie besteht aus einem knöchernen und einem häutigen Teil.

Die Schallwelle gelangt über das ovale Fenster in das Innenohr und über das runde Fenster ver-läuft sie wieder hinaus. (www.sonosan.com/de)

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Der knöcherne Teil ist mit Perilymphe gefüllt. Diese Flüssigkeit ist ähnlich zusam-

mengesetzt wie die Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit. In der Perilymphe ist der Nat-

riumgehalt hoch. Der knöcherne Teil bildet den Schneckengang. Er ist in zwei Eta-

gen aufgeteilt. Die erste und zugleich obere Etage ist die Vorhoftreppe (Scala ves-

tibuli). Die zweite und zugleich die untere Etage ist die Paukentreppe (Scala tympa-

ni). Zwischen diesen beiden Etagen befindet sich die häutige Schnecke. Sie wird

auch Scala media, das häutige Labyrinth oder auch Ductus cochlearis genannt. Das

ist ein Hohlraum, der durch zwei Membrane abgetrennt ist: Oben, zur Scala vestibuli,

ist es die Meissner-Membran. Unten, zur Scala tympani, ist es die Basilar-membran.

Das häutige Labyrinth ist mit Endolympe gefüllt. Diese Flüssigkeit ist ähnlich wie

die Intrazellulärflüssigkeit. In der Endolymphe ist der Kaliumgehalt hoch.

Auf der Basilarmembran liegen die Corti-Organe.

Der Querschnitt zeigt die verschiedenen Gänge. Oben ist die Scala vestibuli, unten die Scala tympani. Die Scala media ist in der Mitte. Sie ist gefüllt mit vielen tausend Corti-Organen. Links im Bild die afferenten und efferenten Fasern des N. cochlearis. (www.hopkinsmedicine.org/corti-organ/Bilder)

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Wird nun die Flüssigkeit in der Schnecke durch die Schalleitung in Bewegung ver-

setzt, entstehen fortlaufende Wellen, die sogenannten Wanderwellen. Diese laufen

durch die obere Etage der Schnecke, die Scala vestibuli, bis zur Schneckenspitze

(Helicotrema und auch Apex genannt), und dann über die untere Etage, die Scala

tympani, am runden Fenster aus.

Die häutige Schnecke wird ebenfalls in Schwingung versetzt. Wenn sich die Deck-

membran bewegt, gibt sie ihre Bewegung auf die Härchen der Haarzellen weiter,

weil die Härchen die Deckmembran berühren.

Zitat (McMillan, 2007): "Es sind biegsame Haarzellen, die auch Wimpernhaare ge-

nannt werden. Sie lösen sensorische Signale aus, wenn sie von einer Membran be-

rührt und gebogen werden. Lässt der Druck der Membran nach, richtet sich das Haar

wieder auf. Die Abfolge von Beugen und Aufrichten spiegelt sich exakt in der Form

der Wellen wider, die die Flüssigkeit im Inneren der Schnecke aufweist. Deshalb

nehmen wir Töne auch genau so wahr, wie sie als Schallwellen in der Luft vorkom-

men. Die Bewegung der Härchen löst einen elektrischen Impuls aus. Dieser Impuls

wird in die Nervenfasern des VIII. Hirnnervs, der mit den Haarzellen verbunden ist,

geleitet. Der Impuls wird an das Hörzentrum im Grosshirn weitergeleitet. Dort wer-

den aus den elektrischen Nervenimpulsen Geräusche, Töne und Klänge 'zurück-

übersetzt'".

Es sind mehrere Tausend Haarzellen. Die Zellen erneuern sich alle 48 Stunden.

Sie wachsen pro Tag 2.5 Mikrometer. Wir haben eine Reihe innere Haarzellen,

ca. 3000 Stück, und drei Reihen äussere Haarzellen, ca. 12'000 Stück. Die inneren

Haarzellen sind vor allem zuständig für die afferenten Nervenfasern. Die äusseren

Haarzellen haben hauptsächlich die Aufgabe, das Gehörte anzupassen: zu leise

Geräusche werden verstärkt oder zu laute abgeschwächt. Die äusseren Haarzellen

sind also für die efferenten Nervenfasern verantwortlich. Sie versteifen sich, wenn

sie aktiv sind.

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Das Corti-Organ mit den inneren und äusseren Haarzellen und den afferenten und efferenten Neuronen. (www.user.medunigraz.at)

2.3 Wie gelangt der elektrische Impuls ins Hirn?

Von der Schnecke führt der Anteil des VIII. Hirnnervs weg, der für die Weiterleitung

der Hörimpulse zuständig ist. Er heisst N. cochlearis. Vom Vestibulum führt der An-

teil des VIII Hirnnervs weg, der für die Weiterleitung des Gleichgewichts zuständig

ist. Er heisst N. vestibularis. Die beiden Nerven verlaufen für einen kurzen Abschnitt

alleine. Sie vereinigen sich und verlaufen dann durch den Meatus acusticus internus.

Die beiden Nerven gelten dann als ein Nerv, er heisst N. vestibulocochlearis.

Der Hörnerv liegt zusammen mit dem Gleichgewichtsnerv im Gehörgang. Auch der

N. facialis verläuft hier eng zusammen mit dem N. vestibulocochlearis. Bei Läsionen

in diesem Bereich kann also auch der N. facialis betroffen sein, was Auswirkungen

auf die Gesichtsmuskulatur haben könnte. Nach dem Austritt aus dem Os temporale

durchläuft der N. vestibulocochlearis den Kleinhirnbrückenwinkel und tritt in den Hirn-

stamm ein. Ab hier heisst die Nervenleitung zentrale Hörbahn. Sie passiert mehrere

Stationen im Gehirn. Andere Nervenleitungsbahnen treffen da zusammen. Die Ner-

venimpulse werden in den verschiedenen Stationen gesammelt, verarbeitet, interpre-

tiert und das Gehirn sendet dann entsprechende Reaktionen über die efferenten

Nervenbahnen zurück in die Peripherie.

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Die erste Station ist der Hirnstamm. Er ist für viele Schutzreflexe des Menschen zu-

ständig. Bei einem lauten Knall zucken wir zusammen. Dies geschieht reflektorisch.

Erreicht ein zu lautes Geräusch den Hirnstamm, werden die beiden Mittelohrmuskeln

reflexartig angespannt. Trommelfell und Steigbügel werden sofort versteift. Sind die

beiden Muskeln versteift, werden laute Geräusche gedämpft und das Innenohr somit

geschützt.

Nach dem Passieren des Hirnstamms wird der Hörimpuls in verschiedenen Bahnen

weitergeleitet, zum Teil bleiben sie auf der gleichen Gehirnhälfte, zum Teil wechseln

sie die Seite. Der Impuls wird mit früheren akustischen Signalen verglichen, und es

wird entschieden, ob dieser Impuls als gefährlich oder harmlos eingestuft werden

kann. Es gibt auch Verbindungen mit dem limbischen System. Dieses ist für die emo-

tionale Auswertung zuständig. Auch vom limbischen System gehen über absteigende

Nervenfasern direkte Impulse an die äusseren Haarzellen. Die endgültige Hörwahr-

nehmung erfolgt in der sogenannten Hörrinde im Grosshirn.

Die gelbe Linie zeigt die Trennung zwischen der unbewussten und der bewussten Verar-beitung. (www.Tinnitus/de)

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2.4 Frequenz Dezibel

Die Tonhöhe ist abhängig von der Anzahl der Schwingungen pro Sekunde. Diese

Anzahl heisst Frequenz.

Je geringer die Frequenz, desto tiefer ist der Ton. (www.weisheitsschule.eu)

Die Frequenz wird in Hertz gemessen. Eine Schwingung pro Sekunde entspricht

einem Hertz (Hz). Die Lautstärke wird in Dezibel (dB) oder Phon angegeben.

Anzahl der Schwingungen pro Sekunde (www.planetoftunes.com)

Zitat (Hogen et al, 2004): "Wir können verschiedene Tonhöhen wahrnehmen. Es gibt

in der Schnecke für jede Frequenz des Schalls eine Stelle auf der Basilarmembran,

auf der die Schwingung das Maximum erreicht. Hohe Frequenzen, also hohe Töne,

erreichen ihr Maximum am Anfang der Schnecke, der Schall wird dort in elektrische

Impulse umgeleitet. Tiefe Töne werden am Ende der Schnecke in elektrische Impul-

se umgewandelt."

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Am Anfang der Cochlea werden die hohen Töne in Nervenimpulse umgewandelt, am Ende der Cochlea sind es die tiefen Töne. (www.britannica.com)

2.5 Maskierungseffekt

Maskierungseffekte, auch Verdeckung genannt, bewirken beim menschlichen Gehör,

dass der Mensch in einem Geräusch bestimmte Frequenzanteile nicht oder nur mit

verringerter Sensitivität wahrnehmen kann. Steht man am Strassenrand und spricht

mit jemandem, kann das Geräusch eines vorbeifahrenden Lastwagens das Gespro-

chene maskieren. Das heisst, das Gesprochene wird nicht oder nur vermindert ge-

hört.

Ein gesunder Mensch hört Schallfrequenzen von ca. 10 bis 20'000 Hz. 20'000 Hz

sind 20 kHz. Ein Hund kann bis zu 50 kHz hören, eine Fledermaus im Ultraschall-

bereich bis zu 175 kHz. Flüstern entspricht ungefähr einer Lautstärke von 30 dB,

Strassenlärm ist im Bereich von 80 dB. Geräusche ab ca. 90 dB können schädlich,

das heisst irreparabel, sein, ab 120 dB sind sie schmerzhaft. Und ab 180 dB kann

ein Schalldruck sogar tödlich sein. Im Laufe des Lebens gehen immer mehr Haar-

zellen verloren. 70 Jährige haben meistens nur noch etwa die Hälfte der Wimpern-

haare, mit denen sie geboren wurden. Die Härchen, die für hohe Töne zuständig

sind, degenerieren meistens zuerst.

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 14

Lärmbarometer (www.hudson-hoergeraete.at)

3 Prüfung der Hörfunktion beim HNO-Arzt

Kommt ein Patient mit Gehörproblemen zu uns in die Craniosacrale Osteopathie

muss sichergestellt sein, dass sich der Patient vorher beim HNO-Arzt untersuchen

liess. Es gibt Diagnosen oder Verläufe bei denen die Craniosacrale Osteopathie

nicht geeignet ist, resp. eine Begleittherapie zur klassischen Medizin sein kann.

3.1 Untersuchungsmethoden durch den Ohrenarzt

Der Arzt führt zuerst eine Anamnese durch.

Mit einem Ohrtrichter und einem Mikroskop schaut er in den Gehörgang. Er kann

auch das Trommelfell begutachten. Er untersucht auch die Nase und den Nasen-

rachen.

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 15

Mit der Hörweitenprüfung misst der Arzt den Abstand, bei dem die Umgangs-

sprache und die Flüstersprache verstanden werden.

Mit den Stimmgabelversuchen kann eruiert werden, ob eine Schallleitungsschwer-

hörigkeit oder eine Schallempfindungsschwerhörigkeit vorliegt. Man unterscheidet

den Rinne-Versuch und Weber-Versuch.

Beim Rinne-Versuch hält der Arzt eine schwingende Stimmgabel vor das Ohr und

zum Vergleich auf das Mastoid. Im Normalfall wird der Ton, der über die Luftleitung

ins Ohr trifft, lauter gehört als über die Knochenleitung.

Beim Rinne-Versuch wird die Stimmgabel vor das Ohr und an das Mastoid gehalten. (www.allgemeinarzt-online.de)

Beim Weber-Versuch wird die Knochenleitung der linken und der rechten Seite

geprüft. Die schwingende Stimmgabel wird auf die Mitte des Schädels gehalten.

Im Normalfall wird der Ton von beiden Ohren gleich laut gehört. Mit beiden Tests

zusammen kann der Ort der Störung herausgefunden werden. Welche Struktur

genau gestört ist, wird mit feineren Untersuchungen geprüft.

Beim Weber-Versuch wird die Stimmgabel auf das Schädeldach gehalten. (www.allgemeinarzt-online.de)

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 16

Das Tonschwellenaudiogramm ist eine subjektive Messung der Hörleistung. Es

wird die Knochenleitung und die Luftleitung gemessen.

Bei der Sprachaudiometrie werden dem Patienten Zahlwörter und einsilbige Wörter

immer in der gleichen Lautstärke vorgespielt. Der Patient muss die Wörter wiederho-

len. Die Lautstärke wird immer mehr erhöht. So wird die Hörfähigkeit für die Sprache

festgestellt.

Bei der Tympanometrie wird gemessen, ob das Trommelfell normal schwingt und

ob der Schall an die Gehörknöchelchen weitergegeben wird. Im Rahmen der Tym-

panometrie wird auch der Stapediusreflex überprüft, ein Reflex, der eintritt, wenn ein

Geräusch zu laut ist. Dabei spannen sich die beiden Mittelohrmuskeln an und redu-

zieren das Geräusch somit reflexartig. Mit der Tympanometrie kann auch eine Oto-

sklerose, eine Versteifung der Gehörknöchelchen, festgestellt werden.

Der M. stapedius ist angespannt. (www.medizin-kompakt.de)

Die otoakustische Emmission prüft die Funktion der Schnecke (Cochlea). Man

schickt ein Geräusch ins Ohr. Darauf reagieren die Haarzellen. Gesunde Haarzellen

können ein Echo nach aussen zurück senden.

Messung der otoakustischen Emissionen (www.dasgesundeohr.de)

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 17

Bei der ERA (Evoked Response Audiometry) werden Töne ins Ohr gesendet. Auch

die dahinterliegenden Stationen (Innenohr, Hörnerv, Hirnstamm, Hörbahn und Hirn-

rinde) erhalten elektrische Veränderungen. Diese werden gemessen.

Weiter werden auch unter anderem Röntgen, Computertomographie, Kernspin-tomographie als bildgebende Verfahren eingesetzt.

3.2 Häufige Hörprobleme

Das häufigste Problem ist die Schwerhörigkeit. Es gibt zwei Arten:

Schallleitungsschwerhörigkeit

Schallempfindungsschwerhörigkeit

Bei der Schallleitungsschwerhörigkeit ist die Ursache im Aussenohr oder im Mit-

telohr.

Bei der Schallempfindungsschwerhörigkeit sind die Haarzellen oder der Hör-

nerv oder das Gehirn geschädigt. Die Ursache der Schädigung ist im Innenohr.

Störungen im Ohr können oft auch zu Schwindel führen, da das Gleichgewichts-

organ auch im Ohr liegt.

3.2.1 Häufige Probleme im Aussenohr

Ohrschmalzpfropf

Gehörgangfremdkörper

Gehörgangentzündung entsteht durch Bakterien, Pilze

Gehörgangexostosen sind kleine, knöcherne Erhebungen im Gehörgang

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 18

Bei den roten Pfeilen sind die Exos- tosen sichtbar (www.hno-bretten.de)

3.2.2 Häufige Probleme im Mittelohr

Die akute Mittelohrentzündung entsteht meistens durch Viren oder Bakterien.

Die chronische Mittelohrentzündung entsteht meistens durch eine mangelnde Be-

lüftung des Mittelohres. Mehrere akute Mittelohrentzündungen können auch eine

chronische verursachen. Sie kommt vor allem im Säuglings- und Kleinkindalter vor.

Wird die Entzündung nicht richtig erkannt oder nicht genügend behandelt, kann sich

die Entzündung auf das Mastoid oder auf die Meningen ausbreiten. Die chronische

Form ist nicht schmerzhaft, sie reduziert aber die Hörfähigkeit.

Bei der Otitis media entsteht Sekret im Mittelohr. (www.heilpraxisnet.de)

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 19

Normalerweise wird über eine peristaltische Bewegung der Flimmerhärchen, die auf

der Schleimhaut sind, der Schleim Richtung Rachen abtransportiert. Beim Tubenka-tarrh ist der Schleimabtransport in der Tuba eustachia vermindert. Dies kann zu ei-

ner Verminderung des Belüftungsmechanismus des Mittelohres führen und schliess-

lich zu einer Mittelohrentzündung. Bei Kindern ist die Tube kürzer als bei Erwachse-

nen und die Tube liegt bei den Kindern eher horizontal, bei den Erwachsenen etwas

vertikaler, deshalb haben Kinder öfters einen Tubenkatarrh oder eine Mittelohrent-

zündung. Das Ziel der Therapie ist, so schnell wie möglich die normale Funktion der

Tube wiederherzustellen. In der klassischen Therapie werden Medikamente einge-

setzt oder über einen Schnitt im Trommelfell der vorhandene Schleim abgesaugt.

Craniosacral Therapie eignet sich auch gut, um diese Beschwerden zu lindern.

Vergleich der Anatomie, links: Gesichtshälfte eines Kindes, rechts: Gesichtshälfte eines Erwachsenen. Die Tuba beim Kind liegt fast horizontal und ist kürzer. (www.holgon.de)

Bei plötzlicher Erhöhung des Luftdrucks, bei einem lauten Geräusch zum Beispiel

oder bei tiefem Tauchen, kann das Trommelfell platzen.

Beim Paukenerguss handelt es sich um dünnflüssiges Sekret hinter dem Trommel-

fell. Dieser entsteht durch eine Entzündung im Mittelohr.

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Der Paukenerguss ist in der Tuba eustachia. (www.hno-traeger/de)

Entzündungen können zu Verknöcherungen, Otosklerose, vor allem im Bereich des

knöchernen Labyrinths oder im ovalen Fenster führen. Dadurch kann der Steigbügel

weniger oder gar nicht mehr schwingen.

An der roten Stelle ist der Stapes mit dem ovalen Fenster verknöchert. (www.wikipedia.org)

3.2.3 Häufige Probleme im Innenohr

Ein Hörsturz ist eine plötzlich auftretende Hörminderung, ohne eine erkennbare Ur-

sache zu wissen. Meist ist nur eine Seite betroffen.

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Gelangen Schalldruckpegel von mehr als ca. 120 Dezibel ins Gehör und schädigen

das Gehör, ist das ein akuter Lärmschaden. Durch die starke Flüssigkeitsbewegung

im Innenohr knicken die Wimpernhärchen ab. Das Gehör kann sich manchmal durch

Schonung in einigen Stunden oder Tagen wieder vollständig erholen. Manchmal wird

auch mit Kortison versucht, die Härchen zu reparieren.

Gehörschäden können zum Beispiel bei lautem Feuer-werksknall entstehen. (www.zemp-wolhusen.ch)

Gelangen über längere Zeit Geräusche mit Schalldruckpegel ab ca 80 Dezibel in das

Gehör, kann es zu chronischen Lärmschäden führen. Früher entstanden die chro-

nischen Lärmschäden vor allem am Arbeitsplatz, heute entstehen sie immer mehr

durch Freizeitaktivitäten.

Chronische Lärmeinwirkungen können das Gehör schädigen. (www.radio108komma8.de)

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 22

Die Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) entsteht durch physiologische Alter-

ungsprozesse. Typischerweise sind beide Seiten betroffen und vor allem die hohen

Frequenzen werden nicht mehr gut gehört. Hörgeräte oder Hörimplantate können

angewendet werden, um besser hören zu können.

Es gibt die Menièrsche Krankheit. Die Symptome sind Drehschwindel, eine einsei-

tige Innenohrschwerhörigkeit, Ohrgeräusche und Ohrdruck. Die Ursache ist ein Stau

in der Endolymphe. In der Craniosacral Therapie wird oft vor allem über die Lösung

der Dura versucht, den Abfluss der Endolymphe zu fördern.

3.2.4 Häufiges Problem beim Hörnerv

Das Akustikusneurinom (oder Vestibularisschwannom oder Kleinhirnbrückenwin-

keltumor) ist ein gutartiger Tumor. Er entwickelt sich aus Teilen des N. vestibulococh-

learis. Er kann im schlimmsten Fall tödliche Folgen haben.

Das rote Gewebe stellt den Tumor dar (www.audibene.de)

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 23

3.3 Therapie beim HNO-Arzt

Der Arzt hat verschiedene Therapie-Möglichkeiten : zum Beispiel

Operation

Abgabe von Medikamenten

Anpassen eines Hörgeräts

Einsetzen eines Cochlea-Implantats

4 Hörprobleme mit Craniosacraler Osteopathie behandeln

Kommt ein Patient zu uns in die Therapie muss sein Hörproblem vorher vom HNO-

Spezialisten abgeklärt worden sein. Das Problem kann auch mittels Operation oder

Medikament oder sonstige Therapie des Arztes gelindert oder aufgehoben werden.

Häufige Indikationen im Gehörbereich für Craniosacral Therapie sind: Mittelohrent-

zündung, Tinnitus, Hörminderung. Die Probleme können behoben werden, wenn

die Ursache sich in einer Fixierung oder Restriktion in einer Struktur befindet. Sie ist

in diesen Fällen als Zusatz-Therapie gedacht. Die Aufgabe des Craniosacral Thera-

peuten liegt darin, die Strukturen des Patienten zu befunden, zuerst ganzheitlich und

dann auch im Bereich des Ohres. Wichtige Bereiche sind das Os temporale mit der

Pars petrosa, die Suturen der angrenzenden Knochen, die Dura mit dem Tentorium,

die eustachische Röhre, das Kiefergelenk, die Flüssigkeit, Muskeln im Gesicht, der

HWS und der Augen. In der Therapie geht es darum, diese Strukturen zu lösen.

Sind sie gelöst oder gelöster, kann dies zur Linderung der Beschwerden führen.

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4.1 Chronische Mittelohrentzündung

Zitat (Torsten Liem, 2012): "Bei seröser Otitis media und als Begleit- und Nach-

behandlung bei bakterieller Otitis media steht neben den genannten Punkten die

Behandlung der Tuba auditiva, der SSB und des Nasenrachenraumes an vorder-

ster Stelle."

4.1.1 Untersuchung und bei Bedarf Behandlung der folgenden Strukturen (nach Torsten Liem, 2012)

globale Untersuchung und besonderes Augenmerk auf Körperstatik

HWS, auch Übergang HWS / BWS

Verbesserung des venösen Abflusses, Sinus Drainage und CV4-Technik

Schädelknochen, vor allem Os temporale

Suturen, insbesondere SSB

Tuben-Technik

Behandlung des Kiefergelenks

Durabehandlung, mit Integration von Kreuzbein und Schädel

Fluktuationen harmonisieren

neurovegetative Integration des Ohres: Stimulation des Parasympathikus mittels CV-4

Entspannung der Muskeln im Halsbereich, ua suprahyoidale Muskeln, Halsfaszien, M. sternocleidomastoideus, M. masseter, M. pterygoideus lateralis und medialis

psychische Stressminderung

Ernährung umstellen

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4.2 Tuba auditiva Entzündung (nach Rudolf Merkel, 2013)

4.2.1 Gründe für die verminderte Öffnung der Tube

Fixierung des Os temporale in der Schliessungsphase, dies verdreht die Tube

Kiefergelenkssyndrom, dies verschliesst durch chronische Anspannung der Kaumuskulatur die Tube (ua Mm pterygoideus mediales und laterales)

Enger Oberkiefer

Chronische Infektionen

Chronisch geschwollene Tonsillen

Chronische Allergien (meist Milch)

4.2.2 Drei Varianten der Tubendrainage (nach Rudolf Merkel, 2013)

Variante 1 Os temporale lösen über Fluid Direction auf die OM-Naht. Dann folgt ein knöcherner

Ear Pull. Der knöcherne Ear Pull entspricht der Verlängerung des Verlaufes der Tu-

be, respektive es gibt eine Streckung der Tube. Eine Hand ist am Ohr, die andere

Hand liegt auf dem Os frontale. Sie gibt eine pumpende Bewegung auf das Os fron-

tale. Diese Bewegung wird über das Os ethmoidale auf das Os sphenoidale weiter-

gegeben. Da die Tube an den medialen Kanten der Processi pterygoidale festge-

macht ist, gibt es somit eine Bewegung auf die Tube. Die pumpende Bewegung wird

in die Richtung dorso-lateral gehalten. Sie verursacht eine Entspannung und Stre-

ckung der Tube. Es kann eine Aktivierung der peristaltischen Welle resultieren, somit

zu einem Abfliessen des infektiösen Sekretes. Diese therapeutischen Bewegungen

werden nur langsam ausgeführt.

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Variante 2 Es wird ein knöcherner Ear Pull durchgeführt. Bei jeder zweiten oder dritten Inhala-

tionsbewegung wird über das Os frontale das Os sphenoidale verstärkt in die Flexi-

onsposition gebracht. Während der Inhalationsphase bewegen sich die Spitzen der

Processi pterygoidei nach dorsal. Wenn also gleichzeitig ein knöcherner Ear Pull

und eine verstärkte Flexion des Os sphenoidale angewendet werden, so gibt dies

wieder Spannung und Entspannung in die Tube, das infektiöse Sekret kann besser

abfliessen und die Entzündung kann zur Ruhe kommen.

Variante 3 Eine Hand des Therapeuten hat Kontakt über das Os frontale mit dem Os sphenoi-

dale. Die andere Hand hat Kontakt mit dem Os temporale: Daumen und Zeigefinger

umgreifen den Processus zygomaticus und der Ringfinger ist auf dem Mastoid.

Über das Os frontale wird das Os sphenoidale wieder verstärkt in die Flexionspositi-

on gebracht. Somit gelangt der Tubeneingang in Richtung des Os temporale. Gleich-

zeitig wird über das Os temporale das Tuben-Ende in Richtung Tuben-Eingang kom-

primiert. Dies führt zu einer Stauchung der Tube. Anschliessend kann sich die Tube

wieder lösen, es geschieht eine Aktivierung in dieser Struktur.

Die Ohrenspritzentechnik ist eine weitere Variante zum Lösen der Tube. Sie wird

vor allem bei Kindern angewendet, da sie nicht selber den Druckausgleich willentlich

herbeiführen können. Mit einem Gerät, das aussieht wie eine Spritze,

kann plötzlich viel Luft in den Nasenrachenraum geblasen werden. Spricht das Kind

gleichzeitig ein Wort mit K aus (Bsp. Kuckuck), wird noch mehr Luft eingeschleust,

da beim Aussprechen des Buchstaben "K" der Kehldeckel schliesst. Dieser plötzliche

Druckanstieg kann helfen, dass sich die Strukturen im Mittelohr lösen.

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4.3 Selbsthilfeübungen

Allgemein tut Bewegung gut. Es sollte mit dem Patienten geprüft werden, dass sie

sich nicht im Durchzug aufhalten. Bei Kälte sollten Ohren und Hals geschützt sein.

Da die Ernährung eventuell die Ursache für Entzündungen ist, sollte die Ernährung

umgestellt werden. Bei Kindern ist oft eine Kuhmilchallergie die Ursache für eine

Entzündung in der Tube. Kuhmilch kann ersetzt werden durch zum Beispiel Reis-

milch oder Mandelmilch. Ein Ausgleich der Anspannung-Entspannung im Alltag

soll erreicht werden.

Da bei Hörproblemen meist das Os temporale und das Tentorium fixiert sind, ist

das Ohrenziehen eine geeignete Übung. Das laterale Ohrziehen kann das Tentorium

lösen und das dorso-laterale Ohrziehen kann das Os temporale befreien. Lösungs-

techniken am Kiefergelenk sind auch geeignet. Das Unterkieferziehen, das bewusste

Führen des Unterkiefers oder auch beispielsweise die Zungenübungen können

instruiert werden.

Dehnung der Halsmuskeln kann förderlich sein. Die laterale Flexion und die seitliche

Rotation des Halses sollen geübt werden. So werden der M. trapezius und der

M. sternocleidomastoideus gedehnt. Der Kiefermuskel M. masseter kann mit Massa-

ge im Wangenbereich gelockert werden. Der M. pterygoideus medialis wird durch

sanftes Drücken gelockert, er ist palpierbar an der inneren Kante des Angulus der

Mandibula. Der M. pterygoideus lateralis kann zum Lockern im Mundinnenbereich

sanft gedrückt werden, in der oberen Zahnreihe ganz hinten ist er palpierbar.

Auch das KOAN (Kopf-ohne-Atlas-nicken) kann hilfreich sein. Es ist ein knappes

Nicken in der HWS. Dabei sollte der Atlas mit der Axis gehalten werden, dies ver-

ursacht ein Lösen des Occiput mit dem Atlas.

The Three Way Tension Technik Es wird tief eingeatmet, gleichzeitig werden die Mastoide nach medial gedrückt, die

HWS macht eine leichte Flexion. Bei der Ausatmung geht die HWS ganz wenig in

eine Extension. Die Mastoide werden über die Ohren nach lateral gezogen. Somit

wird die spinale Dura gelockert: in der Einatmung wird sie nach cranial und bei der

Ausatmung nach kaudal gezogen.

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5 Fallbeschreibungen

5.1 Fallbeschreibung A: 69-jähriger Mann

Der 69-jährige Mann ist pensioniert. Er ist aktiv in verschiedenen Vereinen tätig und

gern in den Bergen unterwegs mit seinem Jagdhund.

Behandlungsgrund: Der Patient kam in die Craniosacral Therapie wegen Nacken-

und Schulterverspannungen. Er berichtete, dass er den Kopf nicht gut nach links

drehen kann. Dies fiel ihm besonders beim Autofahren auf. Der Rentner hat Tinnitus

in beiden Ohren, links stärker als rechts und eine Hörminderung auf beiden Ohren.

Der HNO-Arzt hat den Tinnitus bestätigt. Im Alltag ist er wegen des Tinnitus nicht

eingeschränkt. Wegen der Hörminderung trägt er ein Hörgerät. Um die Nacken-

Schultern-Beschwerden zu lindern war er schon in der Physiotherapie und Akupunk-

tur. Diese Therapien hatten keine langanhaltende Besserung gebracht.

Befund: Ich habe einen mittelmässigen CRI gespürt. Die SSB befand sich in einer

Kompression. Die Dura war im cervicalen Bereich fixiert. Die beiden Tentorien waren

auch fest. Die Suturen um das Os temporale waren fixiert, sowie auch die Sutura

coronalis. Das Sacrum und das Occiput bewegten sich nicht synchron. Der TMG-

Test war pathologisch. Die Querfaszie im Becken war fest. Die strukturverbindende

Energie war bis zu den Beinen spürbar, weiter nicht. Die Muskeln im Nacken- und

Schulterbereich waren sehr verspannt. Vor allem der M. trapezius und der M. levator

und der M. sternocleidomastoideus.

Verlauf: In der ersten Behandlung begann ich von den Füssen her zu arbeiten. Ich

regte die Flüssigkeit an. Weiter versuchte ich die Querfaszien zu öffnen, vor allem im

Beckenbereich. Die obere Thoraxapertur löste sich schneller als der Beckenbereich.

Die Muskeln im Nackenbereich waren sehr verspannt. Auch die Tenderpoints-Tech-

nik habe ich angewandt. In den weiteren Sitzungen habe ich die Suturen um das Os

temporale gelöst, vor allem die OM-Naht. Die ganze Dura wurde flexibler. Das Tento-

rium ist auf beiden Seiten zwar weicher geworden, aber noch nicht ganz frei. Die

Pars petrosa im Schläfenbein ist zäh, sie lässt sich kaum lösen.

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 29

Den Patienten habe ich in Selbsthilfeübungen instruiert: Ich habe ihn aufgefordert,

den Nackenbereich immer gut warm zu halten, vor allem wenn er bei Wind und Kälte

in der Natur unterwegs ist. Ich habe ihm Muskeldehnübungen für den Nackenbereich

und den Beckenbereich erklärt.

Im Verlauf der Sitzungen zeigte sich, dass sich die strukturverbindende Energie von

den Füssen bis zum Kopf verfolgen lässt und nicht mehr schon im Beckenbereich

stoppt. Im Becken sind auch die beiden Iliosakralgelenke freier geworden. Der Cra-

niosacral-Rhythmus wurde kräftiger. Die Nackenmuskulatur zeigte sich deutlich wei-

cher. Der Patient konnte feststellen, dass er den Kopf besser nach links drehen

konnte. Auf den Tinnitus hatte die Behandlung keinen Einfluss. Biodynamisch habe

ich mit diesem Patienten nicht gearbeitet. Er ist gewohnt, dass er bei einer Therapie

fest angefasst wird, eine leichte, sanfte Berührung würde er im jetzigen Moment eher

als unbefriedigend, da zu fremd, auffassen. Ich war allgemein über das Resultat der

Behandlungen erfreut, der Nacken war gelöster und den Patienten konnte ich moti-

vieren, die Selbsthilfeübungen auszuführen und deren Wert zu erkennen. Ich bin

überzeugt, dass er den jetzigen gelösten Zustand der Muskeln selber erhalten kann,

wenn er die Übungen weiterhin durchführt.

Aktueller Stand: Die Behandlung ist im Moment noch nicht abgeschlossen. Zum

weiteren Plan gehört, die Pars petrosa zu lösen. Auch dem Tentorium werde ich Lö-

sungsimpulse geben. Bei Bedarf werde ich die Flüssigkeit anregen und eine Tuben-

technik anwenden. Es ist gut möglich, dass ein Lösen dieser verhärteten Strukturen

zu einer Minderung des Tinnitus beitragen kann.

5.2 Fallbeschreibung B: 80-jährige Frau

Sie ist über 80 Jahre alt. Sie lebt alleine. Den Haushalt kann sie grösstenteils selber

erledigen, sie wird unterstützt von ihrer Familie und von der Spitex. Sie ist geistig fit,

ist interessiert an Kultur und Zeitgeschehen. Sie geht an Vorträge und liest gerne.

Körperlich ist sie allgemein etwas müde. Wenn sie spazieren geht, spürt sie, dass

ihre Atmung schwächer geworden ist als früher. Sie absolviert täglich ein Turnpro-

gramm, baut Yogaübungen ein, macht Atemübungen. Sie geht auch regelmässig

spazieren.

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 30

Behandlungsgrund: Sie kommt in die Craniosacral Therapie nicht wegen ihrer Hör-

probleme, sondern wegen anderer Beschwerden. Könnte mit der Therapie auch das

Gehör verbessert werden, wäre dies aber ein angenehmer, dankbarer Nebeneffekt.

Das Ziel der Therapie ist, Wohlbefinden vor allem im Thoraxbereich zu erreichen,

eine alte Narbe im Unterleib zu entspannen und die Atmung zu erleichtern. Für mich

wird es interessant sein, wie sich die Strukturen des Gehörs vor und nach der Thera-

pie anfühlen werden.

Befund: Sie benutzt schon mehrere Jahre Hörgeräte für beide Ohren. Sie hat sich

daran gewöhnt, mit den Hörgeräten zu leben. In der Therapie spüre ich vor allem,

dass die Querfaszien im Beckenbereich und die obere Thoraxapertur stark fixiert

sind. Beim Platysma und bei den Nacken- und Schultermuskeln ist der Tonus sehr

hoch. Der Atlas fühlt sich breit, dominant und stark fixiert an. Auch das Hyoid ist

blockiert. Bei den Suturen ist die OM-Naht und die Sutura squamosa fest. Im Os

temporale ist die Pars petrosa fest. Bei der Dura ist die Falx frei, das Tentorium links

ist fixiert. Die Dura ist auch im Kreuzbereich starr. Die Flüssigkeit ist in den Beinen

frei, im Oberkörper ist sie etwas zäh.

Verlauf: Im Therapieverlauf lösen sich einige Strukturen. Ums Gehör werden die

Suturen des Os temporale freier. Auch der Atlas, das Tentorium, das Hyoid und die

Muskeln bei der HWS sind viel freier. Die Patientin merkt keine Verbesserung der

Hörleistung. Das Lösen der umliegenden Strukturen scheint keinen Einfluss auf die

Hörfähigkeit zu haben. Es ist anzunehmen, dass die Läsionen im Gehör irreparabel

sind, so dass die Craniosacral Therapie keine direkte Besserung auf das Hören er-

reicht.

Aktueller Stand: Der Patientin geht es sonst besser. Sie fühlt sich im Thorax freier,

ihre Atmung ist stärker geworden, die Narbe im Unterleib stört sie weniger als vorher.

5.3 Fallbeschreibung C: 45-jährige Sekretärin

Sie ist 45 Jahre alt und arbeitet im Büro. Vor fünf Jahren hatte sie einen Unfall, bei

dem die rechte Schulter verletzt wurde. Die Patientin leidet seither an einem neuro-

pathischen Schmerzsyndrom. Sie hat nach wie vor Sensibilitätsstörungen und

Schmerzen im rechten Arm. Sie arbeitet reduziert.

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 31

Behandlungsgrund: Sie kam zu mir in die Craniosacral Therapie, um den Tinnitus

zu lindern. Wegen der Armbeschwerden geht sie in andere Therapien.

Befund: Die Frau spürt den Tinnitus auf beiden Seiten und hat ihn schon seit ihrer

Jugendzeit. Der Grund dafür könnte das damalige Hören von lauter Musik in den oft

besuchten Diskotheken sein. Sie kann gut mit dem Tinnitus umgehen. Bei Stress

wird der Tinnitus präsenter und somit störender. Die Patientin hat den Tinnitus nie

über den Arzt abklären lassen.

Verlauf: Die Patientin kam bis jetzt dreimal in die Therapie. Auch bei ihr waren bei

der ersten Sitzung die Schädelstrukturen fest fixiert. Auch das Becken war auffallend

fest. Sie berichtet mir, dass sie schon seit einigen Jahren immer wieder das linke

Iliosakralgelenk blockiert hat und deshalb in die Physiotherapie geht. Der Physiothe-

rapeut kann jeweils in einer Sitzung die Blockade im Gelenk und die Verspannung

im M. piriformis lösen. Die obere Thoraxapertur rechts ist fest. Der Atlas liess sich

anfänglich kaum berühren, er verschwand immer wieder aus meinen Fingern. Ich

löste zuerst das Hyoid und nachher konnte ich auch den Atlas greifen. Sofort wurde

der Craniosacral-Rhythmus deutlicher. Bei der Duraschaukel blockierte es im Be-

reich der BWS. Gleich nach der ersten Sitzung berichtet die Patientin, dass der linke

Tinnitus-Ton sich verändert hat, er ist nicht mehr so hoch wie sonst. Als sie zum

zweiten Mal in die Therapie kam, berichtete sie, dass der Ton links schwächer gewe-

sen war, rechts gleich geblieben sei. In der zweiten Sitzung arbeitete ich vor allem

an der HWS, am Os sphenoidale und am Os temporale. Auch prüfte ich das Kiefer-

gelenk. Es gab eine kompensierte Störung an. Beim Screening-Test entdeckte ich

eine Läsion im linken Beckenbereich. Bei der dritten Sitzung sagte die Patientin,

dass der Tinnitus links wieder weniger gewesen sei bis vor einigen Tagen, nun habe

sie viel Arbeit und der Tinnitus sei wieder so deutlich, wie immer. Das linke Becken

war ruhiger geworden, die Patientin war in der Zwischenzeit beim Physiotherapeu-

ten, er konnte das Iliosakralgelenk und den M. piriformis wieder lösen. Ich arbeitete

wieder an der HWS und an den Muskeln im Nacken und Schulterbereich.

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 32

Es hat mich gefreut, dass mir die Patientin berichten konnte, dass der Tinnitus ab-

genommen hat, auch wenn es nur auf einem Ohr spürbar war. Es hat mir gezeigt,

dass die Craniosacral Therapie auf die Strukturen einwirken und diese lösen kann.

Was nun unklar ist, ist die Frage, wie lange bei ihr die Therapiewirkung anhält? Ist

der Tinnitus eventuell so stark, dass eine Craniosacral Therapie nur kurzfristig lin-

dern kann oder lohnt es sich, die Behandlung noch einige Male durchzuführen, um

eine lang anhaltende Wirkung zu erreichen? Die Patientin wird mir bei der vierten,

kommenden Sitzung bestimmt mitteilen, wie sie mit der Therapie weiterfahren will.

Die Patientin ist instruiert in verschiedenen Selbsthilfeübungen. In der 4. Sitzung

berichtet sie, dass der Tinnitus nun sogar stärker geworden ist. Sie hat in der Zwi-

schenzeit ein Schmerztherapieprogramm begonnen. Dieses bewirkt, dass sie nun

im rechten Arm weniger Beschwerden hat. Sie glaubt, dass nun der Tinnitus mehr

in den Vordergrund gelangen kann, da die Schmerzen im Arm deutlich weniger sind.

Sie ist also durch die Armschmerzen nicht mehr vom Tinnitus abgelenkt.

Aktueller Stand: Die Craniosacral Therapie ist zu Gunsten einer medikamentösen

Behandlung für den Arm unterbrochen worden.

6 Abschliessende Gedanken und Reflexion

Das Schreiben der Diplomarbeit war wieder ein lehrreicher Prozess. Ich habe mir

anfänglich erlaubt, alles, was mich zu diesem Thema interessiert, aufzunehmen, zu

lesen und darüber zu schreiben. Um die Arbeit nicht zu ausführlich abzuliefern, kam

dann die schwierige Phase: Was soll ich wieder entfernen und was soll ich behalten.

Viel Arbeit in meiner Praxis als Ergotherapeutin hat mich gezwungen, mich von der

Diplomarbeit ein paar Tage zu distanzieren. Diese Pause wiederum hat mir geholfen,

dass mir klar wurde, welche Themen mich am meisten bewegen.

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Auch die Gespräche mit Gaby Thomann haben mir immer wieder geholfen, den roten

Faden zu finden. So wie der Verlauf des Schreibens der Diplomarbeit war, so kann

ich auch die Craniosacral Therapie-Arbeit geniessen.

Es entstand nun wie ein Nachschlagewerk für mich. Ich kann mir gut vorstellen, dass

ich diese Arbeit zur Hand nehmen kann, wenn sich bei mir jemand mit Ohrproblemen

zur Behandlung meldet.

Meine Ziele der Diplomarbeit habe ich erreicht. Ich habe nun eine genauere Vorstel-

lung der Anatomie des Ohres und ich kann jetzt verstehen, wo und wie ein Ton im

Gehirn umgewandelt wird, so dass wir ihn auch hören. Auch habe ich einen kleinen

theoretischen Einblick über die Arbeit des HNO-Spezialisten gewonnen.

Anhand der Behandlungen habe ich auch Erfahrungen gesammelt, wie sich die

Strukturen im Ohrbereich anfühlen. Bei Patienten, die keinen Tinnitus aber sonst

Hörprobleme haben, konnte ich vergleichen, wie sich die anatomischen Strukturen

bei ihnen anfühlen. Ich habe erlebt, was im Körper geschieht, wenn man an den

Strukturen verschiedene Lösungstechniken anwendet.

Die Ziele der Diplomarbeit, die der Schweizer Berufsverband Cranio Suisse vor-

schreibt, meine ich, erfüllt zu haben. Ich habe Wissen erarbeitet und dokumentiert,

gesammelte Erfahrungen ausgewertet und den ganzen Prozess in der Reflexion

beschrieben.

Es bleibt mir mich bei allen zu bedanken, die mich auf meinem Weg der Ausbildung

zur Therapeutin der Craniosacralen Osteopathie begleitet haben. Ich freue mich auf

die weiteren Erfahrungen, die ich mit dieser Therapiemethode erleben werde.

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7 Quellenverzeichnis

Text Udo Blum et al: Funktionelle Anatomie des Craniosacralen Systems, Schule für Craniosacrale Osteopathie

Karl-F. Hamann / Katrin Hamann: Schwerhörigkeit und Hörgeräte; 2. Auflage, W. Zuckschwerdt Verlag, 2012

Hildegard Hogen, Simone Harland et al: Wie funktioniert das? Der menschliche Körper; Mannheim, Meyers Lexikon Verlag, 2004

Hans Knodel und Horst Bayrhuber: Linder Biologie, 19. Auflage, J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1987

Torsten Liem: Kraniosakrale Osteopathie, ein praktisches Lehrbuch, 5. Auflage, Hippokrates Verlag, 2009

Beverly McMillan: Wissen neu erleben Der Mensch; Erstauflage, blv Buchverlag, 2007

Rudolf Merkel: Gesichtsschädel und Kiefergelenk, Schule für Craniosacrale Osteopathie, Stillpoint Verlag 2013, 67ff

Michael Schünke et al: Kopf, Hals und Neuroanatomie, Prometheus, Lern Atlas der Anatomie, 3. Auflage, Thieme Verlag, 2012

Stefan Weinzierl: Handbuch der Audiotechnik, Springer Verlag 2008

de.wikipedia.org/wiki/Trommelfell

de.wikipedia.org/wiki/Maskierungseffekt

de.wikipedia.org/wiki/Presbyakusis

Zitate

Seite Quelle 9 Beverly McMillan, 2007, S. 120

12 Hildegard Hogen, Simone Harland et al, 2004, S. 250

24 Torsten Liem: Checkliste Kraniosakrale Osteopathie, 2. Auflage, Haug Verlag, 2012, S. 433

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Das Gehör Gabi Fischli Diplomarbeit Craniosacrale Osteopathie 2016 - 35

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10 www.user.medunigraz.at/Physiologie/Sprache und Schalltransduktion

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19 www.holgon.de/medizin/med_index/Vergleich-der-Anatomie/ Anatomie-der Tuba-auditiva

20 www.hno-traeger/de/Paukenerguss/Bilder

20 www.wikipedia.org/otosklerose/Bilder

21 www.zemp-wolhusen.ch/website/var/assets/gallery/feuerwerk/1-feuerwerk.jpg

21 www.radio108komma8.de/wissen/radio_macher_a.php?act=36

22 www.audibene.de/akustikusneurinom