die bedeutung der streptokokken in den lungen für die entstehung von entzündungen

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Zeitsehr. f. Hygiene, Bd. 132, S. 257--273 (1951). Aus dem Pathologischen Institut des Landeskrankenhauses Neustadt/Hoist. und dem Institut ffir Mflchhygiene der Versuchs- und Forschungsanstalt fiir Milchwir~schaft in Kiel. Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen fiir die Entstehung yon Entziindungen. Von RUI)OLF RABL und ~[ARTIN SEELEMANN. (Eingegangen am 11. O~tober 1950 0 Dal~ im Munde und Rachen fast immer alpha-h~molytische Strepto- kokken vorkommen, ist allgemein bekannt. Im Vordergrund steht der Sc. salivarius (Viridansgruppe) mit seinen verschiedenen Typen ; seltener kommen Streptokokken der serologischen Gruppe D vor. Daneben treten gelegentlich beta-h/imolytische Arten auf. Unter letzteren ist der Sc. pyogenes der serologischen Gruppe A zu nennen, sehr viel seltener sind Streptokokken der serologischen Gruppen C, F oder G. Au•erdem wurden Streptokokken der serologischen Gruppe B nachgewiesen, die meist eine Gamma-Hs zuweilen auch sogenannte Alpha-H~molyse, auf- weisen. Bei eigenen Untersuchungen ergab sich, d~l~ unter diesen vielen Streptokokkenarten der Sc. salivarius und pyogenes humanus A die weitaus grSl]te Bedeutung haben. Ihre mengenmgl~ige Verbreitung ist, abgesehen yon Erkrankungen, sehr stark yon Umweltbedingungen ab- h~ngig. Hierauf weisen Beobachtungen in Krankenh~usern und auf Schiffen hin. Daraus ist zu schliel]en, dal] durch eine ~nderung der Streptokokkenflora im Rachen noch keine Erkrankung entstehen mul3. Eine grSl~ere Bedeutung gewinnt diese Frage, wenn die tieferen Luftwege untersuchr werden, da hier eigentlich mit einer Keimfreiheit gereehnet werden mull Es ist unserer Annahme nach bisher nicht eindeutig gekl~rt, wie weir die Luftwege in ihren kleineren Verzweigungen mit Keimen besiedelt sind. Welche Streptokokkenarten speziell in diesen Teilen mSglicher- weise vorkommen, ist gleichf~lls nicht genau bekannt. Vergleichsweise erschien es zweckm~fiig, auch alas periphere Lungengewebe bakte- riologisch und histologisch mit zu untersuchen. Fiir eine derar~ige Priifung muB das Material unter sterilen Bedingungen den Leichen entnommen werclen. Es ist notwendig, mit abgeflammten Instrumenten das Brustbein abzuheben, mit sterilen Klemmen Lungengewebe zu erfassen und dann vor Durchfiihrung der alIgemeinen Sektion Teile herauszuschneiden. Hierzu wurde ein Gewebsstiiek zur bakteriologischen Untersuchung sofort nach Ent- nahme in Bouillon bebrtitet, wonach die weitere Differenzierung erfolgte. Ein Teil wurde zur histologischen Untersuchung sofort in Formalin fixiert. Diese

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Page 1: Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen für die Entstehung von Entzündungen

Zeitsehr. f. Hygiene, Bd. 132, S. 257--273 (1951).

Aus dem Pathologischen Institut des Landeskrankenhauses Neustadt/Hoist. und dem Institut ffir Mflchhygiene der Versuchs- und Forschungsanstalt

fiir Milchwir~schaft in Kiel.

Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen fiir die Entstehung yon Entziindungen.

Von RUI)OLF RABL und ~[ARTIN SEELEMANN.

(Eingegangen am 11. O~tober 1950 0

Dal~ im Munde und Rachen fast immer alpha-h~molytische Strepto- kokken vorkommen, ist allgemein bekannt. I m Vordergrund steht der Sc. salivarius (Viridansgruppe) mit seinen verschiedenen Typen ; seltener kommen Streptokokken der serologischen Gruppe D vor. Daneben t reten gelegentlich beta-h/imolytische Arten auf. Unter letzteren ist der Sc. pyogenes der serologischen Gruppe A zu nennen, sehr viel seltener sind Streptokokken der serologischen Gruppen C, F oder G. Au•erdem wurden Streptokokken der serologischen Gruppe B nachgewiesen, die meist eine Gamma-Hs zuweilen auch sogenannte Alpha-H~molyse, auf- weisen. Bei eigenen Untersuchungen ergab sich, d~l~ unter diesen vielen Streptokokkenarten der Sc. salivarius und pyogenes humanus A die weitaus grSl]te Bedeutung haben. Ihre mengenmgl~ige Verbreitung ist, abgesehen yon Erkrankungen, sehr s tark yon Umweltbedingungen ab- h~ngig. Hierauf weisen Beobachtungen in Krankenh~usern und auf Schiffen hin. Daraus ist zu schliel]en, dal] durch eine ~nderung der Streptokokkenflora im Rachen noch keine Erkrankung entstehen mul3. Eine grSl~ere Bedeutung gewinnt diese Frage, wenn die tieferen Luftwege untersuchr werden, da hier eigentlich mit einer Keimfreiheit gereehnet werden mu l l

Es ist unserer Annahme nach bisher nicht eindeutig gekl~rt, wie weir die Luftwege in ihren kleineren Verzweigungen mit Keimen besiedelt sind. Welche Streptokokkenarten speziell in diesen Teilen mSglicher- weise vorkommen, ist gleichf~lls nicht genau bekannt. Vergleichsweise erschien es zweckm~fiig, auch alas periphere Lungengewebe bakte- riologisch und histologisch mit zu untersuchen.

Fiir eine derar~ige Priifung muB das Material unter sterilen Bedingungen den Leichen entnommen werclen. Es ist notwendig, mit abgeflammten Instrumenten das Brustbein abzuheben, mit sterilen Klemmen Lungengewebe zu erfassen und dann vor Durchfiihrung der alIgemeinen Sektion Teile herauszuschneiden. Hierzu wurde ein Gewebsstiiek zur bakteriologischen Untersuchung sofort nach Ent- nahme in Bouillon bebrtitet, wonach die weitere Differenzierung erfolgte. Ein Teil wurde zur histologischen Untersuchung sofort in Formalin fixiert. Diese

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258 RUDOLF RABL und MART~ SEELEMANN:

Untersuchungsmethode hat sich bew/~hrt. Auf diese Weise wurden yon 100 Leichen Teile der verschiedenen Lungenlappen gepriift, w~hrend in vorangegangenen Unter- suchungen mit Hilfe yon Abstrichtupfern Einstiche in das Gewebe gemacht wur- den, die in der gleichen Weise bebrtitet wurden. Auch mit dieser Methode konnte oberfl/~chennahes Lungengewebe gepriift werden.

Bei der zuerst angeffihrten Untersuchungsreihe wurden alle gefundenen Streptokokken in der in friiheren Arbeiten angefiihrten ~Veise biologisch differen- ziert, w~hrend bei der zwoiten Versuchsanordnung nicht alle nachgewiesenen Streptokokken eingegliedert wurden.

Im ganzen wurden 395 Gewebsteile und 175 Abstriche untersucht. Aus diesem Material wurden 55 Streptokokkenst/~mme differenziert. Hinzu kommen noch 3 St/imme aus den groBen Bronchial~tsten, 6 yon der Pleura und 5 St~imme aus Kavernen der gleichen Sektionen. Es handelt sieh demnach um 69 Streptokokken- st~mme, fiber die in frfiheren Arbeiten noch nieht berichtet worden ist. V~reiter sind noch St/imme zu berficksichtigen, die als Einzeluntersuehungen in friiheren Jahren gepriift wurden, deren Ergebnisse bisher noch nicht verSffentlicht sind. Unterschiede gegenfiber den jetzigen Befunden sind dabei nicht festgestellt worden. Um jedoch den Zusammenhang mit den histologischen Ergebnissen zu wahren, wird darauf verzichtet, diese Streptokokkenst/~mme jetzt mit anzufiihren.

Zum Vergleich mit den Streptokokken aus den Lungen stehen weiterhin grSl]ere eigene Untersuchungsreihen vora Rachen, yon den Z~hnen und-anderen Standorten zur Verftigung, die teilweise in vorangegangenen Arbeiten verSffent- licht wurden, so dab an dieser S~elle auf sie verwiesen werden daft.

Auf diese Weise war es zum ersten Male mSglich, eine genaue Differenzierung der in den Lungen vorkommenden Streptokokken durchzufiihren.

In frtiheren Untersuchungen anderer Autoren sind die diesbezfiglichen Be- nennungen der gefundenen Kokkenarten reeht ungenau; so spricht GUNDEL yon ,,avirulente~ Pneumokokken", ,,pneumokokken~tbnlichen" und ,,i~undstrepto- kokken", Go~.T~s von h~imolytischen Streptokokken, deren ni~here Merkmale nicht angegeben werden.

]3ei der Durchfiihrung der Untersuchungen, auf deren Teehnik wir nicht noch einmal eingehen wollen, haben uns wiederum die medizinisch-technischen Assistentinnen Fr/~ulein ERIKA SCHULZ, l~'eustadt, und Fraulein ORTRUD CARSTE~,'S, Kiel, geholfen. - -

E ine besondere Bevorzugung eines Lappens ist n ich t vorhanden . Von 199 Ober lappen waren in 25 F~llen S t r ep tokokken n~chweisb~r; in

1 9 6 U n t e r l a p p e n fanden sich 29mal S t rep tokokken . S t r ep tokokken- hal t ige Lungente i le fanden wir also viel sel tener als GUNDEL und LINDEN

sowie GOETERS. Wi r m6ch ten diesen Unte rsch ied da rau f zuri ickff ihren,

daft die erw/ ihnten Au to ren unster i i en tnommenes n ich t per ipheres Lungengewebe erst im bakter iologischen L a b o r a t o r i u m gepri i f t und nicht

bereits im Sekt ionssaal die Versuchsreihen angese tz t haben.

Verschiedene/~ltere Arbeiten miissen unberiicksichtAg~ bleiben, weil die damalige Streptokokkendiagnostik zu ungenau war. In ihnen finder man zahlreiche Ver- wechslungen von Salivariusstreptokokken mit Pneumokokken der Gruppe X. Hierauf dtirften die Angaben zuriickzufiihren sein, nach denen Pneumokokken als die Ursaehe yon Herdpneumonien anzusprechen sind.

Bevor wir die verschiedenen Ar ten besprechen, soll erw/~hnt werden,

dab von den alpha~Mimolytischen Strepto/co/c/cen mengenm~lflig die Sali-

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Die Bedeutung der Strcptokokken in den Lungen. 259

variustypen im Vordergrund stehen, wdhrend die Unterarten der serolo- 9ischen Gruppe D (Sc. 9lycerinaceus, Sc./aecium und Sc. liguefaciens) odor biologisch atypisch sich verhaltende Streptokokken seltener nachzu- weisen waren. Iron den beta-hdmolytischen Streptokokken wurden diejenigen der serologischen Gruppe A, C und G gefunden.

Fiir die Beurteilung der Bedeutung aller Streptokokken in den Lungen mul~ ihr Verbreitungsweg in Betracht gezogen werden. Schon friiher wurde yon uns gezeig~i dab die Salivariusstreptokokken vor allem im Munde sowie in den oberon Luftwegen und die Enterokokken im Darm- kanal vorkommen. 2Cur sehr selten werden diese Arten an andercn Standorten gefunden.

A. Wi~hrend Salivariusstreptokokken in den oberen Luftwegen fast regehni~tfig beobaehtet werden, kSnnen sie nach BERCEY auch bei eitrigen Prozessen des oberen Respirationstraktus und bei Lungenaffektionen auftreten. Nach eigenen Untersuchungen konnten sie bei bestimmten Erkrankungen festgestellt werden. Auch bei ihnen sind allerdings keine Entziindungen in den kleineren Luftwegen vorhanden. Im Vordergrund stehen ~enschen der mittleren Leben sjahre, die an Herzerkrankungen gestorben sind.

Von 9 Erwachsenen zeigten 6 Herzbefunde, darunter bestand in 3 F~llen eine Hypertonie, in einem eine Endokarditis, in einem weiteren eine Mesaortitis luica mit t3bergreffen auf die Herzklappen und Coronararterien und einmal eine Herz- insuffizienz mit Hypertrophic (Gewicht 430 g) bei einem Emphysem. Ein weiterer Sektionsfall betraf ein Rectum-Carcinom, bei dem zwar das Herz aul]er einer kleinen Narbe in der Hinterwand der linken Kammer und einer Dilatation der re. Kammer keine Besonderheiten aufwies, bei demes aber im Gefolge yon Lungen- embolien zu Infarktbildungen gekommen war. Hieraus kann geschlossen werden, dab eine Herzinsuffizienz bestanden hat.

Sofern eine Bronchitis vorhanden ist und von hier aus durch eine Ausdehnung der Entziindung oder eine Aspiration yon Schleim unter Umstanden eine Herdpneumonie entsteht, werden dagegen nach unseren Beobachtungen mehr Staphylokokken gefundcn. Diese Keime k6nnen zwar, wie sich auch in der MundhShle und an anderen Standorten lest- stellen lg2t, nebeneinander vorkommen. Bei einem Uberwiegen der Staphylokokken werden aber die Streptokokken meist vollst~ndig ver- driingt. ~hnliche Beobachtungen lassen sich in Lungenkavernen bei Tuberkulosen machen, in denen meistens Staphylokokken und nut in seltenen Ausnahmefiillen Streptokokken nachweisbar sind.

Gemeinsam ist allen Befunden somit, da6 die alpha-hamolytischen Streptokokken gelegentlich in das tiefere Lungengewebe gelangen kSnnen, ohne dab entziindliche Erscheinungen hiermit verbunden sind. Eine serSse Exsudation kann ihre Ausbreitung begiinstigen, ist jedoch nicht notwendig. Es handelt sich somit bei dcm Vorkommen yon alpha-

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260 ~IJDOL]~ ]~ABL und ~ARTIN SEELEI~IANN:

h~molyt i sehen St reptokokken um eine Besiedelung einer sonst strepto- kokkenfreien Oberfls bei ge~nder ten Gewebsbedingungen. Auch wenn sie hier auf t re ten, dr ingen sie n icht von den Alveolen zwisehen das mesenchymale Gewebe u n d werden auch n ich t t rotz der Gef~BnEhe u n d dichten D u r c h b l u t u n g in andere 0rgane, verschleppt. Die Fl i iehenaus- b re i tnng der Sal ivar iuss t reptokokken wird offensiehtlich dureh besondere Gewebsbedingungen begiinstigt . Die Ausbre i tung bei einer Herzinsuff i , zienz k a n n einen Hinweis auf die verst~trkte D u r c h b l u t u n g geben. Anderer- seits wird hierbei die A t m u n g versti~rkt. Einige Sektionsf~lle scheinen dies zu best~tigen. Bei K i n d e r n hatbea krampfar~ige A t m u n g e n kl inisch den Verdacht au f eine Pneumon ie gelenkt, die sich ana tomiseh n ieh t best~tigte.

Biologisch zeigen die Salivariusstreptokokken aus den Lungen gegeniiber anderen Standorten keine Besonderheiten. Ebenso wie in Tonsillenkrypten, bei Erkrankungen der Z~hne und im Blur bei Endokarditis stehen hier die Typen II und IV mengenm~Big im Vordergrund. Sofern geringe entzfindliche Vers nachweisbar waren, zeigten die biologisehen Eigenschaften der Salivariusstrepto- kokken gegeniiber den F~illen ohne Gewebsver~inderungen keine Unterschiede.

I m einzelnen wurden Salivariusstreptokokken bei den folgenden Sektionsfl~llen gefunden :

1. 3 Monate alter m~nnlieher Siiugling, der wegen Pneumonieverdacht in das Krankenhaus eingeliefert werden sollte, jedoch bereits auf dem Transport verstarb. Naeh ~vgaben der Eltern war das Kind noch 2 Tage vor dem Tode gesund ge- wesen. Anatomisch konnte ein LungenSdem in den paravertebralen Teilen nach- gewiesen werden sowie ein (~dem der Darmwandung mit gerhlger Entziindung. - - Bakteriologiseh wurden in der re. Lunge Salivariusstreptokokken Typ II, in der li. Sc. glycerinaceus, naehgewiesen.

2, 4 Monate alter m~innlicher S~ugling, der seit 3 Monaten gehustet und an Gewieht abgenommen hatte. 1 Monat vet dem Tode trat eine Dyspepsie mit sclfleimig-flfissigem Stuhl auf. ~ber beiden Lungen wurden feinblasige Rasselge- rSuche festgestellt. Anatomiseh fund sich eine chronisehe Pneumonie mit eitriger Bronchitis und Bronchiektasen. Au~erdem wareu vernarbte Abscesse in der Leber naehzuweisen. - - Bakteriologisch: In der re. Lunge sowie in der Luftr0hre Sc. salivarius Typ I.

3. 6 Monate alter m~nnlicher Si~ugling, der wegen Pneumonieverdacht zur ~irztliehen :Behandlung gelang~e. 5Std nach der Krankenhausaufnahme unter un- kIaren Krankheitserseheinungen gestorben. - - Anatomisch war eine Bronehopneu- monie vorbanden, bei der wegen kleiner Blutungen der Verdacht auf eine grippale Erkrankung entstanden war. - - Bakteriologisch war hierffir kein Anhaltspunkt vorhanden. Im re. Unterlappen wurden Salivariusstreptokokken Typ II geziichtet. Der Liquor war steril.

4. l l Monate alter Saugling. 4 Tage vor dem Tode wegen Verdaeht auf Pneu- monie mit hohem Fieber in das Krankenhaus aufgenommen. Ober beiden Lungen waren bronehitische Ger~usche zu hSren. - - Anatomisch bestand nur eine geringe Bronchitis, keine Pneumonie. Auf Grund des geringen Befundes bestand der Verdacht auf eine grippale Erkrankung. - - Bakteriologisch wurde in beiden Lungen sowie in der LuftrShre Se. salivarius Typ II nachgewiesen.

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5. 16 Monate altes Miidchen, das sich in einem Kinderheim bei roller Gesund- heit infolge eines Ungliicksfalles erhiingte. - - Auch anatomisch wurden keine weiteren Ver/~nderungen nachgewiesen. Bakteriologisch: re. Lunge Se. salivarhas Typ II, in der LuftrShre Typ III.

6. 3 Jahre alter Knabe, der wegen Miliartuberkulose zur Aufnahme kam, die sich anatomisch best/~tigen lielL Sie hatte ihren Ausgangsherd im re. Lungenober- lappen. - - Bakteriologisch: im re. Unterlappen Salivariusstreptokokken Typ II. in beiden Oberlappen alpha-h~molytische Streptokokken, die bei der weiteren Differenzieruug abstarben, sowie Pneumokokken. Li. Unterlappen Staph. aureus mit Hamolyse. HistoIogisch: Im re. Unterlappen zahlreiche produktive Tuberkel zwisehen lufthaltigem Gewebe; in don Bronchialasten, deren Epithel gut erhalten is$, kein Sekret, In der Umgebung der Tuberkulose vereinzelt geringe netzfSrmige interstitielle Entziindung. Im re. Oberlappen ist eine bedeutend ausgedehntere Tuberkulose mit Verkhsungen. In dem dazwischen gelegenen gro~en Bronehialast ist das Epithel gut erhalten, jedoch die Liehtung vollst/~udig mit Detritus aus- gefiillt. Zahlreiche gr51]ere Gef/tllw/~nde sind 6demat6s aufgelockert.

7. 26 Jalare alte Frau, die wegen Schizophrenie im Krankenhaus gelegen hat. Durch die Sektion konnten keine umschriebenen Organver/~nderungen nachgewiesen werden. Bakteriologisch wurden in der li. Lunge Salivariusstreptokokken, deren Typ nicht gesiehert wurde, nachgewiesen.

8. 41 gahre alte Frau, die wegen Adaliuvergfftung zur Aufuahme kam, die dann zum Tode fiihrte. Anatomiseh fund sieh au~erdem eine Hypostase in den Lungen. Im re. Unterlappen waren zentral gelegene Blutungen. Bakteriologiseh: im re. Oberlappen Sc. salivarius Typ II, im Unterlappen Typ IV. Li. Oberlappen steril, li. Unterlappen enthalt Staph. albus. Histologisch ist im re. Oberlappen das Gewebe lufthaltig. Auch im interstitiellen Gewebe ist keine Zellvermei~rung erkennbar. Eine Hyper~mie ist nicht ausgebildet. Im re. Unterlappen sind die Bronchialaste eng und leer. Das Lungengewebe ist mit Ausnahme weniger Alveolen lufthaltig. In diesen ist serSses zellfreies 0dem. Das interstitielle Gewebe ist nicht hyper/tmiseh und aueh nieht verdickt. Die Pleura ist ohne Ver/inderungen.

9. 44 Jahre alter Mann, der wegen einer Apoplexie infolge einer Hypertonie ins Krankenhaus eiugeliefert wurde, die zum Tode fiihrte. Ifferzgewieht 680 g. Bakteriologiseh: re. 0berlappen Sc. salivarius Typ II, im Unterlappen und li. Oberlappen Bact. eoli (im re. Unterlappen mit Staph. aur.). Li. Unterlappen steril. Histo]ogiseh: netzf6rmig verteiltes, grSfltenteils zellfreies 0dem. Pneumonische Infiltrationen shad nieht nachweisbar. Es linden sich lediglich an einer ganz kleinen Stelle einige Lymphocyten.

10. 45 Jahre alter Mann, der wegen Endokarditis und Infarktpneumonie in Behandhmg war. Die Blutkultur war steril. Ein Milztumor wurde nieht gefunden (Herzgewieht 695 g). Anatomisch bestand eine recurrierende Endokarditis der Mitral- und Aortenklappen, eine Perikardverwachsung sowie eine kleinfleckige Fibrose des Myokards. Infarkte waren in der Milz und in der li, Niere uachweisbar. Bakteriologisch: In beiden Lungen etwas hamolytischer Coli. In der li. Lunge aul]erdem Sc. salivarius Typ II oder IV. Milzkultur steril.

11.47 Jahre alter Mann. Die Aufnahme erfolgte wegen einer Apoplexie bei einer I-Iypertonie, die in den Ventrikel durchzubrechen drohte (Ifferzgewicht 520 g). Baktcriologisch: beide Oberlappen kulturell steril; im re. Unterlappen Sc. sali- varius Typ I, im li. Typ II. Histologisch : Im re. Unterlappen ist das meiste Gewebe lufthaltig. Auch in, den dort gelegenen Bronchial~isten sind keine Zellen. Teile yon netzf6rmig verteilten Alveolen sind etwas 5dematSs, jedoch frei yon Entziindung. Kleine Abschnitte sind atelektatiseh. Das Zwischengewebe ist im aUgemeinen nieht sehr verdickt. Infiltrate sind auch hier nieht vorhanden. Im li. Unterlappen sind

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262 RUDOLF RABL und MARTIN SEELEi~IAIW-N:

grO3ere Teile etwas komprimiert. I)er gr6Bte Teil des Gewebes ist lnfthaltig. Netz- f6rmig verteflt findet sich zelffreies 0dem. In den Bronchiallichtungen kein Sekret, nur einige abgeschifferte Epithelien. Das Zwischengewebe ist im 5demat6sen Ab- schnitt etwas verdickt. St~rkere Hyper~miep fehlen.

12. 55 Jahre alte Frau, die wegen Pancarditis hei positiver Wassermann- Reaktion ins Krankenhaus anfgenommen wurde. Es land sich eine Mesaortitis luica, die zu einer Myokardinfarzierung gefiihrt hatte (Herzgewieht 560 g). Bakterio- logisch: in allen Lungenlappen Reinkultur yon Sc. sahvarius Typ IV. - - H i s t o - logiseh: Im re. Oberlappen Bronehialepithel gut erhalten. Auf ibm sebr wenig Schleim, keine Zellen. Gewebe herdf6rmig etwas komprimiert, an anderen Stellen netzf6rmig interstitielles 0dem. Alveolen nieht infiltriert. Blutgef~tl3e stark gefiillt. Im re. Unterlappen der gleiche Beflmd. An einigen Stellen sind vereinzelt Alveolar- epithelien abgelSst. Im li. Oberlappen ist um einen ldeinen Bronchialast eine herd- f6rmige lymphocyt~re Infiltration im Zwischengewebe. Die weitere Umgehung zeigt ein starkes interstitielles 0dem. In einem groflen Bronehialast ist das Epithel gut erhalten. Auf ihm lagert etwas Schleim mit wenigen Zellbeimengungen. Capillaren nicht hyper~misch, mittelgrol3e Gef~l~e, relativ stark gefiillt. Im li. Unterlappen ist der Befund im wesentlichen der gleiche. Die Alveolen sind hier nicht vollst~ndig entfaltet. Infiltrate fehlen.

13. 58 Jahre alter Mann, der wegen Emphysembronehitis zur Aufnahme kam. Anatomisch war ein starkes Lungenemphysem mit Indurationen in allen Lappen vorhanden. In den grol]en LuftrShren~sten land sich reichlieh Schleim (Herz- gewieht 430 g). Bakteriologisch: beide Oberlappen kulturell steril. Im re. Unter- lappen Reinkultur yon Se. salivarius Typ IV. Im li. Unterlappen alpha-hi~moly- tisehe Streptokokken, die bei der weiteren Differenzierung abgestorben sind. ttistologisch: Im re. Unterlappen ist der grSBte Teil des Gewebes lufthaltig und gebl~h~, Vereinzelt sind Kompressionen naehweisbar. In der Umgebung eines Bronchus Lymphoeytenansammlungen. In seiner Lichtung keine Zellen. In einem nahe gelegenen kleinen Verzweigungsast wenige Leukoeyten bei etwas vermehrter Sekretion. Im li. Unterlappen ist das Gewebe gleichfalls stark gebl~ht und luft- haltig. In einem grSl3eren Bronchialast massenhaft Leukocyten; die Epithelien sind etwas in AblSsung begriffen. In der Umgebung sind eine starke ttyper~mie und ]ymphoeyt~re Infiltration. Das interstitielle Gewebe an entfernter liegenden Teilen ist herdfSrmig 5dematSs. Die Pleura zeigt keine Entziindung,

14. 65 Jahre alte Frau, die wegen L~hmungen, Aphasien und einer Myokard- schadigung zur Au~nahme kam. Anatomisch handelte es sieh um eine Herzhyl0er - trophie bei Hypertonie (Herzgewicht 530 g). Cysten in dan li. Basalganglien und Infarkte in beiden Lungenunterlappen. Bakteriologisch: In allen Lungenlappen Bact. coli. Auflerdem in beiden Unterlal0pen Se. salivarius, Typ II. - - Histo- logisch: Im re. Unterlappen starkes Emphysem. Gut erhaltenes Bronehialepithel. Kein Sekret in den Lichtungen. In einem Bronchus ohne entziindliche Ver~nde- rungen Aspirationen yon Mundepithelien. Interstitielles Gewebe herdfSrmig ver- diekt mit sehr vielen Eisenablagerungen, Mittelgrol~e Gefi~l~e sehr stark geffillt. Im li. Unterlappen herdf6rmige, sehr starke Entziindungen mit hoehgradiger Er- weiterung von Venen und grSl3eren Capillaren. In groi3en Bronchial~sten Leuko- eytenpfrSpfe, wobei das E1oithel teilweise fehlt. In einem Leukoeytenpfropf sin Bakterienhaufen. Alveolen der weiteren Umgebung teilweise sehr stark gebli~ht. An einer weiteren Stelle im indurierten Gewebe reiehlieh Eisenablagerungen.

15. 65 Jahre alter Mann. Die Aufnahme in das Krankenhkus erfolgte wegen eines Reetum-Careinoms, das Metastasen an der Leber und am Hals gebildet hatte. 1 ~ Jahre vor dem Tode wurde ein Lippen-Careinom entfernt. Anatomisch waren bei einem alten Lungenemphysem in beiden Lungenunterlappen walnul]-

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Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen. 263

gro~e hi~morrhagische Infarkte vorhanden (Herzgewieht 310 g). Bakteriologisch: in beiden Oberlappen Staph. albus. Im re. Oberlappen auBerdem alpha-hiimo- lytische Streptokokken, die bei der weiteren Dffferenzierung abgestorben sin& Im re. Unterlappen war eine Reinkultur yon Salivariusstreptokokken Typ IV vor- handen. Der li. Unterlappen war steril. Histologiseh: Der re. Oberlappen ist iiberall lufthaltig. Die Alveolen sind sehr stark gebl~ht. Das Zwischengewebe ist nicht verdickt. Die Bronchien zeigen eine Atrophie der Epithelien. Weder in noeh um die Liehtungen sind Infiltrate. Kleine Absehnitte des Lungengewebes sind etwas komprimiert. Eine Hyper~tmie ist an keiner Stelle vorhanden. Der re. Unterlappen wurde histologisch nicht untersucht.

Zusammenge/aflt ergibt sieh damit, daft in den/eineren Verzweigungen des Lungen~ewebe8 nur selten Salivariusstreptokok]cen vor]commen und daft dann besondere Gewebsbedingungen vorhanden sein mi~sseu.

B. W~hrend also fiir die Sal ivar iusst reptokokken eine Aspira t ion in die tieferen Luf twege in Be t rach t kommt , muB fiir die Enterokokken auch der hdmatogene Weg beriieksichtigt werden. Der h~matogene Ver- schleppungsweg in die L u n g e erfolgt jedoch wahrscheinlich nur sehr selten. E r kSnnte dann eintreten, wenn eine Geschwiirsbildung im D a r m vorangegangen ist und yon hier, ~hnlich wie Coli-Bakterien oder anaerobe Keime, S t rep tokokken in den K6rper eindringen wtirden. Die neben den Untersuchungen der Lungen durchgefi ihrte Prt i fung der Milz ergab je- doch, dab hierfiir im al]gemeinen kein Anha l t spunk t gegeben ist. Die En te rokokken wiirden daher auch durch die Luf twege in das Lungen- gewebe gelangen, wobei eine Aspirat ion w~hrend der Agone eine maB- gebliehe Bedeutung hat . Diese Bedeu tung ist um so wahrscheinlicher, da, wie wir festgestellt haben, eine Enterokokkenbesiedelung der Lungen meistens bei al ten N[ensehen auftr i t t , die an einer Altersschwi~che ohne eine vorangegangene Krankhe i t gestorben sind. 4: von den 6 erwachsenen Pat ienten waren fiber 80 Jah re alt. 3 weitere waren SEuglinge unter 5 5[onaten 2 von ihnen waren durch zentrale Sch~digungen, d. la. an Pyocephalus bzw. an einer ~i l iar tuberkulose mit Gehirnhautbete i l igung und vollst~ndig reaktionsunfi~hig gest6rben. In keinem der erw~hnten F~lle war eine Pneumonie ents tanden. Hiermi t soll n icht gesagt sein, dab durch En te rokokken keine Herdpneumonien ents tehen k6nnten. I m eigenen Material haben wir hierfiir allerdings keinen Anha l t spunk t .

In den meisten hierfiir in Betraeht kommenden Arbeiten fehlt die genaue Differenzierung der Streptokokken, so dab die Annahme, dab kS sich um Entero- kokkcn gehandelt hat, eines Beweises entbehrt. Nur der Befund yon Koc~ kann der Nachpriifung standhalten. Im eigenen Material handel~ es sich um folgende F~ille:

a) Sc. glycerinaceus. 1. 2 Monate alter m~nnlicher S~ugling, der wegcn einer Meningocystocele in

das Krankenhaus eingeliefert wurde. Er verstarb an einem Pyocephalus internus. Anatomisch waren die Lungen hyperiimisch. Bronchopneumonische Herde waren

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264 RUDOLF RABL und MARTIN SEELEMANN:

nicht nachweisbar. Bakteriotogisch: im re. Oberlappen eine Reinkultur yon Sc. glycerinaceus; li. Oberlappen sowie beide Unterlappen sterfl. Histologisch: der re. Oberlappen zeigt eine ausgedehnte netzfSrmig verteiltc Zcllvermehrung des Inter- Stitiums. In den Bronchien dieht fiber dem Epithel ist etwas zellfreier Schleim. Die iibrige Lichtung ist frei. Zwisehen dem verdiekten Intersti t ium lufthaltige Alveolen ohne Wandverdickungen. L~tppchengrenze deutlieh erkennbar , frei yon Infiltraten.

2. 3 Monate alter mannlicher Saugling. Befund vgl. Salivariusstreptokokken Fall Nr. 1 unter A.

3. 40 Jahre alto ]~'rau, die wegen einer Schizophrenie in Krankenhausbeband- lung war und an einem Kreislaufversagen ad exitum kam. Anatomisch land sich vine tiefsitzende Bronchitis mit zhber Schleimbildung. Bakteriologisch: beide Oberlappen und der re. Unterlappen waren steril. Im li. Unterlappen war eine Reiukultur yon Sc. glycerinaceus. - - Histologisch ist das Lungengewebe gebl~iht. In grSl~eren Bronehialast~n sind sehr viel Schleim mit Plattenepithelien und Leu- kocyten. Die Basis der Bronchialepithelicn ist etwas 5dcmatSs. In der Umgebung einiger grSISerer Bronehial/iste ist eine herdf6rmige, geringe interstitielle Entziin- dung. Die grSi~eren BlutgefaiSe sind stark gefiillt. Die in den Alveolarwanden ge- legenen Gefal~e zeigen eine normale Durchblutung.

4. 83 gahre alte Frau, die wegen eines Oberschenkelbruchs ins Krankenhaus eingeliefert wurde und einen Decubitus bekam. Anatomisch bestand aul3erdem ein atrophisches Emphysem und vine Hyl0ostase im re. Unterlappen. Eine Fett- embolie konnte ausgeschlossen werden (Herzgewieht 235 g). Bakteriologisch. re. Oberlappen steril, re. Unterlappen alpha-hamolytische Streptokokken, die biolo- gisch atypisch sind, zusammen mit Staph. albus. Im li. Oberlappen Sc. glycerinaceus. I m li. Unterlappen wurden aerobe Sporenbildner naehgewiesen. - - HistoIogisch: in grSl]eren Bronchien des li. 0berlappens vereinzelt sehr starke Schleimffillung mit ~'ereinzelten Leukocyten in den Bronchien. Keine Entziindung. Lungengewebe emphysematfs; vollkommen frei yon Entziindung oder 0edem. Alveolarwande dick.

b) So. ]actium. 1. 39 Jahre alter Mann. Die Aufnahme erfolgte auf Grund einer generalisierten

Tuberkulose mit Knochenbeteiligung, die dann zum Tode fiihrte. Bakteriologisch." in der einen Lunge Sc. [aecium mit Gamma-H/~molyse.

2. 74 Jabre alte Frau, die wegen seit Jahren bestehender Herzbesehwerden erneut ins Krankenhaus eingeliefert werden muBte. Es bestanden st~rkere De- kompensationserseheinungen. ~be r der Aorta war ein systolisches Ger~useh naeh- weisbar. Au~lerdem bestand vine paroxysmale Taehykardiv. Anatomiseh fanden sich Verwachsungen mit Verkalkungen der Aortenklappen nach ciner Endokarditis (Herzgewieht 510 g). Starke Coronarsklerdse. Pleuraexsudat re. Geringes Lungen: 5dem. Bakteriologisch: im re. Ober- und Unterlappen Baet. coli, im li. Oberlappen Staph. albus, im li. Unterlappen Reinkultur yon Sc./aecium. Histologiseh sind im li. Unterlappen flachenhafte h~morrhagisehe Durchtr~inkungen bei hoehgradig er- weiterten Gef/~l~en mit Nekrosen und Thrombenbildungen vorhanden.

3. 80 Jahre alte Frau, die wegen Altersschwi~ehe eingeliefert wurde und bei einer eitrigen Tracheobronchitis eine Bronehopneumonie im re. Unterlappen hatte. Aul~erdem bestand ein Decubitus. Bakteriologiseh: im re. 0berlappen und li. Unterlappen Bact. eoli, im li. Unterlappen aul~erdem Sc. [aecium. Im re. Unter- lappen fanden sich Staph. aureus mit H~molyse. Dort nachweisbare alpha- h~molytisehe Streptokokken waren vor der Differenzierung abgestorben. Histolo- giseh sind in etwas grSLleren Bronehialgsten des li. Unterlappens reicblieh Leuko- cyten vorhanden. Die Epithelien sind erhalten. Die meisten Bronehialgste sind ohne leukocytenhaltigen Sehlvim. ])as Lungengewebe ist netzartig infiltriert, wobei

Page 9: Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen für die Entstehung von Entzündungen

Dic Bedeutuug der Streptokokken in den Lungen. 265

sich in einem eiweiI3armen Exsudat reichlieh Leukocyten linden. In mehreren groBen dtinnwandigen Gefs (anscheinend Venen) alte Pfropfbfldungen mit Fettzellen.

4. 81 Jahre alter Mann. Die Aufnahme erfolgte wegen einer dekompensierteu Hypertonie (RR 120/70) und Tachykardie. Anatomisch bestanden eine Herzhyper- trophie (Herzgewicht 375 g) sowie im re, Oberlappen bronehopneumonische Herde; in den iibrigen Lungenteilen fund sich ein 0dem. In den Bronehien reichlich gelb- griines Sputum. Bakteriologiseh: re. Lungenlappen steril, im li. fund sieh Sc./aecium.

5. 83 Jahre alte Frau, die wegen Altersschwaehe ins Krankenhaus eingeliefert wurde und hier ad exitum kam. Anatomisch land sich au~erdem eine hochgradige Arteriosklerose mit Geschwtirsbildungen sowie Schwielen in der Kammerscheide- und Vorderwand des Herzens. In den unter]appen ist ein 0dem. In den Luft. r6hren~sten findet sieh wenig grau-schmutzige Fltissigkeit. - - Bakteriologisch: iu alien Lungenlappen Proteus; in beiden Oberlappen und im li. Unterlappen auBer- dem Bact. coli. Im re. Unterlappen Sc./aecium. - - Histologisch ist das Gewebe des re. Unterlappens stark komprimiert. Bronchialepithelien sind abgelSst. Es linden sich hier und in Alveolen sehr viele Leukocyten. Zwischen derartigen Ab- schnitten sind aueh lufthaltige vorhanden: Alveolarw~nde relativ dick. Mittelgrofle Gef~13e sehr stark gefiillt. Aueh die Capillaxen sind etwas hypergmisch.

c) Sc. lique/aciens. 1. 5 Monate alter m~nnlicher Sgugling, der wegen einer Miliartuberkulose ins

Krankenhaus aufgenommen wurde, die dann zu einer Meningitis fiihrte. Im li. Oberlappen war auBerdem eine Caverne. Der Ausgangspunkt ist in einer verk~sten Hilusdrfise zu vermuten. - - Bakteriologiseh: im re. Oberlappen eine Reinkultur yon Sc. lique]aciens, der Unterlappen ist steril. Im li. Ober- und Unterlappen sind Staphylokokken. - - Histologisch: im re. Oberlappen zahlreiche produktive Tuberkel mit zentralen Verk~sungen und vielen Riesenzellen. Die Bronchialaste enthalten vereinzelt etwas Schleim mit abgestoflenen Zellen. Nut wenige Epithelien sind in AblSsung begrfffen. ])as Lungengewebe zeigt ein interstitielles 0dem mit starker Hypers jedoch geringer Entziindung. Die Alveolen sind lufthaltig.

2. 84 Jahre alter Mann, der wegen Altersschw~che und einer Prost~tahyper- trophie mit Balkenblase ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Es bestand auBerdem eine sehlaffe Pneumonie. In der Luftr~ihre ist Mageninhalt. - -Bakter iologisch: in beiden Oberlappen und im li. Unterlappen Colibakterien. Im re. Unterlappen Sc. lique/aciens und Staph. albus.

Zusammenge/a[3t ergibt 8ich hieraus, daff bei Vorhandensein yon Strepto- kokIcen der serologischen Gruppe D mit Aspirationen in die Lu/twege ge- rechnet werdeu muff. Fi i r h~matogene Versch leppungcn l i e f sich k e i n A n h a l t s p u n k t gewinnen. Eben/alls waren keine durch Enterokokken ent- standenen Pneumonien nachweisbar. Es bes teh t ke in Beweis dafi ir , daft die in e inem Fa l l e beobach t e t en En t z i i nduugen au f die S t r e p t o k o k k e n - bes iedelungen zur i ickzuff ihren sind, da ffir das A u f t r e t e n der E n t - z t indungen auch andere MSgl ichkei ten i n F r a g e k o m m e n kSnnen. Sie s ind v ie lmehr als Fo lgen der Asp i r a t i on yon Mageninhal~ aufzufassen und b rauchen daher n ich t bak te r i e l l hervorgerufen zu sein.

C. Atypische Streptokokken. A u f e r diesen S t r e p t o k o k k e n a r t e n kSn- hen biologisch a typ i sche A r t e n vo rkommen . Bisher k o n n t e n wir sie in Tonsil len, bei Zahne rk rankungen , im B l u r bei E ndoka rd i t i s , im Urin ,

Zeitsehr. f. HYgiene, Bd. 132. 18

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266 RUDOLF RAiL und MART~ SEELEMA-N'N:

Anus u n d in den weibliehen Geni ta lorganen nachweisen. Es ist daher n icht auffallend, dab sie sich in den Lungen ebenfalls nachweisen lassen. Von anderer Seite s ind derart ige Keime in den Lungen bisher n icht gefunden worden. Diese S t rep tokokken zeigen keine gemein- samen charakter is t ischen Atyp ien ihres biologischen Verhaltens. Es is~ daher notwendig, den ]eweils nachgewiesenen S tamm genau zu beschrei- ben, um festzustellen, ob die Pa thogeni t~ t durch ~ n d e r u n g e n seiner Eigenschafteu beeinflu•t wird. Die bisherigen eigenen Beobach tungen braehten ke inen Beweis ffir die Annahme , daft Ande rungen im biolo- gischen Verhal ten auf das S tad ium oder die Art der E r k r a n k u n g sowie die Behand lung zurfickzuffihren sind. Bei den L u n g e n u n t e r s u c h u n g e n sollen such diese Streptokokkenst~Lmme im einzelnen erw~hnt werden.

1. 9 Jahre alter Junge, der wegen Ileus infolge eines Verwachsungsstranges ins Krankenhaus aufgenommen wurde. Def. Tod erfolgte auf dem Operationstisch durch Herz- und Kreislaufversagen. Es land sich anatomisch wenig h~tmorrha- gisches Exsudat fiber den Darmschlh~gen, keine Peritonitis. Au~erdem war ein Zwerchfellhochstand mit fleclffSrmigen Hyper~mien nachweisbar. Ira hinteren Tell des re. Unterlappens und im vorderen Tell des Mi*tellappens sowie im li. Unterlappen fanden sich fliichenhafte Dystelektasen. - - Bakteriologisch: in allen Lungenlappen Staphylococcus aureus mit H~molyse, aut]erdera im re. Ober- lappen alpha.hdmolytische Strept~olcken, die w~thrend der weiteren Differenzierung abgestorben sind. Ira re. Unterlappen fanden sich alpha-h~molytische Strepto- kokken, die nicht gcnau eingruppiert werden konnten. Der Stature hat etwas "~hnlichkeit mit (atypischen) Enterokokken, da er mit Serum der Gruppe D schwach reagierte. Ein genauer Name kann ihra jedoch nicht gegeben werden. - - ttisto- logisch : BronchiM~ste leer. Das Lungengewebe ist an keiner Stelle infiltriert. Ver- einzelt sind kleine I)ystelektasen zu sehen, in deren Bereich keine Entziindung nachweisbar ist.

2. 44 Jahre alte Frau, die 14 Tage vor dem Tode wegen Gallenbeschwerden ins Krankenhaus ehlgeliefert wurde. Am Tage vor dem Tode ~,alrde eine GMlen- blasenexstirpation vorgenommen. Aus dem Ductus choledochus konnten zahlreiche Bilirubinkalksteine entfernt werden. Postoperativ trat eine starke Verschlechte- rung des Allgemeinzustandes mit Herz- und Kreislaufversagen ein. Ane~tomisch wurde eine Verblutung aus dera Gallenblasenbett durch Aste der Pfortader bei einer sehr starken Lebersch~idigung auf Grund des Ikterus nachge~desen. Bak~erio- logisch wurde aus dem Gallenblasenbett und aus der li. Lunge ein atypiseher Streptokokkenstamra der Gruppe D gezfichtet. Er grill Meth3qenblau 1:20000 an. Auch gegentiber Kochsalz war er sehr empfindlich, indem er weder auf 4, noch auf 6,5~o Gehalt wuehs. In Laekmusmileh verursachte er RStung und Gerinnung. Es ka~m sich daher um eine ganz neue biologische Art handeln. Aus dem Abstrieh der re. Lunge wurden gleiebfalls alpha-b/imolytische Streptokokken gewonnen, deren Dffferenzierung nieht durchgeftihrt werden konnte.

3. 51 Jahre alter Mann, der wegen progressiver Paralyse im Krankenhaus lag, die eine Malariabehandlung erforderlich machte. Anatomisch land sich eine Atrophie des Gehirns rait besonderer Beteiligung der Stirnpole und einer ttyperi~mie der weichen H~ute. Die mittelgroi]en Bronchial~ste waren etwas hyperamisch. In ihren kleineren Verzweigungs~sten der Unterlappen land sieh zaher Schleim. In den paravertebralen Teilen beider Lungen, besonders ira re. Untcrlappen ist ein starkes 0 d e m . - Bakteriologisch: re. Oberlappen und li. Unterlappen B,~ct. coll.. Im re.

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Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen. 267

Unterlappen sind neben Staph. aureus mit H~tmolyse Streptokokkcn, die vor der Differcnzierung abgestorben sind. fm li. Oberlappen ist eine Reinkultur yon atypischen Enterokokken. Sic reagieren mit Gruppe-D-Serum, verhaltcn sich biologisch jedoch atypisch. - - Histologisch: im re. Unterlappen ist das Gewebe lufthaltig. Das Epithel der kleinen Bronchial~tste ist gut erhaIten. In der Lichtung sind nur wenige abgeschilferte Zellen. Um die Bronchien ist keinc Infiltration entstanden. Die Alveolen sind teilweise stark erweitert. Das interstitielle Gewebe ist herdf6rmig verdickt, ohne frische Infiltrate aufzuweisen. Hyper~tmien sind nieht entstanden. An mehreren Stellen im interstitiellen Gewebe finden sich Eisen- ablagerungen. Die Pleura ist ohne Vertinderungen. Dicht unter der Pleura sind kleinc Atelektasen. Im li. Oberlappen sind die Strukturen im wescntliehen die gleichen. In einem dort getroffenen Bronchus sind abgeschliffene Zel[en. Das inter- stitielle Gewebe ist aul]erdem st~trker herdf6rmig vernarbt. Dazwischen liegen stark erweiterte Alveolen.

4. 47 Jahre alte Frau, die wegen Geh- und Sprachstbrungen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Es fund sich eine progressive Paralyse mit zunehmender Anitmie und einem sich ausdehnenden Deeubitus fiber dem Kreuzbein. Anatomisch land sich eine atrophisctm Gehirnrinde. Es bestand ein Hydrocephalus mit einer Epen- dymitis granularis. Die Lungen sind stark gebli~ht. I ra re. Unterlappcn ist cine Hypostase. Im li. Untcrlappen finder sich cine Rindcnatclcktase. - - Bakteriologisch : im re. Ober- und Unterlappen sowie im li. Unterlappen gamma-h/imolytische Streptokokken mit schwacher Aufhellung, die nicht einzugruppieren sind. Lack- musmilch wird schwach ger6tet. In Methylenblaumilch nur bei 1:20000 etwas Wachstum bzw. Reduktion. Auffallend ist, daft diese St~mme kochsalz- und galle- resistent sind. Mit einem Serum haben sic nicht reagiert. - - Histologisch: im re. Oberlappen ist das Bronchialepithel gut erhalten. Es findet sich kein Schleim in den Lichtungen. In einem Bronchialast sind wenige abgcschilferte Mundepithelien. Das Gewebe ist herdfSrmig komprimiert. Die andercn Abschnitte zeigen ein Emphysem. Im re. Unterlappen sind in mehreren Bronchialfisten grol]e Leuko- eytenpfr5pfe. Nur in wenigen dicht daneben gclegenen Alveolcn sind einige Leuko- cyten. Alle anderen Alveolen sind frei yon 0dem odcr Entziindung. Die Capillaren und mittelgroi]en Gefai]e sind hyt~er~misch. Das interstitieHe Gewcbe ist etwas 5demat6s.

5. 83 Jahre alte Frau, die wegcn Beschwerden infolge einer Hypertonic haufiger in Krankenhausbehandlung war. Wahrend friiher die Folgen eines Sehlaganfallcs im Vordergrund standen, waren es jetzt die Herzbcschwerden. Klinisch bestand eine Arrythmio, absoluta mit einem Vorhofflimmern und subfcbrilen Tempera- turen sowie einer zunehnmnden Cyanose (Herzgewicht 525 g). Anatomisch lieB sich ein frischer Herzmuskelinfarkt in der Hinterwand der linken Kammer und in der Kammerscheidewand in der N~the der Hcrzspitzc nachweiscn. Im rcchten Sehhtigel war ein pigmentierter Erweichungsherd. Ferner bestand eine allgemeinc Arteriosklerose und ein geringes LungenSdem in den unteren Abschnitten und ein beiderseitiges Pleuraexsudat. - - Baktcriologisch: im re. Unterlappcn und li. Ober- lappcn biologisch atypische Enterokokken. Im li. Unterlappen Staph. albus. Der re. Oberlappen wurdc nicht untersucht. - - Histologisch sind in den Bronchial- /~sten des re. Unterlappens groBe Leukocytenpfrbpfe, die auf die angrenzenden Alveolen iibergreifen. D a s angrenzende Lungengewebe zeigt ein intersititielles 0dem. Die Alveolen sind hier jedoch lufthaltig. Die Capillaren sind hyper/imiseh. Im li. Oberlappen ist das Gewebe lufthaltig. Die Alveolen sind vielfach infolge eines Emphysems erweitert. Kleine Abschnitte sind komprimiert. In einem Bronchialast finden sich aspirierte Mundepithelicn. An keiner Stelle ist eine Entztindung.

6. 83 Jahre alte Frau. Befund vgl. unter B a 4 (Se. glycerinaceus). Hicrbei waren im re. Unterlappen biologisch atypische, alpha-h/~molytische Streptokokken

18"

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268 RUDOLF RABL und 3L~TI~ SEELE~IANN:

gefunden w o r d e n . - Histologisch sind die Alveolen welt und frei yon 0dem oder Entziindung. Die Zwischenw~tnde sind dfirm und nicht hyperamisch, ]3ron- chialitste sind nicht getroffen. Die Pleura isg ohne Ver~nderungen.

I m Gegensatz zu ande ren S t a n d o r t e n k6nnen in den Lungen nach den bisher igen Be funden ,,atypische" S t r e p t o k o k k e n nachgewiesen werden, die aber de r serologisehen Gruppe D angeh6ren. An ande ren S t a n d o r t e n wurden aueh biologisch a t y p i s c h e S t s der SaRvar ius- t y p e n und der serologisehen Gruppe A (z. B. Z~hne bzw. D o u g l a s p u n k t a t ) gefunden. E in wesent l icher Un te r sch ied zwischen den Ergebn i s sen in den Lungen u n d an dert ande ren S t a n d o r t e n ka rm hier in n i eh t gesehea werden, da a typ i sche Sti~mme am hi~ufigsten bei E n t e r o k o k k e n be oba e h t e t wur- den. I h r E ind r ingen in die Lungen s t a n d in dem einen Fa l l deu t l i ch mi t der E r k r a n k u n g der Gal lenblase in Zusamme nha ng . Befunde bei den anderen Fi i l len wiesen a u f Asp i r a t i onen hin.

Zusammenge/aflt ergibt sich somit, daft gelegentlich Streptokokken mit 8ogenannlem atypischen biologischen Verhallen (Gruppe 1)) aus Lungeu geziizhtet werden k6n~en, bei denen nicht immer EntziJndungserschei- nungen in den Bronchialdzten oder im Gewebe naehzuweisen sin&

D. Viel se l tener als a lpha- und g a m m a - h ~ m o l y t i s c h e S t r e p t o k o k k e n k o m m e n in den Lungen beta.Mimolytische Streptoleokken vor.

im eigenen Material sind diese Fglle bedeutend seltener als bei GOETERS, GWSDEL und LI~DE~r Selbst untex ]3eriicksichtigung des Umstandes, dab bei den erwghnten Autoren wahrscheinlieh grol3e Bronchial~tste im UntersuchungsmateriM waren, ist damit zu rechnen, dab ein Tefl der yon ihnen als h~imolytische Strepto-

k o k k e n angefiihrten Keime eine Beta-H~molyse nicht gebildet haL. Eine Diffe- renzierung, der von ihnen angefiihrten h~tmolytischen Streptokokken lab nicht durchgefiihrt worden.

Streptokokken der serologischen Oruppe A kommen zwar im Rachen h~iufig vor, sind dagegen bisher nieht aus Langengewebe differenziert worden. Der Sc. pyogenes humanus C wurde dagegen yon Evn)rs aus pncumonisehen Epyemen ge- ziichtet. SEI~L]~MAN)t erwAhnt sein Vorkommen bei der Pneumonie des Menschen. Streptokokken der serologisehen Gruppe G sind im Rachen yon gesunden Menschen und solchen mit Rachenkatarrhen (D.~vIs, GUZDAR, PL~Mr~.R und KODAI~IA, SEEr~EMA~r) gefunden worden.

U m so bemerkenswer t e r s ind die Dif ferenzierungen der Lungenbe- funde. Sireptokokken der serologischen Gruppe A ~narden in den zwei fo lgenden F~ l l en nachgewiesen :

1.42 Jahre alter Mann, der seit 3 Jahren an einer schweren Lungentuberkulose litt, die trotz Behandlung auf Kehlkopf und Darm iibergriff. Zum Schlug war ein ausgedehntes Amyloid entstanden, das im Herzen, in der Milz, Leber, im Darm und in den Nebennieren nachweisbar war. - - Bakteriologiseh waren in 5 Lungen- kavernen und auBerdem im nieht kavernSsen Gewebe der li. Lunge h~molytisehe Streptokokken der serologischen Gruppe A zusammen mit Staph. aureus nach- weisbar. Nur in einem Abstrieh der linken Lunge waren augerdem noch Coli- Bacillen. Die Milz war kulturell steril.

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Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen. 269

2.85 Jahre alter Mann, der wegen Altersschwgche ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Es besteht eine Atrophie ailer Organe, ein Hydrocephalus internus und externus, eine konfluierende Bronchopneumonie m i t entziindlichem ()dem im re. Unterlappen und unteren Tell des Oberlappens sowie eine schlaffe Pneumonie im linken Unterlappen bei geringen Bronehiektasen mit einer katarrhalisehen Bron- chiolitis. Die Pneumonie hat ffir den Ted eine mal]gebliehe Bedeutung. - - Bakterio- logiseh waren in beiden Unterlappen Streptokokken der serologischen Gruppe A, in beiden 0berlappen Coli.Bacillen vorhanden. Histologiseh ist im re. Unterlappen eine starke Kompression des Gewebes nachweisbar. Die Bronchien sind epithelfrei. Es linden sich vereinzelt herdf(irmige, auf die Umgebung iibergreffende leuko- cytitre Infil trate sowie ein weitreichendes zellfreies 0dem zahlreicher Alveolen. Die Alveolarwiinde sind verdickt. Die dort liegenden Capillaren sind ebenso wie die mittelgrol]en Gef~l]iiste und vor allem diejenigen dicht unter der Pleura sehr stark gefiillt, ohne dab Leukoeytenbeimengungen vorhanden sind. Nut vereinzelt sind AblSsungen yon Alveolarepithelien nachweisbar. Die Pleura zeigt keine ent- ziindliche Reaktion. Im linken Unterlappen ist kein lufthaltiges Gewebe. Es ist vollstiindig komprimiert, ohne entziindliche Infil trate aufzuweisen.

I n e i n e m w e i t e r e n F a l l w a r e n Strepto]coklcen der serologischen Gruppe C n a c h w e i s b a r .

54 Jahre alter Mann, der wegen einer Schizophrenie im Krankenhaus behandelt wurde und sieh yon einem Auto iiberfahren lieg. Er war wfihrend seines Aufent- haltes im Krankenhaus aus therapeutisehen Grfinden zur Hausarbeit herangezogen worden und sollte in Kfirze entlassen werden. Katarrhalische Erkrankungen hatten, nach klinischer Angabe, in letzter Zeit nieht bestanden. Infolge des Unfalls war die re. Lunge am Hflus abgerissen und yon zahlreiehen Rissen durehsetzt. Eine starkere Blutaspiration war nicht vorhanden. In der re. und li. Pleurah6hle je 500 cm 3 Blur. Bakteriologiseh: In allen Lungenlappen Reinkulturen yon So. pyogenes hu- manus C. - - Histologisch: In allen Lungenlappen keine entziindliehen Veran- derungen. An mehreren Stellen sind Blutunger{ in das interstitielle Gewebe und in einige Alveolen zu erkennen.

Streptokokken der 8erologischen Gruppe G w u r d e n bei einem w e i t e r e n

Sek t ions fa l l n a c h g e w i e s e n :

37 ffahre alter Manh, der 7 Monate vor dem Tode wegen einer Endocarditis ins Krankenhaus aufgenommen worden war. Die Blutkultur war steril. Trotz Penicillin- und Supronalbehandlung t ra t keine Besserung ein. l~l~ 210/100. BSG. stark erh(iht. Fortschreiten der ()deme. Es land sieh anatomisch eine polypSs-ulce- rierende Endocarditis der Aortenklappen. Aui~erdem waren zahlreiche iiberlinsen- grebe iiltere und frische anamisctm Nekrosen und Verschwielungen in der Muskula- tur nachweisbar (Herzgewicht 590 g). Ebenfalls war eine Stauungsbronchitis, braune Induration der Lungen mit 0dem und Infarkten re. vorhanden. Embolien fanden sieh in Gehirn, Milz und Nieren. - - Bakteriologisch: In allen Lungenlappen und auf der Pleura Reinkultur yon Streptokokken der serologischen Gruppe G. Blur aus dem tterzen und Liquor kulturell steril. - - Histologisch: ])as Gewebe im re. Oberlappen ist teilweise komprimiert. Die Alveolarw/inde sind iiberall sehr stark verdickt. Vielfach finden sieh hgmosiderinhaltige Zellen. Die Capillaren und mittelgrol~en Gefgge sind nicht erweitert. In vielen, hauptsiichlich komprimierten Alveolen ist ein 0dem. Daneben sind viele stark erweiterte, lufthaltige Alveolen. Im re. Unterlappen sind in gr6Beren Gef~Ben Thromben mit dichter leukocytiirer Infil tration der Wande. l~ast alle Alveolen sind 6demat6s. Viele sind aueh yon roten BlutkSrperchen durchsetzt. Die Capillaren sind hyperiimisch. Im li. Oberlappen

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270 ~UDOLF RABL und MA~TX~ SEELEMANN'.

ist das Gewebe komprimiert. Die Alveolarwande sind sehr verdickt; vielfach finden sich h/~mosiderinhaltige Zellen. Zahlreiehe Alveolen sind 5demat6s. Herdf6rmig sind kleinere lymphocyr Infiltrate. Im li. Unterlappen sind die Alveolen etwa zur H/ilfte 6dematSs. Im Sehnitt getroffene Bronchien sind lufthMtig. Das EPithel ist erhalten. Die Capillaren sind herdfSrmig hyper/imisch.

Zusammenge/aflt ergibt sich somit, daft beta-h~imolytische Streplokoklcen relativ selteu im Lungengewebe nachweisbar sin& Verschiedene Strepto- ko]~kenarten ]~6nnen bier au/treten, ohne daft eine Entziindung vorange- gangen sein muff. Auffallend ist das Zusammentreffen mit einer Lun- gentuberkulose, da bei friiheren eigenen Untersuchungen in tuberku- 15sen Lungenl~avernen sehr selten Streptokokken gefunden wurden. Es waren sonst stets alpha-h/imolytische Streptokokken. Die in dem einen :Fall von Endokarditis ermittelten Streptokokken der serologi- sehen Gruppe G sind bemerkenswert. Bisher liegen aus dem Sehrift- turn keine Erkrankungsf/ille vor, bei denen als Ursache einer Endokarditis Streptokokken dieser Gruppe nachzuweisen waren. Es mug daher ange- nommen werden, dab das Lungengewebe gelegentlieh auch durch beta- h~molytische Streptokokken verschiedener Arten besiedelt sein kann. Eine Aspiration yon h6her gelegenen Abschnitten des Bronehialbaumes ist hierfiir anzunehmen. Sie kommt vor Mlem fiir die beiden mitgeteilten Fiille yon Streptokokken der serologisehen Gruppe A in Betracht, Eine ;~gonale Einatmung bei einem anderen Krankheitsfall mit Streptokokken der serologischen Gruppe C ist wahrscheinlich. Auch die Stauungs- bronchitis bei dem Krankbeitsfall mit Streptokokken der serologisehen Gruppe G i s t zu beachten.

E. Nicht in Mlen Fallen lieBen sich dig auf den Plat ten geziichteten Streptokolcleen biologiseh differenzieren, da sie sehr schnell abstarben. Bei 12 Sektionen war dies der Fall. Dabei waren 4real in mehreren Lungen- teilen gleichzeitig Streptokokken, die differenziert werden konnten, vor- handen. Es handelt sieh um je einen Se. salivarius Typ IV, einen So. glyeerinaceus, einen Se. faeeium und einen atypischen Strept0eoceus. Es ist daher wahrseheinlieh, dab aueh die abgestorbenen Streptokokken der gleichen Art angehSrt haben.

Die Ursachen fiir die starke Schi~digung dieser Streptokokken liegen sieh nur selten kl~ren. Besondere Gewebsveri~nderungen sind hierftir nicht erforderlieh. Nur einmal war eine ausgedehnte fibrinreiche Pneu- monie vorhanden, deren Leukoeytenreiehtum wohl hierfiir yon Bedeu- tung ist. t t ieraus folg~, dal] nicht nur unter normalen Bedingungen das periphere Lungengewebe streptokokkenfrei ist, sondern dag auch bei einem Eindringen aus h6her gelegenen und zufiillig mit Streptokokken besiedelten Bronchialverzweigungen meist m i t einem Absterben der Keime gereehnet werden mug.

Page 15: Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen für die Entstehung von Entzündungen

Dic Bedeutung dec Streptokokken in den Lungen. 271

F. Auf mehrere Streptokokkenar ten wurde bisher nicht hingewiesen, da fiber sie eigene Beobaehtungen fehlen. Hierzu rechnen Strep~okokken der serologischen Gruppe B, die nach BRowN nicht nur im Nasen- und Rachenraum, sondern auch in den Lungen vorkommen sollen. Uns war es bisher nur m6glich, einen Fall aus Tonsillen zu gewinnen, wiihrend diese Art in den Lungen nicht nachgewiesen werden konnte.

Streplokokken der serologischen Gruppe K sind gleichfalls im mensch- lichen Rachen gefunden worden, ohne dab jedoeh,eine Beziehung zu einem Krankheitsbild festzulegen war.

Zur Erg~tnzung mag erw/~hnt werden, dab der beta-h/~molytische Sc. pyg. qenes animalis C im Nasen- und Rachcnraum und in Lungenschleimproben yon Pferden nachgewiese~ worden ist (GI~ATZL, BELLEtr und T~A~;~, S~EL~,~IA~,U) und als Ursache schleimig-eitriger Exsudatbildungen beim Pferd (HvTvRA-MAREK- MA~NINGER) angeschen wird. Durch ihn sollen Bronchopncumonien entstehen. Auch der Sc. equi kommt nach SALLE~ANS auf der Nasen- und Rachenschleimhau~ gesunder Pferde vor und ist bei leichten Affektionen der Luftwege h/~ufiger nach- gewiesen worden.

I m Gegensatz zu den besehriebenen Streptokokkenbefunden koianten Pneumokokken nut selten nachgewiesen werden. Es handelt sieh in keinem F~ll um die Typen I, I I oder I I I . Dieser Untersehied gegenfiber GOETERS, GVZqDEL und LIzeg~N mag d~rin liegen, dab wEhrend der Durchfiihrung der eigenen Untersuchungen keine eroup6sen Pneumonien gefunden wurden. Wie wir schon 6fter, ebenso wie ROEM~a, betont haben, h~t ein groBer Tell der frfiher yon m~nchen Autoren ~ls Pneumokokken der Gruppe X bezeichneten Keime ~ls S~liv,~riusstreptokokken zu gelten. Fiir die Abgrenzung gegen die Enterokokken war ~uch diesm~l nicht die )~sculinspaltung beweisend. Gibt es doch ,~uch ~isculinspaltende S,~li- variusst/~mme.

Schlufl/olfferungen. Somit hut sich ergcben, daft die tie]eren Lu/twege in de~ meisten Fdllen

streptokokken/rei sind. Eine Besiede]ung kann durch eine verst/~rkte Atmung oder durch eine Aspiration yon Material durch die oberen Luft- wege erfolgen. Die dann in die feineren Lungengewebsteile gel~ngenden Streptokokken sterben offensichtlich sehr schneli ab, sofern nicht ver- ~nderte Gewebsbedingungen eingetreten sind. D~ normalerweise keine Streptokokken in diesen Lungenteilen vorhanden sind, muB die dort herrschende Aciditiit berficksichtigt werden. Es handelt sich daher bei der Besiedelung des eigentlichen Lungengewebes um /~hnliche Bedin- gungen, wie sie ~n ~nderen Stellen des K6rpers bereits beschrieben wor- den sind. ~[m l~Lgen und in den weiblichen Genitalorganen sterben infolge des h6heren S~uregr~des dorthin verschleppte Streptokokken ebenfalls sehr sehnel] ub und ffihren auch nicht zu weitergehenden Infektionen. Das gleiche mull ffir d~s Lungcngewebe ~ngenommen werden.

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272 RUDOLF RABL und MARTIN SEELEMANN:

Obgleich in der Lunge ein diehtes Capillarnetz an denZellen vorhanden ist, zu denen die Streptokokken gelangen kSnnen, erfolgt doch kein Ein- bruch in die Blutbahn. Reaktionen in den Capillaren lieBen sich nicht nachweisen. Der Naehweis yon Pri~cipitinen im Blur ~ls Reaktion auf das Vorkommen yon Streptokokkenbesiedelungen w~re nur fiir einige Falle zu verwenden, da die am h~ufigsten vorkommenden Salivarius- streptokokken keine Pr~cipitinbildung hervorrufen.

Daher kbnnen die herdfSrmigen Pneumonien nicht ohne weiteres auf eine Streptokokkenbesiedelung der kleineren Luftwege zuriiekgefiihrt werden. Sofern Pneumonien nachweisbar waren, wurden nur in Aus- nahmef~llen wenige Streptokokken gefunden. Sie traten niemals in Reinkultur auf. Bei den Herdpneumonien war dagegen Staph. aureus mit Itaemolyse nachweisbar, sofern nicht Aspir~tionen, die zu Misch- infektionen mit Colibakterien oder Proteus ffihrten, eine Bedeutung hatten. Sie bedingen dann starker einschmelzende Gewebsver~nderungen.

Der Bronchialweg wird daher fiir das Eindringen yon. Streptokokken in die Lungen als maBgeblich angesehen. In keinem Fall. lieB sich der Beweis erbringen, da~ der h~matogene Weg in Betracht kam. DaB er im Falle einer Sepsis mSglich ist, soll damit nicht bestritten werden. Keimeinbrfiche in die LymphgefaBe diirften gleichfalls nur eine unter- geordpete Rolle bei der Streptokokkenverbreitung in den Lungen spielen: Wesentliche Untersehiede durch die Art der Streptokokken sind nicht vorhanden. Die Krankheitsbedingungen, unter denen sie ein- dringen, sind allerdings abhgngig yon ihren biologisehen Eigenschaf~en. Fiir das Auftreten yon beta-hgmolytischen Streptokokken mag eine Be- deutung haben, da] in diesen F~llen die Patienten li~ngere Zeit im Krankelflmus gelegen haben; es ist auch bekannt, dab sieh dann auf der ]~achensehleimhaut vermehI~ hgmolytische Streptokokken ansammeln.

Die Misehflora muB fiir die Streptokokkenbesiedelung in den Lungen gleichfalls Beriicksichtigung finden. Da dutch eine Colibesiedelung gIeich- zeitig eine Acidit~tserhShung erfolgt, t reten diese beiden Keime mitein- ander nur in Ausnahmef~llen auf. Dagegen ist eine Mischflora mit Staphylokokken ebenso wie an anderen Standorten, vor allem in den oberen Luftwegen, nicht selten. DaB fiir die Streptokokkenbesiedelung der Lungen ~lemnach die Aciditatsverh~Itnisse eine besondere Bedeutung haben und die Salzkonzentrationen weniger bedeutungsvoll sind, liiBt sich dadureh vermuten, weft zwei Streptokokkenarten nebeneinander oder zusammen mit Pneumokokken vorhanden sein k6nnen.

Zusammen]assung. Es wurde gezeigt, dai~ das feinste Lungengewebe normalerweise

streptokokkenfrei ist. Gelegentlich wird es durch Streptokokken be- siedelt, wobei keine krankhaften Ver~nderungen zu entstehen brauchen.

Page 17: Die Bedeutung der Streptokokken in den Lungen für die Entstehung von Entzündungen

Die Bedeutung dcr Streptokokken in den Lungen. 273

Fiir die I-[erdpneumonie wird dagegen die Bedeu tung der S taphylo-

kokken hervorgehoben. I m einzelnen wurden yon a lpha-h~moly t i schen

S t rep tokokken die Sa l ivar ius -Typen I I und I V sowie der Sc. glycerin-

aceus, So. faecium und Sc. l iquefaciens der serologischen Gruppe D, und schlie~lich biologisch a typische und den E n t e r o k o k k e n nahes tehende

S t rep tokokken derselben Gruppe nachgewiesen. Es wurden auBerdem

yon den be ta-h~molyt i schen S t r ep tokokken diejenigen der serologischen Gruppc A, C und G differenziert .

L i t e r a t u r .

Soweit nicht unten angeftihrt zu finden in: SEELEMAI~Ig: Biologie der bei Tieren und Menschen vorkommenden Streptokokken. Verlag Hans Carl: Niirnberg 1948. - - RABL, U. SEELEMANIff: Zbl. Bakter., Orig. I 184, 186 (1949). - - Z. Hyg. 130, 384 (1949) ; - - Z. Hyg. (im Druck) ; - - Klin. Wschr. (ira Druck). - - SEELEMAN~ U. C~,RSTE~CS: Z. Hyg. ]31, 56 (1950). - - ROEMEr~: Erg. Hyg. 26, 139 (1949). - - ROEM~R: Kiln. Wschr. 1948, 453. - -

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Dr. habil. RUDOLF RABL, Neustadt/tfolstein, Pathologisches Institut des Landeskrankenhauses.

Prof. Dr. MARTIN SEELE~IANN, Kiel, Forschungsanstalt, Hermann-Weigmann-Stralle 3--11.