die Ärztekleidung der zukunft

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MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 1 / 2013 (155. Jg.) AKTUELLE MEDIZIN KRITISCH GELESEN 40 Die Ärztekleidung der Zukunft Der weiße Kittel hat ausgedient: Moderne Erkenntnisse der persön- lichen und der Krankenhaushygiene erfordern eine völlig neue Berufs- kleidung des Arztes. Hoffentlich ge- wöhnen sich die Patienten bald daran. _ Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts trugen Ärzte bei allen ihren Tätigkeiten inklusive großer Chirurgie normale zi- vile Kleidung. Mit Aufkommen der An- tisepsis durch Lister und wachsender Erkenntnisse der Mikrobiologie verbrei- tete sich zunehmend der sterile Opera- tionskittel. Auf den Stationen wurde der weiße Kittel üblich, der sich seitdem nicht nur als hygienisch orientierte Be- rufskleidung, sondern auch als Status- symbol etabliert hat. Aspekte der Krankenhaushygiene und der Infektionsbekämpfung in den Krankenhäusern gewinnen aber immer mehr an Bedeu- tung, sodass die Tage des wei- ßen Kittels gezählt zu sein scheinen. Insbesondere das Prinzip der freien Unterarme bis zum Ellenbogen, die entsprechend desinfiziert werden können, dürfte sich in den kommenden Jahren immer mehr durch- setzen. Ein englischer Ortho- päde macht aber noch viel weiterge- hende Vorschläge. Unter hygienischen und präventiven Aspekten ähnelt der Arzt der Zukunft mehr Superman als Professor Brink- mann. Leichte seidige Stoffe sollen die bakterielle Kolonisierung der Kleidung verhindern. Der Stoff ist mit antibakte- riellen Nanopartikeln angereichert. Bei der Farbgebung sollte man die Erkennt- nisse der Farbpsychologie nutzen: Hell- blaue und lindgrüne Farben üben in be- sonderer Weise einen beruhigenden Ef- fekt auf die Patienten aus. Ein großes, schlicht beschriftetes Namensschild auf der Brust, wahlweise mit den Buchsta- ben D für Doktor oder A wie Arzt, trägt der demografischen Entwicklung Rech- nung. Ein kleiner Flatterumhang schützt Kommentar Ganzheitlich betrachtet stehen bei dieser neuen Uniform des Arztes Aspekte der Dy- namik und der Durchsetzungsfähigkeit ganz im Vordergrund, wodurch sich Ärzte den Ge- pflogenheiten in Wirtschaftsunternehmen anpassen und voll im Trend der ökonomi- sierten Medizin liegen. Die Patienten werden sich daran gewöhnen müssen. R. Clement (Korres.: [email protected]): Is it time for an evidence based uniform for doctors? BMJ 2012; 345: e8286 S steht hier für surgeon, also Chirurg. Zukunfts- weisende Ärzteklei- dung. © BMJ 2012; 345: e8286 nicht nur vor rückwärtigen Verunreini- gungen, sondern lässt sich durch varia- ble Längen auch als Hierarchie-Zeichen verwenden. Besonders wichtig sind die luftdich- ten antibakteriellen Unterhosen mit ei- ner feinporigen textilen Einlage zur evi- denzbasierten Verhütung der Kontami- nation der Umgebung mit schädlichen Darmkeimen durch Flatulenz.

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Page 1: Die Ärztekleidung der Zukunft

MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 1 / 2013 (155. Jg.)

AKTUELLE MEDIZIN–KRITISCH GELESEN

40

Die Ärztekleidung der Zukunft Der weiße Kittel hat ausgedient: Moderne Erkenntnisse der persön-lichen und der Krankenhaushygiene erfordern eine völlig neue Berufs-kleidung des Arztes. Hoffentlich ge-wöhnen sich die Patienten bald daran.

_ Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts trugen Ärzte bei allen ihren Tätigkeiten inklusive großer Chirurgie normale zi-vile Kleidung. Mit Aufkommen der An-tisepsis durch Lister und wachsender Erkenntnisse der Mikrobiologie verbrei-tete sich zunehmend der sterile Opera-tionskittel. Auf den Stationen wurde der weiße Kittel üblich, der sich seitdem nicht nur als hygienisch orientierte Be-rufskleidung, sondern auch als Status-symbol etabliert hat.

Aspekte der Krankenhaushygiene und der Infektionsbekämpfung in den Krankenhäusern gewinnen aber immer mehr an Bedeu-tung, sodass die Tage des wei-ßen Kittels gezählt zu sein scheinen. Insbesondere das Prinzip der freien Unterarme bis zum Ellenbogen, die entsprechend desinfiziert werden können, dürfte sich in den kommenden Jahren immer mehr durch-setzen. Ein englischer Ortho-päde macht aber noch viel weiterge-hende Vorschläge.

Unter hygienischen und präventiven Aspekten ähnelt der Arzt der Zukunft mehr Superman als Professor Brink-mann. Leichte seidige Stoffe sollen die bakterielle Kolonisierung der Kleidung verhindern. Der Stoff ist mit antibakte-riellen Nanopartikeln angereichert. Bei der Farbgebung sollte man die Erkennt-nisse der Farbpsychologie nutzen: Hell-blaue und lindgrüne Farben üben in be-sonderer Weise einen beruhigenden Ef-fekt auf die Patienten aus. Ein großes, schlicht beschriftetes Namensschild auf der Brust, wahlweise mit den Buchsta-ben D für Doktor oder A wie Arzt, trägt der demografischen Entwicklung Rech-nung. Ein kleiner Flatterumhang schützt

– Kommentar

Ganzheitlich betrachtet stehen bei dieser neuen Uniform des Arztes Aspekte der Dy-namik und der Durchsetzungsfähigkeit ganz im Vordergrund, wodurch sich Ärzte den Ge-pflogenheiten in Wirtschaftsunternehmen anpassen und voll im Trend der ökonomi-sierten Medizin liegen. Die Patienten werden sich daran gewöhnen müssen.

■ R. Clement (Korres.: [email protected]): Is it time for an evidence based uniform for doctors? BMJ 2012; 345: e8286

S steht hier für surgeon, also Chirurg. Zukunfts-weisende Ärzteklei-dung.

© B

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nicht nur vor rückwärtigen Verunreini-gungen, sondern lässt sich durch varia-ble Längen auch als Hierarchie-Zeichen verwenden.

Besonders wichtig sind die luftdich-ten antibakteriellen Unterhosen mit ei-ner feinporigen textilen Einlage zur evi-denzbasierten Verhütung der Kontami-nation der Umgebung mit schädlichen Darmkeimen durch Flatulenz.