der kreislauf des schwefels in der organischen natur

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II. Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur. A. Uber die Bindung' des Sehwefels im Eiweiss. Yon E. F riedmann, Strassburg fiE. Litteratur: 1. Mulder, Berzel. Jahresber. 18. 534. 1837; 19. 639. 1838.- Liebigs Ann. 47. 300.- Berzel. Jahresber. 27. 512. -- Scheik. Onderzoek. 4. 195. -- J. pr. Chem. 44. 488. la. --- Versuch einer allgemeinen physiologischen Chemie, deutsch v. Kolbe. Braun- schweig 1844--51, u. Chem. Untersuchungen II. Frankfur~ 1847. 2. Liebig, Liebigs Ann. 57. 129. 3. -- -- Liebigs Ann. 57. 131. 4. Laskowski, Liebigs Ann. 58. 129. 5. Fleitmann, Liebigs Ann. 61. 121. 6. -- -- Liebigs Ann. 66. 380. 7. Danilevsky, A, Zeitschr. f. physiol. Chem. 7. 444 u. 442. 1883. 8. K r ii g e r, A, Pfl~igers Arch. 43. 243. 9. Nasse, O., Pfliigers Arch. 8. 889. 1873. 10. Surer, Zeitschr. f. physiol. Chem. 20. 564. 1895. 11. Malerba, Rendic. della R. Accad. delle scienze di Napoli. Fase. 3--5. 1894. lla. Middeldorf, E. Verhandl. d. Physikal.-med. Gesellsch. zu Wtirzburg. N.F. 31. 1898. 12. Schulz, Fr. N., Zeitschr. f. physiol. Chem. 25. 16. 1898. 13: W o 11 a st o n, Philosophical. Transact. 1810. 220. 14. T h a ul ow, Liebigs Ann. 27. 197 u. Journ. de Pharm. 24. 629. 15. Baudrimont u. Malaguti, 5ourn. de Pharm. 24. 663. 16. Gmelin, Hdb. IV. Aufi. 5. 133. 17. Dewar und Gamgee, Jouxn. of Anat. and Physiol. 7. 142. 18. Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. physiol. Chem. 5. 330. 19. Kiilz, Zei~schr. f. Biol. 20. 1. 20. B a u m a n n, ZeRschr. f. physiol. Chem. 8. 309. 20a. -- -- and Preusse, Zeitschr. L physiol. Chem. 5. 328. 21. Jaff6, Ber. 12. 1092. 22. Fischer, E. und Jourdan, Bet. 16. 2241. 23. Ksnig, Zeitschr. f. physiol. Chem. 16. 547.

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Page 1: Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur

II.

Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur.

A.

Uber die Bindung' des Sehwefels im Eiweiss.

Yon

E. F r i e d m a n n , Strassburg fiE.

L i t t e r a t u r :

1. M u l d e r , Berzel. Jahresber. 18. 534. 1837; 19. 639. 1 8 3 8 . - Liebigs Ann. 47. 3 0 0 . - Berzel. Jahresber. 27. 512. - - Scheik. Onderzoek. 4. 195. - - J. pr. Chem. 44. 488.

la . - - - Versuch einer allgemeinen physiologischen Chemie, deutsch v. Kolbe. Braun- schweig 1844--51, u. Chem. Untersuchungen II. Frankfur~ 1847.

2. L i e b i g , Liebigs Ann. 57. 129. 3. - - - - Liebigs Ann. 57. 131. 4. L a s k o w s k i , Liebigs Ann. 58. 129. 5. F l e i t m a n n , Liebigs Ann. 61. 121. 6. - - - - Liebigs Ann. 66. 380. 7. D a n i l e v s k y , A , Zeitschr. f. physiol. Chem. 7. 444 u. 442. 1883. 8. K r ii g e r , A , Pfl~igers Arch. 43. 243. 9. N a s s e , O., Pfliigers Arch. 8. 889. 1873.

10. S u r e r , Zeitschr. f. physiol. Chem. 20. 564. 1895. 11. M a l e r b a , Rendic. della R. Accad. delle scienze di Napoli. Fase. 3--5. 1894. l l a . M i d d e l d o r f , E. Verhandl. d. Physikal.-med. Gesellsch. zu Wtirzburg. N . F . 31. 1898. 12. S c h u l z , Fr . N., Zeitschr. f. physiol. Chem. 25. 16. 1898. 13: W o 11 a s t o n , Philosophical. Transact. 1810. 220. 14. T h a u l o w , Liebigs Ann. 27. 197 u. Journ. de Pharm. 24. 629. 15. B a u d r i m o n t u. M a l a g u t i , 5ourn. de Pharm. 24. 663. 16. G m e l i n , Hdb. IV. Aufi. 5. 133. 17. D e w a r und G a m g e e , Jouxn. of Anat. and Physiol. 7. 142. 18. H o p p e - S e y l e r , Zeitschr. f. physiol. Chem. 5. 330. 19. K i i l z , Zei~schr. f. Biol. 20. 1. 20. B a u m a n n , ZeRschr. f. physiol. Chem. 8. 309. 20a. -- - - and P r e u s s e , Zeitschr. L physiol. Chem. 5. 328. 21. J a f f 6 , Ber. 12. 1092. 22. F i s c h e r , E. und J o u r d a n , Bet. 16. 2241. 23. K s n i g , Zeitschr. f. physiol. Chem. 16. 547.

Page 2: Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur

16 E. F r i e d m a n n

24. B a u m a n n und S c h m i t z ' , Zeitschr. f. physiol. Chem. 20. 592. 25. B a u m a n n , Ber. 15. 1734. 26. C l o e t t a , Liebigs Ann. 99. 289. 1856. 27. S c h e r e r , Jahresb. tiber d. Fortschr. d. Chem. 1857. 28. D r e c h s e l , Du Bois-Reymonds Arch. 1891. 243. 29. - - - - Zeitschr. f. Biol. 88. 86. 30. K t i l z , Zei~schr. f. Biol. 17. 31. E m m e r l i n g , Ref. in d. Chemik-Zeitg. Nr. 80. Okt. 1894. 32. S u ~ e r , Zeitschr. f. physiol. Chem. 20. 565. 33. B a u m a n n , Zeitschr. f. physiol. Chem. 20. 553. 34. ]V[i irner , K. A. It., Zeitschr. f. physiol. Chem. 28. 595. 1899. 35. E m b d e n, G., Zeitschr. f. physiol. Chem. 32. 94. 36. F r i e d m a n n , E., Uber die Kons~i~u~ion d. Cystins. Hofmeisters Beitr. 2. 1902. 37. B r e n z i n g e r , Zeitschr. f. physiol. Chem. 16. 557. 38. J o c h e m , Zeitschr. f. physiol. Chem. 31. 119. 39. K u n k e l , A., Pflfigers Arch. 14. 344. 40. S p i r o , P., Du Bois-Reymonds Arch. 1880. Suppl. 50. "41. F r i e d m a n n, E., a Thiomilchsiiure, ein primares Spaltungsproduk~ der Keratmsub-

stanzen. Hofmeisters Beitr. 2. 1902. 42. - - - - ~ber die cystingebende Gruppe der Eiwe!sskSrper. Hofmeisters Beitr. 2. 1902. 43. MCi rne r , K. A. H., Zeitschr. f. physiol. Chem. 34. 207. 44. D r e c h s e 1, Centralbl. f. Physiol. 10. 529. 45. A b e l , J o h n J., Zeitschr. f. physiol. Chem. 20. 253. 46. t t e d i n , G. H., Malys J. 23. 43. 47. C r a m e r , Journ. f. prakL Chem. 96. 76. 48. F i s c h e r , E. und L e u c h s , It., Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wissensch. 30. Januar 1902.

Zu den wenigen Elementen, die zu dem normalen Ablauf der Lebens- prozesse notwendig sind, geh(irt der S c h w e f e l . Wo lebende Substanz ge- bildet wird, und wo sie zerstSrt wird, begegnet man daher dem Schwefel in seinen Verbindungen. Ihn aufzusuchen an den Stat~en, wo er aus der un- organischen Natur in das Substanzgemenge hineingezogen wird, an dem sich alles Leben abspielt, ihn festzuhalten in denjenigen K(irpern, die die wesent- lichen Trigger des Lebens darstellen, ihn zu verfolgen bei den Ver~nderungen, die diese K(irper normaler- und pathologischerweise im pflanzlichen und tierischen Organismus erleiden, und ihm nachzugehen dort, wo Tod und Zer- fall und mit diesen und infolge dieser neues Leben und neuer Aufbau den Kreislauf des Lebens yon neuem vorbereiten, soll an dieser Stelle versucht werden.

So reizvoll es auch sein mag, den oben gekennzeichneten Weg einer solchen Darstellung zu Grunde zu legen,, so scheint es doch zweckmassiger, hierbei von der B i n d u n g des Sehwefe ls im Eiweiss als dem anatomisch festgelegten auszugehen und zu versuchen, yon dem bei dieser Betrachtung gewonnenen Standpunkt Ausblick zu halten nach den Wegen des Werdens und Vergehens, des Aufbaus und Abbaus der schwefelhaltigen Komponenten des Eiweissmolektils. Hierzu kommt, dass die Untersuchungen der letzten Jahre gerade auf dem Gebiete der Bindung des Schwefels im Eiweiss eine Reihe neuer und wichtiger Thatsachen zu Tage gef6rdert haben.

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Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur. 17

In der Geschichte der Erforschung des Eiweisses spielt der Schwefet eine bedeutende Rolle, und eine der altesten Theorien fiber das Eiweiss und mit ihr eine der harmaekigsten Polemiken ist an die Auffassung M u ] d e r s (1). fiber die Stellung des Schwefels im Eiweissmolekfil gekniipft. M u l d e r ging yon der grossen J~hnlichkeit der verschiedenen Albuminstoffe pflanzliehen und tierisehen Ursprungs untereinander aus, und da die Eiweissk~rper bei gelinder Einwirkung yon Alkali reichlich Schwefelalkali abspalten - - eine Thatsache, die bereits S c h e e l e bekannt war - - so stellte er sich vor , ' dass diese .~hnlichkeit dadureh bedingt ware, dass diesen KSrpern derselbe Kohlen- stoff-Stickstoffkern gemeinsam ware, der nur in wechselnder Menge mit Phos- phor und Schwefel verbunden ware. Diesen schwefelfreien Kern nannte er Protein und schrieb ihm die Zusammensetzung C~0N10H6~O12 1) zu. Er glaubte das Protein nach LSsen der betreffenden Albuminstoffe in Alkalien dureh Fallen mit verdfinnten Sauren schwefelfrei isoliren zu kSnnen. Nachdem aber L i e b i g (2) in dem yon M u l d e r als Proieinbioxyd beschrie- benen und aus Fibrin durch LSsen in verdfinnter Salzsaure und Fallen mit kohlensaurem Ammoniak dargestellten KSrper Schwefel nachweisen konnte, erhoben sich bei L i e b i g ernste Bedenken gegen die Proteintheorie M u l d e r s , in denen er bestarkt wurde, als er auch in dem stickstoffhaltigen Bestandteile der E.rbsen, yon ihm als Pflanzenkasein bezeichnet, entgegen den Angaben M u l d e r s Schwefel nachweisen konnte (3). L i e b i g ersehien deshalb die Frage nach der Existenz des Proteins einer neuen grfindlichen Untersuchung bedtirftig, eine Aufgabe, die er in seinem Laboratorium L a s k o w s k i (4) iiber- trug. Dieser konnte nun einmal zeigen, dass die yon M u l d e r ffir die ei- weissartigen Substanzen aufgestellten Formeln mit den Ergebnissen der Ana- lyse nicht iibereinstimmten, dass ferner der von M u l d e r dargestellte KSrper schwefelhaltig ware und im isolierten Zustand gar nicht existierte, und folgerte deshalb mit Recht, dass kein Grund vorhanden ware, das Protein als hypo- thetischen Grundstoff der EiweisskSrper anzunehmen. M u 1 d e r anderte nach diesem Angriff seine Methode der Proteinbereitung und glaubte yon neuem ein schwefelfreies Protein darstellen zu k~nnen, aber auch in diesem wurde yon F l e i t m a n n (5), einem Schiller L i e b i g s , Schwefel nachgewiesen und quantitativ bestimmt.

Bei dieser Untersuchung erhielt F 1 e i t m a n n das wichtige Resultat, dass nur ein Teil des Schwefels der Eiweissk~rper durch Behandeln mit Alkali als Schwefelalkali abspaltbar ware, ein anderer Tell dagegen der Einwirkung des Alkali hartn~ckig Widerstand leistete. In Verfolgung dieser Beobachtung arbeitete er sich eine Methode zur quantitativen Bestimmung des Verhalt- nisses yon locker gebundenem zu fest gebundenem Schwefel in den verschie- denen EiweisskSrpern aus und ermittel.te es ffir eine Reihe von Proteinsubstan-

1) Alte Atomgewichte.

A s h e r - S p i r o , Ergebn/sse der Physiologie. I. Abt.

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18 E. F r l e d m a n n

~en. Dieser Befund schien ihm ftir eine doppelte Art der Bindung des Schwefels im Eiweiss zu sprechen, und da bereits zwei schwefelhaltige Verbindungen im tierischen Organismus aufgefunden waren, yon denen die eine beim Be- handeln mit Alkali Schwefelwasserstoff abspaltete, die andere dagegen nieht, so verglich er die Bindung des Schwefels im Eiweiss mit dem Zustand des Schwefels in diesen beiden Substanzen (6). Diese beiden sehwefelhaltigen KSrper sind das C y s t i n und das T a u r i n : Da ferner im Cystin der Schwefel in nicht oxydierter Form gebunden angenommen wurde, im Taurin in oxy- dierter Form, so unterschied F l e i t m a n n zwischen nichl~ o x y d i e r t e m u n d o x y d i e r t e m S e h w e f e l im E i w e i s s .

Auch A. D a u i l e v s k i (7), der geraume Zeit spater die VersucheFle i t - m a n n s wiederholte, kam zu einer Anschauung ~iber die Bindung des Schwefels im Eiweiss, die sich im wesentlichen mit der yon F l e i t m a n n vertretenen Ansicht deckte. Er stellte sich ebenfalls vor, dass im Eiweissmolektil zwei Schwefelatome vorhanden waren, yon denen das eine Atom nicht, das andere direkt mit Sauerstoff verbunden ware. Dieses eine unoxydierte und durch Alkali leicht abspaltbare Schwefelatom hielt er fiir die Existenz des Protein- molektils nicht ffir nOtig, da er das nach Elimination dieses Schwefels aus dora Eiweiss entstandene Produkt durch eine geringftigige chemische Operation ohne Schwefelzusatz in Albumin zurtickverwandeln zu k~nnen glaubte.

Gegen die Vorstellung eines ,,oxydierten" und eines ,,unoxydierten" Schwefelatoms im Eiweiss ffihrte A. K r ti g e r (8) einige wichtige Argumente an, aus denen hervorging, dass diese Bezeichnung der thats~tchlichen Begrtindung entbehrte. Denn einmal konnte er feststellen, das~ eine Reihe anderer nicht sauerstoffhaltiger Schwefelverbindungen, z. B. die lV[erkaptane und Thio~ther, beim Kochen mit Kalilauge und Bleiacetat kein Schwefelblei lieferten, und ferner zeigte er, dass gerade die wichtigsten und bekanntesten Schwefel-Sauer- stoffverbindungen, die Sulfone, die Sulfonsauren und Shlfinsauren yon einer Vergleichung mit der Gruppe des festgebundenen Schwefels im Eiweiss ganz auszuschliessen w~iren. Denn diese Substanzen geben mit Kalihydrat ge- schmolzen nur schwefligsaures Salz, wahrend das Eiweiss unter denselben Bedingungen nur Schwefelmetall liefert. Er ersetzte deshalb die Bezeich- nungen ,,oxydierter" Schwefel und ,,unoxydierter" Schwefel, einem Vorschlage O. N a s s e s (9) entsprechend, durch , , l ocke r " u n d , , lest g e b u n d e n e r S c h w e f e l " . Auch K r t i g e r bemiihte sich, das Verhaltnis yon lest zu locker gebundenem Schwefel [tir einige EiweisskSrper zu ermitteln (er untersuchte Eieralbumin und Fibrin), Versuche, die ebenso wie die auf das gleiche Ziel gerichteten Bestimmungen yon S u t e r (10) und IV[ a 1 e r b a (11) im wesentlichen die alten Angaben F 1 e i t m a n n s tells best~ttigten, teils durch neue erweiterten.

Dass durch diese Untersuchungen die Frage nach der q u a n t i t a t i v e n V e r t e i l u n g d e r b e i d e n S c h w e f e l a t o m e im E i w e i s s eine klare Be- antwortung finden konnte, war aber yon vornherein ziemlich aussichtslos, da

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Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur. 19

die einzelnen Untersucher weder yon reinem und einheitlichem Material, Mid d el d orf (lla) ausgenommen, ausgegangen waren, noch mit einer Methode arbeiteten, deren Zuverlassigkeit an bekannten K(irpern quantitativ erprobt worden war. Daher weisen aueh die betreffenden Angaben der verschie- denen Autoren fiber das quantitative Verhaltnis von Gesamtschwefel zu locker gebundenem Schwefel ganz erhebliehe Abweiehungen yon einander auf.

Eine ffir diese Zweeke brauehbare Methode auszuarbeiten bemfihte sich in t t o f m e i s t e r s Laboratorium Fr. N. S c h u l z (12). Es gelang ihm durch Kochen der untersuchten SchwefelkOrper mit alkaliseher BleilSsung unter Zu- satz yon Zink, die oxydirende Wirkung des Sauerstoffs der Luft auf das abgespaltene Sehwefe]metali zu paralysieren, so class er aus Thioessigs~ure und Sulfoharnstoff deren Sehwefel quantitativ als Schwefelmetall abspalten konnte. Nach dieser Metbode wurden yon ibm krystallisiertes Serumalbumin (Pferd), krystalliertes Eieralbumin, krystallisiertes Oxyhamoglobin (Pferd), Globin (Pferd) und Globulin (Pferd) untersucht, und folgende Zahlen ffir Gesamt- schwefel (a) und durch Alkali abspaltbaren Sehwefel (b) gefunden:

a) Gesamtschwefel b) abspaltbarer Schwefel

a : b

Serum- albumin

1.89 ~ 1.28 ~ 3 : 2.03

Eieralbumin

1.18 ~ 0.49 ~ 2 : 0.83

Hamoglobin

0.43 ~ 0.19 ~ 2 : 0.88

Globin

0.42 ~ 0.2 ~ 2 : 0.95

Globulin

1.38 ~ 0.63 ~ 2 : 0.91

S c h u l z hebt in seiner Arbeit hervor, dass durch seine Versuehe eine Klarstellung der Binduugsweise des Schwefels im Eiweiss insofern ge- geben ist, als das Vorhandensein zweier verschiedenartig gebundener Schwefe~- formen im Eiweissmolekfil durch eine in ihrer Wirkungsweise bekannte

�9 Methode bewiesen ist. Nach derselbea Methode bestimmte S c h u l z die Menge des abspaltbaren

Schwefels in Cystin und Cystein und land, dass in diesen KSrpern etwas mehr als die Halfte des Gesamtsehwefels als Sehwefelmetall zur Abscheidung kommt.

W e l c h e G r u p p e n im E i w e i s s e n t s p r e c h e n n u n d e m f e s t g e - b u n d e n e n u n d d e m l o c k e r g e b u n d e n e n S c h w e f e l ?

Wahrend der oxydierte, festgebundene schwefelhaltige Anteil des Eiweissmolekfils niemals Gegenstand eines systematischen Suchens unter den Spaltungsprodukten der ProteinkSrper geworden ist, sich aueh keine ]clare Frage- stellung ergeben hatte, in welcher Richtung naeh ihm zu suchen ware, da die Bezie- hung zum Taurin, die F l e i t m a n n vermutete, naeh den Experimenten Krf i - g e r s unwahrscheinlich erschien, wurde au[ der anderen Seite die den loclcer gebundenen und durch Alkali leicht abspaltbaren Schwefel enthaltende Kom-

2*

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:20 E. F r i e d m a n n ,

ponente des Eiweissmolekfils nach dem Vorgange F l e i t m a n n s stets in Zusammenhang.mit dem Cystin gebracht. War es doch nicht bloss das ~hnliche Verhalten der Eiweissk~rper und des Cystins gegen alkalische Blei- l~sung, das diese Beziehung wahrscheinlich machte, Erfahrungen auf patho- logischem Gebiete, physiologische Experimente und Thatsachen des inter- medi~en Stoffweehsels h~iuften sich, die dazu ffihren mussten, die Que l l e des Cys t i n s im E i w e i s s zu s u c h e n .

Schon die Entdeckung des Cystins durch W o l l a s t o n (13) im Jahre 1810 in einem Blasenstein, und die an diese Entdeckung sich im Laufe der Zeit anschliessende Erkenntnis yon der C y s t i n u r i e als einer eigentfim- lichen Stoffwechselanomalie, bei der der mit dem Eiweiss eingeffihrte Schwefel zUm grSssten Tell als Cystin zur Ausseheidung gelangt, deuteten mit Sicher- heir darauf hin, dass im Eiweiss die Muttersubstanz des Cystins zu suchen ware. So wurde denn das Cystin sehr frfihe Gegenstand der Forschung, und eine Reihe ausgezeichneter Chemiker bemiihte sich die Zusammensetzung und die Konstitution des Cystins aufzuklaren.

Die erste sichere und vollstandige Kunde fiber die e m p i r i s c h e Zu- s a m m e n s e t z u n g des C y s t i n s kam aus der Geburtsstatte der physio- logischen Chemie, aus L i e b ig s Laboratorium. Auf Veranlassung yon Li e- b i g suchte T h a u l o w (14) die empirische Zusammensetzung des. Cystins zu ermitteln, da bei der ersten von P r o u t herrfihrenden Analyse der Schwefel- gehalt dieses K~rpers fibersehen war1), ein Schicksal, das das Cystin mit dem anderen schwefelhaltigen K~rper, der im intermediaren Stoffwechsel yon her- vorragender Bedeutung ist, dem Taurin, teilt.

T h a u l o w stellte ffir das Cystin die Formel C61q2H1204S~ auf, eine Formel, die yon G m e l i n (15) halbiert und wegen der jetzt erhaltenen un- paaren Atomzahl Cstt6b/S02 verworfen und durch die Formel CSttTNSO 2 ersetzt wurde. Deutete diese, im Grunde recht willkfirliche, Abanderung, d ie G m e 1 i n an der Formulierung der yon T h a ul o w erhaltenen Analysenwerte vornahm, daraufhin, dass die Frage nach der Anzahl der Wasserstoffatome im Cystin und die hieraus sich ergebende nach der Molekulargr~sse des Cystins erneuter Untersuchung bedfirftig w~.re, so zeigte auch die weitere Entwickelung der Erforschung des Cystins, dass die sp~teren Autoren immer wieder zu dieser Frage zurfickkehrten. W~thrend D e w a r und G a m g e e (17) noeh eine um zwei Wasserstoffatome ~rmere als die yon G m e l i n ffir das Cystin verlangte Formel aufstellten, kehrte l = I o p p e - S e y l e r (18) auf Grund eigener Analysen zu der G m e l i n s c h e n Formel zurfick, und erst K filz (19),nahm die alte yon T h a u l o w vertretene Cystinformel wieder auf, indem er sich hierbei auf eine Reihe mit grSsster Sorgfalt ausgeffihrter Ana- lysen stfitzte.

1) E n t d e c k t wurde der Schwefe lgeha l t des Cys t ins yon B a u d r i m o n t u n d M a 1 a g u t i (15).

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Der Kreistauf des Schwefels in der organlschen Natur. 21

B a u m a n n (20) gelang es einwandsfrei und auf einem anderen als auf dem fiir diesen Fall unsicheren Wege der Analyse naehzuweisen, dass dem Cystin die Formeln C6H12N2S.~Q zukame. Denn er konnte zeigen, dass das Cystin dutch Reduktion in eine neue Base, das Cyste in , iiberzufiihren ware, eine Substanz, die eigent~imliche an Thiomilehs~iure erinnernde Farbenreaktionen mit Eisensalzen und Kupfersalzen gab, und deren Analyse gute ~lberein. stimmung mit der yon G m e 1 in ffir das Cystin aufgestellten Formel CsHTNSO ~ zeigte. Das Verh~iltnis yore Cystein zum Cystin fasste B a u m a n n als das- jenige eines Merkaptans zu seinem Disulfid auf.

F~ir B a u m a n n hatte der Nachweis, dass das Cystein die lViuttersub- stanz des Cystins ware, noch ein ganz besonderes Interesse, da er bei physio- logischen Versuchen, die das Schieksal yon Halogenbenzolen im TierkSrper zu verfolgen zur Aufgabe hatten, eigentfimlichen schwefel- und stickstoffhaltigen K~rpern begegnet war, deren Zusammenhang mit dem Cystin ibm aus ver- schiedenen Grfinden wahrscheinlich erschien. Diese Substanzen treten im Hundeham nach Ffitterung mit ttalogenbenzolen au[ und wurden hier yon B a u m a n n und P r e u s s e (21) und gleichzeitig mit diesen yon J a f f ~ (22) aufgefunden. B a u m a n n und P r e u s s e nannten diese KSrper M e r k a p t u r - s a u r e n und beobachteten, dass sie im ttundeharn an eine bisher noeh immer unbekannte Substanz gekuppelt zur Ausscheidung gelangen. Sie ermittelten f(ir die nach Brombenzoldarreichung auftretende S~iure die Zusammensetzung CllHl~'.BrSN03 und konnten dureh S~iureeinwirkung diese Bromphenylmer- kapturs~iure in Essigs~iure und einen KSrper, dem die empirische Formel CgI-IloBrNSO 2 zukommt, spalten:

CllHl.~BrSNO~ ~ H~O ~ CH~COOH ~ C9H10BrNSO~.

Bei Betraehtung dieser letzteren Formel schien es B a u m a n n und P r e u s s e wahrscheinlich, dass in dem entspreehenden K~rper der eiawertige Bromphenyl- rest ein Wasserstoffatom eines KSrpers ersetzte, dessen Zusammensetzung C3I-t~NS02 sein mfisste. Diese Formel entsprach der alten Cystinformel G m e l i n s , und B a u m a n n und P r e u s s e glaubten in der That, in dem KSrper CgHloBrNSO2 ein Derivat des Cystins ansprechen zu kSnnen, in dem der aromatische Atomkomplex durch den Sehwefel mit dem Reste des Cystins verbunden ware. Sie nannten ihn daher Bromphenylcystin, eine Bezeichnung, die sparer yon B a u m a n n konsequenterweise in Bromphenyleystein abge- ~indert wurde.

Die Konstitution des Bromphenylcysteins glaubten B a u m a n n und Pr eu s s e durch das Studium der Alkalispaltung dieses KSrpers aufgek.l~irt zu haben. Sie konnten n~imlieh zeigen, dass beim Behandeln des Bromphenyl- cysteins mit verdiinnter Natronlauge der Stickstoff als Ammoniak abgespalten wurde, wiihrend der Sehwefel als Parabromphenylmerkaptan C6H4BrSH aus- trat. Daneben wurde ein drifter K~rper gebildet, dessen Erkennung zu An-

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22 E. ~r iedmann,

fang mit Schwierigkeiten verbunden war, derjedoch bald als Brenztraubensaure CH~" CO" COOH nachgewiesen wurde.

Die Iden~ifika~ion der Brenzfraubens~ure stii~z~en B a u m a n n und P r e u s s e einmal darauf, dass dieser drive KSrper eine ~herlssliche S~ure darstell~e, die reduzierende Eigenschaf~en halle, Farbenreaktionen mi~ Eisenvifrioll~Jsung ~hnlich der Brenz~raubens~ure gab, und beim ~d~bers~t~igen mi~ Bary~ hydruvinsauren Bary~ liefer~e. Ferner konnten als Endprodukte der Alkalispalhmg Oxals~ure und Uvitins~ure und bei der Reduk~ion des Bromphenylcysteins mit Na~riumamalgam in der Kgl~e G~hrungsmilchs~ure erhal~en werden.

Die Konstitution der Merkapturs~iuren veranschaulichten sie auf Grund dieser Thatsachen durch folgende Formel:

t CH3CO " I~H" C" SCsH4Br

I COOH

B a u m a n n gelang es sparer den Nachweis der Brenzfraubensiiure unter den Spaltungsprodukten des Bromphenylcysteins auf direktem Wege zu ffihren, iudem er das yon E. F i s c h e r und J o u r d a n (22) beschriebene charakteristische Phenylhydrazinderivat der Brenztraubens~iure zur Idenfifikafion heranzog, und seine Schiller K O n i g (23) und S c h m i f z (24) konnten in der That Phenylhydrazonbrenztraubens~iure aus den Spaltungsprodukten der Merkapturs~iuren resp. eines ihrer Derivafe isolieren.

Bei Ubertragung der an den Merkapturs~iuren gewonnenen Erfahrungen auf das Cysfin war es ffir B a u m a n n augenscheinlich, dass dem Cysfein die- selbe Anordnung der Afome zukommen mfis.sfe, wie dem schwefel- und sticksfoffhalfigen Kern der Merkaloturs~iuren, wenn es gel~iuge, unfer den Spaltungsprodukten des Cysfins Brenzfraubens~ure nachzuweisen, da die leichfe Abspatfbarkeit yon Schwefel und Sfickstoff aus dem Cystin als Schwefel-. wasserstoff und Ammoniak schon l~ingsf bekannte Thatsachen waren. Brenz- traubensiiure bei der Zersefzung des Cystins durch Alkali aufzusuchen, be- miihten sich B a u m a n n and seine Mitarbeiter umsomehr, als B a u m a n n (25) ~anfer den Endprodukfen intensiver Baryteinwirkung auf Cysfin Oxals~iure and Uvifins~iure auffinden konnte, und er so in der That eine gewisse Analogie in dem Verhalten des Bromphenylcysteins und des Cysteins gegen Alkali nachweisen konnte. Aber trotzdem samtliche Bemfihungen Brenztraubensaure in Substanz unter den Spaltungsprodukten des Cystins zu isolieren fehlschlugen, genfigte B a u m a n n die einzige Thatsache des Auftretens yon Oxalsaure und Uvitinsaure bei der Zersetzung des Cystins, um das Cystin a]s Brenztrauben- saurederivat anzusprechen und Lhm die Formel

CHs CHs

NHs �9 C- -S- -S- -C . NH s

COOH COOH zuzuschreiben.

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Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur. 23

Damit war natiirlich eine vSllige Analogie im Bau des Cysteins u n d des Merkapturs~iurekerns gegeben, und B a u m a n n zSgerte daher nicht, die Mer- kapturs~iurebildung im tierischen Organismus eine ,,experimentelle Cystinurie" zu nennen. Dann hatte es aber auch einen hohen Grad yon Wahrscheinlichkeit, dass das Cystein der Merkaptursauren dieselbe Quelle hatte, wie das Cystin der Cystinurie, und so wurde von neuem auf das Eiweiss als Muttersubstanz des Cystins hingewiesen.

I-Iierzu kamen eine Reihe von C y s t i n f u n d e n in Organ en, deren Anteil am intermedi/iren Stoffwechsel bedeutungsvoll genug war, um dem Auftreten yon Cystin in ihnen erhShte Beachtung zu schenken. So land C l o e t t a (26) in den Rindsnieren Cystin, S c h e r e r (27) konnte Cystin in der Leber eines an Typhus gestorbenen Menschen nachweisen, und D r e c h s e l entdeckte diesen KSrper einmal in der Pferdeleber (28), ein anderes Mal in der Delphinleber (29). So wurde es auch vor~ dieser Seite wahrseheinlich, d a s s d a s C y s t i n e i n i n t e r m e d i / i r e s S p a l t u n g s p r o d u k t d e r E i w e i s s - k ~ r p e r wa re .

Angeregt dureh zuf/illige Befunde des Cystins unter den Spaltungspro- dukten der Eiweissk~rper, wie den yon Ki~lz (30), der unter den pankrea- tischen Verdauungsprodukten des Fibrins Cystin isolieren konnte, und den yon E m m e r l i n g (31), tier Cystin als direktes Spaltungsprodukt der Horn- substanz erhielt, veranlasste B a u m a n n seinen Schiller S u t e r , tier Frage nachzugehen, ob C y s t i n e in d i r e k t e s S p a l t u n g s p r o d u k t de r E i w e i s s - k S r p e r ware . S u r e r (32) benutzte als Ausgangsmaterial die Substanz des Rinderhorns, deren Reichtum an locker gebundenem Schwefel es aussichtsvoll erscheinen liess, wenn iiberhaupt, so hier dem Cystin unter den Spaltungs- produkten zu begegnen. S u t e r gelang es aber nicht Cystin bei der Hydrolyse des Keratins aufzufinden. Dieses negative Resultat deutete B a u m a n n dabia, class das Cystin wahrseheinlieh nicht ein direktes Spaltungsprodukt tier Eiweiss- kSrper w-~re, sondern dass es in einer Vorstufe bei der Hydrolyse zur Ab- spaltung gelangte. Uber die Natur dieser Vorstufe /iusserte B a u m a n u ebenfalls eine Vermutung, indem er sich hierbei teils auf die negativen Befunde S u t e r s stiitzte, teils darauf, dass es S u t e r gelang, aus einer gefaulten und mit Schimmelpilzen durchsetzten Tyrosinmutterlauge a -Th i omi l ch s/~ure CH 3 . CH(SH). COOH zu isolieren. Da S u t e r diese a-Thiomilchs/iure nur einmal unter bestimmten Bedingungen isolieren konnte, und sowohl seine Versuche sie bei der Hydrolyse des Horns direkt zu erhalten, negativ aus- fielen, als es ihm auch nicht gelang aus kfinstlich zur F/iulnis gebrachten Tyrosinmutterlaugen a-Thiomilchsaure wied er zu erhalten, so nahm B a u m a n n f~r den einen yon S u t e r untersuchten Fall an, dass die hier erhaltene a-Thio- milchs/iure durch die kombinierte Lebensth~itigkeit yon Faulnis- und Schimmel- pilzen sekund/ir aus dem Cystein gebildet w/ire. Er sah im iibrigen in dem Auftreten yon a-Thiomilchs/iure unter diesen Bedingungen eine erneute Be-

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2~ E. F r i e d m a n n ,

st~itigung der yon ihm vertretenen Ansehauung fiber die Konstitution des Cystins.

Diese Thatsachen schienen B a u m a n n (33) einer einfachen und zu- sammenfassenden Deutung fahig. Er stellte sich vor, dass im Eiweiss eine geschwefelte Asparaginsiiure vorgebildet ware, die die Muttersubstanz des Cysteins, der Merkaptursauren und der a-Thiomilchsaure ware:

CH~. COOH I

NH~. C. SH I

COOH Hypothetische geschwe[elte Asparaginsaure

/ $ ",~ CH 3 CH3 CH3

I I 1 I~H.~. C. SH CHACO. I~H. C. S. C6H~( HC. SH

I I I COOH COOH COOH Cystein Merkapturs~iure a-Thiomilchsaure.

Schien so die Frage nach der Praexistenz des Cystins im Eiweiss in gewisser Weise in negativem Sinne beantwortet zu sein, so redeten doch die bereits feststehenden Thatsachen fiber das Auftreten des Cystins beim Abbau tier EiweisskSrper eine zu laute und vernehmliche Sprache, um vorurteilslosen Forschern Einhalt bei der yon B a u m a n n aufgestellten Hypothese einer geschwefelten Asparagins~iure im Eiweiss zu gebieten, und so wurde yon neuem einige Zeit nach B a u m a n n s Tode yon zwei versehiedenen Seiten der Frage naher getreten, ob das Cystin nicht doch bei tier ttydrolyse der Ei- weisskSrper aufzufinden ware. Der erste, der das konstante und reichliche Auftreten des Cystins bei der Hydrolyse des Keratins nachwies, war K. A. I-I. M ~ r n e r (34). Dieser Forscher konnte bis zu 41/2~ Cystin aus der Substanz des Rinderhorns darstellen. Dieser Cystinbefund M S r n e r s wurde kurze Zeit nachher in H o f m e i s t e r s Laboratorium yon G. E m b d e n (35), ohne Kenntnis der MSrnerschen Untersuchung und auf wesentlich abwei- chendem Wege wiederholt. Auch in den typischenEiweisskOrpern, wie im Eieralbumin, im Serumalbumin und im Edestin konnte E mb d e n e i n e cyst]n- gebende Gruppe nachweisen.

Der Cystinbefund M S r n e r s und E m b d e n s gab noch nach einer anderen Richtung fiber die Bindung des Schwefels im Eiweiss Auskunit. Denn die alten Anschauungen fiber die verschiedenartige Bindung des Schwefels im Eiweiss hatten sieh attf alas eigent(imliche, oben erwahnte Verhalten der Ei- weissk~rper gegen alkalische BleilSsung gegrfindet. Nun hatte S c h u l z gezeigt, dass auch aus dem Cystin beim Kochen mit alkalischer BleilSsung nur ein Tell des Schwefels, etwa die Halfte, als Bleisulfid abgespalten werden konnte, und daher waren mit dem Augenblick, wo Cystin als Spaltungsprodukt tier Eiweiss-

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Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur. 25

kSrper nachgewiesen war, die sich auf die teilweise Schwefelabspaltung stfitzenden Folgerungen einer doppelten Gruppierung des Schwefels im El- weiss, d. h. einer cystinartigen und einer nieht cystinartigen Bindung, auch anderer Deutung f~iiLig.

Unter diesen Umst~inden war ein Fortschritt in der Erkenntnis der Bin- dung des Sehwefels im Eiweiss vor allem in einer Klarsteliung der K o n s t i - t u t i o n d e s C y s t i n s zu suchen, denn der B a u m a n n s c h e Konstitutions- beweis des Cystins baute ich im wesentlichen auf Analogien und Deduktionen auf, und gerade der Umstand, der bisher .stets hemmend auf die direkte Er- forschung des Cystins eingewirkt hatte, die Schwierigkeit der Beschaffung geniigender Mengen Ausgangsnaaterials, war durch die Cystinbefunde M ~ r ne r s und E m b d e n s hinwegger~iumt worden. Die Frage nach d~r Konstitution des Cystins am Cystin direkt an tier Hand des Experimentes zu entscheiden bemiihte sich aui Veranlassung von H o f m e i s t e r und in H o f m e i s t e r s Laboratorium E. F r i e d m a n n (36).

Die Untersuchungen, die vor F r i e d m a n n am Cystin direkt angestellt waren, batten auf Grund tier von B a u m a n n und unter B a u m a n n s Schfilern vor allen yon B r e n z i n g e r (37) ermittelten Thatsachen folgende vier M~glichkeiten f~ir die Konstitution des Cystins often gelassen, die der lJbersichtlichkeit wegen f(ir das Cystein aufgeschrieben werden sollen.

1~ 9.

CHs CH~NH~ (#) I I

(a) NH2.C. SH (a) HC.SH (a) ] I

COOH COOH

3. 4.

CU/SH (~) ~l~ NH~ (~) C H 2 . S H (~)

t I CH.~ CH. NH~ (a) I I COOH COOH

Die Stellung der Thiogruppe im Cystin konnte F r i e d m a n n auf fol- gendem Wege nachweisen. J o e h e m (38) hatte in H o f m e i s t e r s Labora- torium gezeigt, dass beim Behandeln yon Amidos~iuren in konzentriert salz- saurer LSsung mit Iqatriumnitrit die Amidogruppe mit Leichtigkeit gegen Chlor ausgetauscht werden konnte. Bei Ubertragung dieser Reaktion auf das Cystin gelang es F r i e d m a n n, wie erwartet, eine Dichlordithiodilaktyls~iure zu erhalten, die dureh Reduktion mit Zink und Salzs~iure in eine Thiomilch- s~iure iibergeffihrt wurde. Diese Thiomilchs~iure wurde mit Eisenchlorid zu einer Dithiodilaktyls~iure oxydiert, die krystallisiert erhalten wurde, und deren Analyse sie als Dithiodilaktyls~iure kennzeichnete. Der Schmelzpunkt der

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26 E. F r i e d m a n n ,

erhaltenen Dithiodilaktylsaure lag bei 154 ~ so dass sie als fdentisch mit der synthetisch erhaltenen ~-Dithiodilaktylsaure angesprochen werden musste.

CH~. S- -S . CH2 I !

CH~ CH~ f I

COOH COOH.

Damit war die ~-Stellung der Thiogruppe im Cystin bewiesen. Es blieben nach diesem Befunde nur noch zwei MSgliehkeiten fiir die

Konstitution des Cystins fibrig, die yon der Stellung der Amidogruppe im Cystin abhangig waren (Formel 3 und 4). Da aber die in der Natur vor- kommenden Amidosauren, soweit sie bisher bekannt sind, der a-Reihe an- gehSren, so schien es yon vornherein wahrscheinlich, dass dem Cystein di~ Formel:

CH2 �9 SH I

CH. NH~ I

COOH zukommen wiirde.

Ein nach dieser Formel gebautes Cystein wiirde eine direkte B e z i e h u n g z u m T a u r i n erSffnen

CH~. S03H I

CH~. NH v

Denn durch Oxydation der Thiogruppe zur Sulfogruppe unter Abspren- gung der endst~ndigen Karboxy]gruppe ware ein direkter Weg gegeben, um yore Cystin zum Taurin zu gelangen und die beiden KSrper genetisch zu verkniipfen, die yon F 1 e i tm a n n als die Typen der verschiedenen Schwefel- bindung im Eiweiss aufgestellt waren.

Ein geeignetes Oxydationsmittel, das den locker gebundenen, nicht oxy- dierten Schwefel des Cystins leicht und glatt in festgebundenen, oxydierten Schwefel verwandelte, wurde im Brom gefunden. Der bei dieser Oxydation entstandene KSrper erwies sich als die dem Cystin entsprechende Sulfosaure. Ihre wahrseheinliche Formel

CH~. SO~H f

CH.NH~ I

COOH

wurde dutch die Uberfiihrung des Oxydationsproduktes in Taurin bestatigt. Diese Uberfiihrung gelang durch Erhitzen einer wasserigen LSsung des KSr- pers im geschlossenen Rohr. Krystallform, Reaktion und Analyse der er- haltenen Verbindung bestatigten, dass der dargestellte KSrper Taurin war.

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Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur. 27

Durch die Uberfiihrung der Cysteinsiiure, wie das Oxydationsprodukt der Ktirze halber genannt wurde, in Taurin war die Konstitution der Amino- sulfopropionsiiure und des Cystins v~llig klargestellt, denn, nachdem die deal Cystin zu Grunde liegende Thiomilchsiiure als fl-Thiomilchsiiure erkannt war, wurdedurch diesen Ubergang die a-Stellung der Amidogruppe bewiesen und die fl-Stellung der Thiogruppe yon neuem best~tigt. Da ferner das Cystin zu 85~ der theoretischen Menge Sulfosiiure, und letztere im Minimum zu 59~ Taurin lieferte, so war eine differente Bifidung der beiden Schwefelatome im Cystin a]s ausgeschlossen zu betrachten. Die Konstitutionsformel des Cystins war also folgende:

CH~--S--S--CH~ l I CH. NH~ CH. NH~ J I

COOH COOH

Die Formel des Cysteins zeigte, dass dasselbe gewissermassen als Thio- Serin zu bezeichnen w~ire, da die Konstitution des Serins als a-Amido-fl-Oxy- propionsiiure

CH~. OH I

CH. NH~ ] COOH

dutch die Unfersuchungen Cramers (47) und die Synthese yon E. Fischer und H. Leuchs (48) bewiesen war. Auch gelang es Friedmann aus der Cysteins~iure eine Substanz zu erhalten, deren Kupfersalz in Eigenschaften und Kupfergehalt dem Serinkupfer entsprach.

Mit dem Nachweis, dass das Cystin eine a-Diamido-fl-dithiodilaktyls~ure ist, waT der yon Baum ann vertretenen Anschauung eines direkten chemi- schen Zusammenhanges der Merkapturs~iuren und des Cystins der experi- mentelle Boden entzogen, da die den beiden KSrpern entsprechenden Cysteine verschieden gebaut waren. Das den Merkapturs~iuren zu Grunde liegende Cystein wurde yon Friedmann wegen der a-Stellung der Thiogruppe als a-Cystein bezeichnet, woraus sich ftir das Eiweisscystein die Bezeichnung als ~-Cystein ergab.

CH3 CH~ . SH I J

NH~. C. SH CH. NH~ I I COOH COOH

a-Cystein, fl-Cystein.

a-Cystein und fl-Cystein hatten sich also als isomere, abet doch ganz ver- schiedene Substanzen erwiesen, denn ersteres war als Brenztraubensiiurederivat, letzteres als Glycerinsiiurederivat erkannt worden.

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28 E. Fr iedmann,

Aueh naeh der physiologischen Seite konnte nach dieser Untersuchung an einem direkten Zusammenhange der Merkaptursauren und des Cystins in dem Sinne, dass die Merkaptursaurebildung im tierischen Organismus eine experimentelle Cystinurie ware, nicht mehr festgehalten werden, vielmehr er- schien es notwendig anzunehmen, class d e r t i e r i s c h e O r g a n i s m u s f iber z w e i C y s t e i n e v e r f f i g t , da s a - C y s t e i n d e r M e r k a p t u r s i t u r e n u n d alas / ~ - C y s t e i n d e r E i w e i s s k 6 r p e r .

War so einerseits eine dureh Einheitlichkeit der Auffassung verftihrerische physiologische Vorstellung zerstSrt worden, so wurde auf der anderen Seite durch die Arbeit F r i e d m a n n s die Grundlage gesehaffen, nach welcher Richtung die Bedeutung des Cystins im normalen tierischen Stoffwechsel zu suchen ware, denn da gezeigt werden konnte, dass das Cystin leicht in Taur.in fiberzu_ffihren ware, hatte die Vermutung eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass aueh ftir den tierisehen Organismus das Cystin die Quelle darstellte, aus der er das zur Ausscheidung tier Taurocholsaure notwendige Taurin sich bereitete. Damit war aber auch ftir das T a u r i n selber s e i n e A b s t a m - m u n g v o m E i w e i s s gegeben, eine Beziehung, die die Ffitterungsversuche yon IK. K u n k e l (39) und P. S p i r e (40) nur vermuten liessen. Denn diese Forscher konnten an Gallenfistelhunden zeigen, dass, wenn man das den Hunden zugeftihrte Eiweiss auf die achtfache Menge steigerte, die Stickstoff- uncl Schwefelausseheidung durch die Galle bei den Versuchstieren auf das doppelte anstieg.

n i t der yon Friedmann bewiesenen Konstitution des Cystins liess sich augenscheinlich die Deutung, die B a u m a n n dem S u t e r schen Befunde yon a-Thiomilchsaure in einer gefaulten und von Sehimmelpilzen durchsetzten Tyrosinmutterlauge widerfahren liess, nieht recht in Einklang bringen, denn es war klar, dass ein Ktirper der Forme[

CH~. SH J

CK. NH2 t

COOK #-Cystein

einen Ubergang in CK~

[ CH. SH

I COOH a-Thiomilchsaure

nieht zuliess. Ftir den einmaligen yon S u t e r mitgeteilten Befund yon a-Thiomilch-

saute waren zwei ErklarungsmSglichkeiten vorhanden. Entweder war die a-Thiomilchs~ture entgegen den Angaben yon S u t e r ein primares SpaItungs-

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Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Natur. 29

produkt der Eiweissk~rper, dann aber war anzunehmen, dass sie konstant �9 bei der Hydrolyse auftreten wtirde, oder sie war in der That erst sekundar dutch die kombinierte Lebensthatigkeit yon Schimmel- und Faulnispilzen ent- standen, dann aber war zu vermuten, dass ihre Muttersubstanz wahrschein- lich eine dem a-Cystein der Merkaptursauren nahestehende Verbindung ware.

E. F r i e d m a n n (41) nahm deshalb die yon S u t e r begonnene Unter- suehung fiber das Auftreten yon a-Thiomilchsaure bei der Hydrolyse des Rinderhoras wieder auf, und es gelang ihm zu zeigen, dass a - T h i o m i l c h - s a u r e e i n k o n s t a n t e s S p a ] t u n g s p r o d u k t d e r K e r a t i n s u b s t a n z e r ~ ist (untersucht wurden die Substanz des Rinderhorns, der Menschenhaare, der Gansefedern und der Wolle). Unter den Spaltungsprodukten der Wolle konnte er neben a-Thiomilchsaure die Anwesenheit yon T h i o g l y c o l s a u r e wahrseheinlich machen. Auch aus kaufliehem Blutalbumin erhielt er a~Thio- milchsaure (42).

Dieser Befund yon a-Thiomilchs~iure im Blutalbumin scheint vielleicht eine Brficke zu dem u der Bildung der Merkaptursauren im Organis- mus des t tundes zu geben. Denn sehon die Formel der a-Thiomilchsaure deutet auf eine Beziehung derselben zum Cysteinkern tier Merkapturs~ure~ hin, und man kann sich vielleicht vorstellen, dass die Merkaptursauren im intermedi~ren Stoffwechsel synthetisch yon a-Thiomilehsaure aus durch eine Reihe einfacher Prozesse aufgebaut werden, Umsetzungen, die in ihren wesent- lichen Vorgangen grosse Ahnlichkeit mit der yon H o f m ei st e r vertretenen Harnstoffbilduhg darbieten wiirden.

Auch eine andere Deutung (42) des Zusammenhanges der Merkapturs~uren, des Cystms und der a-Thiomilchs~ure scheint m~glich zu sein. Wenn niimlich eine Umlagerung yon a-Cystein in fl-Cystein mSglich w~re, so ksnnte man sich vorsteUen, dass im Eiweiss die cystingebende Gruppe in einem substituierten a-Cystein pr~iformirt w~re,

CH, I

SH. C .NH-- I

CO--

(wobei die Frage, ob letzteres als Thio- oder Dithioverbindung vorgebildet ist, unbertihrt bleiben mag).

Bei tier hydrolytischen Spaltung wiirde diese u zum grSsseren Tell in fl-Cystin resp. $-Cystein iibergehen, zum kleineren Tell unter Ammoniakabspaltung a-Thiomilchs~iure lie fern.

Das durch Umlagerung aus dem a-Cystein erhaltene ~-Cystein wfirde fiir den tierischen Organismus das Material zur Taurinbildung liefern.

Die Merkapmrs~iurebildung k~nn~e man sich dann so denken, dass sie vom Organismus dutch eine einfache oxydative Synthese aus einem durch Substitution vor der Umlagerung geschiitzten a-Cystein vollzogen wtirde.

CH3 CH3 I I

--NH. C. SH + C~H~Br + 0 -+ CttsC0. NH. C. SCsH~Br I I CO-- COOH

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30 E. F r i e d m a n n ,

Es sei jedoch hervorgehoben, class bisher keine ausreichenden Tha~sachen vorliegen, nm der eben erw~ihnten Vermutung fiber den Bau der cystingebenden Gruppe der Eiweiss- k6rper besondere Wahrscheinlichkeit zu verleihen, nur als eine der Deutungsm~glichkeiten der hier besprochenen Verh~ltnisse mag sie angeffihr~ werden. Vor der Auffassung, dass im Eiwelss Cys~in eventuell auch Cys~ein, a-Thiomilchs~ure und even~uell auch Thioglycols~ure neben einander vorgebilde~ sind, mSglicherweise in einigen Eiweissk~rpern neben diesen oder an S~elle eines dieser K~rper auch noch eine ein a-Cys~ein liefernde Verbindung, mag sie vielleich~ eine gr6ssere Anschaulichkei~ und Einfaehhei~ der Auffassung beanspruchen, aber die Geschichte des Eiweisses ze i~ zur Geniige, dass auf diesem Gebiete in der Regel die ein- fachere Vorstellung die falsche is~

Vielleicht wird das S~udium der Albumosen fiber diese Fragen Klarheit bringen.

Nachdem eine cystingebende Gruppe im Eiweiss. nachgewiesen war, erhob sich naturgemass die weitere Frage, wie viel von dem Schwefel der Eiweisssubstanzen in dieser cystingebenden Gruppe enthalten sein kann, oder mit anderen Worten, kommt der Schwefel im Eiweiss nur in einer cystin- artigen Bindung vor oder ist er in mehr als einer Bindungsform im Ei- weissmolekfil vorhanden ?

Diese Frage ist vor kurzem in gewissem Sinne von MOrne r (43) beant- wortet worden. M S r n e r arbeitete sich.zu diesem Zwecke eine Methode zur Bestimmung des durch alkalische BleilSsung abspaltbaren Schwefels im Cystin aus, eine Methode, die zwar far das Cystin andere als die yon S c h u l z nach seiner Methode erhaltenen Zahlen gab, fiir d ie EiweisskSrper jedoch dieselben Zahlenwerte wie die S c h u l z ' s c h e Methode lieferte. Nach dieser Methode konnte M0 r n e r drei Viertel des Gesamtschwefels aus dem Cystin als Bleisulfid abspalten. Da nun d i e u n z e r s e t z t e S u b s t a n z des R i n d e r h o r n s u n d de r M e n sc hen haa re , das S e ru m a l b u m i n und das S e r u m g l o b u l i n das gleiche Verhaltnis zwischen abspaltbarem und Gesamtschwefel zeigten wie alas Cystin, und M S r n e r ferner feststellen konnte, dass nach Entfernung des Cystins aus den Zersetzungsflfissigkeiten der oben genannten Proteink0rper diese L~sungen wiederum das gleiche Verhaltnis zwischen lest und locker ge- bundenem Schwefel zeigten wie das Cystin selber, so kam er zu dem Schluss, <lass aller Wahrscheinlichkeit nach der g e s a m t e S e h w e f e l i n d i e s e n S u b s t a n z e n in a h n l i c h e r W e i s e w i e im C y s t i n g e b u n d e n w~re.

Dagegen maehte M O r n e r es wahrscheinlich, dass in der Sehalenhaut des Hfihnereies h~chstens drei Viertel des Schwefels in der Form einer cystingebenden Gruppe, im Fibrinogen etwa die Halfte, und im Ovalbumin etwa e in Drittel cystin~hnlieh gebunden w~re.

0 b e r diese n i c h t c y s t i n a h n l i c h e B i n d u n g des S c h w e f e l s im Ei- w e i s s liegen nur sp~rliche Angaben vor. M S r n e r konnte zwar zeigen, dass ungef~hr ein Drittel des Gesamtschwefels des Ovalbumins bei der Hydrolyse in Form einer flfichtigen, lauchartig riechenden Verbindtmg austrat, die sicher- lich nicht Schwefelwasserstoff war, und die ihn den Angaben D re c h s e l's ent- sprechend an ~'~thylsul f i-d denken liess. D r e c h s e 1 (44) war n~mlich bei seinen vielfachen Eiweissspaltungsversuchen ein eigentfimlicher Geruch auf-

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Der Kreislauf des Schwefels in der organischen Na~ur. 31

gefallen, dessen J~hnlichkeit mit dem im Hundeharn yon A b e l entdeckten und als J~thylsulfid (45) erkannten, riechenden K~rper ihm eine so grosse erschien, dass er die beiden rieehenden KSrper fiir identisch zu halten ge- neigt war. Merkwfirdigerweise erwies sich gerade der Phosphorwolframs~ure- Niedersehlag als bestes Material zur Gewinnung dieses athylsulfidartigen K~r- pers. Vielleieht gehSrt auch die yon H e d in (46) beschriebene schwefelhal- tige Base hierher.

Uber die dritte Form der Bindung des Sehwefels im Ovalbumin lassen sich vorl~ufig kaum Vermutungen aussprechen, ebensowenig fiber die Art der nicht cystinartigen Bindung des Schwefels in der Schalenhaut des Hfihnereies und im Fibrinogen.

Die Untersuchungen, fiber die bisher berichtet worden ist, haben wesent- lich nur tierische Eiweissk~rper im Auge gehabt. Da aber einerseits kein Grund vorliegt, einen nach der behandelten Richtung andersartigen Bau der pflanz- lichen EiweisskSrper anzunehmen, andererseits das anorganische Material be- kannt ist, wie es yon Lebewesen zum Aufbau der schwefelhaltigen Kom- ponenten der EiweisskSrper verwandt wird, so scheint es mSglich, ein Bild yon dem Kreislauf des Schwefels nach dieser Richtung zu gewinnen. Auch fiber das Verhalten der sehwefelhaltigen Eiweissabk~mmlinge im intermediaren Stoffweehsel und die sich dabei bildenden Endprodukte liegen Thatsaehen genug vor, um das Bild nach dieser Seite ebenfalls abzurunden.

Einige Teile dieses Bildes zu entrollen, soll im nachsten Jahrgang ver- sucht werden.