der geheime tunnel. in der hand der piraten - rowohlt.de · « was, wenn ich so ein ka pi tän...

15
Leseprobe aus: Olaf Fritsche Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf rowohlt.de. Copyright © 2011 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Upload: ngothuy

Post on 29-Aug-2019

215 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

Leseprobe aus:

Olaf Fritsche

Der geheime Tunnel. In der Hand derPiraten

Mehr Informationen zum Buch finden Sie auf rowohlt.de.

Copyright © 2011 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg

Page 2: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

7

Dem Zeitendieb auf den Fer sen

Ge schickt sprang Lilly über eine Reihe von Fäs sern

und Holz kis ten. Sie spur tete ein Stück und ging mit

ei nem Hecht sprung hin ter ei ner gro ßen Taurolle in

De ckung. Ge rade noch recht zei tig ! Keine zehn Me ter

vor ihr drehte sich ein fins ter drein schau en der Mann

mit ge zwir bel tem Schnurr bart um. Hatte er da nicht

eben das Ge räusch ei lig trip peln der Schritte ge hört ?

Er ver zog den Mund zu ei ner Gri masse. Sein Blick

wan derte for schend durch das abend li che Halb dun-

kel. Eine miese Ge gend war das hier. Die Häu ser

wirk ten schief und krumm, man che wa ren halb ver-

fal len, bei je dem war we nigs tens eine Fens ter scheibe

ein ge schla gen. Ihre Schat ten fie len ge spens tisch auf

das schmut zige Kopf stein pflas ter, wo sich ver ges-

sene La dung, aus ge diente An ker, Teile von Mas ten,

ein mod ri ges Bei boot und Er satz teile für die Schiffe

türm ten.

Ein leich ter Nie sel re gen setzte ein. Der Mann

fletschte die Zähne. Nie mand zu se hen. Ver mut lich

war er ein fach zu ner vös. Kein Wun der – im mer hin

war dies die ver ruch tes te Ecke im Ha fen der Pi ra-

ten in sel. Da konnte man gar nicht ge nug auf der

Page 3: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

8

Hut sein. Er spuckte auf den Bo den und setzte sei-

nen Weg fort.

Er leich tert at mete Lil ly auf. Über ei nen klei nen

Spie gel an ei nem Stiel, wie ihn die Zahn ärzte be nut-

zen, hatte sie den Mann die ganze Zeit be ob ach tet.

Und sie würde ihn auch wei ter hin kei nen Au gen-

blick aus den Au gen las sen. Da für war sie viel zu

wü tend auf ihn.

« Das war knapp ! », stellte eine sanfte Stimme ne-

ben ihr leise fest. Tante Ame lie war her an ge huscht

und kniete sich an Lil lys Seite. Sie legte dem Mäd-

chen eine Hand auf die Schul ter. « Bei nahe hätte er

dich ge se hen. »

« Und wenn schon ! », knurrte Lilly. « Wenn es nach

mir ginge, würde der mich nicht nur se hen, son dern

di rekt an sei ner Gur gel spü ren ! »

Sie wollte sich auf rap peln, doch Tante Ame lie

drückte Lilly en er gisch zu rück auf den Bo den und

warf sich ne ben sie. Der Mann hatte sich plötz lich

noch ein mal um ge schaut.

« Ver giss nicht – die ser Her mann Du bios ist

ge fähr lich, bru tal, un be re chen bar und lei-

der auch furcht bar schlau », flüs terte

Tante Ame lie.

« Weiß ich al les », zischte Lilly.

Müh sam brachte sie ihre Wut

un ter Kon trolle, die je des

Mal hoch kam, wenn

sie daran dachte,

Page 4: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

9

Page 5: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

10

was Du bios schon al les ver bro chen hatte. Seit ih-

rer zwei ten Reise durch die Zeit hatte er ih nen stän-

dig Schwie rig kei ten be rei tet. Mehr mals wa ren sie

und ihr Freund Ma gnus sei net we gen mäch tig in die

Klemme ge ra ten. Um ein Haar hätte er so gar kalt-

blü tig ei nen ech ten Schwar zen Rit ter er schos sen

und die erste Lan dung auf dem Mond ver hin dert.

Der Schurke kannte ein fach kein schlech tes Ge wis-

sen. Aber die ab so lute Höhe hatte er sich bei ih rem

letz ten Aben teuer ge leis tet : Aus Dank bar keit da für,

dass ihn die Kin der und Tante Ame lie im Ägyp ten

der Pha rao nen da vor be wahrt hat ten, den Kro ko di-

len zum Fraß vor ge wor fen zu wer den, hatte er ih nen

den blauen Kris tall ge klaut. Wer die sen Kris tall be-

saß, konnte da mit den ge hei men Tun nel durch die

Zeit steu ern. Lilly, Ma gnus, ihr ge mein sa mer Freund

Al bert und Tante Ame lie wa ren per Tun nel be geis-

tert durch die Ver gan gen heit ge reist, um span nende

Rät sel der Ge schichte zu lö sen. Du bios war da ge gen

nur vol ler Gier hin ter Schät zen und Reich tü mern

her. So lange er den blauen Kris tall in sei ner Ge walt

hatte, war kein Zeit al ter vor sei nen Raub zü gen si-

cher. Also muss ten die Zeit rei sen den ihm den Edel-

stein so schnell wie mög lich wie der ab neh men.

Lilly schob vor sich tig den Spie gel hin ter der Tau-

rol le her vor. Gut so ! Du bios ging wei ter. Im Nu war

Lilly auf den Bei nen und lief ge duckt an den Häu-

sern ent lang, dem Zei ten dieb nach. Tante Ame lie sah

ihr hin ter her.

Page 6: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

11

« Bei al len räu di gen Schiffs rat ten ! », fluchte sie.

« Wenn das bloß gutgeht. »

Aber auch sie sprang hoch und nahm die Ver fol-

gung auf. Ob wohl Lilly reich lich un ge stüm war, hatte

sie doch gleich zei tig recht. Drei Tage hatte es die bei-

den ge kos tet, Du bios in die sem Pi ra ten nest aus fin dig

zu ma chen. Am An fang wä ren sie um Haa res breite

von ei nem ab ge ta kel ten See räu ber ge fan gen ge nom-

men wor den, der sie als Skla vinnen ver kau fen wollte.

Glück li cher weise war er so be trun ken ge we sen, dass

Tante Ame lie ihn leicht mit ei nem Ju do wurf in eine

stin kende Pfütze be för dern konnte. Da nach hat ten

sie und Lilly sich pas sende Pi ra ten klei dung be sorgt,

und seit dem hielt man die bei den für die Frau ei-

nes Pi ra ten und ihre Toch ter. In den fol gen den Ta gen

hat ten sie un zäh lige See räu ber aus ge horcht, bis ih-

nen end lich ei ner den ent schei den den Tipp ge ben

konnte, wo sich Du bios her um trieb. Jetzt durf ten sie

auf kei nen Fall mehr seine Spur ver lie ren.

Du bios hielt auf eine Spe lunke zu, aus der grö len-

der Lärm nach drau ßen drang. Be vor er hin ein ging,

blickte er sich ein letz tes Mal miss trau isch um. Tante

Ame lie drückte sich in ei nen dunk len Haus ein gang.

Sie be ob ach tete, wie Lilly blitz schnell in der Stroh-

la dung ei nes Kar ren ver schwand. Glück ge habt !

Du bios hatte sie nicht be merkt. Kaum war er in der

Kneipe ver schwun den, wühlte Lilly sich frei und

wollte ihm fol gen.

« Nein ! » Tante Ame lie hielt sie am Arm fest. « Da

Page 7: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

12

drin kön nen wir uns nicht ver ste cken. Wir müs sen

ir gend wie von hier drau ßen her aus be kom men, was

er vor hat. » Lilly machte den Mund auf, als ob sie wi-

der spre chen wollte. Nach ei ner Se kunde nickte sie

aber nur.

« Kein Ding ! », sagte sie. Lilly griff sich in das

weite Hemd, das sie trug, und zog et was her vor, das

wie ein fin ger di cker Re gen wurm aus sah. « Ein ‹Ohr-

wurm› », er klärte sie Tante Ame lie, die ihr et was

ver blüfft zu sah. « Al bert sagt, den hat sein Va ter für

schwer hö rige Leute er fun den, die gerne ins Thea ter

ge hen. Man legt ihn ein fach auf den Bo den und kann

ihn über diese kleine Fern be die nung », mit der zwei-

ten Hand zeigte sie eine han dy gro ße Steue rung vor,

« zur Bühne mit den Schau spie lern len ken. Mit ei-

nem Mi kro fängt das Ding je des Wort auf und sen det

es per Funk an den Laut spre cher in der Fern be die-

nung. » Sie setzte den Ohr wurm vor ei nen Spalt in

der ris si gen Holz tür der Pi ra ten knei pe und steu erte

ihn ge schickt hin durch. « Wol len wir doch mal hö-

ren, was die ser Schmie ren ko mö di ant von Du bios zu

sa gen hat. »

An fangs drang ein kun ter bun tes Ge wirr von Stim-

men aus dem Laut spre cher. Of fen bar war die Spe-

lunke vol ler sau fen der und äu ßerst mies sin gen der

Gäste. Alle paar Se kun den for derte je mand laut hals

mehr Rum, und kurz dar auf er klang das me tal li sche

Klim pern von Mün zen, die auf ei nen Tisch ge wor fen

wur den.

Page 8: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

13

« So ein Mist, dass der Ohr wurm keine Au gen

hat », schimpfte Lilly. « Ich kann nicht se hen, wo ich

ihn hin len ken muss. Wir krie chen auf gut Glück

herum. »

« Haupt sa che, es tritt kei ner von den Ker len drauf »,

meinte Tante Ame lie. « Sonst ist un sere Ab hör num-

mer im Nu be en det. »

« Ein Schiff brau che ich », klang es in die sem

Mo ment aus dem Laut spre cher. « Eine Mann schaft,

die keine Fra gen stellt. Und ei nen Ka pi tän, der den

Mund hal ten kann. »

Lilly rich tete sich ruck ar tig auf. Das war Du bios !

Sie knirschte vor An span nung mit den Zäh nen. End-

lich wür den sie her aus be kom men, was der Schurke

vor hatte.

« Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die

raue Stimme ei nes an de ren Man nes.

« Dann hätte ich ein An ge bot, das kein Pi rat, der

et was auf sich hält, aus schla gen kann », ant wor tete

Du bios.

« Und was wäre das für ein An ge bot ? », wollte die

Stimme wis sen.

« Ei nes, das uns alle auf ei nen Schlag un er mess-

lich reich ma chen würde. »

« Ty pisch ! », zischte Lilly. « Du bios geht es mal wie-

der nur ums Geld. »

« Psst ! », er mahnte Tante Ame lie sie. « Lass uns

wei ter lau schen. »

Doch aus dem Laut spre cher wa ren nur gluck sende

Page 9: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

14

Trink ge räu sche zu hö ren. An schei nend ließ sich der

an geb li che Pi ra ten ka pi tän nicht so leicht be ein dru-

cken und trank lie ber ei nen or dent li chen Schluck

Rum, be vor er auf Du bios’ letz ten Satz rea gierte.

« Ich war schon ein mal reich », be haup tete er

schließ lich. « Hab al les ver sof fen ! In ei ner ein zi gen

Wo che ! »

« Nun, mein An ge bot würde Sie so reich ma chen,

dass Sie ein gan zes Jahr be trun ken sein könn ten,

und es wäre im mer noch ge nug üb rig, um sich be-

quem zur Ruhe zu set zen », sagte Du bios ge las sen. Er

wusste ge nau, wie man Hals ab schnei der und Ha lun-

ken neu gie rig machte.

Sein Ge sprächs part ner rülpste laut. Lilly und

Tante Ame lie hat ten das Ge fühl, als könn ten sie

seine Un ge duld bis hier drau ßen vor der Tür spü ren.

Du bios hatte ge won nen, so viel war klar. Der Mann

hatte an ge bis sen.

« Worum . . . worum geht es denn bei die sem Wun-

der plan ? » Die Stimme zit terte ein we nig vor Auf re-

gung.

Du bios ließ eine halbe Mi nute ver strei chen, in der

Lilly und Tante Ame lie nur hör ten, wie der See räu-

ber ka pi tän hip pe lig mit den Stie feln scharrte. Dann

sprach Du bios be tont lang sam und leise.

« Es geht um den Schatz von Cap tain Kidd ! »

Ein lau tes Wür gen und Hus ten drang aus dem

Laut spre cher. Der Pi rat hatte sich an sei nem Rum

ver schluckt und ihn in ho hem Bo gen aus ge spuckt.

Page 10: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

15

« Cap tain K. . . », prus tete er laut. Be vor er den

Na men voll aus ge spro chen hatte, fing er sich halb-

wegs und re dete ge dämpft, aber reich lich hek tisch

wei ter. « Das ist doch . . . un mög lich ! Nie mand weiß,

wo sein Schatz ver steckt ist ! »

Du bios schien zu grin sen, je den falls klang er sehr

gut ge launt.

« Was, wenn ich In for ma tio nen be sitze, die sonst

nie mand hat ? », fragte er läs sig.

Der Ka pi tän schnaufte. Lilly glaubte, vor ih rem

in ne ren Auge se hen zu kön nen, wie er sich mit ei nem

Tuch den Schweiß vom Ge sicht wischte.

« Dann . . . dann steht Ih nen meine Sturm dä mon

voll und ganz zur Ver fü gung », stam melte er schließ-

lich.

Lilly und Tante Ame lie tausch ten ei nen kur zen

Blick. Das war ge nau die In for ma tion, auf die sie ge-

hofft hat ten. Sie wuss ten nun, wel chen Plan Du bios

ver folgte und wo sie ihn fin den wür den. Ein Schiff

mit dem Na men Sturm dä mon war si cher lich leicht

auf zu spü ren. Nun wurde es Zeit, dass sie sich zu-

rück zo gen, be vor Du bios sie am Ende doch noch

ent deckte. Ge schickt lenkte Lilly den Ohr wurm zur

Tür der Spe lunke, wäh rend Tante Ame lie ei nen Pfiff

aus stieß und den rech ten Arm in die Höhe reckte.

Ein dunk ler Schat ten kam vom Dach her ab ge se gelt

und lan dete auf ih rer aus ge streck ten Hand.

« So, jetzt bist gleich du dran, Mer lin », kün digte

Tante Ame lie der Dohle an. Der Vo gel wusste von

Page 11: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

den frü he ren Zeit rei sen, was sie meinte. Seine Auf-

gabe be stand stets darin, mit Nach rich ten aus der

Ver gan gen heit durch den ge hei men Tun nel in die

Ge gen wart zu Al bert zu flie gen. Doch ei gent lich in-

ter es sierte ihn im Mo ment et was an de res viel, viel

mehr. Die ser Wurm, den Lilly da in der Hand hielt –

der sah wirk lich un ge heuer le cker aus . . .

Be vor Lilly oder Tante Ame lie rea gie ren konn te,

war es ge sche hen. Mit ei nem Satz war Mer lin auf

Lil lys Schul ter vor ge sprun gen, hatte sich nach vorn

ge beugt und mit ei ner ein zi gen flie ßen den Be we gung

den Ohr wurm ge schnappt und run ter ge schluckt.

« Mer lin ! », schimpfte Lilly ent setzt. Aus dem Laut-

spre cher tönte ein lau tes GULP ! als letz tes Funk si-

gnal, das der Wurm aus sand te. « Bist du ver rückt ?

Das war doch nichts zu fres sen, du Gier schlund ! »

Mer lin war da ganz of fen sicht lich an de rer Mei-

nung. Er plin ker te zu frie den mit den Au gen und

hüpfte zu rück auf Tante Ame lies Hand.

« Tsstsstss ! » Tante Ame lie schüt telte den Kopf.

« Und da bei bist du sonst so klug. Aber ich fürchte,

mit die ser Ak tion hast du dir selbst die schlimms ten

Ma gen schmer zen des Jah res ein ge brockt. »

Page 12: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

17

Wo ein Wille ist, ist auch ein Pi rat

Ma gnus raufte sich die Haare.

« So ein Mist ! », mur melte er. « Jetzt ist es zu

breit. »

Der Junge trat ei nen Schritt zu rück und be trach-

tete kri tisch sein Werk. Vor ihm stand et was, das auf

den ers ten Blick aus sah wie eine über große Ap fel si-

nen kis te aus Holz. Al ler dings hatte die Kiste Rä der

und am hin te ren Ende zwei Hand griffe. Wer ganz

ge nau hin schaute, konnte auch noch eine Reihe von

Schal tern und Knöp fen er ken nen, die mit brau ner

Farbe be pin selt wa ren, da mit sie eben falls wie aus

Holz wirk ten.

« Stimmt et was mit dem A-Mo bil nicht ? »

Al bert rollte in sei nem al ten Roll stuhl heran.

Meis tens saß er lie ber in dem ul tra mo der nen High-

tech-Roll stuhl, den ihm Ma gnus und ein Tech ni-

ker der Welt raum be hör de NASA in ei nem frü he ren

Aben teuer ge bas telt hat ten. Aber die ses A-Mo bil

war eben viel zu mo dern für das Zeit al ter der Pi ra-

ten. Darum ver suchte Ma gnus, es so um zu bauen,

dass es nicht allzu sehr auf fiel, wenn Al bert darin im

Da mals her um fuhr.

Page 13: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

18

« Ja, nee », ant wor tete Ma gnus un ent schie den. « Ei -

gent lich sieht es mit den Bret tern ganz gut aus, finde

ich. Fast wie ein Ori gi nal aus der Ver gan gen heit.

Da merkt so schnell kei ner, dass es vol ler Tech nik

steckt. » Er tät schelte stolz die Lehne des A-Mo bils.

« Aber durch das Holz ist es auch di cker ge wor den

und passt nicht mehr in den ge hei men Tun nel. »

Er schob das höl zerne A-Mo bil ein Stück vor wärts

auf ei nen schma len Spalt in der Wand zu. Der Spalt

war der Ein gang in den ge hei men Tun nel. Wenn sich

die Kin der nicht ge rade auf Zeit rei se be fan den, lag

er gut ver steckt hin ter ei nem schwe ren Schrank im

Kel ler der al ten Villa, in der Al bert mit sei nem Va ter

lebte. Nun war er of fen und stellte die Ver bin dung

zwi schen dem Jetzt im Kel ler und dem Da mals in

der Pi ra ten zeit an sei nem an de ren Ende her. Dum-

mer weise stieß das A-Mo bil in sei nem Holz man tel

links und rechts ge gen die Mauer.

« Weia ! », sagte Al bert. Auf ge regt um klam merte

er die Arm leh nen sei nes al ten Roll stuhls. « Und was

ma chen wir jetzt ? Ich will auf je den Fall mit zu den

Pi ra ten und Du bios sein schmut zi ges Hand werk le-

gen ! »

« Ist schon klar », be ru higte Ma gnus ihn. Er legte

die Stirn in Fal ten. « Am bes ten wäre wohl, wenn ich

die Ver klei dung ab ma che und erst auf der an de ren

Tun nel sei te an mon tiere. »

« Meinst du, das geht ? » Al bert ver zog den Mund.

Nor ma ler weise reis ten Lilly, Ma gnus und Tante

Page 14: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

19

Ame lie im mer fer tig aus staf fiert durch den Tun nel,

wäh rend er im Kel ler blieb und war tete, dass Mer-

lin mit Neu ig kei ten an ge flo gen kam. Des halb hatte

er we ni ger Er fah run gen als Zeit rei sen der und fühlte

sich ein biss chen un si cher.

« Klar geht das ! », sagte Ma gnus zu ver sicht lich.

« Ich muss halt nur ein paar Mal hin- und herlau fen,

bis al les drü ben ist. Am bes ten fange ich gleich da-

mit an. »

Er griff sich ei nen Ak ku schrau ber und machte

sich daran, die Bret ter ver klei dung vom A-Mo bil zu

lö sen. Al bert sah ihm ei nen Mo ment skep tisch zu,

dann rollte er zu rück an den Tisch in der Mitte des

Kel ler raums. Hier er war tete ihn ein Berg von At lan-

ten, Pi ra ten bü chern, See kar ten, al ten Vi deos mit

See räu ber fil men in Schwarz weiß, DVDs und Blue

Rays mit neue ren Fil men, Ko pien mit In fos aus der

Bi blio thek und sein Note book, auf dem meh rere Sei-

ten zum Thema See räu ber im In ter net ge öff net wa-

ren. Da zwi schen und da ne ben fan den sich selt same

Ge räte und Ap pa rate, de ren Zweck auf den ers ten

Blick un mög lich zu er ra ten war. Es han delte sich

samt und son ders um Ent wick lun gen von Al berts

Va ter, der von Be ruf Er fin der war. So gar ein über-

aus ge nia ler Er fin der, des sen Ma schi nen meist nur

den klit ze klei nen Nach teil hat ten, dass sie et was

völ lig an de res ta ten als das, wozu sie ge dacht wa-

ren. Al bert zog vor sich tig ein lan ges Plas tik rohr aus

dem Hau fen. Sein Va ter hatte es ge baut, um da mit

Page 15: Der geheime Tunnel. In der Hand der Piraten - rowohlt.de · « Was, wenn ich so ein Ka pi tän wäre ? », fragte die raue Stimme ei nes an de ren Man nes. « Dann hätte ich ein

20

die Blu men zu gie ßen. Das Rohr sollte die Feuch tig-

keit aus der Luft an zie hen und da mit sanft dar un ter

ste hende Pflan zen be reg nen. Al ler dings hatte er ver-

se hent lich die Saug leis tung zu hoch ein ge stellt. Bei

sei nem Test lauf hatte das Rohr darum nicht nur die

Was ser tröpf chen aus der Luft an ge saugt, son dern

zu sätz lich den hal ben Kirsch baum, ein Dut zend

Dach zie gel vom Nach bar haus und zu al lem Un glück

auch die Si rene und das Blau licht ei nes Po li zei au tos,

das zu fäl lig ge rade auf der Straße vor bei fuhr. Die

Po li zis ten wa ren dar über ver ständ li cher weise al les

an dere als er freut ge we sen und hat ten Al berts Va ter

al ler strengs tens ver bo ten, das Rohr in Zu kunft noch

ein mal ein zu schal ten. Al bert hatte es am Vor mit-

tag aus ei ner Kiste mit aus ge mus ter ten Er fin dun gen

her vor ge kramt, weil er meinte, dass sie da mit viel-

leicht auf große Ent fer nung den blauen Kris tall an-

sau gen könn ten.

« Wozu hast du ei gent lich die sen gan zen Krem pel

auf ge türmt ? », wun derte sich Ma gnus. Den Arm vol-

ler Bret ter, blickte er fra gend zu Al bert.

« Wozu wohl ? », be merkte Al bert spöt tisch. « Das

neh men wir na tür lich al les mit ! »

Es pol terte hef tig, als Ma gnus die Bret ter fal len

ließ. Mit of fe nem Mund starrte er sei nen Freund an.

« Ist nicht dein Ernst », sagte er leise.

« Und ob ! », ent geg nete Al bert. « Das kön nen wir

dort gut ge brau chen. In den Bü chern und so ste hen

lau ter wich tige In fos zu Pi ra ten. Wenn wir erst mal