der einfluß der gasdichte auf den gasaustausch zwischen alveolarraum und totraum

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Int. Z. angew. Physiol. einschl. Arbeitsphysiol. 20, 34--37 (1963) Aus der I. Medizinisehen Klinik der Universit~ Kiel (Direk~or: ProL Dr. A. BEI~NS~EIER) Der Einflu~ der Gasdichte auf den (]asaustausch zwischen Alveolarraum und Totraum Von K. SCnMn)T und J. SEUSING Mit 2 Tex~bbildungen (Eingegangen am 7. Januar 1963) Auf eine Erleichterung bestimmter dyspnoischer Zust~nde durch Ver- wendung von Gasgemischen, in denen Stiekstoff dutch Gase geringerer Diehte ersetzt wurden, machte erstmals BAI~ACI~ (1935) aufmerksam. Und zwar war an Stelle von Stickstoffdasleichtere Helium verwende~ worden. Mehrere Arbeiten hatten sieh auch um die experimentellen Grundlagen dieser zuni~ehst in der Klinik gefundenen Erfahrungsta~saehe bemtiht. An Druek-Volumenkurven, die D~A~ u. VI s SCHEI~(1941) an narkotisierten ttunden aufstellten, konnten sie zeigen, dab vor allem die Atemarbeit beim Atmen yon Helium vermindert ist. Dieser Meinung schlossen sieh auf Grund ~hnlieher Untersuehungen OTIS u. BEMBOWEI~ (1949) an. S]?]~C~IT, MAI~SI~ALL U. SI'IC~:~ALL (1950) maehten aul3erdem eine be- sehleunigte Diffusion geltend, ohne allerdings dabei den experimentellen Nachweis der unterschiedlichen Diffusionsgesehwindigkeit bei Atmung schwerer und leichterer Gase geffihr~ zu haben. Die Befunde von FEGLEt~ (1938) und SEI;SlNG U. DI~II]~ (1961), die zum Teil unter ver~nderten Druekverh~l~nissen gewonnen wurden, liel3en ebenfalls den SehluB einer vers Diffusionsgeschwindigkeit zwisehen Alveolarraum und Tot- raum bei Anderung der Luftdiehte zu, jedoeh erschien es uns notwendig, den bisher fehlenden direkten Nachweis dafiir zu erbringen. Untersuchungsanordnung Seehs Versuehspersonen wurden an ein gesehlossenes Spirometersystem ange- schlossen, in welchem mittels einer l~otationspumpe Helium bzw. Argon-O 2- Gemische im Verh~ltnis 80:20 in Um]auf gesetzt wurden. W~hrend der Atmung dieser Gasgemische legten die Versuehspersonen nach Aufforderung untersehiedlich lange Apnoepausen nach Inspiration ein. Die dann naehfolgende Exspiration war yon normaler Geschwindigkeit. Die Atemvolumina wurden auf Papier mit dem Tintensehreiber registriert, in einigen Versuehen war noch zus~tzlieh ein Pneumo- taehograph zwisehengeschaltet worden mit l~egistrierung fiber eine Druckkapsel auf den Lichtpunktliniensehreiber yon Hat,mann & Braun. Die laufende Sehrei- bung der CO~-Ausseheidung in der Exspirationsluft geseh~h fiber einen Abgangs- stutzen am lViundstfick, tier dureh einen beweglichen Schlaueh mit dem Uras ver- bunden war. Die Absaugung in diesem Nebensehlu$ erfolgte mit einer konstanten

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Page 1: Der Einfluß der Gasdichte auf den Gasaustausch zwischen Alveolarraum und Totraum

Int. Z. angew. Physiol. einschl. Arbeitsphysiol. 20, 34--37 (1963)

Aus der I. Medizinisehen Klinik der Universit~ Kiel (Direk~or: ProL Dr. A. BE I~NS~EIER)

Der Einflu~ der Gasdichte auf den (]asaustausch zwischen Alveolarraum und Totraum

Von

K. SCnMn)T u n d J. SEUSING

Mit 2 Tex~bbildungen

(Eingegangen am 7. Januar 1963)

Auf eine Er le ich te rung b e s t i m m t e r dyspno i scher Zus t~nde durch Ver- wendung von Gasgemischen, in denen St iekstoff du t ch Gase ger ingerer Dieh te e rse tz t wurden, m a c h t e e r s tmals BAI~ACI~ (1935) aufmerksam. U n d zwar war an Stelle von S t i cks to f fdas le i ch te re He l ium verwende~ worden. Mehrere Arbe i t en h a t t e n sieh auch u m die exper imente l l en Grund lagen dieser zuni~ehst in der K l i n i k gefundenen Erfahrungs ta~saehe bemtiht . An Druek-Volumenkurven , die D~A~ u. VI s SCHEI~ (1941) an narko t i s i e r t en t t u n d e n aufs te l l ten , k o n n t e n sie zeigen, dab vor a l lem die A t e m a r b e i t be im A t m e n yon He l ium v e r m i n d e r t ist. Dieser Meinung schlossen sieh au f Grund ~hnlieher Un te r suehungen OTIS u. BEMBOWEI~ (1949) an. S]?]~C~IT, MAI~SI~ALL U. SI'IC~:~ALL (1950) m a e h t e n aul3erdem eine be- sehleunigte Diffusion gel tend, ohne al lerdings dabe i den exper imente l len Nachweis der un te rsch ied l ichen Diffusionsgesehwindigkei t bei A t m u n g schwerer und le ichterer Gase geffihr~ zu haben. Die Befunde von FEGLEt~ (1938) u n d SEI;SlNG U. DI~II]~ (1961), die zum Teil un t e r ve r~nder ten Druekverh~l~nissen gewonnen wurden, liel3en ebenfal ls den SehluB einer ve r s Diffusionsgeschwindigkei t zwisehen Alveo la r r aum und Tot- r a u m bei Ande rung der Luf td i eh te zu, jedoeh erschien es uns notwendig, den bisher fehlenden d i r ek ten Nachweis daf i i r zu erbr ingen.

Untersuchungsanordnung Seehs Versuehspersonen wurden an ein gesehlossenes Spirometersystem ange-

schlossen, in welchem mittels einer l~otationspumpe Helium bzw. Argon-O 2- Gemische im Verh~ltnis 80:20 in Um]auf gesetzt wurden. W~hrend der Atmung dieser Gasgemische legten die Versuehspersonen nach Aufforderung untersehiedlich lange Apnoepausen nach Inspiration ein. Die dann naehfolgende Exspiration war yon normaler Geschwindigkeit. Die Atemvolumina wurden auf Papier mit dem Tintensehreiber registriert, in einigen Versuehen war noch zus~tzlieh ein Pneumo- taehograph zwisehengeschaltet worden mit l~egistrierung fiber eine Druckkapsel auf den Lichtpunktliniensehreiber yon Hat,mann & Braun. Die laufende Sehrei- bung der CO~-Ausseheidung in der Exspirationsluft geseh~h fiber einen Abgangs- stutzen am lViundstfick, tier dureh einen beweglichen Schlaueh mit dem Uras ver- bunden war. Die Absaugung in diesem Nebensehlu$ erfolgte mit einer konstanten

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Einflug der Gasdichte auf den Gasaustauseh 35

Gesehwindigkeit. Naeh l%egistrierung der durch den Uras ges~ugten Luft wurde diese wieder dem gesehlossenen System zugefiihrt. Ein Direktschreiber zeichnete die prozentuMe'CO2-Abg~be in der Ausatmungshft ~uf, bzw. bei denVersuchen mit Schreibung eines Pneumotachogramms erfolgte die gleichzeitige gegistrierung fiber ein entspreehendes MeBwerk auf den Liehtpunktliniensehreiber.

An Hand der bei dieser fneumo/ochog"ramm Versuehsanordnung gewon- nenen Volumen- bzw. Pneu- motaehogramm- und CO~- Kurven ist es mSglieh, die Exspirationsluft, wie aueh yon F~U~AN~ (1961)an- gegeben, in ihren Totraum- Misehluft- und Alveolar-

luftanteil aufzugliedern (Abb. 1). Die zeitliche Dif- ferenz yon Inspirationsbe- ginn, entnommen der Volu- men- oder Pneumotacho- grammkurve bis zum An- stieg der CQ-Kurve ent- spricht der Exspirationszeit der Totraumluft (tEtot), die Misehlnftausscheidungs-

#zspipohop 2"nsfl>'a/Bn Abb. 1. Bestimmung der 2~usatemzeiten fiir Tot- raumluft- und MJschluftanteil dutch gleichzeitige Re- gistrierung yon Pneumotachogramm und CO~-Aus- scheidung. (tEtot) entspricht der Ausatmungszeit der Totraumlaftun4(tEmix) der Ausatmungszeit des

l~-isehluft anteiles

zeit (tEmix) ist identisch mit dem Anstieg der Kohlensiiurekurve bis zur Erreiehung der Plateaubildung, der Alveolarluftanteil entspricht dem weiteren Verlauf der C02-Ausseheidungskurve bis zum steilen Abfall. Der Quotient yon tEmix zu tEtot drfickt das Verhaltnis yon Mischluft zu Totraumluftanteil in der Exspirationsluft aus.

UntersUchungsergebnisse Mit zunehmender inspiratorischer Apnoepause land sich bei der

darauffolgenden Exspiration eine Verringerung des zeitlichen Abstandes zwischen Ausatmungsbeginn und Anstieg der CQ-Kurve bzw. eine Ver- kfirzung der Exspirationszeit f/it den Totraumluftanteil mit einem ent- sprechenden Anstieg des Zeitquotienten von Mischluft zu Totraumluft- anteil. Wie sich aus Abb. 2 mit Darstellung der Einzelwerte der sechs Versuchspersonen erkennen l~gt, ist der Anstieg dieser Quotienten mit Atmung des leichteren IIeHum-Sauerstoffgemisches wesentlich steiler als unter dem schwereren Argon-Sauerstoffgemisch.

Besprechung der Untersuchungsergebnisse Die Exspirationsluft k6nnen wir in einen Totraumluftanteil, Mischluft-

anteil und einen Alveolarluftanteil unterteilen, wobei die Totraumluft in

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36 K. SC~MmT und J. SEVSING:

ihrer Zusammensetzung der Inspirationsluft entspricht und die Alveolar- luft der endexspiratorisch gemessenen Zusammensetzung. Fiir den Fall, dab eine seharfe Grenze zwisehen Tot raum und A1veolarraum bestiinde, w~re der Mischluftanteil gleich

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Abb. 2. Dars te l lung tier Beziehungen zwischen der Daues der Apnoepausen (Abszisse) und de m Quo- t ien ten der Exspi ra t ionsze i t yon Mischluftantei l zu T o t r a n m l n i t a n t e i l (Ordinate) bei A t m n n g eines Hel ium-Sauers tof f - nnd Argon-Sauers toff -Gasge- misches. Bei tier A t m u n g beider Gasgemische findet sich m i t z u n e h m e n d e r Darter der Apnoezei ten ein Anst ieg ~des Quot ienten yon Mischranmluf texspi - ra t ionszei t zn Tot ranmlnf texspi ra t ionsze i t , wobei mater dem leichteren t te l inm-O2-Gasgemisch der Anst ieg ein wesentl ich steilerer ist. O - - O

Argon, • • He l ium

0. Bei schneller Atmung mit einer hohen Exspirationsge- schwindigkeit ist diese Vor- aussetzung nahezu erfiillt, was sich u. a. in einem steilen Anstieg der C02-Ausschei- dungskurve zeigt. Bei lang- samer Atmung aber t r i t t ein mehr oder weniger groger Mischluftantei] auf, der sich nach Atemanhalten vergrS- Bert, wie yon DV Bo~s, FOW- LER, SO~'FER U. FErN (1952) nachgewiesen werdenkonnte. Wie s~ch auch aus unseren Untersuchungen ergibt, wird dieser Mischluftanteil um so grS~er bzw. der Totraum- luftanteil um so kleiner, je l~tnger die vorausgehende Apnoepause dauerte. Weiter- hin fanden wir, wie aus dem Verhalten des Quotienten yon Mischluftanteil zu Tot- raumluftanteil zu ersehen ist, dag bei Atmung des leichte- ten t telium- Sauerstoff- Gas-

gemisches die Totraumverkleinerung rascher vor sich geht als bei dem schwereren Gas. Die Gr6ge des funktione]len Totraumes ist demnach weitgehend mit abhgngig yon dem Gasaustausch zwisohen A]veolarraum und anatomischem Totraum.

Der Gas~ustausch zwischen diesen beiden Rgumen kann grundsgtzlich auf dreierlei Wegen zustande kommen : durch lamingre StrSmung, turbu- lente Str6mung und Diffusion. Die bei unseren Untersuchungen nach- weisbaren Beziehungen zwischen der Dauer der Apnoepause und dem Zeitquotienten von Mischluft zu Totraumluftantei l weisen darauf hin, dab die )[nderungen der Gr61~e des funktionellen Totraumes bci Atmung verschieden schwerer bzw. dichter Gase nicht nur durch die Verschieden- heir der turbulenten Widerstgnde verursacht werden, sondern auch die Diffusionsgeschwindigkeit zwischen Alveolarraum und Totraum hierfiir

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Einflul~ der Gasdichte auf den Gasuustausch 37

mi t von Bedeu tung ist. Wie jede Gasdiffusion be ruh t auch dieser Diffu- s ionsvorgang auf der E igenbewegung der Molekfile, wobei bekann t l i eh mi t zunehmender Dichte der Gase die Diffusionsgeschwindigkei t ab- n immt . Ff i r unsere Un te r suchungen ergibt sieh hier~us, dab CO 2 bei A t m u n g des le iehteren Hel ium-Sauers tof f -Gasgemisches en t sp rechend dem Druckg rad i en t en raseher vom Alveo la r r aum zum T o t r a u m hin di f fundier t als bei dem schweren Argon-O 2- Gasgemisch. Die Verbesserung der a lveolaren Vent i l a t ion bei A t m u n g le ichterer Gasgemische gegeniiber Norma l lu f t be ruh t demnach n ich t nur auf der t t e r a bse t z ung der tu rbu- len ten Widers t / inde in den Atemwegen, sondern aueh auf e iner Begfinsti- gung der Diffusionsvorg/s zwischen Alveo la r r aum und To t raum.

Z u s a m m e n f a s s u n g

Ffir den Gas~us tausch zwischen A1veolarraum und T o t r a u m sind aui~er den Str6mungsverhi~l tnissen auch die Diffusionsvorgi~nge mi t yon Bedeutung . Als Folge der Diffusion zwischen diesen beiden Rs f indet sich wi ihrend li~ngerer Atem~nha l t eze i t en eine Zunahme des Mischluf tante i les des Exsp i ra t ionsvo lumens . Bei Verwendung yon Atem- gasen unterschiedl icher Dich te vergrSl~ert sich der Misehluf tantef l bei g]eichen Apnoepausen in Abhi ingigkei t der G~sdichte, u n d zwar f inder sich bei le ichteren Gasen eine rasehere Diffusion als bei schwereren Gasen.

L i t e r a t u r

BARACH, A. L. : zit. n. A. B. OTIS u. W. C. BEMBOWER. - - zit. n. 1~. B. DEAN U. M. ]~. VISSCHER. DEAN, R.B., and M.B. VISSClZER" The kinets of Lung ventilation. Amer. J.

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I)r. K. Sr I. !Viedizinische Klinik der Universit~t, 23 Kiel