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18 Teil I Theoretische Grundlagen Stoll-Salzer, Wiesinger, Stomatherapie (ISBN 3131389710), 2005 Georg Thieme Verlag KG Abb. 2.2 Darmstomata. a Kolostoma, b Ileostoma mit Reiter. 2.2 Darmstomata Die Gründe für eine Darmstomaanlage sind vielfältig. Die häufigsten sind: Deviation (Umleitung), Protektion (Schutz), Entfernung nachgeschalteter Darmabschnitte. Deviationsstomata. Bei chronisch entzündlichen Darm- erkrankungen (z. B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) kann es ratsam sein, bestimmte Darmabschnitte von der Stuhlpassage auszuschließen. Der Darmausgang wird dann vor die betroffene Darmpassage gelegt. Dies kann sowohl im Dünndarmbereich (Ileostoma) als auch im Dickdarmbereich (Kolostoma) geschehen. Protektive Stomata. Diese Stomata werden angelegt, um eine operativ angelegte Darmnaht (Anastomose) zu schützen oder um evtl. Fisteln oder Abszesse von der Darmpassage auszuschalten. Besonders bei ausgedehn- ten Fisteln im Afterbereich (perianale Fisteln) werden protektive Ileostomata angelegt. Diese sind dann meist doppelläufig. Entfernung nachgeschalteter Darmabschnitte. Wur- den ganze Darmabschnitte, z.B. der gesamte Dickdarm, entfernt, wird ein endständiges Ileostoma angelegt. Je nachdem, ob der Schließmuskel erhalten blieb oder nicht, ist eine Rückverlagerung des Stomas möglich. Um die Inhalte zu vertiefen, können Sie sich das Video „Sto- maarten“ ansehen. 2.2.1 Kolostomata Die Kolostomata können je nach Indikation und Operati- onstechnik entweder endständig oder doppelläufig an- gelegt werden (Abb. 2.3). a b Endständiges Stoma. Hierbei wird der erkrankte Teil des Darms entfernt und der Darm einlumig ausgeleitet. In der Bauchhaut findet sich somit nur eine Öffnung. Doppelläufiges Stoma. Eine eröffnete Darmschlinge wird über dem Hautniveau fixiert, sodass zwei Öffnun- gen entstehen. Um ein Zurückgleiten des Darms zu ver- hindern, werden sog. Reiter untergeschoben. Der stuhl- fördernde Abschnitt wird als zuführende Schlinge (zum Stoma hin), der stillgelegte Abschnitt als abführende Schlinge (vom Stoma weg) bezeichnet. Diese Stomaanla- gen können wieder rückoperiert werden. Je nach Lokalisation des Stomas unterscheidet man: Sigmakolostomie, Transversostomie, Zökostomie. Sigmakolostomie D Kann das Kontinenzorgan nicht erhalten werden, oder ist es nicht funktionstüchtig, muss das Sigma endständig aus- geleitet werden. Das Rektum wird dabei meist entfernt. Wichtigste Grunderkrankung ist das tiefsitzende Rek- tumkarzinom, das mitsamt dem Sphinkterapparat ent- fernt werden muss. Kolostomie nach Hartmann. Bei dieser Operation wird das Sigma ausgeleitet, der Schließmuskel kann jedoch erhalten werden. Das Kolostoma wird als gereiftes Sto- ma, d. h. leicht über das Hautniveau angelegt. Es ist meis- tens ein temporäres Stoma, das operativ zurückverlagert werden kann (in der Regel im linken Unterbauch zwi- schen Bauchnabel und Darmbeinstachel). Die Stuhl- konsistenz ist nach einer gewissen Zeit wie vor der Ope- ration. 2 Stomaarten und ihre Anlage

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Page 1: Darmstomata - bilder.buecher.de · TeilITheoretischeGrundlagen19 Stoll-Salzer,Wiesinger,Stomatherapie(ISBN3131389710), 2005GeorgThiemeVerlagKG Abb.2.3 Kolostoma. AnlageeinesKolostomasimlinkenUnterbauch

18 Teil I Theoretische Grundlagen

Stoll-Salzer, Wiesinger, Stomatherapie (ISBN 3131389710), � 2005 Georg Thieme Verlag KG

Abb. 2.2 Darmstomata. a Kolostoma, b Ileostoma mit Reiter.

2.2 Darmstomata

Die Gründe für eine Darmstomaanlage sind vielfältig.Die häufigsten sind:

Deviation (Umleitung),Protektion (Schutz),Entfernung nachgeschalteter Darmabschnitte.

Deviationsstomata. Bei chronisch entzündlichen Darm-erkrankungen (z.B.Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) kannes ratsam sein, bestimmte Darmabschnitte von derStuhlpassage auszuschließen. Der Darmausgang wirddann vor die betroffene Darmpassage gelegt. Dies kannsowohl im Dünndarmbereich (Ileostoma) als auch imDickdarmbereich (Kolostoma) geschehen.Protektive Stomata. Diese Stomata werden angelegt,um eine operativ angelegte Darmnaht (Anastomose) zuschützen oder um evtl. Fisteln oder Abszesse von derDarmpassage auszuschalten. Besonders bei ausgedehn-ten Fisteln im Afterbereich (perianale Fisteln) werdenprotektive Ileostomata angelegt. Diese sind dann meistdoppelläufig.Entfernung nachgeschalteter Darmabschnitte. Wur-den ganze Darmabschnitte, z.B. der gesamte Dickdarm,entfernt, wird ein endständiges Ileostoma angelegt. Jenachdem, ob der Schließmuskel erhalten blieb odernicht, ist eine Rückverlagerung des Stomas möglich.

Umdie Inhalte zu vertiefen, können Sie sich das Video „Sto-maarten“ ansehen.

2.2.1 Kolostomata

Die Kolostomata können je nach Indikation und Operati-onstechnik entweder endständig oder doppelläufig an-gelegt werden (Abb. 2.3).

a b

Endständiges Stoma. Hierbei wird der erkrankte Teildes Darms entfernt und der Darm einlumig ausgeleitet.In der Bauchhaut findet sich somit nur eine Öffnung.Doppelläufiges Stoma. Eine eröffnete Darmschlingewird über dem Hautniveau fixiert, sodass zwei Öffnun-gen entstehen. Um ein Zurückgleiten des Darms zu ver-hindern, werden sog. Reiter untergeschoben. Der stuhl-fördernde Abschnitt wird als zuführende Schlinge (zumStoma hin), der stillgelegte Abschnitt als abführendeSchlinge (vom Stomaweg) bezeichnet. Diese Stomaanla-gen können wieder rückoperiert werden.

Je nach Lokalisation des Stomas unterscheidet man:Sigmakolostomie,Transversostomie,Zökostomie.

Sigmakolostomie

D Kann das Kontinenzorgan nicht erhalten werden, oder istes nicht funktionstüchtig, muss das Sigma endständig aus-

geleitet werden. Das Rektum wird dabei meist entfernt.

Wichtigste Grunderkrankung ist das tiefsitzende Rek-tumkarzinom, das mitsamt dem Sphinkterapparat ent-fernt werden muss.Kolostomie nach Hartmann. Bei dieser Operation wirddas Sigma ausgeleitet, der Schließmuskel kann jedocherhalten werden. Das Kolostoma wird als gereiftes Sto-ma, d.h. leicht über dasHautniveau angelegt. Es istmeis-tens ein temporäres Stoma, das operativ zurückverlagertwerden kann (in der Regel im linken Unterbauch zwi-schen Bauchnabel und Darmbeinstachel). Die Stuhl-konsistenz ist nach einer gewissen Zeit wie vor der Ope-ration.

2 Stomaarten und ihre Anlage

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19Teil I Theoretische Grundlagen

Stoll-Salzer, Wiesinger, Stomatherapie (ISBN 3131389710), � 2005 Georg Thieme Verlag KG

Abb. 2.3 Kolostoma. Anlage eines Kolostomas im linken Unterbauch.

Zökostomie

D Bei einer Zökostomie handelt es sich um eine Eröffnung desBlinddarms. Das Zökostoma soll den Dickdarm weitge-

hend von der Stuhlpassage freihalten. Es ist eine Art Überdruck-ventil (Abb. 2.4). Der Vorteil des Zökostomas liegt darin, dass dieRückverlegung ein kleiner Eingriff ist. Allerdings wird diese Anla-geform zugunsten der Ileostomie immer seltener.

IndikationIndikationen für eine Zökostomie sind: Verletzungenund Patienten in sehr schlechtem Allgemeinzustandmithochsitzendem Dickdarmileus. Die Zökostomie wirdheute nur in Ausnahmefällen durchgeführt.

Abb. 2.4 Zökostomie. Eröffnung desBlinddarmes zur Freihaltung der Stuhl-passage.

Darmstomata 2.2

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20 Teil I Theoretische Grundlagen

Stoll-Salzer, Wiesinger, Stomatherapie (ISBN 3131389710), � 2005 Georg Thieme Verlag KG

Transversostomie

D Soll der absteigende Dickdarm temporär (vorübergehend)oder palliativ (lindernd) von der Stuhlpassage befreit wer-

den, wird die doppelläufige Transversostomie angelegt(Abb. 2.5).

IndikationIndikationen für eine Transversostomie sind:

Karzinom,Divertikulose/- itis,Strahlenschäden,tiefsitzender Ileus,Verletzungen,Anastomosenschutz.

Bei Kindern: Atresien, Morbus Hirschsprung, Volvulus,Megakolon, Analatresie.

OperationsverlaufDer Querdarm wird schlingenförmig auf den Bauch vor-gelagert. Bis zur Verklebung der Darmschlinge (ca.10–15 Tage) mit der Bauchdecke wird ein Reiter unterdie Schlinge gelegt (Abb. 2.6).

Die vordere Wand der Darmschlinge wird eröffnet.Die Eindickung des Stuhls ist in der Regel gegenüberdem Zustand vor der Operation kaum oder nicht verän-dert. Die Stuhlkonsistenz kann dünnflüssig bis dickflüs-sig sein.

RückoperationHandelt es sich um ein protektives Stoma, so kann diesesmeist nach 6–12Wochen rückverlegt werden. Nach denVoruntersuchungen (S. 20) wird der Patient optimal vor-bereitet, dazu muss vorweg der zuständige Chirurg be-

Abb. 2.5 Transversostomie. Anlageeiner Transversostomie, um den abora-len Dickdarm von der Stuhlpassage zubefreien.

Abb. 2.6 Reiter. Verschiedene Reiter in verschiedenenGrößen (95 und 65 cm) von verschiedenen Herstellern (Pro-dukte Fa. Hollister, Coloplast, Convatec).

fragt werden. Außerdem sollte der Operationsberichtgelesen werden – Achtung bei Fisteln!

Zur Vorbereitung des Dickdarms bei Patientenmit ei-ner Querkolostomie wird empfohlen:

den zuführenden Schenkel durch Trinken der Spüllö-sung zu säubern,den abführenden Schenkel mittels Irrigation zu säu-bern.

Zuführender Schenkel. Stomabeutel entfernen, Spül-beutel vom Irrigationset umlegen. Der Patient trinkt dieSpüllösung, der Stuhl entleert sich durch den zuführen-den Schenkel in den Spülbeutel, der dann in die Toiletteentsorgt werden kann (s. Irrigation, S. 81). Ist die Aus-scheidung „kamillenteeartig“, ist der zuführende Schen-kel sauber.

2 Stomaarten und ihre Anlage