buch der macht

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Das Buch der Macht ist ein Streifzug durch die Philosophie der Jedi-Ritter und Ihre Ursprünge in den Traditionen der Wirklichen Welt. Ursprünglich war es 1999 unter dem Titel Star Wars: Das Buch der Macht - die Geheimlehren der Jedi Ritter in der Version für Erdlinge" als populärphilosophisches Buch erschinenen, dann aber durch den Druck der Lucasfilm Anwälte vom Markt genommen worden. Das Buch ist kostenlos und für nichtkommerzielle Zwecke frei verfügbar.

TRANSCRIPT

Vorwort zur kostenlosen ebook Ausgabe 2007 Dieses Buch wurde im letzten Jahrtausend geschrieben, und mußte bereits nach einem Monat und wenigen Dutzend verkaufter Exemplare wieder vom Markt genommen werden. Der ursprüngliche Titel lautete „Star Wars: Das Buch der Macht – Die Geheimlehren der Jedi Ritter in der Version für Erdlinge“. Dieser Titel ist verboten. Wer sich für die Einzelheiten interessiert, der möge hier nachschauen (Link):

das verbotene Buch Es gab auf dieses Buch hin dennoch so viele positive Rückmeldungen, daß ich es schade fände, wenn es einfach nur auf meiner Festplatte verstauben würde. Zudem ist es inhaltlich in meinen Augen relevanter als je zuvor, auch wenn es sicher nicht unbedingt ein akademisch intellektuelles Traktat zur Situation der Welt darstellt. Dennoch geht es um Fragen, die sich mehr und mehr Menschen stellen – und das mit Recht. Und diese Fragen werden auch in Filmen wie Star Wars gestellt. Was ist gut und schlecht, was soll das alles, was machen wir eigentlich hier? Was ist der Sinn von alledem? Weswegen stehen wir morgens auf und tun, was auch immer wir tun? Seit 1999 hat sich die Welt mächtig verändert, und gewiß nicht zum Besseren. Und es sind keine Jedi Ritter oder sonstige Retter in Sicht, die die Sache in die Hand nehmen. Oder doch? Viel Spaß! Stefan Thiesen, Marburg, August 2007

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Star Wars:

DasBuch

der Macht

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Über den Autor:

Stefan Thiesen, Jahrgang `67, studierte Astronomie, Geowissenschaf-ten und Physik im In- und Ausland, arbeitete als freier Wissenschafts-autor und Consultant und ist heute in der Entwicklungsabteilung vonWagner & Co Solartechnik als technischer Redakteur tätig.Seine akademischen Forschungsschwerpunkte sind globale umwelt-veränderungen, erneuerbare Energie sowie Bioastronomie (die Suchenach Leben im Weltall), worüber er promovierte.Stefan Thiesen hält akademische Grade der Universitäten London,des Staates New York, der Univ. Münster und Honolulu, Hawaii. Weitere Bücher von Stefan Thiesen (mit Links zu Amazon):

Trek Science - mit Warpgeschwindigkeit in die Zukunft diewissenschaftlichen Hintergründe der Kultserie Star Trek (ECONVerlag, 1997, Neuauflage von MindQuest 2001)

Climate Poker - A Journey to our Precious Planet - KnallharteFakten zur globalen Umweltkrise - und eine ernstgemeinte Warnungaller Nobelpreisträger an die Menschheit (MindQuest.de, 1999)

Rabenwelt - Ein eher kurioses Buch über den jungen Computermil-lionär Rasmus Deison auf der Suche nach dem Sinn des Lebens(MindQuest.de, Oktober 1999)

Genterror und Lebenspatente - ein Brainstorming (2002)

Der Vierte Affe oder das Ende der Zukunft (ab 2008)

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Star Wars:

DasBuch

der Macht

Die Geheimen Lehrender Jedi-Ritter in derVersion für Erdlinge

von Stefan Thiesen

M i n d Q u e s t . d eM i n d Q u e s t . d e

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© 1999 der „Star Wars“ Zeichnungen : Ludger SchniederWeitere Abbildungen aus der IMSI Image Collection

Die Rechte an erwähnten Marken liegen bei ihren jeweiligen Inhabern. Dieses Buch steht in keinerlei offiziellem

Zusammenhang zur Filmreihe „Star Wars“ bzw. „Krieg der Sterne“ von Lucasfilm.

DIESES BUCH WURDE VOLLSTÄNDIG AUF EINEM APPLEMACINTOSH POWER PC PRODUZIERT

Sie sind herzlich eingeladen, dem Verlag Ihre Meinungen und Vorschläge per Email mitzuteilen:[email protected]. Die besten Kommentare haben die Chance, in einer zukünftigen Auflage des Buches

in einem gesonderten Anhang aufgenommen oder im Internet veröffentlicht zu werden.

1. Auflage, Selm, 1999, kostenlose ebook Ausgabe Marburg, 2007© MindQuest.de Internetverlag, 59379 SelmAlle Rechte vorbehaltenDruck: Georg Lingenbrink GmbH, Hamburg,ISBN 3-934195-02-4 Published under under the GNU license with some rights reserved.

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Dieses Buch ist meinemGroßvater Gottfried Horzonek gewidmet -

und all jenen Menschen, die dasSuchen nicht aufgeben

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InhaltInhaltInhaltInhaltInhalt

13 ....................... Vorbemerkungen13 ...............................Was ist Star Wars eigentlich?14 ............................................... Zentrale Elemente15 ...................................... „Jedi“ in der realen Welt16 .............................................. Kino und Wahrheit17 .......................................... Mythen und Legenden18 ....................................... Intuition und Einsichten19 ....................................... Geistige Veränderungen20 ............................................ Welt der Wandlung21 ..................................... Ratschläge für Wanderer

Seite 23Erstes Buch

Das Buch des Denkens24 ............................. Spiegel des Unterbewußtseins24 ...................................... Labyrinth der Illusionen25 ......................Sehnsucht nach Sinn und Romantik26 .................................... Selbsterwählte Finsternis27 ............................................. Kosmische Freiheit28 ................................... Der Wert eines Menschen

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29 ......................................... Ein gefährliches Wort30 .................................................. Geistige Augen32 ....................................... Ein Universum im Kopf33 ............................................. Die Legende lebt...34 ........................................ Menschen im Einklang36 ........................................Jedi sind Leute der Tat

Seite 39Zweites Buch

Das Buch vom Sein40 ...............................................Einfache Fragen?41 ............................... Nichts kommt von Nirgendwo42 .................................. Illusionen und harte Arbeit43 ................................ Die Landschaft der „Macht“45 .............................................Verwirrende Suche45 .................................................... Jedi Lehrlinge47 ................................................. Geistige Energie49 ................................................. Entscheidungen50 ...................... Möglichkeiten und Beschränkungen52 .............................Unfassbare Vielfalt des Lebens53 ....................... Vergessener Wert alles Lebendigen54 ............................................ Wertloses Wissen?55 ................................... Meereswellen ohne Worte57 ............................... Zwischen Wissen und Instinkt58 ............................ Gedanken wie Wolken im Wind61 ............................................... Wesen des Lichts

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62 ..................................................Höhere Ebenen63 .................................. Ein lebendiges Universum?

Seite 65Drittes Buch

Das Buch der Taten und Ansichten66 ........................................ Praktische Philosophie66 ......................................................... Jedi-Ethik67 ................................................. Innere Harmonie68 ...................................... Kombinierte Traditionen70 ................................. Das Zentrum der Dunkelheit72 ................................. Ein außerirdisches Gleichnis73 ............................................. Verschmutzte Aura74 ...................................................... Leia im Wald75 ..........................................Tut es für die Bäume!76 ............................ Würden Jedi Hamburger essen?78........................... Respekt vor anderen Lebewesen79......................................Würden Jedi Fernsehen?79............................... Der Jedi und der Rasenmäher81 .......................................... Aus der Mitte denken82 ...................................... Die Dinge werden getan82 ..........................................Wickets weise Worte

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Seite 87Viertes Buch

Das Buch der Argumente undEreignisse

89 ................................... Eingeschränkte Weltbilder90 ......................................... Verlockende Irrlichter90 ............................................. Absolute Wahrheit91 ........................ Wissenschaft und Weltanschauung92 ..............................Wahllos definierte Wahrheiten94 ............................................... Virtuelle Nahrung95 ............................................... Grenzenlose Gier96 ................................. Qui Gons schützende Hand96 .................................. Nur noch ein tödliches Ziel97 .............................................. Verdunkelter Geist98 .................... Von Tigern, Menschen und Ansichten100 ....................................... Nicht alles ist bösartig101 ......... Wisse um deine Talente und Beschränkungen101 .............................. Endlose Unwahrscheinlichkeit103 .................................. Vorherbestimmte Zufälle?104 ............................................... Höhere Ebenen?

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Seite 109Fünftes Buch

Das Buch des Kampfes110 ...............................................Friedliche Krieger111 .............................................. Der Konflikt ist da111 ........................................... Angriff ist Schwäche114 ...........................................Kämpfe in der Seele115 ............................................... Jedi und Samurai117 .......................................... Chi, ki und die Macht118 ........................................ Wunschlose Wünsche119 ....................................... Reale Unmöglichkeiten120 ........................... Schwächen werden zu Stärken121 ........................................... Bewußte Täuschung123 ......................... Jedi und die Regeln des Bushido125 ................................................ Alte Traditionen

Seite 127Sechstes Buch

Das Buch der „Jedi“ Sprüche

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Vorbemerkungen

Was ist Star Wars eigentlich?

Niemand wird wohl ernsthaft behaupten wollen, bei StarWars handele es sich hauptsächlich um Gesellschafts-kritik, Philosophie oder um eine sonstwie hoch-

intellektuelle Angelegenheit. Star Wars ist vor allem zunächsteinmal bunte, schrille Kinounterhaltung und zudem ein indu-strielles Produkt, das vor allem den einen Zweck hat, seinenSchöpfern möglichst schnell möglichst viel Profit einzubrin-gen.

In mancherlei Hinsicht ist es auch eine recht kindischeGeschichte - vor allem seit Episode 1, die sich leider anschei-nend hauptsächlich an den Markt der unter Vierzehnjährigenrichtet. Doch trotz dieser recht unromantischen Betrachtungsteckt offenbar noch mehr dahinter, denn Prinzessinnen, Hel-den und Schurken, Weltraumgeballer, Spezialeffekte und einrührendes Happy End alleine können wohl kaum den weltwei-ten Quasi-Kult erklären, der sich rund um Luke Skywalker unddie übrigen Sternenkrieger entwickelt hat.

Neben der oberflächlichen Unterhaltung ist hier noch ir-gend etwas anderes im Spiel, etwas, das in manchen Men-schen eine tiefere Ebene der Träume und Sehnsüchte anspricht.Was also ist dieses besondere Etwas, das Star Wars diesenKultstatus verleiht?

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Zentrale Elemente

I n einem frühen Entwurf für ein Weltraumepos, denGeorge Lucas im Mai 1973 entwickelte, ist Luke Sky-walker noch ein ganz gewöhnlicher General. Selbst in der

ersten Drehbuchversion von Star Wars fehlten meines Wis-sens noch zwei zentrale Elemente. Weder war dort von JediKnights noch von The Force („Die Kraft“ - im Deutschen un-zutreffend übersetzt als: Die Macht) die Rede. Nun mag sichjeder selbst die Frage beantworten, was ohne Jedi und ohneMacht aus Star Wars geworden wäre.

George Lucas ist hier der geniale Kunstgriff gelungen,nicht nur, wie üblich, die guten und die bösen Jungs gegen-einander antreten zu lassen, sondern das Gute und das Böseschlechthin zu personifizieren. Die Jedi sind nicht nur einfachdie Guten, sondern sie sind vielmehr Menschen, die ihr Leben,alle ihre Fähigkeiten und ihre ganze Kraft dafür verwenden, fürdas Gute schlechthin einzutreten. Die Jedi vereinen im Grundein sich alles, was an Menschen bewunderungswürdig erschei-nen kann. Und nichts davon stammt aus irgend einer fernenGalaxie in irgend einer fernen Vergangenheit oder Zukunft,sondern die Ursprünge der Jedi Philosophie finden sich ganz inder Nähe, hier bei uns, auf der guten alten Erde.

Zufällig sitze ich in diesem Augenblick an einem Tisch imHof der alten Tempelritterburg „La Garde“ in den Cévennen inSüdfrankreich, die sich im Besitz des niederländischen Schrift-stellers Felix Thijssen befindet. Im alten Rittersaal dieser weitabgelegenen kleinen Festung fand ich eine nur etwa zwanzigZentimeter große antike Statue, die einen Tempelritter dar-

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stellt. Eine stolze, aufrechte Gestalt mit Bart und langen, offe-nen, leicht gewellten Haaren, lediglich bekleidet mit einer ArtMönchsrobe. In all seiner Ruhe und Spiritualität stützt sichdieser Ritter auf ein mittelalterliches Breitschwert in einer Hal-tung, die klar ausdrückt, daß er bereit ist, bis zum Letzten fürdas zu kämpfen, woran er glaubt, wenn er denn unbedingtmuß. Sogar seine Gesichtszüge ähneln denen von Liam Neesonalias Meister Qui Gon Jinn in Star Wars Episode 1. Kleine Zu-fälle.

„Jedi“ in der realen Welt

Jedi Ritter und Tempelritter - die einen Erfindung, dieanderen historische Realität - entstammen beide dochsehr wirklichen und sehr irdischen Traditionen. Der eben-

falls sehr reale und ebenfalls sehr irdische taoistische MeisterSa Wei-Dao bestätigte mir kürzlich, daß die „Force“ der Jedidurchaus einiges gemeinsam hat mit dem Tao, dem „Weg durchdie Welt, wie sie ist“ der Taoisten.

Machen wir uns also auf die Suche nach den Spiegelbil-dern der Jedi-Macht in unserer realen Welt, wobei mir derLeser meine sehr persönliche Herangehensweise vergebenmöge. Man sollte schließlich nach Möglichkeit nur über dieDinge schreiben, über die man Bescheid weiß, und letztend-lich muß jeder einzelne ohnehin seine eigenen Antworten su-chen.

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Ach ja - und dann ist da noch Meister Makani, dessen Stimmeuns wispernd und flüsternd aus irgendeiner fernen, anderenZeit erreicht, einer übergeordneten Sphäre vielleicht...

Kino und Wahrheit

Man hört nicht selten kritische Stimmen, von denendie Jedi-Aspekte in Star Wars als „pseudophilosophisch“ oder auch „pseudoreligiös“ abgetan

werden. Was aber bedeutet „philosophisch“ und was bedeu-tet „religiös“? Natürlich ist Star Wars insofern „pseudo“, alses sich um eine erfundene Geschichte handelt, einen Fantasy-Abenteuerfilm, mithin eine „Pseudorealität“. Wer würde daswohl in Frage stellen. Fraglos befindet sich damit aber dieJedi-Philosophie in prominenter Gesellschaft, denn es ist eineuralte Tradition in den meisten großen Denksystemen, erfun-dene Geschichten als Gleichnisse und Beispiele zu benutzen.Das Medium Film ersetzt den ursprünglichen Geschichtener-zähler, und wenn man eine große Anzahl von Menschen errei-chen möchte, dann tut man dies in unserer Zeit eben über dieLeinwand oder den Bildschirm. Wahrheiten werden dadurch,daß sie in Unterhaltungsliteratur und Kinofilme eingebaut wer-den, nicht weniger wahr, und Glaubensgrundsätze sind ohne-dies eine Frage der Definition des jeweiligen Glaubens. In die-sem Sinne gibt es so etwas wie eine „Pseudophilosophie“ garnicht, denn entweder man sucht nach einer tieferen Weisheitund Wahrheit und bemüht sich, diese zu vermitteln, oder abernicht. Pseudoreligion gibt es schon gar nicht, denn jeder Mensch

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kann schließlich, wenn er denn mag, seine eigene Religionerfinden. Ob diese dann sinnvoll oder wahr ist, das bleibt da-hingestellt, aber das gilt schließlich für alle Religionen, die jaauf reinem Glauben basieren und nicht auf realen Fakten.

Mythen und Legenden

Schon bei oberflächlicher Betrachtung sieht der aufge-schlossene Mensch schnell, daß Star Wars eineMenge Elemente enthält, die auch für viele große Reli-

gionen und philosophische Systeme typisch sind. Am augen-fälligsten ist natürlich der ewige Kampf des Guten gegen dasBöse, des Dunkels gegen das Licht. Dies ist eine Vorstellung,die so alt ist wie die Menschheit und deren ursprüngliche Wurzelsehr konkret im Wechsel vom Tag zur Nacht und der Angst derfrühen Menschen vor der wirklichen Dunkelheit liegen mag undden unwägbaren Gefahren durch wilde Tiere der Nacht. Auchder feste Glaube an die ewige Wiederkehr des Lichtes hättedann seinen Ursprung im niemals ausbleibenden Sonnenauf-gang. Die Balance von Licht und Schatten, von Helligkeit undDunkelheit, von Gut und Böse liegt letztlich allen Religionenzugrunde. Das eine kann ohne das andere gar nicht existieren.Star Wars übernimmt viele der klassischen Mythen. Da istAnakin Skywalker, von dem Qui Gon Jinn vermutet, er sei der„Auserwählte“, der in uralten Jedi Legenden angekündigt wird- Legenden, wie sie in fast allen Kulturen existieren. Im Falleder Jedi läßt sich praktischerweise durch einen Bluttest fest-stellen, ob jemand das Zeug zum „Meister der Macht“ hat.

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Das erinnert mich ein wenig an den Tibetischen Buddhismus,der davon ausgeht, daß man etwa einen wiedergeborenen Lamadurch bestimmte Tests erkennen kann. Ein weiterer typischreligiöser Aspekt ist der Ursprung der zentralen Figur des AnakinSkywalker. Shmi, seine Mutter, wollte sich nicht über seinenVater äußern, und Qui Gon hat den Verdacht, daß Anakin Sky-walker von den geheimnisvollen „Midi Chlorien“, mithin vonder „universalen Lebenskraft“ selbst ins Leben gerufen wurde.Das müßte eigentlich jedem bekannt vorkommen, denn dasErgebnis ist im Prinzip eine Jungfrauengeburt, die wiederumrund um den Globus ein weitverbreitetes Symbol alter irdi-scher Mythen und Legenden ist.

Intuition und Einsichten

Die Philosophie der Jedi vereint in sich Aspekte ver-schiedener existierender Glaubensrichtungen. Sieenthält zum einen Elemente christlicher und anderer

westlicher Mythen und zum anderen Elemente östlicher My-stik.

Jedi sind aber nicht unbedingt zurückgezogene Einsied-ler, sondern sie leben sehr wohl im Hier und Jetzt, immer dar-um bemüht, zur Lösung realer Probleme und Konflikte ihrerWelt beizutragen.

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Das praktische Jedi Wissen besteht dabei scheinbar ebenfallsaus einer Verbindung östlicher und westlicher Traditionen, inder knallharte Logik und technisches Expertenwissen mit hoch-entwickelter Intuition und mystischen Einsichten vereint wer-den.

Durch die Auswahl besonders begabter Lehrlinge unddie Perfektion der Ausbildung hat sich dann im Laufe der Jahr-tausende eine Methode entwickelt, die in gewisser Weise ei-nen Homo Superior hervorzubringen vermag. Ein Menschen-typ entstand, der durch gezielte Entwicklung seiner Talenteauf eine höhere kulturelle Entwicklungsstufe gehoben wurde.

Ist dies ein völlig undenkbarer Gedanke? Das ist es in meinenAugen nicht. Wir Menschen haben uns weitgehend von derunmittelbaren natürlichen Evolution gelöst, an deren Stelle einekulturelle Evolution getreten ist. Dies bedeutet aber nichtsanderes, als daß die Veränderungen, mit denen wir uns an dieVeränderungen und Herausforderungen in unserer Umweltanpassen, in unseren Köpfen geschehen.

Geistige Veränderungen

Unsere Spezies verändert sich inzwischen hauptsäch-lich auf geistiger Ebene. Neue Ansichten und Meinun-gen verdrängen alte. Neue Fähigkeiten werden erlangt,

neues Wissen erlernt, anderes vergessen. Ist es da so unvor-stellbar, daß eine Gruppe von Menschen sich entschließt, Ord-

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nung und ethische Grundsätze in diese ansonsten zufälligenVeränderungen zu bringen und besonders befähigte Kandida-ten auszubilden, die als Vorbilder für die anderen dienen?

Tatsächlich ist dies kaum etwas anderes als das, wasdie Religionen und Glaubenssysteme der Welt, und in geringe-rem Umfang durchaus auch die Schulen und Universitäten derWelt, seit Jahrtausenden zu leisten versuchen. Bisher nur istes der Menschheit noch nicht gelungen, ein allgemeingültigesethisch-spirituelles Gedankengebäude zu entwickeln, mit demsich jeder identifizieren, in dem sich jeder wiederfinden kann.Statt dessen führten die Unterschiede zwischen den Religio-nen nur zu immer neuen Konflikten und sind selbst allzu häu-fig die Ursache des Leids, welches sie doch eigentlich zu ver-hindern suchen. Sie scheitern daran, daß ihre Vertreter sichnicht selten einbilden, im Besitz der absoluten und einzigenWahrheit zu sein und in Versuchung geraten, diese Illusionvon Wahrheit einem jeden aufzuzwingen. Das Scheitern istvorprogrammiert, wenn ein von fehlerbehafteten menschlichenWesen erfundenes System für unfehlbar erklärt wird.

Welt der Wandlung

Unsere Welt ist eine Welt der Wandlung und Verände-rung, in der es nur wenige, ja vielleicht sogar garkeine absoluten Wahrheiten gibt und selbst die Inter-

pretationen dieser Wahrheiten ständigen Veränderungen un-terworfen sind.

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Die Verfasser der Urtexte fast aller großer Religionen sind sichdessen zumeist auch sehr bewußt gewesen, nur besteht eineunglückselige Tendenz der Menschen zu absoluten Ideen undfestgefügten Ansichten, und der alte Geist der Lehren gehtdeshalb im Laufe der Zeit allzu oft verloren. Bürokratien undhierarchische Herschaftsmodelle treten an seine Stelle. Ande-re Glaubenssysteme wie Taoismus oder Buddhismus dagegenbestehen in ihrem Kern aus der Suche nach der persönlichenWahrheit und dem richtigen Weg für jeden einzelnen, wobeider Suchende zwar angeleitet wird, ihm jedoch keine starrenund verbindlichen Vorschriften aufgezwungen werden.

Ratschläge für Wanderer

Dabei kommt mir die Definition Gottes in den Sinn, diemir am besten gefällt: Gott ist die tiefste Wahrheit,die größte Harmonie und Schönheit, die jeder Mensch

in sich zu finden vermag. Die Verantwortung wird damit jedemeinzelnen übertragen, denn um etwas zu finden, muß man esschließlich erst einmal suchen. Oder wie Meister Makani sagt:

„Man kann einem Wanderer die Richtung zeigen und ihm Pro-viant und Ratschläge mit auf den Weg geben - laufen dagegenmuß ein jeder selbst.“

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Dunkelheit und Licht. Yin und Yang - das eine enthält das andere.Unsere Welt ist eine Welt der Gegensätze, ohne die sie gar nicht

existieren könnte.

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Erstes BuchDas Buch des Denkens

Eure Lieder und Legenden - wahrlich enthalten sie mehrWeisheit, als all eure Gesetze und Ideologien vereint.

Meister Makani

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Spiegel des Unterbewußtseins

Legenden kommen nicht aus dem Nichts, und Legendenhaben auch nicht unbedingt nur etwas mit der Vergan-genheit zu tun. Sie entstehen im Hier und Jetzt, immerzu

und zu jeder Zeit. Es ist dem Zeitgeist nur angemessen, daß inder Epoche des weltumspannenden Informationsflusses, in derbeliebige Informationen im Bruchteil einer Sekunde um denGlobus rasen, sich auch Legenden schneller bilden - und schnel-ler etablieren - als dies in der Vergangenheit der Fall war. Undwie ich schon sagte: Legenden kommen nicht aus dem Nichts.Sie spiegeln immer unsere bewußten und unbewußten Träumeund Sehnsüchte wieder, sie enthalten die verborgenen Wün-sche und Werte unserer Zeit und verarbeiten unsere Ängsteund Seelenqualen.

Legenden sind so etwas wie die Spiegel des kollektivenUnterbewußtseins ganzer Kulturen. Star Wars - der Krieg derSterne - ist bereits jetzt eine solche Legende. Star Wars ist ingewisser Weise ein Teil des gemeinsamen Kulturerbes zweierganzer Generationen am Ende des letzten Jahrhunderts deszweiten Jahrtausends einer mehr und mehr globalisierten Welt.

Labyrinth der Illusionen

In unserer realen Welt hat die dunkle Seite der Machtüberhand genommen, und jedwede Rebellion dagegenscheint aussichtslos geworden zu sein. Zu übermächtig ist

das würgende, schier endlose Netz aus Geld und Bürokratie,

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aus sinnentleerten Sachzwängen, in dem wir gefangen unddem Erstickungstode nahe zur völligen Bewegungslosigkeit ver-dammt zu sein scheinen. Offenbar wird alles, was wir tun,fremdbestimmt. Nur die Freiheit, uns aussuchen zu können,wofür wir unser Geld ausgeben, ist uns geblieben. Alles ist tot,flach, hohl, sinnlos, und viele suchen Zuflucht in oberflächli-chen Vergnügungen, in hemmungslosem Konsum, endlosenParties, Sex, Alkohol und Drogen, um für einen kurzen Augen-blick den Kick der Extase auszuleben und zu vergessen, wiesinnlos und leer das Leben ist.

Sehnsucht nach Sinn und Romantik

Die mehr und mehr zu einer Masse bloßer Konsumen-ten verkommene Menschheit scheint zur Gänzepsychotisch geworden zu sein, lechzend nach jedem

noch so kleinen Krümel Sinn, blind jedem Romantik verheißen-den Werbespot folgend, der wenigstens einen winzigen Ein-blick in eine scheinbar höhere Wahrheit und heilere Welt zugewähren vermag.

Aber gibt es tatsächlich keinen Ausweg aus diesem La-byrinth der Illusionen? Die Legende des Sternenkrieges, dieLegende der Jedi Ritter zeigt uns einen anderen Weg, undjeder von uns ist tatsächlich völlig frei, diesen Weg zu gehen.Dieser Weg ist der Weg der Phantasie und der inneren Stärke.Es ist der Weg der Werte. Der Weg des Geistes. Der Weg desHandelns und des Seins.

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Selbsterwählte Finsternis

Gerüchten zufolge hat George Lucas in „Star Wars“seine eigene „dunkle“ Kindheit und sein anscheinendungewöhnlich schlechtes Verhältnis zu seinem Vater

verarbeitet. Die gesichtslose, maskierte Verkörperung des ab-soluten Bösen wird demzufolge auch zu Darth Vader, demdunklen Vater, dessen Sohn sich ihm stellen muß, wenn ererwachsen werden will. Aber vergessen wir nicht, die Dingesind selten, was sie scheinen, und wir selber sind unserenEltern oft ähnlicher, als wir es wahrhaben wollen. In „The Em-pire Strikes Back“ versagt Luke während seines Jedi Trainingsunter Yoda und folgt für einen Augenblick den Eingebungenseiner Wut und düsteren Instinkte, nur um bestürzt festzu-stellen, daß sich hinter der Maske des Bösen auch er selberverbergen kann.

Die dunkle Seite der Macht, das Böse in allen ihren Ausprä-gungen, hat nur Einfluß auf den, der es zuläßt. Der Teufelkann nur den verführen, der sich auch verführen läßt. Nur wersich aufgibt, wer aufhört zu denken, aufhört, sich selber inFrage zu stellen und sich von Wut, Arroganz, Gewinnsuchtund Vorurteilen leiten läßt, der wird endgültig von der Dunkel-heit eingeholt.

Jedem von uns steht es frei, aus dem Schatten einer solchenim Grunde selbsterwählten Finsternis herauszutreten, denn derrichtige, der wahre Weg, den jeder von uns beschreiten kann,ist der Weg des Lichts.

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Kosmische Freiheit

Star Wars ist der Kampf des Guten gegen das Böse,der Kampf des Lichtes gegen die Dunkelheit. In jedemvon uns steckt ein kleiner Rebell, der heraus will, um

für seine eigenen Rechte und Freiheiten zu kämpfen. Für un-sere geistige Gesundheit ist es unerläßlich, ihn zu kultivieren,zu füttern und zu pflegen. Ihn völlig zu unterdrücken und zuignorieren, kommt einer geistigen Selbstverstümmelung gleich.

Jeder von uns hat schließlich ein erstaunliches Gehirn.Ungefähr zehn hoch dreiundzwanzig Synapsenverbindungensummen und klicken dort unerläßlich vor sich hin, in etwasoviele, wie es Sterne im gesamten bekannten Universum gibt.

Jeder von uns besitzt demnach ein Bewußtsein von phan-tastischen, ja wahrhaft kosmischen Ausmaßen! Wenn es wirk-lich so etwas wie eine sträfliche Sünde gibt, dann ist es wohldie, dieses unfaßbare Potential vollständig brachliegen zu las-sen oder zum bloßen Fernsehglotzen, Tratschen und Formula-re ausfüllen zu verwenden.

Es sollte auch nicht verwundern, daß Lebewesen, vondenen jedes einzelne sozusagen ein ganzes Universum in sei-nem Kopf beherbergt, sich nicht allzu gerne sagen lassen, wassie zu tun und zu lassen haben. Für kaum etwas wird in unse-rer Zeit deshalb soviel Mühe verwandt, wie für die Manipulati-on von Menschen.

Aber der geschätzte Leser hat ein ganzes, einzigartigesUniversum mit ungeahnten Möglichkeiten unter seiner Schä-deldecke! Nutze er die damit einhergehenden Fähigkeiten wei-se!

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Der Wert eines Menschen

Ein winziges Raumschiff flieht durch das All. OhneUnterbrechung wird es von gleißenden Energiefingernverfolgt, die ihren Ausgangspunkt auf einem gigantischen

und übermächtigen Schlachtkreuzer des dunklen Imperiumshaben. Wer von uns fühlt sich nicht des öfteren so: Man kannlaufen, aber man kann nicht entkommen. Es gibt keinen Ort,an dem man sich verstecken kann, an dem man einfach nurseine Ruhe hätte, an dem man einfach nur man selbst, nurMensch sein kann. Die gleißenden Finger zerstörerischer En-ergie verfolgen uns allmächtig, sogar bis hinein in unsere Alp-träume. Wir haben keine Lebensberechtigung, wenn wir nichtFormulare ausfüllen. Wir haben keinen Wert, wenn unser Kon-to leer ist. Wir sind nichts, wenn wir nichts haben.

Aber das ist ein Irrtum, denn der Wert eines Menschenhat mit seinem Besitz nichts zu tun, er ist unabhängig vonseiner materiellen Macht und seinem politischen Einfluß. Nurdiejenigen, die bereits Macht und Einfluß haben, möchtenuns glauben machen, daß wir wertlos sind, denn wer sich kleinund wertlos fühlt, stellt keine Gefahr dar und läßt sich leichtkontrollieren, läßt sich wie ein folgsames Hündchen an derLeine herumführen.

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Ein gefährliches Wort

Wie Darth Vader, der „dunkle Vater“, die finstereSeite der Macht skrupellos einsetzt, um jedwedenWiderspruch im wahrsten Sinne des Wortes zu er-

sticken, so hängen wir an den unsichtbaren Fäden der in un-seren Köpfen installierten Wünsche, Sorgen, Komplexe undÄngste. Wie Marionetten tun wir brav das, was von uns erwar-tet wird, ohne es in der Regel überhaupt je zu bemerken, ohneuns dessen bewußt zu werden.

Doch dies ist ja so leicht zu ändern. Es ist wirklich ganzeinfach. Jeder kann es! Alles was man tun muß ist, seine men-talen Augen zu öffnen und sein gigantisches geistiges Potenti-al zu nutzen. Vor nichts haben die Meister der dunklen Seitealler Zeitalter mehr Angst als davor, daß wir unsere geistigenAugen entdecken und den Unterschied zwischen Licht undSchatten zu ahnen beginnen.

Es gibt ein machtvolles Wort, vor dem das Böse sich inpanischer Furcht windet, ein Wort für die Öffnung der geisti-gen Augen. Ein großes Wort. Das Wort ist sogar Bestandteildes Namens unserer Spezies, und es beschreibt diese eineFähigkeit, die uns ausmacht, die uns von anderen Lebewesenunterscheidet. Es ist eine Tätigkeit und eine unfaßbare, faszi-nierende Fähigkeit, die uns von der Natur mitgegeben wurde.Und dieses Wort, dieses unglaubliche, machtvolle und gefähr-liche Wort heißt:

DENKEN!

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Denken führt zu Wissen, und Wissen schließlich verleiht unsMacht über unser eigenes Schicksal, ja sogar Macht über dasSchicksal anderer und Macht über die Welt. Mit dieser Machtkommt Freiheit, aber auch große Verantwortung. Kaum etwasist jedoch so kompliziert und so anstrengend wie wirklichesDenken, aber es ist absolut notwendig für den, der die wahreFreiheit und wirkliche Antworten sucht. Ähnlich wie Obiwan zuLuke Skywalker sagte: Es ist der erste Schritt in eine größereWelt. Und so fängt er an, der Weg der Jedi für uns Erdlinge...

Geistige Augen

Sobald man einmal seine geistigen Augen öffnet,tatsächlich zu denken beginnt und einige einfacheGrundprinzipien verstanden hat, kann man die Reise

des Lichtes nach dem Vorbild der Jedi Ritter und so manchermystisch anmutender und dennoch sehr realer irdischer Tradi-tionen beginnen. Aber es ist wichtig, sich vor Augen zu halten,daß hier tatsächlich diese Reise erst startet. Sie dauert einLeben lang, und wahrhaftig: sie ist voller Gefahren und Un-wägbarkeiten.

Die Grundlagen der Lehren und Ideale der Jedis bildentatsächlich auch die Grundlagen vieler irdischer Kulturen rundum den Globus. Sie wurden unabhängig voneinander bereitsvor langer, langer Zeit von Suchenden und Weisen fast allerVölker entwickelt und über Jahrtausende hinweg mit ungeheu-rer Geduld und Selbstdisziplin erforscht und verfeinert.

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Erst in unserer Zeit ist es ansatzweise möglich, die über riesi-ge Zeiträume gesammelten intuitiv-intellektuellen Erkenntnis-se und Erfahrungen der alten Zeiten mit den systematisch ge-wonnenen - aber in sich seelenlosen und deshalb gefährlichen- Fakten und Daten der modernen Wissenschaft zu vereinen.Erst heute stehen wir an der Schwelle neuer Erkenntnisse undEinsichten, die uns auf eine neue Ebene des Bewußtseins an-heben können, oder aber uns in ein Zeitalter absoluter Dunkel-heit führen. Es liegt - wie immer - bei uns.

Auf dieser neuen Ebene können das objektiv Wissbareund das nur subjektiv Erfahrbare vereint werden und sich inihrer Wirkung potenzieren. Doch die Gefahr ist groß, daß derfalsche, der einfache, und letztlich der dunkle Weg eingeschla-gen wird, der uns alle in das endgültige, das letzte Verderbenführen kann.

Dies geschieht, sobald wir aufhören, allumfassend zudenken, sobald wir uns nur noch von anderen leiten lassenund aufhören, Fragen zu stellen.

Kaum etwas auf dieser Welt ist, was es zu sein scheint, undes ist wichtig, sich selbst und seine eigenen Entscheidungenimmer und zu jeder Zeit sorgfältig zu beobachten und in Fragezu stellen.

Sei Dir niemals Deiner selbst zu sicher!

Glaube niemals blind, was Du hörst oder siehst oder zu sehenund zu wissen meinst!

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Wisse, daß nichts leichter ist, als sich in der Kompliziertheitder Realität zu verirren, sich von scheinbar sicheren Faktenverwirren zu lassen und so zu falschen Schlüssen zu gelan-gen.

Ein Universum im Kopf

Wir tragen ein ganzes Universum in unseren Köpfen,und es ist wahrhaftig keine leichte Aufgabe füreinen kleinen Menschen, Meister seines eigenen

Kosmos zu sein und zusätzlich noch die gesamte äußere Weltim Auge zu behalten, ohne dabei in vollständiger Verwirrtheitzu enden. Ein alter lateinischer Merksatz der Sensualisten lau-tet: „Nihil es in intellectu, quod non prius fuerit in sensu“.Nichts ist im Verstand, das nicht vorher in den Sinnen war.Obwohl wir heute wissen, daß dies nicht völlig richtig ist, daßder menschliche Geist durchaus imstande ist, aus sich herausetwas hervorzubringen, hat dieser Satz Gültigkeit.

Zu jedem Zeitpunkt werden unsere Gedanken und Vor-stellungen neu geformt aus äußeren Eindrücken und innerenEinflüssen wie Wissen, Erfahrungen, Gefühlen. Alles ist im Fluß.Alles unterliegt ständiger Wandlung. Ewige Veränderung ist inder Natur die einzige konstante Größe. Morgen kann falscherscheinen, was heute noch eindeutig gut und richtig war.Allzu häufig auch gibt es keine klaren Wahrheiten, gibt es keineindeutiges „Gut“ und „Böse“, sondern lediglich unterschied-liche Blickwinkel, aus denen eine Sache betrachtet wird.

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Immanuel Kant hat Aufklärung als „Ausgang aus der selbst-verschuldeten Unmündigkeit“ definiert, und das Zeitalter derAufklärung zeichnete sich dadurch aus, daß man die Machtdes Verstandes des Einzelnen entdeckte. Dieses Zeitalter wirdim englischsprachigen Raum als „Enlightenment“ bezeichnet,was tatsächlich im wörtlichen Sinne „Erleuchtung“ bedeutet.

Die Legende lebt...

Auf der ersten Seite des Buches zur ursprünglichenStar Wars Trilogie steht geschrieben:

„(...) Einst blühte und gedieh die Republik unter der weisenHerrschaft des Senats und dem Schutz der Jedi Ritter. Aberwie so oft, wenn Reichtum und Macht über das Bewunde-rungswürdige hinauswachsen und das Staunenerregende er-langen, tauchen jene Bösen auf, deren Habgier das gleicheMaß erreicht.“

Habgier ist hier das Schlüsselwort. Das Imperium ist an irgendeinem Punkt zu irgend einer Zeit in einen Zustand geraten, indem ausschließlich dem Haben, dem Besitz und dessen krank-hafter Vermehrung Bedeutung beigemessen wird. Dabei wirddann völlig übersehen, daß etwas zu haben und zu besitzenkein Zweck aus sich selbst heraus ist, sondern bestenfalls einMittel zum Zweck sein kann. Und welchen Zweck könnte eswohl erfüllen, etwas zu haben, das man gar nicht braucht?Und woran erkennt man überhaupt, was man braucht?

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Die Habgier ist eine tückische Falle. Wir Menschen haben dasnatürliche Bestreben, uns zu behaupten, uns zu verbessernund mit unseren Mitmenschen zu messen. Das ist zunächsteinmal eine völlig natürliche und gesunde Sache, und es warauch schon immer so. Allerdings hat sich in diesem Jahrhun-dert bei uns auf der Erde eine neue Art des Wettbewerbs ent-wickelt, die weder harmlos noch sinnvoll ist. Menschen mes-sen nicht mehr ihre Fähigkeiten, sondern vergleichen in stän-diger Unzufriedenheit die Menge ihres materiellen Besitzes,ihrer Habe, miteinander, was natürlich niemals zu dem führt,wonach sie eigentlich suchen: Zufriedenheit. Stattdessen istder Mensch immerzu gestresst und frustriert und muß nochmehr kaufen, wozu er noch mehr Geld benötigt und noch mehrvon seiner ungeliebten weil in der Regel absolut sinnlosen undunbefriedigenden Arbeit tun muß.

Menschen im Einklang

Wenn man sich dagegen Menschen ansieht, die sichim Einklang mit sich selbst befinden, die ruhig,zufrieden und glücklich sind, dann stellt man fest,

daß es diese Menschen nach keinerlei materiellem Besitz ver-langt. Sie messen überflüssigem materiellem Besitz, sinnlo-sem Kitsch und Tand oder dem quälenden Marketingdiktat,genannt Mode, keinerlei Bedeutung zu, weil diese Dinge fak-tisch tatsächlich keinerlei Bedeutung haben.

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Sieht man sich die Jedi an, dann sind einige Eigenschaftenoffensichtlich, und dazu gehören innere Ruhe und Zufrieden-heit. Ein ausgebildeter Jedi ist völlig mit sich selbst im Reinen.Jedi verzichten nicht etwa auf die angeblich angenehmen Din-ge des Lebens, sondern sie verspüren tatsächlich keinerleiVerlangen danach. Ob das Leben angenehm und lebenswertist, hat nun wirklich nichts mit dem Anhäufen von Dingen zutun. Das Verlangen nach dem Besitz von überflüssigen Luxus-artikeln ist lediglich eine Instruktion von außen, eine geschick-te Manipulation, die dem materiellen Reichtum einiger wenigerdienstbar ist.

Obiwan Kenobi hat vorgemacht, wie leicht es ist, die,die schwach sind im Geiste, zu beeinflussen. Diejenigen, dienur nach Besitz gieren, sind in Star Wars denn auch dieschwächsten Charaktere, die keine wirklichen Gegner für ei-nen Jedi darstellen. Gangster wie Jabba the Hut, Kopfgeld-jäger wie Boba Fett oder Spieler und Schmuggler wie Landound zu Anfang auch Han Solo. Alle anderen Charaktere habenwichtigere Dinge im Sinn, als Reichtümer anzuhäufen oder sichdekadenten Vergnügungen zu widmen. Auch für die aller-schlimmsten Bösewichte - wie etwa Darth Vader oder den bösenImperator - ist materieller Besitz bedeutungslos und allenfallsein Mittel zum Zweck. Für sie zählt einzig und allein Macht.Die Jedi hingegen suchen nach Wahrheit, Harmonie und Voll-kommenheit. Han Solo wird schließlich ebenfalls geläutert underkennt, daß Geld eben nicht wichtig ist. Es sind Menschenund Ideale, die zählen, und Ideale haben wieder etwas mitDenken und mit Fühlen zu tun und damit, sich für etwas zuentscheiden, das über die jämmerliche Frage, ob man nun

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Coke oder Pepsi bevorzugt oder ob man lieber zu Burger Kinggeht als zu Mac Donalds, weit hinausgeht. Wie Yoda sagte:„Es nicht nach solchen Dingen verlangt den Jedi.“

Jedi sind Leute der Tat

Der chinesische Meister Lao Tse, einer der Mitbegrün-der des Taoismus, hat bereits vor 2500 Jahrenerkannt, daß der Sinn im Tun und im Nicht-Tun eines

jeden liegt. Jedi Knights sind Menschen der Tat und der Nicht-Tat. Ein Jedi hockt sich nicht hin, ergibt sich in sein Schicksalund jammert darüber, wie schrecklich ungerecht die Welt ist.Ein Jedi TUT etwas, und diese Taten basieren auf tiefen Ein-sichten, großen Fähigkeiten und erheblichem Sachverstand.Man darf dabei nicht vergessen, daß die fortwährende Arbeitan sich selbst, die immerwährende Verbesserung der eigenenFähigkeiten und des eigenen Wissens, ebenfalls eine Tat ist.Zugleich kann man einen Menschen auch nach dem beurtei-len, was er NICHT tut. Vom bloßen Herumlungern auf der Couchund durch den Massenkonsum flachgeistiger televisionärerKonservenkost, während man sich gleichzeitig mit künstlicher,genmanipulierter Industrienahrung vollstopft, wird sich wohlkaum je etwas auf dieser Welt zum Guten ändern, am allerwe-nigsten man selbst.

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Ein Jedi „Padawan“ (Schüler) dagegen macht es sichnicht leicht. Jeder, der schon einmal für irgend etwas schwergearbeitet hat, von dem er überzeugt war, weiß aber, daß eskaum etwas Schöneres gibt. Die lauten, bunten Phantasie-spiele der Konsumwelt sind dafür nur ein schaler Ersatz.

Aber kann man tatsächlich die Philosophie der Jedi Knights aufdas wirkliche Leben übertragen? Selbst in Star Wars kann nichtjeder ein Jedi sein, sondern dieser Weg bleibt nur einigen we-nigen besonders begabten Wesen vorbehalten. Zumindest kannman sich immerhin ein Ideal ausmalen, in dessen Richtungman strebt. Wir werden sehen.

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Anakin = Darth Vader - wie können wir wissen, wer oder was wirwirklich sind?

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Zweites BuchDas Buch vom Sein

Jeder Atemzug, jeder Herzschlag ist Teil des Ganzen - allesist eins, und nur das Leben zählt.

Meister Makani

Der Weg zum Tun ist zu sein.

Lao Tse

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Einfache Fragen?

Was sind wir? Diese scheinbar profane Frage istvielleicht zugleich die schwierigste, die man überhaupt stellen kann. Weder unsere klassische Philo-

sophie noch unsere moderne Wissenschaft hat bisher irgendeine wirklich befriedigende Antwort geben können. Was in al-ler Welt sind wir? Sind wir Geschöpfe Gottes? Sind wir nichtsals seelenlose, biochemische Maschinen, die sich lediglich durchdie ebenso seelenlosen Gesetze von Zufall und Notwendigkeitentwickelt haben und nur chemisch-biophysikalischen Prinzi-pien gehorchen? Sind wir tatsächlich Teil von irgendetwas Grö-ßerem oder ist derlei nur romantisches Wunschdenken undesoterischer New-Age Unfug? Die Macht, bzw. „The Force“,was eigentlich besser als „Die Kraft“ übersetzt werden sollte,ist in Star Wars ein mystisches Energiefeld. Laut Obiwan undYoda umgibt und durchdringt es nicht nur alle Bewohner desUniversums, sondern es geht zugleich von allen lebenden We-sen aus. Die Rede ist also von einem Kraftfeld, das durch dasLeben selbst erzeugt wird, eine Kraft, die alle Lebewesen mit-einander verbindet. Im Buddhismus ist dies ein bekanntesKonzept. Ich werde später untersuchen, ob es so etwas auchaus wissenschaftlicher Sicht wirklich gibt oder geben könnte.Zuvor jedoch ist es notwendig zu überlegen, wer wir sind,denn diese Frage geht der Frage nach dem „Was“ voraus.

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Nichts kommt von Nirgendwo

Wie unterscheidet sich der Luke Skywalker, der sichvor der Ermordung seiner Tante und seines Onkelsdurch imperiale Sturmtruppen auf Tattoine nach dem

Weltraum sehnt, von dem Luke, der uns in „Return of theJedi“ begegnet? Anfangs ist Luke nichts weiter als ein unge-stümer Bengel, der vor allem Vergnügen und aufregende Aben-teuer im Kopf hat. Er träumt davon, sich den Rebellen gegendas Imperium anzuschließen, aber scheinbar weniger aus Idea-lismus, denn aus schierer Langeweile. Und dann gibt es nocheinen anderen Grund: Es ist schlicht hip. Cool würde man heu-te wohl sagen. Tatsächlich ist der später so legendäre LukeSkywalker zu Beginn des Star Wars Epos offenbar ein Expertefür Wüstenfeldbau und Bewässerung. Mit anderen Worten:Luke Skywalker ist zunächst einmal gelernter Landwirt, einDurchschnittsbürger mit wenigen oder gar keinen Kenntnissenüber die großen Zusammenhänge seiner Welt. Soweit wir esuns ausmalen können, besuchte er vermutlich ganz normal dieSchule, ging anschließend bei seinem Onkel in die Lehre underlernte immerhin einen, wie man wohl sagen könnte, ordent-lichen Beruf.

Nichts kommt von nirgendwo, und als Luke schließlichvom Schicksal ins Zentrum der Ereignisse und auf den Jedi-Pfad geschubst wurde, da hatte er bereits eine abgerundetePersönlichkeit, auch wenn er sich dessen vielleicht nicht be-wußt war und sich auch nicht sonderlich viel daraus machte.Es ist wichtig zu verstehen, daß man nicht einfach am Endeeines Weges anfangen kann. Wer Meisterschaft in irgend ei-

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nem X-beliebigen Bereich anstrebt, der muß zuvor eine langeund zumeist wenig aufregende Lehrzeit durchlaufen, und einJedi ist vor allem ein Schüler des Lebens. Nicht jeder hat zu-dem die gleiche Begabung, aber jeder kann sich bemühen, sogut wie möglich er selbst zu sein und das Beste aus seineneigenen Fähigkeiten zu machen. Jeder Mensch kann Malenlernen, aber nicht jeder wird ein Michelangelo. Jeder Menschkann lernen, ein Instrument zu spielen, aber kaum ein Menschwird je das Zeug zu einem zweiten Mozart haben. Dennochkann ein Durchschnittsmensch, der an sich arbeitet, Leistun-gen erbringen, die noch weit über die eines faulen und unmo-tivierten Hochbegabten hinausgehen. Also - man übe sich inGeduld, habe keine Angst und werde man selbst, und dies sogut, wie man nur kann! Wie Meister Yoda so gerne sagt: „Angstund Ungeduld - die Verbündeten der dunklen Seite sind sie.“

Illusionen und harte Arbeit

Der Luke Skywalker, der in „Return of the Jedi“ seineFreunde aus den Händen Jabbas befreit und derschließlich ruhig und selbstbewußt dem dunklen Impe-

rator gegenübertritt, ist eine gänzlich andere Person - und istes auch wiederum nicht. Luke ist reicher an Erfahrungen undFähigkeiten und ärmer an Illusionen. Durch harte Arbeit ansich selbst, aber auch durch schwere persönliche Verluste unddie Einsicht in die eigenen Fehler hat er Einblicke in die tieferenZusammenhänge der Welt gewonnen, die anderen Menschenverwehrt bleiben. Zum einen wird dies mit seiner speziellen

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Begabung erklärt. Die „Macht“ sei stark in seiner Familie, heißtes. Aber ich denke, der Hauptgrund ist der, daß Luke tatsäch-lich die Lehren, die ihm das Leben bietet, auch annimmt. Zwarheißt es, aus Fehlern lernt man, doch ist dies eine romanti-sche Illusion, denn auch aus Fehlern zu lernen bedeutet, sichzum unabhängigen und unvoreingenommenen Denken und zurSelbstkritik zu überwinden. Dies jedoch scheint nur wenigenMenschen je zu gelingen. Man kann aus Fehlern mehr lernen,als aus irgend etwas sonst, allerdings haben die meisten er-wachsenen Menschen diese grundlegende Fähigkeit im Laufeder Zeit offenbar aufgegeben. Selbst das genaue Wissen umdie absolute Falschheit einer Handlung hält Menschen seltenvon ihr ab. Gier, niedere Triebe und falsche Glaubenssystemebehalten stattdessen die Oberhand.

Die Landschaft der „Macht“

Um eine Antwort auf die Frage zu finden, wer wireigentlich sind, ist es notwendig, uns in eine Positionzu begeben, in der wir einen besseren Überblick über

uns selbst haben. Stellen wir uns vor, unsere gesamte Persön-lichkeit sei eine Art Landschaft mit Hügeln und Flüssen, mitWäldern, Seen und Wüsten, mit Kreisläufen vielerlei Art undeiner Vielzahl von verschiedenen Dingen, die sich alle gegen-seitig beeinflussen. Selten haben wir selbst über unsere eige-ne Persönlichkeit einen vollständigen Überblick. Wir bewegenuns in den Tälern zwischen den Bergen, wir laufen am Flußentlang oder verbergen uns in den Wäldern unseres Verstan-des.

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Um aber zu erkennen, wer wir als Ganzes sind, ist es notwen-dig, diese gesamte Landschaft zu überblicken, denn nur sokann man erkennen, wie die verschiedenen Dinge zusammen-hängen. Selbsterkenntnis ist so etwas wie ein virtueller Vogel-flug über die eigenen mentalen Ländereien. Beflügelte Gedan-ken gleiten durch geistige Wolken und über sonnendurchflute-te Ebenen dahin, innere Augen sehen gesunde Natur und zer-narbte, verseuchte Landstriche, die den eigenen Seelenqualenentsprechen.

Selbsterkenntnis bedeutet, sich zu fragen, was man ist,wer man ist und was man will, sich vor allem zu fragen: war-um? Was ist die letztendliche Ursache dafür, daß ich irgendetwas Bestimmtes tue, daß ich irgendein bestimmtes Verlan-gen habe? Schnell zeigt sich dann unsere Fremdbestimmtheit,zeigt sich, daß nur wenige unserer Begierden und Verlangenaus uns selbst heraus entstanden sind, daß letztlich nur weni-ge unserer Handlungen auf unseren eigenen Entscheidungenberuhen.

An diesem Punkt muß man tiefer forschen, muß erken-nen, wo unsere innere Landschaft mit der der äußeren Weltverknüpft ist. Wer wäre ich, wenn ich völlig frei entscheidenkönnte? Wer wäre ich, wenn ich in einer anderen Umgebunggeboren und aufgewachsen wäre? Oder wenn ich alleine wäreauf der Welt - wie würden sich meine Handlungen, meine Be-gierden und meine Entscheidungen von meinem tatsächlichenLeben unterscheiden?

In Star Wars wird auch die Macht mindestens einmal alseine Landschaft beschrieben. Im Buch zur Episode 1 heißt es,„Qui Gon Jinn suchte die Landschaft ab. Die von Tatooine mitseinen Augen - die der Macht mit seinem Geist.“

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Verwirrende Suche

Für sehr viele Menschen ist bereits das Unterfangen,sich auf die Suche nach dem eigenen Selbst zu bege-ben, dermaßen anstrengend und verwirrend, daß sie es

sofort wieder aufgeben oder aber erst gar nicht versuchen.Andere mögen sich weit hinauswagen auf das Meer des eige-nen Geistes, nur um sich schließlich zu entscheiden, daß esletztlich doch viel bequemer, angenehmer und auch wesent-lich sicherer ist, die Entscheidungen über Ziele und einzuschla-gende Kurse von anderen fällen zu lassen. Freiheit und Selbst-erkenntnis sind mit Mühe und Verantwortung verbunden - eineMühe und Verantwortung, der sich nur wenige Menschen un-terziehen mögen. Dabei käme diese Mühe uns ganz natürlichvor, wenn wir von Anbeginn unseres Lebens an in dem selbst-verständlichen Bewußtsein erzogen würden, daß Selbsterkennt-nis und Selbstverwirklichung die eigentlichen Ziele des Lebensdarstellen. Wie können wir erwarten, in der Kunst der Selbst-erkenntnis von Menschen geschult zu werden, die selber ineiner eingeschränkten Welt aus künstlichen Zwängen und Not-wendigkeiten gefangen sind?

Jedi Lehrlinge

Wir sind die Summe unserer Erfahrungen, unseresWissens und der äußeren Einflüsse, die ohneUnterbrechung auf uns einwirken. Was uns gewöhn-

liche Durchschnittsmenschen vom Idealtypus des Jedi unter-

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scheidet, ist zunächst einmal unsere ausgesprochen unsyste-matische Lebensweise und die ebenso unsystematische Artunserer Erziehung. Die Erziehung eines Jedi beginnt im aller-frühesten Kindesalter. Der Jedi Lehrling wird schon als Klein-kind entdeckt und in die Obhut eines Jedi Meisters gegeben,der ihn für zwanzig und mehr Jahre auf seinem „Weg in einegrößere Welt“ begleitet. So ein Jedi Lehrling hat sicherlich keineinfaches Leben. Er hat aber den unschätzbaren Vorteil, voneiner Persönlichkeit geführt zu werden, die ihr Leben der Su-che nach Wahrheit, Selbstverwirklichung und Balance widmet.

Der Jedi Meister befindet sich in einem Zustand der Ba-lance mit sich selbst und der ihn umgebenden Welt. Er dientals ideales, fast perfektes Vorbild. Welcher durchschnittlicheMensch kann dies wohl von sich behaupten? Welches Kindwürde sich nicht einen persönlichen Meister wünschen, der esbei der Hand nimmt und ihm die Welt erklärt, der auf alles eineAntwort weiß und der immer für es da ist? So etwas gibt esfür die meisten von uns leider nicht. Stattdessen wird dasLeben der Familien von echten oder eingebildeten materiellenSorgen und äußerlichen Notwendigkeiten dominiert, und sel-ten nur spielen irgendwelche höheren Ideale eine Rolle im Le-ben der Menschenkinder und ihrer Erziehung. Als Folge derAnforderungen unserer Gesellschaft sind Kinder für ihre Elternzwangsläufig kaum mehr als eine anstrengende und zeitrau-bende Nebenbeschäftigung. Entsprechend ist die Erziehung undFührung des normalen Menschenkindes im besten Falle un-vollkommen und führt im schlechtesten Falle zu schwerenmentalen Schäden.

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Die wehrlose Kinderseele wird heutzutage ungeschützt dergeballten Marketingmacht der Massenmedien zum Fraß vor-geworfen.

Geistige Energie

Kinder erkennen dabei sehr wohl, wer tatsächlich eineAutorität ist und wer sie sich lediglich anmaßt. Siespüren es, wenn jemand mit sich selbst nicht im Rei-

nen ist und von Unsicherheit, Sorgen, Ängsten und Begierdengetrieben wird. Eine ausgeglichene Person strahlt auch ausge-glichene Ruhe, Vertrauen und Autorität aus. Jeder hat schonsolche Menschen kennengelernt, bei denen man eine innereStärke spürt, die aus Wissen und Ausgeglichenheit hervor-geht, so, als besäßen sie Zugang zu einer geheimnisvollen undniemals versiegenden geistigen Energiequelle. Dabei kommt esinteressanterweise gar nicht darauf an, was ein Mensch be-sitzt, welchen beruflichen Werdegang er hinter sich hat oderwelche gesellschaftliche Stellung er innehat.

Ich erinnere mich an eine hawaiianische Familie mit sechsKindern. 1994 wohnte ich im Executive Centre in Honolulu,und eines schönen Tages kam ich auf die Terrasse, wo eineFamilie von der Insel Kauai es sich gemütlich gemacht hatte.Es waren einfache, freundliche Leute, Farmer, die kaum Eng-lisch sprachen. Aber eines der jüngeren Kinder - ein etwa sechs-jähriges Mädchen mit dem Namen Aloha - war ganz offen-sichtlich irgendwie anders. Sie sprach akzentfreies Englisch,und man konnte sich mit ihr unterhalten wie mit einer Erwach-

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senen. Sie wußte über Dinge Bescheid, von denen viele Men-schen, die dreimal so alt sind wie sie, nichts ahnen. Die Muttererklärte mir, daß ein traditioneller Priester sie bereits als Baby„entdeckt“ und ihnen mitgeteilt hatte, das Kind sei besondersbegabt, woraufhin das Mädchen dann auch besonders geför-dert wurde.

Nun mag es sich dabei um eine sich selbst erfüllendeProphezeiung handeln, aber das Resultat spricht für sich underinnert durchaus ein wenig an die Jedi-Praxis. Und tatsäch-lich gab es eine Kaste unter den alten Hawaiianern, die denJedi in gewisser Weise ähnlich war. Dies waren die „Kahuna“oder „Hüter des Geheimnisses“, und in Legenden werden ih-nen Fähigkeiten zugeschrieben, die denen, die den Jedi durchdie Beherrschung der „Macht“ verliehen wird, recht nahe kom-men. Sie waren die Priester und Gelehrten dieser Kultur, wasnur ein Beispiel für die vielen Jedi-ähnlichen Traditionen ist.

Die Menschen mit der beschriebenen Art von innererAutorität und Kraft, die ich bisher kennengelernt habe, reichenvom erwähnten kleinen Hawaiimädchen über einen Obdachlo-sen in Honolulus Chinatown oder einen Ex-Marine, der zumZen Lehrer wurde, bis hin zu einem meiner Vorbilder, einemder weltweit produktivsten Schriftsteller unserer Zeit.

Es ist vielleicht so, wie Lao Tsu es sagt: Der Weg zumTun ist Sein. Wenn das, was wir tun, immer seinen Ursprungin dem hat, was wir in unserem tiefsten Innern sind, dann istdies ein Ausdruck von Balance und großer Zufriedenheit. Zu-friedenheit enthält das Wort Frieden, und Frieden kann mannicht besitzen. Frieden ist ein Zustand, und ein zufriedenerMensch befindet sich im Zustand des völligen Friedens mit

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sich selbst und mit seiner Umgebung. Der Besitz von Dingenerzeugt immer nur eine scheinbare Zufriedenheit, eine kurzfri-stige Ablenkung vom eigenen Unglück, die keinesfalls von Dauerist. Mich erinnert dies an die Sage des griechischen Königs-sohns Erysichthon. Eines Tages wollte er Holz in einem heili-gen Wald der Erdgöttin Demeter schlagen, um sich darauseinen Festsaal zu bauen. Die Göttin warnte ihn davor, die heil-gen Bäume zu fällen, er aber sagte, daß er die Bäume unbe-dingt für seinen Festsaal benötige und ignorierte die Warnungder Erdgöttin. Allerdings zeigte sich, daß man sich wohl liebernicht mit Mutter Erde anlegen sollte. Demeter legte einen Fluchauf den flegelhaften Prinzen, der von nun an so viel essenkonnte, wie er wollte: sein Hunger wurde niemals gestillt. AmEnde riß er sich in seiner Gier seine eigene Haut vom Körperund fraß sich selber auf. Egal, wieviel er also hatte - er war niezufrieden. Interessanterweise zeigt sich tatsächlich in unsererWelt, daß die Unzufriedenheit der Menschen in den reichstenLändern am größten ist.

Entscheidungen

Aber zurück zur ursprünglichen Frage. Wer also sindwir nun? So unbefriedigend dies erscheinen mag: DieAntwort auf diese Frage muß jeder einzelne selber fin-

den. Zufriedenheit ist das, wonach ein jeder sucht, und allzuleicht gefangen sind wir alle in einem Netz aus Gier, Manipula-tionen und Irrtümern. Der Weg - würde Yoda sagen - zur dunk-len Seite sind sie. Aber eines ist klar: Niemand kann einem die

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Verantwortung dafür abnehmen, wer man ist. Man kann sichdafür entscheiden, dem Diktat anderer zu folgen. Man kannsich dafür entscheiden, sich manipulieren und ausbeuten zulassen, und man kann sich auch dafür entscheiden, nicht zudenken. Doch die Verantwortung dafür - und für alles Übel,welches aus dem, was man ist oder wird, erwachsen mag -liegt bei jedem einzelnen selbst. Somit ist jeder auch für seineigenes Glück oder Unglück selber verantwortlich und häufigauch für das Glück und Unglück vieler anderer Wesen, dennniemand existiert allein und niemand ist getrennt von allenanderen Dingen.

Noch einmal Yoda auf Lukes Frage, wie man denn nun die gutevon der schlechten Seite der „Macht“ unterscheidet: „Du wirstes wissen. Wenn Du Dich in innerem Frieden befindest, ruhig,passiv. Ein Jedi gebraucht die Macht für die Erkenntnis, nie fürden Angriff.“

Möglichkeiten und Beschränkungen

Die Frage, die noch weit über die Frage, wer wir sindhinausgeht, ist die Frage, was wir sind. Während dieFrage nach dem Wer sehr persönlich ist, ist die nach

dem Was noch von erheblich grundlegenderer Bedeutung, dennwas wir sind, definiert unser Potential, unsere Möglichkeiten -aber auch unsere Beschränkungen. Die Antwort darauf, was

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wir sind, bezieht sich schließlich auf die Essenz des Mensch-seins selbst, über persönliche Unterschiede und Erfahrungenhinausgehend.

Am Anfang der Einsichten über das „Was“ unseres Seins stehtdie scheinbar einfache und doch so tiefgreifende Tatsache,daß wir Lebewesen sind und als solche eingebunden in einphantastisches Netzwerk aus Beziehungen zu anderen Lebe-wesen und dem uns umgebenden Universum. Auch wenn dereinzelne Mensch sich als durchaus getrennt von der ihn umge-benden Welt empfindet, ist er Teil von etwas Größerem, ausdem jedes Lebewesen hervorgeht.

Es gibt nur Lebewesen. Die Unterscheidung zwischen Menschund Tier und eigentlich sogar die zwischen Tier und Pflanze istaus einem ganzheitlichen Blickwinkel reine Illusion. Sie allehaben im Vergleich zur unbelebten Natur mehr Gemeinsamesals Trennendes. Sie alle basieren auf denselben Prinzipien. Siealle bestehen aus Zellen. Sie alle verfügen über einen ähnli-chen Grundaufbau ihrer Erbanlagen. Sie alle benötigen im we-sentlichen dieselben Stoffe für ihre Existenz. Sie alle sind auf-einander angewiesen, benötigen Energie, Nahrung und eineintakte Umwelt, die ihnen das Leben und Überleben überhaupterst ermöglicht. Dies gilt für alle lebenden Wesen, also auchfür das Tier, das sich selber Mensch nennt. Für uns.

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Unfaßbare Vielfalt des Lebens

Ganz offensichtlich ist unser Universum als Ganzesvon einer Beschaffenheit, die die Entstehung vonLeben in unfaßbarer Vielfalt ermöglicht. Ob nun auf

lediglich einem Planeten in der schier unendlichen Weite desKosmos Leben entstand, oder - was wahrscheinlicher ist -dies der weit verbreitete Normalfall ist, macht dabei zunächstkeinen Unterschied. In jedem Fall sind die notwendigen Fakto-ren, die bei der Entstehung des Lebens eine Rolle spielen - vonallen grundlegenden Naturkonstanten bis beispielsweise hin zuden ungewöhnlichen Eigenschaften des Wassers - exakt soaufeinander abgestimmt, daß Leben möglich wird. Die Elemente,die für die Entstehung von Leben unerläßlich sind, werden inden zahllosen Sonnen der unzähligen Galaxien erst im Laufevon Jahrmilliarden erbrütet. Sterne müssen erst in dramati-schem Feuerwerk als Supernovae vergehen, um die Materiezu erzeugen, aus der wir zum Teil bestehen, ohne die wir garnicht existieren würden. Ob dies Zufall ist und wir nur halt indem einen unter Milliarden von Universen leben, wo die Dingeso sind, wie sie sind, oder ob dahinter irgend ein Zweck undeine höhere Macht stehen, bleibt dahingestellt. Was wir mitSicherheit sagen können ist dies: Dieses Universum ist belebt,und das Leben ist das erstaunlichste und komplexeste Phäno-men, das wir beobachten können. Leben ist kompliziert, wun-derschön und im Vergleich zur reinen Menge der unbelebtenMaterie ungemein selten. Wenn wir also unsere üblichen Maß-stäbe anlegen, dann ist jedes kleine bißchen Leben von unfaß-barem, geradezu astronomischem Wert!

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Sobald wir uns das vor Augen führen, wird klar, daß wir dieNatur äußerst schäbig behandeln. Kaum etwas fällt Menschenso leicht, wie das Töten und Vernichten. Zugleich wird parado-xerweise mit Millionenaufwand nach Leben im Weltraum ge-sucht. Ein einziges Bakterium auf dem Mars, eine einzige klei-ne Alge auf Jupiters ozeanbedecktem Mond Europa wäre vonunvorstellbarem Wert.

Vergessener Wert alles Lebendigen

Hier auf der Erde geht der Wert des Lebens verloren,und die Menschen kümmert es nicht, denn es reichtihnen, sich in künstliche Scheinwelten zurückzuziehen.

Heute sind es die Städte aus Beton und Stahl, und morgenvielleicht werden die Visionen derer wahr, die das Reich desLebendigen gänzlich verlassen möchten. Der Mensch soll sei-nen Körper aufgeben und als elektronischer Geist eine reinvirtuelle Computerwelt durchstreifen. Die Tötung alles Leben-digen wird so zum intellektuellen Zielszenario einiger Wissen-schaftler. Der Mensch als alles beherrschender aber seelenlo-ser Geist in einem vollständig toten Kunstuniversum. Der Drang,alles zu tun, was möglich ist. Selbst Darth Vader ist nochhöchst lebendig im Vergleich zu Vorstellungen derartiger Dü-sternis.

Wäre ein Mensch noch Mensch, wenn er vom Körper gelöstund lediglich als Matrix, als ordentlich sortierte Ansammlungelektronischer Daten und Prozesse, in einem Computerspeicher

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weiterexistieren würde? Wäre ein Huhn dann noch ein Huhn?Oder wäre es nur die Simulation eines Huhns, das virtuelle Eierlegt? Die einem Huhn innewohnende Huhn-heit ist ja wohl si-cherlich mehr, als der bloße Inhalt seines Hühnerhirns, dersich vielleicht noch als Computerprogramm darstellen ließe.Aber selbst das ist zu bezweifeln, denn wie so oft ist dasGanze mehr, als die Summe seiner Teile, und wir sind weitdavon entfernt zu verstehen, wie ein Bewußtsein funktioniertoder zustande kommt, und im Falle des Huhns können wirnicht einmal feststellen, ob das Huhn ein Bewußtsein hat, oderaber eher nicht. Wer mag wohl die Möglichkeit ausschließen,daß ein jedes lebendige Wesen irgend eine Form von Bewußt-sein hat, auch wenn sich dieses dramatisch vom menschlichenunterscheiden sollte? Wenn wir Bewußtsein sagen, meinenwir schließlich Selbst-bewußtsein im Sinne des bekannten „Ichdenke, also bin ich“. Vielleicht gibt es aber andere Formen desBewußtseins, die ohne ein klar definiertes „Ich“ auskommenund auch ohne die für uns westliche Menschen so typischegrammatisch-lineare Denkstruktur?

Wertloses Wissen?

Der Mensch hat einen Zugang zur Welt gefunden, derseinen irdischen Mitbewohnern bestenfalls sehrbegrenzt zur Verfügung steht. Unsere Art und Weise,

die Welt zu betrachten und zu beherrschen, basiert letztlichauf einer vergleichsweise formalen, aber immer unvollständi-gen Logik. Unsere gesamte Technik und unser gesamtes Wis-

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sen basiert auf langen Wenn-Dann-Ketten und darauf, daß wireine scheinbare Vertrautheit zu den Dingen herstellen, indemwir ihnen Namen geben.

Selten sind Menschen sich aber bewußt, daß Wissenvon der Art „dies ist eine Buche und das dort eine Birke“lediglich vollkommen wertlose Worthülsen sind. Ebenso ist esfür Menschen keineswegs selbstverständlich, daß auch daskomplexeste und höchstentwickelte logische Wissen niemalsvollständig ist. Selbst wenn also ein Mensch das unmöglicheKunststück fertigbringen würde, alles lexikalische und alleslogische Wissen der Welt auf sich zu vereinen, so wäre diesnoch immer bei weitem nicht genug, um in jedem Fall und injeder Situation richtig entscheiden zu können.

Meereswellen ohne Worte

Materialistisch ist dieses Denken in Kategorien,Namen und rein logischen Verknüpfungen. Wirkönnen alles direkt Dingen zuordnen, die wir sehen

und anfassen, gedanklich in Worte kleiden und immer wiedernachvollziehen können.

Nun kennt jeder Situationen, in denen man „Eingebun-gen“ hat, einem plötzlich Lösungen komplizierter Probleme ein-fallen oder man ganz intuitiv „aus dem Bauch heraus“ handelt.Dies ist möglicherweise der Art des Bewußtseins der Lebewe-sen, die wir geringschätzig als Tiere bezeichnen und in unsererArroganz nicht sonderlich gut behandeln, nicht unähnlich.

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Da die Unterscheidung zwischen Mensch und Tier aus objekti-ver biologischer Sicht Unfug ist, darf es nicht überraschen,wenn Teile des menschlichen Bewußtseins - vielleicht sogarder größte Teil - dem der Tiere gleicht. Selbst der eine oderandere entwurzelte moderne Stadtmensch mag noch in sei-nem Leben unverfälschte Augenblicke des Urbewußtseins er-lebt haben. Vielleicht, wenn man einmal an einem einsamenStrand sitzt, gedankenlos auf das Meer hinausblickt und denMöwen zuschaut. Den Sand spürt man zwischen den Zehen,ohne ihn mit Worten Sand zu nennen. Die Wellen des Meeres- man nennt sie nicht Wellen, obwohl man sie klar vor sichsieht, sich völlig bewußt ist, was sie sind und was sie tun. Manhat die Möwe im Sinn, ohne das Wort Möwe zu denken, er-kennt die Palme im Wind ohne Bezeichnung und schaut zu,wie etwas rotes, helles, Wunderbares offenbar lautlos in demversinkt, was wir nicht Meer genannt haben. Wir sind uns alldieser uns umgebenden Dinge bewußt. Wir wissen, was siesind und wie sie zueinander in Beziehung stehen, ohne sie inSätze und Worte zu kleiden und so eines Teils ihres Wesenszu berauben. Stattdessen fühlen wir, was sie sind.

Hören wir mal, was Meister Lao Tse im ersten Spruch seinesKlassikers Tao Te King uns über die Jahrtausende hinweg sagt,wobei er, wie ich finde, durchaus beinahe wie Yoda klingt:

Der Weg, den man zeigen kann,nicht ist er der ewige Weg,Der Name, den man nennen kann,nicht ist der ewige Name:

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Ohne Namen des Himmels und der Erde Ursprung ist,doch einen Namen hat der abertausend Geschöpfe Mutter.

Beständig ohne Gier zu seinzum Schauen seiner Geheimnisse es führt,Beständig voller Gier zu seinzum Schauen seiner Grenzen es führt.

Diese beiden treten als eines hervorund dabei sind sie verschiedenen Namens -

Das Ineinssein - man nennt es das Urtümliche,noch urtümlicher als das Urtümliche:Aller Geheimnisse Pforte es ist.

Zwischen Wissen und Instinkt

Wissen sortieren, in Worte kleiden und in abstraktelogische Beziehung zueinander setzen und zuseinem eigenen Vorteil ausnutzen kann unter den

Lebewesen der Erde anscheinend nur der Mensch. Aber wirsind dennoch nur Tiere, die ein etwas komplexeres Gehirn ha-ben als andere Tiere. Auch die Menschheit hat den größtenTeil ihrer Entwicklungsgeschichte ohne enzyklopädisches Wis-sen, ohne geschriebenes Wort, ohne Computer und andereTechnologie verbracht, und die meisten von uns mußten sichauf sehr mageres theoretisches Wissen und vor allem auf ihreInstinkte verlassen.

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Das Ideal des Mensch-Seins in seiner am höchsten entwickel-ten Form könnte also darin bestehen, beide Formen mensch-lichen Bewußtseins in systematischer Weise miteinander inEinklang zu bringen. Der Mensch bewegt sich in seinem der-zeitigen Entwicklungsstand wie auf einem dünnen Grat, gewis-sermaßen zwischen dem Reich des intuitiv-instinktiven Tier-bewußtseins und dem eines alles in allen Einzelheiten wissen-den, überblickenden und verstehenden quasi-göttlichen Be-wußtseins.

Die Menschheit als Ganzes läuft Gefahr, von der Höhe,zu der sie sich aufgeschwungen hat, herabzustürzen, und mitzerschmetterten Knochen auf dem Boden der Tatsachen auf-zuschlagen, wenn zwischen beiden Denkweisen nicht sehr baldeine Balance geschaffen wird. Weder mit reiner Logik noch mitpurem animalischem Instinkt lassen sich die Probleme der Weltlösen.

Und genau dies scheint mir zu sein, was das Trainingder Star Wars Jedis tut: Es stellt eine Balance und eine Verbin-dung zwischen Intuition und analytischem Verstand her. Oder,auf irdische Traditionen bezogen, auch wenn es dies nicht gänz-lich trifft: Zen-Buddhismus wird kombiniert mit Logik, das Taoin Einklang gebracht mit der Ratio.

Gedanken wie Wolken im Wind

Im Zen Buddhismus bemüht man sich, das absolute undallumfassende Verständnis der Welt, die Satori genannteErleuchtung, in einem Zustand vollkommener geistiger Leere

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zu erlangen. In tiefer Meditation löst sich der Zen Schülervöllig von jeglichem gerichteten Denken, läßt seine Gedankenwie Wolken im Wind gänzlich unberührt an sich vorbeiziehen.Das bewußte Streben und Wollen löst sich auf wie dramati-sche Gewitterwolken, die unter den wärmenden Strahlen derSonne am Augusthimmel dahinschmelzen.

Entfernt vergleichbar mit dem Menschen am lichtdurch-fluteten Meeresstrand, der die tausend Dinge erkennt und ver-steht, ohne sie zu benennen, ist die innere Erleuchtung, dasplötzliche und allumfassende Verständnis der Welt als Gan-zes.

Im Taoismus ist es ganz ähnlich. Tao wird in der Regelals „Weg“ übersetzt, aber treffender ist vielleicht die Interpre-tation des „Weges, wie er ist“. Ein Taoist ist im praktischenSinne daran interessiert zu erfahren, wie die Welt wirklich istund sein Verhalten dann auf diese Wirklichkeit einzustellen.Hier herrscht ebenfalls der Gedanke vor, daß man sich zu-nächst von den einengenden Kategorien menschlichen Den-kens vollends befreien muß, da diese einem den Blick auf dieWelt als Ganzes weitgehend versperren. Man muß sich einmalden enormen Unterschied zwischen östlichem und westlichemDenken klar machen. Der Taoist ist interessiert an der Welt,wie sie ist, um sich dann in harmonischer Weise auf sie einzu-stellen. Der Kern des westlichen Denkens konzentriert sichdagegen auf Wünsche und Begierden, darauf also, wie wir dieWelt gerne hätten und wie wir sie verändern müssen, um dar-aus den größten Profit zu schlagen.

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Da aber der sogenannte moderne marktwirtschaftliche Menschkein umfassendes Verständnis der Welt hat und auch keineVorstellung davon, was sein Platz in dieser Welt ist, merkt ernicht, daß seine grenzenlose Selbstsucht an dem Ast sägt, aufdem auch er und seine Kinder und die wenigen lebendigenDinge, die ihm noch etwas bedeuten mögen, sitzen. Dies istpraktisch identisch mit dem Unterschied zwischen der „dunk-len Seite“ und der „hellen Seite“ der Macht in Star Wars. DieMeister der dunklen Seite nutzen die grenzenlose Gier einigerWesen aus, um die absolute Kontrolle zu erlangen. Tod, Zer-störung und Leid sind für sie selbstverständliche Mittel, dieder Mehrung des eigenen Profits und der eigenen Macht die-nen.

Im Gegensatz dazu sind die Jedi an derlei nicht interes-siert. Sie suchen nach Wahrheit und streben nach Erkenntnis,ohne dabei aber weltfremd zu werden und die Bedürfnisse undNotwendigkeiten einer realen Gesellschaft aus den Augen zuverlieren. Ganz im Gegenteil: die Bedürfnisse, Ängste, Wün-sche und Sorgen der Lebewesen sind ja ein wesentlicher Teilder Realität, die der Jedi mit offenen Sinnen durchwandert. Erist so gut wie nur möglich darum bemüht, die Wesen vor Leidzu bewahren und ihnen bei der Suche nach dem eigenen rich-tigen Weg behilflich zu sein. Dabei sieht er alle Lebewesen, allePhänomene und Ereignisse als Teil eines großen Ganzen, einesWeltnetzes, in dem alles durch die „Macht“ verbunden ist,von der der Tao Meister Sa Wei-Dao mir, wie schon erwähnt,sagte, sie sei dem „Tao“ nicht völlig unähnlich, wenn auchnotwendigerweise in stark vereinfachter Form.

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Wesen des Lichts

Was wir sind, ist damit aber noch immer nichtkonkret gesagt. Yoda sagt, wir seien „Wesen desLichtes“, und Buddha meinte „Alle Wesen sind er-

leuchtet“, allerdings fügte er die kleine, aber bedeutende Ein-schränkung hinzu: „Nur ihre Verblendung und ihr Haften ander Welt hindern sie daran, diese Tatsache zu erkennen“.Vielleicht kann man den Licht-Aspekt in Yodas Ausspruch zu-dem sogar wörtlich nehmen, denn vor nicht allzu langer Zeitfanden verblüffte Wissenschaftler zufällig heraus, daß mensch-liche Zellen und die Zellen anderer Tiere Photonen aussenden -Licht mithin. Ob dies nur ein Nebenprodukt normaler Stoff-wechselvorgänge ist oder aber am Ende eine tiefergehendeBedeutung hat, ist derzeit nur Spekulation. Doch vielleicht sindwir Lebewesen ja tatsächlich auf einer Ebene miteinander ver-bunden, der sich die Wissenschaft in ihrer methodischen Be-schränktheit nicht - oder noch nicht - genähert hat. Wennman sich der Existenz einer Sache nicht bewußt ist, bedeutetdies ja noch lange nicht, daß es sie nicht gibt. Wie lange hattedie Wissenschaft beispielsweise steif und fest behauptet, nichtskönne sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen? Seit denneunziger Jahren des zweiten westlichen Jahrtausends wissenwir es besser. Und derlei Beispiele gibt es wie Sand am Meer.

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Höhere Ebenen

Die Natur ist unendlich komplex und einfallsreich unddie menschliche Rationalität sehr unvollkommen. Esvergeht kaum ein Monat, in dem die Wissenschaft nicht

ein neues Phänomen entdeckt oder wieder einmal eine zuvorverspottete Außenseitertheorie bestätigt. Es gibt auch nichtden geringsten Anhaltspunkt dafür, daß sich dies irgendwannändern wird. Daß in der Natur alles, aber auch wirklich alles,durch Energie- und Stoffkreisläufe miteinander verbunden ist,haben wir inzwischen mit Hilfe der wissenschaftlichen Metho-de erkannt. Zugleich mehren sich die Hinweise, daß auch so-genannte parawissenschaftliche Phänomene wirklich existie-ren, die sich nicht so leicht in das etablierte wissenschaftlicheGedankengebäude einfügen lassen. Auch sie sind ein Teil derNatur in ihrer Gesamtheit, ebenso wie die singende Nachtigallim Mondlicht draußen am Teich - oder ein sterneverschlingendesschwarzes Loch. Ich brauche mein Wissen nur mit einem klei-nen Schuß Phantasie zu würzen, um mir auszumalen, daß alleLebewesen und vielleicht sogar überhaupt alle Dinge mit einerhöheren oder zumindest anderen, quasi geistigen Ebene ver-bunden sind, auf der in Raum und Zeit weit voneinander Ent-ferntes eng miteinander verknüpft ist.

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Ein lebendiges Universum?

In einigen alten ozeanischen Religionen stellten sich dieMenschen vor, alle Dinge im Universum seien mit Flüs-sigkeit gefüllte Gefäße, die durch Röhren miteinander ver-

bunden sind. Das ist, wie ich finde, ein wunderbares Bild fürdie „Macht“ des Jedi-Universums, die von einem Wesen zumanderen „fließt“ und auch zwischen lebendigen Wesen und fürgewöhnlich als nicht lebendig betrachteten Dingen. Aber werkann schon mit Sicherheit sagen, was lebendig ist und wasnicht und was lediglich pure Definition ist?

Am Ende mag das gesamte Universum an sich eine Art leben-diger Organismus sein, und alles, was in ihm enthalten ist,wäre Teil dieses Lebens. Und wenn ich mich nicht vollendsirre, dann bevölkern die Jedi immerhin dasselbe Universum wiewir - wenn auch nur als Idee. In dieser Hinsicht unterscheidensie sich damit aber nicht von den Religionen und Philosophien,die ja allesamt aus Ideen und Gedanken bestehen.

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Boba Fett - einer ohne Ideale, der bereit ist, sich an jeden zu verkaufen. Leute wie er haben kein Gesicht und glauben nur

an das Geld.

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Drittes BuchDas Buch der Taten und Ansichten

Laß Dich niemals von Äußerlichkeiten täuschen

Obiwan Kenobi

Alles kann toleriert werden - außer Intoleranz

Meister Makani

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Praktische Philosophie

Die Jedi sind keineswegs die Anhänger einer gewöhnli-chen Religion, sondern vielmehr eines ausgesprochenpraktisch ausgerichteten philosophisch-esoterischen Sy-

stems. Religionen verlangen nicht selten blinden Glauben ge-genüber etwas, das sich niemals zeigt und niemals beweisenund ergründen läßt. Der Jedi hingegen lernt durch sein Trai-ning, genau das Gegenteil davon zu erfahren. Er lernt, dieAugen zu öffnen und zu sehen. Schließlich erfährt er, daß essich eben nicht um ein rein mystisches System handelt, wel-ches ihm blinden Glauben abverlangt, sondern die Einsichtenund Fähigkeiten, die er durch Anwendung der „Macht“ bzw.„Kraft“ erlangt, äußerst real sind.

Jedi-Ethik

Wie die meisten Religionen enthält daneben auch dieJedi-Lehre neben der Mystik noch einen ethischenKern, Regeln also, nach denen ein Mensch seine

Handlungen ausrichtet.Jedi sind offen und flexibel. Sie können sich und ihr

Wissen extrem schnell neuen Fakten und Gegebenheiten an-passen. Dennoch dürfte jedem klar sein, daß ein Jedi gewisse,eindeutige Ansichten hat, die seine Handlungen bestimmen undsich ganz natürlich aus seiner Friedfertigkeit, seinem Respektvor allem Lebendigen, dem integrativen, vernetzten Verständ-nis der Welt und der Jedi-typischen Standhaftigkeit ergeben.

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Respekt vor allem Lebendigen bedeutet vor allem, daßdie Jedi nach absoluter Vorurteilslosigkeit streben. Vorurteilesind Meinungen und Behauptungen, die gar nicht oder nurunvollständig in der Realität verankert sind. Sie sind das Re-sultat von Manipulation, Dummheit oder grenzenloser Bequem-lichkeit, denn häufig verfallen auch vergleichsweise intelligen-te Wesen dem Zauber des Vorurteils.

Vorurteile, dogmatische Ideologien und künstlicheGlaubenssysteme ohne Wurzel in der realen Welt bilden ge-meinsam den Gegenpol zu jeder Jedi-ähnlichen Philosophie.Offenheit, Toleranz, Kritikfähigkeit und intelligentes Forschenund Suchen bilden dagegen ihren Kern.

Innere Harmonie

Hier treten auch Unterschiede zwischen klassischemwestlichem Denken und den Jedi bzw. den zuvorbereits häufig erwähnten östlichen Traditionen des Bud-

dhismus und des Taoismus zutage. In ihnen ist es vor allemder einzelne Mensch, der nach seiner eigenen Erleuchtung undseinem persönlichen Weg in der Welt suchen muß. Jeder ein-zelne muß sich dazu selber von seinen eigenen Vorurteilen,Begierden und Verirrungen befreien. Die Bemühungen um in-nere Harmonie stehen im Vordergrund, denn sie soll die äuße-re Harmonie schließlich herstellen, wobei der Unterschied zwi-schen „Innerem“ und „Äußerem“ als Illusion betrachtet wird.

Die westliche Tradition dagegen ist eine gänzlich andere.Hier gibt es nicht nur die Handlung des einzelnen, sondern hiergibt es das Phänomen großer gesellschaftlicher Bewegungen,

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und hier gibt es den Glaubenskampf. Zum einen haben natür-lich die durch die westlichen Religionen ausgelösten Kriegeund Konflikte in Jahrtausenden grauenhaftes Leid über Hun-derte von Millionen von Menschen gebracht. Die Bereitschaft,kompromißlos für das zu kämpfen, woran man glaubt, hataber nicht nur schlechte Seiten.

Kombinierte Traditionen

Wer mit offenen Augen die Jedi betrachtet, der kannim Grunde nur zu der Einsicht gelangen, daß ihrePhilosophie eine Kombination aus beiden Traditio-

nen darstellt. Östliche Ganzheitlichkeit, Philosophie und spi-rituelle Ruhe wird mit Logik, Wissenschaft und westlichemTatendrang kombiniert. Dabei entsteht eine in meinen Augengeradezu geniale Mischung.

Die Jedi haben das Wohl aller Lebewesen im Sinn undstehen damit den Buddhisten nahe. Die Jedi sind beständig aufder Suche nach dem richtigen Weg, bemühen sich darum, alleAspekte der guten Seite der „Macht“ zu ergründen. Damitstehen sie wiederum den Buddhisten sowie auch den Taoistenund ihrer nie endenden Suche nach dem richtigen Weg nahe.Sie beten und meditieren jedoch nicht nur still auf der Suchenach Erleuchtung vor sich hin und suchen nicht lediglich hinterTempelmauern verborgen nach der eigenen inneren Wahrheit,sondern verfolgen ihren Weg in der realen Welt.

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Der Weg der Jedi besteht ganz klar darin, das Universum vorder „dunklen Seite“, vor dem Bösen, zu schützen. Damit ha-ben sie eine klar definierte Aufgabe. Sie tun dies vorwiegendmit friedlichen Mitteln, doch wenn es keinen Ausweg mehrgibt, sind sie bereit, auch zum Schwert zu greifen.

Die dunkle Seite muß natürlich zunächst innerhalb einesjeden selbst überwunden werden, aber das Böse nimmt imStar Wars Märchen zusätzlich sehr konkrete Formen an. DerJedi tut dagegen, was nötig und möglich ist, auch wenn diesbedeutet, sich selber in Gefahr zu bringen.

Im Unterschied allerdings zu fanatischen Anhängerndogmatischer westlicher Religionen überprüft ein Jedi ständigseine Ansichten, gleicht seine Entscheidungen mit neuen Er-kenntnissen und Einsichten ab. Seine Grundsätze sind klar,seine Interpretationen und darauf basierende Handlungen aberbleiben flexibel. Ständig mit der Verbesserung der eigenenFähigkeiten und der Erweiterung des eigenen Horizontes be-schäftigt, lebt der Jedi aber doch in einer geistigen Verfas-sung, die der buddhistischen Lehre des „Nicht-Ich“ gleicht.Ein Jedi handelt entsprechend niemals aus Eigennutz. Und erhandelt umgehend, wenn nötig, ohne lange zu zögern und lan-ge nachzudenken. Geschieht jemandem Unrecht, so greift derJedi ein und beschützt ihn vor der Bedrohung, wenn dies not-wendig erscheint. In Situationen, in denen die Mehrzahl der„modernen westlichen Menschen“ zu bloßen Schaulustigenwerden und in dem erfolglosen Versuch, ihre Sensationsgierzu befriedigen, tatenlos zusehen, wie jemand ausgeraubt undverprügelt wird oder ertrinkt, denkt ein Jedi nicht. Ein Jedihandelt, und zwar sofort, ohne Zweifel und ohne jeglichen

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Kompromiß - und ohne Rücksicht auf die eigenen Interessen.Die Jedi mögen eine Erfindung sein. Eine Fiktion aus einemKino Weltraum-Märchen, sie sind jedoch ein gutes Beispielfür richtiges Handeln.

Wer eine Ideologie, die dafür eintritt, sich selber ständigzu verbessern und anderen selbstlos zu helfen, als „pseudo-philosophisch“ bezeichnet, der mag dies natürlich gerne tun.

Das Zentrum der Dunkelheit

Durch Gier wird Welt in Geld verwandelt, das Leben vernichtet,und dem Sieg der dunklen Seite wird der Weg bereitet

Meister Makani

Das Zentrum der alten „Star Wars“ Republik, derHauptsitz der völlig korrupten Bürokratie und Verwal-tung eines enormen Apparates ist Coruscant. Coruscant

ist eine Stadt - und es ist ein Planet. Eine Stadt, die einenganzen Planeten vollständig bedeckt. Es gibt kein FleckchenNatur, keine Gebirge, keine Ozeane, keine Wälder. Nichts. Al-les ist künstlich. Alles ist tot. Stein, Plastik, Metall - künstlicheGlastürme, die sich wie abgenagte Skelette seelenlos dem Him-mel entgegenstrecken.

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Der bekannte Zoologe Desmond Morris bezeichnet große Städteals „Menschenzoos"*, denn sie sind im Grunde genommen nichtunser natürlicher Lebensraum.Über Jahrtausende hinweg ha-ben sich die Menschen in natürlicher Umgebung und in kleinendörflichen Gemeinschaften entwickelt. In den Großstädtendagegen sind sie ohne Unterbrechung allen möglichen undunmöglichen Formen von Streß ausgesetzt, der ständig anihrer Psyche nagt, ihre Instinkte abstumpft und sie leiden läßt,nicht selten, ohne daß sie dies selbst merken. Wir werden mitReizen überflutet, die wir nicht mehr bewältigen können. Un-ser Gehirn und unsere Sinne schalten auf Sparflamme, und wirwerden mit der Zeit immer unempfindlicher gegen die feinenaber wichtigen Informationen, die uns unsere Umwelt überunsere Instinkte und unbewußt über unsere Sinne zukommenläßt. Schließlich verlieren wir den Kontakt zu unseren Wur-zeln, den Kontakt zur Natur, von der wir ein Teil sind. Unsergesamtes Leben beginnt, aus Ersatzhandlungen zu bestehen.

Im Star Wars Universum wird darüber hinaus „Die Macht“geschwächt, denn laut Yodas Erklärungen auf Dagobah gehtdie Macht von allen lebenden Wesen aus, von denen es ja nunauf Coruscant im Vergleich zu einem derzeit noch eher natür-lichen Planeten wie der Erde nur wenige gibt. Dennoch istCoruscant offenbar auch der Hauptsitz des Jedi-Rates. Wenwundert es da noch, daß die Jedi an Macht verlieren, und „DieDunkle Bedrohung“ ihren Ausgangspunkt an diesem Ort völli-ger Kälte und Leblosigkeit hat. *Link: Desmond Morris - Der Nackte Affe

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Ein außerirdisches Gleichnis

I n meinem Buch Rabenwelt benutze ich folgendesGleichnis: Ich stelle mir vor, in ferner - oder auch nichtso ferner - Zukunft wird die Erde von einem außerirdi-

schen Raumschiff entdeckt. Sie ist ein lebloser Planet, in dichteWolken aus Kohlendioxid und schwefeliger Säure eingehüllt.Das kam von dem Runaway Treibhauseffekt. Totaler Kollaps.Wie auf der Venus. Tote Schönheit. Aber es ist auf der Erdenicht ganz so heiß, wie auf der Venus. Nur etwas über hundertGrad. Und die fremden Raumfahrer finden lauter intakte Struk-turen. Der ganze Planet ist bedeckt von riesigen Glastürmen,in denen gigantische Maschinen einer unbekannten und un-verständlichen Tätigkeit nachgehen. Die Außerirdischen ver-muten, sie könnten von den Maschinen etwas über die ehe-maligen Bewohner dieser Welt erfahren, aber die Maschinenenthalten scheinbar nur Unfug: Zahlen, die von Maschine zuMaschine verschoben und aufaddiert werden, seltsame dyna-mische Programme, denen komplizierte aber zugleich vollständigsinnlose mathematische Strukturen zugrunde liegen. Die Wer-te, die die Programme produzieren, schwankten und wogtenund strebten scheinbar danach, sich virtuell zu vermehren.Zufällig kommen die Außerirdischen zur Erde, kurz bevor auchdas allerletzte Speicherbit ausgenutzt ist und das riesige,planetenweite Maschinennetz schlicht kaputtgeht. Der Zweckdieser recht beeindruckenden Anlage würde nun für immer imDunkeln bleiben. Immerhin konnten die Außerirdischen abernoch die Namen von drei Völkern herausfinden, die offenbardiesen toten Planeten einst bewohnten und Opfer einer schreck-

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lichen Naturkatastrophe wurden. Sie hießen Yen, Dollar undEuro. Niemand würde je herausfinden, was aus den Völkernder Yen, der Dollar und der Euro geworden war, wie sie aussa-hen, was sie bezweckten...

Das Ziel der dunklen Seite ist Tod und Vernichtung. DieGier der lebenden Wesen wird ausgenutzt, um die lebendigeWelt in eine tote Maschine zu verwandeln.

Als Anakin Skywalker und Jar Jar Binks nach Coruscant ver-schlagen werden, sind sie entsetzt. Beide kommen von Weltenmit vergleichsweise intakter Natur - Anakin vom WüstenplanetenTatooine und Jar Jar vom Wasserplaneten Naboo. Beide kön-nen sich nicht vorstellen, in einer dermaßen künstlichen Um-welt zu leben.

Verschmutzte Aura

Auch einige buddhistische und taoistische Schulenhaben die Vorstellung, die Erde sei von einemEnergiefeld, einer Art Aura umgeben, die Teil eines grö-

ßeren Energiefeldes ist, welches das gesamte Universum durch-dringt. Nun ist dieses Feld aber durch die gewaltige Überbe-völkerung der Erde, die Zerstörung der Natur und den Verlustder spirituellen Fähigkeiten der Menschen regelrecht ver-schmutzt.

Wie in Star Wars geht man zudem davon aus, bestimm-te Orte hätten bestimmte psychische Eigenschaften, würdenbestimmte Arten von Gedanken verstärken oder abschwächen.

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Demnach würden manche Stellen der Erde Aggression för-dern, andere wiederum die Kreativität oder das intuitive Ver-ständnis von der Welt. Die Anhänger dieser Schulen sind derAnsicht, in kurzer Zeit wäre die Vernichtung der Welt so weitfortgeschritten, daß sich die Menschen dieser Energien nichtmehr bewußt werden und sie nicht mehr nutzen können. Wennwir nun dieses Energiefeld mit der „Macht“ gleichsetzen, müs-sen wir uns die Jedi als aktive Umweltschützer vorstellen, dasie in jedem Fall bemüht sind, die Energie der Macht reinzu-halten. Abgesehen davon sind sie ja allen Lebewesen wohl-gesonnen...

Leia im Wald

Leia hatte im Wald von Endor einen philosophischen Au-genblick: „Sie ließ ihre Gedanken eine Weile ins Leeregehen, während ihre Füße sie rasch zwischen den Baum-

giganten dahintrugen. Plötzlich kam ihr nicht nur der kleineWuchs des Ewok zu Bewußtsein, der sie führte, sondern auchihre eigene Winzigkeit im Vergleich zu diesen riesigen Bäu-men. Manche davon waren zehntausend Jahre alt und so hoch,daß der Blick nicht bis in die Wipfel reichte. Sie waren Tempelfür die Lebenskraft, in deren Auftrag sie focht; (...) Und dannfühlte sie sich nicht mehr einsam, sondern wieder als Teil die-ser grandiosen, edlen Wesen. (...) über Zeit und Raum hinaus,verbunden durch die vibrierende, vitale Lebenskraft...“.

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Also noch einmal: Bäume, Natur, das gewaltige Netz der Lebe-wesen - sie bringen die Kraft (Macht) hervor. Sind sie intakt,herrscht die helle Seite - die Dunkelheit kommt mit ihrer Ver-nichtung. Das ist leider nicht nur ein erfundener Jedi-Gedanke.

Tut es für die Bäume!

Etwas später versuchen Leia, Luke und Konsorten dieEwoks dazu zu bringen, gemeinsam mit ihnen gegendas böse Imperium zu kämpfen. Ihr kam wieder der

Moment im Wald in den Sinn „(...)das Gefühl des Einsseinsmit den Bäumen, deren ausgestreckte Äste die Sterne selbstzu berühren schienen, deren Licht wie Wasserzauber herab-fiel. Sie spürte die Macht des Zaubers in sich, und es vibrierteum die Hütte von Wesen zu Wesen, floß wieder durch siehindurch und machte sie noch stärker, bis sie sich mit diesenEwoks beinahe eins fühlte, bis sie glaubte, sie zu verstehenund zu kennen, mit ihnen konspirierte im eigentlichen Sinnedes Wortes: gemeinsam atmete“.

Leia ist eine potentielle Jedi, und sie spürt die Kraft in derNatur, die Verbindung zwischen den Lebewesen. Um die Ewoksdavon zu überzeugen, ihnen gegen die dunkle, materialisti-sche Todesmacht des Imperiums beizustehen, sagt sie des-halb nur einen einzigen kurzen Satz:

„Tut es wegen der Bäume!“

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Und Meister Makani sagt zu uns allen: „Tut es wegen derWellen des Meeres und wegen der Wale, die in tiefen Gedan-ken die Meere durchkreuzen. Tut es wegen der Vögel, derFische, der Raben und Hirsche. Tut es wegen Eurer Kinderund deren Kindeskinder. Tut es wegen Euch selbst und wegendes Windes, der bei Tag und bei Nacht über die Erde streift.Aber tut es.“

Würden Jedi Hamburger essen?

Was essen die Jedi eigentlich ? Ich kann mich kauman Szenen erinnern, wo gegessen wurde, aberzweifellos gibt es sicherlich eine Verbindung zwischen

der Jedi Philosophie und der richtigen Nahrung. Als Luke aufDagobah zum ersten mal Yoda begegnet, ist dieser zunächstdarum bemüht, ein gutes Essen zu bereiten, und Luke selberlernt unter Yoda die Kunst des Kochens. Es sieht also fast soaus, als ob das Zubereiten von Essen durchaus zu den Jedi-Fähigkeiten gehört. Scheinbar lehnen die Jedi zudem künstli-che Nahrung ab. Als Yoda Lukes Nahrungskonzentrate ent-deckt und probiert, spuckt er den ersten Bissen angewidertwieder aus und wundert sich sehr, wie Luke „so groß“ werdenkonnte bei der Art von Nahrung, die er zu sich nimmt. In mei-nen Augen sagte Yoda damit allgemein „Pfui“ zur chemischaufgepeppten industriellen Nahrung. Er sagte „Pfui“ zu FastFood und „Pfui“ zu dem Müll aus unseren Supermärkten, derinzwischen z.T. mehr aus Laborprodukten als aus natürlichenLebensmitteln besteht. Man muß sich fragen, inwieweit das

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Zeug, das wir tagtäglich in uns hineinstopfen, überhaupt nochden Namen LEBENS-Mittel verdient! Ein Jedi wäre da höchst-wahrscheinlich skeptisch.

Man kann sich fragen, ob Jedi Fleisch essen würden. Buddhi-sten etwa töten keine Tiere aus Respekt vor allen lebendenWesen, und da sie an die Reinkarnation glauben, könnte es jazudem passieren, daß man, salopp gesagt, seine eigenen Vor-fahren in Form eines halben Hähnchens verspeist.

Aus rein wissenschaftlicher Sicht könnte man heute aus-serdem argumentieren, daß sich Menschen und andere Säu-getiere genetisch sehr ähnlich sind, sie die gleichen Empfin-dungen etc. haben.

Der genetische Abstand zwischen Menschen und Men-schenaffen etwa ist dermaßen gering, daß man jemanden, dereinen Schimpansen schlachtet und ißt, als Kannibalen bezeich-nen muß. Aber nahe Verwandtschaft zwischen Lebewesen sollteeigentlich nicht der einzige Grund für Respekt und gute Be-handlung sein. Wenn ich ein außerirdischer Raumfahrer wäre,der zufällig die Erde entdeckte, dann wäre ich sicherlich unge-mein vorsichtig mit der Kontaktaufnahme, denn offenbar nei-gen die Menschen dazu, alles zu schlachten und aufzuessen,was ihnen über den Weg läuft - und die meisten der verspei-sten Lebewesen sind mit den Menschen erheblich näher ver-wandt als ein X-beliebiger hypothetischer Alien Einzig die Tat- sache, daß wir außerirdische Proteine sicher nicht verdauen können, böte möglichen Besuchern aus dem All vielleicht ei-nen gewissen Schutz vor unserer Gefrässigkeit.

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Respekt vor anderen Lebewesen

Sollten nicht bei der Behandlung anderer Lebewesenderen Intelligenz, deren Gefühle, deren Persönlichkeitim Mittelpunkt stehen - und ihr Recht einfach zu SEIN?

Doch was kann man schon realistischer Weise voneiner Spezies erwarten, die keinerlei Skrupel zeigt, mit erschrek-kender Regelmäßigkeit Mitglieder ihrer eigenen Art zu ermor-den und in brutalster Weise zu mißhandeln. Mitgefühl scheintinsgesamt bei Menschen wenig ausgeprägt zu sein, denn an-sonsten müßte es nicht immer wieder in allen Religionen derWelt so ausdrücklich betont werden.

Die Jedi haben in jedem Falle dieses Mitgefühl, das so vielenMenschen fehlt, und deshalb vermute ich, sie ernähren sichtatsächlich vor allem durch vegetarische Naturkost, die sievorzugsweise auch noch selber zubereiten.

Ansonsten sind die Jedi schon deswegen ausgesprochen um-weltfreundlich, weil sie nichts Überflüssiges konsumieren.Umweltvernichtung entsteht vor allem immer in dem Augen-blick, wo unwissende Menschen der Verlockung der Konsum-welt erliegen und sich von anderen dahin drängen lassen, Din-ge zu kaufen, die sie nicht benötigen. Ein Jedi häuft keineDinge an - er hat fast keinen Besitz, da es für den Besitzsinnloser Dinge keinerlei Notwendigkeit gibt.

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Würden Jedi Fernsehen?

Wenn ein Jedi auf der Erde lebte, würde er dannjemals den Fernseher einschalten? Ich denke ja.Er würde fernsehen, und sei es nur, um sich darüber

auf dem Laufenden zu halten, welchen Manipulationen und Lügendie Menschen des Planeten Erde beständig ausgesetzt sind.Insbesondere bei sehr ungebildeten Menschen richtet das Fern-sehen fatale Schäden an, denn sie sind bisweilen nicht mehr inder Lage, zwischen Erfindung und Wahrheit zu unterscheiden,so daß das Weltbild von Milliarden durch Seifenopern und Wer-besendungen erheblich mitgeprägt wird.

Doch den Jedi verlangt es nicht nach solcherlei Ablen-kung von der realen Welt. Man könnte sich jetzt natürlichfragen, ob ein Jedi sich wohl Star Wars ansehen würde. Zu-mindest im Falle der mißlungenen Episode 1 ist das schwer zusagen.

Der Jedi und der Rasenmäher

Während ich in staubiger Hitze in Südfrankreichhustend und prustend mit juckenden Augen einenknatternden und stinkenden Rasenmäher über die

Hänge der Templerburg La Garde bugsierte, kam mir die Fragein den Sinn, ob ein Jedi wohl Rasen mähen würde. Die Fragescheint tatsächlich zunächst ziemlich sinnlos zu sein, aber esstellt sich heraus, daß sie zwei Ebenen hat. Zum einen: würdeein Jedi Tätigkeiten wie Rasenmähen als sinnvoll genug erach-

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ten, um sie überhaupt zu befürworten? Ich könnte aus Sichtder Umweltschutzes argumentieren: Wenn alle Menschen derWelt einen Rasenmäher hätten und einen gepflegten, frischgemähten Vorgartenrasen anstrebten, dann wäre die Welt ins-gesamt noch erheblich lauter und stinkiger, als sie es ohnehinschon ist. Man stelle sich das einmal vor: Eine Milliarde Ra-senmäher, die ungefähr eine halbe Billion Mark kosten, dieLuft verpesten, den Treibhauseffekt anheizen und die Ölreser-ven der Welt endgültig verprassen - und wofür? Ein Jedi wür-de derlei nicht befürworten - er würde empfehlen, den Rasenmit der Hand zu mähen und den größten Teil der Rasen dieserWelt in ungemähtem Zustand zu belassen.

Die zweite Ebene ist die Frage, ob ein Jedi sich selber zuschade wäre, um derlei einfache Arbeiten auszuführen, undich denke, dies ist leichter zu beantworten: Nein! Jedi sindkeine arroganten Schnösel, die sich erhaben fühlen und unan-genehme Arbeiten anderen überlassen. Ähnlich wie in einembuddhistischen Kloster, wo auch die älteren Mönche noch ein-fache Gartenarbeit und Küchendienst verrichten, ist auch fürden Jedi eine einfache Tätigkeit etwas völlig Selbstverständli-ches. Jede Tätigkeit wird zudem so gut wie nur möglich ausge-führt, mit voller Konzentration und ohne jeglichen Widerwil-len. Meister Makani sagt:

„In jedem Ding und jeder Tat - so klein sie auch sein mögen -steckt ein Teil des gesamten Universums.“

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Aus der Mitte denken

Im Buddhismus kann man oft hören, der Unterschiedzwischen östlichem und westlichem Denken läge in derDenkweise. Der östliche Denker denkt „aus der Mitte“ her-

aus, während die Gedanken westlicher Denker sich entlanggerader Linien, entlang von Ketten logischer Argumente bewe-gen, die sich aus vorgefertigten Elementen zusammensetzen.Aus der Mitte heraus zu denken bedeutet, bildlich gespro-chen, man befindet sich geistig in der Mitte eines Kreises alsruhender, bewegungsloser Pol. Der linear denkende Menschdenkt sehr langsam - in jeder Situation muß er seine langenKetten mehr oder weniger richtiger oder falscher logischerArgumente durchkauen, bis er endlich zu Verständnis oder zueiner Entscheidung gelangt. Das Problem dabei ist, daß einlinear denkender Mensch zu überhaupt keinem richtigen Schlußgelangen kann, wenn er mit etwas Unbekanntem und vollkom-men Unerwartetem konfrontiert wird. In seiner logischen Ket-te entstehen Lücken, die seine Gedanken überspringen, wiedie Nadel eines alten Plattenspielers die Rillen einer zerkratz-ten Platte (bzw. wie heute der Laser eines CD-Players fett-fingerverschmierte Tracks überspringt). In jedem Falle ist dasErgebnis ausgesprochen unbefriedigend.

Jemand, der aus der Mitte heraus denkt, befindet sichim Zentrum der Realität. Er arbeitet sich nicht angestrengtdurch lange Ketten mehr oder weniger sinnloser Argumentehindurch, sondern er vergleicht gewissermaßen die Ereignisseum ihn herum mit der wahren Realität. Tatsächlich ist der Randdes Kreises, in dessen Mitte er sich befindet, die Realität selbst!

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Dadurch hat ein Meister des buddhistischen Denkens, des„kreisförmigen“ Denkens, im Idealfall die Fähigkeit, direkt undohne Umwege die Wahrheit zu sehen, ohne sich unbedingt mitall den Definitionen, Urteilen und Vorurteilen der westlichenLogik befassen zu müssen.

Die Dinge werden getan

Das „In der Mitte Ruhen“ geht natürlich über eine reineDenkmethode hinaus und beschreibt einen umfassen-den Gemütszustand. Er ermöglicht es einem Menschen,

in jeder Situation und unter allen denkbaren Umständen ohneAnstrengung ruhig und gelassen zu bleiben. Wenn man etwastut, dann sollte man es tun, weil es nötig und richtig ist undnicht, um sich zu profilieren, anzugeben, seine Aggressionenauszuleben. Alles geschieht ruhig, bewußt und selbstverständ-lich. Die Dinge werden getan, weil es nötig ist. Das ist dieHandlungsweise der Jedi.

Wickets weise Worte

Jeder Mensch muß seinen eigenen Weg finden. Jedereinzelne muß mit oder ohne Anleitung für sich selberherausfinden, was richtig und was falsch ist.

Als die Star Wars Helden in „Return of the Jedi“ bei denEwoks landen, glauben diese zunächst, bei C3PO handele essich um einen zurückgekehrten legendären Gott, der von nun

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an über sie herrschen würde. Natürlich hat C3PO wenig Gött-liches an sich, und naheliegenderweise schenkt er in all seinerRobotergnade den Ewoks die Freiheit. Wicket, einer der Ewoks,hält daraufhin eine Rede, worin er unter anderem sagt:

„(...)dieser goldene Gott, dessen Rückkehr zu uns seit demersten Baum prophezeit ist, teilt uns mit, daß er nicht unserHerr sein wird, daß wir frei sind zu leben, wie wir wollen - daßwir wählen müssen, so wie alle lebenden Wesen ihr Schicksalzu wählen haben. Er ist erschienen, hochverehrteste Älteste,und er wird wieder gehen. Nicht länger werden wir Sklavenseiner göttlichen Führung sein. Wir sind frei.

Aber wie müssen wir uns betragen? Ist die Liebe einesEwoks zum Wald geringer, weil er ihn verlassen kann? Nein -sie ist größer, weil er ihn verlassen kann und doch bleibt.(...).“

In diesen einfachen Worten eines kleinen, erfundenen außerir-dischen Pelzwesens steckt einige Weisheit und eine gehörigePortion Sinn. Wenn man die Freiheit hat zu tun, was man will,dann hat man auch die Verantwortung für seine Taten. Nur,weil etwas möglich ist, bedeutet dies zudem noch lange nicht,daß es auch getan werden sollte, geschweige denn, getanwerden muß. Allzu häufig ist es das Richtige, die Dinge, diemöglich sind, nicht zu tun. Auch das bedeutet Freiheit. DieFreiheit des Nicht-Tuns. Denken wir noch einmal an Leias Satz:

„Tut es wegen der Bäume.“

Vielleicht könnte man dies zeitgemäß abwandeln und sagen:

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„Tut es nicht - und zwar für die Bäume!“

Die meisten Probleme auf der Welt könnten schließlich schondadurch gelöst werden, daß viele Dinge schlicht und ergrei-fend nicht getan würden. An genau dieser Stelle kommt diepersönliche Verantwortung ins Spiel, und nur ein gebildeter,wissender Mensch kann verantwortlich handeln - oder ebenverantwortlich nicht handeln. Aus diesem Grunde hört ein Jediniemals auf, nach Wissen und Erkenntnis zu streben - sicher-lich kein schlechtes Vorbild.

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Yoda - einer der weiß, was richtig ist, sich aber nicht immer durch-setzen kann. Jeder muß eben seinen eigenen Weg finden

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Viertes BuchDas Buch der Argumente und

Ereignisse

Es gibt keine Zufälle, denn in Wahrheit geschieht niemalsetwas ohne Grund.

Meister Makani

So etwas wie Zufall, das es nicht gibt.

Yoda

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Eingeschränkte Weltbilder

Einstein sagte noch, Gott würfele nicht, doch für denNaturwissenschaftler unserer Tage ist dies eine imGrunde sinnlose Aussage, denn Gott oder spirituelle

Aspekte im weitesten Sinne existieren im modernen wissen-schaftlichen Weltbild gar nicht.

Die Betonung liegt hier auf „wissenschaftlichem Welt-bild“, denn dieses Weltbild ist streng definiert. Wissenschaftist nämlich tatsächlich gar keine Beschreibung der tatsächli-chen Welt, sondern sie ist ein künstliches System, eine Samm-lung von Fakten und Zusammenhängen, die den Methodendieses Systems zugänglich sind. Das ist wichtig zu wissen,denn die gigantische Menge an Daten und Fakten, die uns dieWissenschaft liefert, bildet letztlich nur einen Ausschnitt derRealität, dessen tatsächliche Größe wir zu keinem Zeitpunktkennen können.

Die wirkliche Welt ist zudem kein wohldefiniertes Labor,in dem sich die Rahmenbedingungen von Experimenten oderBeobachtungen ohne weiteres kontrollieren lassen und manbeispielsweise Meßergebnisse entsprechend leicht nachvoll-ziehen kann, indem man den Aufbau eines Experiments exaktnachvollzieht. In der lebendigen und sich ewig wandelnden Naturist dies niemals möglich, denn zu jedem X-beliebigen Zeit-punkt ist uns die Mehrzahl aller Faktoren, aus denen die unsumgebenden Ereignisse hervorgehen, unzugänglich und unbe-kannt.

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Wird irgend etwas also als „unwissenschaftlich“ bezeichnet,dann kann dies zweierlei bedeuten: entweder ist es tatsächlichunsinnig, oder aber es ist nur dem gegenwärtigen Stand derwissenschaftlichen Methoden schlicht und ergreifend nichtzugänglich. Hinzu kommt noch der Umstand, daß die Grenzenzwischen hanebüchenem Unfug und „unwissenschaftlichen“aber nichtsdestoweniger realen Phänomenen fließend verlau-fen.

Verlockende Irrlichter

Für den Uneingeweihten ist es leicht, sich in diesemverwirrenden und sich ständig bewegenden Grenzbe-reich zu verirren und in verlockend tanzenden Irrlichtern

scheinbare Wahrheiten zu sehen, die es nicht wirklich gibt. Beiallen Dingen, die über den eigenen Erfahrungsschatz hinaus-gehen, ist die Wahrscheinlichkeit, sich zu irren, immer deut-lich größer, als die, die Dinge so zu sehen, wie sie wahrhaftigsind. Selbst die größten Geister wie Einstein oder Newton ha-ben in ihren Laufbahnen insgesamt mehr Fehler als neue Er-kenntnisse hervorgebracht. Das liegt in der Natur der Dinge.

Absolute Wahrheit

Es gibt eine objektive, eine absolute Wahrheit, nämlichdie Existenz aller Dinge und Wesen des Universums inihrer Verbundenheit und Komplexität, in ihrer Gesamt-

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heit. Diese absolute und objektive Wahrheit ist jedoch demeinzelnen Menschen rein intellektuell niemals zugänglich, denner kann niemals auch nur einen nennenswerten Bruchteil desWissens der Welt in ihrer Gesamtheit erlangen, nicht einmaldes menschlichen Wissens.

Keine zwei Menschen sind zudem jemals völlig gleich,also werden auch keine zwei Menschen sehr komplexe Ge-schehnisse und Phänomene jemals völlig gleich beurteilen,sofern sie ihre Interpretationen aus sich selbst heraus entwik-keln. Ist man sich dessen bewußt, so lassen sich viele Konflik-te vermeiden und lösen, denn das Akzeptieren des Anders-seins aller Wesen ist der erste und wohl wichtigste Schritt aufdem Weg zu allumfassender, universeller Toleranz.

Wissenschaft und Weltanschauung

Die moderne Wissenschaft ist eine Methode, mit derman versuchen kann, die Welt zu beschreiben und zuergründen. Wissenschaftler haben sich sozusagen eine

gemeinsame Weltanschauung geschaffen, die bis zu einemgewissen Grade die persönlichen Erfahrungsunterschiede zwi-schen den Vertretern dieser Weltanschauung ausgleicht. DieArt und Weise, die Welt zu betrachten, ist etwa für einen bud-dhistischen Atomphysiker aus Thailand mehr oder minder die-selbe, wie für eine katholische Chemikerin aus Los Angeles.Trotz ihrer ursprünglich sehr verschiedenen kulturellen Hinter-gründe gehören sie beide der Kultur der Wissenschaft an undbetrachten die Welt aus demselben Blickwinkel, analysieren

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Fakten, Daten und Ereignisse mit derselben Methodik. Der schierunendlich komplexen realen Welt wird ein vereinfachtes, mo-dellhaftes Weltbild übergestülpt, und die Anhänger dieses ver-einfachten Weltbildes sind sich dessen Künstlichkeit und Be-schränktheit häufig gar nicht bewußt. Sie sehen bisweilen garnicht mehr, daß ihr Weltbild nur einen Bruchteil der Realitätabbildet, denn ihr Weltbild ist die einzige Realität, die sie ken-nen, an die sie glauben und die sich somit für den Gläubigenzur einzigen Wahrheit kristallisiert. Ich nenne diese Art vonWeltanschauung „Artificial Belief Systems“ oder „künstlicheGlaubenssysteme“. Deren Zweck mag vor allem der sein, denin ihnen eingebundenen Menschen Halt zu geben und ihnendie angenehme, Sicherheit gewährende Illusion zu vermitteln,sie hätten die Welt im Griff, weil sie ja glauben, sie zu verste-hen.

Die meisten großen Religionen - vielleicht mit Ausnahmedes Taoismus und verwandter östlicher Weltanschauungen -sind ebenfalls solche künstlichen Glaubenssysteme, vonmenschlicher Phantasie ins Dasein gerufen, um sich in derverstandesmäßig nicht zu erfassenden Kompliziertheit der Weltan etwas anlehnen zu können.

Wahllos definierte Wahrheiten

Im Gegensatz zur Wissenschaft, die zumindest noch ingewissem Maße zu Wandlung und Selbstkritik fähig ist,definieren viele Religionen jedoch von vornherein die ge-

samte Welt in starrer und dogmatischer Weise, behaupten

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gleichsam per se im Besitz der absoluten Wahrheit zu sein undden Willen der alles beherrschenden Götter genau zu kennen.Das verlieh ursprünglich denjenigen praktisch absolute Macht,die die Götter oder den einen Gott erfunden haben - je nach-dem, um welche Religion es sich handelt. Die Menschen hiel-ten sich an die von den Gottheiten stammenden und durchmenschliche Vermittler überbrachten „absoluten Wahrheiten“.Doch die Wahrheiten waren und sind leider ebenfalls lediglichvon Menschen erdacht und somit denkbar ungeeignet, um alsvermeintlich unfehlbare Richtlinien für das Leben in der kom-plizierten realen Welt herzuhalten.

Dieser andauernde Irrtum hat im Laufe der Menschheits-geschichte zu unfaßbaren Brutalitäten und grenzenlosem Leidgeführt, und es ist nicht abzusehen, daß sich dies in nähererZukunft ändert.

Menschen sind wie alle anderen Tiere im allgemeinen vorallem faul und bequem, und es ist immer erheblich bequemer,sich von jemand anderem sagen zu lassen, was richtig ist, alsdie hergebrachten Werte auf die Probe zu stellen und selbernach Antworten zu suchen.

Das inzwischen vorherrschende künstliche Glaubens-system nennt sich „kapitalorientierte Marktwirtschaft“ oderauch „Konsumgesellschaft“. Das irritierende an diesem künst-lichen Glauben ist, daß er keinerlei Werte verkörpert. Schlim-mer als andere Religionen ist er nur darauf ausgerichtet, dasKapital zu vermehren, wobei die Mehrzahl der Erdbewohnervon dieser Vermehrung weitgehend ausgeschlossen bleibt. Geldläßt sich prinzipiell grenzenlos vermehren, und das künstlicheGlaubenssystem der globalisierten Wirtschaft hat in ihrem Kern

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lediglich einen einfach zu merkenden Grundsatz, der da lautet:Es ist nie genug. Wann hat ein Mensch genug Geld? Wannmacht eine Firma genügend Profit? Nie! Niemals! Mit anderenWorten ausgedrückt, ist die Grundlage unserer hoch-technisierten Knopfdruck-Welt das primitivste aller Gefühle,nämlich ins Endlose gesteigerte und alles verzehrende Freß-gier.

Virtuelle Nahrung

D ie Erfindung des Geldes in ferner Vergangenheitermöglichte dem Menschen sozusagen, „virtuelleNahrung“ zu sich zu nehmen und auf einmal beliebig

viel von dieser virtuellen Nahrung anzusammeln, ohne daß diesevergammeln könnte. Alles läßt sich theoretisch in Geld um-wandeln, und somit läßt sich auch alles konsumieren. Nie-mand stellt die Richtigkeit dieses Tuns in Frage. Nun ist aber„Das System“ auf nichts anderem als der endlosen Gier undihrer nie erreichbaren Befriedigung aufgebaut. Dies aber sindeben die Dinge, die in Star Wars den Zerfall der demokrati-schen Republik verursachen und den Aufstieg des bösartigenals Naboo Senator getarnten Sith Lords Darth Sidious aliasPalpatine ermöglichen. (Sidious hört sich übrigens an wie„seduce“, was verführen bedeutet).

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Grenzenlose Gier

Unsere heutige Welt zeigt dieselben Symptome wie dieder Star Wars Republik in Episode 1: Es gibt keineAnweisungen zum Handeln. Es gibt keine Definitionen

dessen, was gut und was schlecht ist. Niemand sagt den Mit-gliedern des künstlichen Glaubenssystems „Marktwirtschaft“,wie sie ihre Beziehungen zur Welt oder zu anderen Menschenund Lebewesen gestalten sollen - alles wird dem niemals er-reichbaren Ziel der Befriedigung einer grenzenlosen Gier, demgroßen Fressen, untergeordnet und letztlich für nichts geop-fert.

Es gibt keine Ideale, und dennoch ist dieses Systemtrotz seiner im fernen Endresultat absoluten Vernichtung allesLebendigen keineswegs bösartig. Vielmehr gibt es überhauptkeinerlei Werte - die globale Geldwirtschaft ist somit im Sinnedes Wortes wertlos, nichts als kalter Tod. Das Ganze ist einseelenloser Mechanismus, in den man auf der einen Seite et-was Beliebiges hineinsteckt, um auf der anderen eine einzigeSache herauszubekommen. Und so wird letztendlich unsereWelt langsam aber kontinuierlich in Geld verwandelt, und diesmacht auch vor Menschen nicht halt. Tatsächlich ist es jabereits jetzt so, daß einem Menschen ohne Geld kaum nochein Wert zugemessen wird, und gesunde Menschen lassen ausGeldnot ihre Körper ausschlachten, um für Geld ihre innerenOrgane zu verkaufen. Dem Leben an sich wird kein Wert mehrzugemessen, und auch wenn unser System nicht an sich bös-artig ist, setzt sich das Böse allzu häufig durch, da es durchnichts und niemanden kontrolliert wird.

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Qui Gons schützende Hand

In Star Wars - Episode 1 fragt der junge Obiwan nochimmer nach dem Wert, dem Nutzen eines Lebewesens,während Qui Gon Jinn immer eine schützende Hand über

die Schwachen und scheinbar Nutzlosen hält. Obiwan ist irri-tiert, wenn sich Qui Gon um Lebewesen kümmert, die er selbernur als traurige Gestalten ansieht. Doch Qui Gon antwortetnur, Obiwan müsse tiefer schauen und daß nicht alles sei, wases zu sein scheine.

Ist es nicht irritierend zu sehen, wie eine Märchengestaltaus einem, wie ich leider, nachdem ich Episode 1 gesehen habe,sagen muß, recht kindischen Science Fiction Abenteuer, hö-here Werte verkörpert, als die vorherrschende Gesellschaftunserer wirklichen Welt?

Bösartig wird ein an sich neutraler Mechanismus erst durchdie Art und Weise, wie er verwendet wird. Ein Schwert kannUnschuldige verletzen oder Hilflose schützen. Erst menschli-che Selbstsucht und Gier öffnen das „Portal zur dunklen Sei-te“.

Nur noch ein tödliches Ziel

Diese Welt ist inzwischen praktisch vollständig auf eineinziges, niemals erreichbares Ziel ausgerichtet, einZiel auch noch, welches durch ein künstliches Glaubens-

system ohne Werte definiert wurde. Die Menschen verlieren

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dadurch den weitaus größten Teil der Geschehnisse und Zu-sammenhänge in der realen Welt aus den Augen. Sie stehennicht mehr recht in Beziehung zur Komplexität des Ganzen,und sie stehen auch nicht einmal mehr in tiefer Beziehungzueinander. Materielle Notwendigkeiten und Scheinbedürfnisse,die durch das künstliche Glaubenssystem „Marktwirtschaft“erst geschaffen werden, dominieren vollständig den Umgangder Menschen untereinander und den Umgang des Menschenmit der Welt, die ihn umgibt und hervorgebracht hat.

Verdunkelter Geist

Wenn wir heute auf vergangene Zeiten blicken, diegar nicht so lange zurückliegen, dann erscheint esuns absolut barbarisch, daß etwa aus Glaubens-

gründen Leute vor die kirchliche Inquisition gezerrt und unterentsetzlichen Qualen hingerichtet wurden. Zugleich aber hätteuns ein Vertreter der Inquisition in polemischer Breite und mitder geschliffenen Logik der Scholastik erklären können, wes-halb dies absolut notwendig sei. Möglicherweise werden Men-schen der Zukunft ebenso mit Unverständnis auf unsere Suchtnach Geld reagieren. Möglicherweise werden sie es als unver-zeihbar empfinden, daß wir die Natur, von der wir doch ein Teilsind, für die Illusion eines vom Menschen erfundenen Systemsopfern. Vielleicht werden sie es als barbarisch ansehen, daßes bei uns üblich ist, Menschen die Freiheit zu rauben und ihreLeben zu zerstören, nur weil sie zum Beispiel ihre Zinsennicht bezahlt haben - Geld, das aus dem Nichts entstand.

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Wir vergessen allzu leicht, daß im großen Gesamtzusammen-hang des Universums unsere Vorstellungen von Geld und Wirt-schaft nicht die allerkleinste Rolle spielen. Selbst die mögli-cherweise bevorstehende weitgehende Zerstörung allen Lebensauf der Erde durch unser gedankenloses Tun ist aus universa-ler Sicht nur eine zwar tragische, letztlich aber unbedeutendeRanderscheinung, verursacht durch nichts anderes als einengeradezu erstaunlichen Mangel an Einsicht und Selbstkritik.Gefangen in einem beschränkten und doch zerstörerischenWeltbild sehen wir nicht, was um uns herum wirklich geschieht,spüren nicht, was die Welt im Innersten zusammenhält. ImBuddhismus wird dieser Zustand analog zu Star Wars als „ver-dunkelter Geist“ bezeichnet.

Von Tigern, Menschen und Ansichten

Die Biologin Lynn Margulis benutzte eine alte Ge-schichte aus Malaysia als Metapher für unsere der-zeitige Weltkultur. In alten malaiischen Kulturen gibt es

ein Konzept mit dem Namen „med mesign“, „anderes Auge“,womit die eingeschränkte Sicht der Welt aus der Perspektiveeines bestimmten Wesens gemeint ist. Die Geschichte ging inetwa so:

Eine große Familie befindet sich auf dem Weg zu einem Fest ineinem anderen Dorf. Das Dorf ist weit entfernt, und sie müs-sen eine recht weite und gefahrvolle Strecke durch den dich-ten, tropischen Dschungel zurücklegen. Die Gruppe besteht

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vielleicht aus drei Frauen und drei Männern sowie mehrerenKindern und bahnt sich mühsam einen Weg durch das grüneUnterholz.

Ohne daß die Menschen es merken, werden sie bereitsam Anfang ihres Weges beobachtet. Ein riesiger und ausge-sprochen hungriger Tiger wartet nur auf die richtige Gelegen-heit zuzuschlagen. In geifernder Vorfreude schleicht er denMenschen zunächst unbemerkt hinterher und leckt sich be-reits genüßlich sein riesiges Maul. Bald wird er kommen, derrichtige Augenblick, wenn die wehrlosen Menschen weit genugentfernt sind von ihrem Dorf und keine Hilfe erwarten können.

Die Menschen allerdings haben langjährige Dschungel-erfahrung und kennen sich mit ihrer Umgebung aus. Einer derMänner - ein erfahrener Jäger - bemerkt bald den Tiger undwarnt die anderen vor der drohenden Gefahr. Als das hungrigeRaubtier schließlich brüllend wie ein grausamer Rachegott ausseiner Deckung hervorbricht und sich auf seine vermeintlichüberraschten und wehrlosen Opfer stürzen will, sind diese vor-bereitet. Die Erwachsenen stellen sich schützend vor die Kin-der und liefern mit Lanzen und Keulen bewaffnet dem Tigereinen langen und erbitterten Kampf.

Trotz all ihrer Kraft und Ausdauer verliert schließlich dieRaubkatze den Kampf und bricht blutend und erschöpft zu-sammen. Einem der Menschen geht es nicht viel besser. Kraftlossackt er vor dem auf dem Boden liegenden Tier auf die Knieund blickt in dessen müde Augen. „Weshalb tust Du das nur?“fragt der Mensch. „Weshalb willst Du meine Frau und meineKinder töten? Siehst Du nicht, daß sie wie Du leben wollen?“.

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Der Tiger, von Bedauern und der Einsicht des nahen Todeserfüllt, haucht mit letztem Knurren: „Alles, was ich sah, warFleisch. Alles, was ich sah, war Fleisch.“

Und in unserer Kultur ist alles, was wir sehen, Geld. Alles, waswir sehen, ist Geld.

Nicht alles ist bösartig

Als Luke Skywalker in „Return of the Jedi“ von Jabbadem saurierähnlichen Rancor zum Fraß vorgeworfenwird und erbittert gegen ihn um sein Leben kämpft, ist

ihm klar, daß dieses Tier nicht wirklich böse ist. Es ist nur einegequälte und von Angst und Hunger erfüllte Kreatur, die ihrenprimitiven Instinkten folgt. Dieses Wesen weiß einfach nichtgenug von der Welt, um sich anders zu verhalten, als es dastut. Wie der Tiger im Dschungel Malaysias sieht der Rancor inStar Wars nur Fleisch und kann die Ereignisse um ihn herumnicht richtig einordnen. Er reagiert auf alles mit Angriff undFressen.

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Wisse um deine Talente und Beschränkungen

Damit man die Geschehnisse, die sich in der unsumgebenden Welt ereignen, erkennen und einordnenkann, muß man sich erst einmal seiner eigenen Fähig-

keiten und Beschränkungen bewußt werden und die Begrenzt-heit seiner eigenen Wahrnehmung akzeptieren.

Einer der sicherlich bekanntesten Aussagen von MeisterLao Tse zu diesem Punkt ist der Anfang des dreiunddreißigstenSpruches des Tao Te King:

Andere zu kennen ist KlugheitSich selber zu kennen ist ErleuchtungAndere zu bezwingen ergibt MachtSich selber zu bezwingen erzeugt Kraft (...)

Endlose Unwahrscheinlichkeit

Ein Kritikpunkt, den man häufig zur Handlung von StarWars hört, ist der, daß die vielen zufälligen Ereignisseund Begegnungen nicht sonderlich plausibel seien und

dem gesamten Epos dadurch einen eher märchenhaften Cha-rakter verleihen. Wie wahrscheinlich ist zum Beispiel die reinzufällige Begegnung der getrennten Geschwister Luke und Leia?Oder die gesamte Lawine von Ereignissen, die in Episode 1durch das ebenso zufällige Zusammentreffen von Anakin Sky-walker mit den beiden Jedi Qui Gon und Obiwan losgetretenwurde? Es ist gar nicht zu bestreiten, daß Star Wars im we-

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sentlichen ein Märchen ist, aber die Plausibilität der Ereignisseist keineswegs ein Argument. In der Weltanschauung der Jedigibt es keine ungeordneten Zufälle, und auch wenn man unse-re wirkliche Welt durch die Plausibilitätsbrille betrachtet, gerätman schnell ins Schleudern.

Ganz gleich, welches Ereignis in unserem ganz alltägli-chen Leben wir betrachten - letztendlich ist jedes einzelnederart unwahrscheinlich, daß es aus statistischer Sicht garnicht eintreten dürfte. So sitze ich hier unter Weinranken imInnenhof der alten Templerburg La Garde in St. Germain deCalberte und hacke diese einfachen Sätze in meinen AppleMacintosh Laptop hinein. Wie wahrscheinlich ist es, daß diesgeschieht? Stellen wir uns vor, wir gäben einem Mathematikerdie Anfangsbedingungen des Universums, und er sollte danndiese Wahrscheinlichkeit ausrechnen. Wie wahrscheinlich istes, daß sich im Laufe der Jahrmilliarden Galaxien und Sternebilden und schließlich Planeten in genau dem richtigen Ab-stand von ihrem Mutterstern, um Leben zu ermöglichen? Dannkommen einfache Bakterien, drei Milliarden Jahre später kom-plexere Bakterien und Algen, schließlich höhere Tiere und Pflan-zen, die sich vom Meer auf das Land wagen. Nach Hundertenvon Millionen von Jahren taucht eine bestimmte Spezies auf,die sich auf den Gebrauch von Werkzeugen versteht. Die rich-tigen Wesen treffen sich, vermehren sich, und am Ende einerJahrtausende langen Kette der Generationen komme ich her-vor. Und eine andere Kette von ebenfalls ziemlich unwahr-scheinlichen Zufällen hat meinen Apple Computer hervorge-bracht. Wenn man sich also das gesamte Universum von sei-ner Entstehung ausgehend anschaut, dann ist die Wahrschein-

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lichkeit für jedes einzelne Ereignis der Gegenwart aus mathe-matisch-wissenschaftlicher Sicht ziemlich eng mit der Null ver-wandt. Aber dennoch - obwohl es phänomenal unwahrschein-lich ist, sitze ich hier und...naja. Genug der Schleichwerbungfür Apple.

Vorherbestimmte Zufälle?

Zufall kommt von zu-fallen, und es gibt neben den ganznormalen Ereignissen eine Klasse von Geschehnissen,die uns ans Wunderbare glauben lassen, wenn sie ein-

treten. Viele Menschen haben schon erlebt, wie sich aus demNichts plötzlich Zufälle formieren, die eng verbunden sind mitden Dingen, die sie gerade tun, den Gedanken, die sie denkenoder mit ihrer augenblicklichen Lebenssituation. Diese ausge-sprochen bedeutungsvollen Zufälle sind in keinerlei offensicht-licher Weise durch Ursache und Wirkung mit uns verbunden,aber sie sind für denjenigen, der sie erlebt, sehr real. Der welt-bekannte Psychotherapeut C.G. Jung kam nach langjährigenUntersuchungen derartiger Ereignisse zu dem Schluß, es han-dele sich um ein reales Phänomen. Er gab ihm den Namen„Synchronizität“, womit er darauf anspielt, daß sich zwei von-einander kausal unabhängige aber in ihrer Bedeutung ver-schränkte Ereignisse parallel voneinander zutragen. Wie ist soetwas möglich?

Der Denkweise des Buddhismus sind solche scheinbarzufälligen Ereignisse bereits lange bekannt. Man stellt sichverschiedene Dimensionen vor, in denen alle Aspekte der Rea-

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lität auf dem menschlichen Geist nicht ohne weiteres zugängi-ge Weise miteinander verknüpft sind. Es gibt das Konzept des„Karma“, welches auch in der Jedi-Geschichte als „vorherbe-stimmtes Schicksal“ der Skywalkers hindurchscheint.

Die moderne Wissenschaft bietet für derlei Fragen zurZeit (noch?) keine befriedigenden Antworten. Obwohl es ei-nen Wust von ausgesprochen seltsamen Daten und Faktengibt, steht deren praktische Interpretation und Bedeutung fürunsere wirkliche Welt noch aus. Jung schrieb einmal an einenseiner Kollegen einen Brief, in dem er sagt, er fände die psy-chologischen Aspekte der Synchronizität ausgesprochen in-teressant, „(...) aber ich muß sagen, daß ich ebenso - undbisweilen sogar mehr - an den metaphysischen Aspekten die-ses Themas interessiert bin und an der Frage: wie kann essein, daß sogar unbelebte Objekte in der Lage sind, sich zuverhalten, als seien ihnen meine Gedanken bekannt?“.

Höhere Ebenen?

In der modernen Quantenphysik kennt man allerlei seltsa-me Zustände und Ereignisse auf der Ebene der Elementarteilchen, die unserer üblichen Alltagslogik völlig wider-

sprechen. Was all dies für die Makrowelt bedeutet, ist dabeinoch lange nicht geklärt und bietet hervorragenden Stoff fürweinselige Diskussionen in langen Winternächten. Klar ist fürmich eines: in den letzten Jahren haben sich eine Menge Fak-ten angesammelt, die viele zuvor undenkbare Möglichkeiteneröffnen. Die Hinweise auf die Realität einiger sogenannter

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parawissenschaftlicher Phänomene, wie Telepathie und Prä-kognition (Hellsehen) oder das Erkennen und Beschreiben fer-ner Orte, an denen man nie war, verdichten sich zudem. In-zwischen gibt es nicht wenige ernstzunehmende Wissenschaft-ler, die sich mit den eher seltsamen Schlußfolgerungen dermodernen Forschung beschäftigen.

Ein in meinen Augen besonders interessantes Beispielist die „Domain“ Hypothese des amerikanischen PhysikersWilliam A. Tiller. Tiller hat ein in sich schlüssiges Modell vorge-stellt, mit dem sich die bekannte Physik herleiten läßt undzugleich Raum bleibt für die Vorstellung, daß uns Menschenund unseren Sinnen nur ein kleiner Teil der Realität zugänglichist. Das ist zunächst nicht weiter ungewöhnlich. Immerhin istes z.B. eine Binsenweisheit, daß wir nur einen kleinen Teil deselektromagnetischen Spektrums sehen können - nämlich den,den wir sichtbares Licht nennen. UV-Strahlung, Röntgen- oderGammastrahlung, Infrarotlicht, Radio- oder Mikrowellen kön-nen wir nicht sehen. Tatsächlich können wir den weitaus größ-ten Teil des Lichtes nicht sehen. Ähnlich ist es beim Schall:Ultraschall und Infraschall liegen außerhalb unseres Hörberei-ches, und der weitaus größte Teil des Schallspektrums befin-det sich außerhalb unserer Wahrnehmungsfähigkeit. Der größteTeil der Realität um uns herum bleibt also ohnehin schon un-seren Sinnen verschlossen und ist nur mit enormem techni-schem Aufwand zugänglich.

Tillers Vorstellung geht aber darüber hinaus und be-schreibt eine Welt, in der die Realität selbst eine Art „Spek-trum“ darstellt, von dem uns aufgrund der Art und Weise, wiewir durch die Evolution geformt wurden, prinzipiell nur die uns

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bekannten drei Raumdimensionen und - wenn auch mit Mühe- eine Zeitdimension sinnlich und gedanklich zugänglich sind.Hier entsteht eine gänzlich neue Betrachtungsweise der Reali-tät, die unsere klassischen Vorstellungen einschließt und be-trächtlich erweitert. Ganz neue Möglichkeiten zeigen sich, ganzneue Kräfte und Ereignisse scheinen plötzlich möglich und plau-sibel. Es bleibt abzuwarten, was sich aus diesem und ähnli-chen Ansätzen noch ergibt.

In den östlichen Traditionen existiert die Legende von denSiddhikräften (aus siddha: Sanskrit für „Zauberer“), die be-sonders begabte Personen durch langes Üben erlangen kön-nen. Diese Siddhikräfte sind annähernd deckungsgleich mitden Fähigkeiten, die im Westen der Parapsychologie zuge-rechnet werden - und denen der Jedi. Siddhikräfte ermögli-chen es demjenigen, der sie zu beherrschen vermag, die Ge-danken anderer Menschen zu erkennen und zu beeinflussen,ferne Orte zu sehen und die Zukunft zu erahnen. Siddhi - Jedi.Und vielleicht kommen Legenden ja wirklich nicht aus demNichts, und die Welt ist wahrlich weitaus seltsamer, als wir esuns auszudenken vermögen...

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Fünftes BuchDas Buch des Kampfes

Kriege machen Niemanden groß

Meister Yoda

Nicht zu wissen, was die richtige Handlung ist, rechtfertigtniemals eine falsche - nicht handeln ist also besser als falsch

handeln

Meister Makani

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Friedliche Krieger

Die Jedi verabscheuen Gewalt, und das friedliche Lösenvon Konflikten hat höchste Priorität. Aber natürlichsind die Jedi dennoch keine völlig pazifistischen Bet-

mönche. Der taoistische Meister der klassischen Kriegskunst,Sun Tsu, lehrte zwar bereits vor über zweitausend Jahren, daßnur derjenige wahrhaft siegt, der nicht kämpft, aber dennochgibt es Zeiten, in denen auch der Friedfertige zur Anwendungvon Gewalt gezwungen ist. Dennoch sind die Jedi nicht in er-ster Linie Krieger, sondern sie sind vor allem Sucher der Wahr-heit und Bewahrer des Friedens, was wiederum an die Tao-isten erinnert.

Als Luke Skywalker das erste Mal auf Dagobah mit Yodazusammentrifft, ohne dabei zu ahnen, um wen es sich han-delt, sagt er, er suche nach einem großen Krieger. Yoda gabzurück, daß Kriege niemanden groß machen. Als Luke ihmdann erklärt, daß er nach einem Jedi Meister sucht, sagt Yoda,dies sei natürlich etwas ganz anderes. Jedi sind also Kämpfer,aber keine Krieger, oder zumindest sind sie das sozusagennicht hauptberuflich.

Qui Gon Jinn zu Königin Amidala: Wir können Sie be-schützen, aber wir können keinen Krieg für Sie führen. AuchYoda schärft Luke eines wieder und wieder ein: Ein Jedi istruhig und passiv. Die Jedi sind Wächter, keine Soldaten.

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Der Konflikt ist da

Aber nun ist es passiert: der Konflikt ist da, und dieOberbösewichte lassen sich beim allerbesten Willennicht davon überzeugen, über alles noch einmal zu re-

den. So leid es dem freundlichen Jedi auch tut - die Anwen-dung von Gewalt läßt sich nicht vermeiden. Jeder hat schließ-lich das Recht, sich zu wehren, und wer gerne das Richtigetun möchte, der hat obendrein auch noch die Aufgabe, ande-ren, die sich selbst nicht helfen können, tatkräftig unter dieArme zu greifen.

Durch meine eigene langjährige Erfahrung mit der koreanischenKampfkunst Hapkido weiß ich, daß sich bei einem Kampf der-jenige, der angegriffen wird, grundsätzlich in der stärkerenPosition befindet, sofern er wachsam ist. Der Verteidiger istruhig, entspannt und bewegungslos. Abwartend beobachtet erund gibt sich keine Blöße. Ohne Angst weiß er, ihm wird nichtsgeschehen. Sein Geist ruht im Bewußtsein, auf alle Möglich-keiten vorbereitet zu sein. Er wartet, ohne zu denken, ohne zuzweifeln, bereit zu tun, was getan werden muß.

Angriff ist Schwäche

Der Angreifer hingegen ist gezwungen, sich zu bewe-gen. Jede Bewegung aber birgt in sich die Gefahr derSchwäche. Die Deckung wird für einen Moment geöff-

net, der Angreifer verliert für den Bruchteil einer Sekunde sein

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ideales Gleichgewicht. Der Verteidiger schließlich nutzt denAugenblick des Angriffes aus, um den Angreifer vollends ausdem Gleichgewicht zu bringen, und verwendet dessen eigeneBewegungsenergie, dessen eigene Kraft gegen ihn. Mit einereinzigen sparsamen Bewegung leitet der Verteidiger die Ener-gie des Angreifers um und kontrolliert ihn dann vollständig.Der unvorbereitete Gegner bringt sich auf diese Weise sozusa-gen selber zu Fall. Sein Entschluß anzugreifen hat bereits denKampf gegen ihn entschieden.

Doch ist dies noch nicht alles. Die ruhige und aggressions-lose Bereitschaft des Verteidigers wird bereits von vornhereinin den meisten Fällen erheblich dazu beitragen, eine Streit-situation zu entschärfen. Aggression ruft nur weitere Aggres-sion hervor, Wut erzeugt mehr Wut. Die weiseste Art, miteiner Streitsituation umzugehen, ist es, sich selber zurückzu-nehmen und die Aggressivität des Gegners regelrecht an sichvorbei ins Leere gleiten zu lassen.

Ein Schwimmer, der im Meer in eine Strömung gerät,die ihn auf das offene Meer hinauszutragen droht, hat zweiAlternativen. Er kann mit aller Macht gegen die Strömung an-schwimmen und so versuchen, wieder an das Ufer zu gelan-gen. Nur ein sehr guter Schwimmer hat dabei eine Chance,dies überhaupt zu überstehen. Der weniger gute Durchschnitts-schwimmer dagegen ist von vornherein zum Untergang verur-teilt. Der gute Schwimmer wird aber auch vermutlich das Meerund seine Gesetze besser kennen und gar nicht erst versu-chen, gegen die Strömung anzukämpfen. Stattdessen läßt er

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sich ein wenig von ihr auf das Meer hinaustragen, während erquer zur Strömung schwimmt und sich so ihrem Einfluß ent-zieht.

Dies erinnert wieder an das Prinzip der Passivität, wel-ches sowohl die taoistischen Meister als auch die von GeorgeLucas ersonnenen Jedi lehren. Kämpfe nicht gegen die Ereig-nisse an sich an, sondern lasse Dich von ihnen tragen, ruhigund ohne Angst und Wut. Die Provokation durch einen ande-ren Menschen ist in diesem Sinne ebenfalls nichts anderes alseinfach nur ein Ereignis, das sich meiner Kontrolle entzieht.Auf eine Provokation mit Wut und Gewalt zu reagieren, istebenso sinnlos, wie das Meer für seine Strömung zu verflu-chen und wütend auf das Wasser einzuschlagen.

In Star Wars - Episode 1 wird das besonders deutlich,wenn es sich bei den Gegnern um Maschinen handelt. Es ent-behrt jeglicher Grundlage, auf Roboter wütend zu sein. Statt-dessen muß in einer solchen Situation einfach nur gehandeltwerden. Man kann nichts anderes tun, als sich von den Ereig-nissen wie von Ozeanwellen tragen zu lassen und ohne zuzögern so zu handeln, wie es der Augenblick erfordert. Wennman es mit einem Menschen zu tun hat, kann man ihn wahr-scheinlich von seiner Wut wegleiten und dazu bringen, sichfriedlich zu verhalten, so daß es gar nicht erst zum Kampfkommt. Dazu sagt Lao Tse:

Wer über den richtigen Wegbeisteht dem Herrscher der Menschen,der vergewaltigt nicht mit Waffen, was unter dem Himmel liegt:Sein Tun bevorzugt den Gegenschlag.

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Kämpfe in der Seele

Das ist wiederum dieselbe Einstellung, wie die der Jedi.Sie greifen niemals an, es sei denn, es dient tatsäch-lich der Verteidigung. Sie schützen Unschuldige um

jeden Preis und würden niemals für ihre Ziele das Leben Unbe-teiligter riskieren.

Es besteht natürlich auch eine Ähnlichkeit zwischen den JediKampfkünsten und den Traditionen der japanischen Samuraiund Ninja. Der Zen-Buddhismus Japans hat die japanische Kulturganz wesentlich mitgeformt und bildet die geistig seelischeGrundlage der Kampfkünste Nippons. Viele Elemente des Tao-ismus wurden dabei übernommen.

Ursprünglich war bewaffneter und unbewaffneter Kampfin Japan wie anderswo nichts weiter als ein Handwerk, eineAnsammlung erlernbarer Techniken, mit dem einen einzigenZweck, möglichst effektiv Menschen zu töten. Erst die philo-sophisch-spirituelle Umformung der kalten Tötungstechnikendurch den Taoismus und in Japan schließlich den Zen-Bud-dhismus führte zur Entstehung der Kampfkünste und der ih-nen zugrundeliegenden Philosophien. In deren Mittelpunkt stehtdie geistige Vervollkommnung und Suche nach dem richtigenspirituellen Weg und nicht mehr der Kampf gegen einen Geg-ner. Der größte Teil des Kampfes wird innerhalb der Seeleeines jeden Menschen ausgefochten. In seinem Vorwort zuTaisen Deshimaru-Roshis bekanntem Buch „Zen in den Kampf-künsten Japans“ schreibt der Meister Claude Durix:

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„(...) Unter diesen Bedingungen entstand das Bushido, das istdie enge Verbindung der moralischen Prinzipien, des Ehrenko-dex und der ritterlichen Tugenden, welche die Ausbildung undPflege hoher körperlicher und seelischer Eigenschaften zumInhalt haben: Mut, Einfachheit und Genügsamkeit, Loyalitätund Gerechtigkeit, Interessenlosigkeit und Todesverachtung.Bald nannte man daher das Zen die Religion der Samurai“.

Jedi und Samurai

Zwischen diesen Samurai Idealen und denen der Jedigibt es kaum einen Unterschied, auch wenn sie in derpraktischen Anwendung sehr wohl voneinander abwei-

chen.Lauschen wir einmal einigen Worten des Zen-Meisters

Taisen Deshimaru-Roshi:

„Das Geheimnis der Schwertkunst besteht darin, das Schwertnicht zu ziehen. Wenn ihr das Schwert zieht, um jemanden zutöten, müßt ihr selbst sterben. Man muß sich selbst, seinenGeist töten. Wenn man dies erreicht hat, haben die anderenAngst und fliehen“.

Was der Meister hier beschreibt ist ein Zustand völliger Ruheund Gleichmütigkeit. Ein Zustand, in dem keine Wünsche, kei-ne Begierden und keine nutzlosen Gedanken und Projektionenden Geist belasten. Der Geist ist in diesem Sinne tot, und die

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meisten Angreifer werden von Angst ergriffen, weil der Vertei-diger völlig leidenschaftslos auf das wartet, was kommt, lei-denschaftslos bereit, entsprechend zu reagieren.

Der Krieger, der sich verteidigt, hat kein eigentlichesInteresse daran zu siegen. Er hegt keinen Groll gegen denAngreifer und braucht seine Wut auch nicht zu unterdrücken,da er frei von ihr ist. Störende Gefühle haben ihren Ursprungnach der Lehre des Zen immer in unterdrückten Ängsten, alsoist es notwendig, sich zunächst von den Ängsten zu befreien.Sie sind es, die den Geist verwirren und auf den falschen Pfadlocken - und auch laut Yoda sind es die unbeherrschten Äng-ste und Leidenschaften, die den Weg zur „dunklen Seite“ be-reiten. All dies ist identisch mit Zen, und das zentrale Mittel,um sich und seinen Geist beherrschen zu lernen, ist die Medi-tation, bei den Zen-Buddhisten „Zazen“ genannt. Noch einmalMeister Deshimaru:

„Zazen - das heißt, unsere Energie und unser Geist kommenin Harmonie mit der kosmischen Energie, und die unendlichekosmische Energie lenkt unsere eigene. Derart können wir diezehntausend Dinge in einem einzigen lenken. Wir können dankder Energie des Kosmos, der unsichtbaren Wahrheit, wahrhaf-tig frei sein. Das gilt gleichermaßen für die rechte Übung derKampfkünste.“

Hier haben wir „Jedi Philosophie“ in Reinkultur - dieselbenWorte könnten von einem der Jedi-Meister, die ihr Leben derKreativität des George Lucas verdanken, stammen, wobei dieReihenfolge der Entstehung natürlich eindeutig ist.

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Chi, ki und die Macht

Auch die „Macht“ (Force) des Star Wars Universumshat ein Gegenstück in der östlichen Philosophie. Siewird in Japan ki genannt, in China chi, und sie hat eine

Entsprechung in vielen anderen Glaubenssystemen rund umden Globus. In Hawaii etwa heißt diese spirituelle Kraft, die„alles durchdringt, alle lebenden Wesen einhüllt und von ihnenausgeht“ Mana, und tatsächlich ist sie keineswegs eine reli-giöse Erfindung.

Meister Deshimaru wurde von einem Schüler gefragt:„Ist ki die Energie, die man in sich trägt?“, und er antwortete:„Ja und nein. Es lebt in der Tiefe der physischen Kraft. DasDasein selbst erschafft die Energie, das ist die Bewegung derBewegung. Ki ist immer Bewegung: es ist der Fluß des Lebensselbst, der gleichwohl nicht spürbar ist. Die Energie ist, ge-nauer gesagt, durch ki in Bewegung gesetzte Form (Materie).Was läßt Blut in unseren Adern zirkulieren, was setzt die Nerven-ströme und die Eingeweide in Bewegung? ...Allein ki bewegt,schafft die Bewegung des Lebens. Mit ki in Harmonie zu seinbedeutet also, eins zu sein mit dieser Grundenergie. Auch wennein Pianist oder Gitarrist sein Instrument sehr gut beherrscht,so ist es letztlich doch sein ki, das spielt und sich der erlerntenTechnik bedient.“

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Wunschlose Wünsche

Ich denke, es gibt keinen Zweifel, daß die Star Wars„Kraft“ oder „Macht“ und das Ki, Chi, Mana, Prana,Kundalini etc. ein und dasselbe sind. Deshimaru-Roshi er-

klärt auch, bei Angst handele es sich um eine Auswirkung vonschwachem ki. Es gibt demnach keinen Grund, vor irgend et-was Angst zu haben. Er sagt:

„Wer Angst hat, ist zu egoistisch und denkt immer nur ansich selbst. Man muß sein Ego aufgeben, dann verschwindetdie Angst.“

Und weiter:

„Es ist unnötig, siegen zu wollen; nur so kann man siegen.“

Man muß einen Wunsch aufgeben, um das Gewünschte zubekommen, man muß sich von seinen Absichten lösen, umseine Ziele zu erreichen. Worte, die wahr sind und doch soparadox erscheinen - so paradox wie das Leben selbst.

Im Kampf bedeutet dies, man kämpft mit seinem Gegenüberund nicht gegen ihn. Man muß - um ein Wort des Schwert-meisters Myamoto Musashi zu gebrauchen „...mit dem Geistder Sache an sich verschmelzen“.

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Reale Unmöglichkeiten

Diese Art von Konzentration, die so weit geht, daßman sogar die Sache selbst vergißt und nur nochhandelt, ist die höchste Meisterschaft der Kampfkünste.

Sie hat nur teilweise etwas mit körperlichem Training zu tun,und auch kleine und körperlich recht schwächlich erscheinen-de Menschen vollbringen erstaunliche Leistungen, wenn siesich die Macht des ki zunutze machen können. Ich habe ein-mal erlebt, wie ein koreanischer Großmeister von rechtschmächtiger Statur einen 80 Kilogramm schweren jungenMann mit einer Hand am Kragen packte, in die Luft hob unddort einen Augenblick mit verblüffender Leichtigkeit festhielt.Ich traute dabei meinen Augen kaum, denn er stand in einerstatisch völlig unmöglichen Stellung und hätte angesichts desviel schwereren Mannes, den er hochhielt, eigentlich einfachumkippen müssen - von der Kraft, die er für diese Leistungaufwenden mußte, ganz zu schweigen. Aber er kippte nichtum.

In einer anderen Trainingsstunde bei Hapkido MeisterChung „erwischte“ es mich selbst. Er kritisierte die Schwächemeiner Schläge während eines Freikampftrainings, bei dem wirGanzkörperschutz trugen. Meine Versuche, mich mit logischenArgumenten zu rechtfertigen, wurden mit einer kleinen De-monstration belohnt: Meister Chung hielt seine Hand nur we-nige Zentimeter vor meinen Körperschutz und versetzte mirdann ohne sichtliche Anstrengung einen Schlag, der mich dreiMeter nach hinten warf, wo ich völlig verdattert von einer Wanddes Dojang gestoppt wurde.

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Einige Jahre später dann wurde ich während meiner Prüfungzum ersten Dan mit einer Überraschung konfrontiert. Sie be-stand aus einem hartgebackenen, massiven, gesinterten Zie-gelstein, den ich zerschlagen sollte. Bis zu diesem Zeitpunkthatten wir in früheren Gürtelprüfungen lediglich Holzbretterals Bruchtest-Demonstrationen, und ich war ein wenig nervös.Der Stein war schwer und äußerst massiv, und ich war amEnde der Prüfung bereits recht erschöpft und unkonzentriert.Meister Chung sagte nur: „Geduld und Konzentration. Du kannstes“. Und tatsächlich - irgendwie war der Test vorbei, der Steinlag fein säuberlich zerlegt vor mir, und meine Hand war völligunversehrt. Mir war in diesem Augenblick, als wäre für denBruchteil einer Sekunde etwas durch mich hindurchgeflossen,das den Stein gesprengt hat. Irgend eine geheimnisvolle Ener-gie oder Kraft...

Ein kleiner Ziegelstein ist natürlich für fernsehgewohnteSensationsaugen kein Drama, aber dies war kein Fernseh-ziegelstein, sondern ein ausgesprochen realer. Andere Men-schen vollbringen auch tatsächlich wesentlich erstaunlichereLeistungen, und bisher steht die endgültige wissenschaftlicheErklärung noch aus, wie dies möglich ist.

Schwächen werden zu Stärken

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der, daß man seineeigenen Begrenzungen anerkennen muß, damit mansie letztlich sogar in Vorteile verwandeln kann. Luke hätte

beim ersten Zusammentreffen mit Yoda niemals vermutet, bei

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dem kleinen schwächlichen Wesen vor ihm könne es sich umden gesuchten Meister aller Jedi-Meister handeln. Yoda nutztsein äußeres Erscheinungsbild aus und spielt mit der Fehlein-schätzung derer, die ihn sehen und automatisch für klein,schwach und unwichtig halten. Tatsächlich sind körperlicheGröße und äußere Erscheinung unbedeutend. Sie sind ledig-lich Erscheinungen an der Oberfläche der Dinge. Der Kampf-künstler Bruce Lee etwa war klein und schmächtig, sein rech-tes Bein war um eineinhalb Zentimeter verkürzt, und er littunter Kurzsichtigkeit. Keine guten Voraussetzungen für einenKämpfer, sollte man meinen. Tatsächlich aber gelang es ihm ingenialer Weise, seine scheinbaren körperlichen Nachteile inVorteile zu verwandeln. Er lernte zunächst Win Chun, eineKampfkunst, in der man auf sehr kurzer Distanz kämpft, unddas Problem seiner beschränkten Sehfähigkeit war gelöst. Dannfand er heraus, daß ihm die Verkürzung seines rechten Beineseine Grundstellung aufzwang, aus der heraus er besondersstarke Fußtritte anbringen konnte. Letztlich wurde sein ganzerStil auf Geschwindigkeit ausgerichtet anstatt auf Stärke, undBruce Lee nutzte auf diese Weise seine körperlichen Voraus-setzungen perfekt aus. Scheinbare Nachteile wurden neutrali-siert oder sogar in Vorteile verwandelt.

Bewußte Täuschung

Kaum etwas ist in einer Auseinandersetzung so wich-tig, wie die richtige Einschätzung des Gegners, undein Kampf wird nicht selten durch Fehleinschätzungen

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entschieden. Man unterschätzt den Gegner - und man wirdübermütig und arrogant. Man überschätzt den Gegner - undwird ängstlich und unruhig, unsicher, und macht Fehler. Um-gekehrt ist es möglich, den Gegner gezielt dazu bringen, Fehl-einschätzungen zu begehen, wozu man ebenfalls seine äußereErscheinung einbringen kann. Ein angeberischer Anfänger etwamöchte in der Regel seinen Gegner beeindrucken und fuchteltwild mit den Armen umher oder zeigt seine besten Fußtritte.Ein Meister jedoch steht ruhig da, ganz unbewegt, Körper undGeist in Ruhe. Er bietet der Einschätzung seines Gegenüberskeinen Anhaltspunkt außer dem, was seine Augen sehen - undsehen sollen. Ist er groß und dick, wird der Meister den Ein-druck eines behäbigen Bären vermitteln, so daß der Gegnerseine Behendigkeit und Schnelligkeit unterschätzt, seine kör-perliche Stärke überschätzt und so in seinem Geiste ein fal-sches Bild erzeugt, das ihn dazu bringt, Fehler zu machen. Ister klein und dünn, wird der Meister wirken wie eine behende,quirlige aber schwächliche Person. Der Gegner überschätztdie Geschwindigkeit, unterschätzt die Kraft und wird vermu-ten, der schwächliche Gegner ginge einer direkten Konfronta-tion aus dem Weg. So nutzt der Meister der Kampfkunst dieFehleinschätzungen des Gegners aus - letztlich also die Schwä-che in dessen Geist. Hier trifft wieder Obiwans Wort zu: Leichtzu beeinflussen sind die, die schwach sind im Geiste.

Wer sich selbst ständig in den Vordergrund spielt undjeder von außen aufgedrängten Modewelle hinterherläuft, ver-deckt in Wahrheit nur eine tiefe innere Schwäche und Unsi-cherheit und befindet sich auf dem falschen Weg - oder aufgar keinem.

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Jedi und die Regeln des Bushido

Der größte Meister der japanischen Schwertkunst -Miyamoto Musashi - hat folgende neun Regelnaufgestellt, nach denen der wahre Krieger leben soll,

und über die er beständig nachdenken muß:

1) Denke ehrenhaft tief in Dir selbst und sei ehrenhaft in allDeinen Beziehungen zu anderen Menschen.

2) Ständiges Üben und Lernen ist die einzige wahre Lebens-strategie.

3) Lerne die Grundlagen jeder Kunst und jedes Handwerks,von denen Du hörst.

4) Versuche, die Wege anderer Disziplinen und Denkschulenzu verstehen.

5) Erlange klares Wissen über den Unterschied zwischen „rich-tig“ und „falsch“ in allen menschlichen Angelegenheiten.

6) Strebe danach, ein klares Verständnis und eine auf diesemVerständnis basierende Meinung über alle Dinge zu haben.

7) Sehe das, was nicht gesehen werden kann.

8) Ignoriere nichts - gleichgültig, wie unwichtig es Dir erschei-nen mag.

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9) Verschwende keine Zeit mit faulem Herumlungern oder sinn-losem Grübeln, nachdem Du Deine Ziele gesetzt hast - be-schreite den Weg...

Musashi schreibt weiter:

„Diese neun grundlegenden Lebenseinstellungen sind absolutnotwendig, um den Geist von negativen Einflüssen zu befrei-en, die ansonsten Deine Reise stören oder unmöglich machenwürden. Du mußt ständig und immer wieder über sie nachden-ken, bis sie schließlich verinnerlicht und Teil Deines Herzenswerden. Sobald Du die Notwendigkeit begriffen hast, dieseRegeln zu studieren und zu verstehen, kannst Du mit Zuver-sicht, Zielstrebigkeit und Sicherheit voranschreiten. Du wirstin der Lage sein, viele Deiner Gegner bereits mit einem Blick zubesiegen. Sie werden schnell begreifen, daß Du ein starkerGegner bist, und nicht den Mut aufbringen, Dich anzugreifen.(...) Vergiß aber niemals die notwendige Harmonie zwischendem Universum und Deinem inneren Selbst.“

Wer sich eingehender mit Zen in den Kampfkünsten beschäfti-gen möchte, der sollte unbedingt einmal Taisen Deshimaru-Roshis Buch „Zen in den Kampfkünsten Japans“ zur Handnehmen und Musashis „Buch der Fünf Ringe“ studieren. Hierliegen offenbar die wahren Wurzeln der Kriegerseite der Jedi.

Und Meister Makani sagt noch: „Es gibt keinen Feind, dennalle Wesen und alle Dinge sind eins, also sind auch wir eins mitdenen, die wir meist zu Unrecht als unsere Feinde zu erkennenglauben... „

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Alte Traditionen

In Star Wars ist die Jedi Philosophie Teil einer Romanhandlung und wird entsprechend nur fragmentarischentwickelt. Wirkliche Traditionen, an die die Jedi Lehre an-

gelehnt ist, haben sich hingegen über lange Zeiträume entwik-kelt, und man findet interessante Parallelen zwischen den Zi-taten von Qui-Gon, Yoda und Obiwan auf der einen und z.B.buddhistischen und taoistischen Lehrern sowie vielen Philoso-phen auf der anderen Seite. Nehmen wir einmal den folgendenzufällig herausgegriffenen Ausschnitt aus dem tibetischen Buchder Toten, der ebenso aus der Feder eines Jedi stammen könnte:

Oh Kind aus edler Familie, wenn Du den richtigen Weg nichterkennst, wirst Du von der Angst beherrscht werden und zuflüchten versuchen und nur mehr Leiden finden. Wenn Du denrichtigen Weg nicht erkennst, wirst Du all die blut-trinkendenGottheiten als Herrscher des Todes (Lords of Death) sehenund in große Angst vor ihnen geraten. Du wirst erschrecktsein und Dich fürchten und ohnmächtig werden vor Angst.Deine eigenen Vorstellungen werden sich in Dämonen verwan-deln und Dein Weg wird Dich nach Samsara führen. Doch wennDu weder angezogen bist noch ängstlich, dann wird Dein WegDich nicht nach Samsara führen...

Samsara ist hier das Pendant zur dunklen Seite.

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Sechstes BuchDas Buch der Jedi-Sprüche

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Yoda etwa sagt zu Luke auf Dagobah:

„Zorn, Zorn, Angst, Aggression! Die dunkle Seite der Macht,das sind sie. Sie strömen leicht...stellen sich schnell zum Kampf.Für die Macht, die sie bringen, wird ein hoher Preis gefordert.(...) Die dunkle Seite lockt. Aber wenn du den dunklen Wegeinmal betrittst, wird er dein Schicksal für immer bestimmen.Er wird dich verzehren.“

Laut Yoda ist der dunkle Weg keineswegs stärker, sondernlediglich leichter und verführerischer. Wenn man sich alltägli-che Beispiele ansieht, ist das schnell einzusehen. Immerhin istes ja wohl auch leichter, illegale Drogen auf der Straße zuverkaufen, die menschliches Leben zerstören, als sich z.B.jahrelang mit dem Studium der Pharmazie zu plagen, eine Apo-theke zu eröffnen und hilfreiche Medikamente herzustellen.

Weitere Jedi- und Jedi-ähnliche Zitate:

Yoda zu Luke: „Nicht versuchen. Tun, tun. Oder nicht tun. Esgibt kein Versuchen.“

Padmé Narberrie alias Amidala: „Bist Du ein Sklave?“Klein Anakin Skywalker: „Ich bin eine Person!“

Yoda zu Luke: „Die Größe hat keine Bedeutung. (...) Siehmich an. Beurteilst du mich nach meiner Größe?“

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Qui Gon Jinn zu Jar Jar Binks: „Die Fähigkeit zu reden machtdich noch nicht intelligent.“

Yoda zu Luke: „Vergiß die alten Maßstäbe. Umlernen, umler-nen!“

Bruce Lee: „Wenn die Sinne sehr wachsam sind, dann kannman sofort die Wahrheit erfassen, die überall ist. Der Geistmuß befreit werden von alten Gewohnheiten, unproduktivemDenken, ja selbst von gewöhnlichen Gedanken.“

Qui Gon Jinn: „Hör mir zu, mein junger Padawan: Es gibt Ge-heimnisse, die in der Macht verborgen sind und sich nichtleicht entdecken lassen. Die Macht ist gewaltig und durchdrin-gend, und alle lebendigen Dinge sind ein Teil von ihr. Es istallerdings nicht immer deutlich, was ihr Zweck sein mag. Manch-mal muß man erst einmal spüren, daß es einen Sinn gibt,damit sich dieser später offenbaren kann.“

Qui Gon Jinn: „Geheimnisse müssen gelüftet werden, wennman sie findet. Umwege muß man gehen, wenn man auf sietrifft. Und wenn du der bist, der an der Weggabelung oder amOrt des Geheimnisses steht, dann darfst Du es niemals ande-ren überlassen, an deiner Stelle zu handeln.“

Phaidros: „Die Vergangenheit kann sich nicht der Vergangen-heit entsinnen. Die Zukunft kann nicht die Zukunft hervorbrin-gen. Die Schneide eben dieses Augenblickes, des Hier undJetzt, ist nie weniger, als die Totalität alles Seienden.“

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Obiwan Kenobi: „Die Naboo und ihr - ihr seid verbunden! Wasden einen geschieht, hat auch Auswirkungen auf die anderen.Ihr müßt dies begreifen!“

Ganz ähnlich sagte einst der hawaiianische Priester und Philo-soph Akaiko Akana: „Obwohl sich die Nationen durch bestimmteethnische Eigenschaften unterscheiden, gehören sie doch zu-einander. Sie sind unterschiedliche Mitglieder mit unterschied-lichen Fähigkeiten, die zu einer einzigen großen Familie gehö-ren. Sie alle sind derartig untrennbar miteinander verbunden,daß alles, was einem geschieht, sich auch auf die anderenauswirkt.(...) Jedes Element der Stärke, welches einer erfährt,kann auch die anderen erheblich stärken, und jedes Elementder Schwäche kann auch die anderen schwächen.“

Meister Makani: „Wenn Du andere schlechtmachst, wirst Duselbst keineswegs besser.“

Meister Makani: „Je weniger Du Dich angestrengt bemühstund je weniger Du nachdenkst - desto schneller und kraftvol-ler wirst Du sein.“

Gichin Funakoshi: „Du magst lange Zeit üben, aber wenn Dunur deine Hände und Füße bewegst und auf und ab hüpfst wieeine Marionette, dann ist das Karate-Studium nicht viel an-ders als das Tanzenlernen. Du wirst nie zum Kern der Dingevordringen. Du wirst die Quintessenz von Karate Do nicht be-griffen haben.“

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Jim Lau: „Körperlich kann ich Dich mit oder ohne Grund besie-gen. Deinen Geist aber kann ich nur besiegen, wenn ich einenGrund habe.“

Meister Makani: „Wer von Wut, Angst und Gier erfüllt ist, derbraucht keine Feinde - er ist sich selber der schlimmste nurdenkbare Feind.“

Akaiko Akana: „Macht und Kraft kommen nicht durch irgendeine sofort wirkende Methode, sondern durch andauernde,allmähliche, disziplinierte und systematische Übung.“

Lao Tse: „Weiches - das Harte besiegt es, Schwaches - estriumphiert über Starkes. Geschmeidiges ist immer dem Un-beweglichen überlegen. Dies ist das Prinzip des Beherrschensder Dinge durch Flexibilität: das Prinzip der Meisterschaft durchAnpassung.“

Steven K. Hayes stellt dem ersten Kapitel seines Buches „Nin-ja - die Lehre der Schattenkämpfer“ ein Gedicht voran:

Du mußt wissen, daß die Himmel geschaffen wurden,um die fünf Erscheinungen der Elemente zu bilden.Ein Elementist ein kleiner Spiegel der anderen.Alle sind gleich.Alle.Jeder TeilIst ein kleines Universum für sich.

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ErdeWasserFeuerLuftUnd die Kräfte der großen Leeresind in allem.

Die Ordnung des Universums kennenheißt, die Eigenarten der Naturund die Neigungen der Menschen zu verstehen.

Bruce Lee: „Der Weg, um das Karma zu erfahren, bestehtdarin, Geist und Willen im besten Sinne zu gebrauchen. DieEinheit allen Lebens ist eine Wahrheit, die dann voll erkanntwerden kann, wenn falsche Vorstellungen von einem getrenn-ten Ich, dessen Geschick man sich getrennt vom Ganzen vor-stellen kann, für immer ausgelöscht werden.“

Und noch einmal Steven K. Hayes:

Der gütige Kämpferversteht wahre Reichweite und Prioritätendes Krieges.(...)Er gibt seine Kraft, umbedeutungsvolle Plätze undliebende Gesichter zu schützenHier dient der Ninja seinem eigenen Herzen.

(wenn dort statt „Ninja“ Jedi stünde, würde es gar nicht wei-ter auffallen...)

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Meister Makani: „Sich ändern können, wenn nötig, ist die zweiteRegel des Lebens. Starrheit ist Dummheit, die zur Dunkelheitführt.“Schüler: „Und was ist die erste Regel?“Meister Makani schweigt.Schüler (ungeduldig, nach einigen Minuten): „Meister, was istnun die erste Regel des Lebens?“Meister Makani (lächelt): „Geduld...“

Caine in „Kung Fu“: „Wenn ein Mensch ein Unrecht sieht, undnichts dagegen tut, wie kann sich so jemand noch als Menschbezeichnen?“

Schüler: „Meister, gibt es ein Prinzip, nach dem man seinganzes Leben hindurch handeln kann?“Meister Kung (ca. 300 v. Chr.): „Die Nächstenliebe. Was Duselbst nicht an Dir getan wünschest, das tue auch keinemanderen.“

Meister Kung: „Der Gebildete richtet sein Streben auf Wahr-heit; wenn aber sich einer schlechter Kleider und einfacherNahrung schämt, der ist noch nicht reif, um mitzureden.“

Meister Makani: „Ihr studiert die fernsten Galaxien und dasInnerste der Atome, und doch versteht ihr nicht die einfachstenWahrheiten des Lebens.“ Caine in „Kung Fu“ zu seinem Sohn Peter: „Das wichtigstebeim Kung Fu hast Du offensichtlich vergessen...“Peter: „Und das wäre“Caine: „Dich zu ducken!“

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Ein unbekannter Koch in Japan: „Kochen fängt damit in, daßman sich überlegen muß, warum man sich dieses fremde Le-ben zueigen macht.“

Meister Kung: „Ein edler Mensch ist kein bloßes Werkzeug!“

Stingray: „Denke! Benutze den Teil von Dir, der noch lebt, unddenke nach!“

Bruce Lee: „Das Bewußtsein des eigenen Ichs ist das größteHindernis in der Ausübung aller körperlicher Aktionen.“

Chiang zur Möwe Jonathan: „Um in Gedankenschnelle fliegenzu können, mußt Du schon vor Beginn wissen, daß Du bereitsangekommen bist. (...) Vergiß alles Wissen. Du hast es nichtgebraucht, um fliegen zu können, du hast einfach fliegen müs-sen.“

Phaidros: „Wir werden es einfach damit probieren...und wennnichts Rechtes dabei herauskommt...nun, dann werden wireben etwas anderes probieren...“

Taisen Deshimaru Roshi: „Die Kraft des Körpers, der Technikund des Geistes liegen mehr oder weniger eng beieinander,doch immer entscheidet shin, der Geist, über den Ausgangeines Kampfes.“

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Erich Fromm: „Wissen bedeutet nicht, im BESITZ der Wahr-heit zu sein, sondern durch die Oberfläche zu dringen undkritisch und tätig nach immer größerer Annäherung an dieWahrheit zu streben.“

Caine in „Kung Fu“: „Alle Kämpfe sind Kämpfe des Willens.(...)Du mußt Dich ergeben, um zu siegen. (...) Das Töten einesanderen bringt niemandem Ehre.“

Schüler: „Meister - wo ist das Tor zur endgültigen Wahrheit?“Meister Makani: „Es gibt kein solches Tor, und es gibt keinesolche Wahrheit.“Schüler: „Es gibt keine Wahrheit?“Meister Makani: „Keine endgültige. Nein. Und doch liegt siefrei und offen im Herzen des Universums, und zehntausendmal zehntausend Wege führen direkt zu ihr hin.“Schüler: „Wie finde ich einen dieser Wege?“Meister Makani lacht amüsiert: „Nun - ich würde sagen, indemDu endlich mit dem Suchen anfängst...“

Luke Skywalker in Erben des Imperiums: „Regierungen undPlaneten sind wichtig, Dreipeo. Aber im Grunde geht es immernur um die Menschen...ein Jedi kann sich so mit Angelegen-heiten von galaktischer Bedeutung beschäftigen, daß er dar-über die Menschen vergißt.“ Qui Gon Jinn zu Obiwan: „Du warst ehrlich zu mir. Ehrlichkeitist niemals falsch.“

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Yoda zu Obiwan: „Qui Gon Jinn, ein hervorragender Kriegerwar er - aber so viel mehr er hätte sein können, wäre er nichtso schnell immer in allen Dingen gewesen. Langsamer vorge-hen mußt du(...). Urteile nicht vorschnell. Nicht alles kannman verstehen. Nicht auf einmal zeigt es sich. Jahre dauert es,ein Jedi zu werden. Weitere Jahre noch, um eins zu werdenmit der Kraft.“

Meister Makani: „Am Ende unserer Reise werden wir dort an-kommen, wo wir schon immer waren. Wir werden erstaunt dieAugen öffnen, uns umsehen und diesen Ort zum erstenmalverstehen.“

Und falls wir gar nicht mehr weiter wissen, sollten wir unsHan Solos Motto ins Gedächtnis rufen:

„Uns wird schon etwas einfallen.“

Und laut Meister Makani braucht man dafür lediglich:

„Geduld...“

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Verwendete Literatur (Auswahl, mit Links zu den Titeln):

Terry Brooks: Star Wars Episode 1 - The Phantom Menace

Kevin J. Anderson: Star Wars - Dark Apprentice

Timothy Zahn: Star Wars - The Last Command

Timothy Zahn: Star Wars - Heir To The Empire

Lucas et al: Die Star Wars Saga

Taisen Deshimaru: Zen in den Kampfkünsten Japans

Frederick Lenz: Der Mönch auf dem Snowboard

Robert M. Pirsig: Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten

Sun Tsu: Die Kunst der richtigen Strategie

Miyamoto Musashi: The Book of Five Rings

Erich Fromm: Haben oder Sein

Bruce Lee: Jeet Kune Do

Richard Bach: Die Möwe Jonathan

Akaiko Akana: Light upon the Mist

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The Blue Cliff Record

Geshe Lhündup Söpa/Jeffrey Hopkins: Der Tibetische Buddhis-mus

Lao Tse: Das Buch vom rechten Wege und von der rechtenGesinnung

Joe Hyams: Der Weg der leeren Hand

Tom Wakeford and Martin Walters: Science for the Earth

diverse Ausgaben des „Journal of Scientific Exploration“

Das „I-Ging“ sowie das „Tibetische Totenbuch“

Chögyam Trungpa: Shambhala - The Sacred Path of the Warrior

Bernard Lieataer: Das Geld der Zukunft

H.C. Binwanger: Die Wachstumsspirale

Franz König, Hans Waldenfels (Hrsg.): Lexikon der Religionen

u.a.

Die Star Wars Zitate entstammen großenteils den US-amerikanischenOriginalbüchern und wurden vom Autor übersetzt, wodurch sich Abweichun-gen von den offiziellen Übersetzungen ergeben können.

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Danksagung:

Eine Reihe von Leuten haben direkt oder indirekt zu diesemkleinen Büchlein beigetragen, wofür ich mich herzlich bedan-ken möchte.

Viele Star Wars Fans sind offenbar von dem Ansatz zuden neuen Filmen enttäuscht. Leider wird dort nicht berücksich-tigt, daß die ursprünglichen Star Wars Fans ja nun schon allegroß sind, und einige von ihnen sich wohl doch etwas mehrerhofft hatten, als lediglich einen quietschbunten Computerfilm.„Das Buch der Macht“ soll diese Lücke ein wenig füllen helfen,und die Gespräche und Anregungen vieler Freunde und Bekann-ter waren dabei recht hilfreich. Insbesondere danke ich meinerFrau Yvette, die mich regelmäßig auf den Boden der Tatsachenherabholt, wenn ich selbigen wieder einmal unter meinen Füßenzu verlieren drohe. Und besten Dank an meinen Freund Ludger,der trotz fehlender Zeit die Abbildungen erstellte. Ein besonde-rer Dank gebührt auch meiner Mutter Brigitte, die das für siewohl etwas seltsam anmutende Manuskript kritisch und kompe-tent durchgesehen hat. Dank auch an meine Schwägerin Myleneund meinen Freund, Kollegen, und Schwager Felix, die uns füreine Woche zu Burgherren gemacht haben, während Felix inHolland für seinen Roman Cleopatra den begehrtesten Thriller-preis des Landes einheimste. Die Atmosphäre von La Garde, inSt. Germain de Calberte in den Cevennen war bestens geeignet,um bei einem Glas Rotwein (oder auch zwei, oder drei...) undgutem französischem Käse endlos vor sich hinzuphilosophie-ren...Tja - und Danke auch an meinen Apple Macintosh Power PC,der immer funktioniert und niemals abstürzt. Braver Computer!Nie wieder Windows! :-)La Garde, Herbst 1997