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Post on 04-Jun-2018

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Brauche ich Insulin für mein Gemüse?

Sollte ein Diabetespatient Gemüse berücksichtigen, wenn er seine Insulindosis berechnet? Kommt ganz darauf an, sagen Experten.

Bei uns ist er in der Küche noch kaum bekannt, Aber: Grünkohl goes to Hollywood. Schauspielerin Jennifer Aniston knabbert Grünkohlchips, um sich für eine Filmrolle in Form zu bringen, Kollegin Gwyneth Paltrow schwört auf seinen Saft zum Frühstück – und in New Yorker Szene-Restaurants gilt Grünkohlsalat als absolut „hip“.

Tatsächlich liefert kaum ein Gemüse so viele Vitamine und Mineralstoffe wie das auch liebevoll „Friesische Palme“ genannte Gemüse. Im Winter geerntet, schmeckt er übrigens besonders gut, denn durch die Kälte steigt sein Zuckergehalt. Was aber niemanden abschrecken muss, denn insgesamt ist die Zucker- bzw. Kohlenhydratmenge dennoch nur sehr gering – was auch für andere Gemüse gilt. Der Blutzuckeranstieg fällt deshalb in der Regel kaum ins Gewicht. Mitunter kann es für Menschen mit Typ-1-Diabetes aber dennoch sinnvoll sein, Gemüse bei der Insulin-Kalkulation nicht ganz außen vor zu lassen. In welchen Fällen man es bei der Berechnung des Mahlzeiten-Insulins berücksichtigen sollte, hängt davon ab, welches Grünzeug und wie viel man davon isst. Typ-2-Diabetiker brauchen sich darüber in der Regel keine Gedanken zu machen, weil sie meistens noch genug eigene „Insulin-Reserven“ haben, um kleinere Zuckerschwankungen durch Gemüse abzufangen.

Üppige Gemüseportionen können Blutzucker ansteigen lassen

Paradeiser, Gurken, grüne Bohnen, sämtliche Kohlsorten, Karotten und Paprika enthalten so wenige Kohlenhydrate, dass man in Portionen bis 200 Gramm grundsätzlich kein Extra-Insulin dafür braucht. Doch was, wenn man auf besonders üppige Gemüseportionen steht – oder vor allem süße Sorten bevorzugt, wie etwa Cocktailtomaten?

Eine Diabetesberaterin aus Deutschland wollte es einmal genau wissen und ließ mehrere ihrer Patienten, allesamt Typ-1-Diabetiker, größere Mengen süßes Gemüse essen. Das Ergebnis: Nach zwei Handvoll Cocktailtomaten oder drei roten Paprika erhöhte sich der Blutzucker einiger ihrer Patienten um bis zu 50 mg/dl. Bei anderen zeigten Karotten, vor allem gekochte, einen ähnlichen Effekt. Die Diabetesberaterin rät trotzdem nicht zu einer Extradosis Insulin, denn, so ihre Erfahrung: „Dabei schießt man schnell über das Ziel hinaus und riskiert eine Unterzuckerung.“

Insulin für Hülsenfrüchte?

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Eine Sonderrolle spielen Erbsen, Bohnen (außer grüne) und Linsen. Sie enthalten neben vielen Kohlenhydraten auch reichlich Ballaststoffe. Weil Ballaststoffe die Aufnahme von Kohlenhydraten ins Blut verzögern, steigt der Blutzucker meist weniger stark, als zu erwarten wäre. Deswegen lautet auch bei Hülsenfrüchten die Empfehlung, übliche Portionen, wie etwa einen Teller Linseneintopf, nicht mit Insulin abzudecken. Das klappt oft, aber nicht immer, sagen Ernährungswissenschaftler. Wer schnell verdaut, braucht vielleicht schon für einen Teller Hülsenfrüchte Insulin. Um herauszufinden, wie der Blutzucker auf Hülsenfrüchte reagiert, wird geraten, ihn drei bis vier Stunden nach dem Essen zu kontrollieren. Ist der Wert zu hoch, sollte man mit seinem Arzt oder der Diabetesberaterin nach einer Lösung suchen.

Wer eine Insulinpumpe hat, kann für einen Erbsen- oder Linseneintopf einen verzögerten Bolus programmieren. Das ist eine Insulindosis, die die Pumpe über einen längeren Zeitraum abgibt. Am besten fängt man mit einer Dauer von zwei Stunden und mit einer geringeren Dosis an, als man normalerweise für die Kohlenhydratmenge braucht. Wer sich Insulin mit dem Pen verabreicht, kann versuchen, einen zu starken Blutzuckeranstieg zu verhindern, indem er nach dem Essen etwas Insulin nachspritzt. Um keine Unterzuckerung zu riskieren, ist es aber mitunter besser, abzuwarten, wie sich der Blutzucker entwickelt, und einen eventuell erhöhten Wert später mit Insulin zu korrigieren.

Eine Besonderheit unter den Gemüsen ist der Hokkaido-Kürbis. In ihm stecken dreimal so viele Kohlenhydrate wie etwa im „Halloween-Kürbis“. Deshalb wird dazu geraten, den Hokkaido bei der Insulindosis zu berücksichtigen.

Kartoffeln und Mais bei Insulindosis berücksichtigen

Weil auch Rote Rübe relativ viele Kohlenhydrate enthält, sollte man diese ab 100 Gramm anrechnen. Noch kohlenhydratreicher sind Kartoffeln. Hier lautet die Empfehlung: immer anrechnen. Eine Faustregel besagt, dass eine Kartoffel, die etwa so groß wie ein Hühnerei ist, mit 12 Gramm Kohlenhydraten (= eine BE) zu berechnen ist. Das gilt auch für Mais (eigentlich ein Getreide) und Süßkartoffeln – letztere haben doppelt so viele Kohlenhydrate wie normale Kartoffeln.

Manche Gemüsesorten sind Fett-Fallen

So gut wie keine Kohlenhydrate enthalten zum Beispiel Sojabohnen oder Avocados. Wer aber glaubt, deswegen herzhaft zugreifen zu dürfen, tappt schnell in die Kalorienfalle. In ihnen steckt nämlich relativ viel Fett. Und auch wenn es sich um gefäßschützende pflanzliche Fette handelt, kann sich ein „Zuviel“ am Ende auf der Waage bemerkbar machen. Dann also doch lieber Grünkohlchips.

Grüne Smoothies: Vorsicht bei Gerinnungshemmern!

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So gesund, so trendy: In grünen Smoothies stecken zum Beispiel Spinat, Feldsalat, Kräuter sowie Obst und Wasser. Je nach Zutaten hat ein Drink 3 bis 4 BE. Wer zum Essen Insulin spritzt, sollte die Dosis anpassen. Wichtig für Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen: Grünes Gemüse enthält viel Vitamin K. Es kann in größeren Mengen die Wirkung von Gerinnungshemmern abschwächen. Auf jeden Fall sollte man seinen Arzt fragen, bevor man die „Gemüse-dosis“ drastisch erhöht. Und: grünes Gemüse nicht auf einmal, sondern über den Tag verteilt verzehren.

Diese Kohlenhydrateinheiten müssen Sie für Gemüse berechnen:

Paradeiser:

Die (meist) roten Früchte sind das am häufigsten gegessene Gemüse in Deutschland. Cocktailtomaten enthalten etwas mehr Zucker als normale Strauchtomaten und können in größeren Mengen den Blutzucker leicht erhöhen. Trotzdem braucht man sie normalerweise nicht zu berechnen.

In 400 Gramm Paradeiser steckt etwa 1 BE.

Bohnen:

Die Hülsenfrüchte sind eiweiß- und ballaststoffreich, dafür fettarm, bis auf eine Ausnahme: Sojabohnen enthalten gekocht ca. 9 Prozent Fett, aber kaum Kohlenhydrate. Letzteres gilt auch für grüne Bohnen, die man wie Sojabohnen nicht auf die BE/KE anzurechnen braucht. Deutlich mehr Kohlenhydrate stecken etwa in Kidneybohnen, die man in größeren Mengen anrechnen sollte.

5 bis 6 Esslöffel (120 Gramm) Kidneybohnen (Konserve) sind 1 BE.

Rote Rübe:

Diese enthält im Vergleich zu anderem Gemüse etwas mehr Zucker. Daher kann es sinnvoll sein, Rote Bete bereits ab einer Menge von 100 Gramm zu berechnen, nicht erst ab 200 Gramm, wie es sonst bei Gemüse oft empfohlen wird.

130 g Rote Bete sind 1 BE.

Kürbis:

Kürbisse gibt es in vielen Formen, Farben und Größen. Die beliebteste der rund 200 essbaren Arten ist hierzulande der Hokkaido-Kürbis. Er enthält etwa dreimal so viel Kohlenhydrate wie zum Beispiel der „Halloween-Kürbis“. Daher empfiehlt es sich, den Hokkaido-Kürbis als BE/KE anzurechnen.

100 Gramm Hokkaido-Kürbis (Fruchtfleisch) entsprechen etwa 1 BE.

Avocado:

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Die Früchte enthalten je nach Sorte bis zu 25 Prozent Fett und etwa zehnmal mehr Kalorien als die meisten Gemüse. Weil sie praktisch frei von Kohlenhydraten sind, braucht man Avocados bei der Berechnung der Insulindosis nicht zu berücksichtigen.

Eine halbe Avocado (ca. 100 Gramm) enthält etwa 220 Kilokalorien.

Oliven: Von wegen Gemüse!

Oliven sind Früchte eines Baumes und gehören streng genommen zum Obst. Sie punkten mit wenig Kohlenhydraten und müssen nicht angerechnet werden. Beachten sollte man jedoch den hohen Fettgehalt.

100 Gramm grüne Oliven enthalten 150 Kilokalorien, bei schwarzen Oliven sind es doppelt so viel (300 kcal).