biomechanische analyse der glenohumeralen gelenkstabilität nach hagl-läsion und operativer...
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Orthop€adieTraumatologie
Sport Orthop. Traumatol. 29, 321–323 (2013)Elsevier – Urban&Fischer
www.elsevier.de/SportOrthoTraumahttp://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.07.010
JOURNAL CLUB
JOURNAL CLUB Originalpublikation: Southgate D et al.
The Effect of Humeral Avulsion of theGlenohumeral Ligaments and HumeralRepair Site on Joint Laxity: A Biome-chanical Study. Arthroscopy 2013; 29(6): 990-997.Biomechanische Analyse derglenohumeralen Gelenkstabilit€atnach HAGL-L€asion und operativerVersorgung der Verletzung
Bjorn Drews, Gerhard BauerSportklinik Stuttgart
Die humerale Avulsion der gleno- Reinsertion mit zwei Fadenankern lation im glenohumeralen Gelenk
humeralen Ligamente ist eine selte-ne, aber bezuglich der Gelenkstabi-litat pathomorphologisch wichtigeVerletzung. Der anteriore Anteil desIGHL ist in 93% aller HAGL-Lasio-nen betroffen. Die Pravalenz wird inFallen der Schulterinstabilitat mitca. 9% beziffert. Der Effekt der Gro-ße der Lasion auf die Instabilitatdes Gelenkes ist bislang in der Lite-ratur nur wenig beschrieben. DesWeiteren herrscht bislang keine Ei-nigkeit uber die optimale Reinser-tionsstelle. Die vorliegende Studievergleicht den Einfluss der Defekt-große und der Reinsertionspositionauf die passive Stabilitat desGlenohumeralgelenkes.Methodik
Neun Kadaverschultern wurden ineiner Testapparatur mit sechs Frei-heitsgraden gemessen. Das Messpro-tokoll umfasste anteriore Translatio-nen mit bis zu 30 N bei 308-Abduk-tion in Neutral- und max.Außenrotation. Neben dem intaktenGelenk wurde eine kleine HAGL-La-sion von 4.30 – 5.30 Uhr und einegroße Lasion von 3.30 – 6.30 Uhrgetestet. Im Anschluss erfolgte diePrufung zweier operativer Technikenbei der großen Lasion; einerseits die
am Knorpel-Knochen-Ubergang(juxtachondral) und andererseits1 cm unterhalb der ersten Insertionam Humerushals (ebenfalls mit 2Fadenankern).
Ergebnisse
Im Vergleich der beiden Rupturgro-ßen zeigte sich fur die kleinere La-sion lediglich in maximaler Außen-rotation bei 30-N-Vorschub eine sig-nifikant hohere Translation imVergleich zum intakten Gelenk. Diegroßere Lasion zeigte bereits ab15 N- Vorschub in Neutral- und Au-ßenrotationsposition eine signifi-kante Erhohung der Translation.Mit der juxtachondralen Rekonstruk-tion konnte nur bei 30-N-Vorschubin maximaler Außenrotation und bei15 N in Neutralposition eine Reduk-tion der Translation erreicht werden.Die Reinsertion am Humerushalshingegen zeigte eine signifikanteReduktion der Translation in beidenPositionen.
Diskussion
Die Ergebnisse der Studie zeigen,dass eine kleine HAGL-Lasion nureinen geringen Effekt auf die Trans-
B. Dr
hat wahrend eine große HAGL-La-sion zu einer deutlichen Instabilitatfuhrt. Bei der Reinsertion des Kap-sel-Ligament-Komplexes zeigte diePositionierung der Anker am Hume-rushals eine signifikant stabilere p.o. Situation als juxtahumeral. Ob-wohl in der Literatur zwei unter-schiedliche Formen der humeralenInsertion (collar-like und V-shaped)beschrieben sind, konnte in dieserStudie kein Unterschied in den Er-gebnissen gesehen werden.
Kommentar
Insbesondere aufgrund der Selten-heit der HAGL-Lasion bei der Schul-terluxation besteht hier jedoch lei-der auch ein hohes Risiko, dass dieseVerletzung primar ubersehen wird.Wie diese Studie gezeigt hat, kommtes bereits ohne zusatzliche Verlet-zung des anteroinferioren Labrumsund mit geringer Translationskraftzu einer vermehrten anterioren In-stabilitat. Aus der Studie geht je-doch leider nicht hervor wie ausge-pragt die inferiore Translation beider HAGL-Lasion ansteigt. Zusatz-lich zeigt die Studie die Wichtigkeitder Positionierung bei der Reinser-tion des Kapselkomplexes.
ews, G. Bauer � Journal club 321
JOURNAL CLUBSport Orthop. Traumatol. 29, 321–323 (2013)
Pathologischer tibiofemoralerKontaktdruck und Druckverteilungnach anatomischerVKB-Rekonstruktion
Originalpublikation: Imhauser C et al.Abnormal Tibiofemoral Contact Stressand Its Association With Altered Kine-matics After Center-Center AnteriorCruciate Ligament Reconstruction:An In Vitro Study. Am J Sports Med2013; 41 (4):815-25.
Bjorn Drews, Gerhard BauerSportklinik Stuttgart
Trotz Rekonstruktion des vorderenKreuzbandes nach Ruptur ist einevollstandige Hemmung einer Arthro-seprogression bislang nicht mog-lich. Mechanische Faktoren, wieeine abnorme tibiofemorale Kinema-tik oder veranderte Krafte auf dembelasteten Knorpel konnen diesenProgress mit beeinflussen. Somitist eine persistierende Instabilitatein direkter pradiktiver Faktor furdas Fortschreiten einer Arthrose.Da es interindividuelle Unterschiedebezuglich der physiologischen Kine-matik im tibiofemoralen Gelenk gibt,soll diese Studie zeigen, ob die mo-derne Technik der anatomischenSingle-Bundle (SB)-Rekonstruktiondie physiologische Kinematik undKontaktdruckverteilung wiederher-stellen kann.
Methodik
Elf kartilaginar und ligamentar in-takte fresh-frozen Kadaverknie wur-den mit Hilfe eine Bewegungs-/Be-lastungssimulators getestet. In ei-ner kontinuierlichen Bewegungzwischen 0- und 908-Flexion, unterap-Translation und unter zusatz-lichem kombiniertem IRO-/Valgus-stress wurden die resultierendenKontaktdrucke mit Hilfe einer
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Druckmessplatte auf dem tibialenKnorpel unter 1 kN axialer Belas-tung abgeleitet. Nach Messung desintakten VKB und des reseziertenVKB erfolgte die anatomische SB-Rekonstruktion mit Prakonditionie-rung und Fixation des Grafts in 208-Flexion bei 89 N und eine erneuteMessreihe. Die Kontaktdrucke wur-den jeweils in sechs Planquadratenauf dem medialen und lateralenTibiaplateau detektiert.
Ergebnisse
Unter kombinierten Kraftmomentenzeigte sich beim VKB-reseziertenKnie strecknah ein erhohter Kon-taktdruck auf dem posterolateralenAreal des lateralen Tibiaplateaus.Unter einfacher ap-Translation warder Druckanstieg v.a. auf dem pos-terioren medialen Plateau zu finden.Nach Rekonstruktion des VKB zeigtesich einerseits unter ap-Translationeine Reduktion des Kontaktdruckesim posterioren zentralen Sektor desmedialen Plateaus. Andererseitszeigte sich strecknah ein 50%-igerAnstieg des Kontaktdruckes unterkombinierter Translation auf dasmittlere zentrale Areal und unterap-Translation auf das mittlere peri-phere Areal des lateralen Tibiapla-
b
teaus. Im anterioren peripheren Sek-tor des medialen Plateaus zeigte sichein Druckanstieg um 31% unter ap-Translation. Jede Veranderung einerDruckverteilung ging mit einer Ver-anderung der Stabilitat insbesonde-re der Innenrotation einher.
Diskussion
Durch die Rekonstruktion des vorde-ren Kreuzbandes lassen sich die er-hohten Kontaktdrucke auf dem pos-terioren Tibiaplateau gegenuberdem instabilen Gelenk reduzieren.Trotzdem zeigte sich auch nach ana-tomischer Rekonstruktion eine Kom-bination aus overconstraint und un-derconstraint mit veranderter Kine-matik. Das Ziel des Operateurs solltedie Wiederherstellung des physiolo-gischen constraints sein.
Kommentar
Wie diese Studie gezeigt hat, wirdtrotz anatomischer Positionierung,einer Prakonditionierung undstrecknahen Fixation des Transplan-tates keine physiologische Wieder-herstellung der Kinematik und derBelastungsdrucke auf den Knorpelerreicht. Zwei Fragen, die sich ausdiesen Ergebnissen ergeben, sind
DANK AN GUTACHTERSport Orthop. Traumatol. 29, 321–323 (2013)
einerseits wie hoch die optimale pri-mare Anspannung des Transplanta-tes liegt. Hier besteht in der Litera-tur bislang noch kein Konsens. Und
Danksagung
Die Herausgeber der ZeitschriftSportorthopadie Sporttraumatologiedanken allen Mitgliedern des
andererseits ob es unter Berucksich-tigung der komplexen und indivi-duellen Kinematik des Kniegelenkesuberhaupt moglich ist die positions-
Wissenschaftlichen Beirates, des In-ternational Advisory Boards und al-len Gastgutachtern fur ihre wertvolle
B. Dr
abhangigen Spannungen auf demVKB und folglich Belastung aufdem Knorpel mit einer Einzelbundel-technik wiederherzustellen.
Available online at www.sciencedirect.com
Arbeit bei der Begutachtung undGestaltung der Manuskripte fur denJahrgang 29 unserer Zeitschrift.
ews, G. Bauer � Journal club 323