beziehungen zwischen der aldolaseaktivität des speichels und der karies

8
Arch. oral Biol. Special Supplement, \ol. 4, pp. 179-186. 1961. Pergamon Press Ltd. Printed in Cit. Britain. BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DER ALDOLASEAKTTVITi%T DES SPEICHELS UND DER KARIES” R. NAUJOKS, F. BRAMSTEDT, E. RANKE und A. KR~NCKE Biochemisches Laboratorium der Klinik und Poliklinik fiir Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten und Physiologisch-chemishes Institut der Universitlt Hamburg Zusanunenfassung-Mit Hilfe enzymatischer Methoden werden im Speichel karies- resistenter und kariesanfalliger Personen (a) der Verlust an “wahrer”kGlukose, (b) der Verlust an anthronpositiven Substanzen, (c) die Aldolaseaktivitat und mit der Manometertechnik (Warburg), (d) der Sauerstoffverbrauch des Speichels pro Stunde bestimmt. Es wird festgestellt, dass die erzielten Werte bei Kariesresistenten ca. dreifach so hoch liegen wie bei Kariesanfalligen. Die gewonnenen Ergebnisse bestltigen die von anderer Seite durchgeftihrten Untersuchungen, wonach die Eliminationsgeschwindigkeit der Zucker aus der Mundhohle Kariesanfalliger verlangsamt ist. Auf die Bedeutung der Aldolaseaktivitlt in ihren moglichen Beziehungen zur Kariesltiologie wird hingewiesen. Abstract-By means of enzymatic methods, the following points are determined in saliva of caries resistant and caries susceptible individuals: (a) the decrease of “true” glucose, (b) the decrease of anthrone-positive substances, (c) the activity of aldolase and by means of manometric techniques (Warburg), (d) the oxygen consumption of saliva during 1 hr. The authors state that the values in caries resistant saliva are three times higher than those in caries susceptible individuals. The results confirm former investigations in which a longer elimination time of sugar from the mouth of caries-susceptible than in caries-resistant individuals was found. The significance of aldolase-activity and its possible relation to the etiology of dental caries is dicusssed. R&sum&--A l’aide de methodes enzymatiques, les auteurs ont ttudit les points suivants dans la salire d’individus sujets et resistants a la carie: (a) la diminution du glucose “vrai” (b) la diminution des substances anthrone-positives (c) l’activite aldolasique (d) la consommation en oxygene de la salive pendant une heure a l’aide des techniques manometriques (Warburg). * Die Untersuchungen wurden mit der freundlichen Unterstiitzung der Deutsche Forschungs- gemeinschaft durchgefiihrt. 179

Upload: r-naujoks

Post on 19-Oct-2016

216 views

Category:

Documents


2 download

TRANSCRIPT

Page 1: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

Arch. oral Biol. Special Supplement, \ol. 4, pp. 179-186. 1961. Pergamon Press Ltd. Printed in Cit. Britain.

BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DER ALDOLASEAKTTVITi%T DES SPEICHELS UND DER KARIES”

R. NAUJOKS, F. BRAMSTEDT, E. RANKE und A. KR~NCKE

Biochemisches Laboratorium der Klinik und Poliklinik fiir Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten

und Physiologisch-chemishes Institut der Universitlt Hamburg

Zusanunenfassung-Mit Hilfe enzymatischer Methoden werden im Speichel karies- resistenter und kariesanfalliger Personen (a) der Verlust an “wahrer”kGlukose, (b) der Verlust an anthronpositiven Substanzen, (c) die Aldolaseaktivitat und mit der Manometertechnik (Warburg), (d) der Sauerstoffverbrauch des Speichels pro Stunde bestimmt.

Es wird festgestellt, dass die erzielten Werte bei Kariesresistenten ca. dreifach so hoch liegen wie bei Kariesanfalligen.

Die gewonnenen Ergebnisse bestltigen die von anderer Seite durchgeftihrten Untersuchungen, wonach die Eliminationsgeschwindigkeit der Zucker aus der Mundhohle Kariesanfalliger verlangsamt ist. Auf die Bedeutung der Aldolaseaktivitlt in ihren moglichen Beziehungen zur Kariesltiologie wird hingewiesen.

Abstract-By means of enzymatic methods, the following points are determined in saliva of caries resistant and caries susceptible individuals: (a) the decrease of “true” glucose, (b) the decrease of anthrone-positive substances, (c) the activity of aldolase and by means of manometric techniques (Warburg), (d) the oxygen consumption of saliva during 1 hr.

The authors state that the values in caries resistant saliva are three times higher than those in caries susceptible individuals.

The results confirm former investigations in which a longer elimination time of sugar from the mouth of caries-susceptible than in caries-resistant individuals was found. The significance of aldolase-activity and its possible relation to the etiology of dental caries is dicusssed.

R&sum&--A l’aide de methodes enzymatiques, les auteurs ont ttudit les points suivants dans la salire d’individus sujets et resistants a la carie: (a) la diminution du glucose “vrai” (b) la diminution des substances anthrone-positives (c) l’activite aldolasique (d) la consommation en oxygene de la salive pendant une heure a l’aide des techniques

manometriques (Warburg).

* Die Untersuchungen wurden mit der freundlichen Unterstiitzung der Deutsche Forschungs- gemeinschaft durchgefiihrt.

179

Page 2: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

180 R. NAUJOKS, F. BRAMSTEDT, E. RANKE UND A. KR~NCKE

Les valeurs ainsi obtenues chez des persormes resistantes a la carie sont environs trois fois plus Blev&x que chez des individus presentant de nombreuses caries.

Ces r&hats confi.rment les investigations anterieures montrant que I’tlimination des sucres de la cavite buccale est plus lente chez les personnes sujettes a la carie.

L’auteur discute la signification de l’activitee aldolasique et son rapport possible avec la carie dentaire.

EIN GROSSER TEIL der Untersuchungen in der modernen biochemischen Karies- forschung wurden mit dem Ziel durchgefiihrt, tiefere Einblicke in die chemisch- parasitaren Vorgange zu gewinnen, die nach der Sauretheorie zur kariosen Zerstijrung

der Zahnhartsubstanzen fiihren. Hierbei konnte u.a. gezeigt werden, dass die Eliminationsgeschwindigkeit der Zucker aus der MundhShle kariesanfalliger Personen

signifikant verlangsamt ist (GUSTAFSON et al., 1952; LUNDQVIST, 1952; SWENANDER-

LANKE, 1957) und ihren Ausdruck in einem statistisch gesicherten geringeren

Sauerstoffverbrauch des Speichels der betreffenden Probanden hnden kann (BRAM- STEDT und VONDERLINN, 1952; BRAMSTEDT et al., 1954; KR~~NCKE und NAUJOKS,

1954; KR~~NCKE, 19.59; NAUJOKS und VONDERLINN, 1953). Diese deutlichen Unter-

schiede zwischen kariesanfalligen (kA) und kariesresistenten (kR) Personen konnten

jedoch keinen Hinweis dafiir liefern, ob das schnellere Verschwinden der Zucker aus der Mundhijhle Kariesresistenter auf mechanische Ursachen, z.B. auf einen vermehrten

Speichelfluss, oder auf biochemische Faktoren und demnach auf einen schneller ablaufenden Kohlenhydratstoffwechsel durch erhijhte Aktivitat der daran beteiligten

Fermente zuriickzufiihren ist.

Zur Aufklarung dieser Probleme bestimmten wir in unseren In-vitro-untersuch-

ungen im Speichel kariesresistenter und kariesanfalliger Personen

I. den Verlust an “wahrer” Glukose,

2. den Verlust an anthronpositiven Substanzen,

3. den Sauerstoffverbrauch des Speichels, und, da bei diesen Versuchen Hinweise

dafiir gefunden wurden, dass die Aldolaseaktivitat des Speichels bei den beiden

Probandengruppen unterschiedlich ist (NAUJOKS et al., 1960) wurde such

4. die Aldolaseaktivitat des Speichels in unsere Untersuchungen mit einbezogen.

MATERIAL

Als Versuchsmaterial dienten Speichelproben von Personen, die auf Grund des

klinischen Bildes, der Kariesanamnese und der klinischen Beobachtung wahrend der

letzten l-2 Jahre und langer als deutlich kariesresistent oder sicher kariesanftillig

bezeichnet werden konnten. Der Speichel wurde ohne Stimulation morgens unmittel-

bar nach dem Aufwachen, also vor dem Zahneputzen und dem Friihstiick (Niichtern- speichel) und miiglichst such vor dem Verschlucken der ersten Speichelmengen nach

dem Erwachen gewonnen. Nur solche Speichelproben geben unserer Auffassung

nach ein deutliches Abbild der in der Mundhijhle vorhandenen Stoffwechsellage. Jede auf andere Weise erhaltene Speichelprobe fiihrt zu stark abweichenden Ergeb-

nissen (NAUJOKS et al., 1961).

Page 3: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

BEZIBHUNGEN ZWISCHEN DER ALDOLASEAKTIVITAT DES SPEICHELS UND DER KAIUES 181

METHODEN

1. Bestimmung der “wahren” Glukose

Fur die Untersuchungen benutzten wir den enzymatischen Test zur Blutzucker- bestimmung nach C.F. BOEHRINGER (TC-M-l, Nr. 15982).

Ansatz I(2 X) Ansatz II (2 x)

(a) 0,5 ml Speichel (a) 05 ml Speichel (b) I,0 ml Veronalpuffer (b) 1 ,O ml Veronalpuffer

(ph 770) (ph 730) (c) I ,O ml Hz0 (c) 0,5 ml H,O

(d) 0,5 ml Glukoselosung

(4500 pg Glukose) Je ein Ansatz I und II werden bei 37” C. fir 60 Min. inkubiert.

Ansatz III und Ansatz IV

(a) 0,4 ml Ansatz 1 (a) 0,l ml Ansatz II

(b) 0,l ml NaF (80 mg %) (b) 0,4 ml NaF (20 mg %)

Cc) 0,5 ml HClO, (6 %) (c) 0,5 ml HCIOI (6 %) Durch Umriihren gut mischen und bei ca. 3000 U/min 5-10 Min. zentrifugieren.

Ansatz III and IV werden ebenfalls zweimal angesetzt, wobei (a) einmal aus den

inkubierten und einmal aus den nichtinkubierten Ansatzen I und II stammt. 0,2 ml Uberstand von Ansatz III and IV werden mit 5,0 ml Glukosereagens

(BOEHRINGER) vermischt und 35 Min. bei Raumtemperatur stehen gelassen. Die Extinktion dieser Testlosung wird im Fotometer Eppendorf bei 436 rnp

und 10 mm Schichtdicke gemessen und die Differenz der Extinktion zu einem

Blindwert (5,O Glukosereagens+0,2 ml H,O) bestimmt. Als Bezugswert dient eine

Glukose-Standardlosung.

2. Bestimmung der anthronpositiven Substanzen (HQLT, 1954; MORRIS, 1958)

Ansatz

1 ,O ml Speichel

I ,O ml Veronalpuffer (pH 7,0)

0,5 ml H,O bei 3000 U/min 5-10 Min. zentrifugieren.

I ml des Uberstandes mit 10 ml Anthronliisung in Eprouvette mischen.

(Anthronlbsung: 0,2 % Anthron in H,SO, (78 %) ). Eprouvette gut verschliessen, schiitteln und genau 10 Min. in kochendes Wasserbad

bringen, dann sofort im Eisbad kiihlen. Extinktion des entwickelten blau-grunen Farbstoffes bei 578 rnp und 5 mm

Schichtdicke in Fotometer Eppendorf messen.

2. Glukosewerte einer angelegten Eichkurve entnehmen

Bei unseren Versuchen wurden dem Ansatz 4500 pg Glukose zugesetzt und der

Gehalt des Ansatzes an anthronpositiven Substanzen vor und nach einstiindiger

Inkubation bei 37°C bestimmt.

Page 4: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

182 R. NAUJOKS, F. BRAMSTEDT, E. RANKE UND A. KR~NCKE

3. Enzymatische Bestimmung der Aldolaseaktivitfit

Diese Untersuchungen wurden mit dem BOEHRINGER-Test (TC-D, Nr. 15974) (nach der Methode von BRUNS, 1954) durchgefuhrt. Bei dem Verfahren wird der Umsatz des DPN-H wahrend der Spaltung von Fruktose-1,6-diphosphat in Glycerin- aldehydphosphat und Dioxyacetonphosphat bestimmt. Dieser entspricht der gespaltenen Menge von FDP und zeigt die Aldolaseaktivitat an. Die Bestimmung des DPN-H-Umsatzes erfolgt durch Extinkionsmessung im Fotometer Eppendorf bei 340 rnp. Einzelheiten sind der o.a. Testvorschrift zu entnehmen.

4. O,- Verbrauch des Speichels

Die Sauerstoffaufnahme des Speichels wird mit Hilfe der Manometertechnik (Warburg-Apparat) bestimmt.

Ansatz

0,5 ml Speichel 1 ml Veronalpuffer (pH 7,0) 0,5 ml H,O in Zentralgefass befinden sich 0,2 ml NaOH (10 %), Versuchszeit 60 Min., Temperatur 37°C.

Die in der Tabelle angegebenen Werte sind auf 1 ml Speichel umgerechnet.

ERGEBNISSE UND STATISTIK

Die Einzelergebnisse aus unseren Versuchsreihen sind in der Tabelle I wieder- gegeben.

Der Verlust an “wahrer” Glukose und an anthronpositiven Substanzen entsprach pro ml Speichel (urspriinglich vorhandene Glukose bzw. anthronpositive Substanzen+ 4500 pg zugesetzte (umkristallisierte) Glukose) in der Zeiteinheit bei kariesresistenten Personen im Mittel 1517,3+210 pg bzw. 1716,0&255 pg Glukose und bei karies- anfalligen 457,7&84,8 pg bzw. 588,2186,1 pg. Als Mittelwerte fur die Aldolase- aktivitat wurden bei Kariesresistenten 159,9&14,3 Einheiten nach BRUNS pro ml und Stunde und bei Kariesanfalligan 54,l f5,l gefunden. Der O,-Verbrauch des Speichels ergab fur Kariesresistente einen Druchschnitt von 156,3&6,6 ~1 fiir einen ml in der Stunde und bei Kariesanfalligen 43,4&2,9 ~1.

Trotz der relativ hohen Schwankungen bei den Einzelwerten innerhalb der verschiedenen Versuchsreihen war eine einwandfreie statistische Sicherung der Unterschiede zwischen den beiden Versuchsgruppen mbglich.

Die statistischen Berechnungen fiihrten wir nach dem Signifikanz-Test von FISHER (1956) durch.

Bei einem Freiheitsgrad von mindestens 14 (bei 16 Einzelversuchen) bedeutet ein t-Wert von 2,977 schon eine 99-prozentige Sicherheit. t-Werte von 7,0; 9,3; 4,6 und 4,2 zeigen also die zweifelsfreie Signifikanz der Differenzen an.

Page 5: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

BEZIBHUNGEN ZWISCHEN DER ALDOLASEAKTIVITAT DES SPEICHELS UND DER KARIES 183

Die Unterschiede zwischen kariesanfalligen und kariesresistenten Personen werden in der graphischen Darstellung der Abb. 1 noch einmal verdeutlicht. Bei einem Vergleich der Versuchsreihen untereinander zeigt es sich, dass die Differenzen zwischen kR und kA bei allen Mittelwerten einem Verhaltnis von etwa 3 : 1 entsprechen.

DISKUSSION DER ERGEBNISSE

Unsere Versuche zeigten, dass bei kariesanfalligen Personen nur etwa ein Drittel der Glukosemenge umgesetzt wird wie bei resistenten (Abb. 1). Durch enzymatische Bestimmung mit Hilfe der Glukoseoxydase konnte diejenige Menge an Glukose ermittelt werden, die in den Abbauweg eingeschleust wurde und durch Bestimmung der anthronpositiven Substanzen der Anteil, der iiber die Aldolasestufe hinaus

Nuchternwelcnei

Aldolore - Aktiwtdl

kR - 30 159.9

A!! 54, I

O2 - Verbrouch

Verlust

kR -

1517,3 1000 3L.L 500

LA

457,7

t = 4.6 0

t =4.2

kR.kA’- 3:l

ABB. 1. Graphische Darstellung der Mittelwerteider erzielten Resultate bei kR- und kA-Personen. Das Verhtitnis zwischen kR und kA bet&& bei allen Versuchs- reihen etwa 3:l.

Page 6: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

184 R. NAUJOKS, F. BRAMSTEDT, E. RANKE UND A. KR~~NCKE

abgebaut worden ist. Die Berechnung der vollstgndig zu CO, und Wasser verbrannten Glukose zeigte aber, dass diese nur einen geringen Teil der den Stoffwechsel durch- laufenden Glukose ausmacht. Hieraus kann gefolgert werden, dass entweder ein grosser Teil in Form der Metaboliten des Embden-Meyerhof-Weges liegen geblieben ist oder iiber den Horecker Zyklus bzw. auf anderen bei Bakterien beschriebenen Wegen metabolisiert wurde.

In jedem Falle aber liegt die Vermutung nahe, dass bestimmte Fermente des Abbauweges in Schliisselposition, wie H.exokinase und Aldolase, in ihrer Aktivitgt gehemmt sein kiinnten. Durch die Untersuchungen von HOERMANN und ROBINSON

(1957), die sich mit der Bestimmung, Kinetik und etwaigen Hemmstoffen der Speichelaldolase befassten, wurde festgestellt, dass individuelle Schwankungen

beziiglich ihrer Aktivitgt vorkommen. Eine Beziehung zur Kariesanf8lligkeit wurde

weder untersucht noch diskutiert. Unsere Versuchsergebnisse iiber das Verschwinden der “wahren” Glukose und der anthronpositiven Substanzen deuteten darauf hin,

dass die Aldolase bei dem unterschiedlich schnellen Abbau der Glukose im Speichel einen wichtigen Faktor darstellt.

Die bei anfglligen Personen beobachtete durchschnittliche Verminderung der

Aldolaseaktivit8t auf ein Drittel im Vergleich zu der des Speichels resistenter Personen

zeigt, dass bei jenen ein Block auf der Stufe der Fructose-1,6-diphosphat-Spaltung

(FDP) in Glycerinaldehydphosphat (GAP) und Dioxyacetonphosphat (DOP) besteht (vergl. Abb. 2). Die Folge ist eine Anhgufung der Metaboliten des Abschnittes vom

Glykogen P 2

Glukose

3 ;;;2 i

Glukose - I-P -- Glukose -6-P ----+6-P-Glukord

I Fruktose -p”-P

“‘F?u/trI 6-di-P + ’

zEL+Giyfrino\dehyd - P1-LDioxyaceton-P

il-P-Glykerinstiure t

ABB. 2. Glykolytischer Abbauweg (EMBDEN-MEYERHOF) (am K~HNAU und v. HOLT).

FDP bis zur Glukose, deren Anstau zu einem verringerten Abbau der zugegebenen

Glukose fiihrt. Unsere Versuche schliessen aber nicht aus, dass neben der Aldolase

such noch andere Fermente, LB. die Hexokinase, die eine Bhnlich zentrale Stellung

Page 7: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

BEZIEHUNGEN ZWiSCHtN DER ALDOLASEAKTIVITAT DES SPEICHELS UND DER KARIES 185

im Glukoseabbau einnimmt wie die Aldolase, in ihrer Aktivitat gehemmt sind. Unsere Versuche geben ferner keine Auskunft dariiber, ob die verminderte Aldolase- aktivitst der Mundflora anfglliger Personen auf eine verminderte Synthese oder eine Hemmung durch besondere Inhibitoren zuriickzufiihren ist.

Die Versuche zeigen aber, dass die geringere Aldolaseaktivitgt zu einem vermin-

derten Glukoseabbau im Speichel fiihren kann. Dies hat zur Folge, dass bei anfglligen

Personen eine 1;ingere Verweildauer der in den Speichel eingebrachten Glukose zu beobachten ist. Die Plaques erhalten bei den anfglligen Personen hgere Zeit ein

htiheres Angebot an Glukose durch den Speichel als resistente.

TABELLE 1. EINZELERGEBNISSE AUSDEN VIER VERSUCHEREIHEN FCJR kR- UND kA- PERSONEN

M bezeichnet die Mittelwerte und die Standardabweichung, t den r-Wert nach dem Signifikanztest nach R. A. Fisher. (?=2,977-99 “/, Sicherheit).

- Ver IUSI t an Verlust an

“wahrel r” ( Xukose anthronpositiven pro m l SL zichel Substanzen pro ml

in 6 Oh 4in. Speichel in 60 Min. ( pLB: 1 (La)

kR kA kR kA

990 3018 1640

313 IO40 1910 2600 3275 1780 1055 1980 710 675

1% 1360

440 290 352 233

1360 275 800

1%

69: 440 370 350

31: 650 375

1525 350 915

1148 2525 1200 1225 1200

:z 1425 1925 975

1720 4533

lt% 950

1520

370 180 60

770

1::: 1140 405

1540 630

1075 0

290 330 320 570 850 575 405 400 845

517,3+210-<57,7&84,8 _-

1

-

716,O,t255 1 588.2i86.1 ( 159,9&14.3 54,1*5,1 156,3 + 6,h 43.4 i-2.9

- Aldolaseaktivitlt O~Verbrauch pro ml Speichel pro ml Speichel

in 60 Min. in 60 Min. (Einheiten n. BRUNS) (pl)

kR -~__

kA kR kA

196,s 102.1 228.2 149,4 78.0

283,s 190.5 207,o

73.6 l28,O 103.0 82.6

169.0 194.0 157.0 171.0 97.2

267.2 224,0

97,9

73.6 79,2 68.6 75,8 59.0 27,8 53,2 39,0 46,l 57,8 58,5 23,0 33.6 64,4 62,2 29,3 22,2

100,o

1;g(

121:7 160,o 135.5 245,5 188,s 159,0 177,5 117.0 104,o 299.5 154,o 131,0 109,o l59,O 138.0 241,s 155,0 112,o

33,l 37.3 60.2 47,s

% 5314 39,6 61.0 53.1

::*‘: 27:4 41.0 66,6 42,3 31,5 49.4

-

-

-- I

-

-. .-

I

: 4 5

f;

! IO I1 I? 13 14 1.5 16

;:

:x Ll

M--

I -= 4,2 r-.7,0 kR = kariesresistent; kA=kariesanf&llig

I 9,3

Die Schwankungen in der Aldolaseaktivittit (vergl. Tab. 1) erkltiren die schon

von LUNDQVIST (1952) und SWENANDER-LANKE (1957) beobachteten individuellen

Unterschiede in der oral sugar clearance. Sie erlauben such eine Deutung der bei

den einzelnen Individuen beobachteten unterschiedlichen Kariesanfglligkeit. Die

herabgesetzte Aldolaseaktivittit im Speichel anfglliger Personen erhtilt damit in der

KarieWiologie besondere Bedeutung.

LITERATUR

BRAMSTEDT, F. und VONDERLINN, R. 1952. Biochemische Speicheluntersuchungen-II. Die Sauerstoffaufnahme des Speich4s und ihre Beziehungen zur Zahnkaries. Zahniirztl. Welt 7, 505-509.

Page 8: Beziehungen zwischen der Aldolaseaktivität des speichels und der karies

186 R. NAIJJOKS, F. BRAMSTEDT, E. RANKE KIND A. KRGNCKE

BRAMSTEDT, F., KR~NCKE, A., NAUJOKS, R. und VONDERLINN, R. 1954. Biochemische Speichel- untersuchungen-VI. Die Verbrennung organ&her Substrate im Speichel kariesanftilliger und kariesresistenter Personen. Dtsch. ruhntirztl. Z. 9, 782-791.

BRUNS, F. 1954. Bestimmung und Eigenschaft der Serum-Aldolase. Biochem. Z. 325, 156162.

FISHER, R. A. In HODGMAN, C. D., WEAST, R. C. und SELBY, S. M. 1956. Handbook for Chemistry and Physics, 38. Ed. S. 215-217. Chemical Rubber Publishing Co., Cleveland, Ohio.

GUSTAFSON, B. E. 1952. Tandkaries ok Kolhydrater. (Teamwork of the Medicinalstyrelsens odonto- logiska fiirsiikstation Vipeholms sjukhus Lund). Svensk tandliik. Tidskr. 45, Suppl.

HOERMANN, K. C. und ROBINSON, W. E. 1957. On the determination of human saliva aldolase activity. J. dent. Res. 36, 852-861.

HOLT, C. VON 1954. Eine Methode zur Bestimmung des neutralen Hexoseanteils der Proteine des Blutserums. K/in. Wschr. 32, 661-662.

KRBNCKE, A. und NAUIOKS, R. 1954. Biochemische Speicheluntersuchungen-V. Weitere Ergeb- nisse zur Entwicklung eines biochemischen Kariestestes. Dtsch. zahtirztf. Z. 9, 565-567.

KR~NCKE, A. 1959. Freie Zucker im Menschlichen Niichternspeichel. Sammlung Meusser, Heft 40. K~~HNAU, J. und HOLT, C. VON 1957. Stoffwechsel der Kohlenhydrate. In Tannhausers Lehrbuch

des Stoffwechsels und der Stoffwechselkrankheiten 2. Aufl. S. 217-286. Georg-Thieme, Stuttgart. LUNDQVIST, C. 1952. Oral sugar clearance. Odont. Revy 3, Suppl. 1. MORRIS, D. L. 1948. Quantitiaive determination of carbohydrates with Dreywood’s anthrone

reagent. Science 107, 254-255. NAUJOKS, R. und VONDERLINN, R. 1953. Biochemische Speicheluntersuchungen-IV. Klinische

C)berpriifung der Maglichkeiten zur Entwicklung eines biochemischen Kariestestes auf der Grundlage des Sauerstoffverbrauchs des menschlichen Speichels. Zahntirztl. Rdsch. 62,438-441.

NAUJOKS, R., BRAMSTEDT, F., RANKE, E. und AUERBACH, M. 1961. Zur Problematik der Speichel- gewinnung fiir biochemische Untersuchungen. Dtsch. zahniirztl. Z. 16, 171-175.

NAUJOKS, R., BRAMSTEDT, F., RANKE, E. und KR~~NCKE, A. 1960. Beziehungen zwischen Aldolase- aktivitkt des Speichels und der Karies. Naturwissenschaften 47, 187-188.

SWENANDER-LANKE, L. 1957. Influence on salivary sugar of certain properties of foodstuffs and individual oral conditions. Actu odont. stand. 15, Suppl. 23.