bestimmung der reinheit von cerebrosiden und sphingomyelinen nach einer kolloidchemischen methode

8
547.952 BESTIMMUNG DER REINHEIT VON CEREBROSIDEN UND SPHINGOMYELINEN NACH EINER KOLLOIDCHEMISCHEN METHODE VON P. H. TE'UNISSEN. Das Ziel ist. einzelne aus Gehirn bereitete Lipoide zu untersuchen: nicht nur mit der analytisch-chemischen, sondern insbesondere auch mit einer kolloidchemischen Methode, n h l i c h mit der Bestimmung der Umladungs- konzentrationen und den reziproken Hexolzahlen auf elektrophoretischem Wege. Aus den kombinierten Ergebnissen fur die reziproke Hexolzahl und die Reihenfolge der Umladungskonzentrationen einer Anzahl Salze kann dann ein Urteil iiber die Reinheit der Lipoide gebildet werden. Einleitung. Von einer Anzahl negativer. nicht amphoterer Biokolloide mit Phosphat-, Carboxyl- und Sulfatgruppen als ionogenen Gruppen wurden die Umladungskonzentrationen mit einer Anzahl Salze mit 1- bis 6-wertigen Kationen bestimmt 1). Hierbci zeigte sich, dass fur Kolloide mit derselben ionogenen Gruppe die Reihenfolgen der Um- ladungskonzentrationen der Salze ungefahr gleich waren: wahrend mit Kolloiden mit verschiedener ionogener Gruppe deutliche Unter- schiede auftraten, so dass fur jede ionogene Gruppe eine bestimmte Reihenfolge der Umladungskonzentrationen kennzeichnend ist. Wenn nun von einem Kolloid. in dem ionogene Gruppen vorkorn- men. die Umladungskonzentrationen rnit einer Reihe von Salzen bestimmt werden, konnen aus der gefundenen Reihenfolge der Um- ladungskonzentrationen Schlusse auf die Art der ionogenen Gruppe gezogen werden. Oberdies ist es m6gIich, die Zahl der ionogenen Gruppen fur 1 g trockenes Kolloid nach der von B u n g e n b e r g d e J on g 2) ein- gefuhrten Methode der reziproken Hexolzahlen zu bestimmen. Die reziproke Hexolzahl ist ein mit einern 6-wertigen Kobaltkomplex I) H. G. B u n g e n b e r g d e J on g und P. H. T e u n s sen I, Kolloid-Beihefte ") Vgl. S. 281. 47, 254 (1938); P. H. Te u n i s s e n, Diss. Leiden 1936.

Upload: p-h-teunissen

Post on 06-Jul-2016

215 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

547.952 BESTIMMUNG DER REINHEIT VON CEREBROSIDEN

UND SPHINGOMYELINEN NACH EINER KOLLOIDCHEMISCHEN METHODE

VON P. H. TE'UNISSEN.

Das Ziel ist. einzelne aus Gehirn bereitete Lipoide zu untersuchen: nicht nur mit der analytisch-chemischen, sondern insbesondere auch mit einer kolloidchemischen Methode, n h l i c h mit der Bestimmung der Umladungs- konzentrationen und den reziproken Hexolzahlen auf elektrophoretischem Wege. Aus den kombinierten Ergebnissen fur die reziproke Hexolzahl und die Reihenfolge der Umladungskonzentrationen einer Anzahl Salze kann dann ein Urteil iiber die Reinheit der Lipoide gebildet werden.

Einleitung.

Von einer Anzahl negativer. nicht amphoterer Biokolloide mit Phosphat-, Carboxyl- und Sulfatgruppen als ionogenen Gruppen wurden die Umladungskonzentrationen mit einer Anzahl Salze mit 1- bis 6-wertigen Kationen bestimmt 1 ) . Hierbci zeigte sich, dass fur Kolloide mit derselben ionogenen Gruppe die Reihenfolgen der Um- ladungskonzentrationen der Salze ungefahr gleich waren: wahrend mit Kolloiden mit verschiedener ionogener Gruppe deutliche Unter- schiede auftraten, so dass fur jede ionogene Gruppe eine bestimmte Reihenfolge der Umladungskonzentrationen kennzeichnend ist.

W e n n nun von einem Kolloid. in dem ionogene Gruppen vorkorn- men. die Umladungskonzentrationen rnit einer Reihe von Salzen bestimmt werden, konnen aus der gefundenen Reihenfolge der Um- ladungskonzentrationen Schlusse auf die Art der ionogenen Gruppe gezogen werden.

Oberdies ist es m6gIich, die Zahl der ionogenen Gruppen fur 1 g trockenes Kolloid nach der von B u n g e n b e r g d e J o n g 2 ) ein- gefuhrten Methode der reziproken Hexolzahlen zu bestimmen. Die reziproke Hexolzahl ist ein mit einern 6-wertigen Kobaltkomplex

I) H. G. B u n g e n b e r g d e J o n g und P. H. T e u n s s e n I, Kolloid-Beihefte

") Vgl. S. 281. 47, 254 (1938); P. H. T e u n i s s e n, Diss. Leiden 1936.

864 P. H. Teunissen.

( Hexolnitrat) bestimmtes Aequivalentgewicht und somit ein reziproker Masstab fur die Ladungsdichte (Anzahl ionogene Gruppen fur 1 g trockenes Kolloid) .

Als Beispiel dieser Anwendungsmoglichkeit wird hier die Unter- suchung von Cerebrosiden und Sphingomyelinen gegeben. Ein Cerebrosid ist ein Lipoid ohne ionogene Gruppen, wahrend ein Sphingomyelin ein Diaminophosphatid ist, das den Charakter eines .,Zwitterions” mit ebenso vielen + als auch - ionogenen Stellen, namlich Cholin- und Phosphatgruppen besitzt, die einander die Ladung kompensieren * ).

Theoretisch muss, weil in Cerebrosiden keine Ladungsgruppen vor- kommen und in Sphingomyelinen die vorhandene + und - Gruppe einander vollstandig kompensieren, die Ladungsdichte = 0 oder die reziproke Hexolzahl unendlich gross sein. Aus den experimentell be- stimmten Werten der reziproken Hexolzahl in Verbindung mit der Reihenfolge der Umladungskonzentrationen konnen wir uns dann ein

*) In beiden Lipoiden kommt eine Fettsaure durch eine Peptidbmdung gebunden an Sphingosin (ein Amin) vor, an die bei Cerebrosid ein Galaktosemolekiil und bei Sphingomyelin Phosphodurecholin gekuppelt ist. nach folgenden Strukturen:

Cerebrosid. R- CO Fettsaure

I OH NH

CH3-(CH2)12 -CH = CH-CH -CH--CH2 ! 0

I

I I

Sphingosin

Galaktose CH2OH-CH-(CHOH)3-CH \ / ‘b//

Sphingornyelin. R-CO

I OH NH

I I I

0 I

CH3-(CH2)12-CH = CH-CH-CH-CHz

HO-PO I 0

Fettshre

Sphingosin

Phosphor&iure

Cholin

Bestirnrnunp der Reinheit von Cerebrosiden. U.S.W. 865 -.____- - - - - _ _ _- . - ___ ._ -

Urteil iiber die Reinheit der verwendeten Lipoide bilden, worauf wir bei der Besprechung der Ergebnisse zuriickkommen werden.

Bereitung 3 )

2 kg gemahlene Rinderhirne werden nacheinander mit Aceton und Ather ausgezogen. wodurch Wasser, Fette, Cholesterin und Glycerin- phosphatide entfernt werden. Die noch im Hirnriickstand vorhandenen Cerebroside und Sphingomyeline werden daraus mit Pyridin aus- gezogen. Die Cerebroside losen sich bei Zimmertemperatur ziemlich gut in Pyridin. Sphirigomyeline schlecht, aber besser bei etwa 50' C. Der Hirnriickstand wird mit Pyridin auf 50' erhitzt und nach Abkiihlen filtriert. Di3s Filtrat enthalt in der Hauptsache Cerebroside, welche. nachdem das Pyridin unter vermindertem Druck soweit abdestilliert ist, bis ein sehr kleines Volumen zuriickgeblieben ist, mit Aceton niedergeschlegen werden. Nach 3 derartigen Extraktionen wurde das Pyridin nun warm abfiltriert und beim Abkiihlen des Filtrates schieden sich Sphinomyeline ab. Nachdem diese abfiltriert sind, kann das Filtrat erneut ZUI' Extraktion verwendet werden. Auf diese Weise wurden zwei Fraktionen erhalten: 1. Die Cerebrosidfraktion, 17 g. enthaltend 0.66 % Phosphor (weil Sphingomyeline etwa 4% Phosphor enthalten, bedeuten 0.66 % P rund 16 % Sphingomyeline und 84 % Cerebroside); 2. Sphingomyelinfraktion, 12 g. enthaltend rund 2 % P (also ,besteht diese Fraktion rund zur Halfte aus Sphingomyelinen).

Rein igu ng der Cenz6rosid)ra ktion.

U m diese Fraktion von Sphingomyelinen zu befreien. wurde sit aus einem Gemisch von Chloroform und absolutem Alkohol ( 2 : 1 ) um- krystallisiert. Hierbei sank der Phosphorgehalt nach der ersten Umkrystallisation auf 0.26 % Phosphor, nach der zweiten auf 0.12 % und nach der dritten auf 0.04, %, sodass jetzt ein Praparat erhalten wurde, das noch ungefahr 1 % Sphingomyelin enthielt. Um diesen letzten Rest zu entfernen, wurde das Pulver in Barytwasser suspen- diert und 80 Minuten lang in einem kochenden Wasserbade erhitzt * ) ; hierbei werden die Sphingomyeline verseift, die Cerebroside nicht.

3, H. T h i e r f e 1 d e r und E. K I e n k, Chemie d. Cerebroside und Phosphatide, Berlin 1930.

') Nochmaliges Umkrystallisieren brachte keine Verbesserung. auch nach der von L e v e n e, J. Biol. <:hem. 34, 68 (1916), beschriebenen Petrolather-Alkohol- niethode konnte keine Senkung des Phosphorgehaltes erreicht werden. Die Baryt- methode (T h i e r f e 1 d e I' und K 1 e n k, S. 10) fiihrte schliesslich zum gewiinschten Ergebnis.

866 P . H . Teunissen.

Nach Abkuhlen wurde das Cerebrosid abfiltriert, mit Wasser ge- waschen und mit warmem Aceton ausgezogen. Beim Abkiihlen des Acetons schieden sich die Cerebroside ab. Nach 3 solchen Extraktionen waren 2.5 g Cerebroside (weisses Pulver) erhalten, in denen rnit der sehr empfindlichen colorimetrischen Reaktion nach K u t t n e r und L i c h t e n s t e i n 4 ) kein Phosphor mehr nachzuweisen war.

Analyse: Berechnet ftir : N(nach Kjeldahl) . . . 1.70%

1.70 yo Galaktose (nach Spaltung.

Phrenosin 1.69 % N, Kerasin 1.73 yo N

Galaktose nach Hage- ,, 21.7 yo Galaktose. dorn-Jensen . . . . 21.9% Kerasin 22.2 yo Galaktose.

Reinigung der Sphingornyelinfraktion.

Nach Umkrystallisieren aus Eisessig wurden etwa 4 g Stoff erhalten, die 3.2 % Phosphor (d. h. 80 yb Sphingomyelin) enthielten. Die letzte Reinigung wurde durch Abscheidung der Sphingomyeline nach M e r z als Doppelverbindung mit Cadmiumchlorid 5 ) vorgenom- men: nach Zerlegung und Entfernung des Cadmiumchlmids wurden ungefiihr 2 g weisses Pulver erhalten, das nach der folgenden Analyse reines Sphingomyelin ist.

Analyse: Berechnet fiir :

P 3.90 yo Lignoceryl-sphingomyelin 3.73 3.36 YO P N

3.86 yo N 3.54 yo Nervonyl- 3.74 yo 3.37 yo

3.50 y' P : N = l : 2.0 Stearyl- 4.15 yo 3.74 yo

Versuchsanordn ung. Bestirnrnung der Urnladungskonzentrationen 6 ) . Die Lipoide wurden

im Wasser suspendiert und von dieser Suspension die Elektrophorese- geschwindigkeiten bei verschiedener Salzkonzentrationen gemessen (hierzu wurden 3 cm3 der 0.2 C/o-igen Suspension zu 47 cm3 Wasser + Salzlosung gefugt). Nach graphischer Abtragung der Ge- schwindigkeiten gegen die Salzkonzentration * ) wurde durch Inter-

') W. A. L. D e k k e r . Handl. klin. chem. onderzoek, Leiden 1936. s. 95; vgl.

6 , W. M e r z, Z. physiol. Chem. 193, 59 (1930). 6 ) Ausfiihrliche Beschreibung der Methodik: H. G. B u n g e n b e r g d e J o n g

und P. H. T e u n i s s e n . Rec. trav. chim. 54, 460 (1935); vgl. 1) S. 263. *) Urn grosse Konzentratlonsgebiete in einer Figur vereinigen zu konnen. wird

stets der Logarithmus der Salzkonzentration benutzt.

P. H. T e u n i s s e n, 2. physiol. Chem. 248, 144 (1937).

Bestimmung der Reinheit von Cerebrosiden, U.S.W. 867

polation die Salzkonzentration abgelesen, bei der die Geschwindigkeit gleich null ist: Die Umladungskonzentration.

Bestimmung der zeziproken Hexolzahlen. Von dem zugefugten Elektrolyt wird ein Teil an das Kolloid ge-

bunden ( .,Konzentrationsverlust durch Anheftung"), der Rest bleibt als Gleichgewichtskonzentration in der Losung. Bei Ionen von hoher Valenz wie das 6-wertige Hexolkation, das stark an das Kolloidion angeheftet wird, ist die Gleichgewichtskonzentration meistens klein im Hinblick auf den durch die Anheftung entstandenen Konzentrations- verlust. Weil die Gleichgewichtskonzentration nicht von der Kolloid- konzentration abhangig ist, und der Konzentrationsverlust durch Anheftung dieser proportional ist, konnen, wenn die UmIadungs- konzentrationen bei drei verschiedenen Kolloidkonzentrationen be- stimmt werden, sowohl die Gleichgewichtskonzentration als auch der durch Anheftung verursachte Konzentrationsverlust berechnet werden. Weil die Kolloidkontentrationen bekannt sind, folgt hieraus, wieviel g trockenes Kolloid 1 Aequivalent Hexolionen binden um den elektro- phoretischen Ladungs-Nullpunkt zu erreichen, d. h. also ein Aequi- valentgewicht, die ,,rezipcoke Hexolzahl".

Ergebnisse.

Die Umladungskonzentrationen, ausgedriickt in Aequivalenten fur 1 Liter sind im logarithmischen Masstab angegeben. die Salze durch das Kation angedeutet (Luteokobaltchlorid ist als ,,Luteo" angegeben), vgl. Fig. 1.

I I I

h L G n , L hl. _ _ 4 _ ! _ _ _ _ 1 _ _ _ 1 _ _ _ _ _ _ J _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ - - * 1 _ ( . , . 1 . . - - - _ . 1 . . ( . . ,

868 P. H. Teunissen.

Ko'loidkon- zentration. - -~

Cerebroside : G La U& Pb ..Lutio" Ba Sr Ca Mg K Na Li

0 . 5 5 0.10-4 0 . 6 5 4 0.984 0.83-3 0.60-1 0.75-1 0.88-1 0.98-1 (0.80) (1.00) (1.20)

Sphingomyelme : U q Ce La Pb "Luteo" Ca Mg Sr Ba Li Na K

0.89-7 0.13-6 0.23-6 0.- 0.50-3 0.04-2 0.17-2 0.43-1 0.45 (1.101

Die reziproken Hexolzahlen betragen von Cerebrosid 61 OOO und von Sphingomyelin 76000 (vgl. Tabelle I).

Umladungs- Berechnete Konzentra- Gleichge- tionsverlust Keziproke

wichtskon- durch I Hexolzahl ~ ~ ~- - 1 __ zentratlon Anheftung

konzentration

18.7 10-6 N 19.5 ,. ..

0.0061 010 0.01 22 010 0.01 83 o/o

0.0061 010 0.0122 010 0.01 83 010

0.8 10-6N I 76000 17.9 10-6 N 1.6 ,, ., 76000

20.3 - ,.

Besprechung des Ergebnisse.

In der Einleitung wurde bereits mitgeteilt, dass Cerebroside nach der Zusammensetzung keine ionogenen Gruppen enthalten. so dass die Ladungsdichte = 0 oder die reziproke Hexolzahl unendlich gross sein muss. Die im Versuch bestimmte reziproke Hexolzahl ist 61000, woraus folgt, dass doch noch eine ausserst kleine Menge ionogene Stellen vorhanden sein muss (61000 g entsprechen 1 Aequivalent). Weil das Cerebrosid keinen Phosphor oder Schwefel enthalt, und im Hinblick auf die Analysen eine Beimischung einer Verunreinigung nicht wahrscheinlich ist, mussen wir annehmen, dass dies Carboxyl- gruppen sind, die durch Oxydation entstanden sind. und zwar SO

wenig, dass sie analytisch nicht nachweisbar sind. In diesem Zusammenhange moge mitgeteilt werden, dass die Be-

stimmung der reziproken Hexolzahl der Cerebroside erst ungefahr 4 Monate nach den iibrigen Messungen ausgefuhrt werden konnte. Wahrend dieser Zeit war das Cerebrosidpraparat in einem geschlos- senen Wageglaschen in einem Exsiccator iiber Calciu,mchlorid im Dunkeln aufbewahrt worden. Die reziproke Hexolzahl dieses Prapa- rates wurde zu ungefahr 6000 bestimmt, was fur ein Kolloid ohne

2.4 ,, ,. 1 76000

Bestirnrnung der Reinheit von Cerebrosiden, U.S.W. 869

ionogene Gruppen unwahrscheinlich niedrig ist, SO dass hier Oxydation eingetreten sein musste. Deshalb wurde der Stoff aus absolutem Alkohol ( 50-fache Menge) umkrystallisiert und von dem erhaltenen Praparat von neuem die reziproke Hexolzahl bestimmt, die sich jetzt zu 61000 ergab. Wenn die iibrig gebliebene Menge zu einer nochmaligen Umkr)nstallisation ausgereicht hatte, wiirde wahrschein- lich die reziproke Hexolzahl noch grosser geworden sein. In einem derartigen Falle hat die reziproke Hexolzahl also Bedeutung fur die Beurteilung der Menge Oxydationsprodukte. die die ionogenen Gruppen liefern und die anscheinend durch einfaches Umkrystalli- sieren entfernt werden konnen.

Dass die noch vorhandenen ionogenen Gruppen Carboxylgruppen sind, ergibt sich aus der Reihenfolge der Umladungskonzentrationen der Ionen, welche vollstandig mit der von Carboxylkolloiden iiber- einstimmt, vgl. Fig. 1, wo die Umladungskonzentrationen der Ionen von den Cerebrosiden ( im logarithmischen Masstab) angegeben sind und zum Vergleich auch die von Natriumpektinat 7 ) . einem Carboxyl- kolloid ( reziproke Hexolzahl = 1040).

Sphingomyeline haben im Gegensatz zu Cerebrosiden Ladungs- zentren, aber gleichviel einander kompensierende positive und negative. Weil das Mokkulargewicht ungefahr 800 betragt, ist das Aequivalent- gewicht, sowohl fur die positiven als auch fur die negativen Gruppen 800, sodass das Ergebnis ist. dass das gesamte Aequivalent- gewicht unendlich gross sein muss. Theoretisch musste die reziproke Hexolzahl also unendlich gross sein. von dem untersuchten Praparat wurde sie zu 76000 bestimmt. Hieraus folgt, dass dieses Praparat noch eine sehr geringe Menge Phosphatidsaure, d.h. nicht kompen- sierte negative ionogerie Phosphatgruppen hat, die durch Abspaltung einer sehr kleinen Z a hl (positiver) Cholingruppen entstanden sein konnen. Die reziproke Hexolzahl ist bei diesen Lipoiden also ein Masstab fur die Menge Phospatidsaure, die, wie aus Untersuchungen uber Lecithin bekannt ist. durch Fraktionieren mit Hilfe von aus- schliesslich organischen Lijsungsmitteln nicht entfernt werden kann. Die Reihenfolge der Umladungskonzentrationen einer Anzahl Salze ist dann auch dieselbe wie die von Eilecithin, wo ebenfalls Phosphatid- saure den tlberschuss an negativer Ladung verursacht; vgl. Fig. 1. wo die Reihenfolge der Umladungskonzentrationen von beiden Phos- phatiden wiedergegeben ist 7 ) .

') VgI. LVII

besonders Teil I1 Kolloid-Beihefte 48, 33 (1938). 29

870 P. H. Teunissen. Bestimmung der Reinheit von Cerebrosiden, U.S.W.

Zusammenfassung.

Von aus Rinderhirnen bereiteten Cerebrosiden und Sphingomyelinen wurden die reziproken Hexolzahlen und die Reihenfolgen der Umladungskonzentrationen einer Anzahl Sake bestimmt.

In Cerebrosiden kommen theoretisch keine ionogenen Gruppen vor, sodass die reziproke Hexolzahl ein Masstab fur die Menge der durch Oxydation entstandenen Carboxylgruppen ist; aus der Reihenfolge der Umladungskonzentrationen ergibt sich, dass die ionogenen Gruppen in der Ta t Carboxylgruppen sind.

Sphingom yeline haben zwar ionogene Gruppen, theoretisch gleich- vie1 + (Cholin) als auch - (Phosphat) Gruppen. Die reziproke Hexolzahl ist hier ein Masstab fur die Menge Phosphatidsaure (nicht kompensierte Phosphatgruppen) . Die Reihenfolge der Umladungs- konzentrationen stimmt daher auch vollstandig mit der von Eilecithin iiberein. bei dem ebenfalls Phosphatidsaure die negative Ladung ver- ursacht.

L e i d e n, Chemische Abteilung des Pathologischen Laboratoriums der Universitlt.

(Eingegangen am 28. Mai 1938).