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Berufsbildung in Finnland Qualifikation, Kenntnisse und Fertigkeiten für Berufsleben und weiterführende Bildungsgänge

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Berufsbildung in Finnland Qualifikation, Kenntnisse und Fertigkeiten für Berufsleben und weiterführende Bildungsgänge

Das finnische Bildungssystem

Das finnische Bildungssystem umfasst Vorschulerziehung, grundbildenden Unterricht, auf der Sekundarstufe die allgemeinbildende gymnasiale Oberstufe und die Berufs- ausbildung sowie auf der Tertiärstufe die Fachhoch-schulen und Universitäten. Erwachsenenbildung wird (mit Ausnahme der Vorschul-erziehung) in allen Stufen des Bildungssystems angeboten. Die Qualifikationsmöglichkeit der Auszubildenden für die jeweils nächsthöhere Bildungsstufe ist gesetzlich abgesichert.

Berufliche Prüfungen

Grund-prüfungen

Berufs-prüfungen Fachprüfungen

Berufsbildungsstätten, Erwachsenen-bildungsstätten und Lehrvertragsausbildung

Untere Hochschulabschlüsse (Bachelor-Stufe)

Universitäten

Untere FachhochschulabschlüsseFachhochschulen

Höhere Hochschulabschlüsse (Master-Stufe)Universitäten

Lizenziaten- und DoktorabschlüsseUniversitäten

Höhere FachhochschulabschlüsseFachhochschulen

Vorschulerziehung (6-jährige)Gesamtschulen/Kindertagesstätten

Grundbildender Unterricht (7- bis 16-jährige)Gesamtschulen

Studentenexamen (Abitur)Gymnasiale Oberstufen

Arbeitsleben

berufserfahrung 3 Jahre

2

Inhalt

Das finnische Bildungssystem ...............................................................2

Berufsbildung ......................................................................................4

Berufliche Prüfungen ............................................................................7

Zur Berufsbildung hinführende Vorbereitungs- und Trainingsschulungen ......................................................................... 10

Bewerbung für einen Bildungsgang und Beginn der Ausbildung .........11

Lernen und Ausbildungsberatung .......................................................13

Beurteilung der Qualifikation .............................................................17

Ausbildungskosten und Sozialleistungen für Auszubildende ...............18

Verwaltung des Berufsbildungswesens ..............................................19

Ausbildungsträger .............................................................................21

Lehrer ................................................................................................22

Finanzierung ......................................................................................23

Qualitätssteuerung.............................................................................25

Internationalisierung ..........................................................................26

Über Finnland ....................................................................................27

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Berufsbildung – Kompetenz für ein Berufsleben im Wandel

Für die Wahrung von wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand sind die Berufsbildung und die berufliche Qualifikation von zentraler Bedeutung. Der Arbeitsmarkt der Zukunft erfordert eine vielseitige berufliche Kompetenz, solides Fachkönnen und dessen kontinuierliche Aktualisierung.

Für die Entwicklung der Berufsbildung ist es erforderlich, landesweit und langfristig den künftigen Arbeitskräfte- und Ausbildungsbedarf quantitativ und die Kompetenzerfordernisse qualitativ zu bestimmen. Die Prognose gibt Aufschluss darüber, welche Qualifikationen und Fachkönner in Zukunft in Wirtschaft und Gewerbe gefragt sind und wie das Bildungsangebot auf diese Nachfrage abgestimmt werden kann. Ziel ist es, die quantitative Nachfrage nach und das Angebot an Arbeitskräften optimal abzustimmen. Die Prognosedaten gestatten ferner die Entwicklung der Prüfungsstrukturen und Qualifikations-

anforderungen bzw. der Grundlagen der Prüfungen sowie die kontinuierliche Anpassung der Bildungsgänge an die künftigen beruflichen Kompetenzerfordernisse.

Die Berufsbildung wird ständig im Rahmen umfassender landesweiter Fördervorhaben weiterentwickelt. Beteiligt sind daran neben den Beamten der Bildungsadministration Vertreter der Wirtschaft, Bildungsträger, Lehrer und Lernende. Zentrale Entwicklungsziele waren in den letzten Jahren u.a. die Anpassung an die sich wandelnden beruflichen Qualifikations- erfordernisse, die Kooperation von Bildungswesen und Wirtschaft, die Qualität der Berufsbildung, die formelle Anerkennung erworbener Kompetenzen, die vielseitigere Gestaltung der Lernumgebungen, der effizientere Zugang zu Bildung und Ausbildung, die Senkung der Abbruchraten und die Steigerung von Ansehen und Attraktivität der Berufsausbildung.

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Ausbildungsbereiche Die Berufsbildung ist in acht Ausbildungsbereiche untergliedert.

Berufsbildung im Jahre 2008 Zahlenmäßige Verteilung der Auszubildenden insgesamt nach Ausbildungsbereichen. Der Anteil von Frauen ist farblich heller abgehoben

Quelle: Statistisches Zentralamt

Technik- und Verkehrsbereich

Sozial-, Gesundheits- und Sportbereich

Touristik-, Gastronomie- und Hauswirtschaftsbereich

Bereich Naturschätze und Umwelt

Kulturbereich

Naturwissen-schaftlicher Bereich

Geistes- und erziehungs- wissenschaftlicher Bereich

Gesellschaftswissen-schaftlicher, betriebs-wirtschaftlicher und Verwaltungsbereich

■ Geistes- und erziehungs- wissenschaftlicher Bereich■ Kulturbereich■ Gesellschaftswissenschaftlicher, betriebswirtschaftlicher und Verwaltungsbereich■ Naturwissenschaftlicher Bereich■ Technik- und Verkehrsbereich■ Bereich Naturschätze und Umwelt■ Sozial-, Gesundheits- und Sportbereich■ Touristik-, Gastronomie- und Hauswirtschaftsbereich

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BerUFSBiLDUnG

Grundausbildung

Ausbildung an Lehranstalten Lehrvertragsausbildung

Zur Berufs-ausbildung hinführende

Vorbereitungs- und Trainings-

schulung

Zur beruflichen Grundprüfung hinführende Ausbildung

Ausbildung zur Vorbereitung auf eine kom-petenzbasierte

Prüfung

Ausbildung zur Vorbereitung auf eine kom-petenzbasierte

Prüfung

Zur beruflichen Grundprüfung hinführende Ausbildung

Struktur der BerufsbildungDie Berufsbildung teilt sich in die berufliche Grund- und Zusatz-ausbildung auf. Ihre Zielgruppen sind Jugendliche im Übergang zum Berufsleben, Erwachsene im Beruf und Erwachsene, die aus irgendeinem Grund außerhalb des Berufslebens stehen. Die Berufsbildung vermittelt vielseitige Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen für den Eintritt ins Berufsleben und die Berufstätigkeit. Außerdem vermittelt sie Kompetenzen für das lebenslange Lernen und die Selbstentwicklung. Das konkrete Bildungsangebot kann vielfältig in den Lernumgebungen von Bildungsanstalten, aber auch in Betrieben und im Internet ausgestaltet werden.

Der beruflichen Grundausbildung dienen berufliche Grund-prüfungen sowie spezielle Ausbildungsgänge als Hinführung, Vorbereitung und Training für die berufliche Grundausbildung.

Der beruflichen Zusatzausbildung dienen Berufs- und Fachprüfungen sowie je nach den Erfordernissen von Auszubildendem und Arbeitgeber eine Zusatzausbildung ohne Abschluss.

Das System kompetenzbasierter PrüfungenIn Finnland basiert die berufliche Erwachsenenbildung weit-gehend auf einem System kompetenzbasierter Prüfungen. Ein Vorteil des Systems ist insbesonders, dass das Fachkönnen einer Person damit unabhängig von der Erwerbsart (Berufserfahrung, Ausbildung oder anderweitig) anerkannt werden kann.

Wer sich zu einer kompetenzbasierten Prüfung meldet, nimmt oft gleichzeitig an einer vorbereitenden Ausbildung teil, die das notwendige Fachkönnen vermittelt. Wer bereits über ausreichend es Fachkönnen verfügt, kann die kompetenzbasierte Prüfung oder einen Teil davon ohne vorbereitende Ausbildung ablegen. Die Teilnahme an einer Ausbildung kann nicht zur Vorbedingung für das Ablegen einer kompetenzbasierten Prüfung gemacht werden. In der Regel werden die kompetenzbasierten Prüfungen jedoch von einer vorbereitenden Ausbildung begleitet.

Für die kompetenzbasierten Prüfungen wird die laut Prüfungs-grundlagen erforderliche Qualifikation in Abschlussprüfungen nachgewiesen, die vorrangig in authentischen Produktions- und Dienstleistungsumgebungen stattfinden. Der Prüfungsablauf richtet sich nach dem Individualisierungsplan der einzelnen Prüflinge. Im Allgemeinen werden die Prüfungen abschnittsweise abgelegt. Die Prüfung kann punktuell zu einem festgelegten Zeitpunkt oder in einem zeitlich längeren prozessartigen Ablauf abgelegt werden.

Die Zuständigkeit für die kompetenzbasierten Prüfungen liegt bei den vom Finnischen Zentralamt für Unterrichtswesen eingesetzten Prüfungsausschüssen, die mit den Ausrichtern der Prüfungen zu-sammenarbeiten. Die Prüfungsausschüsse schließen Vereinbarungen über die Ausrichtung der kompetenzbasierten Prüfungen ab, führen die Prüfungsaufsicht durch und stellen die Prüfungszeugnisse aus. Im Prüfungsausschuss sind Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Lehrer und bei Bedarf Unternehmer der entsprechenden Branche vertreten.

Für die auf die kompetenzbasierten Prüfungen vorbereitende Ausbildung sind die Ausbildungsträger zuständig, die über ihren Inhalt und ihre Ausrichtung den Prüfungsgrundlagen gemäß entscheiden.

Zusatzausbildung

Ausbildung an Lehranstalten Lehrvertragsausbildung

Ausbildung zur Vorbereitung auf

eine kompetenzba-sierte Prüfung

Ausbildung ohne Abschluss

Ausbildung zur Vorbereitung auf eine kompetenz- basierte Prüfung

Ausbildung ohne Abschluss

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Berufliche Prüfungen – Qualifikation und Flexibilität

Die Prüfungsstruktur und die Prüfungen der Berufsbildung wer-den gemeinsam mit Wirtschaft, Gewerbe und anderen relevanten Interessengruppen weiterntwickelt; Ziel ist es, mit den Prüfungen den Eintritt in den Arbeitsmarkt sowie die persönliche Entwick-lung im Beruf und den Berufswechsel im Laufe des Arbeitslebens flexibel und wirksam zu unterstützen. Neben den Erfordernissen des Berufslebens werden bei der Fortentwicklung der Berufsbil-dung und der beruflichen Prüfungen die Stärkung der Kompe-tenzen für das lebenslange Lernen sowie die Bedürfnisse und Möglichkeiten der einzelnen Menschen, eine Prüfung je nach ihrer Lebenssituation flexibel abzulegen, berücksichtigt.

Die Grundlagen der beruflichen Prüfungen werden für jede Prüfung gesondert ausgearbeitet. Die Prüfungen basieren auf dem im Berufs-leben erforderlichen Können und bestehen aus Prüfungsteilen, die den Arbeits- und Funktionsabläufen im Berufsleben entsprechen. In den Prüfungsgrundlagen werden die Prüfungsteile und die darauf eventuell fußenden Ausbildungsprogramme oder Fachbereiche, der Aufbau der Prüfung und die beruflichen Qualifikationsanforderun-gen der einzelnen Prüfungsteile sowie die Beurteilungsgrundlagen (Gegenstände und Kriterien der Beurteilung, Nachweisarten der Qualifikation) bestimmt. Die beruflichen Qualifikationsanforde-rungen der Prüfungen und Prüfungsteile werden als Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen definiert.

Berufliche GrundprüfungenMit den beruflichen Grundprüfungen wird nachgewiesen, dass der Prüfling die Fachkompetenz und die für eine Beschäftigung in der Branche qualifizierenden Kenntnisse und Fertigkeiten sowie umfassende berufliche Basiskompetenzen für verschiedene Berufsaufgaben erworben hat; außerdem dient ein (1) Teilbereich der Prüfung dem Nachweis von Spezialkönnen und -qualifikationen. Berufliche Grundprüfungen gab es im Jahre 2010 insgesamt 52, zu diesen hinführende Ausbildungs- programme gab es 120. Die Grundprüfung erfordert 120 Leistungspunkte (120 Ausbildungswochen bzw. drei Jahre), wovon mindestens 20 Leistungspunkte (6 Monate) auf Lernen im Betrieb entfallen.

Die beruflichen Grundprüfungen bestehen aus den berufs- fachlichen (90 Leistungspunkte) und den außerfachlichen 20 Leistungspunkte) Prüfungsteilen, die beide obligatorisch oder fakultativ sein können, sowie aus wahlfreien Prüfungsteilen (10 Leistungspunkte).

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Die als kompetenzbasierte Prüfung abzulegenden Grund-prüfungen bestehen jedoch ausschließlich aus fachbezogenen Prüfungsteilen, deren Umfang nicht nach Leistungspunkten bestimmt wird.

Die berufsfachlichen Prüfungsteile basieren auf den berufsspezifischen Arbeits- und Funktionsabläufen, von den erforderlichen Leistungspunkten entfallen mindestens 20 auf das Lernen im Betrieb. Ferner enthalten die berufsfachlichen Prüfungsteile jeder Prüfung auch Qualifikationsanforderungen in den Bereichen unternehmerischer Kompetenz und Einstellung sowie Stärkung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Zur Prüfung gehört auch eine praktische Leistungsnachweisarbeit.

Die außerfachlichen Prüfungsteile (fachübergreifende Kurse) sollen für die Arbeit, Fortbildung und allgemein im Leben erforderliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen vermitteln; sie können durch Kurse an der gymnasialen Oberstufe ersetzt werden. Für alle Auszubildenden sind außerfachliche Prüfungsteile u.a. Sprachen, Mathematik, Sport sowie Kunst und Kultur obligatorisch.

Die wahlfreien Prüfungsteile können berufs- und fachbezogen, außerfachlich, allgemeinbildend oder hobbyorientiert sein.

Der Auszubildende oder Prüfling kann für seine Grundprüfung auch Prüfungsteile aus anderen beruflichen Grundprüfungen sowie Berufs- oder Fachprüfungen auswählen. Ferner kann er zur Verbesserung seiner Qualifikation für weiterbildende Ausbildungs- und Studiengänge an der gymnasialen Oberstufe lernen und das Studentenexamen (Abitur) ablegen oder je nach Erfordernis seine Prüfung individuell mit zusätzlichen, über den eigentlichen Prüfungsumfang hinaus gehenden Abschnitten der beruflichen Prüfung erweitern.

Auf Wunsch und je nach seinen individuellen Ausbildungs- oder Beschäftigungsmöglichkeiten und seiner Lebenssituation kann der Auszubildende die Prüfung auch teil- oder abschnitsweise ablegen. In solchen Fällen erarbeiten die Ausbildungsträger für den Auszubildenden – möglichst in Kooperation mit dem Be-trieb – einen Ablaufplan für das Ablegen der gesamten Prüfung. Vorrangiges Ziel der beruflichen Grundausbildung ist es, das Ablegen der gesamten Prüfung zu gewährleisten.

0

10000

20000

30000

40000

50000

60000

2005 2008

Absolventen einer beruflichen Prüfung

■ berufliche Grundprüfung■ davon kompetenzbasierte Prüfungen■ Berufsprüfung■ Fachprüfung■ alle insgesamt■ davon Lehrvertragsausbildung

Quelle: WERA

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In den Grundlagen der beruflichen Grundprüfung sind die für das lebenslange Lernen erforderlichen Schlüsselkompetenzen, die in die Qualifikationsanforderungen der berufsfachlichen und außerfachlichen Prüfungsteile einbezogen sind, definiert. Zu den für das lebenslange Lernen erforderlichen Schlüsselkompetenzen zählen u.a. Lernen und Problemlösung, Interaktivität und Kooperation, Berufsethik, nachhalti-ge Entwicklung, Ästhetik, Kommunikations- und Medienkunde sowie engagiertes Staatsbürgertum und verschiedene Kulturen.

Die berufliche Grundprüfung wird in der Regel nach einem Lehrplan, der in Übereinstimmung mit den Prüfungsgrundlagen erstellt wird, an beruflichen Lehranstalten abgelegt, wobei in den Lehrplan betriebliche Ausbildungsabschnitte flexibel und vielseitig integriert werden können. Die Grundprüfung kann auch als kompetenzbasierte Prüfung abgelegt werden. Unabhängig von der Prüfungsart sind die Qualifikationsanforderungen stets gleich.

Berufs- und FachprüfungenDie Berufsprüfungen dienen zum Nachweis der berufs- spezifischen Qualifikation. Unterschiedliche Berufsprüfungen gab es im Jahre 2010 insgesamt 187.

In den Fachprüfungen wird die Beherrschung anspruchsvollster beruflicher Aufgaben nachgewiesen. Unterschiedliche Fach- prüfungen gab es im Jahre 2010 insgesamt 129.

Die Berufs- und Fachprüfungen bestehen aus Prüfungsteilen, die den berufsspezifischen Arbeits- und Funktionsabläufen entsprechen. Die Prüfungsteile können obligatorisch oder fakultativ sein. In den Prüfungsgrundlagen werden die prüfungsrelevanten Qualifikationen sowie die Aufteilung der Prüfung in obligatorische und fakultative Abschnitte bestimmt. Die für das lebenslange Lernen erforderlichen Schlüsselkompetenzen sind je nach Relevanz in den Prüfungsteilen enthalten.

Der Umfang der Berufs- und Fachprüfungen oder ihrer Abschnitte wird nicht definiert.

Die Berufs- und Fachprüfungen werden stets in Form kompetenzbasierter Prüfungen abgelegt. Je nach Bedarf erfolgt die zur Prüfung hinführende Ausbildung in Lehranstalten oder als Lehrvertragsausbildung.

Qualifikation für weiterführende AusbildungsgängeDie beruflichen Grundprüfungen sowie die Berufs- und Fach-prüfungen verleihen die allgemeine Zugangsqualifikation für weiterführende Studien an Fachhochschulen und Universitäten. Ein natürlicher weiterführender Bildungsweg zum Beispiel für Absolventen der beruflichen Grundprüfung sind die Fachhoch-schulen, von deren Studienanfängern ein knappes Drittel als Eingangsqualifikation eben diese Prüfung mitbringt. Derzeit führt die Route zur Universität in der Regel über die gymnasiale Ober-stufe, doch ist auch der Weg über berufliche Prüfungen möglich.

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Zur Berufsbildung hinführende Vorbereitungs- und Trainingsschulungen

Für die Übergangsphase zwischen grundbildendem Unterricht und Sekundarstufe wurden vielseitige und flexible Bildungsgänge entwickelt. Sie sollen einen erfolgreichen Übergang der Schüler und Auszubildenden von einer Bildungsstufe zur anderen und das Kontinuum der lebensbegleitenden Bildungsgänge unterstützen.

Vor Beginn der Ausbildung, die zur beruflichen Grundprüfung hinführt, kann der Auszubildende je nach Bedarf an nachstehend aufgeführten Vorbereitungs-, Trainings- oder Rehabilitations- schulungen teilnehmen. Diese Schulungen basieren auf dem Berufsbildungsgesetz und den vom Finnischen Zentralamt für Unterrichtswesen bestätigten Grundlagen des Rahmenlehrplans.

Zur beruflichen Grundausbildung hinführende Vorberei-tungsschulung – Berufsstart (20 bis 40 Leistungspunkte)Zielgruppe der Schulung sind Jugendliche, die sich über ihre Berufswahl noch nicht völlig im Klaren sind oder noch Orientie-rung benötigen, um sich zu einer Berufsausbildung anzumelden oder eine Ausbildung zu beginnen. Die Auszubildenden lernen nach einem persönlichen Ausbildungsplan.

Trainings-, Rehabilitations- und Orientierungsschulungen für Behinderte (20 bis 120 Leistungspunkte) Zielgruppe sind Behinderte. Während dieser Schulungen können sie ihre Kompetenz entwickeln, die in der Berufs- ausbildung, im Berufsleben und eigenständigen Leben notwendigen Fertigkeiten erwerben und ihre Zukunftspläne klären. Mit der Schulung soll ihnen das optimale Rüstzeug für ein eigenständiges Leben, die Ausbildung und die Arbeit vermittelt werden. Der Umfang der Vorkurse wird für jeden Auszubildenden individuell in seinem persönlichen Ausbildungsplan bestimmt.

Da ja der Übergang in die berufliche Grundausbildung das Ziel ist, haben die Schulungen meist einen Umfang von 20 bis 40 Leistungspunkten, aus speziellen Gründen jedoch auch maximal 80 Leistungspunkten. Ist eine Prüfung für den Betreffenden ein zu hoch gestecktes Ziel, so kann die Schulung direkt auf die Berufs-

tätigkeit oder ein eigenständiges Leben vorbereiten. Der Schulungsumfang kann dann 40 bis 120 Leistungspunkte betragen.

Vorbereitungskurse zur beruflichen Grundausbildung von Migranten (20 bis 40 Leistungspunkte) Zielgruppe sind Migranten oder Auszubildende mit Migrantenhinter-grund, die Basiskenntnisse in der Unterrichtssprache haben. Ziel ist es, den Migranten das Rüstzeug für den Übergang in eine Schulung, die zur beruflichen Grundprüfung hinführt, zu vermitteln; hierzu sollen ihre Kenntnisse der finnischen oder schwedischen Sprache und sonstige für eine Berufsausbildung erforderliche Kompetenzen geför-dert werden. Gleichzeitig gilt es, sie mit der finnischen Ausbildungs- und Arbeitskultur vertraut zu machen. Ferner lernen sie verschiedene Berufe und das Berufsbildungssystem kennen und erhalten Förde-rung zur Wahrung ihrer eigenen Muttersprache und kulturellen Identi-tät. Für die Auszubildenden werden individuelle Lernpläne erstellt.

Hauswirtschaftsunterricht (20 Leistungspunkte) Der Hauswirtschaftsunterricht vermittelt die Kenntnisse und Fertigkeiten, die für die Beherrschung des eigenen Alltags und die Haushaltsführung notwendig sind. Die Schulung bereitet auf weiterführende Ausbildungsgänge vor und kann je nach Ausbildungsbereich und Auszubildendem ausgerichtet werden.

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Bewerbung für einen Bildungsgang und Beginn der Ausbildung

Übergang in eine Ausbildung nach dem grundbildenden Unterricht

■ Ausbildung an der gymnasialen Oberstufe■ Berufsausbildung in der Sekundar stufe■ Klasse 10 der Gesamtschule■ Ausbildungsabbrecher

Quelle: WERA0

20

40

60

80

100

2000 2008

Wer einen Ausbildungsplatz wünscht und eine Prüfung ablegen möchte, kann sich für jede Berufsausbildung im ganzen Land frei bewerben. Die Bewerbung zur beruflichen Grundausbildung erfolgt hauptsächlich über ein zentrales Vergabeverfahren. Wer eine berufli-che Zusatzausbildung wünscht, wendet sich direkt an eine Lehran-stalt, an Arbeits- und Gewerbebüros oder Lehrvertragsanbieter.

Um Plätze in der Berufsbildung bewerben sich Jugendliche und Erwachsene mit sehr unterschiedlicher Vorbildung und Berufs-erfahrung, deren Vorkenntnisse als Teil der beruflichen Prüfung angerechnet werden. Auch Abiturienten können sich zur Berufs-ausbildung melden und berufliche Prüfungen ablegen.

Zugangsvoraussetzung zur beruflichen Grundausbildung ist der erfolgreiche Abschluss des grundbildenden Unterrichts oder eines gleichwertigen Lehrstoffs. Auch Personen, deren Vorbildung nach Auffassung des Ausbildungsträgers die Voraussetzungen für den angestrebten Ausbildungsgang in anderer Weise erfüllt, können aufgenommen werden.

Das Ministerium für Bildung und Kultur entscheidet über die Aufnahmekriterien. Auswahlkriterien sind u.a. der frühere Schu-lerfolg, die Berufserfahrung und die Rangliste der Wünsche des Bewerbers. Der Ausbildungsträger entscheidet über die Auswahl der Auszubildenden u.a. anhand von Eingangs- und Eignungstests oder Interviews. Das Angebot der beruflichen Grundausbildung und der gymnasialen Oberstufe ist so dimensioniert, dass jeder Jugendliche nach dem grundbildenden Unterricht seine Ausbildung fortsetzen kann. Die Attraktivität der beruflichen Grundausbildung hat seit 2000 stetig zugenommen. Immer mehr Menschen bewerben sich vorrangig um einen Platz in der beruflichen Grundausbildung und werden auch angenommen. Rund 95 Prozent der Absolventen des grundbildenden Unterrichts setzen ihre Ausbildung unmittelbar in der gymnasialen Oberstufe, der beruflichen Grundausbildung oder der Zusatzausbildung zum grundbildenden Unterricht fort.

Alljährlich beginnen rund 50.000 Auszubildende mit einem Durchschnittsalter von rund 19 Jahren die berufliche Grundaus-bildung. Jedes Jahr nehmen rund 10.000 Menschen an der Vorbereitungsausbildung zu kompetenzbasierten Prüfungen teil.

Die berufliche Zusatzausbildung ist für freie Bewerbungen offen.

Der Ausbildungsträger entscheidet über die Aufnahmekriterien sowie über eventuelle Aufnahme- oder Eignungstests. Für alle Bewerber gelten einheitliche Auswahlkriterien. Je nach Bedarf kann das Ministerium für Bildung und Kultur über die Aufnahmekriterien entscheiden.

Die eigenständige berufliche Zusatzausbildung orientiert sich an den Auszubildenden und wird daher der Nachfrage angepasst.

Alljährlich beginnen rund 23.000 Auszubildende eine Ausbil-dung mit dem Ziel einer Berufs- oder Fachprüfung. An Zusatz-ausbildungsgängen beteiligen sich hauptsächlich bereits im Beruf stehende 25- bis 64-jährige Erwachsene.

Die Teilnehmerzahlen bei den Abschlussprüfungen steigen kontinuierlich.

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in die berufliche Grundausbildung neu aufgenommene Auszubildende 2007–2009

0 10 000 20 000 30 000 40 000 50 000 60 000

Jahr 2008

Jahr 2007

Jahr 2009

Gymnasiale OberstufeBerufsausbildung

Jahr 2008

Jahr 2007

Jahr 2009

Verhältnis der Bewerber für eine Berufsausbildung und die gymnasiale Oberstufe nach der rangliste der Ausbildungswünsche 2007–2009

0 10 000 20 000 30 000 40 000 50 000 60 000

Quelle: Statistisches Zentralamt

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Lernen und Ausbildungsberatung

Die Formen der Ausbildung mit dem Ziel der beruflichen Grund-prüfung und der Vorbereitungsausbildung für eine kompetenz-basierte Prüfung sind Präsenz-, Fern- und Kombinationsunterricht an beruflichen Lehranstalten oder Lehrvertragsausbildung. An den Lehranstalten erfolgt der Unterricht in unterschiedlichen Lernum-gebungen, zum Beispiel in Arbeitssälen, Laboratorien und Lehrres-taurants. Von ausschlaggebender Bedeutung für das Erreichen der fachlichen Qualifikationsanforderungen ist das Lernen im Betrieb.

Lernen im BetriebIn der Ausbildung mit dem Ziel der beruflichen Grundprüfung wird der Ausbildungsplatz in einem Betrieb vom Ausbildungsträger, der mit dem Arbeitgeber einen schriftlichen Vertrag abschließt, arrangiert. In der Regel steht der Auszubildende nicht in einem Arbeitsverhält-nis, sondern wahrt seinen Azubi-Status und die damit verbundenen Sozialleistungen. Auch erhalten die Betriebe in der Regel kein Ent-gelt. Die Ausbildung in einem Betrieb kann auch im Ausland statt-finden. Die Planung und Durchführung des Ausbildungsabschnitts im Betrieb machen die Lehrer und betrieblichen Tutoren gemeinsam mit dem Auszubildenden; auch beurteilen sie zusammen mit ihm das Erreichen der vereinbarten Leistungsvorgabe.

LehrvertragsausbildungDie Lehrvertragsausbildung ist die am stärksten an der Berufspraxis orientierte Form der Berufsausbildung. Grundlage ist ein befristeter Ar-beitsvertrag (Lehrvertrag), den ein mindestens 15-jähriger Auszubilden-der und der Arbeitgeber abschließen. Auch Beamte und Unternehmer können ihre Kompetenz durch eine Lehrvertragsausbildung erweitern.

Zu rund 70 bis 80 Prozent erfolgt die Lehrvertragsausbildung in einem Betrieb, in dem der oder die beauftragten betrieblichen Tutoren für die Ausbildung des Auszubildenden zuständig sind. Die betriebliche Ausbildung wird durch theoretischen Unterricht er-gänzt, für den vorrangig die Träger der Berufsausbildung zuständig sind. Der Vermittler der Lehrvertragsausbildung bestätigt den Lehr-vertrag von Auszubildendem und Arbeitgeber. Zu rund 17 Prozent findet die Berufsausbildung im Rahmen eines Lehrvertrags statt.

Der Arbeitgeber zahlt dem Lehrling während der Ausbildung am Arbeitsplatz einen Tariflohn.

Während den theoretischen Ausbildungsabschnitte erhält der Lehrling die Azubis zustehenden Sozialleistungen zum Beispiel in Form von Tagegeld und Reisekosten- und Unterkunftsbeihilfen. Der Arbeitgeber erhält für die Kosten, die ihm aus der Lehrlings-ausbildung entstehen, einen Ausbildungsausgleich.

Sonderpädagogischer FörderunterrichtIm sonderpädagogischen Förderunterricht werden Auszubildende, die wegen einer Behinderung, Krankheit, Retardation oder aus an-deren Gründen besonderer Unterstützung bedürfen, während ihrer Ausbildung mit pädagogischen Mitteln und Azubi-Betreuungs-diensten gefördert. Ziel ist es, die Ausbildung und den Berufsab-schluss des Auszubildenden zu fördern. Orientierungsvorgaben für

Quelle: System staatlicher Zuweisungen an den Gemeindesektor

Azubis mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der beruflichen Grundausbildung 2004–2008

5000

2004 2005 2006 2007 2008

10000

15000

20000

t

Sonderpädagogische BerufsschulenSonstige berufliche Lehranstalten

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den sonderpädagogischen Förderunterricht sind die individuellen Voraussetzungen und die persönliche Entwicklung des Auszubil-denden und sein Heranwachsen zur menschlichen Persönlichkeit. Der Förderunterricht wird je nach den Bedürfnissen junger wie erwachsener Auszubildender möglichst individuell angelegt.

Für alle Auszubildende, die sonderpädagogischer Förderung bedürfen, wird stets ein persönlicher Ausbildungsplan erstellt. In

der beruflichen Grundausbildung mit dem Ziel eines Prüfungs-abschlusses können die Anforderungen je nach Bedarf angepasst werden.

Der sonderpädagogische Förderunterricht wird in den Berufs-ausbildungsstätten vorrangig in gleichen Gruppen zusammen mit den anderen Auszubildenden oder teilweise oder insgesamt in speziellen Gruppen durchgeführt. Die sonderpädagogischen beruflichen Lehranstalten und einige speziell beauftragte Berufsbildungsträger organisieren den sonderpädagogischen Unterricht für Schwerstbehinderte.

Benötigt ein Azubi mit sonderpädagogischem Förderbedarf noch Einübung in Basisfertigkeiten, so kann er vor dem Beginn der Berufsausbildung am vorbereitenden und rehabilitierenden Betreuungsunterricht für Behinderte teilnehmen.

Von den Auszubildenden in der beruflichen Grundausbildung sind rund 13 Prozent im sonderpädagogischen Förderunterricht. Die Anzahl der Azubis mit sonderpädagogischem Förderbedarf hat in den letzten Jahren zugenommen.

Berufsausbildung von MigrantenAls „Migranten“ gelten in diesem Zusammenhang Flüchtlinge, Aussiedler, Rücksiedler und andere Ausländer sowie je nach den Umständen auch Asylbewerber. Die Migranten können an Berufsschulen lernen und berufliche Prüfungen ablegen. Für sie gelten die gleichen beruflichen Qualifikationsanforderungen wie für die anderen Auszubildenden.

Zur Vorbereitung auf die berufliche Grundausbildung können Migranten an einem Vorkurs für Migranten teilnehmen. Migranten können sich auch für andere Vorbereitungs- und Trainingskurse zur beruflichen Grundausbildung bewerben. Voraussetzung für die Auf-nahme ist, dass der Migrant die Auswahlkriterien dieser Kurse erfüllt.

Für erwachsene Migranten, auf die das Integrationsgesetz zutrifft, gibt es die Schulung zum Zweck der Integration (Integrations-schulung). Die Schulung dauert im Durchschnitt 40 Wochen bzw. ein Ausbildungsjahr.

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2004 2005 2006 2007 20080

2000

4000

6000

8000

10000

Fremdsprachige Auszubildende in der Berufsausbildung 2004–2008

Quelle: Statistisches Zentralamt

Sie setzt sich in der Regel aus mehreren Kursen zusammen. Bei der Integrationsschulung handelt es sich größtenteils um Arbeitskräfteschulung. Die Integrationsschulung beinhaltet Finnisch- oder Schwedischunterricht, Gemeinschaftskunde, Fertigkeiten des Alltagslebens, Kulturkunde sowie Anleitung zur Berufswahl und zum Berufsleben. Oft gehört zur Schulung auch ein betriebliches Berufspraktikum. Die Lernfertigkeiten der Auszubildenden werden entwickelt und während der Schulung wird auch ein individueller Plan zur Ausbildung und Eingliederung ins Berufsleben erstellt.

Ausbildungsberatung und individueller Ausbil-dungsplan in der Ausbildung mit dem Ziel der beruflichen GrundprüfungIn der Ausbildung mit dem Ziel der beruflichen Grundprüfung erstellen die Lehranstalt und der Auszubildende gemeinsam einen individuellen Ausbildungsplan, dessen Hauptinhalte die individuellen Auswahlentscheidungen des Auszubildenden, der konkrete Ausbildungsgang, die Beurteilung der Lernfortschritte, die Feststellung und Anerkennung des Könnens, die Betriebe und Zeitabschnitte für das Lernen im Betrieb und die berufliche Kompetenznachweise sind. Der Auszubilden-de hat einen Anspruch auf Feststellung und Anerkennung seiner Vorkenntnisse samt entsprechender Kürzung seiner Ausbildungs-zeit.

Der Auszubildende kann auch die berufliche Grundprüfung und das Abitur gleichzeitig ablegen. In diesem Fall absolviert er die gymnasiale Oberstufe mit der Abiturprüfung in mindestens vier schriftlichen Fächern. Er kann auch den gesamten Lernstoff der gymnasialen Oberstufe absolvieren. Beide Prüfungen abzulegen erfordert drei bis vier Jahre.

Zur Sicherung der Zweckmäßigkeit des individuellen Ausbildungsplans und der individuellen Ausrichtung der Prüfung enthält die zur beruflichen Grundprüfung führende Ausbildung eine Ausbildungsberatung, die mindestens 1,5 Leistungspunkten entspricht. Die Ausbildungsberatung besteht aus Gruppen- und individueller Einzelanleitung sowie der erforderlichen Unterweisung zur Prüfung und zum Lernprozess.

Zur Beratung tragen alle Lehrer der Lehranstalt und andere speziell Beauftragte bei. Die Durchführung, Planung und Organisation der Ausbildungsberatung obliegen vorrangig dem Ausbildungsberater.

An vielen Lehranstalten fungieren ältere Azubis als Tutoren, die insbesondere die Anfänger in die Gepflogenheiten des Ausbildungsbetriebs einführen.

14 15

Individualisierung bei den kompetenzbasierten PrüfungenBei den kompetenzbasierten Prüfungen sorgt der Ausbildungs-träger für eine dreiphasige Individualisierung, und zwar bei der Bewerbung zur kompetenzbasierten Prüfung und zur entsprechenden Vorbereitungsausbildung, beim Erwerb der erforderlichen beruflichen Kompetenz und bei der eigentlichen Prüfung. Außerdem wird der Auszubildende beraten und erhält auch Förderungsleistungen anderer Fachleute.

Bei kompetenzbasierten Prüfungen ist es Sache des Organisators der Prüfung, das früher erworbene Können und die sonstigen Vorgaben des Prüflings, die geeignete Prüfung und den Ausbildungsbedarf sowie eventuell erforderliche Betreuungs- und Unterstützungsmaßnahmen zu klären. Die Qualifikation wird durch den vielseitigen Einsatz fachkonformer Verfahren überprüft.

Zum Erwerb des erforderlichen beruflichen Könnens wird für den Prüfling ein Individualisierungsplan erstellt. Der Plan berücksichtigt die Lebenssituation und das Können des Prüflings, die festgestellten Lernerfordernisse und die Möglichkeiten des Lernens im Betrieb.

Im Ablaufplan der Prüfung wird festgelegt, wie, wo und wann der Prüfling an den Abschlussprüfungen teilnehmen kann.

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Beurteilung des Könnens

In der Ausbildung mit dem Ziel einer beruflichen Prüfung werden während der gesamten Ausbildungszeit die Lernfortschritte und die Entwicklung des Auszubildenden sowie sein im Ergebnis des Lernprozesses erreichter Kenntnisstand beurteilt. Zur Beurtei-lung gehört stets auch eine Selbstbeurteilung des Auszubildenden.

In der Beurteilung werden die Lernfortschritte und das Können des Auszubildenden mit den beruflichen Qualifikationsanforde-rungen und den Beurteilungskriterien der Prüfungsgrundlagen verglichen. Die Beurteilung der Lernfortschritten erfolgt in Form eines mündlichen und schriftlichen Feedbacks. Auf der Grundla-ge der Beurteilung des Könnens werden die Noten für die einzel-nen Prüfungsteile zum Eintrag in das Prüfungszeugnis vergeben. Die Beurteilungsskala ist befriedigend 1, gut 2 und sehr gut 3.

In den berufsspezifischen Prüfungsteilen wird das Können anhand eines beruflichen Kompetenznachweises beurteilt; hierzu führt der Prüfling eine den Qualifikationsanforderungen entsprechende Arbeit in einem möglichst authentischen betrieblichen Rahmen aus. Je nach Bedarf werden weitere Beurteilungsverfahren heran-

gezogen, um die beruflichen Kompetenznachweise zu ergänzen. Die beruflichen Kompetenznachweise werden gemeinsam mit Vertretern von Gewerbe und Wirtschaft den Prüfungsgrundlagen gemäß geplant, durchgeführt und beurteilt. Die Nachweise werden nach Möglichkeit in Zusammenhang mit dem Lernen im Betrieb entweder im Betrieb oder in einer Lehranstalt erbracht.

Hat der Prüfling alle zur Prüfung gehörenden Einzelabschnitte er-folgreich absolviert, so erhält er ein Prüfungszeugnis, das aus ei-nem Abschluss- und einem Kompetenznachweiszeugnis besteht. In das Kompetenznachweiszeugnis werden die Nachweise des professionellen Könnens und die Benotungen, in das Abschluss-zeugnis alle zur Prüfung gehörenden Einzelabschnitte und deren Benotungen eingetragen.

Bei den kompetenzbasierten Prüfungen wird das Können des Prüf-lings während der Abschlussprüfung beurteilt. Die Beurteilung basiert auf den Qualifikationsanforderungen gemäß Prüfungsgrundlagen sowie den Beurteilungsgegenständen und -kriterien, an denen die Prüfungs-leistung gemessen wird. Bei der Beurteilung werden verschiedene und vor allem qualitative Verfahren wie Beobachtung, Interviews, Befragun-gen sowie Gruppen- und Selbstbeurteilung vielseitig angewandt.

Vertreter der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Lehranstalten beurtei-len die berufliche Qualifikation. Auch der Prüfling selber beurteilt seine Qualifikation. Im Falle typischerweise gewerblicher Berufe werden bei der Auswahl der Evaluierer auch Gewerbevertreter berücksichtigt. Auf jeden Prüfungsteil folgt ein Beurteilungsgespräch, an dem neben dem Prüfling die Evaluierer von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite und die Vertreter der Lehranstalten teilnehmen. Die Evaluierer schlagen dem Prüfungsausschuss im Falle der Grundprüfungen die Ablehnung eines Prüfungsteiles oder eine Benotung mit befriedigend (1), gut (2) oder sehr gut (3) vor. Für die Berufs- und Fachprüfungen gilt die Beurtei-lungsskala „bestanden“/“nicht bestanden“. Den endgültigen Beschluss über die Beurteilung fällt der Prüfungsausschuss.

Das Prüfungszeugnis kann ausgestellt werden, wenn alle für das Bestehen der Prüfung erforderlichen Prüfungsteile erfolgreich bestanden sind.

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Der Unterricht und die Prüfung sind für Auszubildende in Ausbildungsgängen, die zur beruflichen Grundprüfung führen, kostenlos. Ferner erhalten die Auszubildenden je eine kostenlose Mahlzeit pro Tag und können auch eine Fahrtkos-tenbeihilfe beantragen. Einen Teil der Ausbildungskosten tragen die Auszubildenden selbst; dies gilt zum Beispiel für Lehrbücher sowie für persönliche Werkzeuge, Geräte und Materialien, die nach der Ausbildung beim Auszubildenden verbleiben.

Wird die berufliche Grundprüfung in Form einer kompetenzba-sierten Prüfung abgelegt, so ist die vorbereitende Ausbildung für den Auszubildenden kostenlos, doch steht ihm keine kostenfreie Mahlzeit zu. Bei der Anmeldung zur kompetenzbasierten Prüfung wird beim Prüfling eine Prüfungsgebühr erhoben.

Ausbildungskosten und Sozialleistungen für Lernende

Für die Vorkurse zu Berufs- und Fachprüfungen und andere freiwillige berufliche Zusatzausbildungen können bei den Auszubildenden angemessene Gebühren erhoben werden. Wer ohne einen Vorkurs an Berufs- und Fachprüfungen teilnimmt, kann verpflichtet werden, als Unkostenbeitrag eine angemessene Gebühr für die Durchführung der Prüfung zu zahlen. Ferner zahlt der Prüfling bei der Anmeldung zu einer kompetenz- basierten Prüfung eine Prüfungsgebühr.

Ausbildungsbeihilfen werden für die berufliche Grund- und Zusatzausbildung gewährt. Voraussetzungen für den Erhalt der Ausbildungsbeihilfe sind eine Vollzeitausbildung, Fortschritte in der Ausbildung und Bedürftigkeit. Die Höhe der Beihilfe richtet sich nach einer Bedarfsprüfung, in der das Alter sowie die Wohn- und Einkommensverhältnisse des Auszubildenden berücksichtigt werden. Erwachsenen Auszubildenden mit langzeitiger Berufs- erfahrung kann eine Erwachsenenbildungsbeihilfe gewährtwer-den. Bedingung für die Gewährung der Erwachsenenbildungs-beihilfe ist, dass der Auszubildende für mindestens zwei Monate unbezahlten Bildungsurlaub nimmt und keine anderweitigen Ausbildungsbeihilfen erhält. Die mit einer Ausbildungsbeihilfe geförderte Ausbildung muss an einer behördlich überwachten Ausbildungsstätte in Finnland stattfinden.

In der Lehrvertragsausbildung erhält der Auszubildende den Tariflohn, kostenlosen theoretischen Unterricht sowie eine Reise- und Unterkunftsbeihilfe. Für die Zeit des theoretischen Unterrichts erhält er ein Tagegeld, falls ihm sein Arbeitgeber für diese Zeit keinen Lohn zahlt. Auszubildende mit Familie haben auch Anspruch auf eine Familienbeihilfe.

Den Auszubildenden stehen kostenlose Sozial- und Gesundheits-leistungen zu, die in Zusammenarbeit mit den kommunalen Sozial- und Gesundheitsämtern erbracht werden. An vielen Lehr-anstalten arbeiten fachübergreifende Betreuungsgruppen, die für das Wohlergehen der Auszubildenden sorgen. Im Falle Jugend-licher sind die Lehranstalten verpflichtet, zu den Elternhäusern Kontakt zu halten.

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Die Berufsbildung fällt in die Zuständigkeit des Ministeriums für Bildung und Kultur. Das Parlament regelt die Berufsbildung per Gesetz. Die zentralen Gesetze sind das Berufsbildungsgesetz (630/1998), das Gesetz über die berufliche Erwachsenenbildung (631/1998) und das Gesetz über die Finanzierung von Unterrichts- und Kulturwesen (1705/2009).

Über die landesweiten Ziele der beruflichen Grundausbildung, die Prüfungsstruktur sowie die fachübergreifenden Lehrfächer entscheidet die Regierung, konkret über die Prüfungen und ihren Umfang entscheidet das Ministerium für Bildung und Kultur.

Das Ministerium bestimmt auch die bildungspolitischen Leitlinien und ist für die Regulierung, Steuerung und Finanzierung der Berufsbildung zuständig. Richtungweisende Leitvorgaben sind u.a. das Strategiedokument von Regierungsprogramm und Regierung sowie der von der Regierung verabschiedete Plan zur Entwicklung von Bildung und Forschung.

Das Ministerium für Bildung und Kultur erteilt den Trägern der beruflichen Grund- und Zusatzausbildung die erforderlichen Ge-nehmigungen. Die Genehmigung zur Durchführung der beruflichen Grundausbildung enthält Bestimmungen über die Ausbildungsberei-che, Prüfungen, Anzahl der Auszubildenden, Unterrichtssprache, den Standort, spezielle Ausbildungsaufgaben sowie je nach Bedarf über andere Umstände. Die Genehmigung zur Durchführung der berufli-chen Zusatzausbildung ihrerseits enthält die erforderlichen Vor-schriften über die Ausbildungsbereiche und die Unterrichtssprache, über die Anzahl der Ausbildungsjahre pro Lernenden in Vorkursen zur kompetenzbasierten Prüfung und in der sonstigen beruflichen Zusatzausbildung sowie über die Anzahl der Lehrverträge zur Zusatz-ausbildung. Den Ausbildungsträgern können Entwicklungs- und Leistungsaufträge im Bereich des Berufslebens erteilt werden.

Das Finnische Zentralamt für Unterrichtswesen ist eine Sachver-ständigen- und Entwicklungsbehörde, die über die landesweiten Prüfungsgrundlagen sowie die beruflichen Qualifikationsanforde-rungen und deren Nachweisverfahren beschließt. Außerdem ko-ordiniert das Zentralamt die landesweiten Vorhaben zur Entwick-

lung von Bildung und Unterricht, verfolgt die Lernergebnisse und sondiert künftige Ausbildungs- und Kompetenzerfordernisse.

Die Ausbildungsträger beschließen im Rahmen ihrer Schulträger-genehmigungen über die Organisation der Berufsausbildung in ihrem Gebiet. Sie entscheiden u.a. selbständig über die Art der Ausbildung, die Organisation des Ausbildungsbetriebs und die Art der erforderlichen Lehranstalten. Die Ausbildungsträger planen ihr Ausbildungsangebot unter Berücksichtigung der Bevölkerung und der Ausbildungserfordernisse von Wirtschaft und Gewerbe in ihrem Gebiet. Anhand der Prüfungsgrundlagen bestätigen sie die Unterrichtspläne für ihr Grundausbildungsangebot.

Die vom Ministerium für Bildung und Kultur eingesetzten Bildungs-ausschüsse sind dreierparitätisch besetzte Beiräte, die auf landes-weiter Ebene das Bindeglied des Bildungswesens zu Gewerbe und Wirtschaft darstellen. In ihrer Funktion als Beiräte nehmen sie an der Entwicklung und vorausschauenden Steuerung der Berufsbildung teil.

Verwaltung des Berufsbildungswesens

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Parlament• Gesetzgebung

• Staatshaushalt

• Allgemeine Bildungspolitik

regierung• Verordnungen

• Pläne zur Entwicklung des Bildungswesens und politische Programme

• Allgemeine Lernziele

Ministerium für Bildung und Kultur• Bildungspolitische Leitlinien

• Lenkung, Finanzierung und Regulierung

• Prüfungen

regionalbehörden• Bestimmte Verwaltungsaufgaben

Finnisches Zentralamt für Unterrichtswesen• Grundlagen der Lehrpläne und Prüfungen

• Durchführung von Entwicklungsprogrammen

• Dienstleistungsaufgaben

Bildungsausschüsse• Kontakte zu Gewerbe und Wirtschaft

Prüfungsausschüsse• Kontakte zu Gewerbe und Wirtschaft

Ausbildungsträger• Lokale Planung und Organisation der Ausbildung

• Einrichtung des Unterrichts

• Lokale Beiräte und Gremien

• Qualitätssicherung

Für die beruflichen Kompetenznachweise haben die Ausbil-dungsträger ein oder mehrere Prüfungsgremien sowie in einigen Fällen auch mit Gewerbe- und Wirtschaftsvertretern besetzte Fachbeiräte. Dynamische und enge Kontakte zu lokalen Betrieben bilden die Grundlage für einen qualitativ hochwertigen Unterricht.

Eine zentrale Rolle in der Erwachsenenbildung spielen die Prüfungs-ausschüsse. Diese vom Finnischen Zentralamt für Unterrichtswesen eingesetzten Gremien sind für die Durchführung der kompetenzba-sierten Prüfungen zuständig. Die Prüfungsausschüsse organisieren und überwachen die kompetenzbasierten Prüfungen, kontrollieren das Funktionieren des Systems in ihrer Sparte und initiieren bei Be-darf Modifizierungen. Mit Ausbildungsträgern oder anderen Stellen, die Prüfungen gemäß den Prinzipien des Systems kompetenzba-sierter Prüfungen in ihrer Sparte fachgerecht ausrichten können, schließen die Prüfungsausschüsse Verträge über die Durchführung der Abschlussprüfungen ab. Die Prüfungsausschüsse sichern die konstante Qualität der Prüfungen und stellen die Prüfungszeugnisse aus.

In Finnland gibt es kein Verfahren zur Inspektion des Unterrichts. Das Ministerium für Bildung und Kultur sowie je nach Beschluss des Ministeriums das Zentralamt für Unterrichtswesen oder externe Rechnungsprüfungskommissionen machen allerdings Überprüfungen, die u.a. die Bemessungskriterien zur Korrektheit der Finanzierung betreffen.

Die regionale Verwaltungsebene spielt in Finnland bei der Förderung der zielgenauen Ausrichtung und Nachfrage- orientierung der beruflichen Erwachsenenbildung eine wichtige Rolle. Die Regionalbehörden führen in ihren Regionen die vom Staat finanzierte Fort- und Weiterbildung des Lehrpersonals durch. Außerdem vergeben sie an die Berufsbildungsstätten Beihilfen, damit diese ihre auf das Berufsleben bezogenen Entwicklungs- und Leistungsaufträge erfüllen können. Auch verwalten sie die regionale ESF-Finanzierung, mit der u.a. die Entwicklung des Lernens im Betrieb gefördert wird.

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Berufsbildungsträger im Jahre 2008

■ nur berufliche Zusatzausbildung ■ nur berufliche Grundausbildung ■ sowohl berufliche Grundausbildung als auch Zusatzausbildung

Quelle: WERA

Ausbildungsträger

Berufsbildungsträger können Gemeinden, Kommunalverbände, eingetragene Körperschaften oder Stiftungen oder öffentliche Wirtschaftsbetriebe sein, denen das Ministerium für Bildung und Kultur eine Schulträgergenehmigung erteilt hat. Der Staat unter-hält ein Bildungszentrum für das Sami-Gebiet und das Bildungs-zentrum für Sicherheit in der Seefahrt.

Das Netz der Berufsbildungsträger ist regional flächendeckend und vielseitig. Fachübergreifende, oft Kreisen oder Bezirken zugeordnete Berufsschulen sind für die berufliche Grund- oder Zusatzausbil-dung, die an den Erfordernissen der Gewerbe ihrer Region orien-tiert ist, gesamtheitlich zuständig und bilden das Netz der Berufsbil-dungsträger. Schlüsselfaktoren der Orientierung an den beruflichen Qualifikationserfordernissen sind eine starke Fachkompetenz, enge Kontakte zu Gewerbe und Wirtschaft sowie Berücksichtigung der individuellen Ausbildungserfordernisse in Planung und Verwirk-lichung der Ausbildung. Die schwedischsprachige Berufsbildung erfolgt in schwedisch- oder zweisprachigen Lehranstalten.

Die Anzahl der Berufsbildungsträger war in den letzten zehn Jahren sehr stark rückläufig, da die Trägervereinigungen der Berufsbildungsstätten zu immer größeren Komplexen zusammengelegt wurden. Die meisten Berufsbildungsträger bieten sowohl berufliche Grund- als auch Zusatzausbildung an. Insgesamt gibt es knapp 150 Berufsbildungsträger.

Fast alle Berufsbildungsträger haben mehrere Lehranstalten und Nebenstellen, und viele bieten auch die Möglichkeit der Lehrvertragsausbildung. Für den praktischen Unterricht haben die Lehranstalten vielseitige Unterrichtsräume mit moderner technischer Ausstattung. Das Lehrpersonal ist gut ausgebildet.

Geleitet werden die Lehranstalten von einem Direktor. Jede Lehr-anstalt hat ein von den Auszubildenden gebildetes Vertretungs-gremium, das das Mitspracherecht der Auszubildenden ausübt. Es vertritt die Auffassungen der Auszubildenden gegenüber den Entscheidungsgremien der Bildungsträger. Die Auszubildenden können sich an der Entwicklung der Ausbildung beteiligen und diese beeinflussen und im Schulbereich verschiedene Aktivitäten

betreiben. Die landesweiten Verbände der Auszubildenden (OSKU ry, SAKKI ry) unterstützen die Tätigkeit der Azubi-Vertretungsgre-mien und befassen sich auch mit der Interessenvertretung.

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Lehrer

Als Qualifikationsanforderung an die Berufsbildungslehrer gelten ein geeigneter Hochschulabschluss der Master-Stufe oder ein ge-eigneter FH-Abschluss, eine mindestens dreijährige fachbezogene Berufserfahrung und pädagogische Studien. Für Sonderpädago-gen und Ausbildungsberater gelten als Qualifikationserfordernis-se zusätzlich die entsprechenden Abschlüsse als Sonderpädago-gen bzw. Ausbildungsberater.

Die Berufsausbildung für Berufsbildungslehrer, Sonderpädagogen und Ausbildungsberater erfolgt an berufsbildenden Lehrerhochschu-len, die Fachhochschulen zugeordnet sind. Die Anzahl der Studien-platzbewerber für eine Ausbildung als Berufsbildungslehrer ist sehr groß. Alljährlich werden rund 35 bis 40 Prozent der Bewerber in die Ausbildung übernommen. Ein Teil der Berufsbildungslehrer erwirbt

die für ihr Lehramt erforderlichen Kenntnisse im Lehrerausbildungs-programm, das mit einem Universitätsexamen abschließt.

Von den Berufsbildungslehrern sind rund 72 Prozent formell für das Lehramt befähigt. Ursache für die ermangelnde formelle Befähigung ist vor allem das Fehlen des pädagogischen Studiennachweises. Der Anteil auch formell Befähigter ist bei den Rektoren und Schulleitern, Lektoren, Sonderpädagogen und Ausbildungsberatern am höchsten.

Mit einem Anteil von 54 Prozent sind knapp über die Hälfte der Berufsbildungslehrer Frauen.

Neben den Lehrern nehmen in der betrieblichen Ausbildung betriebliche Tutoren, die sich an der Anleitung und Beurteilung der Auszubildenden beteiligen, Aufgaben der Ausbildungsberatung wahr.

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Das Berufsbildungswesen wird hauptsächlich aus dem Etat des Ministeriums für Bildung und Kultur finanziert. Die vom Unterrichts- und Kulturministerium finanzierte Berufsbildung gehört zum System der Finanzierung von Unterricht und Kultur, das wiederum größten-teils unter das System der staatlichen Kommunalförderung fällt. Das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft finanziert Ausbildungsgänge im Rahmen der Arbeitskräftepolitik. Die Arbeitsverwaltung kauft die Arbeitskräfteschulung bei Ausbildungsträgern, die zum Verwal-tungsbereich des Ministeriums für Bildung und Kultur gehören, und teilweise auch bei anderen Ausbildungsanbietern an.

Die Mittel zur Finanzierung der Berufsbildung werden direkt dem Ausbildungsträger, der die Schulträgergenehmigung erhalten hat, gewährt. Die Finanzmittel basieren auf rechnerischen Einheitsprei-sen. Die Höhe der Beträge, die die Ausbildungsträger alljährlich zur Finanzierung erhalten, richtet sich nach der Anzahl der Auszu-bildenden oder einem anderen Finanzkriterium (zum Beispiel Azu-bi-Arbeitsjahr) und dem dafür geltenden rechnerischen Einheits-preis. Der Ausbildungsträger kann die ihm gewährten Finanzmittel nach seinem Ermessen für die Planung und Durchführung der Ausbildung verwenden. Die Verwendung der Mittel ist nicht an die Gewährungs- und Berechnungsgrundlagen gebunden.

Das Finanzierungssystem soll das Berufsbildungssystem so lenken, dass es sich an den Erfordernissen der Wirtschafts- und Gewerbebranchen orientiert, da die Einheitspreise anhand der

branchenspezifischen Ausbildungskosten bestimmt werden. Das System berücksichtigt auch die überdurchschnittlich teuren Ausbildungserfordernisse volkswirtschaftlich wichtiger Branchen.

Finanzierung der beruflichen GrundausbildungDer Staat und die Gemeinden finanzieren gemeinsam die berufliche Grundausbildung. Der staatliche Finanzierungsanteil beträgt rund 42 Prozent, der kommunale rund 58 Prozent.

Die Regierung bestätigt alljährlich den durchschnittlichen Einheits-preis der beruflichen Grundausbildung, anhand dessen die spar-tenspezifischen Preise berechnet werden. Bei der Bestätigung des durchschnittlichen Einheitspreises werden neben den landesweiten Gesamtkosten der beruflichen Grundausbildung die Veränderung des Kostenniveaus sowie quantitative und qualitative Veränderun-gen, die sich infolge gesetzgeberischer und sonstiger behördlicher Maßnahmen ergeben, berücksichtigt. Der Finanzbedarf der Aus-bildungsträger bestimmt sich nach der Anzahl der Auszubildenden und dem Einheitspreis pro Auszubildenden. Die Einheitspreise werden Nach den für die Ausbildungskosten wesentlichen Faktoren abgestuft. Für die Bestimmung des Einheitspreises der beruflichen Grundausbildung wesentliche Faktoren beim Ausbildungsträger sind u.a. Ausbildungssparte, Ausbildungsgänge mit einem besonders hohen Kostenniveau, Anzahl von Auszubildenden mit sonderpäda-gogischem Förderbedarf und Anzahl von Auszubildenden mit Un-

FinAnZierUnGSMODeLL Der BerUFSBiLDUnG

rechnerische Finanzierungl Betriebskosten und Investitionen

ergebnisabhängige Finanzierung

ergebnisabhängig Qualitätsabhängig

Berufliche Grundausbildung Einheitspreis / Azubi / Jahrl Wirksamkeit l Eignung der Lehrer l Personalentwicklung

l europäisches Qualitätspreismodell l Themen

Berufliche Zusatzausbildung Einheitspreis / Azubi / Jahr l abgelegte Prüfungen

LehrvertragsausbildungEinheitspreis / Azubi = bestätigter

Lehrvertrag / Jahrl europäisches Qualitätspreismodell l bei Bedarf Themen

Finanzierung

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terkunftsbeihilfe. Der Einheitspreis der beruflichen Grundausbildung in Form einer Lehrvertragsausbildung beträgt rund 63 Prozent vom durchschnittlichen Einheitspreis der beruflichen Grundausbildung. Im Falle des sonderpädagogischen Unterrichts wird der Einheits-preis der Lehrvertragsausbildung erhöht.

Seit Anfang 2006 dient die Ergebnisabhängigkeit als ein Abstu-fungskriterium der rechnerischen Finanzierung der Betriebskos-ten in der beruflichen Grundausbildung. Das ergebnisabhängige Finanzierungssystem besteht aus einer auf quantitativen Indika-toren basierenden ergebnisabhängigen Finanzierung sowie einer Qualitätsprämie. Mit der ergebnisabhängigen Finanzierung soll für die Ausbildungsträger ein Anreiz geschaffen werden, ihre Effizienz und Qualität kontinuierlich zu steigern.

Die ergebnisabhängige Komponente beträgt 3 Prozent der Gesamt-finanzierung der beruflichen Grundausbildung. Die Bestimmung der ergebnisabhängigen Komponente basiert auf Effizienzindikatoren, mit denen die Beschäftigungsquote und die Übergangsrate der Absolventen in ein Hochschulstudium, die Abbruchrate und Erfolgs-quote, die Eignung des Lehrpersonals und die Aufwendungen für die Personalentwicklung erfasst werden. Das Berechnungsverfahren der ergebnisabhängigen Finanzierung wurde Anfang 2011 erneuert.

Finanzierung der beruflichen ZusatzausbildungDie berufliche Zusatzausbildung wird hauptsächlich staatlich finanziert. Teilweise kommen die Auszubildenden und Arbeitgeber, denen Gebühren auferlegt werden können, für die Ausbildung auf. Der staatliche Anteil beträgt bei der freiwilligen beruflichen Zusatzausbildung rund 85 Prozent, bei der Personalschulung rund 47 Prozent. Die Kommunen sind nicht verpflichtet, sich an der Finanzierung der beruflichen Zusatzausbildung zu beteiligen.

Die Finanzierung der beruflichen Zusatzausbildung an Lehranstalten basiert auf Ausbildungsjahren pro Azubi und Einheitspreisen. Die Einheitspreise pro Ausbildungsjahr und Azubi richten sich nach dem durchschnittlichen Einheitspreis der beruflichen Grundausbildung. Der Einheitspreis wird mithilfe von Preisgruppenkoeffizienten, die für die Kosten verschiede-ner Ausbildungsbereiche stehen, abgestuft. Das Ministerium für Bildung und Kultur bestätigt alljährlich aufgrund der Tätigkeits-daten der Vorjahre für jeden Träger beruflicher Zusatzausbildung die Anzahl der Ausbildungsjahre pro Lernenden, die als Basis zur Berechnung der staatlichen Kostenanteile dienen. Mit dieser Anzahl werden die Einheitspreise der jeweiligen Preisgruppe multipliziert.

Im Falle der beruflichen Zusatzausbildung im Rahmen von Lehr-verträgen werden die Einheitspreise im Staatshaushalt jeweils für die auf eine Prüfung abzielende und für sonstige Zusatz- ausbildung festgelegt. Diese Preise werden mit der Anzahl der für das nächste Jahr bestätigten Lehrverträge multipliziert.

Im Jahre 2010 wurde für die berufliche Zusatzausbildung die ergebnisabhängige Finanzierung eingeführt. Die Komponente der ergebnisabhängigen Finanzierung beträgt 3 Prozent vom Gesamtbetrag der staatlichen Beteiligung an den Kosten für die Zusatzausbildung. Basis der ergebnisabhängigen Finanzierung ist das vollständige Ablegen der Prüfung.

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Qualitätssteuerung

kontinuierliche Entwicklung der Kompetenz der Lehrer sowie die aktiven Kontakte des Lehrpersonals zur Berufspraxis sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Qualitätssteuerung.

Die Ausbildungsträger sind gesetzlich zu einer Selbstevaluierung ih-rer Tätigkeit verpflichtet. Die wichtigsten Befunde der Evaluierungen sind zu veröffentlichen. Die Qualität der Berufsbildung wird auch durch eine externe Evaluierung, an der die Ausbildungsträger sich beteiligen müssen, beurteilt. Für die externe Evaluierung der Ausbil-dung wurde ein Rat zur Evaluierung der Ausbildung eingesetzt. Für die nationale fortlaufende Evaluierung der Lernergebnisse unterhält das Finnische Zentralamt für Unterrichtswesen ein nationales Follow-up-System zur Erfassung der Lernergebnisse anhand beruflicher Kompetenznachweise. Über sonstige externe Evaluierungen der Aus-bildung beschließt das Ministerium für Bildung und Kultur, für ihre Durchführung ist der Rat zur Evaluierung der Ausbildung oder ein anderes vom Ministerium für Bildung und Kultur herangezogenes Evaluierungsgremium zuständig. Neben den vorgenannten Verfahren wird auch die gegenseitige Begutachtung („peer evaluation“) auf nationaler und internationaler Ebene eingesetzt.

Anreize für die Qualitätssteuerung und ihre Entwicklung schaffen die vom Ministerium für Bildung und Kultur bestätigte Empfehlung zur Qualitätssteuerung in der Berufsbildung sowie die als Teil der ergeb-nisabhängigen Finanzierung alljährlich vergebenen Qualitätsprämien der Berufsbildung. Die Evaluierungskriterien der Qualitätsprämien basieren auf dem EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management).

Die Qualitätssicherung der Berufsbildung ist ein Instrument, mit dem der Ausbildungsträger die Qualität der Ausbildung sichert und entwickelt. Das nationale Qualitätssteuerungssystem der Berufsbildung besteht aus landesweiter Lenkung, Qualitäts-steuerung der Ausbildungsträger sowie externer Evaluierung der Ausbildung. Die internationalen Leitlinien zur Qualitätssicherung wie z.B. der Europäische Referenzrahmen für die Qualitätssiche-rung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung werden bei der Weiterentwicklung der Qualitätssteuerung auf nationaler Ebene und bei den Ausbildungsträgern berücksichtigt.

Die große Bandbreite der Aufgaben der Berufsbildung sowie die Einbeziehung der wachsenden und im steten Wandel begriffenen Erfordernisse von Wirtschaft und Individuen stellen an die Qualität der Ausbildung zusätzliche Anforderungen. Die kontinuierliche Verbesserung der Berufsbildung ist sowohl in Finnland als auch in der Europäischen Union ein zentraler Schwerpunkt.

Zu den wichtigsten Lenkungsinstrumenten der Qualitätssicherung in der Berufsbildung zählen neben der Gesetzgebung zum Beispiel der von der Regierung bestätigte Plan zur Entwicklung von Bildung und Forschung (finn. KESU), der Staatshaushalt, die Schulträgerge-nehmigungen, die Prüfungsstruktur und -grundlagen, die Finanzie-rungsgrundlagen der Tätigkeit, die ergebnisabhängige Finanzierung und die Anforderungen an die Qualifikation des Lehrpersonals. Von großer Bedeutung sind auch die Entwicklungs- und Informations-steuerung durch die Bildungsadministration sowie die beruflichen Kompetenznachweise und die kompetenzbasierten Prüfungen. Die

QUALiTÄT Der BerUFSBiLDUnG

GESETZGEBUNG ZUR BILDUNG UND AUSBILDUNGl Grundlage von Evaluierung und Qualitätssicherung (Grundsätze, Zuständigkeit, Tätigkeitsrahmen, Ziele, Akteure, Arbeitsteilung, Verantwortungsteilung, Tätigkeitsformen)

LENKUNGSSYSTEMl Plan zur Entwicklung von Bildung und Forschung, Staatshaushalt l Schulträgergenehmigungen l Finanzierungssystem l Prüfungsstruktur l Grundlagen der Prüfungen und der Lehrpläne l Anforderungen an die Qualifikation des Lehrpersonals l u.a.m.

QUALITÄTSSTEUERUNGSSYSTEME DER AUSBILDUNGSTRÄGERl Interne Evaluierungs- und Feedbacksysteme l Indikatoren, Qualitätskriterien l Interne Lenkung und Nutzung der Erkenntnisse aus dem Feedback

EXTERNE EVALUIERUNGl Raum-, Thema- und Systemevaluierungen l Unterstützung der Ausbildungsträger in Fragen der Qualitätssteuerung

Internationale Leitlinien und Grundsätze der Qualitätssicherung Europäischer Referenzrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung

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Internationalisierung

Die Berufsbildung soll den Auszubildenden auch die Kenntnis-se, Fertigkeiten und Kompetenzen vermitteln, die sie angesichts der wachsenden Internationalität des Berufslebens und in einer immer mehr multikulturellen Gesellschaft benötigen. Die Qualifikationsanforderungen der beruflichen Prüfungen richten sich auch auf Sprachkenntnisse und internationale Kompetenzen.

Grundsätzlich gilt für die Internationalisierung der Berufsbildung, dass durch die Entwicklung der Ausbildung die Wettbewerbs-fähigkeit der finnischen Wirtschaft und Ausbildung im internationalen Umfeld verstärkt wird. Durch internationale Kooperation können die Qualität und Attraktivität der Berufs-ausbildung verbessert und die Mobilität der Menschen, die sich in einer Berufsausbildung befinden oder diese abgeschlossen haben, gefördert werden.

Die Anerkennung von Kompetenzen und Prüfungen sowie der diesbezügliche Informationsaustausch sind ein wesentlicher Teil der Entwicklungsarbeit. Für den Vergleich und die Anerkennung von Prüfungen und Qualifikationen wurde in Finnland auf der Grundlage des Europäischen Qualifikationsrahmens ein nationaler Referenzrahmen für Prüfungen und andere Qualifikationen entwickelt. Die Übertragbarkeit von Studienleis-tungen der Berufsausbildung wurde in mehreren Entwicklungs-vorhaben auf der Grundlage des Europäischen Leistungspunkte-systems für die Berufsbildung (ECVET) aktiv entwickelt.

Die Träger der Berufsbildung sind aktiv an internationalen Kooperations- und Entwicklungsvorhaben beteiligt. Die ausländischen Kooperationspartner sind meist Körperschaften aus dem Gebiet der Europäischen Union, doch wird Zusammen-arbeit auch außerhalb Europas betrieben.

Von Finnland gehen alljährlich rund 5300 Auszubildende bzw. rund 11 Prozent aller Auszubildenden ins Ausland. Entsprechend kommen jedes Jahr rund 2500 Auszubildende nach Finnland. Die berufspraktischen Arbeitsperiode der Lehrer werden zur Förderung ihres pädagogischen und professionellen Fachkönnens auch im Ausland durchgeführt.

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• Unabhängig seit 1917• Mitglied der Europäischen Union seit 1995• Bevölkerung 5,3 Millionen• Landfläche 304 000 km2• Amtssprachen Finnisch (91 %) und Schwedisch (5 %), in der Sami-Region Samisch (0,03 %)• Religion: Lutheraner 81 %, Orthodoxe 1 %, Konfessionslose 17 %• Ausländer 2,5 % der Bevölkerung

Quelle: Statistisches Zentralamt

Bildung in ZahlenIm Jahre 2007 betrug der Anteil der Ausgaben für das Bildungs-wesen in Finnland 5,6 % vom Bruttoinlandsprodukt.

Quelle: Education at a Glance 2010

Auszubildende und Lehranstalten 2009 Auszubildende Lehranstalten• Gesamtschulen 538 193 3 097 (einschließlich sonder- pädagogischer Schulen)• Gymnasiale Oberstufen 112 283 397• Berufliche Lehranstalten 142 799 148 (Ausbildungsträger; Grundaus- bildung einschließlich der Vorbereitungsausbildung für kompetenzbasierte Prüfungen)• Fachhochschulen 144 639 28• Universitäten 168 343 20

Im Jahre 2010 betrug die Anzahl der Fachhochschulen infolge von Zusammenlegungen 25 und die Anzahl der Universitäten 16.

Quellen: Statistisches Zentralamt und Berichte über das Finanzierungssystem von Bildung und Kultur

Wissenswertes über Finnland

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Finnisches Zentralamt für Unterrichtswesen

Postfach 380FI-00531 Helsinki, FinnlandTel. +358 (0)40 348 7555

www.oph.fi

Info

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