beiträge zur konstellationsanalyse ii. Über die stereospezifität von reaktionen

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46 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 * UBER DIE STEREOSPEZIFIT~T VON REAKTIONEN von WALTER HUCKEL, MARTIN MAIER, EBERHARD JORDAN und WOLFGANG SEEGER Aus dem Pharmazeutisch-Chemischen Institut der Universitat Tubingen Eingegangen am 7. Juni 1958 An zahlreichen alicyclischen Ketonen wird der sterische Verlauf der Reduktion durch katalytische Hydrierung, mit Aluminiumisopropylat, mit Natrium und Alkohol und mit Lithiumaluminiumhydrid untersucht und in Beziehung zur Konfiguration und Konstellation der entstehenden Alkohole gesetzt. Inhalt Scite I. Einleitung 1. Konfiguration und Konstellation . . . . .................... 2. Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .................... 3. Reaktionen .......................................................... 11. Bildungsweisen und Konfiguration 1. Katalytische Hydrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reduktion nach MEERWEIN-PONNDORF-VERLEY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reduktion mit Natrium und Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Regeln von BARTON ............................................... 2. Priifung der Regeln von BARTON . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . 3. Konfiguration, Konstellation und Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reduktion mit Natrium und Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Katalytische Hydrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reduktion mit Aluminiumisopropylat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion rnit Lithiumaluminiumhydrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. l-Cyclopentyl-cyclopentanol-(2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. l-Cyclohexyl-cyclohexanon-(2) . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. I-Cyclohexyl-cyclohexanol-(2). . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion von Menthon und Isomenthon 6. Reduktion von cis-a- und cis-P-Dekalon.. . . . . . . . . . . . . . . . . , . , . . . . . . . . . , , . . 7. Reduktion von Ketonen mit Natrium in fliissigern Ammoniak . . . . . . . . . . . . . . 111. Bildungsweisen und Konstellation IV. Vorstellungen uber die sterische Lmkung der Reaktionen Beschreibung der Versuche . . . . . . . . . . . . . . . . ........... 5. Reduktion von l-Methyl-cyclohexanon-(2) und -(3) . . . . , . . , ........... 41 49 50 51 52 52 53 53 54 56 58 58 60 62 68 73 73 76 19 80 81 *) I. Mitteilung: W.HUCKEL und M. HANACK, Liebigs AM. Chem. 616, 18 (1958).

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Page 1: Beiträge zur Konstellationsanalyse II. Über die Stereospezifität von Reaktionen

46 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 * UBER DIE STEREOSPEZIFIT~T VON REAKTIONEN von WALTER HUCKEL, MARTIN MAIER, EBERHARD JORDAN

und WOLFGANG SEEGER

Aus dem Pharmazeutisch-Chemischen Institut der Universitat Tubingen Eingegangen am 7. Juni 1958

An zahlreichen alicyclischen Ketonen wird der sterische Verlauf der Reduktion durch katalytische Hydrierung, mit Aluminiumisopropylat, mit Natrium und Alkohol und mit Lithiumaluminiumhydrid untersucht und in Beziehung zur

Konfiguration und Konstellation der entstehenden Alkohole gesetzt.

Inhalt Scite I. Einleitung

1. Konfiguration und Konstellation . . . . .................... 2. Verbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .................... 3. Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11. Bildungsweisen und Konfiguration 1. Katalytische Hydrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reduktion nach MEERWEIN-PONNDORF-VERLEY . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reduktion mit Natrium und Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Die Regeln von BARTON ............................................... 2. Priifung der Regeln von BARTON . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konfiguration, Konstellation und Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. Reduktion mit Natrium und Alkohol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Katalytische Hydrierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Reduktion mit Aluminiumisopropylat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion rnit Lithiumaluminiumhydrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1. l-Cyclopentyl-cyclopentanol-(2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. l-Cyclohexyl-cyclohexanon-(2) . . . . . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. I-Cyclohexyl-cyclohexanol-(2). . . . . . . . . . . . . . , . . . . . . . . . . . . . 4. Reduktion von Menthon und Isomenthon

6. Reduktion von cis-a- und cis-P-Dekalon.. . . . . . . . . . . . . . . . . , . , . . . . . . . . . , , . . 7. Reduktion von Ketonen mit Natrium in fliissigern Ammoniak . . . . . . . . . . . . . .

111. Bildungsweisen und Konstellation

IV. Vorstellungen uber die sterische Lmkung der Reaktionen

Beschreibung der Versuche

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 . Reduktion von l-Methyl-cyclohexanon-(2) und -(3) . . . . , . . , . . . . . . . . . . .

41 49 50

51 52 52 53

53 54 56

58 58 60 6 2

68 73 73 76 19 80 81

*) I. Mitteilung: W.HUCKEL und M. HANACK, Liebigs AM. Chem. 616, 18 (1958).

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I. EMLEITUNG

1. Konfiguration und Konstellation

Bildungsbedingungen von Stereoisomeren sind mit deren Konfiguration zuerst von A. SKITA~) in der nach ihm benannten Regel in Beziehung gesetzt worden. Nach dieser liefert eine Hydrierung in saurer Losung iiberwiegend die cis-Form, in neutraler L& sung mehr von der trans-Form. Spater ist diese Regel von SKITA selbst und von ande ren Forschern auf eine Beziehung zu den Bildungsgeschwindigkeiten ausgedehnt worden: Rasch verlaufende Hydrierungen ergeben mehr cis-, langsame mehr trans- Form. Die Regel gilt fur die Hydrierung von aromatischen Kohlenwasserstoffen, Aminen, Phenolen sowie fur cyclische Ketone mit Sechs- und Funfring nebst ihren Oximen, aubrdem fur Acetylenderivate. Sie ist a u k r von A.SKITA auch von G. VA- VON*) und W. HUCKEL~), bei Acetylenderivaten von E.On4) als zutreffend befunden worden. Bei den Schwierigkeiten, welche sich einer quantitativen Analyse der ent- stehenden Stereoisomerengemische entgegenstellen, hat man sich meist mit einer un- gefiihren Angabe der Mengenverhaltnisse begnugt.

Die Konfigurationszuordnungen sind nur in wenigen Fallen auf absolute Konfigu- rationsbestimmungen gegriindet. Meist sind sie auf Grund der physikalischen Eigen- schaften getroffen nach der von K. v. AUWERS~) gefundenen, mit den Erfahrungen von A. SKITA kombinierten AUWERS-SKITASchen Regel : Die cis-Form hat hoheren S i d e punkt, hohere Dichte und hoheren Brechungsindex, aber niedrigere Molrefraktion als die trans-Form. Beim Siedepunkt machen die alicyclischen Alkohole, wegen der geringeren Assoziation ihrer cis-Form, eine leicht verstandliche Ausnahme. So kann die Konfigurationszuordnung bei 1 .ZDerivaten mit recht groI3er Sicherheit, bei 1.4- Derivaten des Cyclohexans nur mit geringerer Sicherheit vorgenommen werden. Bei 1.3-Derivaten bleibt sie, was sowohl AUWERS wie SKITA betont haben, zweifelhaft. Zumal bei den stereoisomeren I-Methyl-3-amino-cyclohexanen (Hexahydro-m-to- luidinen) hat A.SKITAQ auf Widerspriiche hingewiesen, die sich bei der Konfigura- tionszuordnung nach den Bildungsbedingungen einerseits und den physikalischen Eigenschaften andererseits ergeben; er hat deshalb nur unter Vorbehalt den ersteren den Vorzug gegeben. Heute wissen wir, d a B diese Entscheidung ein Irrtum war, wie sich zuerst beim 1.3-Dimethyl-cyclohexan gezeigt hat. Dessen trans-Form, die friiher

1) A.SKITA, Ber. dtsch. chem. Ges. 53, 1792 (1920). 2) G.VAVON, Bull. SOC. chim. France [4] 49,998 (1931). 3) z. B. W. HUCKEL und K. HAGENGUTH, Ber. dtsch. chem. Ges. 64,2892 (193 1); W. HUCKEL,

0. NEUNHOEFFER, A. GERCKE und E. FRANK, Liebigs Ann. Chem. 477,99 (1930); W. HOCKEL, RDANNEEL, A . G ~ o s s und H.NAAB, ebenda 502, 99, 110 (1933); W.HUCKEL, M.SACHS, J. YANTSCHULEWITSCH und F.NERDEL, ebenda 518, 155 (1935).

4) E.Om und R. SCHRBTER, Ber. dtsch. chem. Ges. 60,624 (1927); E.OTT, ebenda 61, 21 19 (1928).

5) K.V.AUWERS, Liebigs Ann. Chem. 420, 92 (1920). 6 ) A.SKITA, Ber. dtsch. chem. Ges. 56, 1014 (1923).

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48 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

als cis-Form angesprochen worden war, haben M. MOUSSERON und R. GRANGER') in optisch aktivem Zustand erhalten und damit fur sie den absoluten Konfigurationsbe- weis geliefert.

Erganzend zu den Beziehungen zwischen Konfiguration und Bildungsbedingungen kam noch die zumal an alicyclischen Alkoholen mit Sechs- und Funfring gemachte Feststellung, dad die bei der alkalischen Reduktion iiberwiegend gebildete trans-Form die stabilere istg), was beim l-Methylcyclohexanol-(2) durch Bestimmung der Ver- brennungswarme von cis- und trans-Form erhartet worden istg). Auch diese Regel wurde so gut wie ausschliedlich nur aus dem Verhalten der 1.2-Derivate hergeleitet.

Die Bildungsbedingungen der Stereoisomeren sind hier stets in Beziehung zu ihrer Konfiguration gesetzt. Ein neuer Gesichtspunkt ist durch die zunachst an Sterinderi- vaten erprobte Konstellationsanalyse hineingebracht worden. Diese hat zunachst nur fur Verbindungen mit einem Sechsring Bedeutung. Fur diesen wird den Betrachtungen die starre Form (,,Sesselform") als die stabilere zugrunde gelegt, in welcher es zwei geometrisch verschiedene Arten von Valenzen gibt, aquatoriale (e) und axiale (a). Eine Austauschbarkeit ist durch die Operation des Umklappens moglich. Von der beweglichen Form des Sechsrings, die im Extremfall als sogen. ,,Wannenform" er- scheint, wird abgesehen. Dann stehen die moglichen Konstellationen zu den Konfigu- rationen in der durch Tabelle 1 wiedergegebenen Beziehung.

Tabelle 1. Alicyclische Sechsringe

Konfiguration Konstellation Valenz-Winkel *)

1.2-cis 1.2-trans

1.34s

1.3-trans 1 .4-cis 1.4-trans

60 ' 60"

180" 60" 0"

120" 120" 60"

180" *) gesehen in Richtung der Verbindungslinie der Tetraedermittelpunkte der jeweils betrachteten C-Atome.

Theoretisch hat sich begrunden lassenlo), daD fur einen Substituenten normaler- weise die aquatoriale Lage die stabilere ist. Damit erscheinen fur trans-standige I .2- und 1.4-Substituenten und ebenso fur 1.3-cis-Substituenten die Konstellationen a,a

7 ) M. MOUSSERON und R. GRANGER, C.R. hebd. Seances Acad. Sci. 207, 366 (1938). 8) z.B.G.VAVON, Bull. SOC. chim. France [4] 39, 671 (1926); G.VAVON und A.CALLIER,

ebenda [4] 41, 681 (1927); G.VAVON und P.ANZIANI, ebenda [4] 41, 1643 (1927); G.VAVON und V. M. MITCHOVITCH, ebenda [4] 45,968 (1929).

9) A.SKITA und W.FAUST, Ber. dtsch. chem. Ges. 64, 2878 (1931), und zwar S. 2892. 10) C. W. BECKETT, K.S.PITZER und R.SPITZER, J. Amer. chem. SOC. 69, 2488 (1947);

K.S.PITZER, J. chem. Physics 8, 711 (1940).

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1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 49

gegenuber e,e erheblich benachteiligt, falls nicht besondere Umstande (spezifische Wechselwirkung und grol3e Raumerfullung) vorliegen. Daraufhin hat man, die be- nachteiligten Konstellationen ausschaltend, an Stelle der Beziehungen zwischen Bil- dungsbedingungen und Konfiguration solche zwischen Bildungsbedingungen und Konstellation gesetzt. Hierdurch wird, wie weiter unten noch n ~ e r erortert wird, er- reicht, daD sich jetzt, wenigstens in einfacheren Fdlen, auch die 1.3-Derivate einer all- gemeinen Regel fugen.

Zur katalytischen Hydrierung und zur Reduktion mit Natrium und Alkohol haben sich in neuerer Zeit noch weitere Verfahren gesellt. Eh sind dies die Reduktion von Ketonen mit Aluminiumisopropylat (A-ithylat oder Al-tert.-butylat) nach MEERWEIN- PONNDORF-VERLEY, sowie von Ketonen und Ketoximen mit Lithiumaluminiumhydrid und Natriumborhydrid. Die Ergebnisse hat man in Regeln zu fassen versucht, die sich der Sprache der Konstellationsanalyse bedienen.

Hier setzt die vorliegende Arbeit ein. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht zu unter- suchen, inwieweit es zweckm2Oig und erlaubt ist, von Beziehungen der Bildungsbe dingungen zur Konstellation anstatt von solchen zur Konfiguration zu sprechen. Hand in Hand damit geht die Frage nach der Stereospezifitlt von Reaktionen uber- haupt. Da zu ihrer Eeantwortung die Feststellung des Mengenverhatnisses der Stereoisomeren erforderlich ist, unabhhgig davon, ob man diese als konfigurativ oder konstellativ unterschiedlich beZeich.net, muD diese Frage an die Spitze gestellt werden. Dabei mussen die Verbindungen zunkhst nach ihrer Konfiguration klassifiziert wer- den, denn diese ist eindeutig festgelegt, wiihrend der Begriff Konstellation hypotheti- sche Elemente einschlieot. Konstellationsbetrachtungen sind nachtraglich einzubauen, wobei sich herausstellen wird, inwiefern sie bei der Aufstellung von GesetzmSiDigkeiten weiter fiihren konnen als Konfigurationsbetrachtungen allein.

2. Verbindungen Urn konfigurativ und konstellativ bedingte Einflusse auseinanderhalten zu konnen,

wurden a u k Verbindungen mit Sechsring auch solche mit Fiinfring und einige bicyclische Terpene herangezogen, weil bei diesen beiden letzten Typen nicht mit Konstellationsisomerie zu rechnen ist. Von den monocyclischen Verbindungen wurden hauptsachlich 1.2-Derivate untersucht, dabei auch die gleichzeitig 1.2- und 1.3-Deri- vate darstellenden isomeren Menthone, als einziges 1.3-Derivat das 1-Methylcyclo- hexanom(3). Altere Beobachtungen in der Dekalin-Reihe wurden uberpriift und er-

Die Ergebnisse anderer Autoren werden nur gelegentlich mit herangezogen, weil oft ent- weder die Versuchsbedingungen nicht geniigend festgelegt oder die Analysenmethoden an- fechtbar erscheinenll).

ghzt.

11) W.HUCKEL und A.HUBELE, Liebigs Ann. Chem. 613, 27 (1958). Lkbiga Ann. Chcm. Bd. 616 4

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3. Reaktionen

Auf ihre Stereospezifitat hin wurden untersucht: Katalytische Hydrierungen, Re- duktionen mit Natrium und Alkohol, mit Aluminiumisopropylat und mit Lithium- aluminiumhydrid verschiedener Herkunft.

Bei den katalytischen Hydrierungen spielt die Beschaffenheit des Katalysators eine entscheidende Rolle. Kolloides Platin nach SKITA wirkt ganz anders als Platinmohr nach WILLSTATTER oder VAVON, und dieses wirkt anders als Platinoxyd nach ADAM. Selbst wenn man peinlichst dieselben Bedingungen bei der Herstellung einzuhalten versucht, gelingt es nicht, den Katalysator immer von der gleichen Aktivitat und der- selben Stereospezifitat zu erhalten. Deswegen muB man auch bei scheinbar dem glei- chen Katalysator mit einer gewissen Streuung des Isomerenverhaltnisses rechnen, die allerdings gewohnlich nicht groD ist. Am meisten macht sich eine solche beim Platin- oxyd nach ADAM bemerkbar, weil es bei dessen ublicher Herstellung im Laborato- rium nicht moglich ist, die Temperatur der Schmelze genau einzuhalten und die meist nur sehr geringe Menge haftenbleibenden Alkalis exakt zu messen. Beim Platinrnohr hat bereits R. WILLSTATTER~~), gelegentlich der Hydrierung von Naphthalin, auf die Bedeutung der Vorbehandlung (Sauerstoff-freies, -armes und -reiches Platinmohr) hingewiesen. Fur das Stereoisomerenverhaltnis scheint die Sauerstoff beladung zwar keine Rolle zu spielen, aber trotzdem kann das Ergebnis von Praparat zu Praparat mehr oder weniger schwanken, auch wenn auf moglichste Reinheit des Ketons und des Lo- sungsmittels geachtet wird; vielleicht spielt auch der bei der Darstellung des Platins ver- wendete Formaldehyd eine Rolle. Bei Hydrierungen rnit kolloidem Platin nach SKITA hatten sich friiher keine Schwierigkeiten hinsichtlich der Reproduzierbarkeit der Ver- suche gezeigt. RANEY-Nickel ist nicht immer von der gleichen Beschaffenheit. Seine Herstellung konnte nicht, wie fruher in Breslau, aus selbsterschmolzenen Legierungen vorgenommen werden, und auf die Gleichheit der kauflichen Legierungen ist kein Ver- laB. Seine Wirkung ist nicht der eines Nickelkatalysators gleichzusetzen, welcher durch Reduktion von Nickelcarbonat mit Naphthalin unter hohem Wasserstoffdruck her- gestellt wird.

Bei der Reduktion rnit Ahrniniumisopropybt kann sowohl die Beschaffenheit des Isopropylats als auch die Art des Abdestillierens des gebildeten Acetons von EinfluB sein, wie schon von anderer Seitel3) bemerkt worden ist. Destilliertes Isopropylat braucht nicht dasselbe Stereoisomerengemisch zu geben, wie nicht destilliertes queck- silberhaltiges14); aber oft ist dieser Umstand auch ohne Bedeutung. Die Art des Ab- destillierens des Acetons kann deshalb von EinfluD sein, weil sich stereoisomere Alko- hole bei Gegenwart von Aceton ineinander umzulagern vermogen. Gewohnlich ist aber, wie Versuche ergeben haben, die Umlagerungsgeschwindigkeit so gering, daB

12) R. WILLSTATTER und F.SEITZ, Ber. dtsch. chem. Ges. 56, 1393 (1923). 13) W.E. BACHMANN, M.CARMACK und S.R.SAFIR, J. Amer. chem. SOC. 63, 1682 (1941). 14) H.LuND, Ber. dtsch. chem. Ges. 70, 1520 (1937).

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1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 5 1

die dadurch verursachte Anderung des Stereoisomerenverhdtnisses vemachlbsigt werden kann.

Die Gleichgewichtseinstellung durch Aluminiumisopropylat braucht nicht zu genau demselben Gleichgewicht zu fuhren wie die Umlagerung durch Erhitzen des mit Na- trium hergestellten Alkoholats in indifferenten Losungsmitteln, wie am Beispiel des 1 -Methyl-~yclohexanols-(2) gezeigt werden konntell).

Bei der Reduktion rnit Lithiumnluminiumhydrid besteht unter Umstiinden ein starker EinfluD der Temperaturls) und der Beschaffenheit des L iAIa auf das Mengenver- haltnis der Stereoisomeren. Bei Anwesenheit von etwas Aluminiumbromid konnen die Ergebnisse ganz andere sein als ohne diesesl6). In manchen Fallen dagegen, besonders bei den starren bicyclischen Terpenen, sind beide Faktoren nach den bisherigenEr- fahrungen so gut wie ohne EinfluD.

II. BILDUNQSWEBEN UND KONFIGURATION

Die Beobachtungen uber den sterischen Verlauf der Reduktion von alicyclischen Ketonen sollen zunachst nach klassischem Vorbild in Beziehung zur Konfiguration gesetzt werden. Dabei sind die neuerdings gemachten Analysen der Stereoisomeren- gemische zugrunde gelegt; von alteren Beobachtungen sind nur einige wenige, bei denen die Verhiiltnisse ganz klar liegen, ergiininzend herangezogen. Das Beobachtungs- material erfaDt uberwiegend die Reduktion von Ketonen rnit einem Substituenten in Nachbarstellung zum Carbonyl ; von Ketonen mit 3-standigem Substituenten er- scheinen nur das l-Methyl-cyclohexanon-(3) und das cis-P-Dekalon.

1. Katalytische Hydrierung Bei der Hydrierung in Eisessigliisung gilt fur Ketone mit Nachbarsubstituenten die

SKrrAsche Regel, nach welcher iiberwiegend der Alkohol mit cis-Konfiguration ge- bildet wird, unumschrankt, aber nicht iiberall mit gleicher SchWe. Allgemein giiltig ist die Regel in der Cyclopentan-Reihe, in der im allgemeinen das Mengenverhtiltnis cis: trans bei rund 2 : 1 liegt. Wesentlich darunter bleibt das Ergebnis beim Cyclopentyl- cyclopentanon mit hkhstens 56 % cis-Alkohol, wahrend umgekehrt das cis-a-Hy- drindarion 81 % cis-Isomeresl~) liefert und bereits nahe an viele Ketone der Cyclo- hexanreihe heranreicht. Das besonders niedrige Verhdtnis cis: trans = 2 : 1 bzw. 3 : 2 findet man beim Menthonl6) bzw. Isomenthonl7), deren Hydrierung allerdings nicht, wie bei den anderen Ketonen, in Anwesenheit von Chlorwasserstoff durchgefuhrt werden kann, da dieser hier isomerisierend wirkt. So gelangt man in diesem Falle un- geftihr zu demselben Verhaltnis wie beim l-Methyl-cyclohexanon-(2) ohne Chlorwas- serstoff (65 % cis-Alkohol), warend dieses bei Anwesenheit von Chlorwasserstoff 93 % cis-Alkohol liefert.

15) W. HWCKEL und M. HANACK, Liebigs Ann. Chem. 610, 110 (1957). 16) W.HUCKEL und CH. Z. KHAN CHEEMA, Chem. Ber. 91, 311 (1958). 17) W. HUCKEL und S. GEIGER, unveroffentlichte Versuche.

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Das 1 -Methyl-~yclohexanon-(3) widerspricht der SKITAschen Regel; das Verhaltnis cis: trans ist 1 : 2. Die Bildung des trans-Isomeren ist hier allerdings nicht so stark be- vorzugt wie es im allgemeinen diejenige des cis-Isomeren bei in Nachbarstellung sub- stituierten Ketonen ist. Beim cis-(3-Dekalon ist die Bildung der extremen cis-Form mit 90% stark bevorzugt. Dabei ist allerdings zu beriicksichtigen, daB der zweite Ring in 3- wie in 4-Stellung zur Ketogruppe ansetzt und mithin auch die 4-Stellung die sterische Lenkung der Hydrierung beeinflussen wird. Soviel bisher bekannt, gilt bei 1.4-Deri- vaten des Cyclohexans die SKITAsche Regel, wenn auch vielleicht nicht stark ausge- sprochen; eigene Untersuchungen daruber liegen nicht vor.

Uber die katalytische Hydrierung in neutraler Liisung sind kaum neue Beobachtun- gen gemacht worden. Diese zeigen in ubereinstimmung rnit friiheren, wenig umfang- reichen Erfahrungen von SKITA, daD bei Ketonen mit nachbarstandigem Alkyl der Anteil an cis-Alkohol gegeniiber der Hydrierung in saurer Losung zuriickgeht.

Als Ausnahme ist bemerkenswert, da13 l-Cyclopentyl-cyclopentanon-(2) rnit einem aller- dings nicht besonders aktiven Platinmohr nach WILLSTATTER in Eisessig/Salzsaure nur die- selbe Menge cis-Alkohol(51.5 %) gab wie mit einem Platindioxyd-Katalysator nach ADAMS in Alkohol, mit dem die Hydrierung ungefahr lOmal so lange dauerte. Die Hydrierung rnit RANEY-Nickel in Methanol lieferte sogar mehr (72 %) cis-Alkohol als die Hydrierung mit aktiverem Platinmohr in Eisessig/Salzslure (56 % cis).

2. Die Reduktion nach MEERWEIN-PONNDORF-VERLEY Sie ist ausgesprochen stereospezifisch. Es wird stets die Bildung der cis-Konfigura-

tion bei 2- wie bei 3-standigem Substitutenten in der Cyclopentan- und in der Cyclohe- xan-Reihe bevorzugt. Quantitative Unterschiede sind auch hier vorhanden. Die Stereospezifitiit ist wieder ausgesprochener beim Sechsring als beim Funfring. Fur Ketone mit Nachbarsubstitutenten weicht das Verhaltnis cis: trans-Alkohol im allge- meinen nicht vie1 von dem Ergebnis der katalytischen Hydrierung in saurer Losung ab, bald nach oben, bald nach unten; haufig ist es praktisch dasselbe. Fur 3-substituierte Cyclohexanone ist die Stereospezifitat weniger ausgesprochen. Das 1-Methyl-cyclo- hexanon-(3) bildet den cis-Alkohol zu 65%, das cis-@-Dekalon zu 75%. Beim Men- thon [ trans- 1 -Methyl-4-isopropyl-cyclohexanon-(3)] driickt im Vergleich mit dem l-Isopropyl-cyclohexanon-(2) das trans-standige Methyl in 1 -Stellung die Menge an cis-Neomenthol von 86% auf 64% herab; dagegen andert dasselbe Methyl in cis- Stellung im Isomenthon, das 85 % Neosiomenthol bildet, praktisch nichts.

3. Reduktion mit Natrium und Alkohol Fur sie bleibt die alte Regel bestehen, nach der das Hydroxyl uberwiegend in trans-

Stellung zum Nachbarsubstituenten tritt. Freilich bildet sich der trans-Alkohol nicht immer so ausschlieDlich, wie friiher manchmal angenommen worden ist; so geht sein Anteil beim l-Cyclohexyl-cyclohexanol-(2) auf 81 % zuriick. In der Cyclopentan-Reihe

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scheint die Reduktion stereospezifischer zu sein; l-Cyclopentylcyclopentanon-(2) beispielsweise gibt trans-l-Cyclopentyl-cyclopentanol-(2) zu 92 %. Fur 3-substituierte Ketone gilt die Regel aber nicht : l-Methyl-cyclohexano1-(3) gibt 78 %, cis-P-Dekalon immerhin noch 60% cis-Alkohol.

4. Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid

Dieses kann. selb;t wenn man sich auf eine bestimmte Qualitiit und auf eine be- stimmte Reduktionstemperatur bexhrankt, nicht allgemein als stereospezifisches Reagenz angesprochen werden.

Zusammenfassend laRt sich sagen, daR die zuerst von SIUTA erkannten Zusammen- hange zwischen Bildungsweise und Konfiguration als allgemein geltende Regel fur Cy- clohexanone wie Cyclopentanone mit Nachbarsubstituenten auf breitester Basis be- statigt werden. Fur 1.3-Derivate ist die alte Regel beim Sechsring ins Gegenteil zu ver- kehren, da die von SKITA angenommenen Konfigurationen vertauscht werden miissen; fur den Funfring liegen keine Erfahrungen vor. Im Sechsring kann Substitution in 4-Stellung zum Carbonyl den EinfluR eines 3-standigen Substituenten aufheben oder uberkompensieren.

Als neue Regel kommt hinzu, daR die Reduktion mit Aluminiumisopropylat immer zur bevorzugten Bildung der cis-Konfiguration fuhrt. DaD hiervon spater einmal bei 3-alkylierten Ketonen Ausnahmen vorkommen konnen, erscheint nicht ausgeschlos- sen.

III. BILDUNGSWEISEN UND KONSTELLATION

1. Die Regeln von BARTON

Fur die Cyclohexan-Reihe hat D. H. R. BARTONIB), die konfigurativen Beziehungen beiseite lassend, neue Regeln fur die Reduktion von Ketonen aufgestellt, die auf die Konstellation der entstehenden sekundaren Alkohole Bezug nehmen. Solche Regeln konnten zur Konstellationsanalyse dienen. Die Konstellationen der Alkohole ergeben sich aus den allgemeinen Beziehungen zwischen Konfiguration und Konstellation (S. 48) durch folgende auswahlende Regel: Von den zwei Substituenten Alkyl und Hydroxyl sucht, wenn die Wahl zwischen e- und a-Lage bleibt, das Alkyl bevorzugt die e-Lage auf, und m a r um so ausschlieBlicher, je grokr seine Raumerfullung ist ; das Hydroxyl wird entsprechend in die a-Lage verwiesen. Diese Regel ist aus reaktions- kinetischen Uberlegungen hergeleitet, erleidet aber Ausnahmen, worauf in Teil I ein- gegangen ist. In solchen Fallen wird die aus der Kinetik hergeleitete Konstellation als maRgeblich anerkannt, so 2.B. fur das cis-a-Dekalol vom Schmp. 93" die aquatoriale Lage des Hydroxyls aus der verhiiltnismiibig hohen Verseifungsgeschwindigkeit seiner Carbonsaureester (Konstellationanalyse I, dieser Bd., S. 40).

18) D. H. R.BARTON, J. chem. SOC. [London] 1953, 1027.

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Ohne darauf einzugehen, daB in solchen Fallen die Ableitung der Konstellation nicht widerspruchsfrei durchfiihrbar ist, sind im folgenden durchweg diejenigen Kon- stellationen eingesetzt, die BARTON fur die richtigen halt.

Bei einigen seiner Regeln muB BARTON einen Unterschied machen, je nachdem das betrachtete Keton sterisch behindert oder unbehindert ist. Dabei bleibt der Begriff ,,sterisch behindert" etwas unbestimmt; man kann ihn aber - was BARTON mar nicht ausspricht, aber was wohl seine Auffassung wiedergibt - dann als gegeben hin- nehmen, wenn einer der beiden, durch Reduktion entstehenden stereoisomeren Alkohole eine auffallend geringe Reaktionsgeschwindigkeit bei der Veresterung sowie bei der Verseifung seiner Carbonsaureester aufweist. Jedenfalls diirfte dies fur in Nachbarstellung zum Carbonyl alkylierte Ketone gelten. Ein Keton mit zwei dem Carbonyl benachbarten CHz-Gruppen hatte dagegen wohl als sterisch unbehindert zu gelten, selbst wenn einer der ihm entsprechenden Alkohole sterisch behindert er- scheint. Letzteres ist beim trans-P-Dekalon der Fall, das bei katalytischer Hydrierung teilweise das sterisch behinderte trans-P-Dekalol vom Schmp. 53" gibt. Als in Nach- barstellung sterisch hindernde Substituenten sind bei den hier untersuchten Ketonen Isopropyl und Cyclohexyl aufmfassen.

1. Katalytische Hydrierung in saurer Losung liefert stets viel axialen Alkohol. 2. Katalytische Hydrierung in neulraler Losung, die langsamer verlauft, bildet bei sterisch behinderten Ketonen viel axialen Alkohol ( 2 4 , bei sterisch unbehinderten viel aquatorialen

3. Aluminiumisopropylat gibt uberwiegend axialen Alkohol (3 a), mehr als andere Methoden (3 p); sterisch behinderteKetone sollen sich nach diesemverfahren nicht reduzieren lassen (3 y). 4. Lithiumaluminiumhydrid gibt bei sterisch unbehinderten Ketonen iiberwiegend aquato- rialen Alkohol (4 a), bei sterisch behinderten iiberwiegend axialen Alkohol(4 p). 5. Reduktion mit Natrium und Alkohol gibt stets iiberwiegend das aquatoriale Isomere in einem Mengenverhaltnis, das dem Gleichgewicht zwischen beiden Isomeren entspricht.

Die BARToNschen Regeln lautenl9) :

(2 P).

2. Priifung der Regeln von BARTON

Im Hinblick auf die BARTONSChen Regeln sind die neuen Ergebnisse, ergslnzt durch einige altere, in Tabelle 2 zusammengestellt ; die Reduktionen mit Lithiumaluminium- hydrid, die eine gesonderte Behandlung verlangen, sind fortgelassen. Es ist jeweils die Menge desjenigen Isomeren in Prozenten angegeben, das nach BARTON vorzugsweise entstehen sollte; liegt sie iiber SO%, so stimmt die Regel, bleibt sie unter 50%, so stimmt sie nicht. Wenn keine exakte Analyse vorliegt, aber das Ergebnis friiherer Ver- suche eindeutig ist, sind entsprechend die Zeichen + und - gebraucht, ebenso dort, wo es sich, wie bei der Regel 3 @, nur um eine qualitative Feststellung handelt. Ein Nachbarsubstituent ist als 0-, ein 3-Substituent als m- bezeich.net,

19) vgl. Lit.lE), dort S. 1029, Anm. 23.

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Tabelle 2

m- Regel Konstel- c&- CH3- i,-%,- 0-Cyclo- Men- Isomen- Z-Dekalon P-Dekalon hexyl- thon thon cis lrans cis

Cvclohexanon Nr. lation

1 0 93 66 89 90 14 53 10 2a a X X 0 70 0 0 0 2 P e 20 14 x 0 X X 0 301 a 68 35 86 89 66 85 0 3 8 a - - - - - + 0 3Y 0 X X ! 1 ! ! X 5 88 78 78 81 + + X

0 bedeutet nicht untersucht, x entffillt; ! bedeutet entgegen der Regel doch rcduzierbar; zutreffend bzw. nicht zutnffend.

+ 10 0 X

0 ca.75 0 25 0

+ 60 + bzw. - bedeuten

-

X X

Uber den Giiltigkeitsbereich der BARToNschen Regeln l8Dt sich danach folgendes aussagen: Regel 1 stimmt in den meisten FBllen. Sie stimmt ausgesprochen nicht beim cis-a- und cis-P-Dekalon. - Regel 2 stimmt bei Cyclohexylcyclohexanon (2a) und cis-P-Dekalon (2@), aber nicht bei l-Methyl-cyclohexanon-(2) und -(3) (2(3). - Regel 3 a stimmt oft, versagt abex beim 1-Methyl-cyclohexanon-(3) und beim cis-P-Dekalon (1 .fDerivate!). - Regel 3 P stimmt nur beim Isomenthon; beim Isopropyl- und beim Cyclohexylcyclohexanon ist aber das Stereoisomerenverhiiltnis wenigstens dasselbe wie bei der katalytiscKen Hydrierung in saurer Losung. - Regel 3y: Davon, daD sich sterisch behmderte Ketone nicht mit Aluminiumisopropylat reduzieren lassen, kann keine Rede sein; es liebn sich dafiir noch zahlreiche andere Beispiele (z.B. Campher, Fenchon) anfuhren. - Regel 4: Lithiumaluminiumhydrid erweist sich auch in Bezug auf die Konstellation nicht als ein stereospezilisches Reagenz (siehe dam S. 62). - Regel 5 stimmt stets.

Im Vergleich mit den auf die Konfiguration beziiglichen Regeh ist festzustellen: Bei der katalytischen Hydrierung in saurer Lasung ist die alte ,,cis-Regel" von SKITA und VAVON universeller ; man mu0 nur die 3-alkylierten Cyclohexanone ausklammern. Das Versagen der BARToNschen Regel 1 ist an einigen Steroidketonen bereits von W. G. DAUBEN und Mitarbb.20) festgestellt worden. Fur das Problem der Konstella- tionsanalyse wiegen die in der vorliegenden Arbeit beigebrachten, ubrigens schon lange bekannten Beispiele der beiden cis-Dekalone besonders schwer, weil die BARTON- sche Regel bei ihnen keine Stutze fur die gerade hier heiklen anderweitigen Konstella- tionsanalysen Liefern kann.

Was die Reaktion von MEERWEIN-PONNDORF-VERLEY betrifft, so ist die auf die Konfiguration abgestellte Regel durchweg giiltig, wiihrend die auf die Konstellation bezogene beim 1 -Methyl-~yclohexanon-(3) und wider beim cis-P-Dekalon versagt. Bei ersterem widersprechen sich die BARToNschen Regeln 1 und 3.

20) W.G.DAUBEN, E. J.BLANZ JR., J. JIU und R.A. MICHELI, J. Amer. chem. SOC. 78, 3754 (1956), rechte Spalte.

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Fur die Reduktion mit Natrium und Alkohol gilt die BARTONsChe Regel 5 allge- mein im Gegensatz zu der auf die Konfiguration bezogenen ,,trans-Regel", welche auch hier wieder, wie die ,,cis-Regel" bei der katalytischen Hydrierung in saurer Losung, bei 1.3-Derivaten durchbrochen wird.

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3. Konfiguration, Konstellation und Gleichgewicht

Die eindeutige Beziehung, welche die BARToNsChe Regel 5 bei der Reduktion mit Natrium und Alkohol zur Konstellation ergibt, hat eine weiter reichende Bedeutung, weil fast immer das Stereoisomerenverhaltnis bei der alkalischen Reduktion ungefihhr dasselbe ist wie im Gleichgewicht der stereoisomeren Alkohole. Eine vollige Uberein- stimmung, die von manchen Forschern angenommen zu werden scheintls), besteht freilich nicht ; auch hat das unter verschiedenen Bedingungen sich einstellende Gleich- gewicht nicht immer dieselbe Lage, wie am l-Methyl-cyclohexano1-(2) gezeigt werden konntell), aber es durfte doch in den meisten Fallen das Ergebnis der alkalischen Re- duktion das Isomerenverhaltnis im Gleichgewicht ungefahr richtig anzeigen. Auf dieses bezogen, besagt die BARToNsche Regel, daI3 Alkohole, in denen die Substituen- ten eine diaquatoriale (e,e) Lage einnehmen konnen, thermodynamisch stabiler sind als solche, in denen nur eine e,a-Lage moglich ist. Ob bei einer solchen sich das Hy- droxyl in die a- oder in die e-Lage begibt, dariiber macht die Regel keine Aussage; das zu entscheiden, ist die Aufgabe anderer konstellationsanalytischer Betrachtungen. Auf substituierte Cyclopentanole ubertragen, bei denen keine Konstellationsisomene moglich ist, bedeutet die Regel 5 die Bevorzugung der trans-Konfiguration, in der die Lage der Substitutenten als eine von 60 auf 120" auseinandergespreizte diaquatoriale Lage betrachtet werden kann.

Die Folgerung, die aus der Regel fur den Sechsring gezogen wird, entspricht den AbscEtzungen der therrnodynamischen Stabilitiit von Konstellationsisomeren, die K. S. P I T z E R Z ~ ) gemacht hat. Sie zeigt zum mindesten qualitativ den Energieunter- schied dann richtig an, wenn die Substitutenten keine besondere Wechselwirkung auf- einander ausuben oder, infolge ungewohnlicher Raumbeanspruchung, das Molekiil in eine andere Form zwingen.

Fur die Lage des Gleichgewichts kann freilich nicht einfach eine Konstellations- isomerie verantwortlich gemacht werden. Es zeigen sich namlich beim Funfring oft ahnliche Verhidtnisse beziiglich des Mengenverhaltnisses zwischen cis- und trans- Alkohol wie beim Sechsring. Die bisher gemachten Erfahrungen uber das mit Alu- miniumisopropylat erreichte Gleichgewicht gibt Tabelle 3 wieder, in der auch das Ergebnis der alkalischen Reduktion zum Vergleich mit aufgefuhrt ist.

21) K.S.PITZER, Science [New York] 101, 672 (1945); K.S.PITZER und C.W.BECKETT, I. Amer. Chem. SOC. 69, 977 (1947); C. W. BECKETT, K.S.PITZER und R.SPITZER, ebenda 69, 2488 (1947).

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Tabelle 3. % trans-Alkohol

% trans im % trans bei Gleichgewicht alkal. Reduktion Substanz

1 -Methyl-cyclohexanol-(2) 11) 83 88 1 -1sopropyl-cyclo hexanol-(2)22) 69 78.5 I-Cyclohexyl-cyclohexanol-(2) 77 81

1 -Cyclopentyl-cyclopentanol-(2) 77 96 cis-P-Dekalol 87 60

1 -Isopropyl-cyclopentanol-(2)~~) 91 93

Wahrend fur Cyclohexyl-cyclohexanol und Cyclopentyl-cyclopentanol das Gleich- gewicht dieselbe Lage hat, liegt es fir Isopropyl-cyclohexanol und Isopropyl-cyclopen- tanol recht verschieden, wenn auch beidemal auf der trans-Seite. Auffallend ist der Unterschied gegeniiber dem Ergebnis der alkalischen Reduktion beim Isopropyl- cyclohexanon im Gegensatz zum Isopropyl-cyclopentanon sowie beim Cyclopentyl- cyclopentanon im Gegensatz zum Cyclohexyl-cyclohexanol. Wenn auch das wenig urnfangreiche Beobachtungsmaterial keine weitergehenden Schliisse gestattet, so geht daraus doch schon hervor, daR die Verhaltnisse keineswegs einfach liegen, weder was den Vergleich Sechsring-Funfring, noch was die alkylierten Cyclohexanole be t a t .

Beim cis-p-Dekalol liegt das Gleichgewicht wesentlich weiter auf der Seite der extremen cis-Form vom Schmp. 105" als nach deren Bildung durch alkalische Reduk- tion zu erwarten ist. Es stimmt ungefahr mit dem Gleichgewicht iiberein, das bei der Umlagerung der Alkoholate (etwa 80 % cis-P-Dekalol Schmp. 105") erreicht wird24). Diem Ergebnis verdient deswegen hervorgehoben zu werden, weil M. S. NEW MAN^^) aus Konstellationsbetrachtungen hergeleitet hat, daD das Isomere vom Schmp. 18" im Gleichgewicht iiberwiegen miisse; er hat deshalb eine Uberpriifung vorgeschlagen, urn festzustellen, ob die von ihm angestellten uberlegungen iiber innermolekulare Wechselwirkungen in den Molekulen der beiden cis-a-Dekalole einen Wert haben (,,These experimental results should be reexamined so that it can be determined whether the assignment of conformation on the above steric interaction type of rea- soning has any utility"). Nunmehr l2Bt sich dazu sagen, daD sie, als zurn falschen Ergebnis fiihrend, bedeutungslos sind.

~~FW.HUCKEL und RNEIDLEIN, Chem. Ber. 91, im Druck (1958). 23) W. HUCKEL und G. NAHER, Chem. Ber. 91, 792 (1958). 24) W.HUCKEL und H.NAAB, Ber. dtsch. chem. Ges. 64, 2137 (1931). 25) M.S.NEWMAN, Steric Effects in Organic Chemistry, J. Wiley & Sons New York 1956,

S. 30. In diesem Zusammenhange sei ein kleiner Irrtum richtig gestellt, der NEWMAN an der gleichen Stelle unterlaufen ist. Er erwiihnt, daI3 das p-Nitrobenzoat des cis-P-Dekalols Schmp. 105" (Formel XLII) 1.5mal so rasch verseift wurde wie sein Isomeres (Formel XLIII). In Wirklichkeit habe ich an der von ihm zitierten Stelle [W. HUCKEL, Ber. dtszh. chem. Ges. 67A, 129 (1934), dort S. 1351 MeDwerte f i r die sauren Succinate mitgeteilt; die Nitrobenzoate sind nie vermessen worden. Anscheinend liegt eine Verwechslung mit der etwas spiiter er- schienenen Arbeit von W.HUCKEL und K.KUMETAT, Ber. dtsch. chem. Ges. 67, 1890 (19341, vor, in der die Reinigung descis-fi-Dekalols Schmp. 18" uber sein p-Nitrobenzoat beschrieben ist.

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Die Geschwindigkeit der Gleichgewichtseinstellung scheint mit zunehmender GroDe eines nachbarstandigen Substituenten zuzunehmen. Exakte kinetische Messungen dariiber liegen zwar noch nicht vor, doch sprechen die am 1-Methyl-, 1 -1sopropyl- und I-Cyclohexyl-cyclo- hexanol gemachten Beobachtungen dafur.

IV. VORSTELLUNGEN UBER DIE STERISCHE LENKUNG DER REAKTIONEN

1 . Reduktion rnit Natrium und Alkohol Die Tatsache, daB bei dieser Reduktion im allgemeinen ungefahr das Gleichgewichts-

gemisch der Stereoisomeren entsteht, erklart sich leicht dadurch, daB der Primarakt der Reaktion in einer stufenweisen Aufnahme von zwei Elektronen - zuerst am 0, dann am C - besteht und der Wasserstoff als Proton an ein Anion angelagert wird. 1st die Protonenkonzentration hoch, so entsteht nur Alkohol, ist sie geringer, wie z. B. bei der Reduktion mit Natrium oder Magnesium und feuchtem Ather oder bei der Reduktion mit Natrium in, flussigem Ammoniak (s. S. 81), so entsteht auch das ent- sprechende Pinakol als Pinakolat durch ZusammenschluB des nach Anlagerung nur eines Elektrons gebildeten Radikal-Anions. Der Alkohol wird durch Anlagerung eines

weiteren Elektrons und dann eines Protons an das Radikal-Anion >?-Oe gebildet. Hier ist, da im Radikal-Anion die drei Substituenten am C-Atom als in einer Ebene liegend anzunehmen sind, Gelegenheit zur Ausbildung der thermodynamisch stabil- sten Form gegeben. Das gilt fur Fiinfring wie fur Sechsring-Ketone in gleicher Weise.

Die Reduktion von Ketonen mit Natrium in fliissigem Ammoniak verlauft bei den wenigen untersuchten Beispielen sterisch analog der Reduktion rnit Natrium und Alkohol (vgl. S. 81).

2. Katalytische Hydrierung Fur die Bevorzugung der cis-Konfiguration bei 1 -2-Derivaten hat bereits G. V A V O N ~ ~ )

eine einleuchtende Hypothese gegeben. Der durch den Katalysator aktivierte Wasser- stoff tritt entweder als aktiviertes Molekiil oder als Atompaar aus dessen Oberflache heraus bevonugt an diejenige Seite des Molekuls, welche nicht durch ein Alkyl ab- geschirmt ist ; dementsprechend muB die cis-Konfiguration entstehen. Wenn man sich uber die Konstellation Gedanken macht, so kommt man zu einer plausiblen Erklarung fur den Unterschied in der Stiirke der dirigierenden Wirkung des Alkyls: In einem o- substituierten Cyclohexanon liegt es iiberwiegend iiquatorial und schirmt wegen der raumlichen Nahe zum Carbonyl dieses von der einen Seite starker ab als in o-substitu- ierten Cyclopentanonen, wo es abgespreizt steht.

DaD die Regel der Bevorzugung der cis-Konfiguration fur 1.3-Derivate nicht zu gelten braucht, ist nach dieser Hypothese leicht verstbdlich, denn bei ihnen liegt keine typische Abschirmung des Carbonyls von einer Seite vor. Die Richtung, welche die Wasserstoffanlagerung nimmt, ist hier durch andere Faktoren bestimmt, und zwar im allgemeinen nicht so ausschlaggebend wie durch o-standiges Alkyl.

G.VAVON in V.GRIGNARD, Trait4 de chimie organique, Bd. 11, S . 874, Masson & Cie., Paris 1936.

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Die Hypothese von VAVON erklart fur Ketone mit Nachbarsubstituenten zwanglos die Entstehung von cis-Alkoholen. Die nebenher gehende Bildung der trans-Konfigu- ration kann auf zwei Wegen erfolgen. Sie ist erstens moglich, weil das Alkyl dem Was- serstoff das Herankommen von der Seite des Ringes her, auf der es sich befindet, nicht vollkommen verwehrt ; auf eine unterschiedliche Starke dieser Abschirmung ist oben die weniger starke sterische Lenkung durch nachbarstandiges Alkyl im Fiinfnng zu- riickgefiihrt worden. Dam besteht aber noch eine zweite Moglichkeit darin, daD die Desorption des hydrierten Ketons nicht rasch genug erfolgt, um allen prim& gebilde- ten cis-Alkohol der Wirkung der Katalysatoroberflache zu entziehen; dann kann es an dieser zu einer fur den trans-Alkohol giinstigen Gleichgewichtseinstellung auf dem Wege

cis-Alkohol Keton + H2-Katalysator trans-Alkohol

kommen. 1st das cidsomere einmal desorbiert, so lagert es sich nicht mehr, oder jedenfalls nur aul3erordentlich langsam in das trans-Isomere um, weil es nur mehr sel- ten in eine zur Dehydrierung geeignete Lage am Katalysator kommt. Inwieweit durch eine solche Isomerisierung am Katalysatorz’) in einem gegebenen Falle das Mengen- verultnis der Stereoisomeren beeinfluDt ist, laDt sich ohne besondere Untersuchungen nicht entscheiden. Die vorliegenden Beobachtungen weisen darauf hin, daD der truns- Alkohol auf beiden Wegen gebildet werden kann, je nach der Konstitution des Ketons, der Beschaffenheit des Katalysators und den sonstigen Versuchsbedingungen in ver- schiedenem Betrage.

Gerade die Abhangigkeit des Stereoisomerenverhaltnisses von den Versuchsbedingungen spricht in bestimmten Fallen klar fur die Entstehung wenigstens eines Teiles der trans-Form infolge Iangsamer Desorption des Hydrierungsproduktes. Da ist einmal der schwer kontrol- lierbare EinRuD der Beschaffenheit des Katalysators, der, selbst wenn er unter anscheinend gleichen Bedingungen hergestellt worden ist, doch nicht immer das gleiche Stereoisomeren- verhlltnis liefert (s. S. 50). Der giinstige EinfluD des Zusatzes von Chlorwasserstoff auf die Bildung des cis-Isomeren diirfte auf eine Erhohung der Desorptionsgeschwindigkeit zuriick- zufuhren sein. Das wirkt sich gleichzeitig in einem raschen Verlauf der Hydrierung aus, indem von den verschiedenen Stufen ihres Ablaufs27) eben die letzte geschwindigkeitsbestimmend ist. Umgekehrt wird die Vermehrung der Menge an thermodynamisch stabilerem Isomeren bei Hydrierung in neutraler Losung erklart durch eine langsamere Desorption vom Katalysator und somit die Regel 2 von BARTON in gewisser Weise auf dieselbe Grundlage zuruckgefiihrt wie seine Regel 5.

Eine ganz andere Hypothese als VAVON hat J.H.BREwsTERZ~) entwickelt, um die Bildung von trans-Alkohol in neutraler, von cis-Alkohol in saurer Losung zu erklaren. Sie unterstellt, daD das beobachtete Mengenverhdtnis der Isomeren durch den primar am Katalysator sich vollziehenden Hydrierungsvorgang bestimmt wird.

27) W.HUCKEL, Theorerische Grundlagen der organischen Chemie, 8. Aufl., Bd. 1, S. 535; Bd. 2, S. 780, Akademische Verlagsges., Leipzig 1956.

28) J.H.BREWSTER, J. Amer. chem. SOC. 76, 6361 (1954). Wegen der Bildung aquatorialen Alkohols in neutraler Losung beruft sich BREWSTER auf BAR TON^^); dieser fordert dies nicht allgemein, sondern nur for sterisch unbehinderte Ketone.

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Fur den Hydrierungsvorgang werden Bilder entworfen, welche eine unterschiedliche Art der Adsorption des Ketons an die Katalysatoroberflache wiedergeben sollen, dic bei Hydrie- rung im neutralen und im sauren Medium als typisch verschieden angenommen wird, wobei sich nicht die gleichen ,,Oberflachenresonanzhybride" bilden. In neutraler Lasung sol1 erst ein Proton und dann ein Hydrid-Ion aus der Katalysatoroberflache herausgenommen werden; dazu ist eine Orientierung erforderlich, die zur Bildung des aquatorialen Alkohols fiihrt. In saurer Losung starnmt das Proton aber aus dem Lijsungsmittel, und die Adsorption des da- durch entstehenden Onium-Ions >C = O@ ist so geartet, da5 die Aufnahme des Hydrid- Ions aus dem Katalysator unter Bildung\H axialstandigen Hydroxyls vor sich geht. Die Bilder lassen keinen EinfluR der GriSDe des Alkyls in Nachbarstellung auf den sterischen Ver- lauf erkennen, wie er in BARTONS Regel 2 gefordert wird; die Bevorzugung der Bildung lquatorialen trans-Alkohols in neutralcr LiSsung muI3 daher stets vorhanden szin.

Die an l-Cyclohexyl-cyclohexanon-(2) und 1-Methyl-cyclohexanon-(2) gemachten Beobachtungen stehen damit im Widerspruch; in neutraler Losung entstehen aus ersterem rnit Platindioxyd immerhin noch 70 %, mit RANEY-Nickel 75 % cis-Cyclo- hexyl-cyclohexanol. Das l-Methyl-cyclohexanon-(2) gibt rnit Platindioxyd in Athanol sogar 80 % cis-1 -Methyl-cyclohexanol-(2)~9).

3. Reduktion rnit Aluminiumisopropylat

Fur die sterische Lenkung mussen hier ahnliche oder vielleicht sogar dieselben Faktoren maBgebend sein, wie bei der katalytischen Hydrierung in saurer Losung. Eine sekundare Umlagerung des primar gebildeten cis-Alkohols findet hier, wenn uber- haupt, im allgemeinen nur in geringem Umfang statt, wie die genngen Umlagerungs- geschwindigkeiten erkennen lassen. Da ein homogenes System vorliegt, entfallen die Moglichkeiten, welche bei der Hydrierung in den Faktoren Adsorption und Desorp- tion gegeben sind. Immerhin scheint die Umlagerung unter bestimmten Versuchsbe- dingungen rascher zu verlaufen als gewohnlich. Die Unterschiede, welche manchmal bei der Anwendung destillierten und nicht destillierten, quecksilberhaltigen Isopropy- lats beobachtet werden - die Reduktion dauert rnit letzterem, wenn ein solcher EinfluR festzustellen ist, langer30) -, sind aber wahrscheinlich auf nachtragliche partielle Um- lagerung zuruckzufuhren. Moglicherweise beruhen unterschiedliche Angaben der Literatur auf demselben Vorgang31). Die beachtenswertesten Unterschiede, die gegen- uber dem Ergebnis der katalytischen Hydrierung in saurer Losung bestehen, finden sich beim l-Methyl-cyclohexanon-(2), das bei der katalytischen Hydrierung - ent- gegen der BARToNschen Regel 3 fi - ein um 25 % an cis-Alkohol reicheres Gemisch liefert als rnit Aluminiumisopropylat ; ferner beim Isomenthon, das katalytisch hydriert - in Ubereinstimmung mit der Regel 3 fi - 25 % weniger und beim Cyclo-

2 9 ) P.ANZIANI und R.CORNUBERT, Bull. SOC. chim. France [5] 12, 359 (1945), fanden mit Platinmohr in Butanol 82 - 9 I % cis-l-Methyl-cyclohexanol-(2).

30) W.HUCKEL und G.NAHER, Chem. Ber. 91, 793 (1958), I-Isopropylcyclopentanon-(2). 3 l ) z. B. R. CORNUBERT und P.ANZIANI, Bull. SOC. chim. France [5 ] 12,359 (1945): 1-Methyl-

cyclohexanon-(2) sol1 rnit Aluminiumisopropylat nur 6 - 14 % cis-l-Methylcyclohexanol-(2) geben (Phenylurethan-Methode), wahrend rnit destilliertem Isopropylat 68 % entstehenll).

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pentyl-cyclopentanon, das 16 % weniger cis-bomeres liefert als mit Aluminiumiso- propylat.

Die sterische Lenkung nach der cis-Stellung wird befriedigend erklart durch die Bilder, die L. M. JACKMAN, A. K. MACBETH und J. A. MILL# vom Reaktionsverlauf geben. Beim Isomenthon schirmt das axial-stiindige Methyl in 1-Stellung die Annahe- rung von derjenigen Seite stark ab, von der herkommend das Isopropylat das Isomen- tho1 mit trans-Stellung von Hydroxyl zu Isopropyl bilden wiirde. Beim Menthon, dessen Methyl in 1-Stellung aquatorial steht, fehlt eine solche ganz ausgesprochen einseitige Abschirmung des Carbonyls :

Isomenthon

h von dieser Seite

Annaherung erschwert

Menthon

% keine besondere Erschwerung

der Annaherung

Die Hydrierungsergebnisse sind in Tabelle 4 zusammengestellt.

Tabelle 4. % ,,cis"- bzw. ,,exo"-Alkohol

Katalytische Hydrierung mit Al-iso-

bzw. [PtOz] CzHSoH bzw. dest. bzw. Alkohol in Eisessig

Pt-Mohr in propylat Natrium + "i ':2zoH [nicht dest.]

Keton

l-Methyl-cyclohexanon-(2)

1 -Methyl-cyclohexanon-(3) 1 -Isopropyl-cyclohexanon-(2) 1 -Cyclohexyl-cyclohexanon-(2) Menthon Isomenthon cis-@-Dekalon 1 -Methyl-cyclopentanon-(2) 1 -Isopropyl-cyclopentanon-(2) 1 -Cyclopentyl-cyclopentanon-(2) cis-a-Hydrindanon Campher Camphenilon Fenchon

93 (+HCI) 6511) 34 (38133) 8922) 90 [83] 7416) 53 ; 57 17) 85 (881 65 (+HC1)34) 64 (+HC1)23) 56 (+HCI) 81 [74]15) 95 2535)

80 6811)

~141 6533) 8622)

70 [76] 89 6616) 8517)

ca. 75 75 5834)

[68]23) 73 [ 6 4 p 51.5 [72.5] 72 [72] 70-851s) 6915)

6336)

9538) 2036.37)

32) L. M. JACKMAN. A. K. MACBETH und J. A. MILLS. J. chem. SOC. lLondonl 1949. 2643: Formeln (I) und (11):

33) W.HUCKEL und J.KuRz, Chem. Ber. 91, 1290 (1958). . . 34) W. HUCKEL und E. MOGLE, unverijffentlicht. 35) W.HUCKEL und W.TAPPE, Ber. dtsch. chem. Ges. 69,2769 (1936). 36) P.HIRSJARVI, [Ann. Acad. Sci. fennicae], Sarja A. 11.81,7 (1957). 37) W. HUCKEL und E. GELCHSHEIMER, Suomen Kemistilehti 31 B, 13 (1958). 38) W. HUCKEL und G. MEINHARDT, Chem. Ber. 90, 2025 (1957).

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4. Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid

Obwohl das Lithiumaluminiumhydrid nicht allgemein als stereospezifisches Reagenz angesprochen werden kann, auch wenn man nach BARTON einen Unterschied zwischen sterisch unbehinderten und behinderten Ketonen macht, so 1aBt sich doch nicht ver- kennen, dal3 es in einer Reihe von Fallen eine sterische Selektivitat besitzt. Eine solche Selektivittit besteht zumal bei Terpenketonen mit Briickenringsystern. Hierbei bildet sich, weitgehend unabhangig von Temperatur und Beschaffenheit des LiAI&, ge- wohnlich das endo-lsomere in weitaus iiberwiegender Menge, wie an umfangreichern Beobachtungsmaterial von P. HIRSJARVI~~) gezeigt und von anderer SeiteN) bestatigt worden ist. Als Ausnahme ist bisher nur der Campher bekannt, aus dem sich zu 97 % der exo-Alkohol, das Isoborneol, bildet. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daR fur das Reduktionsmittel normalerweise die endo-Wasserstoffatome die An- niiherung von der endo-Seite her erschweren, so daB es vie1 vorteilhafter schrag von der Briickeqseite her herankommt; beim Campher ist aber durch das Methyl an der Briicke und vielleicht zugleich durch das Methyl am Briickenkopf dieser Weg versperrt, so daI3 hier das Reagenz von der endo-Seite herankommen muR.

Bei Ketonen ohne Briickenring liegen die Verhaltnisse verwickelter. DaB"die auf Konstellationen zugeschnittene Regel 4 von BARTON (S. 54) bei Sterinketonen nicht immer zutrifft, hat W. G.DAuBEN~O) festgestellt und eine Hypothese entwickelt41), die verstandlich machen soll, weshalb LiAlH4 manchmal stereospezifisch wirkt und manch- ma1 nicht. Er erklart dies durch das Zusamrnenwirken zweier Faktoren, die er als ,,steric approach control" und ,,steric development control" bezeichnet. Der erste Faktor wird durch die Annaherungsrnoglichkeiten an das Carbonyl bestimmt, der zweite durch das Stabilitatsverhaltnis der beiden Isomeren. Die Reduktion verlauft ausgesprochen stereospezifisch, wenn beide Faktoren in derselben Richtung wirken, wenig spezifisch, wenn sie einander entgegenwirken. Da man mit dem Ausspielen zweier Faktoren gegeneinander letzten Endes alles erklaren kann, mussen fur jeden Fall be- sondere uberlegungen angestellt werden, welche eine solche Willkiir nach Moglich- keit ausschlieBen.

W. G. DAUBEN41) erlautert deswegen seine Hypothese am Menthon. Hier scheinen ihrn die Verhaltnisse deswegen iibersichtlich zu sein, weil fur die 1 .rl-sttindigen Alkyle eine diaquatoriale Lage die weitaus begiinstigte Konstellation ist und man deswegen das entsprechende Molekulmodell den weiteren Betrachtungen zugrunde legen darf. In ihm ist das Carbonyl nicht einseitig abgeschirmt, eine bevorzugte Richtung fur die ,,steric approach control" nicht zu erkennen; so miil3ten Menthol und Neomenthol zu gleichen Teilen entstehen, wenn nicht die ,,steric development control" die Reaktion in die Richtung des stabileren Isomeren, des Menthols, lenkte.

39) P.HIRSJARVI, Suomen Kernistilehti 29B, 138 (1956) [C.A. 51, 5004 (1957)]. 40) KBECKMANN und R. MEZGER, Chem. Ber. 89,2738 (1956); W.HUCKEL und E.GELCHS-

41) W. G. DAUBEN, G. J.FONKEN und D.S.NOYCE, J. Amer. chem. SOC. 78,2579 (1956). HEIMER, Suomen Kernistilehti 31 B, 13 (1958).

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1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse 11 63

DAUBEN lag als Versuchsergebnis das Verhaltnis von 7 1 % Menthol zu 29 % Neomenthol vor; dies entspricht einem Verhaltnis der Bildungsgeschwindigkeiten von ungefahr 2 : 1. Somit kann der EinfluO der ,,steric development control" hier nur bescheiden sein. Um zu zeigen, wie sich am Beispiel des Menthons auch die ,,steric approach control" auswirken kann, zieht DAUBEN das Ergebnis der Reduktion mit Natriumborhydrid heran, die 51 % Neomenthol liefert. DaB d i e s Reaktion, wenn auch nicht gerade sehr ausgesprochen, sterisch in die andere Richtung gelenkt wird, erklart DAUBEN mit einer graljeren Raumerfullung des Anions BH? gegeniiber AIHf. Um diese wirksam werden zu lassen, muB freilich noch eine Hilfshypo- these gemacht werden. Sie besteht in der Annahme eines entscheidenden Einflusses des axialen Wasserstoffatoms an C-5, welcher WON dem BHf-Ion, nicht aber dem AIHf-Ion den Zutritt von seiner Seite her erschweren soll. Ohne auf das Spezielle dieses Falles einzugehen, ergabe sich daraus, daB Natriumborhydrid wegen starkeren Einflusses der ,,steric approach control" allgemein stereospezifischer wirken sollte als Lithiumaluminiumhydrid. Eine experimentelle Priifung dieser SchluDfolgerung fehlt. Ebenso mu13 DAUBEN offen lassen, wieso nicht auch bei anderen Reduktionsverfahren das besagte Wasserstoffatom an C-5 eine Rolle spielt.

uberzeugend sind nithin die Ausfuhrungen DAUBENS nicht, um so weniger, als eine vorurteilsfreie Priifung an einer grokren Anzahl von Beispielen fehlt41.42). Immer- hin muI3 bemerkt werden, daI3 sein Grundgedanke gar nicht unrichtig zu sein braucht. 1st es doch im Grunde genommen derselbe, der oben zur Erklarung des wechselnden Mengenverhdtnisses cis: trans-Alkohol bei der katalytischen Hydrierung entwickelt worden ist. DAUBEN bleibt jedoch die Antwort darauf schuldig, wie und in welchem Umfang durch die ,,steric development control" die Bildung des stabileren Jsomeren zustande kommt.

Die Unzulanglichkeit der Betrachtungen von DAUBEN wird gerade am Beispiel des Menthons deutlich, wenn man die Emflusse von Temperatur und Beschaffenheit des LiAlH4 auf das Stereoisomerenverhaltnis, die DAUBEN unbekannt waren, zu verstehen versucht und das Zsomenthon zum Vergleich mit heranzieht. Hier zeigt sich im Gegen- satz zum Menthon eine ausgesprochene Stereospezifitat. Wenn man von derieine Besonderheit darbietenden Reduktion mit dem aus LiH und AlBr3 (aus Ampullen) bereiteten L iAlh bei gewohnlicher Temperatur absieht, erweist sich hier das LiAlH4 als cis-stereospezifisches Reagenz ahnlich wie das Aluminiumisopropylat ; zu 85 bis uber 90% entsteht Neoisomenthol. Man wird wohl kaum fehlgehen mit der Annahme, daB fur beide Reagenzien ungef ahr die gleichen Anni%herungsbedingungen gelten und die starke sterische Lenkung auf das axialsttindige Methyl in 1-Stellung zuriickzu- fuhren ist, welches die Annaherung von der einen Seite des Ringes aukrordentlich erschwert, auch wenn es nicht dem Carbonyl benachbart ist. Noch starker wiirde sich in gleichem Sinne axialsttindiges Isopropyl in CStellung, bei aquatorialem Methyl in 1-Stellung, auswirken. Im Isomenthon liegt also ein Keton vor, bei dem aus leicht ersichtlichen Griinden die ,,steric approach control" ausschlaggebend ist. Wie den- noch, und zwar mit AlBr3 enthaltendem LiAIH4 bei gewohnlicher Temperatur auch die

42) vgl. auch K. D. HARDY und R. J. WICKER, J. Amer. chem. SOC. 80, 640 (1958).

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64 W. HOCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER

,,steric development control" zur Geltung kommen kann, wird weiter unten bespro- chen werden.

Beim Menthon macht zuniichst der EinfluB der Temperatur augenfallig, daR die ein- fache Annahme einer ,,steric development control'' unbefriedigend ist. Bei Anwendung von reinem LiAlH4 (MERCK) wird namlich der Anteil an stabilerem Menthol um so groRer, je niedriger die Temperatur wahrend der Reduktion gehalten wird, widrend man fur eine ,,Entwicklung" zum stabileren Isomeren hin, eine Art cis + trans-Um- lagerung, das Gegenteil erwarten sollte. Dieses Gegenteil tritt nun aber bei Anwen- dung von AlBr3-haltigem LiAlH4 (RIEDEL-DE HAEN) ein. Mit diesem entsteht bei -60" mehr Neomenthol (in zwei Versuchen 64% und 56%) als Menthol, warend sich dieses Verhaltnis bei gewohnlicher Temperatur umkehrt und damit nahe an das mit reinem L i m b erreichte herankommt. Hier sieht es also so aus, als konne dieses letz- tere Ergebnis die Folge einer sekundiiren Umlagerung, einer ,,steric development control", mm stabileren lsomeren sein, eine Auffassung, die allerdings im Verhalten einiger anderer Ketone keine Stiitze findet (S. 65/66).

Beim Isornenthon bewirkt die Gegenwart von AlBr3 bei gewohnlicher Temperatur sogar eine teilweise Umlagerung am benachbarten Asymmetriezentrum C-4, ein Vor- gang, der bisher noch an keinem anderen Beispiel beobachtet worden ist. Neben Neo- isomenthol und Isomenthol ist die Menge des gebildeten stabilen Menthols hier so groD, daR das Reaktionsprodukt nach links dreht; die Chromatographie zeigt aber, dalJ auRerdem auch von dem labileren cis-Isomeren der trans-Menthan-Reihe. dem Neomenthol, etwas gebildet worden kt16). MERCKsChes LiM& rnit AU3r3 versetzt, gab ein h l i ches Resultat wie die Verwendung von LiH + AlBr3 aus Ampullen von RIEDEL-DE HAPN : Das Reaktionsprodukt drehte O", die Chromatographie envies auch hier die Anwesenheit erheblicher Mengen I-Menthol.

Ein Vergleich des chromatographischen Verhaltens der rnit reinem LiAlH4 einerseits und mit AlBr3-haltigem anderemits erhaltenen Alkohole 1 a O t erkennen, daLi bei letzteren stets, mag es sich dabei um das Priiparat von RIEDEL-DE HAEN handeln oder um das kiinstlich rnit AIBr3 versetzte Praparat von MERCK, eine Isomerisation am C-Atom 4 eintritt. Diese findet auch bei -60' in geringem Umfange statt, und zwar nicht nur in der Isomenthon-, sondern auch in der Menthon-Reihe, in letzterer freilich vie1 weniger stark, so daD sie hier fruher nicht bemerkt worden war. Das zuerst eluierte Neomenthol ist, wie sich an dem zu niedrigen posi- tiven Drehwert der ersten Fraktionen zeigt, durch Neoisomenthol, dem Hauptprodukt der Reduktion des Isomenthons, verunreinigt, das sich chromatographisch vom Neomenthol ebensowenig scharf trennen laDt wie Isomenthol vom Menthol. Bei Verwendung des Prapara- tes von RIEDEL-DE HAEN und -60" ist die Isomerisierung in der Menthol-Reihe so gering- fiigig, daB sie sich bei der Chromatographie nicht bemerkbar macht (Vers.-Nr. 6, Tab. 6, S. 77), wahrend ein groBerer Zusatz von AIBr3 zu dem Praparat von MERCK selbst bei -60" die Trennschirfe deutlich verringert (Vers.-Nr. 4). ln der Isomenthon-Reihe laBt der Vergleich der Reduktion rnit LiAlH4 (MERCK) bei +20" rnit scharfer Trennung von Neoisomenthol und Isomenthol (Vers.-Nr. 7) und der Reduktion rnit LiH + AIBr3 (Ampullen, RIEDEL-DE HA&N)

Bd. 616

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1958 Beitrlge zur Konstellationsanalyse I1 65

bei -60" (Vers.-Nr. 12) eine geringfugige Isomerisierung in letzterem Falle dadurch erkennen, daO das fliissige Neoisomenthol zwar scharf abgetrennt wird, die folgenden kristallinen Frak- tionen aber kein reines Isomenthol sind, also etwas Menthol enthalten miissen. Die rnit LiAIH4 (MERCK) unter Zusatz von AlBr3 bei +20" durchgefuhrten Versuche (Nr. 3 rnit Menthon, Nr. 9 rnit Isomenthon) geben unscharfe Ubergange, die beim Versuch Nr. 9 verwischter er- scheinen als beim Versuch Nr. 3.

Die Chromatographie eines Menthols, das nur wenig Neomenthol enthalt, wie das rnit LiAIH4 (MERCK) erhaltene (Vers.-Nr. 1 und 2), liefert in den ersten Fraktionen kein reines Neomenthol; diese enthalten gleich erhebliche Mengen Menthol.

Der Ubergang von der Isomenthon- in die Menthon-Reihe und umgekehrt ist auf die isomerisierende Wirkung des Aluminiurnbrornidr auf das Keton zuriickzufiihren, die rnit dem Reduktionsvorgang konkurriert. 1-Menthon, eine halbe Stunde in atherischer Losung rnit AlBr3 bei 0" behandelt, e r f w einen Riickgang der Drehung auf 0". Da in 3 Stdn. keine weitere Anderung eintritt, mull der Gleichgewichtszustand, der 77 % 1-Menthon und 23 % Isomenthon entspricht, schon nach 112 Stde. erreicht sein. Das Isomenthon lagert sich also rnit einer 3 -4mal so groI3en Geschwindigkeit urn wie das Menthon; das erklart die starkere Isomerisierung.

Das mit AlBr3 hergestellte Gleichgewicht ist nicht das gleiche, das sich unter Ein- wirkung von Alkoholat einstellt und bei 37.8% Menthon und 62.2% Isomenthon liegt43). Da das Medium ein anderes ist und das Keton mit AlBr3 Komplexe bilden kann, ist der Unterschied nicht verwunderlich. Es sei daran erinnert, daD bei stereoiso- meren Alkoholen das mit Aluminiumisopropylat crreichte Gleichgewich) nicht das- selbe ist, wie wenn man Alkoholate verwendet 11).

Die am Menthon und Isomenthon erhaltenen Ergebnisse gibt Tabelle 6 (S. 77) wie- der. Die mit anderen Ketonen gemachten Beobachtungen enthalt Tabelle 5.

Tabelle 5 zeigt : Die Abhhgigkeit des Mengenverhaltnisses der Stereoisomeren von der Temperatur ist bei Anwendung des Praparates von MERCK durchweg gering. Bei der Keduktion mit dem Praparat von RIEDEL-DE HABN ist die Temperaturabhangig- keit unterschiedlich; recht grokm EinfluD der Temperatur, der beim Menthon sogar zur Umkehr des Mengenverhdtnisses fuhren kann, stehen Falle gegenuber, in denen er praktisch nicht vorhanden ist. A u k den in Tabelle 5 aufgefiien Ketonen gehoren hierher auch die bicyclischen Terpenketone. Abnehmende Temperatur kann die Bil- dung des thermodynamisch instabileren cis-Isomeren begiinstigen, so beim Menthon und beim cis-a-Hydrindanon, wie auch zuriickdrangen.

Fur die Unterschiede in der Wirkung der Praparate von MERCK und von RIEDEL-DE HAEN ist das Aluminiurnbromid verantwortlich: Setzt man diem ersterem zu, so erhalt man ahnliche - beim l-lsopropyl-cyclopentanon-(2) sogar dieselben - Ergebnisse wie mit dem Praparat von RIEDEL-DE HAEN. DaD die Mengenverhdtnisse der Ste- reoisomeren nicht immer genau die gleichen sind, ist wegen der nicht immer gleichen

43) C.TUBANDT, Liebigs Ann. Chem. 339, 50 (1905). Liebiga AM. Chem. Bd. 616 5

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66 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

Tabelle 5. Reduktionen rnit Lithiumalurniniurnhydrid

Praparat von RIEDEL-DE HAEN Prlparat von MERCK Raurn- tiefe Raum- tiefe Temp. Ternperatur Temp. Temperatur "/, cis "C % cis "/, cis "C "/, cis

Keton

l-Methyl-cyclohexanon-(2)11) I -Methyl-cyclohexanon-(3)33) 1 -Isopropyl-cyclohexanon-(2)22)

1 -Cyclo hexyl-cyclohexanon-(2)

cis-a-Dekalon cis-P-Dekalon 1 -Methyl-cyclopentanon-(2)34) 1 -Isopropyl-~yclopentanon-(2)23)

l-Cyclopentyl-cyclopentanon-(2) cis-a-Hydrindanon 15)

** ) gef. 1958 * ) gef. 1956

42 % 93 52

87 *)

49 ** )

66 70 * * * ) +

- 60" - 50 - 60

- 20 ~ 40 - 30 - 30 - 20 - 20

- 20 - 60

AlBr3

29 % 94 34

50 *)

43 *)

> 90 90 18 59

53 95

31 % 94 43

32 55***)

25 57 71 ***I

36

- 60" - 20 - 20

- 20 - 20

- 20 -

31 % 39 29

23 66

36 -

Beschaffenheit des AlBr3 nicht verwunderlich; die Praparate von RIEDEL-DE HAEN sind nicht konstant, wie auch der Vergleich der Reduktion von 1-Cyclohexyl-cyclohexa- non-(2) mit Praparaten verschiedener Liefertermine zeigte. Das zuerst verwendete Praparat lieferte fast 90% cis-Alkohol, in Ubereinstimmung rnit der Angabe von MIEOVIE44), das spater bezogene zwar etwas mehr cis-Alkohol als das MERCKSChe Praparat, aber doch nur rund 50 %. Im allgemeinen ist bei Gegenwart von AlBr3 der cis-Gehalt hoher als bei Anwendung von reinem LiAlQ.

Die Wirkung des AlBr3 kann nach alledem nicht einfach im Sinne einer ,,steric deve- lopment control" DAUBENS gewertet werden, denn dann muRte es stets auf die Ent- stehung des thermodynamisch stabileren Isomeren hinwirken. Die Beobachtungen fiihren vielmehr zu dem SchluB, daR bei der Reduktion mit ALBr3 enthaltendem LiA1& zur Reduktion durch letzteres entweder noch die Reduktion durch ein weiteres Reduktionsmittel hinzukommt, oder daR statt des Ketons teilweise ein Komplex von Keton rnit AlBr3 reduziert wird, oder daR beide Moglichkeiten nebeneinander vor- kommen. Das weitere Reduktionsmittel, das rnit dem AlHz-Ion konkurriert, konnte ein damit im Gleichgewicht stehendes komplexes Anion sein :

A1HF + AIBr3 [HAlBr,]@ + AIH3 Dabei konnte entweder dieses selbst oder auch das AIH, als Reduktionsmittel wirken. Vor

allem fur einen Kornplex [HAlBr3]e konnten wegen der gegeniiber AlHf vie1 gr6Reren Raumerfiillung ganz andere sterische Bedingungen bei seiner Annaherung an das zu reduzie- rende Carbonyl im Sinne der ,,steric approach control" nach DAUBEN gelten.

44) V. M. M I ~ O V I ~ , [Ber. chern. Ges. Belgrad] 14, 181 (1949) [C. 1950 11, 15671.

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1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 67

Das Bild der Reduktion konnte dann folgendermakn aussehen:

0 H e ‘C=O + [!IBr,] - >@---O-AIBr3 - ‘k-O-AIBr,

H e OHe

Ebenso konnten aber fur einen unmittelbar aus Keton und Aluminiumbromid ge- bildeten Komplex [>C=O:ALBr3] die Bedingungen fur die Annaherung des redu- zierenden Ions AlH: wesentlich andere als beim freien Keton und dadurch der sterisch verschiedene Verlauf bedingt sein.

In einem solchen Komplex konnte sich die bei der Reduktion des lsomenthons festgestellte Umlagerung am benachbarten Asymmetriezentrum vollziehen ; vielleicht erfolgt aber eine solche auch erst wiihrend dessen Reduktion, bei der sich ein ahnlicher Ubergangszustand her- stellen muBte, wie er oben for die Reduktion durch das Anion (HAIBr,]e gezeichnet worden ist.

Bei der Verwendung von AIBr3 enthaltendem L i A l a konnen also zwei oder gar drei Reaktionen nebeneinander herlaufen, deren Geschwindigkeiten verschiedene Tempe- raturkoeffizienten haben konnen. Auf diese Weise fande der oft erhebliche EinfluD der Temperatur auf das Mengenverhiiltnis der stereoisomeren Alkohole seine Er- k l m g .

Ein EinfIuB des AIBr3 auf das Ergebnis der Reduktionen mit LiAIH4 ist auch bei der Reduktion von Epoxyden festgestellt worden. Reines Hydrid spaltet einen unsymmetrisch substituierten Oxydring, der auf einer Seite doppelt substituiert ist, ausschlieBlich unter Bil- dung des tertiaren Alkohols, wahrend mit AIBr3 daneben auch in mehr oder weniger groBem Umfange sekundarer bzw. primarer Alkohol entsteht. Solche Beobachtungen sind von Dip].- Chem. GUNTER VON WALDEYER-HARTZ am A 1-Methyl-cyclohexenoxyd, von E. GELCHSHEIMER am Cumphenoxyd37) und p-Pinenoxyd gemacht worden. Am Beispiel des Methylcyclohexen- oxyds wird zur Zeit die Hypothese gepruft, ob das AIBr3 primar eine khylenoxyd-Umlage- rung unter Bildung einer Carbonylverbindung verursacht, wie sie auch durch Magnesium- bromid-Atherat45) bewirkt wird. Entsprechende Beobachtungen und die gleiche Hypothese haben kurzlich auch E.L.ELIEL und D. W. D E L M O N T E ~ ) an anderen Epoxyden gemacht. Unsere Experimente werden in anderem Zusammenhange verbffentlicht werden.

Wenn nach alledem das L iAla nicht allgemein als stereospezifisches Reagenz ge- wertet werden kann, so uberrascht doch die in einigen Fallen ausgesprochene sterische Selektivitat der Reduktion. In diesen Fallen muD im S h e der ,,steric approach con- trol“ der Anniiherungsweg zum Carbonyl fur das Reduktionsmittel ALH: weitgehend vorgezeichnet sein. Es f a t auf, daIJ dabei das Ergebnis meist nicht erheblich ver- schieden von dem der Reduktion mit Aluminiumisopropylat ist. Das gilt zumal fur die bevorzugte Bildung des endo-Alkohols bei bicyclischen Terpenketonen, beim Campher umgekehrt fur die Bildung des exo-Isoborneols. Eine bemerkenswerte Aus-

H

/ / t

45) Praparatives: W.HUCKEL und ~ N E I D L E I N , Chem. Ber. 91, im Druck (1958). 46) E.L.ELIEL und D. W. DELMONTE, J. Amer. chem. SOC. 80, 1744 (1958).

5.

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68 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEOER Bd. 616

nahme macht das sterisch ungewohnlich behinderte Fenchon, aus dem mit LiAlR zu rund 95 % endo-a-Fenchol, mit Aluminiumisopropylat zu rund 95 % exo-e-Fenchol entsteht36~38). Dagegen ist beim Isomenthon die Ubereinstimmung uberraschend gut und modellmaDig mit der fiir dieses Keton gewohnlich angenommenen Konstellation gut zu erklaren, da in ihr ehe abschirmende Wirkung des a-stiindigen Methyls vor- liegt, die beim Menthon nicht vorhanden ist (Formeln S. 61). In den Faen , wo L i A l a nicht stereospezifisch reduziert, mussen die Bedingungen der Amtiherung an das Carbonyl fur A1H: ganz andere sein als fur das Isopropylat.

BESCHREIBUNG D E R V E R S U C H E

1) I-Cyclopentyl-cyclopentanol-(2) '(M. MAIER) Die beiden stereoisomeren Formen des l-Cyclopentyl-cyclopentanols-(2) sind bereits von

W.HUCKEL, A.G~oss und W . D O L L ~ ~ ) in reinem Zustande erhalten worden. Bei der Nach- arbeitung wurden einige Verbesserungen erzielt ; beim cis-Cyclopentyl-cyclopentanol sind die Schmelzpunkte einiger Derivate zu berichtigen. - Cyclopentanon wurde der Selbstkonden- sation unterworfen und das gebildete Cyclopentyliden-cyclopentanon in einem Reaktions- gang, durch katalytische Hydrierung, in ein Gemisch von cis- und trans-Cyclopentyl-cyclopen- tanol ubergefiihrt, in dem die &-Form rnit 71 % uberwiegt. Vom gesittigten 1-Cyclopentyl- cyclopentanon-(2) aus fiihren die verschiedenen Reduktionsverfahren bestenfalls zu dem glei- chen cis-Gehalt.

1-Cyclopentyliden-cyclopentanon- (2). - 41 7 g Cyclopentanon (bereits etwas Cyclopentyli- den-cyclopentanon von seiner Darstellung48) her enthaltend) werden in 800ccm Athanol ge- lost, rnit einer Losung von 20g Natriumhydroxyd in 360ccm Wasser versetzt und l Tag bei 20" oder 4 Tage bei 0" stehen gelassen. Die Losung Pirbt sich infolge der Bildung haherer Kondensationsprodukte tiefrot, darf aber nicht braun werden. Das khanol wird, um weitere Kondensation zu vermeiden, nach Trennung in 2 Portionen unter etwas vermindertem Druck bei wenig erhohter Temperatur weitgehend abdestilliert, der Ruckstand ausgeiithest, ge- trocknet und destilliert. Erhalten werden 287 g (77 % d. Th.) Cyclopentyliden-cyclopentanon vom Sdp.13 120--124°; n:? = 1.5223.

Oxim: Schmp. 126.5".

Katalytische Hydrierung von I-Cyclopentyliden-cyclopentanon- ( 2 ) . - a) mit RANEY- Nickel: lOOg ungesattigtes Keton in 700ccm Methanol wurden rnit 5 g RANEY-Nickel bei 150- 175" unter 90- 100 at im Riihrautoklaven wahrend 3 Tagen hydriert. Ausbeute an I-Cyclopentyl- cyclopentanoG(2) fast quantitativ. Sdp.I2 110- 110.5"; Schmp. 35-44.5".

p-Nitrobenzoat: Schmp. 92". - Phenylurethan*): (S) 95.0". (M) 99.40, (K) 100.2" = 71% cis-Form.

*) Die Erklarung der Abktirzungen s. S. 70. 47) W.HUCKEL, A . G ~ o s s und W.DOLL, Recueil Trav. chim. Pays-Bas 57, 555 (1938); vgl.

auch W.HUCKEL, ~.NEUNHOEFFER, A. GERCKE und E. FRANK, Liebigs Ann. Chem. 477,135 ff. (1930).

48) G.VAVON und A. APCHIB, Bull. SOC. chim. France (41 43, 668 (1928); J. F. THORPE und G A. R. KON, Org. Syntheses 5 ,91 (1925). Ausbeute an Rohprodukt 71 % d.Th.

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1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 69

b) mit PIarinrnohr: 18.4g ungeattigtes Keton, in I8Occm Eisessig gelost und mit 2Occm konz. Salzsiiure + 1 g Platinmohr versetzt, nahmen in 12 Stdn. 8.5 I Wasserstoff auf (ber. 6.11 I). Nach Verseifen des gebildeten Esters durch methanol. Kalilauge wurde das infolge weiterge- gangener Kondensation braune Reaktionsprodukt destilliert. Sdp.15 112- 115" bei geringem Vorlauf von Kohlenwasserstoff und etwa 0.5 g braunem Kolbenriickstand.

p-Nirrobenzoat: Roh-Schmp. etwa 80". - Phenylurethan: ( S ) 80.5", (M) 89.5", (K) 95.0" = 60% cis-Form.

c) mit Palladium: 7.5 g (0.05 Mol) Cyclopentyliden-cyclopentanon, in 90ccm Methanol geldst, nahmen mit 3g Pd/CaCO3-Katalysator49) (enthaltend 0.04g Pd), der in 5Occm Metha- nol aufgeschwernmt war, bei 20"/740 Torr in 8 Min. 1.1 5 I Hz auf; danach ging die Hydrierung langsam zu Ende (ber. 1.241). - Der Hydrierungsverlauf wird durch Abbildung 1 dargestellt, welche auch die entsprechend durchgefiihrten Hydrierungen (s. S. 73) von Cyclohexyliden- cyclohexanon und Cyclohexenyl-cyclohexanon fje 0.05 Mol) wiedergibt.

Abbildung 1

Hydrierung YOU

Cyclopentyliden-cyclopentanon (I) Cyclohexyliden-cyclohexanon (11) Cyclohexenyl-cyclohexanon (111)

Katalysator : Pd/CaCOs

0 8 16 Min. 24

cis-l-Cyclopentyl-cyclopentanol-/2). - Es wird aus dem Produkt der RAmu-Nickel-Hy- drierung am besten iiber sein 3.5-Dinitrobenzoat (Schmp. 144") rein gewonnen und hat dann einen Schmp. von 53"50). Die Reinigung iiber das p-Nitrobenzoat (Rohschmp. 92O) ist lang- wierig. Die Schmelzpunkte einiger Derivateso) sind wie folgt zu korrigieren :

Phenylurethan p-Nitrobenzoat p- Aminobenzoat p - Toluolsulfonat 110.6" 101.4" 86.6" 71.8"

statt 110" 83' 50" 51"

Fur das saure Phfhalat (Schmp. 126") und das 3.5-Dinifro-benzoaf Schmp. (144") wurden

p-Nitrobenzoat: C17H~lN04 (303.0) Ber. N 4.62 Gef. N 4.59 p-dminobenzoat: C17H23N02 (273.0) Ber. N 5.13 Gef. N 5.23

trans-l-Cyc/opentyl-cyclopentonol-(2). - Das als Ausgangsmaterial dienende Cyclopentyl- cyclopentanon wird dargestellt durch Hydrierung von 199g Cyclopentyliden-cyclopentanon

praktisch die gleichen Werte wie friiher gefunden.

49) M.BUSCH und H.ST~W, Ber. dtsch. chem. Ges. 49,1063 (1916). 50) vgl. Lit.47), dort S. 560.

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70 W. HUICKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

mit Pd/CaC03-Katalysator (Ausbeute 187g vom Sdp.14 104-107'; n'," = 1.4769). Bei dessen alkalischer Reduktion mit Natrium ufid Alkohol in der ublichen Weise wird der trans-Alkohol bereits zu 96% angereichert erhalten und ilber sein saures Phthalat vom Schmp. 11 3.3" (frliher 11 1") gereinigt. Schmp. + 7.8"; n z = 1.4848. - Die physikalischen Konstanten der Derivate stimmen niit den fruheren Angaben uberein.

Schmelzpunkte von Gemischen der isomeren Phenylurethane Die Bestimmung wurde mit einem geeichten ANscHuTz-Thermometer vorgenommen; die

Ablesung erfolgte mit einer Lupe. Der Sinterpunkt (S) war rnit i OAO, der Klarpunkt (K) mit :k 0.2" reproduzierbar; der Meniskuspunkt (M) war weniger charakteristisch als in anderen Fallen. - Die Darstellung der Phenylurethane von Isomeren-Gemischen des 1 -Cyclopentyl- cyclopentanols-(2) wurde in der bei W. HUCKEL und G . N X H E R ~ ~ ) beschriebenen Weise vorge- nommen; bei zahlreichen Kontrollbestimmungen an kiinstlich hergestellten Gemischen hiel- ten sich die Abweichungen unter 3 %. - Der Berechnung der Zusammensetzung wurde der Klarpunkt zugrunde gelegt (in Auswahl; vgl. Abb. 2):

% cis 89.4 80.4 76.8 70.9 66.0 59.4 53.8 46.2 S 102.2 97.4 94.6 92.7 83.2 80.2 80.0 78.5" K 107.2 104.0 102.5 99.8 98.0 94.2 90.8 84.8"

% cis 44.2 42.5 41.6 40.0 35.0 28.8 24.8 15.0 9.4 S 79.2 79.3 79.1 79.1 79.9 81.2 82.8 85.5 87.9" K 83.2 82.4 81.4 82.1 83.9 85.2 86.2 88.4 90.0"

Abbildung 2 Schmelzpunktsdiagramm von

Phenylurethanen des 1 -Cyclopentyl-cyclopentanols-(2)

Reduktion von I - Cyclopentyl-cyclopentanon- (2) 1) Katalytische Hydrierung

a) mit Platinmohr nach WILLSTATTER: 46g Keton in 405ccm Eisessig und 45ccm konz. Salzslure nahmen rnit 2.5g Platinmohr in 9 Stdn. 7.451 H2 auf (ber. 7.51). Gebildeter Ester wurde durch 6stdg. Erhitzen rnit 10 n Natronlauge, dann 51 /2 Stdn. rnit methanol. Kalilauge verseift. Erhalten wurden 8.2g von Sdp.12 bis 114", 32.2g vom Sdp.12 114.5-1 15.5" und 1.7g brauner Ruckstand. Die Hauptfraktion (n'," = 1.4872) kristallisierte rasch (Schmp. 31 -337). - Mit demselben Katalysator wurde nach Regenerierung durch Schutteln mit Luft noch zwei- ma1 die gleiche Menge Keton in 8 Stdn. hydriert.

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1958 Beitrlge zur Konstellationsanalyse 11 71

Phenylurethan: ( S ) 79". (M) 88", (K) 92" = 56% cis-Alkohol. 10.6g Cyclopentyl-cyclopentanon in 90g Eisessig und log konz. HCI nahmen mit I g Platin-

mohr (einem anderen Praparat als beim vorigen Ansstz) in 9 Stdn. 2.01 H2 auf (ber. 1.561). Obwohl der Katalysator hier fast 10 % der Gewichtsmenge des Ketons ausmachte, gegeniiber rund 5 % beim vorigen Versuch, ging die Hydrierung nicht rascher; der Katalysator war also schwacher aktiv.

Phenylurethan: (S) 79", (M) 86.3", (K) 88.9" = 51 % cis-Alkohol. b) mit Platindioxyd nach ADAMS: 7.7g Keton in 80ccm absol. Athanol nahmen mit 0.5g

Platindioxyd in rund 100 Stdn. 1.871 H2 auf (ber. 1.231). Erhalten wurden 6.5g vom Sdp.12 105 - 107", die kristallisierten.

Phenylurethan: (S) 72", (M) 88.1". (K) 89.2" = 51 5 % cis-Alkohol. c) mit RANEY-Nickel: 80.5g Keton in 500ccm Methanol wurden mit 3g RANEY-Nickel bei

180" unter 100 +. 65 at in 28.5 Stdn. hydriert. Erhalten wurden 63g vom Sdp.12.s 112-1 14", die nach dem Abkiihlen auf $4" sehr rasch kristallisierten.

Phenylurerhan: (S) 91", (M) 98.5', (K) 100.7" = 72.5% cis-Alkohol.

2) Reduktion mit Aluminiumisopropylat Der Verlauf der MEERWEIN-PoNNDoRF-Reduktion und das Ergebnis waren bei Anwen-

dung destillierten und nichtdestillierten, quecksilberhaltigen Isopropylats vollkommen gleich. 30.4g Keton wurden in 150ccm Isopropylalkohol gelost und zu 2OOccm einer 1 rn Alumi-

niumisopropylat-Li5sung getropft, die sich in einem auf 125 - 130" geheizten dlbad befanden. Das sich bildende Aceton wurde iiber eine Fiillkorperkolonne mit auf 70" erwarmtern Kiihl- finger abdestilliert. Nach 140 Stdn. war die Reaktion beendet. Der Isopropylalkohol wurde uber eine Kolonne abdestilliert und das Reaktionsprodukt mit verd. Schwefelsaure unter Kiihlung zersetzt. Erhalten wurden 3g vom Sdp.11 bis 111" und 23g vom Sdp.11 111 - I 17". Beide Fraktionen waren gelb; die Hauptfraktion wurde bei Zimmertemperatur fest.

Phenylurethan: (S) 89", (M) 95", (K) 100.7" = 72% cis-Alkohol.

3) Reduktionen mir Lithiumabrniniumhydrid

a) LiAIH4 aus LiH und AIBr3 (Ampullen RIEDEL-DE HAEN). - a) bei +35": Zu der aus einer Ampulle bereiteten Lasung von 3.8g LiAIH4 in 160ccm Ather wurde eine LBsung von 15.4g Keton in 50ccm Ather zugetropft, wonach die gelinde siedende Lasung noch 6 Stdn. im Sieden gehalten wurde. Erhalten wurden 12.9g vom Sdp.,, 116--117", die bei Zimmertem- peratur zu harten Kristallen erstarrten.

Phenylurethan: (S) 86, (M) 94, (K) 97.4" = 66% cis-Alkohol. p) bei -20": Bei dem gleichen Ansatz wurde, um eine Erwarmung zu vermeiden, die ge-

kiihlte iitherische Losung des Ketons wahrend 10 Stdn. zugetropft; dann wurde noch 140 Stdn. geriihrt. Erhalten wurden 14.3g vom Sdp.13 113 - I 15", die bei Zimmertemperatur zu harten Kristallen erstarrten.

Phenylurethan: (S) 78.2, (M) 86.2, (K) 90.2 = 53% cis-Alkohol. b) LiAIH4-Granulat (RIEDEL-DE HAEN) bei 35". - 2.66 g Granulat wurden unter Erwlrmen

in 130ccm Ather gelost. Dazu wurden 10.8g Keton in 30ccm k h e r zugetropft. Es wurde 12 Stdn. bei gelindem Sieden geruhrt. Erhalten wurden 9.8g vom Sdp.20 116--120", die allmahlich kristallisierten.

Page 27: Beiträge zur Konstellationsanalyse II. Über die Stereospezifität von Reaktionen

72 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

Phenylurethan: (S) 80.0, (M) 82.2, (K) 83.4 (ungefiihr Eutektikum) = 36.5 % cis-Alkohol.

c) LiAlH4-Pulver (MERCK). - a) bei +35": 3g LiAIH4 wurden in 150ccm k h e r geloist und im Laufe von 31/2 Stdn. mit einer Losung von 12.2g Keton in 30ccm Ather versetzt. Die schwach siedende LBsung wurde dann noch 4 Stdn. lang gerllhrt. Erhalten wurden 1 I .7 g vom Sdp.16 116" ; bei Zimmertemperatur weiche Kristallmasse.

Phenylurethan: (S) 80.5", (M) 82.0", (K) 83.1" = 38% cis-Alkohol.

p) Bei -20" wurde unter Anwendung gleicher Mengen wie beim Versuch a) die atherische Losung des Ketons wahrend 8*/2 Stdn. zugetropft und dann noch 96 Stdn. geruhrt. Erhalten wurden 11.6g vom Sdp.14 114- 1 IS", die vie bei a) nur langsam und unvollstandig kristalli- sierten.

Phenylurethan: (S) 80-81", (M) 83.0", (K) 83.8" = 35% cis-Alkohol.

Bei den Versuchen b), ca) und cp) wurde der Mischschmelzpunkt mit reinem cis- wie trans- Phenylurethan bestimmt und dadurch die angegebene Zusammensetzung gesichert.

4) Reduktion mit Natrium und Alkohol

Sie wurde in der ublichen Weise durchgeftihrt. Erhalten wurde ein Reaktionsprodukt vom

Phenylurethan: (S) go", (K) 91.5" = 96% trans-Alkohol.

Sdp.12 118--119"; n g = 1.4876.

5) Gleichgewich tseinstellurrg zwischen cis- und trans-I-Cyclopentyl-cyclopentanol- (2)

3 g Cyclopentyl-cyclopentanol und 3 g frisch dest. Aluminiurnisopropylat, in 30 g wasser- freiem Isopropylalkohol gelast und mit 0.3 ccm wasserfreiem Aceton versetzt, wurden mehrere Wochen im Sieden gehalten (Badtemp. 115"). Nach 21 Tagen wurden jedem Ansatz nochmals 0.1 ccm Aceton zugesetzt. Die Aufarbeitung erfolgte wie bei der MEERWEIN-PONNDORF-Re- duktion (S. 71 unter 2) beschrieben.

Eingesetzt wurden: a) cis-reiches Gemisch mit 72.5 % cis-Form, b) cis-reiches Gemisch mit 56.7 % cis-Form, c) trans-reiches Gemisch mit 73.4 % trans-Form, d) trans-reiches Gemisch mit 96% trans-Form.

Versuchsdauer Schmelzpunkte der Phenylurethane trans- Tage S M K Gehalt

a) 37 70.0" 81.8" 82.6" 60 % b) 44 80.4 85.8 86.4 76.5 C) 44 81.7 86.0 86.8 78 d) 31 80.5 85.8 86.6 77

a -d) cis-Phenylurethan erniedrigt, frans-Phenylurethan erhoht den Schmelzpunkt. - Das Gleichgewicht liegt also bei 78 % trans-Cyclopentyl-cyclopentanol.

Page 28: Beiträge zur Konstellationsanalyse II. Über die Stereospezifität von Reaktionen

1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 73

2) 1-Cyclohexyl-cyclohexanon- (2 ) (M. MAIER) Die Darstellung aus Cyclohexanon51) erfolgte iiber das durch Kondensation mit HC1-Gas

erhaltene Chlorcyclohexyl-cyclohexanon und das Cyclohexenyl-cyclohexanon52) oder das Cyclohexyliden-cyclohexanon53), welche beide mit einem Pd/CaCO3-Katalysator in metha- nol. Lasung sehr rasch hydriert werden. Unter den gleichen Bedingungen hydriert RANEY- Nickel nicht, Pd/BaS04 merklich langsamer. Der Pd/CaCOJ-Katalysator laDt sich durch Schiitteln mit Luft regenerieren.

FUr die Aufarbeitung des bei der Darstellung groeerer Mengen von I-Chlorcyclohexyl- cycIohexunon-(2) 5 0 anfallenden Kristallbreis wurde scharfes Abnutschen, Aufnehmen mit Ather, Trocknen uber NazS04, Verdampfen des Athers und Umkristallisieren aus 80-proz. Methanol als vorteilhaft befunden. Aus 56g Kristallbrei wurden so 22g reines Chlorketon vom Schmp. 42"erhalten.

I-CyclohexenyI-cycIohexanon-(2) wurde aus dem rohen Chlorcyclohexyl-cyclohexanon durch HC1-Abspaltung i.Vak. erhaltensz). - Gesamtausbeute aus 878g Cyclohexanon 593 g mit nSo = 1.5063.

I-Cyclohexyliden-cyclohexanon- (2) wurde nach J. R E E S E ~ ~ ) gewonnen. Schmp. 5 5 " (am 80-proz. Methanol).

Hydrierung von I -Cyclohexyliden-cyclhexanon- ( 2 ) und I -Cyclohexenyl-cyclohexanon- (2) : Von beiden Ketonen wurden je 8.9g (0.05 Mol) in 90ccm Methanol gelbst und mit 3g Pd/ CaCO3-Katalysator (0.04g Pd) hydriert. Das Cyclohexyliden-cyclohexanon nahm in 12 Min. 1075ccm, das Cyclohexenyl-cyclohexanon in 25 Min. 1170ccm Hz auf (ber. 1.241). Den Hydrierungsverlauf gibt die Abb. 1 (S. 69) wieder.

Bei der Hydrierung gr6Derer Mengen wird der Katalysator jeweils nach Aufnahme von etwa 41 H2 durch etwa 1/4 stdg. Schiitteln mit Luft aktiviert, auch wenn die Hydrierungsge- schwindigkeit noch nicht wesentlich nachgelassen hat. Die dabei eintretende Sauerstoffbe- ladung bedingt einen etwas iiber die ber. Menge hinausgehenden Hz-Verbrauch. So nahmen 89g Keton, in 80ccm Methanol gelost, mit 3g Katalysator (0.04g Pd, 24"/734 Torr) bei drei- maliger Regenerierung in nicht ganz 6 Stdn. 16.41H2 auf(ber. 12.6IfUr 24"/734Torr). - Sdp.12 133-134"; ng = 1.4893.

3) 1-CycIohexyl-cyclohexanol-(2) Das cis-Cyclohexyl-cyclohexanol wurde aus dem 90 % davon enthaltenden Stereoisomeren-

gemisch, das durch Hydrierung des entsprechenden Cyclohexyl-cyclohexanons in Eisessig/ Salzsaure mit Platinmohr erhalten wird, durch Umkristallisieren aus Petrolather (Sdp. 30 bis 50") gewonnen. Der Schmelzpunkt konnte nicht tkber 60.8" (korr., ANscHuTz-Thermometer) getrieben werden; auch eine Chromatographie anderte daran nichts. Friiher54) war 63" (unkorr.) gefunden worden; VAVON und Mitarbb. 55) geben 60" an, JONES und LINDSEY56) 61 O. -

Als Schmelzpunkte (korr.) von Derivaten wurden gefunden (altere Angaben in Klammern) : 51) vgl. K. KUNZE, Ber. dtsch. chem. Ges. 59, 2085 (1926); A. ZINKE, F. HANUS und E. ZIEG-

LER, J. prakt. Chem. [2] 156, 169 (1940). 52) W. HUCKEL, 0. NEUNHOEFFER, A. GERCKE und E. FRANK, Liebigs Ann. Chem. 477, 119

(1930); 0. NEUNHOEFFER, Dissertation Univ. FreiburgjBr. 1929. 53) J.Ra~se. Ber. dtsch. chem. Ges. 75, 384 (1942). . . 5-41 vgi. ~ i t . '~z) , dort S. 123. 55) G.VAVON, P.ANZIANI und M.HERYNK, Bull. SOC. chim. France [4] 39, 1138 (1926). 56) J. I. JONES und A. S. LINDSEY, J. chem. SOC. [London] 1950, 1836.

Page 29: Beiträge zur Konstellationsanalyse II. Über die Stereospezifität von Reaktionen

74 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

Phenylurethan 149.8" (153O54,56), 148"sS)); saures Succinat 114" (1 14-115")55); p-Nitroben- zoat (aus Petrolather) 113"; p-Toluolsulfohat 84.2" (85")54).

p-Nitrobenzoat: C19HzsN04 (331.0) Ber. N 4.23 Gef. N 4.31

Das trans-Cyclohexyl-cyclohexanol ist zu 81 % in dem durch Reduktion des Ketons mit Natrium und Alkohol entstehenden Gemisch enthalten. Es kristallisiert auch in reinem Zu- stande schwieriger als das cis-Isomere. Fur die Reindarstellung erwies sich das saure Succinat vorteilhafter als das frtiher47*48) benutzte saure Phthalat. Schmp. 52.8" (korr. ; friiher54.55) 52"). - Schmelzpunkte von Derivaten: Phenylurerhan 133.5" (136"54), 132'55)); saures Succinat 134.6"; p-Nitrobenzoat 95.8"; p-Toluolsul/onat 125.8" (122")54).

p-Nitrobenzoat: C1gHzsN04 (331.0) Ber. N 4.23 Gef. N 4.12

Bei der Chromatogrphie eines 76 % trans-Form enthaltenden Gemisches tiber Aluminium- oxyd (WOELM, Aktivitatsstufe 111) und Elution mit 0.8 % k h e r enthaltendem Petrolather (Sdp. 30 ~ 50") wird ruerst reines cis-Cyclohexyl-cyclohexanol eluiert ; die nachfolgende trans-Form bleibt stark verunreinigt. Erhohung der Athermenge auf nur 1 % verschlechtert den Trenneffekt.

Die folgenden Schmelzpunkte von Gemischen aus cis- und trans-1 -Cyclohexyl-cyclohexa- nol42) wurden in der S. 70 angegebenen Weise erhalten (vgl. Abb. 3):

"/. cis 93.8 87.0 70.1 66.5 55.0 50.0 S 142.5 135.0 115.4 115.4 115.0 114.2" K 148.5 146.8 142.4 140.3 136.1 131.4"

% cis 46.2 39.0 31.4 30.0 21.0 13.7 S 115.4 115.0 115.8 114.8 114.8 126.0" K 124.8 118.0 117.5 123.9 128.8 131.8"

IOO%cis = (K) 149.8; 100% trans = (K) 135.5; Fehlergrenze f 3.5%. - 1"Depression ent- spricht im flachen Teil der Kurve (Abb. 3) etwa 4.5 7;.

Abbildung 3 Schmelzpunktsdiagramm von

Phenylurethanen des 1 -Cyclohexyl-cyclohexanols-(2)

100 80 60 40 20 %c,ii

Reduktion des 1-Cyclohexyl-cyclohexanons- (2 ) 1 ) Ka talytische Hydrierung

a) tnit Plarinmohr nach WILLSTATTER. - log Keton, in IOOccm Eisessig gelost, nahmen mit 1 g Katalysator in 35 Min. 1.51 Hz auf. Gebildeter Ester wurde durch halbtagiges Erhitzen mit Lauge verseift. Sdp.15 145"; Schmp. 60".

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1958 Beitrlge zur Konstellationsanalyse I 1 75

Phenylurethan: Schmp. 147.8" = 90 % cis-Cyclohexyl-cyclohexanol. Nach Regenerierung hydrierte der Katalysator die gleiche Menge Keton noch 2mal in je

b) mit Platinoxyd nach ADAMS. - a) in Eisessig: Bei gleichen Mengenverhaltnissen wie bei

Phenylurethan: (K) 146" = 83% cis-Alkohol. p) in Alkohol: 9.1 g Keton in 8Occm Athanol nahmen mit 0.5g PtOz in rund 100 Stdn. 1.31

Phenylurethan: ( S ) 115.4". (M) 136.4", (K) 142.0 = 70% cis-Alkohol. c) rnit RANEY-Nickel. - 8Og Keton, in 500ccm Methanol gel6st, wurden mit etwa 6g

RANEY-Nickel bei 150" unter 130-135 at in 53 Stdn. hydriert. Sdp.15 145". Harte Kristalle vom ungefahren Schmp. 56".

90 Min. mit dem gleichen Ergebnis.

a) wurden 1.41 H2 in 2 Stdn. aufgenommen. Schmp. 5 5 " .

H2 auf. Erhalten wurden 8.6g Alkohol vom Sdp.12 132".

Phenylurethan: ( S ) 115", (M) 138", (K) 144.0" = 76% cis-Alkohol.

2) Reduktion mit Aluminiumisopropylat

10.8g Keton wurden mit IOOccm einer 1 m Lasung von Aluminiumisopropylat nach H. LUNd4) (also etwas quecksilberhaltig) versetzt und im 6lbad auf 135' erhitzt; das sich bilden- de Aceton wurde tiber eine Ftillkiirperkolonne und einen Destillieraufsatz (mit auf 70" ge- heiztem Kiihlfinger) abdestilliert. Nach 135 Stdn. war die Reaktion beendet. Ausbeute 8.3 g kristallisierendes l-Cyclohexyl-cyclohexanol-(2).

Phenylurethan: Schmp. 147.5" = 89 % cis-Alkohol.

3) Redukrionen mit Lithiumaluminiumhydrid

a) mit LiH + AIBr3 (Ampullen, RIEDEL-DE HAEN, Lieferung 1956). - a) bei +35": 4OgKe- ton, in 15Occm Ather gelast, wurden zu einem UberschuR frisch bereiteter LiAIH4-Liisung getropft. Der Ather wurde 6 Stdn. im Sieden gehalten. Erhalten wurden 38g kristallisierendes Cyclohexyl-cyclohexanol.

Phenylurethan: Schmp. 147" = 87% cis-Alkohol57). p) Wiederholung mit anderer Lieferung (RIEDEL-DE HAEN, 1958): 18.4g Keton, in 230ccm

Ather geliist, wurden zu einem UberschuB frisch bereiteter LiAIH4-Liisung getropft. Der Ather wurde 5 Stdn. im Sieden gehalten. Erhalten wurden 14g sehr langsam kristallisierendes Cyclohexyl-cyclohexanol. SdP.14 142 - 144".

Phenylurethan: ( S ) 114.5", (M) 125", (K) 129.8" = 49% cis-Alkohol. y) 18g Keton in lOOccm Ather wurden wahrend 4 Stdn. zu einer auf -43" abgekiihlten

Losung von LiAIH4 getropft und unter Riihren 23 Stdn. bei -43., 47 Stdn. ohne Riihren bei -25" und 19 Stdn. unter Rtihren bei -45" gehalten. Erhalten wurden 15.2g nur z.T. und sehr langsam kristallisierendes, iibelriechendes, braunlichgelbes Reaktionsprodukt.

Phenylurethan: (S) 1140, (M) 118.4", (K) 121.7" = 43% cis-Alkohol. - Eine Wiederholung bei -20" ergab 49.5 % cis-Alkohol.

b) niitLiAIH4-Puiver(M~~C~). - a) bei +35": Zu einer siedendenLiisung von 2.6gLiAlH4 in 130ccm k h e r wurden 12.6g Keton, in 30ccm Ather gelost, wahrend 3 Stdn. zugetropft. AnschlieBend wurde bei leichtem Sieden des Athers noch 6 Stdn. geriihrt. Erhalten wurden 11.7g Alkohol vom 145". Die Substanz erstarrte zu weichen Kristallen.

57) vgl. auch Lit.44); dort wird ein Schmp. von 148" angegeben.

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76 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

Phenylurethan: (S) 114", (M) 116", (K) 122.5" = 32% cis-Alkohol. p) bei -20': Es wurde der gleiche Ansatz 1 I0 Stdn. geriihrt, nachdem die atherische Losung

des Ketons wSihrend 4 Stdn. zugetropft war. Erhalten wurden 11.4g Alkohol vom Sdp.15 145- 146". Das Produkt erstarrte sehr langsam zu einer weichen Kristdllmasse.

Phenylurethan: (S) 114.5", (M) 116.5", (K) 124.4" = 29% cis-Alkohol. c) rnit LiAIH4-Pulver + Aluminiumbromid. - 2.6g LiAIH4 (MERCK) wurden mit einer

Losung von 4.5g A1Bq in 20ccm Ather versetzt und nach Zugabe von IlOccm Ather unter Erwarmen gelost. Im Laufe von 41/2 Stdn. wurde die Losung von 12.6g Keton in 30ccm k h e r zugetropft und weitere 5 Stdn. geriihrt. Erhalten wurden 11.2g Alkohol vom Sdp.13 138-141".

Phenylurethan: (S) 115", (M) 123", (K) 135.6" = 55 % cis-Alkohol. Das MengenverhSiltnis cis:trans wurde bei den Versuchen aP), ay) und ba-y) durch

Misch-Schmelzpunkte mit reinem cis- wie reinem trans-Phenylurethan gesichert.

4) Reduktion mit Natrium und Alkohol 40g Keton, in 400ccm absol. Alkohol gelost, wurden rnit 40g Natrium reduziert und wie

ublich aufgearbeitet. Erhalten wurden 30g vom Sdp.15 147 - 150". Das Reaktionsprodukt kristallisierte zum Teil nach langerem Aufbewahren bei Zimmertemperatur und schmolz, bei verschiedenen Ansatzen, unscharf bei etwa 41 -46".

Phenylurethan: stets (S) 115.7", (M) 126", (K) 130.0" = 19% cis-Alkohol.

5 ) Gleichgewichtseinstellung zwischen cis- und trans-I-Cyclohexyl-cyclohexanol- (2) Die Umlagerungen wurden in der gleichen Weise, wie S. 72 beschrieben, ausgefiihrt. Ein-

gesetzt wurden: a) cis-reiches Gemisch mit 83 % cis-Form, b) trans-reiches Gemisch rnit 65 % trans-Foi m, c) trans-reiches Gemisch mit 85 % trans-Form, d) reines trans-Isomeres.

Versuchsdauer Schmelzpunkte der Phenylurethane trans- Tage S M K Gehalt

a) 38 114.0" 121.0" 135.0" 46 % 42 115.2 120.1 125.9 73 42 115.0 124.2 129.6 80

b) C) d) 29 113.0 128.0 130.8 83

a) cis-Phenylurethan erhoht, trans-Phenylurethan erniedrigt den Schmelzpunkt. b -d) cis- Phenylurethan erniedrigt, trans-Phenylurethan erhbht den Schmelzpunkt. - Das Gleich- gewicht liegt also zwischen 73 und 80 %, im Mittel - 77 % trans-Form.

4) Reduktion von Menthon und Zsomenthon (E. JORDAN) Reduktionen mit Lithiumaluminiumhydrid: Sie wurden mit dem LiAIH4-Praparat von

MERCK ohne und mit Zusatz von AlBr3, sowie rnit den LM und AlBr3 enthaltenden Ampullen von RIEDEL-DE H A ~ N ausgefiihrt. Das AlBr3 wurde einer RrEDEL-Ampulle entnommen und in 26ccm Ather geltist. Die Temperaturen +20" und -60" konnten dadurch, daR das in Ather geloste Keton langsam zum LiAlH4 zugegeben wurde, einigermaRen konstant gehalten werden; die Dauer des ZuflieBenlassens (2) und des nachfolgenden Riihrens (R) war bei -60" wesentlich langer. Das Reaktionsprodukt erwies sich stets als ketonfrei. Uber die Reaktions- bedingungen gibt Tabelle 6 Auskunft.

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1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 77

Tabelle 6. Reduktionen von Menthon ( [ u ] ~ = -28") und Isomenthon ([a]D = +89")

'::'- Temp. LiAlHI von gKeton/ gLiAlHd/ Z R [alDder ccm Ather ccm Ather (Stdn.) (Stdn.) Rcduktionsprodukte.)

Mcnthon in Athanol 1 +20° MERCK 75/50 1.5/100 0.25 1 -32.7' 2a -60' MERCK 30/60 lO/l.W 4.5 72 -38.5' 2b -60" MERCK 10/60 2/l50 4.5 60 - 33.70

5 +20° RIEDEL-DEHAEN 12/50 3.8/140 0.5 72 -28.90

3 +20° M ~ C K + 5.338 AlBq 73/50 1/120 0.67 1 -13.8, -12.1, -12.5" 4 -60' MERCK + 5.34gAlBr3 7/50 ?/120 5 36 -2.17'

6 -60' RIWEL-DE HAEN l0/50 3.8/140 8 48 -10.95' in in

Athanol Cyclohexan Isornenthon

7 +20° MERCK 7/50 l/100 0.5 6 +4.11* -4.82' 8 -60' MERCK 7/50 1/100 2.5 48 +4.29' -3.75' 9 +20° MERCK + 5.34gAlBr3 73/50 I .5 /100 0.5 4 *On -2.3O

10 -ao MERCK + 5.34gAlBr3 7/50 2/1W 4 60 +4.53" -4.13' I la +20° RWEL-DEHAEN l0/50 3.8/140 0.5 36 -6.3' -4.6" 11 b + Z O O RIEDEL-DE HAEN l0/50 3.8/140 0.5 72 +O0 -5.6' 12 -60' RIKDEL-DE HAEN 5/60 3.8/120 4 60 +0.28' -5.12'

*) Die Drehung der isorneren Menthole ist praktisch konzcntrationsunabhangig.

Aus den Drehwerten der Tab. 6 errechnen sich in den Fallen, in denen jeweils nur die zwei lsomere entstehen, folgende prozentuale Verhaltnisse:

Menthol : Neomenthol Isomenthol : Neoisomenthol Vers.-Nr. aus der Drehung Vex-Nr. aus der Drehung in

in Athanol khan01 Cvclohexan

1 75 : 25% 7 7.7 : 92.3 % 11.1: 88.9% 13.9 : 86.1 2a 85 : 15 8

2b 79 : 21 10 8.5 : 91.5 13.1 : 86.9 4 32 : 68 6

8.9 : 91.1

44 : 56 (frilherl6) 36 : 64)

DaB das Verhaltnis Isomenthol: Neoisomenthol bei den Versuchen Nr. 7, 8 und 10 a m den Drehungen in Athano1 und Cyclohexan sich etwas unterschiedlich ergibt. hat seinen Grund darin, daD die Linksdrehung des Neoisomenthols in Cyclohexan durch Anwesenheitlvon Alkoholen herabgedriickt wird, auch wenn diese nicht optisch aktiv sind. In diesem Sinne wirkt hier das beigemengte Isomenthol, das infolgedessen nicht einfach als eine die Gesamt- drehung durch seine Rechtsdrehung herabsetzende Substanz gewertet werden darf; die Dre- hungen in Cyclohexan sind deswegen nicht additiv. Additivirat besteht aber fur die Drehungen in khanol, aus denen das richtige Mengenverhlltnis folgt.

GroBere Abweichungen bei der Berechnung des Mengenverhaltnisses aus den Drehungen in khanol und Cyclohexan zeigen an, daB auBer den beiden Alkoholen der Isomenthan-Reihe auch mindestens ein Alkohol der Menthan-Reihe zugegen ist; dies ist bei den Versuchen 9, 11 und 12 der Fall, Durch Chromatographie wurde bei den Versuchen 6 und 7 Oberpruft, ob tatsachlich nur 2 Isomere derselben Reihe vorliegen. Da sich bei den Versuchen 8 und 10 die Drehungen fast ebenso verhalten wie bei Versuch 7, kann das bei diesem erhaltene Ergebnis der Chromatographie auf die Versuche 8 und 10 iibertragen werden.

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78 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

Chromatographie der Reduktionsprodukte: Hierzu wurden die in Tabelle 6 angefuhrten Reduktionsprodukte in Petrolather (Sdp. 30-50") gelost und auf die mit Aluminiumoxyd (WOELM, Aktivitatsstufe IV) beschickte Saule gebracht. Eluiert wurde mit je 30 ccm Petrol- ather, der k h e r enthielt, und zwar 5 % bei den Fraktionen 1 bis 4, 10% bei 5 bis 8 und 15 "/, bei hoheren Fraktionen; bei mentholreichen Gemischen wurde der letzte Rest Menthol mit Ather herausgeholt. Die Trennergebnisse zeigt folgende Tabelle:

Fraktion mg [a1 D Bemerkungen

Vers.-Nr. 1. I610 mg, davon eluiert I561 mg 1-2 48 1 -22.3 bis -23.5" 3-5 68 I -32.5 bis -43.4" 6-10 399 -47.5 bis -51"

1-3 610 +14.5 bis +9.2'

4-5 279 -25.5 bis -36.6" 6-10 363 -45.3 bis -48.0"

1-3 1177 +12.5 bis $7.9"

4 117 -22.2" 5-10 306 -43.6 bis -50"

1-5 715 +21.3 bis +18.9" 6 90 +11.1" 7-12 494 -43.2 bis -50.0"

1-6 1118 +5.5 bis +2.9" 7-8 0 9-12 157 +20.0 bis +26.9

1-3 638 +8.6 bis +11.7"

4 48 +20.8" 5 1 24 +12.9"

6 85 0" 7-12 462 -19.2 bis -25"

Vers.-Nr. 3. 1668 mg, davon eluiert 1312 mg

Versa-Nr. 4. 1775 mg, davon eluiert I600 mg

Versa-Nr. 6 . 1666 mg, davon ehiert 1344 mg

Vers.-Nr. 7 . 1495 mg, davon eluiert 1275 mg

-

Vers.-Nr. 9. 1692 mg, davon eluiert 1357 mg

Vers.-Nr. 12. 1448mg, davon eluiert 1146 mg 1-4 814 +2.6 bis +LO"

5-6 98 0" 7-12 234 0 bis -8"

fl., ca. 38 % Neomenthol fl. + krist. krist. Menthol

fl., Neomenthol + fl. + krist. krist. Menthol

etwas Neoisomenthol

fl., Neomenthol + fl. + krist. krist. Menthol

etwas Neoisomenthol

fl., Neomenthol fl. Menthol

fl., Neoisomenthol

krist. Isomenthol -

fl., Neoisomenthol + Neomenthol

fl., Neomenthol fl.. Neomenthol und

andere Menthole fl., alle 4 Menthole krist. Menthol + Iso-

menthol

fl., Neoisomenthol + etwas Neomenthol

fl. + krist., alle 4 Menthole Isomenthol + Menthol

lsomerisierung des I-Menthons mit Aluminiumbromid: 5g I-Menthon ( [ a ] ~ = -28.69, in 50ccm Ather gelost, wurden zu einer auf 0" gekuhlten Losung von 5.348 AIBr3 in l2Uccm Ather gegeben und in einem Versuch 1/2 Stde., bei einem anderen 3 Stdn. bei 0" gehalten. Dann

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1958 Beitrage zur Konstellationsanalyse I1 79

wurde eine rnit Eisstiicken versetzte NaHC03-Lbsung zugegeben und das ausgefallene Alu- miniumoxydhydrat mit eiskalter verd. Schwefelsaure gelost. Die L6sung wurde ausgelthert, die Atherphase iiber Na2S04 getrocknet und i.Vak. destilliert. Bei beiden Versuchen war der Sdp.14 88" und a D = 0" (0.5-dm-Rohr).

Reduktion von I-Menthon mit Natriumborhydrid bei 20": 1.5g NaBH4 wurden in Sccm Was- ser gelost und mit Methanol auf IOOccm verdiinnt. Dazu wurden unter RUhren langsam 7.5g I-Menthon, in 50ccm Methanol gel(ist, getropft. Nach 6 stdg. Riihren wurde etwas Wasser zugegeben, die Hauptmenge des Methanols an einer Kolonne abdestilliert, der Riickstand mehrmals ausgeiithert, getrocknet und destilliert. Erhalten wurden 5.8g (77 % d.Th.) Alko- hol vom Sdp.16 98-104". [a12 = -21.0" (Athanol) entspr. 41.5% Neomenthol.

5) Reduktion von I-Methyl-cyclohexanon-(2) und 4 3 ) I-Methyl-cyclohexanol- (2) (A. HUBELE)

a) 7.5g I-Methyl-cyclohexanon-(2) ID = 1.4478), in 80ccm absol. Athano1 gelost, nah- men rnit 0.75g Platindioxyd in 20 Min. 1500ccm Wasserstoff (ber. 15OOccm) auf. Die Hydrie- rung verlief vie1 schneller als mit Platinmohr in Eisessig ohne Salzsaurezusatz. Nach 4stdg. Schiitteln wurde aufgearbeitet; das destillierte und im Vakuumexsikkator iiber P205 getrock- nete 1-Methyl-cyclohexanol-(2) erwies sich im UV als ketonfrei. Sdp.12 59.8 -60.7"; ng =

I .4647 entspr. 77.5 & 5 % cis-Form. p-Nitrobenzoat (zwei AnsPtze): (S) 32.1", 32.8"; (M) 40.0", 40.4"; (K) 45.1", 45.2". Der

Schmelzpunkt wird durch Mischen mit reinem cis-p-Nitrobenzoat erhoht. Aus dem Schmelz- punktsdiagramm11) ergaben sich 79.5 bzw. 80.5 % cis-, im Mittel SO% cis-Alkohol.

b) 11.21 g I-Methyl-cyclohexanon-(2), gelost in 50ccm Ather, wurden zu 3.8g Lithium- aluminiumhydrid (MERCK) in 150ccm Ather innerhalb 1/2 Stde. getropft, wobei der Ather in gelindes Sieden geriet. Nach 1 2stdg. Riihren wurde aufgearbeitet. Das Reaktionsprodukt (10.2g) war ketonfrei (UV-Spektrum).

MeDtemp. d4 % cis ?ID % cis q[cPl % cis

2OV 0.92977 30.8 1.4634 33.1 - - 25" 0.92556 31.1 1.4611 28.5 26.72 31.2 30" 0.92080 29.6 1.4590 33.9 18.70 31.6

Mittelwerte 30.5 * 2 31.8 & 5 31.4 f I

p-Nitrobenzoat: (S) 35.5'; (M) 46.2"; (K) 54.6" = 30.5 f 2 % cis-Alkohol. Mittel aus allen Beobachtungen: 31 % cis-l-Methyl-cyclohexanol-(2). Lit. : 36 %58), 18 %41),

40 %42) bei Reduktion in siedendem Ather.

I-Methyl-cyclohexanol- (3) (J. KURZ) 30g l-Methylcyclohexanon-(3) ([all = +13.6"), in 50ccm Ather geldst, wurden im Ver-

lauf von 2 Stdn. zu 10 g Lithiumaluminiumhydrid [a) MERCK; b) LiH + AIBr3, Ampullen,

58) D.S. NOYCE und D. B. DENNEY, J. Amer. chem. SOC. 72,5743 (1950); A. K. MACBETH und J.S.SHANNON, I. chem. SOC. [London] 1952, 2852.

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80 W. HUCKEL, M. MAIER, E. JORDAN und W. SEEGER Bd. 616

RIEDEL-DE HAEN] in 300ccm Ather getropft; nach 6stdg. Riihren wurde aufgearbeitet. Das Reaktionsprodukt vom Sdp.13 72" war ketonfrei (UV-Spektrum).

a) d? = 0.9161 n b = 1.4572 an(1dm) = -3.79" [a]$' = -4.13"entspr. 93.6% cis-Form b) 0.9 I62 1.4575 -3.80" -4.15" 93.0 "/,

6) Reduktion yon cis-a- und cis-b-Dekalon (W. SEEGER) cis-a- Dekalon

Redukrion mit Lirhiumaluminiumhydrid: 0.5 g cis-a-Dekalon (1130 Mol), geltist in 30ccm Ather, wurden mit 1/20 Mol LiAlH4 aus LiH und AIBr3 (Ampullen, RIEDEL-DE HAEN) bei - 30" reduziert. Das Reaktionsprodukt schmolz bei 75 -80", nach einmaligem Umkristalli- sieren aus Petrolather (Sdp. 30-SO') bei 91 -92". In den Mutterlaugen waren keine nennens- werten Mengen eines zweiten Dekalols festzustellen. Ergebnis: iiber 95 % cis-cis-a-Dekalol Schmp. 93".

Reduktion mit Natrium in Piissigem Ammoniak bei -60": log cis-a-Dekalon, in 50ccm fl. Ammoniak geltist, wurden in eine LiSsung von 3.Sg Natrium und 500ccm fl. Ammoniak getropft und 6 Stdn. geriihrt, worauf die noch blaue Losung durch 6g Methanol entfarbt wurde. Das fliissige Reaktionsprodukt wurde nach der Destillation in das saure Phthdat Uber- gefiihrt, das zwischen 126 und 142" schmolz. Zehnmaliges Umkristallisieren aus 10% Wasser enthaltendem Aceton fiihrte zu einem Phthalat vom Schmp. 165.S- 167.5", das dem trans-a- Dekalol Schmp. 63" zugehart (reines Phrhalat: Schmp. 168").

Das charakteristische Phthalat des cis-x-Dekalols Schmp. 93", das bei 176" schmilzt, war nicht aufzufinden. In den unscharf um 140" schmelzenden Kristallen aus den Mutterlaugen ist sehr wahrscheinlich das bei 142" schmelzende Phthalat des cis-a-Dekalols Schmp. 55" ent- halten, doch gelang dessen Isolierung in reinem Zustande nicht.

cis-8-Dekalon Redukrion nach MEERWEIN-PONNDORF-VERLEY: 15 g cis-P-Dekalon wurden mit 8Occm einer

1 m nicht destillierten Aluminiumisopropylat-Losung nach H. LUND14) und 50ccm Isopropyl- alkohol wahrend 14 Tagen unter Abdestillieren des gebildeten Acetons reduziert. Erhalten wurden 13.Sg einer etwas schmierigen Kristallmasse vom Schmp. 85 -loo", die deutlich nach cis-P-Dekalol Schmp. 18" roch. 2.0g davon wurden mit lOccm Petrolather (Sdp.30 -.50°) verrieben, gelinde erwarmt und auf 0" abgekuhlt. Ungelost blieben 1.Og vom Schmp. 102bis 103" entspr. SO % cis-P-Dekalol Schmp. 105". Aus den Mutterlaugen (1 g ) wurde das Phenyl- urefhan hergestellt, Schmp. 92-94.5" entspr. 46 % cis-(3-Dekalol Schmp. 105". Gesamt-cis-ge- halt SO + 46/2 = 73%. Das unmittelbar aus dem Rohprodukt hergestellte Phenylurethan schmolz bei 120- 123", entspr. 78 % cis-B-Dekalol Schmp. 105"; Mittelwert 75 %.

Redukrion mit Lirhiumaluminiumhydrid: IS g cis-p-Dekalon (0. I Mol), in SO ccm Ather gelost, wurden mit 0.1 Mol LiAIH4 aus LiH und AIBr3 (Ampullen, RIEDEL-DE HAEN) bei -30" wahrend mehrerer Tage reduziert. Erhalten wurden 13.5g feste, weiDe Kristalle vom Schmp. 95 - 103" und schwachem, aber deutlichem Geruch nach cis-p-Dekalol Schmp. 18". Von 2.0g hinterblieben nach dem Digerieren mit l o a m Petrolather (Sdp. 30-SO") 1.6g vom Schmp. 103.5" entspr. 80% cis-P-Dekalol Schmp. 105". Aus den Mutterlaugen (0.49) wurde

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1958 Beitrage zur KonsteIlationsanaIyse I1 81

ein Phenylurethan vom Schmp. 90-94" entspr. 42 % cis-P-Dekalol Schmp. 105" erhalten. Ge- samt-cis-gehalt 80 + 42/5 = 89 %. Das unmittelbar aus dem Rohprodukt erhaltene Phenyl- urethan schmolz bei I21 - 128", entspr. 90% cis-B-Dekalol Schmp. 105".

Gleichge wichtseinstellung mit Ahminiumisopropylat (R. B. RASHINGKAR) 1.5g cis-P-Dekalol Scbmp. 105" wurden rnit LO g dest. Al-isopropylat in lOOg Jsopropyl-

alkohol und 1.59 Aceton 6 Wochen auf 110-1 15O erhitzt. Die Aufarbeitung gab 12.5 g fast vollstandig kristallisierendes Dekalol. Davon wurden 2.05 g rnit 20 ccm Petrolather (Sdp. 30-50") erwarmt und auf -20" abgekiihlt. Die ausgeschiedenen, 4mal rnit eiskaltem Petrolather gewaschenen Kristalle (0.81 g) schmolzen bei 102.5 - 103". Von den in den Mutter- laugen verbliebenen Aqteilen ( I .24g) wurde das Phenylurerhan hergestellt; es schmolz ohne Umkristallisieren bei 123", was einem Gehalt von 21 % (0.26g) cis-P-Dekalol Schmp. 18" entspricht 59). Daraus ergibt sich die Zusammensetzung des Reaktionsproduktes zu rund 87% cis-p-Dekalol Schmp. 105' und 13 % cis-p-Dekalol Schmp. 18".

7) Reduktion von Ketonen rnit Natrium in fliissigem Ammoniak (W. SEEGER) Cyclohexanon: 9.8g in l5Occm bither wurden zu einer Lasung von 4.6g Natrium in 250ccm

fl. Ammoniak langsam hinzugegeben, wobei sich die blaue Farbe nach Blauschwarz vertiefte. Nach 3 Stdn. wurde rnit 7g Methanol zersetzt und aufgearbeitet. Erhalten wurden 1.5g un- verandertes Cyclohexanon (Sdp. 155", nko = 1.4500), 1 g Cyclohexanon-pinakol (Schmp. 129 - 130") und 7 g Cyclohexanol.

Bei der Reduktion nach BIRCH wurde kein Pinakol gefunden; etwas Cyclohexanon war auch hierbei nicht angegriffen worden.

Campher: 15.2g in IOOccm bither wurden zu einer Losung von 4.6g Natrium in 400ccm fl. Ammoniak gegeben. Wie beim Cyclohexanon wurde die Lasung tief blauschwarz. Die Auf- arbeitung ergab 2g nicht mit Wasserdampf fliichtiges Campher-pinakoi (Schmp. 148 - 150', aus Methanol; rein 157"), 3g unumgesetzten Campher (an einer aliquoten Menge des Wasser- dampfdestillates durch Titration rnit Hydroxylamin-hydrochlorid bestimmt) und log eines Gemisches von Borneol und Isoborneoi. Das daraus hergestelltep-Nitrobenzoat zeigte inToluol [a]bs = +2.0", was einem Verhaltnis Borneol: Isoborneol = 3:2 entspricht.

cis-,!?-Dekalon: Die Reduktion von 14g gab 12g Rohprodukt vom Schmp. 80-102", in welchem der Gehalt nach dem oben angegebenen Verfahren (Bestimmung des Petrolather- Ruckstandes und des Phenylurethan-Schmelzpunktes der gelost gebliebenen Anteile) zu 68 % cis-/%Dekalol Schmp. 105" und 32% cis-j-Dekalal Schmp. 18" ermittelt wurde. Ein Pinakol wurde hier nicht beobachtet.

59) G. STELZER, Dissertation Univ. Tiibingen 1955; vgl. auch W. HUCKEL und G. STELZER, Chem. Ber. 88,984 (1955).

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