begleitende qualifizierung von teams ... - demenz … · die demenz support stuttgart vermittelt...

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26 Tätigkeitsprofile im Wandel D ie „Begleitende Qualifizierung“ wurde im Rah- men des Forschungsprojektes „Midemas“ von der Sozialplanung in Baden-Württemberg e. V.erar- beitet und durch die Demenz Support Stuttgart weiterentwickelt. Ziel ist es, die Fortbildungseinheiten mit prozessbegleitenden Maßnahmen zu verbinden, eine gemeinsame Basis innerhalb eines Teams zu ermöglichen und eine person-orientierte Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz zu fördern. Das Fortbildungskonzept eignet sich sowohl für die Einführung als auch für die Weiterentwicklung von Wohngruppen für Menschen mit Demenz und wird in seinem inhaltlichen Aufbau an der jeweiligen Ausgangssituation der Einrichtung ausgerichtet. Hier- zu werden die einrichtungsspezifischen Rahmenbe- dingungen erhoben (z. B. Bewohnerstruktur) und geprüft (z. B. Fortbildungsstand der Mitarbeiter) sowie grundlegende Voraussetzungen für eine Durch- führung (z. B. Zielsetzung) geklärt. Für die Weiterbildung ist ein Zeitrahmen von neun bis zwölf Monaten einzuplanen. Alle Angebote fin- den in der Einrichtung statt. Die Teilnehmergruppe (max. 20 Personen) setzt sich aus dem Mitarbeiter- team der Wohngruppe (Pflege, Hauswirtschaft, evtl. Ehrenamtliche), Mitarbeiter der Ergotherapie, Verwaltung (evt. Haustechnik) und der Leitungsebe- ne (Heimleitung/Pflegedienstleitung) zusammen. Bewusst werden die Grenzen der einzelnen Berufs- gruppen überschritten, denn eine gute Betreuung von Menschen mit Demenz erfolgt nur durch die Ziel- orientierung und Zusammenarbeit im Team. Ziel der Fortbildung ist es,den Teilnehmenden ein praxisnahes Basiswissen zu vermitteln. Langfristig sol- len sie ihren eigenen Entwicklungsprozess steuern und stabilisieren können. Die Mitarbeiter sollen befä- higt werden, Menschen mit Demenz den Erhalt oder eine Verbesserung von Lebensqualität zu ermög- lichen. Begleitende Qualifizierung von Teams Auf gute Zusammenarbeit Ob Leitungskraft oder Pflegehelfer: Der Aufbau einer Wohngruppe für demenziell Erkrankte funktioniert nur dann, wenn ein qualifiziertes Team gut zusammen- arbeitet. Die Demenz Support Stuttgart vermittelt das nötige Rüstzeug. Von Christina Kuhn Fortbildungseinheiten Arbeitsauftrag Prozessbegleitung Person und Biografie Erarbeitung einer Bewohnerbiografie Fallbesprechung für alle Bewohner Erstellung individueller Interventionspläne Dokumentation und Reflexion der Umsetzung von Interventionen Erstellung von Erinnerungsbüchern gemeinsam mit Angehörigen Milieutherapie Gestaltung von Privatzimmer und Beschäftigungsmöglichkeiten im Kontakt mit Angehörigen Arbeitsgruppe: „Milieutherapie“ Umgestaltung von Innen- und Außenräumen Aktivierungsangebote z.B.: Tanztee, Stammtisch, etc. Zeitmanagement Wochen- und Tagesplanung – Einarbeitung von Betätigungsangeboten Reflexion – Anpassung von Arbeitsabläufen und Personaleinsatz Kommunikation Kontaktgestaltung z. B. Wirkung von „Schlüsselsätzen“ und Dokumentation Reflexion – Austausch im Team und mögliche Hilfsmittel zur Ver- ankerung von „Schlüsselsätzen“ Gerontopsychiatrisches Fachwissen Beobachtung und Dokumentation herausfordernder Verhaltensweisen Reflexion – Interventionsplanung Keine Fortbildungsein- heit, sondern Abschluss- phase der Fortbildung Herausarbeitung von Diskrepanzen zwischen dem Rahmenkonzept und Arbeitsalltag Arbeitsgruppe: „Arbeitskonzept“ Konkretisierung des Rahmenkonzeptes in Arbeitsabläufen und Tagesstruktur Jede Fortbildungseinheit besteht aus einem Arbeitsauftrag und der Prozessbegleitung. Das vermittelte Wissen kann so effektiv in die Praxis umgesetzt werden. Inhalt und Aufbau der „Begleitenden Qualifizierung von Teams“ Altenheim 8|2006

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Page 1: Begleitende Qualifizierung von Teams ... - demenz … · Die Demenz Support Stuttgart vermittelt das nötige Rüstzeug. Von Christina Kuhn Fortbildungseinheiten Arbeitsauftrag Prozessbegleitung

26 Tätigkeitsprofile im Wandel

Die „Begleitende Qualifizierung“ wurde im Rah-men des Forschungsprojektes „Midemas“ von

der Sozialplanung in Baden-Württemberg e. V. erar-beitet und durch die Demenz Support Stuttgartweiterentwickelt. Ziel ist es, die Fortbildungseinheitenmit prozessbegleitenden Maßnahmen zu verbinden,eine gemeinsame Basis innerhalb eines Teams zuermöglichen und eine person-orientierte Pflege undBetreuung von Menschen mit Demenz zu fördern.

Das Fortbildungskonzept eignet sich sowohl fürdie Einführung als auch für die Weiterentwicklungvon Wohngruppen für Menschen mit Demenz undwird in seinem inhaltlichen Aufbau an der jeweiligenAusgangssituation der Einrichtung ausgerichtet. Hier-zu werden die einrichtungsspezifischen Rahmenbe-dingungen erhoben (z. B. Bewohnerstruktur) undgeprüft (z. B. Fortbildungsstand der Mitarbeiter)sowie grundlegende Voraussetzungen für eine Durch-führung (z. B. Zielsetzung) geklärt.

Für die Weiterbildung ist ein Zeitrahmen von neunbis zwölf Monaten einzuplanen. Alle Angebote fin-den in der Einrichtung statt. Die Teilnehmergruppe(max. 20 Personen) setzt sich aus dem Mitarbeiter-team der Wohngruppe (Pflege, Hauswirtschaft, evtl.Ehrenamtliche), Mitarbeiter der Ergotherapie,Verwaltung (evt. Haustechnik) und der Leitungsebe-ne (Heimleitung/Pflegedienstleitung) zusammen.Bewusst werden die Grenzen der einzelnen Berufs-gruppen überschritten, denn eine gute Betreuung vonMenschen mit Demenz erfolgt nur durch die Ziel-orientierung und Zusammenarbeit im Team.

Ziel der Fortbildung ist es, den Teilnehmenden einpraxisnahes Basiswissen zu vermitteln. Langfristig sol-len sie ihren eigenen Entwicklungsprozess steuernund stabilisieren können. Die Mitarbeiter sollen befä-higt werden, Menschen mit Demenz den Erhalt odereine Verbesserung von Lebensqualität zu ermög-lichen.

Begleitende Qualifizierung von Teams

Auf gute ZusammenarbeitOb Leitungskraft oder Pflegehelfer: Der Aufbau einer Wohngruppe für demenziellErkrankte funktioniert nur dann, wenn ein qualifiziertes Team gut zusammen-arbeitet. Die Demenz Support Stuttgart vermittelt das nötige Rüstzeug.Von Christina Kuhn

Fortbildungseinheiten Arbeitsauftrag Prozessbegleitung

Person und Biografie Erarbeitung einer Bewohnerbiografie Fallbesprechung für alle BewohnerErstellung individueller InterventionspläneDokumentation und Reflexion der Umsetzung von InterventionenErstellung von Erinnerungsbüchern gemeinsam mit Angehörigen

Milieutherapie Gestaltung von Privatzimmer undBeschäftigungsmöglichkeiten im Kontakt mit Angehörigen

Arbeitsgruppe: „Milieutherapie“Umgestaltung von Innen- und AußenräumenAktivierungsangebote z.B.: Tanztee, Stammtisch, etc.

Zeitmanagement Wochen- und Tagesplanung – Einarbeitungvon Betätigungsangeboten

Reflexion – Anpassung von Arbeitsabläufen und Personaleinsatz

Kommunikation Kontaktgestaltung z. B. Wirkung von„Schlüsselsätzen“ und Dokumentation

Reflexion – Austausch im Team und mögliche Hilfsmittel zur Ver-ankerung von „Schlüsselsätzen“

Gerontopsychiatrisches Fachwissen

Beobachtung und Dokumentationherausfordernder Verhaltensweisen

Reflexion – Interventionsplanung

Keine Fortbildungsein-heit, sondern Abschluss-phase der Fortbildung

Herausarbeitung von Diskrepanzen zwischendem Rahmenkonzept und Arbeitsalltag

Arbeitsgruppe: „Arbeitskonzept“Konkretisierung des Rahmenkonzeptes in Arbeitsabläufen undTagesstruktur

Jede Fortbildungseinheit besteht aus einem Arbeitsauftrag und der Prozessbegleitung. Das vermittelte Wissen kann so

effektiv in die Praxis umgesetzt werden.

Inhalt und Aufbau der „Begleitenden Qualifizierung von Teams“

Altenheim 8|2006

Page 2: Begleitende Qualifizierung von Teams ... - demenz … · Die Demenz Support Stuttgart vermittelt das nötige Rüstzeug. Von Christina Kuhn Fortbildungseinheiten Arbeitsauftrag Prozessbegleitung

Die Fortbildung besteht aus einer Basis-

qualifikation und der Prozessbegleitung

Im Unterschied zu einer herkömmlichen Fortbildunghandelt es sich bei der „Begleitenden Qualifizierung“um die Verknüpfung zweier Bereiche:• Eine speziell auf das Vorhaben abgestimmte Basis-

qualifizierung. Jede Fortbildungseinheit ist miteinem Praxisauftrag verbunden. Hierbei soll dasvermittelte Wissen in der Praxis angewendet,Erfahrungen gesammelt und für eine gemeinsameReflexion dokumentiert werden.

• Eine durch verschiedenartige Maßnahmengewährleistete Prozessbegleitung.Die beiden (miteinander verzahnten) Qualifizie-

rungspakete setzen sich aus sechs unterschiedlichenFortbildungsthemen zusammen (siehe Tabelle).

Auch in der Prozessbegleitung geht es um Lern-prozesse, in deren Zentrum die Stärkung der Hand-lungskompetenz steht. Im Unterschied zur Basisqua-lifizierung übernehmen die Mitarbeiter als Lernendenoch stärker den Part der Umsetzung und Ausfüh-rung. Die Trainer agieren lediglich als Begleiter.

Die Elemente der Prozessbegleitung lehnen sichzeitlich koordiniert an die Fortbildungsthemen an. Inder Einheit „Person und Biografie“ wird etwa die Ver-mittlung von Biografiearbeit mit einem Praxisauftragverknüpft.Aufgabe ist es, hier eine Biografie gemein-sam mit Angehörigen zu erstellen und Beobachtun-gen im Pflegealltag zu sammeln. Darauf aufbauendwird in einer Fallbesprechung eine Interventionspla-nung für den Bewohner erstellt. Die Ergebnisse wer-den in die Pflegeplanung eingearbeitet und sind mitkonkreten Maßnahmen verbunden.

Neben der Prozessbegleitung werden die Mitar-beiter auch im Rahmen einer Praxisbegleitung bei derUmsetzung von Aktivierungen im Pflegealltag beglei-tet. Zudem sind die Trainer zu vereinbarten Zeitenvor Ort, um Hilfestellung zu leisten.

Nach Abschluss der Fortbildungseinheiten undnach einer Phase des Experimentierens nimmt dieArbeitsgruppe „Arbeitskonzept“ ihre Arbeit auf.

Wichtige Erfahrungen, die im Alltag der Wohngrup-pe gemacht wurden, sind die Grundlage für die Refle-xion des Rahmenkonzepts. Der darin beschriebeneBetreuungsansatz wird konkretisiert.Arbeitsabläufewerden verbindlich festgelegt und mit den realisier-baren Möglichkeiten abgeglichen. Das Arbeitskon-zept spiegelt die Ebene der alltäglichen pflegerischen

Handlungen und die Gestaltung der miteinander ver-brachten Zeit wider. Wo Veränderungen in derAblauforganisation erforderlich sind, muss die Lei-tungsebene (Heimleitung und Pflegedienstleitung)bei der Erarbeitung bzw. Veränderung bestimmterBausteine des Arbeitskonzepts einbezogen werden.

Der Zeitbedarf für die „Begleitende Qualifizie-rung“ umfasst für die Gesamtgruppe (fünf Tagesfort-bildungen, Fallbesprechungen für zwölf Bewohner,Gestaltung von Erinnerungsbüchern sowie Refle-xionseinheiten) rund 58 Stunden pro Teilnehmer. Fürdie Teilnahme an einer Arbeitsgruppe (max. siebenPersonen) sollte ein Zeitbedarf von je 14 Stunden proTeilnehmer veranschlagt werden. Die Gesamtkostenbetragen rund 10 000 Euro. ¬

Weitere Infos:

Internet: www.demenz-support.de

Literatur: Christina Kuhn, Beate Radzey: Demenz-

wohngruppen einführen. Ein Praxisleitfaden für

die Konzeption, Planung und Umsetzung. Stuttgart

2005.

Die Weiterbildung erstreckt

sich über rund neun Monate

Teamwork gefragt:

Die Teilnehmer

legen gemeinsam

neue Arbeits- und

Organisations-

abläufe für ihre

Wohngruppe fest.

Foto: Stantien

Christina Kuhn, Demenz Support Stuttgart

„Auf lange Sicht sollen die Teilnehmer

ihren Entwicklungsprozess selbst

steuern und stabilisieren können.“

Altenheim 8|2006

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