begegnung mit ludger risse

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Heilberufe / Das Pflegemagazin 2012; 64 (4) 38 © Eickmann DOI: 10.1007/s00058-012-0479-9 Begegnung mit Ludger Risse Den Pflegedirektor des St. Christo- phorus Krankenhauses Werne, Ludger Risse, führte ein eher unge- wöhnlicher Weg in die Pflege. Der technikbegeisterte junge Mann ver- weigerte den Wehrdienst und wurde Zivi in einem Altenheim. Und dieser Job machte ihm richtig viel Spaß.

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Heilberufe / Das P� egemagazin 2012; 64 (4)38

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Begegnung mit

Ludger RisseDen Pflegedirektor des St. Christo-phorus Krankenhauses Werne, Ludger Risse, führte ein eher unge-wöhnlicher Weg in die Pflege. Der technik begeisterte junge Mann ver-weigerte den Wehrdienst und wurde Zivi in einem Altenheim. Und dieser Job machte ihm richtig viel Spaß.

Heilberufe / Das P� egemagazin 2012; 64 (4) 39

PflegeManagement Porträt

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L udger Risse stammt aus einer Handwerkerfamilie, hat vier Geschwister. Die Schule ist nicht unbedingt sein Lieblings-ort. Zumal er sich im Nachhinein eher in der Kategorie

„Faulpelz“ einordnet. Doch so wichtig ist das damals auch nicht, weder für ihn noch für seine Eltern. Ein anständiger Beruf muss schnell her, das ist es, was zählt. Und da ihn Technik interessiert, fällt die Wahl des jungen Burschen nach dem Hauptschulab-schluss im nordrhein-westfälischen Oelde auf eine Lehre als Kfz-Mechaniker. Danach will er weiter sehen.

Die Leidenschaft für Kraftfahrzeuge ist bis heute geblieben. In seinem beruflichen Leben gibt es eine Wende, die eng mit seiner Entscheidung zusammenhängt, nicht zum Bund zu gehen. „Das war für mich völlig klar, das war keine Option“. Aber zu diesen Zeiten eben auch nicht gerade einfach durchzusetzen. Und ver-mutlich hilft ihm neben guten Argumenten und Konsequenz auch sein „westfälischer Dickschädel“. Der bringt ihn letztlich zum Caritasverband Hamm, zur dazugehörenden Sozialstation mit Verantwortung für – was liegt näher – den Fahrdienst. Fuhr-parkbetreuung inklusive.

„Die Sozialstation war im Altenheim und wenn nicht so viel zu tun war, war ich gehalten, mit alten Leuten zum Arzt zu gehen“,

erzählt er, „oder auch mal in die Kneipe.“ Was für den damals 20-Jährigen nicht die unangenehmste Pflicht ist. Von Anfang an hat er einen „guten Draht“ zu den alten Leuten, der Job macht ihm viel Spaß, zur „Halbzeit“ des Zivildienstes lässt er sich auf die Pflegestation versetzen, auch um herauszufinden, ob das wohl eine berufliche Perspektive ist. Und es ist irgendwann keine Fra-ge mehr, dass es genau das ist – trotz anfänglicher harter Zeiten im Marienhospital Hamm, wo er nach der Ausbildung zunächst als Krankenpfleger tätig ist. Später wird er dort Praxisanleiter und arbeitet in der Stabsstelle der Pflegedienstleitung.

Geprägt sind die folgenden Jahre vom Willen und der Mög-lichkeit, sich auf Gebieten wie Personalführung, Betriebswirt-schaft und Pflegemanagement weiterzubilden – bis hin zum berufsbegleitenden Studium an der Katholischen Fachhochschu-le Osnabrück. Heute ist der Diplom-Pflegewirt Pflegedirektor des St. Christophorus Krankenhauses Werne. Zum Kranken-hausverbund gehört das zwölf Kilometer entfernte St.-Marien-Hospital Lünen. Auch dort ist Ludger Risse stellvertretender Pflegedirektor.

Enger Kontakt zu Patienten, Spaß an der Pflege – lebt er jetzt das, was er damals wollte? „Auf den ersten Blick tue ich in Teilen genau das, was ich nie wollte“, räumt er ein. Viel Administratives, viel Organisatorisches, viel Unerfreuliches, wenn man die All-tagsprobleme in Gesundheitseinrichtungen betrachte. Aber, und das wiegt für ihn genauso so schwer, er sei jetzt in der Situation, viele Dinge selbst bewegen zu können. „Ich bin lieber aktiv, als abzuwarten und auf Probleme zu reagieren“, beschreibt er sich.

Beispiel Fachkräftemangel: „Wer für seine Einrichtung auf einmal feststellt, wo bekomme ich bloß Fachkräfte her, hat schon verlo-ren.“ Seine Strategie: Praktika anbieten, Tage der offenen Tür und auch mal Kindergartengruppen ins Krankenhaus einladen. Natürlich gehe es dort vor allem darum, ihnen die Angst vor solchen Einrichtungen zu nehmen. Doch: „Wann be ginnt die Prägung, sich für einen bestimmten Beruf zu interessieren?“ Vielleicht ja schon gerade dann? „Und wenn die Schüler dann da sind, muss ich mich eben auch um sie kümmern.“

Eine gute Ausbildung ist ihm ein wichtiges Anliegen. Auch des-halb versucht er, möglichst oft zu unterrichten, viel mit den jun-gen Leuten zu reden und ihnen auch zu vermitteln, dass es wich-tig ist, sich berufspolitisch zu engagieren. Und wenn dann das Interesse da ist und die Frage kommt, wo kann ich das tun, dann ärgert sich Ludger Risse über die eigene Berufsgruppe. „Da steht man dann bei der Vielzahl von Verbänden vor einer fast unlös-baren Aufgabe.“ Welcher Verband ist nun der richtige? Es ist nicht nur die Qual der Wahl; unter diesen Bedingungen ist es schwierig, zu Ergebnissen zu kommen und an einem Strang zu ziehen, „was uns die Ärzte im Übrigen vormachen, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen geht.“

Natürlich sei über den Deutschen Pflegerat viel erreicht wor-den, aber das reiche nicht aus. Er bedauert, dass so in den Hin-tergrund tritt, was Pflege bewirken kann und weder der Bundes-minister noch die Gesellschaft erkennen, wie wertvoll Pflege ist. Er selbst macht immer wieder darauf aufmerksam, in seinen Funktionen, in Diskussionen oder auch mal in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, auf den er bis heute keine Antwort hat. Diese Ignoranz nervt ihn manchmal, aber auch nicht zu lange: „Ich kann ziemlich gut abschalten.“ Das gelingt ihm mit Fotografieren, Laufen, Spaziergängen mit dem Hund. Oder er steigt auf sein Motorrad, am liebsten mit Sozia Marianne, genießt es und sammelt Kraft für die nächsten He-rausforderungen.

Ute Burtke

Ludger Risse

▶ Geboren 1957, lebt in fester Partnerschaft, vier Kinder

▶ Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, später zum Kranken-pfleger, ab 1991 Studium Dipl.-Pflegewirt (FH) an der Katholischen Fachhochschule Osnabrück

▶ Berufliche Stationen: St. Marienhospital Hamm, St. Josefs Hospital Dortmund Hörde, St. Josef-Stift Sendenhorst

▶ Zurzeit Pflegedirektor am St. Christophorus-Krankenhaus und St. Christophorus Pflege GmbH Werne, zusätzlich stellvertretender Pflegedirektor St.-Marien-Hospital Lünen

▶ Verschiedene Ämter auf Landes- und Bundesebene, u.a. Vorsitzender des Pflegerates Nordrhein-Westfalen, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes Pflegemanagement (ehemals BALK)

ZUR PERSON

„Die Ärzte machen uns vor, wie man Interessen durchsetzt.“