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Westfälische Wilhelms-‐Universität Münster
Institut für Politikwissenschaft
Wohlfahrtssysteme in ressourcenreichen Staaten:
Die Russische Föderation und Norwegen im Vergleich
Bachelorarbeit
Eingereicht von Ruben Werchan
Betreuerin: Dipl. Pol. Eva Katharina Sarter, Zweitgutachter: Prof. Dr. Oliver Treib
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 1
1. Theoretische Grundlagen 3
1.1. DeRinition und Begriffsabgrenzung 3
1.2. Methodisches Vorgehen 4
1.3. Typologisierung 7
1.4. Normative Grundlagen zur Bewertung von Wohlfahrtssystemen 9
2. Der politische und ökonomische Rahmen 12
2.1. Die Politischen Systeme und ihre Entwicklung 12
2.1.1. Norwegen 12
2.1.2. Russische Föderation 12
2.2. Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen 14
2.3. Die Erdöl-‐ und Erdgasindustrien 15
2.3.1. Norwegen 15
2.3.2. Russische Föderation 17
2.4. Der Umgang mit den Erdöl-‐ und Erdgaseinnahmen 18
2.4.1. Der norwegische Pensionsfond 18
2.4.2. Die russischen Staatsfonds 19
3. Die Wohlfahrtssysteme und ihre Entwicklung 21
3.1. Überblick über die sozialen Sicherungssysteme 21
3.1.1. Norwegen 21
3.1.2. Russische Föderation 22
3.1.3. Gegenüberstellung 24
3.2. Arbeitslosenversicherung und Arbeitsmarktpolitik 24
3.2.1. Norwegen 24
3.2.2. Russische Föderation 25
3.2.3. Gegenüberstellung 27
I
3.3. Die Bildungssysteme 27
3.3.1. Norwegen 27
3.3.2. Russische Föderation 28
3.3.3. Gegenüberstellung 30
3.4. Die Gesundheitssysteme 30
3.4.1. Norwegen 30
3.4.2. Russische Föderation 31
3.4.3. Gegenüberstellung: 33
3.5. Die Rentensysteme 34
3.5.1. Norwegen 34
3.5.2. Russische Föderation 35
3.5.3. Gegenüberstellung 37
4. Theoretische Einordnung 37
4.1. Die Politik-‐Erblast und ihre Auswirkung 37
4.2. Typologische Einordnung 40
4.3. Sozioökonomische Bedingungen für die weitere Entwicklung 43
Literaturverzeichnis 46
Anhang 54
II
Abkürzungen:
-‐ Abb. Abbildung
-‐ BIP Bruttoinlandsprodukt
-‐ bzw. beziehungsweise
-‐ CIA Central Intelligence Agency
-‐ CIS Commonwealth of Independent States (Staatenbund postsowjetischer
Staaten)
-‐ Ed. Editor
-‐ ESS Einheitliche Sozialsteuer (in Russland)
-‐ EU Europäische Union
-‐ EUR Euro (Währung)
-‐ EZB Europäische Zentralbank
-‐ GKV gesetzliche Krankenversicherung
-‐ GUS Gemeinschaft unabhängiger Staaten (Deutsch für CIS)
-‐ HBS: Household Budget Survey
-‐ Hrsg. Herausgeber
-‐ IWF Internationaler Währungsfond
-‐ km2 Quadratkilometer
-‐ KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion
-‐ m3 Kubikmeter
-‐ MinFin Ministry of Finance of the Russian Federation
-‐ Mio. Millionen
-‐ Mrd. Milliarden
-‐ NBIM Norges Bank Investment Management (Investmentbereich der
norwegischen Zentralbank)
-‐ NMoF Norwegian Ministry of Finance
-‐ NMoLaSI Norwegian Ministry of Labour and Social Inclusion
-‐ NMoPE Norwegian Ministry of Petroleum and Energy
-‐ NIS National Insurance Scheme (norwegisches Sozialversicherungssystem)
-‐ NOK Norwegische Krone
-‐ NOSOSCO Nordic Social-‐Statistical Committee
-‐ NWF Nationaler Wohlfahrtsfond (der Russischen Föderation)
-‐ OECD Organisation for Economic Co-‐operation and Development
III
-‐ PNPF Pervyj Nazional‘nyj Pensionnyj Fond (Erster Nationaler Pensionsfond
der Russischen Föderation)
-‐ RLMS Russian Longitudinal Monitoring Survey
-‐ RF Russische Föderation
-‐ RUB Russischer Rubel
-‐ s. siehe
-‐ S. Seite
-‐ SDFI State's Direct Financial Interest
-‐ SSA Social Security Administration (der USA)
-‐ SU Sowjetunion
-‐ vgl. vergleiche
-‐ WHO World Health Organization
IV
„Хотели как лучше, а получилось как всегда“
(Gewollt war das Beste, aber es kam wie immer)
– Viktor Tschernomyrdin (russischer Premierminister 1992-‐1998)
Einleitung
Sowohl die Russische Föderation als auch Norwegen zählen zu den wichtigsten Produzenten
und Exporteuren fossiler Brennstoffe weltweit. In beiden Ländern machen die Produktion
und der Export von Erdöl und Erdgas einen beträchtlichen Teil der Wirtschafts-‐ und Export-‐
leistung und ebenso der staatlichen Einnahmen aus. Abgesehen von ihrer Rolle als Exporteure
fossiler Energieträger haben die Länder jedoch wenig gemeinsam. Sowohl hinsichtlich ihrer
Geschichte, ihres politischen Systems und ihrer Größe, sowohl in Bezug auf Fläche als auch
auf die Bevölkerung, unterscheiden sie sich signiRikant.
Neben diesen Unterschieden, weisen beide Staaten eine wichtige Gemeinsamkeit auf: Mit den
Erlösen aus der RohstofRindustrie verfügen sie über eine Einnahmequelle, die den meisten
anderen Ländern nicht zur Verfügung steht. Aufgrund ihres großen Anteils an den Gesamt-‐
einnahmen tragen die Rohstoffeinnahmen dazu bei, dass sich die Finanzsituation der Haus-‐
halte entscheidend von der anderer Länder unterscheidet. Jedoch sagen die Einnahmen eines
Staates noch nichts über seine Leistungen aus. Aber genau darum soll es in der vorliegenden
Arbeit gehen. Es soll untersucht werden, inwiefern die Einnahmen aus der RohstofRindustrie
dem jeweiligen Land und der jeweiligen Bevölkerung zugutekommen. Und da es vor allem die
Wohlfahrtssysteme sind, mit denen der Staat aktiv die Lebensbedingungen seiner Bevölke-‐
rung beeinRlussen kann, stehen sie im Zentrum dieser Arbeit.
Ausgangspunkt sind die Rinanziellen Ressourcen, die den Staaten durch die RohstofRindustrie
und vor allem durch den Rohstoffexport zur Verfügung gestellt werden. Um diese zu ermit-‐
teln, wird zunächst die Rolle des Staates in der Erdöl-‐ und Erdgasindustrie analysiert und da-‐
rauf auRbauend der Umgang mit den Einnahmen aus diesem Sektor. Daran schließt sich dann
eine umfangreiche Analyse der Wohlfahrtssysteme beider Länder an. Diese betrachtet, neben
der Entstehungsgeschichte der einzelnen wohlfahrtsstaatlichen Elemente, die Leistungen, die
bereitgestellt werden sollen, die tatsächliche Höhe dieser Leistungen und die Rinanzielle Aus-‐
stattung. Aus der Fülle unterschiedlicher sozialstaatlicher Leistungen werden hier die folgen-‐
den detailliert betrachtet: Das System sozialer Sicherung, die Arbeitslosenversicherung, das
Bildungssystem, das Gesundheitssystem und die Rentenversorgung. Ziel wird es an dieser
Stelle sein, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Ländern herauszuarbei-‐1
ten. Anhand dieser soll dann im letzten Schritt überprüft werden, welchen EinRluss die Ein-‐
nahmen aus dem Erdöl-‐ und Erdgassektor auf die Entwicklung der Wohlfahrtssysteme hatten
und haben können und wo dieser EinRluss begrenzt ist. Das etablierte norwegische Wohl-‐
fahrtssystem soll als Referenzrahmen dienen, anhand dessen Entwicklungsperspektiven für
das nach wie vor im Umbruch beRindliche russische Wohlfahrtssystem aufgezeigt werden
können.
Bei der Arbeit wird nach der Methode der vergleichenden Fallstudie vorgegangen. Die Vor-‐
und Nachteile dieser Methode und der zur Erklärung verwendeten Theorien werden im ers-‐
ten Teil der Arbeit dargestellt. Die Entwicklung und heutige Ausgestaltung der Wohlfahrtssys-‐
teme wird vor allem im Lichte von Politik-‐Erblast-‐Theorien analysiert, wohingegen bei der
Betrachtung der Entwicklungsperspektiven auf sozioökonomische Theorien zurückgegriffen
wird. Bei der systematischen Einordnung der Wohlfahrtssysteme wird die viel rezipierte Ty-‐
pologie von Gøsta Esping-‐Andersen, sowie einige Erweiterungen dieser Typologie Verwen-‐
dung Rinden. Zu Beginn der Arbeit wird zunächst eine kurze DeRinition und Abgrenzung des
Begriffs des Wohlfahrtsstaates bzw. Wohlfahrtssystems vorgenommen.
Der Forschungsstand zu den Wohlfahrtssystemen in Russland und Norwegen unterscheidet
sich stark. Norwegen wurde als skandinavischem Wohlfahrtsstaat vergleichsweise viel Auf-‐
merksamkeit geschenkt (vgl. hierzu vor allem die Arbeiten von Gøsta Esping-‐Andersen und
aktueller von Torben M. Andersen), steht dabei jedoch hinter Schweden zurück, welches we-‐
sentlich intensiver untersucht wurde (vgl. hierzu die Arbeiten von Walter Korpi). Dem Typus
des sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat widmen sich die Publikationen von John D. Ste-‐
phens und der Zusammenhang von Wirtschaft und Sozialstaat wurde von Knut Halvorsen un-‐
tersucht. Zum politischen System von Norwegen stammen die wichtigsten deutschsprachigen
Beiträge von Stein Kuhnle und Walter Rothholz. Die Literatur zum russischen Wohlfahrtssys-‐
tem ist überschaubar. Sie widmet sich besonders der Transformation nach dem Ende der So-‐
wjetunion (hier sind vor allem die Arbeiten von Sabine Rinck zu nennen). Wichtigste Autorin
zum politischen System in Russland ist Margareta Mommsen. Aktuellen politischen und öko-‐
nomischen Entwicklungen in Russland widmen sich als wichtigste Vertreter Roland Götz,
Heiko Pleines und Hans-‐Henning Schröder in ihren Veröffentlichungen. Die Datenlage wurde
durch den Rückgriff auf aktuelle Analysen internationaler Organisationen (OECD, WHO, Welt-‐
bank, IWF) aktualisiert und auf ein vergleichbares Niveau gebracht. Es gibt vergleichende Li-‐
teratur zu den Erdöl-‐ und Erdgasindustrien in Russland und Norwegen (vgl. Austvik/Cygan-‐
kova 2004), ein Vergleich der Wohlfahrtssysteme wurde nach gegenwärtiger Lage für den
deutschsprachigen Raum jedoch noch nicht angestellt.
2
1. Theoretische Grundlagen
1.1. DeEinition und Begriffsabgrenzung
In dem von ihm herausgegebenen Sammelband „Wohlfahrtsstaatliche Grundbegriffe“ stellt
Stephan Lessenich in der Einleitung fest, dass der Wohlfahrtsstaat, im Gegensatz zu anderen
makrostrukturellen Phänomenen, über keine Gründungsphilosophie verfügt, es also keine
„klassischen“ philosophischen Arbeiten zu seinem AuRbau gibt (vgl. Lessenich 2003: 9f.). Da
sich die verschiedenen Wohlfahrtsstaaten nicht auf eine gemeinsame Philosophie berufen
können, fällt eine allumfassende DeRinition entsprechend schwer. Manfred G. Schmidt und
Tobias Ostheim beschränken sich in ihrer DeRinition auf die Ziele und die grundsätzlichen
staatlichen Handlungsalternativen zu deren Erreichen:
„Wohlfahrtsstaatliche Politik ist derjenige Teil der Staatstätigkeit, der darauf gerich-‐
tet ist, vor den Wechselfällen des Lebens und vor Verelendung zu schützen und/oder
die Gleichheit der Lebensführungschancen zu befördern. Sie erfolgt sowohl durch
Eingriffe in die Einkommensverteilung [...] als auch durch Dienstleistungen und Gü-‐
terproduktion sowie durch Gebote und Verbote.“ (Schmidt/Ostheim 2007a: 21)
Josef Schmid dagegen wird auf Kosten der Generalisierbarkeit bei seiner DeRinition wesentlich
konkreter, was die Art und Weise der Zielerreichung und die Werte betrifft, die mit wohl-‐
fahrtsstaatlicher Politik erreicht werden sollen:
„Im Wohlfahrtsstaat besteht eine staatliche, über private Vorsorge und gemein-‐
schaftliche Fürsorge hinausgehende VerpWlichtung zur sozialen Sicherung und Förde-‐
rung aller Bürger. Um dies zu gewährleisten, muss der Wohlfahrtsstaat umfangrei-‐
che Ressourcen an sich ziehen, die er wiederum in Form von monetären Transfers,
sozialen Diensten und Infrastruktur zur Verfügung stellt. Auf diese Weise kommt es
zu einer gesellschaftlichen Entwicklung, die als „sozialer Fortschritt“ bezeichnet wird
und in deren Rahmen in den vergangenen 110 Jahren die Werte Sicherheit, Wohl-‐
fahrt, Freiheit und Gerechtigkeit in hohem Maße realisiert werden konnten. Dies ist
auch ein Element des „Europäischen Modells“ und ein SpeziWikum im Vergleich zu an-‐
deren Regionen der Welt.“ (Schmid 2010a: 45)
Er gesteht dabei aber ein, dass sich seine DeRinition vor allem auf europäische Staaten bezieht.
Knut Halvorsen und Steinar Stjernø beschränken sich auf die Nennung der Politikfelder, die
einen Wohlfahrtsstaat ausmachen:
3
„Conceptually, welfare regime refers to a country‘s idiosyncratic policy mix of labour
market, family, public pensions and cash transfer system.“ (Halvorsen/Stjernø 2008:
9)
Eine wichtige Ergänzung zu all diesen DeRinitionen ist, dass die wohlfahrtsstaatlichen Leis-‐
tungen allen Bürgern als politisches Recht, und nicht als Almosen zu Verfügung stehen (vgl.
Wilensky 1975: 1)
In der vorliegenden Arbeit wird das Wohlfahrtssystem als der sozialpolitische Teil des politi-‐
schen Systems eines Landes betrachtet. Dabei soll nach Heinz Lampert und Jörg Althammer
ein umfangreiches Verständnis von Sozialpolitik1 zugrunde gelegt werden, deren Aufgabe die
Sicherung der Existenzgrundlage für jedes Mitglied der Gesellschaft und die Verbesserung der
Lebensbedingungen ist. Hinsichtlich dieser Ziele werden die Wohlfahrtssysteme der Russi-‐
schen Föderation und Norwegens untersucht. Nachdem im nächsten Abschnitt das methodi-‐
sche Vorgehen dargelegt wird, werden im Abschnitt 1.3. weitere Merkmale aufgezeigt, anhand
derer die Qualität und der Erfolg der Wohlfahrtssysteme in dieser Arbeit beurteilt werden
soll.
1.2. Methodisches Vorgehen
Nach Nico A. Siegel folgt die Arbeit grundsätzlich einer empirisch-‐analytischen Methodik (vgl.
Siegel 2007a: 97), allerdings werden zur Bewertung der empirischen Befunde einige normati-‐
ve Maßstäbe angelegt.2 Das Vorgehen in dieser Arbeit kann nach Charles Ragin (1994) als
fallorientierte Strategie (case-‐oriented strategy) bezeichnet werden. Dabei wird von der Idee
ausgegangen, dass die verglichenen Fälle „are distinct and singular entities [...] that parallel
each other sufWiciently to allow comparing and contrasting them“ (Ragin 1994: 300).
Das Vorgehen in der Policy-‐Forschung lässt sich gemäß der klassischen Arbeit von Arend Li-‐
jphart in drei Methoden unterteilen. Die statistische und die komparative Methode sind Me-‐
thoden des Vergleichs politischer Systeme, wohingegen die Fallstudie nur ein einziges System
betrachtet (vgl. Lijphart 1971). Da die hier gewählte Anzahl von zwei Fällen gerade der Min-‐
destanzahl von Fällen für eine komparative Studie entspricht (vgl. Lijphart 1971: 691), weist
das Vorgehen sowohl Merkmale der Fall-‐, als auch der komparativen Studie auf und ist somit
als fallorientierte komparative Studie am besten beschrieben. Ljiphart selbst bezeichnet die
komparative Methode als der statistischen Methode unterlegen, räumt aber selbst ein, dass
4
1 Für die Elemente von Sozialpolitik nach Lampert/Althammer 2007 s. Abb. 01, S. 54.2 Zu diesen Maßstäben siehe Kapitel 1.4.
bei Systemvergleichen auf der Makroebene, wie in der vorliegenden Arbeit, die Fallzahl so li-‐
mitiert ist, dass auf die komparative Methode zurückgegriffen werden muss (vgl. Lijphart
1971: 685). Der Vorteil der Betrachtung von nur wenigen Fällen ist, dass diese sehr intensiv
betrachtet werden können. So stellt Ragin dann auch den fallorientierten Vergleich als inten-‐
sive Strategie, dem an Variablen orientierten Vergleich als extensive Strategie gegenüber (vgl.
Ragin 1994: 301). Analog zu Lijphart kann das hier gewählte Vorgehen bei der Betrachtung
der Fälle als Hypothesen generierend bezeichnet werden: Ausgehend von einer vagen Vorstel-‐
lung dient die Fallstudie der Formulierung einer deRinitiven Hypothese, die dann an einer
größeren Fallzahl geprüft werden kann (vgl. Lijphart 1971: 692).
Die Methode des Vergleichs in dieser Arbeit ist in Anlehnung an John Stuart Mill die Diffe-‐
renzmethode im Unterschied zur Konkordanzmethode. Während bei der Konkordanzmetho-‐
de „eine auffällige Gemeinsamkeit von in vielen Dimensionen sehr unterschiedlichen Fällen er-‐
klärt werden soll“ (Siegel 2007a: 107), werden bei der Differenzmethode Bestimmungsfakto-‐
ren für die unterschiedliche Ausprägung eines Sachverhaltes bestimmt, indem Fälle für die
Untersuchung gewählt werden, die in möglichst vielen EinRlussfaktoren übereinstimmen (vgl.
Siegel 2007a: 106). So sollen in der vorliegenden Arbeit bei ähnlicher Einkommensstruktur
des Staatshaushalts und einer ähnlichen grundsätzlichen Konzeption des Wohlfahrtssystems
mögliche Ursachen für den unterschiedlichen sozialstaatlichen Output identiRiziert werden.
Da die Wohlfahrtssysteme der beiden Länder zum jetzigen Zeitpunkt verglichen werden, han-‐
delt es sich um einen klassischen Querschnittvergleich (vgl. Siegel 2007a: 98). Allerdings wird
zur Analyse der Entstehungsgeschichte der Wohlfahrtssysteme die Theorie der Pfadabhän-‐
gigkeit, oder auch Politik-‐Erblast verwendet. Diese geht davon aus, dass einmal eingeschlage-‐
ne Wege nur schwer zu verlassen sind und dementsprechend gegenwärtige politische Ent-‐
scheidungen von Entscheidungen in der Vergangenheit abhängen (vgl. Ostheim/Schmidt
2007: 85). Laut Paul Pierson gibt es dafür zwei wichtige Gründe. Zum einen nennt er das Kon-‐
zept der „increasing returns“, welches besagt, dass Änderungen des einmal eingeschlagenen
Weges mit Kosten und Risiken verbunden sind und deswegen die Weiterentwicklung entlang
dieses Weges ein geringeres Risiko und wahrscheinlicheren Erfolg verspricht (vgl. Pierson
2000: 252f.). In Verbindung damit nennt Pierson zweitens die Persistenz von institutionellen
Arrangements als Grund für Pfadabhängigkeit, da diese sehr stark verhaltensbeeinRlussend
und stabilisierend wirken und somit nur schwer und unter hohen Kosten geändert werden
können (vgl. Pierson 2000: 259). Die Erklärungskraft der Theorie der Pfadabhängigkeit liegt
darin, dass sie zeigt, wie die heutige Ausgestaltung der Wohlfahrtssysteme auf bis zu hundert
5
Jahre zurückliegende Entscheidungen zurückgeht.3 Die Analyse wird zeigen, dass gerade im
Bereich des Wohlfahrtsstaates die Erblast sehr hoch ist.
Zur Beantwortung der Frage nach Entwicklungspotentialen des russischen Wohlfahrtssys-‐
tems wird hingegen mit sozioökonomischen Erklärungsfaktoren gearbeitet. Gemäß der so-‐
zioökonomischen Theorie wird dabei „mit gesellschaftlichen [und] wirtschaftlichen Bedarfsla-‐
gen der Bevölkerung auf der einen Seite und sozioökonomischen Ressourcen der Gesellschaft und
des Staates auf der anderen Seite“ (Schmidt/Ostheim 2007b: 29) argumentiert. Diese Theorie
eignet sich durch die Betrachtung der Ressourcen des Staates und sozioökonomischer Not-‐
wendigkeiten staatlichen Handelns besonders gut für die Analyse von Staatsausgaben und de-‐
ren Veränderung (vgl. Schmidt/Ostheim 2007b: 34f.).
Nach dieser Vorstellung der gewählten vergleichenden Methoden, nun einige Worte zum Um-‐
gang mit den empirischen Daten. Für maximale Aktualität werden die neuesten verfügbaren
Daten genutzt. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Daten teilweise aus verschiedenen Jahren
stammen. Sofern für die Länder Daten aus unterschiedlichen Jahren verwendet werden, wird
sichergestellt, dass es in dem Land mit den neueren Daten nicht zu einem Bruch in der Ent-‐
wicklung seit dem letzten Jahr, in dem Daten für das andere Land verfügbar sind, kam, der das
Ergebnis verzerren würde. Generell wird, um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleis-‐
ten, soweit es möglich ist, auf Daten internationaler Organisationen (OECD, WHO) zurückge-‐
griffen. Nur in Fällen, in denen diese Daten nicht verfügbar sind, werden Daten der nationalen
Statistikbehörden verwendet. Diese stammen aus den jeweiligen statistischen Jahrbüchern
für das Jahr 2011.4 Auch wenn die Verwendung von statistischen Daten gerade in Staaten mit
demokratischen DeRiziten wie Russland (vgl. Mommsen 2010: 424) mit Problemen hinsicht-‐
lich ihrer Authentizität behaftet ist, sind sie doch in der Lage, Trends darzustellen. Außerdem
werden sie auch von internationalen Organisationen verwendet, da oft keine anderen Daten
zur Verfügung stehen. Zur Erhöhung der Anschaulichkeit werden alle Daten, die in Wäh-‐
rungseinheiten angegeben sind, in Euro umgerechnet. Die Umrechnungen von Norwegischen
Kronen (NOK), Russischen Rubeln (RUB) und US-‐Dollar in Euro erfolgen mit dem durch-‐
schnittlichen Wechselkurs der Europäischen Zentralbank (EZB) für das betreffende Jahr.5
Die Begriffe Russland und Russische Föderation (Rossija/Rossijskaja Federacija) sind gleichbe-‐
rechtigte Staatsnamen des Rechtsnachfolgers der Sowjetunion (vgl. Mommsen 2010a: 419).
Entsprechend werden beide Begriffe in der Arbeit synonym verwendet.
6
3 Ausführlicher zu den Stärken der Theorie der Pfadabhängigkeit: Ostheim/Schmidt 2007: 90ff.4 Statistisches Jahrbuch der RF: Rosstat 2011; Statistisches Jahrbuch Norwegens: Statistisk sentralbyrå 2011.5 Für eine Übersicht der Wechselkurse seit 1999 s. Abb. 02, S. 54.
1.3. Typologisierung
Wohlfahrtssysteme sind ohne Frage hochkomplexe Gebilde, deren genaue Ausgestaltung in
jedem Land ebenso unterschiedlich ist wie ihre Entstehungsgeschichte. Trotzdem lassen sich
Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten zwischen den Wohlfahrtssystemen verschiedener Län-‐
der sowohl hinsichtlich der Art und Weise wohlfahrtsstaatlicher Versorgung, als auch der
Genese der Wohlfahrtssysteme identiRizieren. Aus diesem Grund wird „in der neueren politik-‐
wissenschaftlichen Forschung von verschiedenen Typen des Wohlfahrtsstaates ausgegangen“
(Schmid 2010a: 98).
Die bedeutendste klassische Unterscheidung wurde zwischen dem Bismarck-‐Typus und dem
Beveridge-‐Typus vorgenommen. Das Bismarck-‐System, benannt nach dem deutschen Reichs-‐
kanzler, der im späten 19. Jahrhundert in Deutschland das erste Sozialversicherungssystem
einführen ließ, besitzt die folgenden Eigenschaften: Es wird durch Beiträge Rinanziert, die
nach Einkommen gestaffelt sind, und die Auszahlungen richten sich nach der Höhe der einge-‐
zahlten Beiträge. Ziel des Systems ist die Sicherung des Lebensstandards, wobei es ursprüng-‐
lich auf Erwerbstätige beschränkt war. Das Beveridge-‐System ist nach dem Briten William H.
Beveridge benannt, der in den 1940er Jahren die Grundlage für das britische Sozialsystem
schuf. Im Gegensatz zum Bismarck-‐System sind die Sozialleistungen im Beveridge-‐System
steuerRinanziert und es sieht Pauschalleistungen für die gesamte Bevölkerung vor. Ziel ist die
Sicherung des Existenzminimums (vgl. Rohwer 2008: 26).
Die heute verbreitetere und stärker diskutierte Typologie stammt von Gøsta Esping-‐Ander-‐
sen. In seinem Buch „The Three Worlds of Welfare Capitalism“ (Esping-‐Andersen 1990) iden-‐
tiRiziert er drei Typen von Wohlfahrtsstaaten, die er danach kategorisiert, wie stark sie de-‐
kommodiRizierend wirken und inwieweit sie soziale Schichtungen (stratiRications) auRheben
oder unterstützen. Unter DekommodiRizierung versteht er:
„That citizens can freely, and without potential loss of job, income, or general wel-‐
fare, opt out of work when they themselves consider it necessary.“ (Esping-‐Andersen
1990: 23)
Bezüglich der sozialen Schichtung geht Esping-‐Andersen davon aus, dass sie entweder durch
wohlfahrtsstaatliche Politik korrigiert oder manifestiert werden kann:
„The welfare state is not just a mechanism that intervenes in, and possibly corrects,
the structure of inequality; it is, in its own right, a system of stratiWication.“ (Esping-‐
Andersen 1990: 23)
7
Anhand dieser beiden Kriterien, sowie danach, wie die Verantwortung für die Bereitstellung
von Wohlfahrtsleistungen zwischen Staat, Markt und Familie aufgeteilt ist, unterscheidet er
den liberalen, den konservativen und den sozialdemokratischen Regime-‐Typus.
Im liberalen Regime-‐Typus trägt der Markt die hauptsächliche Verantwortung für die Wohl-‐
fahrt und der Staat wird nur dort tätig, wo der Markt keine Lösung Rinden kann und dann
auch nur mit minimalen Leistungen, die den Empfänger zu einer Rückkehr zum Markt bewe-‐
gen sollen. Der Effekt der DekommodiRizierung ist dementsprechend minimal und eine soziale
StratiRikation zwischen den vom Markt Versorgten und den Empfängern der staatlichen Mi-‐
nimalversorgung wird geschaffen (vgl. Esping-‐Andersen 1990: 26f.). Laut Siegel
„dominiert in dieser Wohlfahrtsstaatskonzeption in der sozialpolitischen Praxis das
Fürsorgeprinzip, dem gemäß Sozialleistungen nur (nachweislich) Bedürftigen zuste-‐
hen sollen“ (Siegel 2007b: 263).
Diesem Typus ordnet Esping-‐Andersen die USA, Kanada und Australien zu.
Die Verantwortung des Staates ist wesentlich größer im konservativen (oder auch korporatis-‐
tischen) Regime-‐Typus, allerdings ist der Wohlfahrtsstaat hier darauf ausgerichtet, Statusun-‐
terschiede zu konservieren. Die soziale Schichtung wird nur geringfügig durch die Wohl-‐
fahrtspolitik beeinRlusst. Eine zentrale Rolle bei der Versorgung kommt jedoch der Familie zu.
Diese wird durch Subventionen und Begünstigungen für Ehepartner unterstützt und sie ist
gleichzeitig die erste verantwortliche Instanz bei der sozialen Versorgung (vgl. Esping-‐Ander-‐
sen 1990: 27). Wohlfahrtsstaatliche Leistungen sind in der Regel beitragsRinanziert und die
Höhe der ausgezahlten Leistungen erfolgt nach dem Äquivalenzprinzip, das heißt, die Höhe
der Auszahlung richtet sich nach der Höhe der Einzahlung (vgl. Siegel 2007b: 263f.). Esping-‐
Andersen ordnet diesem Regime-‐Typus die meisten kontinentaleuropäischen Länder wie
Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich zu.
Staaten, die dem sozialdemokratischen Regime-‐Type zugeordnet werden können, verfolgen
nach Esping-‐Andersen die Prinzipien von Universalismus und DekommodiRizierung und stre-‐
ben „equality of the highest standards, not an equality of minimal needs as was pursued elswhe-‐
re“ (Esping-‐Andersen 1990: 27) an. In diesen Staaten liegt die Verantwortung für die Versor-‐
gung allein beim Staat und alle Schichten werden unter einem einheitlichen System zusam-‐
mengefasst. Erklärtes Ziel des Staates ist hier Vollbeschäftigung, da nur so das universalisti-‐
sche, hohe Einkommen erhaltende System aufrechterhalten werden kann (vgl. Esping-‐Ander-‐
sen 1990: 28). Die Leistungen des Wohlfahrtsstaates sind steuerRinanziert, ebenso wie der
öffentliche Dienstleistungssektor, der beim sozialdemokratischen Regime-‐Typus wesentlich
8
stärker ausgebaut ist, als in den anderen Typen (vgl. Siegel 2007b: 266). Dieser Regime-‐Typus
beschränkt sich bei Esping-‐Andersen auf die skandinavischen Länder Dänemark, Norwegen
und Schweden.
Bei seiner Typologie wohlfahrtsstaatlicher Regime betrachtet Esping-‐Andersen ausschließlich
entwickelte OECD-‐Demokratien, was zur Folge hat, dass die Anwendung dieser Typologie auf
Staaten außerhalb dieser Gruppe nur schwer möglich ist. Bei der Betrachtung posttotalitärer
Regime in Südeuropa wurde daher ein vierter Regime-‐Typus entwickelt, den Stephan Leib-‐
fried als „Rudimentären Wohlfahrtsstaat“ (Leibfried 1992: 343f.) bezeichnet. Er ist gekenn-‐
zeichnet durch geringe wohlfahrtsstaatliche Leistungen, die im Kontrast zu umfangreichen
institutionalisierten Versprechen stehen. Gleichzeitig schaffen der geringe Industrialisie-‐
rungsgrad und die oft damit verbundene Persistenz der Substanzwirtschaft eine Rahmenbe-‐
dingung, die sich von denen in industrialisierten Ländern stark unterscheidet (vgl. Leibfried
1992: 344). In Kombination mit der Eigenschaft, eines späten politischen, ökonomischen und
sozialen Systemwandels nach dem Zusammenbruch eines autoritären Regimes, kann dieser
Typus auch bei der Betrachtung der postsozialistischen Länder Osteuropas bedeutend sein
(vgl. Lessennich 1995: 38f.). Tatsächlich hat Raj Kollmorgen in einer eigenen Typologie für
postsozialistische Länder einen rudimentär staatspaternalistischen Typus vorgeschlagen. Die
zentralen Eigenschaften dieses Typus sind egalisierende soziale Sicherheitsmaßnahmen,
SteuerRinanzierung und starke staatliche Kontrolle (vgl. Kollmorgen 2009: 84).
1.4. Normative Grundlagen zur Bewertung von Wohlfahrtssystemen
Nach der DeRinition von Schmidt/Ostheim (siehe 1.1.) hat der Wohlfahrtsstaat zwei Aufgaben.
Zum einen soll er seine Bürger gegen soziale Risiken versichern und zum anderen ein Maxi-‐
mum an sozialer Mobilität, sprich Chancengleichheit, ermöglichen. Die Qualität des Wohl-‐
fahrtsstaates muss also danach beurteilt werden, wie gut es ihm gelingt, diese Aufgaben zu
erfüllen. Die unterschiedlichen Typen von Wohlfahrtsstaaten zeigen, dass ein Streit darüber
besteht, ob der Staat oder der Markt besser in der Lage ist, diese Aufgaben zu erfüllen.
Anhand der Theorie der öffentlichen-‐ oder Kollektivgüter soll im Folgenden kurz gezeigt wer-‐
den, worin die Notwendigkeit staatlichen Handelns besteht. Kollektivgüter verfügen über Ei-‐
genschaften, aufgrund derer sie in der Regel von der Privatwirtschaft nicht bereitgestellt
werden. Diese Eigenschaften sind zum einen die Nicht-‐Exkludierbarkeit. Demnach wird von
Mancur Olson ein „Kollektiv-‐ oder öffentliches Gut [...] als jedes Gut deWiniert, das den anderen
Personen in einer Gruppe praktisch nicht vorenthalten werden kann, wenn irgendeine Person [...]
9
es konsumiert“ (Olson 1992: 13). Die zweite Eigenschaft von Kollektivgütern ist die Nicht-‐Ri-‐
valität der Nutzung, die Paul Samuelson wie folgt deRiniert:
„Collective consumption goods [...] which all enjoy in common in the sense that each
individual's consumption of such a good leads to no subtraction from any other indi-‐
vidual's consumption of that good“ (Samuelson 1954: 387).
Aufgrund dieser Eigenschaften kommt es zu einem „'free-‐rider-‐problem' in the sense that a
person may hope to gain extra-‐beneWits by unilaterally defecting“ (Vanberg/Buchanan 1988:
144), welches dazu führt, dass es am Markt nicht zur Bereitstellung des öffentlichen Gutes
kommt.
Im Folgenden wird argumentiert, dass die meisten wohlfahrtsstaatlichen Leistungen diese
Eigenschaften aufweisen. Grundsätzlich stellen nicht alle Leistungen öffentliche Güter dar,
sondern erst ihre kollektive Verfügbarkeit macht sie zu kollektiven Gütern. Sowohl Bildung
als auch Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung würden für denjenigen Teil der
Bevölkerung, der bereit und in der Lage ist, für sie zu zahlen, auch vom Markt erbracht. Auf
dieser Logik baut der liberale Wohlfahrtsstaat auf, der nur dort Leistungen bereitstellt, wo der
Markt dies nicht mehr tut. Dies kann allerdings zu starken Unterschieden in der bereitgestell-‐
ten Qualität führen.
Auf die Gefahr, die aus einem solchen Dualismus entsteht, geht Esping-‐Andersen (1999) in
der Weiterentwicklung seiner Typologie „Social Foundations of Postindustrial Economies“
ein. Demnach ist der Staat deswegen die geeignetste Institution zur Absicherung und Minde-‐
rung sozialer Risiken, weil diese ungleich über die sozialen Schichten verteilt sind: Der Beruf
des Arbeiters birgt mehr gesundheitliche Risiken als der des Akademikers, der gering QualiRi-‐
zierte läuft schneller Gefahr, arbeitslos zu werden und die allein erziehende Mutter hat ein
höheres Armutsrisiko. Gleichzeitig wird es für die statistisch stärker Gefährdeten unmöglich
sein, sich am Markt gegen die Risiken abzusichern, da sie aufgrund ihrer höheren Gefährdung
mehr bezahlen müssten, gleichzeitig aber über geringere Mittel verfügen. Auch die Familie
kann wenig Abhilfe schaffen, da sie in der Regel der gleichen sozialen Schicht angehört und
deswegen genauso gefährdet ist (vgl. Esping-‐Andersen 1999: 40). Der Wohlfahrtsstaat sorgt
also für eine Kollektivierung der Risiken und der Kosten.
Es reicht allerdings nicht, zu zeigen, dass der Staat am besten zur Kollektivierung von Kosten
und Risiken in der Lage ist. Es muss auch begründet werden, welche gesellschaftlichen Vortei-‐
le dies bietet. Hinsichtlich der Gesundheitsversorgung argumentiert Norbert Arnold dabei in
zwei Richtungen. Zum einen stellt er fest:
10
„Aus gesellschaftlicher Sicht stellt sich Gesundheit als ein wichtiger humanitärer Fak-‐
tor dar. Darin begründet sich die FürsorgepWlicht des Staates, dessen Aufgabe es ist,
geeignete Rahmenbedingungen für die gesundheitliche Versorgung und die damit
verbundenen Fragen der Chancengerechtigkeit zu schaffen.“ (Arnold 2011: 11)
Neben dem humanitären Aspekt und der Frage der Chancengleichheit betont Arnold zusätz-‐
lich auch den ökonomischen Aspekt von Gesundheit als Produktionsfaktor (vgl. Arnold 2011:
11f.).
Analog kann auch im Bereich der Bildung argumentiert werden. Wie Esping-‐Andersen (siehe
S. 10) feststellte, hängt der soziale Status vom Bildungsniveau ab. Diese Abhängigkeit nimmt
mit der Entwicklung zur Wissensgesellschaft zu. Bildungssysteme können also sowohl sozial
integrierend als auch segregierend wirken, wobei sich das Zweite nicht auf private Bildungs-‐
angebote reduziert, sondern auch in staatlichen Bildungssystemen anzutreffen ist, etwa im
dreigliedrigen Schulsystem in Deutschland (vgl. Randhahn 2011: 43). Da jedoch, wie Brigitte
Freyh argumentiert, Bildung das Kapital ist, welches Bürger zum Nutzen der Gesellschaft ein-‐
bringen können, muss gewährleistet sein, dass jeder möglichst gleiche Chancen hat, dieses zu
erlangen (vgl. Freyh 1963: 89). Auch hier greifen also humanitäre und ökonomische Argu-‐
mente eng ineinander.
Das hier dargestellte egalitäre Verständnis des Wohlfahrtsstaates entspricht dem sozialde-‐
mokratischen Typus. Dieser Wohlfahrtsstaat „bekämpft das Ausmaß gesellschaftlicher Un-‐
gleichheit durch Redistribution“ (Schmid 2010b: 1235) und legt Wert auf die Schaffung von
Chancengleichheit. Warum auf diese Weise ein Maximum an gesellschaftlicher Wohlfahrt ge-‐
neriert wird, haben Richard Wilkinson und Kate Pickett in einer umfangreichen Studie ge-‐
zeigt, in der sie den Zusammenhang zwischen Ungleichheit und sozialen sowie gesundheitli-‐
chen Problemen in entwickelten Gesellschaften untersucht haben. Sie kommen zu dem Er-‐
gebnis, dass alle untersuchten Probleme6 in ungleicheren Gesellschaften häuRiger anzutreffen
sind.7 An einem Vergleich der Gesundheitsprobleme in Schweden und England zeigen sie,
dass dies nicht nur darauf zurückzuführen ist, dass es in egalitäreren Gesellschaften der un-‐
tersten sozialen Schicht besser geht, sondern dass in diesen Gesellschaften alle Schichten bes-‐
sere Ergebnisse zeigen8 (vgl. Wilkinson/Pickett 2010).
11
6 Von Wilkinson und Pickett betrachtete Probleme: psychische Erkrankungen, Lebenserwartung und Säuglings-‐sterblichkeit, Alkohol-‐ und Drogenabhängigkeit, Übergewicht, schulische Leistungen von Kindern, Teenage-‐Schwangerschaften, Mordraten, Inhaftiertenraten, soziale Mobilität, gegenseitiges Vertrauen.7 Für die Darstellung der Korrelation s. Abb. 03, S. 55.8 Für die graphische Darstellung der Ergebnisse s. Abb. 04, S. 55 und Abb. 05, S. 56.
2. Der politische und ökonomische Rahmen
2.1. Die Politischen Systeme und ihre Entwicklung
2.1.1. Norwegen
Bereits im Jahr 1814, in einer kurzen Phase der Unabhängigkeit nach den Napoleonischen
Kriegen, gab sich Norwegen eine demokratische Verfassung. Diese Verfassung ist bis heute
gültig und damit die älteste Verfassung Westeuropas (vgl. Groß/Rothholz 2009: 152). Die He-‐
rausbildung der Demokratie wurde in Norwegen dadurch begünstigt, dass es keinen Adel gab
und dadurch eine kleine Beamtenelite und grundbesitzende Bauern das politische Geschehen
kontrollierten. Prägend für die Entwicklung des politischen Systems in Norwegen war, dass
bereits die vorindustrielle gesellschaftliche Struktur verhältnismäßig egalitär war (vgl. Kuh-‐
nle 1992: 12f.).
Das Regierungssystem in Norwegen ist eine repräsentative parlamentarische Demokratie.
Das wichtigste Staatsorgan ist das Palament (Storting). Dieses arbeitet Gesetze gemeinsam
mit der Regierung aus, welche den Gesetzesbeschlüssen zustimmen muss (Groß/Rothholz
2009: 155). Die Regierung wird von einer oder mehreren Parteien des Stortings gebildet und
es kann sowohl die Mehrheitsregierung einer Partei, als auch Koalitionsregierungen, aber
auch Minderheitsregierungen geben. Die Regierung „muss nicht im Storting bestätigt werden,
es reicht, dass sich keine Mehrheit gegen die Regierung im Parlament bildet“ (Groß/Rothholz
2009: 162).
Entscheidend für die politische Entwicklung Norwegens war die Dominanz der sozialdemo-‐
kratischen Arbeiterpartei. Diese hatte von 1935 bis 1965 ununterbrochen regiert. Bis 1961 –
mit Ausnahme der Jahre 1940-‐45 – als Mehrheitsregierung und dann als Minderheitsregie-‐
rung (vgl. Kuhnle 1992: 14). Allerdings ist der politische EntscheidungsRindungsprozess in
Norwegen sehr konsensorientiert (vgl. Lijphart 1999: 250). Die Parteien einigen sich oft in
der Mitte und gerade über den Ausbau des Wohlfahrtsstaates herrscht parteienübergreifende
Übereinstimmung.
„So wurde beispielsweise die wichtigste soziale Reform -‐ das nationale Sozialversi-‐
cherungssystem -‐ durchgeführt, als die Konservativen mit drei anderen bürgerlichen
Parteien an der Regierung waren.“ (Kuhnle 1992: 17)
2.1.2. Russische Föderation
Im Gegensatz zu Norwegen verlief die Entwicklung des politischen Systems in Russland weni-‐
ger gradlinig. Nach dem Ende der Zarenherrschaft und der Oktoberrevolution 1917 wurde die
12
Sowjetunion (SU) als erster sozialistischer Staat der Welt gegründet. Große Hoffnungen wur-‐
den in den Sozialismus, als neue Gesellschaftsordnung, gelegt, die sozialen Probleme des in-‐
dustriellen Zeitalters zu lösen (vgl. Plaggenborg 2010: 29). Jedoch zeigte sich schnell ein an-‐
deres Bild. Autokratisch beherrscht von einer einzigen Partei, der Kommunistischen Partei
der SU (KPdSU), deren höchstes Parteiorgan, das Politbüro, de facto die Regierung bildete,
blieb nur wenig übrig, vom basisdemokratischen Konzept der Räte (Sowjets) Republik (vgl.
Paggenborg 2010: 31f.). Stattdessen entstand eine Willkürherrschaft, die sich auf ideologische
Indoktrinierung und Verfolgung von Andersdenkenden stützte. Die Folge war ein fast
vollständiges Ersticken der Zivilgesellschaft (Plaggenborg 2010: 35). Auch die zentral geplan-‐
te Wirtschaft stellte sich nicht als erfolgreiches Modell heraus. Sie war gekennzeichnet durch
geringe EfRizienz und hohe Kosten, auch aufgrund der riesigen bürokratischen Verwaltung. Im
Ergebnis wurden Konsumprodukte in schlechter Qualität und in zu geringen Mengen herge-‐
stellt (vgl. Plaggenborg 2010: 38).
Mit dem Ende der SU, deren Rechtsnachfolge die Russische Föderation (RF) 1991 antrat, ging
nicht nur die KPdSU unter, sondern auch das politische-‐ und das Wirtschaftssystem wurden in
Demokratie und Marktwirtschaft transformiert. 1993 wurde in einem Referendum eine unter
Leitung von Boris Jelzin ausgearbeitete neue Verfassung verabschiedet (vgl. Schneider 2001:
28ff.). Da die Verfassung dem Präsidenten sehr umfangreiche Kompetenzen zuweist, spricht
Eberhard Schneider von einem präsidentiellen System. Abgesehen von der Möglichkeit des
Parlaments, die Ablösung einer Regierung zu erzwingen, mit der es nicht einverstanden ist,
weist Russland tatsächlich alle Eigenschaften eines präsidentiellen Systems auf (vgl. Schnei-‐
der 2001: 54).
Unter der Präsidentschaft Jelzins, die bis 1999 währte, wurden zunächst demokratische
Grundsätze wie Gewaltenteilung, Freiheit der Medien und freie Wahlen respektiert (vgl.
Mommsen 2010b: 63). Andererseits pRlegte auch Jelzin bereits einen sehr autoritären Füh-‐
rungsstil, bei dem er auf die Unterstützung einiger weniger Oligarchen baute (vgl. Mommsen
2010b: 60f.). Primäres Ziel der Jelzinregierung war die Transformation zur Marktwirtschaft
(vgl. Mommsen 2010b: 58). Spätestens seit dem Amtsantritt Vladimir Putins kam es dann zu
zunehmender Konzentration der Macht beim Präsidenten, weswegen das russische politische
System auch als „superpräsidentielles“ Regime oder „defekte Demokratie“ bezeichnet wird
(vgl. Mommsen 2010b: 424). Da die russische Verfassung die Herrschaftsdauer des Präsiden-‐
ten auf zwei Legislaturperioden in Folge beschränkt, musste Putin 2008 das Amt an Dimitri
Medwedjew übergeben. Er selbst blieb aber als Premierminister de facto der mächtigste Poli-‐
tiker (vgl. Mommsen 2010a: 428f.). Mit der Rückkehr Putins ins Präsidentenamt sowie der
13
Verlängerung der Legislaturperiode des Präsidenten auf sechs Jahre (vgl. Mommsen 2010a:
441) wurde die Demokratie weiter geschwächt.
2.2. Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen
Werden Größe und Bevölkerungszahl betrachtet, könnten Russland und Norwegen unter-‐
schiedlicher nicht sein. Die RF erstreckt sich über eine Fläche von 17 Mio. Quadratkilometern
(km2) wovon ein kleinerer Teil von 4 Mio. km2 in Europa und der größere Teil mit 13 Mio.
km2 in Asien liegt. Norwegen dagegen verfügt nur über eine Fläche von etwas über 385.000
km2. In Russland ist die Bevölkerungszahl seit Jahren rückläuRig, allerdings hat sich der Be-‐
völkerungsschwund in den letzten Jahren etwas verlangsamt, und betrug 2010 nur noch
-‐0,1%. Russland hatte 2010 knapp 143 Mio. Einwohner. Norwegen dagegen kann nicht nur
ein positives Bevölkerungswachstum aufweisen, sondern auch eine ansteigende Wachstums-‐
rate. Diese hat sich von 0,6% 2003 auf 1,3% 2010 mehr als verdoppelt. Die Bevölkerungszahl
betrug 2010 knapp 4,9 Mio. Weder Russland noch Norwegen sind dicht besiedelt. Im Durch-‐
schnitt leben in Norwegen 12,7 Personen pro Quadratkilometer und in Russland 8,4. Aller-‐
dings gibt es in Russland einen großen Unterschied zwischen dem europäischen und dem asi-‐
atischen Teil des Landes. So beträgt die Bevölkerungsdichte im europäischen Teil 26,3 Ein-‐
wohner pro km2 und im asiatischen Teil nur knapp 3 Einwohner pro km2.
Der Unterschied zwischen der Lebenserwartung in Russland und in Norwegen ist beträcht-‐
lich. Im Schnitt betrug er 2009 12,3 Jahre. In Norwegen lag die Lebenserwartung von Frauen
bei 83,2 und von Männern bei 78,7 Jahren. In Russland ist der Unterschied zwischen den Ge-‐
schlechtern noch größer. Die Lebenserwartung von Männern beträgt dort 68,7 Jahre während
Frauen 12 Jahre länger leben. Es ist eine der höchsten Differenzen weltweit (vgl. OECD
2012a/b).
Während Norwegen seit langem über eine starke und stabile Wirtschaft verfügt, befand sich
die russische Wirtschaft nach der Misswirtschaft in der SU und den Schwierigkeiten in Zu-‐
sammenhang mit dem Übergang zur Marktwirtschaft, Ende der 1990er Jahren in einem deso-‐
laten Zustand. Seitdem konnte die russische Wirtschaft jedoch, getrieben von zunehmenden
Rohstoffexporten und steigenden Preisen für Erdöl und Erdgas, stark wachsen. Vor der globa-‐
len Finanz-‐ und Wirtschaftskrise 2008 betrug das Wachstum im Schnitt 7,5% und nachdem
die Wirtschaft 2009 schrumpfte, wuchs sie bereits 2010 wieder um 4%. Im Vergleich dazu
wuchs die norwegische Wirtschaft mit durchschnittlich 2,5% nur langsam. Zwar war das
14
Bruttoinlandsprodukt (BIP)9 der RF 2010 mit 2122 Mrd. Euro zehn mal so groß wie das nor-‐
wegische mit 209 Mrd. Euro, allerdings war das norwegische Pro-‐Kopf-‐BIP mit 43.000 Euro
fast drei mal so hoch wie das russische mit 15 Tsd. Euro. Das zeigt, dass die Arbeitsproduktivi-‐
tät in Russland wesentlich geringer ist als in Norwegen. Beide Länder verfügen aufgrund ihrer
Rohstoffexporte über einen Handelsbilanzüberschuss. Dieser ist im Verhältnis zum BIP mit
13,3% in Norwegen jedoch höher als in Russland mit 8,3%. Daraus folgt, dass Russland im
Verhältnis zu den Exporten mehr importiert als Norwegen, also auch mehr für Importe aus-‐
gibt.
Auch bei der Arbeitslosigkeit spiegelt sich die Stärke der norwegischen Wirtschaft gegenüber
der russischen wider. In Norwegen betrug die Arbeitslosenrate 2010 3,5% und in Russland
7,5%. In beiden Ländern war sie vor der Finanz-‐ und Wirtschaftskrise rückläuRig gewesen und
ist in folge der Krise wieder angestiegen. Noch deutlicher wird der Entwicklungsstand des je-‐
weiligen Landes beim Vergleich von Lohn und Einkommen. In Russland lag das durchschnitt-‐
liche monatliche Einkommen 2010 bei umgerechnet 470 Euro und der durchschnittliche Lohn
bei 520 Euro. In Norwegen dagegen betrug das durchschnittliche Einkommen 3610 Euro und
der durchschnittliche Lohn einer Vollzeitstelle lag bei 4760 Euro.10 Diese drastischen Lohnun-‐
terschiede spiegeln noch einmal den im vorigen Absatz angesprochenen Unterschied der Ar-‐
beitsproduktivität beider Länder wieder.
2.3. Die Erdöl-‐ und Erdgasindustrien
2.3.1. Norwegen
Seit der Entdeckung von Erdölvorkommen in der Nordsee in den 1960er Jahren und deren
Bewirtschaftung, hat der norwegische Staat umfangreiche Kontrolle über den Erdöl-‐ und Erd-‐
gassektor ausgeübt. Staatliche Kontrolle und staatliches Eigentum in der Industrie haben in
Norwegen eine lange Tradition und sind allgemein akzeptiert. Schätzungsweise hält der nor-‐
wegische Staat 55% Anteil am verarbeitenden Gewerbe, den Rohstoffsektor mit eingeschlos-‐
sen (vgl. Halvorsen/Stjernø 2008: 26). Die staatliche Kontrolle über den Erdöl-‐ und Erdgas-‐
sektor gliedert sich in zwei Bereiche. Zum einen besitzt der Staat die Verfügungsgewalt über
die Ressourcen und kontrolliert deren Förderung und zum anderen ist er mit in staatlichem
Besitz beRindlichen Firmen direkt an der Bewirtschaftung beteiligt (vgl. Allendorf 2007: 38).
15
9 Angaben zum BIP in KauRkraftparitäten.10 Alle statistischen Angaben aus OECD 2012a/2012b sowie den Statistischen Jahrbüchern der RF und Norwe-‐gens für 2011.
Im ersten Bereich übt der Staat Kontrolle über das Konzessionssystem aus. Erdölunterneh-‐
men, die in Norwegen tätig sein wollen, benötigen dafür eine Konzession. Um eine solche zu
erhalten, müssen die Unternehmen bestimmte Anforderungen erfüllen, mit denen sicherge-‐
stellt werden soll, dass „die Verwendung der Ressourcen in höchst möglichem Maße zugunsten
des gesellschaftlichen Allgemeinwohls“ (Allendorf 2007: 36) geschieht. Im zweiten Bereich ist
der Staat mit den beiden Unternehmen Statoil und Norsk Hydro tätig, an denen er die Mehr-‐
heit der Aktienanteile besitzt. Statoil war mit dem Ziel, dem Staat eine zentrale Position in der
Erdölindustrie zu sichern, als staatliches Unternehmen gegründet worden. Es ist heute das
größte Unternehmen Norwegens. Allerdings hat das Unternehmen mehrere Umstrukturie-‐
rungen erfahren und der Staat hält nach eigenen Angaben derzeit nur noch 67% der Anteile
(vgl. NMoPE 2012). Darüber hinaus hält der Staat jedoch Direktbeteiligungen (SDFI) im Erdöl-‐
und Erdgassektor, die von einer eigens dafür gegründeten Gesellschaft, der Petoro AS mit dem
Ziel verwaltet werden, größtmögliche Gewinne für den Staat zu erzielen (vgl. Allendorf 2007:
40ff.).
Dementsprechend sind die SDFI „ein wichtiges Instrument für die Wertschöpfung der Regie-‐
rung aus den Erdölaktivitäten“ (Allendorf 2007: 41). Weitere Einnahmen erhält der Staat
durch Steuern, die auf wirtschaftliche Aktivitäten im Erdöl-‐ und Erdgassektor erhoben wer-‐
den, sowie über Unternehmensanteile, die der Staat an Statoil und Hydro Norsk hält. Diese
Einnahmen aus der Öl-‐ und Gasindustrie machen einen wichtigen Teil des Staatshaushaltes
aus. Ohne diese Einnahmen hätte Norwegen im Jahr 2010 ein BudgetdeRizit von umgerechnet
13 Mrd. Euro gehabt, was 4,2% des BIP entsprochen hätte. Da jedoch die staatlichen Einnah-‐
men aus der Erdöl-‐ und Erdgasindustrie im gleichen Jahr 37 Mrd. Euro betrugen und damit
knapp ein Drittel aller Staatseinnahmen ausmachten, konnte nicht nur das BudgetdeRizit aus-‐
geglichen werden, sondern auch noch 21 Mrd. Euro dem Pensionsfond zugeführt werden (vgl.
NMoF 2011).11
Entscheidend für diese Einnahmen ist die Entwicklung der Erdöl-‐ und Erdgasindustrie. Der
Anteil der Erdöl-‐ und Erdgasförderung am BIP hat sich in Norwegen zwischen 2000 und 2010
nur minimal verändert und liegt bei etwas über 20%. Allerdings hat sich der Export von Erdöl
und Erdgas in dieser Zeit sehr stark verringert. Nach einem Höchststand von 142 Mio. Tonnen
exportierten Erdöls 2001 hat sich die Exportmenge bis 2010 fast halbiert auf nur noch 76 Mio.
Tonnen. Durch den Anstieg des Ölpreises konnten die Einnahmen aus dem Export trotz der
rückläuRigen Exportmenge von umgerechnet 29 Mrd. Euro auf 34 Mrd. Euro gesteigert wer-‐
den. Anders als beim Erdöl wurden die Erdgasexporte zwischen 2000 und 2010 48,5 auf 97,3
1611 Tabellarische Übersicht über den Staatshaushaltes: Abb. 06, S. 56.
Mrd. m3 mehr als verdoppelt und die Einnahmen von 5,9 auf 20,5 Mrd. Euro mehr als verdrei-‐
facht (vg. Statistisk Sentralbyrå 2011: 248ff.).
2.3.2. Russische Föderation
Die Rolle des Staates ist in Russland bei der Erdöl-‐ und der Erdgasproduktion unterschiedlich.
Seit dem Zusammenbruch der SU beRindet sich fast die gesamte russische Erdgaswirtschaft in
staatlichem Besitz in Form des staatlichen Erdgaskonzerns Gazprom. Nach einer Teilprivati-‐
sierung des Konzerns in den 1990er Jahren, wurde unter der Regierung Putins die vollständi-‐
ge staatliche Kontrolle über den Konzern wieder hergestellt (vgl. Pleines 2011: 28). Doch auch
Putin hat private Konkurrenz nicht vollständig verhindert und so betrug der Anteil staatlicher
Produktion 2009 nur noch 79%, während er 1998 vor der Präsidentschaft Putins noch bei
94% lag. Im Gegensatz zur Erdgaswirtschaft wurde die Erdölwirtschaft in den 1990er Jahren
weitgehend privatisiert. 2002 betrug der Anteil der staatlichen Konzerne an der Erdölförde-‐
rung nur noch 23%. Unter Putins Herrschaft kam es, beginnend mit der Jukos-‐Affäre 2005,
jedoch zu einer Umkehrung dieser Entwicklung. In der Folge betrug der Anteil der staatlichen
Erdölproduktion 2008 wieder 39% (vgl. Pleines 2011: 29).
Die russischen Erdölexporte haben sich in der Zeit von 1995 bis 2005 verdoppelt. Sie liegen
seitdem bei durchschnittlich ca. 250 Mio. Tonnen pro Jahr. Während der Anteil des exportier-‐
ten Erdöls 1995 bei 40% der gesamten Produktion lag, beträgt er seit 2005 ungefähr 50% (s.
Abb. 07, S. 57). Im Gegensatz zur Erdölproduktion, die von 307 Mio. Tonnen 1995 auf 505
Mio. Tonnen 2010 stark angestiegen ist, war die Erdgasproduktion in derselben Zeit ver-‐
gleichsweise konstant. Sie betrug im Schnitt knapp über 600 Mrd. m3 pro Jahr. Im Vergleich
zum Erdöl wird nur ein sehr geringer Teil des Erdgases exportiert. Mit 170 Mrd. m3 von 649
Mrd. geförderten, lag der Anteil des exportierten Erdgases nur bei 26% (vgl. Pleines 2011: 8;
Abb. 08, S. 57).
Die Wichtigkeit der Erdöl-‐ und Erdgasindustrie für die StaatsRinanzen der Russischen Födera-‐
tion wird bei der Betrachtung der Staatsverschuldung offensichtlich. In den Jahren nach der
globalen Finanz-‐ und Wirtschaftskrise betrug das durchschnittliche jährliche BudgetdeRizit
4% des BIP. Ohne Einnahmen aus der Erdöl-‐ und Erdgasproduktion hätte das DeRizit aller-‐
dings im Schnitt knapp zwei Drittel höher bei durchschnittlich 11% pro Jahr gelegen (vgl.
World Bank 2011: 12; Abb. 09, S. 58). Steuern und Zölle auf Erdöl und Erdgas machten bis zu
50% der Einnahmen des föderalen Staatshaushaltes und immerhin noch ein Drittel aller
Staatseinnahmen aus (vgl. OECD 2011c: 90). Durch den steigenden Ölpreis und den daran ge-‐
koppelten Gaspreis erreichten die Einnahmen 2008 einen Höchststand von 200 Mrd. US-‐Dol-‐
17
lar (s. Abb. 10, S. 58). Diese Einnahmen haben zum einen dazu beigetragen, dass die RF 2008
mit 550 Milliarden US-‐Dollar über die zweitgrößten Devisenreserven der Welt verfügte (vgl.
Pleines 2010: 329), welche jedoch in folge der Finanzkrise auf 480 Mrd. Ende 2010 zurück-‐
gingen (vgl. OECD 2011c). Zum anderen konnte Russland mit Hilfe dieser Einnahmen die
Staatsverschuldung gegenüber dem Ausland von knapp 80 Mrd. Euro im Jahr 2004 auf 24
Mrd. Euro in 2011 senken (siehe Abb. 11, S. 59).
2.4. Der Umgang mit den Erdöl-‐ und Erdgaseinnahmen
2.4.1. Der norwegische Pensionsfond
Die norwegische Verfassung legt in Artikel 110 Abs. 3 fest, dass der Staat zum einen die verfü-‐
gungsberechtigte Autorität für die Nutzung von natürlichen Ressourcen ist, zum anderen aber
auch, dass diese nach dem Gemeinwohlprinzip zu erfolgen hat (vgl. Allendorf 2007: 26). Die-‐
ser Artikel bildet die Grundlage für den staatlichen Pensionsfond (Statens Pensjonsfonds). Der
Pensionsfond wurde 1990 als Reaktion auf die Wirtschaftskrise der 1980er Jahre gegründet.
Aber erst 1996, als Norwegen einen Haushaltsüberschuss aufwies, begann die Einzahlung in
den Fond (vgl. Stockheim 2008: 101). Seitdem ist der Marktwert des Fonds stetig gestiegen
und betrug 2011 3.312 Mrd. NOK, was umgerechnet ungefähr 425 Mio. Euro entspricht. Damit
betrug der Wert des Fonds 160% des Festland-‐BIPs (ohne Erdöl-‐ und Erdgassektor) in 2011
(vgl. OECD 2012d: 14/NBIM 2012: 14).
In den Fond werden alle Einnahmen aus der Erdöl-‐ und Erdgasproduktion, abzüglich Investi-‐
tionen eingezahlt. Ziel des Fonds ist es zum einen, einer Überhitzung der Wirtschaft vorzu-‐
beugen, indem verhindert wird, dass die Einnahmen aus den Rohstoffexporten in den heimi-‐
schen Markt Rließen. Vor allem dient der Fond aber dazu, zukünftige Generationen am Erdöl-‐
reichtum zu beteiligen. Auf diese Weise wird versucht, sich auf die Zeit vorzubereiten, wenn
die Erdöl-‐ und Erdgasvorräte erschöpft sind (vgl. Allendorf 2007: 68ff.). Gleichzeitig trägt der
Fonds aber auch zur Wohlfahrt der jetzigen Generation bei, da durch Auszahlungen aus dem
Fonds das HaushaltsdeRizit ausgeglichen wird, wodurch die Politik „erheblich an Unabhängig-‐
keit und Flexibilität gewonnen“ (Allendorf 2007: 72) hat. Diese Rinanzielle Unabhängigkeit
wird unter anderem genutzt, um das umfangreiche Wohlfahrtssystem zu Rinanzieren.
Um die Rinanziellen Ressourcen des Fonds jedoch nicht so zu belasten, dass seine nachhaltige
Entwicklung darunter leidet, wurde das Ziel festgelegt, dass das StaatsdeRizit ohne Einnahmen
aus der Erdöl-‐ und Erdgasindustrie nicht größer sein darf als der erwartete Gewinn des
Fonds. Dieser wurde auf jährlich 4% des Wertes des Fonds geschätzt. Tatsächlich betrug er
allerdings, auch aufgrund der Finanzkrise, nur 2,2% jährlich (vgl. OECD 2012d: 13f.). Gleich-‐18
zeitig ist es seit 2001 nur fünf mal gelungen, das HaushaltsdeRizit unterhalb der Grenze von
4% des Wertes des Fonds zu halten (s. Abb. 12, S. 59). Im Durchschnitt betrug das DeRizit in
dieser Zeit 4,5% des Fondswertes.
Der Fonds investiert ausschließlich im Ausland, damit die Erdöleinnahmen nicht zur Verteue-‐
rung der inländischen Währung führen und somit der norwegischen Wirtschaft schaden (vgl.
NMoF 2012: 9). Dabei hat der Fonds zur Streuung der Risiken nicht nur vorgegebene Quoten,
in welchen Kontinenten er sein Kapital anlegen soll, sondern auch in welchen Anlageformen:
Anleihen, Aktien und Immobilien (vgl. Stockheim 2008: 106). Bei seinen Investitionsentschei-‐
dungen ist der Fonds an strenge ethische Richtlinien gebunden:
„It is not allowed to invest in ethically questionable activities such as arms production
or where child labour is involved.“ (Halvorsen/Stjernø 2008: 31)
Diese Richtlinien wurden 2004 vom norwegischen Parlament erlassen und werden seitdem
von einem Ethikrat überwacht. Dieser berät die Zentralbank bei ihren Investitionsentschei-‐
dungen. Aufgrund der Richtlinien ist es in der Vergangenheit bereits mehrmals vorgekom-‐
men, dass der Fonds sich aus Firmen zurückgezogen hat, die den Richtlinien nicht mehr ent-‐
sprachen (vgl. Allendorf 2007: 74ff.).
2.4.2. Die russischen Staatsfonds
Mit der Stabilisierung der russischen Wirtschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts und dem ste-‐
tig steigenden Ölpreis, sah sich auch die russische Regierung mit der Frage konfrontiert, wie
sie mit den Einnahmen aus der Erdöl-‐ und Erdgaswirtschaft umgehen sollte. Die hauptsächli-‐
che Gefahr bestand darin, dass in Zeiten mit hohem Ölpreis die ebenfalls hohen Staatsein-‐
nahmen zur Finanzierung staatlicher Maßnahmen genutzt werden, deren Fortführung bei fal-‐
lendem Ölpreis und sinkenden Einnahmen eine hohe Staatsverschuldung notwendig machen
würde (vgl. Zaostrovtsev 2010: 127). Um dieser Gefahr zu begegnen, wurde 2004 der Stabili-‐
tätsfond gegründet. In ihn sollten Einnahmen aus Zöllen auf den Erdölexport und Steuern auf
die Erdölförderung Rließen, solange der Preis für ein Barrel russischen Erdöls über 27 US-‐Dol-‐
lar12 lag. Sobald die Mittel des Fonds 500 Mrd. Rubel erreicht hatten, durften sie zur Tilgung
von Staatsschulden und anderen Staatsausgaben genutzt werden. Als der Fond 2005 diese
Marke, die damals ca. 14 Mrd. Euro entsprach, überschritt, wurde von dieser Möglichkeit Ge-‐
brauch gemacht, um Schulden in Höhe von 18 Mrd. Euro zu tilgen und 850 Mio. Euro an den
Rentenfond auszuzahlen (vgl. Götz 2007: 3).
1912 Der Schwellenwert wurde 2004 mit 20$ pro Barrel eingeführt und 2006 27$ angehoben.
Neben der Möglichkeit der Nutzung der Mittel des Fonds ohne Einschränkung, sobald sie 500
Mrd. Rubel überschritten hatten, hatte der Fond weiterhin das Problem, dass ihm nicht alle
Einnahmen aus der Erdöl-‐ und Erdgasindustrie zuRlossen.
„The tax for production of gas, export duties on oil products and gas, and also the
proWit tax on the oil and gas sector were not included for calculations of the amount
of money diverted to [the Stabilization Fund].“ (Zaostrovtsev 2010: 130)
In Verbindung mit Steuervergünstigungen an Unternehmen im Erdöl-‐ und Erdgassektor führ-‐
te das dazu, dass 2005 nur ca. 50% der Gewinne dieses Sektors dem Fond zugeführt wurden.
Dadurch wurde zum einen die langfristige Stabilität der HaushaltsRinanzierung gefährdet.
Zum anderen konnte auch eine Gefährdung der russischen Wirtschaft durch die Erdöl-‐ und
Erdgasexporte und die damit verbundene Aufwertung des Rubels nicht wirkungsvoll verhin-‐
dert werden (vgl. Zaostrovtsev 2010: 130f.).
Den Problemen wurde Rechnung getragen, als der Fond 2008 in den Reservefond und den Na-‐
tionalen Wohlfahrtsfond (NWF) aufgeteilt wurde. Die Steuern auf die Produktion von Erdgas,
sowie auf den Export von Erdgas und Ölprodukten Rließen nun ebenfalls den Fonds zu (vgl.
OECD 2011c: 101). Weiterhin wurde festgelegt, wie viele Erdöl-‐ und Erdgaseinnahmen dem
jährlichen Haushalt zugeführt werden dürfen. Diese berechnen sich aus dem BIP des Vorjah-‐
res und wurden bis 2011 auf 3,7% des BIPs abgesenkt (vgl. Zaostrovtsev 2010: 141). Alle
Einnahmen, die darüber hinausgehen, werden in den Reservefond eingezahlt, bis dessen Wert
10% des BIP entspricht. Alle weiteren Einnahmen Rließen dem NWF zu (vgl. Götz 2007: 3).
Der Reservefond investiert seine Mittel, um die Erhaltung ihres Werts sicherzustellen und
kann auf diese Weise auch Gewinne erzielen. Er dient dazu, im Falle von Erdöl-‐ und Erdgas-‐
einnahmen von weniger als 3,7% des BIPs, den Staatshaushalt auszugleichen (vgl. Zaostrovt-‐
sev 2010: 138f.). In gleicher Weise kann auch der NWF seine Mittel anlegen und damit seine
Einnahmen vermehren. Seine Aufgabe ist es, das Budget des Pensionsfonds auszugleichen und
private Rentenversicherungen zu bezuschussen (vgl. Zaostrovtsev 2010: 140).
Aufgrund der Wirtschafts-‐ und Finanzkrise kam es jedoch 2009 zu sinkenden Einnahmen,
während gleichzeitig die Staatsverschuldung (ohne Erdöl-‐ und Erdgaseinnahmen) auf weit
über 10% des BIP anstieg (vgl. OECD 2011c: 94). Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass die
Reserven vor allem des Reservefonds stark zurückgingen und die Höhe der gesamten Reser-‐
ven unter den Stand vor 2008 sank (s. Abb. 13, S. 60). Entgegen den Annahmen, die Mittel der
Fonds könnten bis spätestens 2015 aufgebraucht sein (vgl. Zaostrovtsev 2010: 142), hat sich
die Lage mit dem Anstieg des Ölpreises 2011 und der Erholung der russischen Wirtschaft ent-‐
20
spannt, sodass dem Reservefond 2012 wieder Mittel zugeführt werden konnten. Sein Volu-‐
men betrug im Juli 2012 ca. 50 Mrd. Euro was ungefähr der Hälfte seines Höchststands von
über 100 Mrd. Euro Anfang 2009 entspricht. Das Volumen des NWF liegt seit Ende 2009 über
dem des Reservefonds und betrug im Juli 2012 ca. 70 Mrd. Euro.13
3. Die Wohlfahrtssysteme und ihre Entwicklung
3.1. Überblick über die sozialen Sicherungssysteme
In diesem Kapitel wird die Entstehung und heutige Struktur der sozialen Sicherungssysteme
gegenübergestellt. Sie sollen dahingehend untersucht werden, welche Arten von Leistungen
bereitgestellt werden und wer zu den Empfängern der Leistungen gehört. Weiterhin werden
die Höhe der Leistung und die dafür getätigten staatlichen Ausgaben, sowie die Finanzierung
betrachtet.
3.1.1. Norwegen
Als Ursprung des modernen Wohlfahrtssystems in Norwegen kann das so genannte Folke-‐
trygd (Versicherung) Programm betrachtet werden. Dieses wurde 1945 als Kompromiss aller
Parteien verabschiedet und versprach:
„To a) eliminate the need for social assistance, b) guarantee an acceptable basic in-‐
come standard for all, c) secure uniform and equal treatment of all with an emphasis
on greater equality, and d) promote continued full employment.“ (Esping-‐Andersen/
Korpi 1987: 51)
Gemäß dieser Ziele wurden in den 1950er Jahren schrittweise universelle PRlichtversicherun-‐
gen für Arbeitslosigkeit, Krankheit, Rente und Invalidität eingeführt. Da universelle Leistun-‐
gen für Gutverdienende eher unattraktiv sind, wurde in den 1960er Jahren eine zusätzliche
Rente eingeführt, deren Leistungen sich nach dem zuletzt erzielten Einkommen berechnen
(vgl. Esping-‐Andersen/Korpi 1987: 48ff.). Die Sozialhilfe folgte nicht der Entwicklung zu ei-‐
nem universellen System. Sozialhilfe soll die soziale Sicherheit derjenigen sicherstellen, die
nicht anderweitig selbst für sich sorgen können. Sie ist bis heute bedarfsorientiert und wurde
erstmals in den 1960er Jahren reformiert. Mit dieser und den folgenden Reformen wurde das
Augenmerk vermehrt auf Beratung und Reintegration gelegt. Finanzielle Leistungen zur Be-‐
streitung des Lebensunterhalts blieben jedoch bestehen und wurden schrittweise erhöht (vgl.
Halvorsen/Stjernø 2008: 106). Die Leistungen des Sozialsystems umfassen heute die Alters-‐
2113 Tabellarische Darstellung der Entwicklung des Volumens der Fonds: Abb. 14, S. 60.
rente, Witwen-‐ und Arbeitsunfähigkeits-‐ bzw. Behindertenrenten, Rinanzielle Zuwendungen
im Krankheitsfall, bei Schwangerschaft und für Alleinerziehende sowie bei Arbeitslosigkeit
(vgl. Halvorsen/Stjernø 2008: 75).
Sozialhilfe im eigentlichen Sinn erhielten Im Jahr 2009 rund 120.000 Norweger, das ent-‐
spricht etwa 2,5% der Bevölkerung. Entsprechend gering waren die diesbezüglichen Ausga-‐
ben des Staats. Sie beliefen sich mit umgerechnet knapp 580 Mio. Euro auf weniger als 0,2%
des BIPs und hatten eine durchschnittliche Höhe von 4630 Euro pro Empfänger (vgl. Statistisk
Sentralbyrå 2011: 148). In Kombination mit anderen Formen der Unterstützung, wie zum
Beispiel Wohnraum, hatte Norwegen jedoch 2005 die höchsten pro-‐Person-‐Ausgaben zur Si-‐
cherung des minimalen Einkommens (s. Abb. 15, S. 61). Dieses liegt im OECD-‐Vergleich an
zweiter Stelle nach Island (s. Abb. 16, S. 61).
Das Sozialsystem wird in Norwegen über das National Insurance Scheme (NIS) Rinanziert. An-‐
ders als sein Name vermuten lässt, handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Versicherung
im eigentlichen Sinne, da Leistungen unabhängig von den eingezahlten Beiträgen gewährt
werden. Das NIS wird über Beiträge und staatliche Zuschüsse Rinanziert. Die Beiträge zum NIS
werden paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt. Der Beitragssatz für Ar-‐
beitnehmer betrug 2011 7,8% des Bruttolohns und für Selbstständige 11% des Einkommens.
Der Arbeitgeberbeitrag hängt davon ab, in welcher Region das Unternehmen ansässig ist und
betrug zwischen Null und 14% des Lohns. 2010 hatten die staatlichen Zuschüsse einen Anteil
von fast 30% am Budget des NIS (vgl. NMoLaSI 2011: 5f.).
3.1.2. Russische Föderation
Das heutige System zu sozialen Sicherung der Russischen Föderation geht auf das Sozialsys-‐
tem der SU zurück.
„[Dieses] basierte auf einem demonstrativen Egalitarismus, der Kultivierung beschei-‐
dener materieller Ansprüche [und] einem staatlichen Monopol bei der Bereitstellung
und Verteilung praktisch aller sozialen Zuwendungen und Dienste.“ (Gontmacher
2010: 379)
Da der Staat auch die Löhne festsetzte, übte er faktisch eine direkte Kontrolle über den Le-‐
bensstandard der Bevölkerung aus. Gleichzeitig nutzte er diese Kontrolle um die Bereiche zu
privilegieren, denen politische Priorität eingeräumt wurde.14 Da sich die Bevölkerung daran
gewöhnt hatte, dass der Staat ihren Lebensstandard sicherte, konnten die sozialen Siche-‐
2214 Siehe dazu den Abschnitt zum russischen Rentensystem ab Seite 35.
rungssysteme mit dem Zusammenbruch der SU nicht einfach abgeschafft werden. Stattdessen
wurde versucht, sie den Bedingungen der Marktwirtschaft anzupassen. Dabei bestand durch-‐
aus der Anspruch, weiterhin eine umfangreiche soziale Sicherung zu gewährleisten (vgl.
Gontmacher 2010: 380f.). Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in den 1990er Jahren
fehlten jedoch die Rinanziellen Mittel zur Implementierung eines solchen Sicherungssystems
(vgl. Gontmacher 2000: 381). Aber auch als die Wirtschaft sich erholte und die Rinanzielle Si-‐
tuation des Staates sich verbesserte, blieben die sozialen Leistungen gering (vgl. Gontmacher
2000: 382f.).
Als Teil des Sowjeterbes gibt es im russischen Wohlfahrtssystem eine Vielzahl sozialer Leis-‐
tungen. Zu diesen gehören Behindertenrenten, Hinterbliebenenrenten, Arbeitsunfähigkeits-‐
renten, Kranken-‐ und Mutterschaftsgeld, Waisenrenten und Kindergeld. Zusätzlich zu den
Transferleistungen werden auch materielle Leistungen und Vergünstigungen gewährt. So ha-‐
ben zum Beispiel bestimmte Bevölkerungsgruppen, wie Studenten und Senioren, Anrechte auf
Ermäßigung bei Medikamenten und öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch Wohnraum wird
teilweise subventioniert.
Die Höhe der Transferzahlungen hängt in vielen Fällen von vorheriger Berufstätigkeit ab und
ist teilweise regional unterschiedlich, wenn sie auf der Basis der regionalen Existenzminima
berechnet wird. Mit Ausnahme von Kranken-‐ bzw. Mutterschaftsgeld, was je nach Dauer der
vorherigen Beschäftigung bis zu 500 Euro bzw. 190 Euro betragen kann (Stand 2010), haben
die Leistungen vor allem gemeinsam, dass sie sehr gering ausfallen und teilweise bedeutend
weniger als 100 Euro monatlich betragen (vgl. SSA 2010: 258ff.). Außerdem sind sie unzurei-‐
chend am Bedarf orientiert. Hjalte Sederlof ermittelte, dass im Jahr 2000 zwei Drittel der Be-‐
völkerung Anspruch auf irgendeine Form sozialer Unterstützung hatten, jedoch 20% der in
Armut lebenden Haushalte keinerlei Leistungen erhielt (vgl. Sederlof 2000: 2). Da die Armut
seit damals drastisch zurückgegangen ist (vgl. OECD 2011f: 115), kann von einer Verbesse-‐
rung der Situation ausgegangen werden, auch wenn das grundsätzliche Problem weiterhin
besteht, wie die OECD 2011 feststellte: „This system is not intended to, and does not serve the
most vulnerable in society“ (OECD 2011f: 141).
Die gesamten Ausgaben für soziale Leistungen und Transferzahlungen beliefen sich in 2010
auf ca. 37 Mrd. Euro bzw. 3,3% des BIPs (vgl. Rosstat 2011: 173). Diese Leistungen beinhalte-‐
ten aber auch Unterstützung für Arbeitslose. Da es in Russland aber keine Sozialhilfe gibt,
wird diese faktisch durch das Arbeitslosengeld (siehe Kap. 3.2.2.). Finanziert wird das Sozial-‐
system seit 2010 über die Einheitliche Sozialsteuer (ESS) in Höhe von 26% des Lohns, der auf
23
die vier Sozialfonds15 verteilt wird (vgl. OECD 2011f: 123), sowie über Zuschüsse aus dem all-‐
gemeinen Haushaltsbudget, die über die lineare Einkommenssteuer in Höhe von 13% Rinan-‐
ziert werden (vgl. OECD 2011f: 122).
3.1.3. Gegenüberstellung
Grundsätzlich weisen die sozialen Sicherungssysteme eine ähnliche Struktur auf. Beide Sys-‐
teme sind steuerRinanziert und universell mit einer teilweisen Abhängigkeit der Leistungen
von Erwerbstätigkeit. Sie weisen damit charakteristische Merkmale des sozialdemokratischen
Regime-‐Typus auf. In Russland ist durch das Fehlen von Sozialhilfe jedoch nicht die gesamte
Bevölkerung abgesichert. Weiterhin sind die Leistungen in den meisten Fällen so gering, dass
sie kaum in der Lage sind, die Existenzgrundlage zu sichern. Russland erfüllt damit zwei Ei-‐
genschaften des rudimentären Regime-‐Typus. Das trotz hoher staatlicher Ausgaben niedrige
Versorgungsniveau in Russland ist ein deutliches Zeichen für die InefRizienz des russischen
Systems.
3.2. Arbeitslosenversicherung und Arbeitsmarktpolitik
In diesem Kapitel wird die Arbeitsmarktpolitik mit besonderem Fokus auf der Arbeitslosen-‐
versicherung vorgestellt. Untersucht werden dabei die Entstehung, die Finanzierung, die Be-‐
dingungen, die erfüllt werden müssen, um Arbeitslosenunterstützung zu erhalten und die
Ausgaben des Staates für die Arbeitsmarktpolitik. Weiterhin wird verglichen, inwiefern es
durch das Arbeitslosengeld gelingt, das zuletzt erzielte Einkommen zu halten.
3.2.1. Norwegen
Wie in allen skandinavischen Ländern wird Erwerbsarbeit und Vollbeschäftigung in Norwe-‐
gen eine besondere Stellung beigemessen. Mit den Worten von Knut Halvorsen:
„Countries like Norway are called «laborers’ societies» [...], because paid work and a
policy of full employment are regarded as cornerstones of the society in general and
of the welfare state in particular.“ (Halvorsen 2000: 17)
Dieser Stellenwert spiegelt sich in der 1954 verfassungsmäßig verankerten Verantwortlich-‐
keit der Regierung für das Schaffen von Arbeitsplätzen wider (vgl. Halvorsen/Stjernø 2008:
41). Entsprechend der Wichtigkeit von Erwerbsarbeit ist der Bezug von Arbeitslosengeld
stark an die vorangegangene Beschäftigung und deren Entlohnung gekoppelt. Die norwegi-‐
sche Arbeitslosenversicherung ist verpRlichtend und damit universalistischer als die freiwilli-‐
24
15 Rentenfond, Sozialversicherungsfond, föderaler Gesundheitsfond und der jeweilige regionale Gesundheits-‐fond.
gen Versicherungen der anderen skandinavischen Länder (vgl. Edling 2006: 99). Nachdem
Norwegen 1906 als erstes skandinavisches Land eine freiwillige Arbeitslosenversicherung
eingeführt hatte, wurde 1938 die verpRlichtende, und mit ihr auch erstmals die Beteiligung
von Arbeitgebern an ihrer Finanzierung, eingeführt (vgl. Edling 2006: 123f.). Anfangs waren
verschiedene Berufsgruppen von der Versicherung ausgeschlossen. Ende der 1950er Jahre
wurde das System ausgeweitet, aber erst in den 1970er Jahren, mit der Integration in die na-‐
tionale Sozialversicherung, wurde endgültig eine Abdeckung von 100% der Arbeiter erreicht
(vgl. Edling 2006: 134).
Die QualiRizierungsbedingungen für den Erhalt von Arbeitslosengeld stellen sich heute wie
folgt dar: Arbeitslose müssen sich beim Arbeitsamt registrieren. Voraussetzung für die Zah-‐
lung von Arbeitslosengeld ist ein Verdienst von mindestens dem Anderthalbfachen der Basis-‐
summe (9105 Euro 2010) im Jahr vor der Arbeitslosigkeit oder durchschnittlich der Basis-‐
summe in den drei Jahren vor der Arbeitslosigkeit (vgl. SSA 2010: 234). Arbeitslosengeld wird
in Höhe von 0,24% des Jahresgehalts pro Tag gezahlt und ist auf das Sechsfache der Basis-‐
summe begrenzt. Dadurch ist der Ersatz für Personen mit ehemals hohem Einkommen pro-‐
zentual unterdurchschnittlich (vgl. Halvorsen 2000: 25). Die Dauer der Zahlung des Arbeitslo-‐
sengeldes richtet sich nach dem vorherigen Verdienst. Sie beträgt ein Jahr für einen jährlichen
Verdienst von weniger als 16.700 Euro und zwei Jahre für einen Verdienst höher als diese
Summe (vgl. SSA 2010: 234f.).
Wie bereits erwähnt, wird die Arbeitsmarktpolitik aus dem NIS Rinanziert. Die Ausgaben für
Arbeitsmarktpolitik betrugen in Norwegen 2010 0,51% des BIPs. Diese Ausgaben wurden mit
0,47% des BIPs fast ausschließlich für die Zahlung von Arbeitslosengeld verwendet (vgl.
OECD 2012e: 255). Damit lag Norwegen unterhalb des OECD Durchschnitts von 1,72% des
BIPs (vgl. OECD 2012e: 258). Im Durchschnitt gab der norwegische Staat 2009 pro Arbeitslo-‐
sem ca. 2000 Euro pro Monat aus, wovon ca. 1300 Euro Transferleistungen waren.16
3.2.2. Russische Föderation
Da es in der SU ofRiziell keine Arbeitslosigkeit gab, schließlich war jedem Bürger ein Arbeits-‐
platz garantiert, gab es auch keine Notwendigkeit für eine Arbeitslosenversicherung (vgl.
Rinck 2000: 141). Mit dem Übergang zur Marktwirtschaft änderte sich dies jedoch und es
musste eine Absicherung für den Fall des Verlusts des Arbeitsplatzes geschaffen werden. Zu
diesem Zweck wurde 1991 ein Beschäftigungsfond eingerichtet, der über Arbeitgeberbeiträge
Rinanziert wurde (vgl. Rinck 2000: 147). Auf Grund von Problemen bei der Finanzierung des
2516 Eigene Berechnungen nach NOSOSCO 2011: 103 und Statistisk Sentralbyrå 2011: 213.
Fonds wurde er jedoch 2001 mit der Einführung der ESS wieder abgeschafft. Seitdem wird die
Arbeitsmarktpolitik über die ESS aus dem föderalen Budget Rinanziert (vgl. OECD 2011f: 87).
Um Arbeitslosenunterstützung beziehen zu können, ist eine Registrierung beim Arbeitsamt
nötig. Weiterhin muss der Antragsteller innerhalb der letzten 12 Monate vor der Arbeitslosig-‐
keit eine Beschäftigungsdauer nachweisen, die mindestens 26 Wochen Vollbeschäftigung ent-‐
spricht. Die Höhe der Unterstützung richtet sich nach dem vorherigen Lohn. Sie beträgt in den
ersten drei Monaten 75% des Lohnes, in den nächsten vier Monaten 60% und in den folgen-‐
den fünf Monaten 45%. Die Unterstützung kann um ein weiteres Jahr verlängert werden und
beträgt dann 30% des regionalen Existenzminimums. Diesen Prozentsatz erhalten auch Per-‐
sonen, die die Voraussetzungen für die reguläre Arbeitslosenunterstützung nicht erfüllen, al-‐
lerdings reduziert sich der Satz für sie nach sechs Monaten auf 20% (vgl. SSA 2010: 262).
2010 betrug das ofRizielle Existenzminimum im Durchschnitt umgerechnet 140€. Wenig über-‐
raschend in Anbetracht dieser Regelungen betrug die durchschnittliche monatliche Höhe der
Arbeitslosenunterstützung 2010 mit ca. 70 Euro 50% des Existenzminimums. Diese erhielten
jedoch nur die knapp 30% der Arbeitslosen, die sich beim Arbeitsamt gemeldet hatten (vgl.
Rosstat 2011: 117f.). Dafür, dass sich nur so ein geringer Teil überhaupt als arbeitssuchend
registriert hatte, gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist davon auszugehen, dass die von Hein-‐
rich und Koop als Gründe identiRizierten geringen Leistungen, mit denen kaum der Lebensun-‐
terhalt bestritten werden kann, und die geringen Vermittlungschancen durch das Arbeitsamt
(vgl. Heinrich/Koop 1996: 168) nach wie vor bestehen. Zum anderen wird davon ausgegan-‐
gen, dass bis zu 18% der Arbeitnehmer in der Schattenwirtschaft tätig sind (vgl. Ivanov/Su-‐
vorov 2012) und deswegen auf die geringen Leistungen des Arbeitsamtes verzichten. In An-‐
betracht der niedrigen Leistungen der Arbeitslosenversicherung merkte Hjalte Sederlof in
seinem Bericht für die Weltbank an:
„It is legitimate to ask if it should be maintained or if the resources should be incor-‐
porated into a general poverty beneWit.“ (Sederlof 2000: 3)
Tatsächlich fungiert das Arbeitslosengeld schon heute als eine Art Quasi-‐Sozialhilfe (vgl.
OECD 2011f: 89), da auch diejenigen Anrecht darauf haben, die nie erwerbstätig waren. Trotz
der theoretisch breiten Basis bezugsberechtigter Personen, sind die Ausgaben für Arbeits-‐
marktpolitik in Russland mit 0,3% des BIP (2009) sehr gering und betragen nur ca. ein Fünf-‐
tel des OECD-‐Durchschnitts (siehe Abb. 17, S. 62).
26
3.2.3. Gegenüberstellung
Im Gegensatz zu Norwegen, das heute auf eine über hundertjährige Geschichte der Arbeitslo-‐
senversicherung zurückblicken kann, musste diese in Russland in den 1990er Jahren völlig
neu aufgebaut werden. Trotz der jeweils unterschiedlichen Entstehungsgeschichte, weisen die
Systeme einige Gemeinsamkeiten auf. Sie werden über Steuern Rinanziert und es besteht uni-‐
verseller Zugang. Allerdings ist das Arbeitslosengeld in Russland nicht auf ehemals Erwerbs-‐
tätige reduziert. Es verfügt über einen einkommensunabhängigen Teil, der ähnliche Aufgaben
erfüllt wie die Sozialhilfe in Norwegen. Angesichts dieser zusätzlichen Aufgabe der Arbeitslo-‐
senversicherung überrascht es, dass Russland einen noch geringeren Prozentsatz des BIPs für
Arbeitsmarktpolitik als Norwegen ausgab, zumal die Arbeitslosigkeit mit 6,3% zwar unter-‐
halb des OECD-‐Durchschnitts von 8,1%, aber höher als in Norwegen mit 3,2% lag (s. Abb. 18,
S. 62).
Es bestätigt sich also die Erkenntnis aus der Analyse der Sozialsysteme: Während in Norwe-‐
gen eine Sicherung auf hohem Niveau besteht, weist das russische System zwar die egalitäre
Struktur des sozialdemokratischen Systems auf, aber die Leistungen decken kaum den mini-‐
malen Bedarf. So betrug 2009 die Arbeitslosenunterstützung bei Verlust des Arbeitsplatzes in
Russland im Schnitt 26% des vorherigen Lohns, während der OECD Durchschnitt bei 50% lag
(s. Abb. 19, S. 63). In Norwegen dagegen erhielten Arbeitslose 2010 65% des vorherigen Ein-‐
kommens bzw. 47% bei einem vorherigen Verdienst von 150% des Durchschnittseinkom-‐
mens (vgl. NOSOSCO 2011: 89).
3.3. Die Bildungssysteme
Beim der Bildungssysteme werden auf der einen Seite der Anteil des öffentlichen und des pri-‐
vaten Sektors an der Bereitstellung von Bildung, sowie die Verteilung der Kosten betrachtet.
Auf der anderen Seite wird die Rolle des Staates im Bildungssektor dahingehend untersucht,
wie hoch die Ausgaben für das Bildungssystem und wie hoch die gezahlten Gehälter für Be-‐
schäftigte im Bildungssystem sind.
3.3.1. Norwegen
Das Bildungssystem hatte in Norwegen seit jeher die Aufgabe, Chancengleichheit zu schaffen.
Bereits im 19. Jahrhundert sollten über die einheitliche Bildung ethische und kulturelle Werte
vermittelt werden, die die Grundlage der Nationalstaatsbildung darstellten (vgl. Werler 2008:
22f.). Nachdem bereits in den 1920er Jahren die siebenjährige Einheitsschule etabliert wurde,
dauerte es bis 1969 bis es gelang, diese auf neun Jahre auszuweiten und erst 1994 wurde mit
27
dem Absenken des Einschulungsalters auf sechs Jahre die zehnjährige SchulpRlicht eingeführt
(vgl. Volckmar/Werler 2010: 526ff.). Wenngleich mit anderem ideologischem Hintergrund als
in Russland, spielte auch in Norwegen der Staat „beim Ausbau der Einheitsschule 1945 bis ca.
1970 eine so dominante Rolle, dass Tellhaug/Mediås (2003) ihn einen ,dirigistischen Schulstaat‘
nannten“ (Volckmar/Werler 2010: 27).
Die SchulpRlicht in Norwegen ist mit zehn Jahren ein Jahr kürzer als in Russland, allerdings
haben alle Schüler das Recht, die dreijährige Sekundarstufe II zu absolvieren. Anschließend
können entweder eine Fachschule, die auf die praktische Berufsausbildung spezialisiert ist,
oder eine Universität oder Hochschule, die eher wissenschaftlich ausgerichtet sind, besucht
werden (vgl. Volckmar/Werler 2010: 534ff.). Sowohl die staatliche Schul-‐, als auch die staatli-‐
che Hochschulbildung in Norwegen sind kostenlos. Zusätzlich können Studenten für die Fi-‐
nanzierung ihres Studiums einen Zuschuss und einen Ausbildungskredit vom Staat erhalten
(vgl. Volckmar/Werler 2010: 532). Private Bildungseinrichtungen gibt es in Norwegen fast
nicht. Erstmals wurde 2003 die Zulassung privater Schulen erlaubt, allerdings schränkte be-‐
reits 2007 die damals regierende Rot-‐Grüne Koalition diese Zulassung wieder ein (vgl. Volck-‐
mar/Werler 2010: 529).
Die Zahlen der Schüler und Studenten sind gemäß dem Bevölkerungswachstum seit 2000
leicht gestiegen. Die Schülerzahl stieg bis 2010 von ca. 770 Tsd. auf 840 Tsd. und die Studen-‐
tenzahl von ca. 190 Tsd. auf ca. 240 Tsd. (vgl. Statistisk Sentralbyrå 2011: 166ff.). Die Ausga-‐
ben für das Bildungssystem betrugen in Norwegen 2008 insgesamt umgerechnet 22,6 Mrd.
Euro, was 7,3% des BIPs und knapp über 20% aller Staatsausgaben entsprach. Das durch-‐
schnittliche monatliche Gehalt im Bildungssektor lag 2010 mit 4.750 Euro nur geringfügig un-‐
ter dem Durchschnittsgehalt in Norwegen (vgl. Statistisk Sentralbyrå 2011: 380)
3.3.2. Russische Föderation
Ebenso wie das sowjetische Schulsystem, aus dem es hervorgegangen ist, weist das heutige
Bildungssystem der RF einen zentralistischen Charakter auf. Die Zentralisierung war vorange-‐
trieben worden, um eine einheitliche Bildung in der gesamten SU zu gewährleisten (vgl. Bela-‐
ja-‐Lucić 2009: 36). Auch die praktische Ausrichtung des Bildungssystems konnte nicht geän-‐
dert werden. Zwar sollte mit einer Reform des Bildungssystems nach dem Zusammenbruch
der SU die „Erhöhung der Bedeutung von Geisteswissenschaften als Antwort auf die [bis dahin]
technokratische Auffassung der Bildung“ (Belaja-‐Lucić 2009: 54) erreicht werden, in der Reali-‐
tät liegt jedoch der „Nachdruck in der Bildungspolitik [...] weiterhin auf dem ökonomisch-‐techn-‐
okratischen Aspekt“ (Schmidt 2010: 623). Ein weiteres Erbe der Sowjetzeit ist die relativ kur-‐
28
ze Dauer der schulischen Bildung. Erst 2007 konnte die Schulzeit auf 11 Jahre verlängert
werden. Allerdings besteht auch für die gesamte Dauer der Schulzeit SchulpRlicht, die damit
vergleichsweise lang ist.
Die Schulbildung bis zum Abschluss der oberen Sekundarstufe, welche dem Abitur oder der
beruRlichen Grundausbildung entspricht, ist in Russland kostenlos. Auch die Möglichkeit, ein
staatlich Rinanziertes Hochschulstudium zu absolvieren, besteht. Allerdings ist auch an staatli-‐
chen Hochschulen nur ein Teil der Studienplätze gebührenfrei, und der Zugang zu diesen rich-‐
tet sich nach der Leistung der Studierenden. Vorgesehen ist ein Anteil gebührenpRlichtiger
Studierender von 45% je Hochschule. Dieser wird jedoch regelmäßig überschritten mit der
Folge, dass die Mehrzahl der Studierenden für ihr Studium bezahlt. Ihr Anteil betrug 2007
59% (vgl. Schmidt 2010: 637).
Der Anteil privater Schulen ist seit 2000 leicht angestiegen, was aber vor allem auf eine Ver-‐
ringerung staatlicher Einrichtungen zurückzuführen ist. Trotzdem betrug der Anteil 2010 nur
1,4%. In der gleichen Zeit sind aufgrund der demographischen Entwicklung die Schülerzahlen
von 20 Mio. auf 13,3 Mio. zurückgegangen, nachdem sie zwischen 1990 und 2000 sehr kon-‐
stant waren. Ein gänzlich anderes Bild stellt sich bei den Hochschulen dar. Bereits seit den
1990er Jahren gab es private Einrichtungen, deren Anzahl stetig gestiegen ist. 2010 betrug ihr
Anteil über 40%. Allerdings studieren nur 17% aller Studenten an diesen privaten Einrich-‐
tungen. Trotz der sinkenden Schülerzahlen hat sich die Anzahl der Studenten seit 1990 ver-‐
doppelt. 2010 studierten 7 Mio. Studenten an russischen Hochschulen (vgl. Rosstat 2011:
206f.).
Die staatlichen Ausgaben für Bildung wurden seit 2000 stark angehoben. Im Jahr 2000 gab
der Staat umgerechnet 8,3 Mrd. Euro für das Bildungssystem aus und 2010 waren es 47 Mrd.
Euro, was einem Anteil von knapp 11% am Gesamthaushalt entspricht. Auch im Verhältnis
zum BIP stiegen die Ausgaben für das Bildungssystem und betrugen 2010 4,2% des BIPs,
nachdem sie 2005 noch bei 3,7% lagen (Abb. 20, S. 63). Trotzdem ist die Finanzierung des
Bildungssektors im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich.17 Die unzureichende Fi-‐
nanzierung des Bildungssektors spiegelt sich vor allem in den Gehältern wieder. Das durch-‐
schnittliche Gehalt im Bildungssektor betrug 2010 umgerechnet 350 Euro, was nur zwei Drit-‐
teln des durchschnittlichen Gehalts in der RF entsprach (vgl. Rosstat 2011: 164).
29
17 Insgesamt wurde in der RF 2008 4,7% des BIP für Bildung ausgegeben (staatl. und Privat). Im OECD Durch-‐schnitt waren es 5,9% und in Norwegen 7,3% (vgl. OECD 2011a: 278).
3.3.3. Gegenüberstellung
Auch im Bildungssektor lassen sich Gemeinsamkeiten zwischen Norwegen und der RF Rinden.
In beiden Ländern hat der Staat eine starke Kontrolle über das Bildungssystem und sowohl
Norwegen als auch Russland verfügen über ein eingliedriges Schulsystem (siehe Abb. 21, S. 64
und Abb. 22, S. 65) ohne nennenswerten Anteil privater Schulen, wodurch die Systeme sehr
egalitär sind. In Norwegen gibt es nicht einmal spezielle Schulen für Kinder mit besonderem
Förderbedarf, da diese in den regulären Unterricht integriert werden (vgl. Volckmar/Werler
2010: 534). Allerdings bestehen gravierende Unterschiede im Bereich der Hochschulbildung.
Hier weist Russland starke Merkmale des liberalen Regime-‐Typus auf. Es besteht kein univer-‐
seller Zugang zu Hochschulbildung, da sie überwiegend kostenpRlichtig ist. In Norwegen da-‐
gegen ist nicht nur die Bildung kostenlos, sondern der Staat bietet auch Unterstützung bei der
Finanzierung des Lebensunterhalts an. Die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Regime-‐Typen
spiegelt sich auch im Anteil privater Ausgaben im Bildungssystem wieder. So war in Russland
2008 der Anteil privater Ausgaben mit ca. 40% wesentlich höher als in Norwegen, wo der pri-‐
vate Anteil nur 5% betrug (s. Abb. 23, S. 66).
3.4. Die Gesundheitssysteme
Die Analyse der Gesundheitssysteme konzentriert sich auf die Aufteilung zwischen staatlichen
und privaten Ausgaben. Wie in den vorangegangenen Kapiteln wird der EinRluss der Entwick-‐
lungsgeschichte auf das bestehende System untersucht. Ebenso wird die Struktur der staatli-‐
chen Finanzierung, sowie die bereitgestellt Infrastruktur betrachtet.
3.4.1. Norwegen
Das Gesundheitssystem in Norwegen hat eine lange Tradition von universellem Zugang zu
medizinischer Versorgung. Bereits 1912 wurde gesetzlich festgelegt, dass jeder ungehinder-‐
ten Zugang zu ärztlichen Dienstleistungen haben soll, unabhängig von Einkommen und
Wohnort (vgl. Johnsen 2006: 13). An diesem Grundsatz wurde beim AuRbau des Gesundheits-‐
systems nach dem Zweiten Weltkrieg festgehalten, wobei es einen Prozess stetiger Dezentra-‐
lisierung durchlief, in dessen Verlauf sich immer mehr Verantwortung auf die lokale Ebene
verlagert. Um allerdings größtmögliche Patientenorientierung zu gewährleisten, dürfen Nor-‐
weger frei wählen, wo sie sich behandeln lassen, wodurch der Wettbewerb zwischen den Re-‐
gionen angeregt wird (vgl. Halvorsen/Stjernø 2008: 90).
Das norwegische Gesundheitssystem ist steuerRinanziert. Dabei teilt sich die Finanzierung auf
die Zentralregierung, die lokalen Regierungen und das NIS auf. 2004 stellte sich die Verteilung
30
wie folgt dar: 47% Zentralregierung, 33% lokale Regierungen und 20% NIS (vgl. Halvorsen/
Stjernø 2008: 96). Die zur Verfügung gestellten Leistungen sind vom Bedarf abhängig und
nicht von der Höhe der Einzahlungen des Leistungsempfängers in das NIS. Es besteht also u-‐
niverseller Zugang für alle (vgl. Johnsen 2006: 40). Da alle Norweger verpRlichtend staatlich
versichert sind, gibt es keine nennenswerte private Krankenversicherung. Deren Zahlungen
machen weniger als 1% aller Ausgaben im Gesundheitssektor aus. Private Zuzahlungen zu
Gesundheitsleistungen gibt es bei zahnärztlicher Behandlung, Medikamenten und einigen
Spezialtherapien (vgl. Johnsen 2006: 44).
Die staatlichen Ausgaben für das Gesundheitssystem betrugen 2010 umgerechnet 23,6 Mrd.
Euro. Dies entspricht 16,5% des Haushalts bzw. 7,6% des BIPs (vgl. Statistisk Sentralbyrå
2011: 380). Dazu kommen noch private Aufwendungen, die ca. 15% aller Gesundheitsausga-‐
ben ausmachen. Der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP erscheint im internationalen
Vergleich eher gering, ist allerdings auf das hohe BIP Norwegens zurückzuführen. Tatsächlich
hat Norwegen die zweithöchsten Pro-‐Kopf-‐Ausgaben aller OECD-‐Länder nach den USA (s.
Abb. 24, S. 66).
Die Ärztedichte in Norwegen beträgt 40 Ärzten pro 10.000 Einwohner. Innerhalb der OECD
ist Norwegen das Land, in dem der größte Anteil der Beschäftigten im Gesundheitssektor tätig
ist. 2009 waren es 20% aller Beschäftigten (s. Abb. 25, S. 67). In Norwegen gibt es keine
selbstständigen Ärzte, was bedeutet, dass alle Ärzte ein staatliches Gehalt beziehen. Es ist mit
dem 1,8-‐fachen des Durchschnittsgehalts der Bevölkerung geringer als der OECD Durch-‐
schnitt (vgl. OECD 2011b: 61ff.).
3.4.2. Russische Föderation
Auch das heutige Gesundheitssystem der Russischen Föderation basiert auf seinem sowjeti-‐
schen Vorgänger und viele seiner Elemente sind auf das sowjetische System zurückzuführen.
Es war sehr zentralistisch organisiert, steuerRinanziert und garantierte formal allgemeinen
und gleichen Zugang für alle Bürger. Die angebotenen Leistungen beinhalteten Krankenhaus-‐
aufenthalte, ärztliche Behandlungen, einfache Medikamente, sowie Erholungsaufenthalte.
Generell wurden 98% der Kosten des Gesundheitssystems vom Staat getragen (vgl. Rinck
2000: 158f.). Dabei war die politische Behandlung des Gesundheitssystems sehr ambivalent.
Auf der einen Seite genoss es hohe politische Priorität und die SU hatte 1984 die höchste Ärz-‐
tedichte der Welt (vgl. Heinrich/Koop 1996: 34). Andererseits wurde dem Gesundheitssektor
nur geringe Rinanzielle Priorität eigeräumt, was dazu führte, dass 1990 nur noch 3,6% des
BIPs dafür ausgegeben wurden (vgl. Rinck 2000: 159). Der OECD Durchschnitt im selben Jahr
31
lag bei ungefähr 7%. (s. Abb. 26, S. 67) Die geringe Rinanzielle Ausstattung führte zum einen zu
einer Unterversorgung der Gesundheitseinrichtungen, wodurch es de facto zu einer Rationie-‐
rung kam, und zum anderen zu einer Entlohnung im Gesundheitssektor, die ungefähr bei der
Hälfte des damaligen Durchschnittslohns lag (vgl. Heinrich/Koop 1996: 37).
Mit dem Zusammenbruch der SU und dem Übergang zur Marktwirtschaft musste das Gesund-‐
heitssystem modiRiziert und auf eine solide Rinanzielle Basis gestellt werden. Um diese Prob-‐
leme zu lösen, wurde 1993 eine gesetzliche Krankenversicherung eingeführt. Die Beitragszah-‐
lung orientiert sich dabei an folgendem Prinzip:
„Die Beiträge der Arbeitnehmer sollten von den Arbeitgebern, die Beiträge für die Be-‐
schäftigten im öffentlichen Dienst, sowie für die übrige Bevölkerung, sollten durch
den Staatshaushalt getragen werden.“ (Rinck 2000: 162)
Die Beiträge wurden in sogenannte Gesetzliche Krankenversicherungsfonds (GKV-‐Fonds)
eingezahlt. Es gibt seit 1993 territoriale Fonds für jedes föderale Subjekt und einen Föderal-‐
fond. Dabei hat der Föderalfond die Aufgabe, die Voraussetzungen für eine einheitliche Ver-‐
sorgung mit Gesundheitsleistungen in allen Teilen der Föderation sicherzustellen (vgl. Hein-‐
rich/Koop 1996: 41). Ursprünglich wurden die Beiträge zu den GKV-‐Fonds über die allgemei-‐
ne Sozialsteuer eingezogen, welche seit 2005 26% des Lohns betrug. Die Beiträge zu den GKV-‐
Fonds betrugen damals 1,1% für den Föderalfond und 2,0% für die territorialen Fonds (vgl.
Popovich et al. 2011: 79). Im Einklang mit der allgemeinen Rezentralisierungspolitik unter
Putin und Medwedjew gilt seit 2011 ein neues Finanzierungssystem, wonach alle Beiträge an
den Föderalfond gehen, der sie dann den territorialen Fonds zuweist. Gleichzeitig wurden die
Beiträge auf 5,1% des Lohns angehoben (vgl. Popovich et al. 2011: 79f., 151f.). Allerdings er-‐
folgte die Finanzierung des Gesundheitssektors 2009 nur zu 25% aus den GKV-‐Fonds. 40%
der Finanzierung machten staatliche Zuzahlungen und knapp 30% private Zahlungen aus. Das
unterentwickelte private Krankenversicherungssystem steuerte nur 4% der Mittel bei (s. Abb.
27, S. 68).
Trotz der Umstrukturierungen des Gesundheitssystems sind die Ausgaben für den Gesund-‐
heitssektor im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich (s. Abb. 28, S.
68). Sie betrugen 2009 5,4% des BIP, wovon allerdings ein Drittel private Zahlungen waren.
Die staatlichen Zahlungen hatten nur eine Höhe von 3,5% des BIP und einen Anteil von 8,5%
am Gesamthaushalt (s. Abb. 29, S. 69).
Es ist schwierig, zu bewerten, inwieweit das Gesundheitssystem eines Landes erfolgreich zur
Verbesserung der allgemeinen Gesundheit der Bevölkerung beiträgt: So ist zum Beispiel die
32
geringe Lebenserwartung von Männern nicht auf mangelhafte medizinische Versorgung, son-‐
dern auf exzessiven Konsum oft selbst hergestellten Alkohols zurückzuführen (vgl. Leon et al.
2007). Die Betrachtung der bereitgestellten Infrastruktur zeigt, dass das Verhältnis von Kran-‐
kenhausbetten zur Bevölkerung mit knapp 100 Betten pro 10.000 Einwohnern im Vergleich
zur EU und zu anderen Ländern der GUS sehr gut ist. (vgl. Popovich et al. 2011: 99). Auch die
Anzahl der Ärzte pro 10.000 Einwohnern ist mit 50 vergleichsweise hoch (vgl. Popovich et al.
2011: 102). David Hauner, der 2007 für den IWF die EfRizienz des russischen Sozialsystems
untersucht hat, ist jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass das russische Gesundheitssystem,
gemessen daran, wie viele Menschen an bestimmten Krankheiten sterben, sehr inefRizient ist
(s. Abb. 30, S. 69). Die InefRizienz besteht sowohl im Verhältnis zu den Ausgaben, als auch im
Vergleich zu anderen Ländern (vgl. Hauner 2007: 24).
3.4.3. Gegenüberstellung:
Grundsätzlich stellen zwar beide Länder eine universelle, kostenlose medizinische Versor-‐
gung zur Verfügung, der Vergleich hat aber gezeigt, dass diese in Russland nicht ausreichend
ist, und viele Leistungen über private Zuzahlungen Rinanziert werden müssen. In keinem der
Länder ist das System privater Krankenversicherungen entwickelt. Während dies in Norwe-‐
gen auf die fehlende Notwendigkeit zurückzuführen ist, liegt es in Russland vor allem an den
mangelnden Rinanziellen Ressourcen der potentiellen Kunden (vgl. Gontmacher 2010: 386).
Bei der Betrachtung der bereitgestellten Infrastruktur zeigt sich ein ambivalentes Bild. So-‐
wohl die Ärztedichte, als auch die Anzahl der Krankenhausbetten ist in Norwegen mit 30 Bet-‐
ten und Ärzten pro 10.000 Einwohner wesentlich geringer als in Russland. Allerdings ist dies
vor allem darauf zurückzuführen, dass das russische System, indem es die Finanzierung der
Krankenhäuser nach der Anzahl der Betten berechnet, Anreize für die Krankenhäuser schafft,
mehr Kapazitäten bereitzustellen (vgl. Popovich et al. 2011: 89). Gleichzeitig haben Patienten
Anreize, diese Kapazitäten zu nutzen, da in den Krankenhäusern in der Regel besseres Perso-‐
nal arbeitet und Medikamente kostenlos verabreicht werden (vgl. Popovich et al. 2011: 171).
Die Anzahl der Betten sagt jedoch wenig über die Qualität des Gesundheitswesens aus. Wie
wenig, zeigt der World Health Report 2000 der WHO, in dem diese die Gesundheitssysteme
aller Mitgliedsländer bewertet und in einem Ranking zusammenfasst. Auch wenn ein solches
Ranking äußerst problematisch ist, da die Gesundheit der Bevölkerung nicht nur vom Ge-‐
sundheitssystem ihres jeweiligen Heimatlandes abhängt, weist das Ergebnis mit Norwegen
auf Platz 11 und der Russischen Föderation auf Platz 130 (vgl. WHO 2000: 220ff.) doch auf
gravierende Unterschiede hinsichtlich der Qualität und der EfRizienz der Gesundheitssysteme
beider Länder hin.33
Auch im Gesundheitswesen weist Russland Tendenzen in Richtung des liberalen Wohlfahrts-‐
regimes mit mehr privater Verantwortung und Bereitstellung von Leistungen durch den
Markt auf. Wobei diese Entwicklung nicht gezielt staatlich vorangetrieben wird, sondern auf
die dargestellte InefRizienz des bestehenden Systems zurückzuführen ist.
3.5. Die Rentensysteme
Die Rentensysteme werden hinsichtlich ihrer Geschichte, ihrer Struktur und ihrer Finanzie-‐
rung analysiert. Die Ausgaben der Staaten für das Rentensystem werden ebenso betrachtet
wie die Höhe der Renten.
3.5.1. Norwegen
Das norwegische Rentensystem war bis Ende der 1950er Jahre bedarfsorientiert ausgerichtet.
Erst 1957 wurde die Bedarfsorientierung abgeschafft und das universelle Rentensystem ein-‐
geführt. Es garantiert jedem Bürger Norwegens eine Basisrente, unabhängig von vorangegan-‐
gener Erwerbstätigkeit (vgl. Halvorsen/Stjernø 2008: 74f.). Wie bereits erwähnt, wird das
Rentensystem aus dem NIS Rinanziert. Demnach handelt es sich um ein steuerRinanziertes
Rentensystem, welches nach der UmlageRinanzierung funktioniert, das heißt, dass die Renten
der gegenwärtigen Empfänger durch die aktuell arbeitende Generation erwirtschaftet wer-‐
den.
Das ofRizielle Renteneintrittsalter ist in Norwegen für Männer und Frauen identisch und liegt
derzeit bei 67 Lebensjahren. Damit liegt es im OECD-‐Durchschnitt im oberen Bereich, wo-‐
durch die durchschnittliche ofRizielle Rentenbezugsdauer18 unter den OECD-‐Durchschnitt ab-‐
sinkt. Auch das tatsächliche durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt mit knapp 65 Jahren,
auch hier kaum ein Unterschied zwischen Männern und Frauen, etwas über dem OECD
Durchschnitt (vgl. OECD 2011d: 61).
Das norwegische Rentensystem verfolgt drei Ziele:
„The aim [...] is Wirst to prevent poverty, second, to maintain the standard of living into
old age for those who have been employed, and third, to reduce income differences
among old people.“ (Halvorsen/Stjernø 2008: 76)
Für die Erreichung dieser Ziele gliedert sich das Rentensystem in zwei Teile, in die universelle
Rente und die einkommensabhängige Rente. Um in den Genuss der vollen Höhe der Rente zu
kommen, muss man mindestens 40 Jahre in Norwegen gelebt haben, bzw. norwegischer
3418 OfRizielles Renteneintrittsalter minus durchschnittliche Lebenserwartung.
Staatsbürger gewesen sein. Jedem Rentner, der diese Voraussetzung erfüllt, wird die univer-‐
selle Rente in Höhe des sogenannten Basissatzes ausgezahlt. Der Basissatz wird für jedes Jahr
vom Parlament in Absprache mit Interessenvertretern der Rentner und Vertretern der Wirt-‐
schaft festgelegt und orientiert sich an der Entwicklung des allgemeinen Einkommens (vgl.
Halvorsen/Stjernø 2008: 75). Er betrug für das Jahr 2010 umgerechnet 9.105 Euro. Allerdings
wird für Rentner, die keine einkommensabhängige Rente bekommen, eine Sonderzulage in
Höhe von 97% des Basissatzes gezahlt. Die einkommensabhängige Rente berechnete sich
2010 aus 42% des Basissatzes multipliziert mit den durchschnittlichen Rentenpunkten19 der
20 Jahre mit dem höchsten Einkommen.20 Für Menschen, die weniger als 20 Jahre gearbeitet
haben, wird der Durchschnitt aller Jahre mit Erwerbstätigkeit verwendet (vgl. SSA 2010:
228ff.). Die durchschnittliche Höhe der Rente betrug im Jahr 2009 umgerechnet ca. 2.600 Eu-‐
ro monatlich bzw. 31.000 Euro jährlich. Damit entsprachen die Nettorenten durchschnittlich
73% des Nettolohns (vgl. NOSOSCO 2008: 64).
Zusätzlich zum staatlichen Rentensystem gibt es in Norwegen private Rentenversicherungen.
Sie werden in der Regel von großen Firmen angeboten (vgl. NOSOSCO 2008: 103). 2009 ver-‐
fügten 22% der arbeitenden Bevölkerung über eine private Rentenversicherung (vgl. OECD
2011e: 173). 2007 betrugen die Leistungen der privaten Versicherungen 0,6% des BIP, wäh-‐
rend die Leistungen des staatlichen Rentensystems 4,7% des BIP betrugen (vgl. OECD 2011e:
155, 157).
3.5.2. Russische Föderation
Das Rentensystem in der SU unterschied sich hinsichtlich seiner Struktur und Zielsetzung
entscheidend von den Rentensystemen marktwirtschaftlicher Staaten. Diese haben in der Re-‐
gel das primäre Ziel, die Rinanzielle Sicherheit der Bevölkerung im Alter, bzw. nach dem Ver-‐
lassen des Arbeitsmarktes sicherzustellen (vgl. Rinck 2000: 111). Auch wenn das Rentensys-‐
tem in der SU diesen Anspruch formal mehr oder weniger teilte, lässt sich die Realität mit den
Worten Pavel Stillers wie folgt beschreiben:
„Die sowjetische [Sozialversicherung] und ihre jeweilige Auffassung erscheint einer-‐
seits als ein empWindlich reagierendes Barometer gesamtgesellschaftlicher Entwick-‐
lungen, andererseits wird sie von den Behörden als aktives politisches Instrument bei
der Bewältigung aktueller wirtschaftlicher Probleme eingesetzt und dadurch ihrem
35
19 Die Rentenpunkte für ein Jahr ‘n‘ errechnen sich wie folgt: Einkommen in ‘n‘ minus Basissatz in ‘n‘ dividiert durch den Basissatz in ‘n‘. Allerdings gibt es eine Obergrenze von 7 Rentenpunkten.20 Siehe Halvorsen/Stjernø 2008: 77 für eine Beispielrechnung.
eigentlichen Zweck (nämlich der Sicherung vor den Lebensrisiken) entfremdet.“ (Stil-‐
ler 1979: 7)
Die Folge war, dass auch nach 1956, als erstmals allgemeine Renten für alle Berufsgruppen
eingeführt wurden, die Höhe der jeweiligen Renten stark davon abhing, welche Priorität der
betroffenen Berufsgruppe gerade eingeräumt wurde. Finanziert wurden die Renten durch
Beiträge von Betrieben und Institutionen, hauptsächlich jedoch durch staatliche Subventio-‐
nen, da die Beiträge 1975 nur 37% der Finanzierung ausmachten (vgl. Stiller 1979: 4f.).
In Folge des Übergangs zur Marktwirtschaft wurde auch mit der Umstrukturierung des Ren-‐
tensystems begonnen. Bereits 1991 wurde ein Rentenfond gegründet, der außerhalb des all-‐
gemeinen Haushalts für die Finanzierung der Renten zuständig war. Die Beiträge zur Renten-‐
versicherung sollten fast ausschließlich von Arbeitgebern entrichtet werden (vgl. Rinck 2000:
115ff.). Aufgrund der konstant gering bleibenden Höhe der Renten im Verhältnis zum durch-‐
schnittlichen Lohn und der demographischen Entwicklung, die eine Verschlechterung des
Verhältnisses von Rentnern zu arbeitender Bevölkerung zur Folge hatte, wurden weitere Re-‐
formschritte nötig. Aus diesem Grund wurde 2002 eine dreigliedrige Struktur des Rentensys-‐
tems eingeführt (vgl. PNPF 2012). Die Rente besteht nun aus einer Grundrente, die allen Bür-‐
gern zusteht, die das Rentenalter erreicht haben, sowie aus einer Versichertenrente und einer
Akkumulationsrente, die nur diejenigen erhalten, die mindestens fünf Jahre erwerbstätig wa-‐
ren und in den Rentenfond eingezahlt haben (vgl. Feiguine 2006: 3). Die Versicherten-‐ und
Akkumulationsrente Rinanzieren sich aus Beiträgen, die nach wie vor der Arbeitgeber in Form
einer Steuer abführt, die aber nicht wie in den 1990er Jahren pauschal, sondern für jeden Be-‐
schäftigten individuell bezahlt wird. Der Beitrag beträgt 2012 22% des Lohns und teilt sich
ungefähr zu einem Drittel auf die Akkumulations-‐ und zu zwei Dritteln auf die Versicherten-‐
rente auf. Die Höhe der Versichertenrente berechnet sich aus den geleisteten Beiträgen, sowie
der Lohnhöhe. Die Akkumulationsrente dagegen wird an den Finanzmärkten angelegt und ih-‐
re Höhe richtet sich nach den Beiträgen, sowie den Erträgen am Kapitalmarkt (vgl. PNPF
2012). Es besteht die Möglichkeit, mit der Verwaltung der Akkumulationsrente private Fi-‐
nanzinstitute zu beauftragen (vgl. Feiguine 2006: 18). Die Reformen zeigen also eine Entwick-‐
lung weg von der universellen Rente hin zum Versicherungsprinzip und zusätzlich einen Ü-‐
bergang vom Umlage-‐ zum Kapitaldeckungsverfahren.
Das Rentenalter in Russland hat sich seit der ersten Rentengesetzgebung in den 1920er Jah-‐
ren nicht verändert und liegt nach wie vor bei 60 Jahren für Männer und 55 Jahren für Frauen
(vgl. SSA 2010: 258). Nach ofRiziellen Angaben betrug die durchschnittliche Rentenhöhe 2010
185€ monatlich. Das entsprach ca. 36% des durchschnittlichen monatlichen Lohns. Diese Zahl 36
spricht nicht für den Erfolg der Rentenreform, allerdings beginnt die Auszahlung der Akku-‐
mulationsrente erst 2013 (vgl. SSA 2010: 259) und bei allen vor 1966 Geborenen Rindet das
Kapitaldeckungsverfahren keine Anwendung, da sie nicht genug Zeit haben, um Kapital zu ak-‐
kumulieren (vgl. PNPF 2012). Trotz der geringen Höhe der Rente betrugen die Ausgaben des
Pensionsfonds 2010 mit umgerechnet knapp 100 Mrd. Euro fast 9% des BIP. Damit liegt Russ-‐
land über dem OECD Durchschnitt von 7% des BIP. An den niedrigen russischen Renten kön-‐
nen auch die privaten Rentenversicherungen nichts ändern. Nur 3,4% aller Rentner bezogen
2010 eine private Rente und deren Höhe betrug durchschnittlich nur 40 Euro (vgl. Rosstat
2011: 167ff.).
3.5.3. Gegenüberstellung
Mit der Aufteilung zwischen einkommensunabhängiger Basisrente und einkommensabhängi-‐
ger Zusatzrente weisen die Rentensysteme in beiden Ländern eine entscheidende Parallele
auf. Aber auch hier besteht ein gravierender Unterschied zwischen der Struktur, anhand derer
sich beide Länder dem sozialdemokratischen Regime-‐Typus zuordnen ließen, und den tat-‐
sächlichen Leistungen. Die niedrigen Leistungen und die Rentenreform, die eine stärkere Be-‐
teiligung des Marktes und eine größere Abhängigkeit der Renten von den geleisteten Beiträ-‐
gen einführte, weisen in Russland in eine andere Richtung. Mit der Reform wird nicht wie in
Norwegen das Ziel verfolgt, Einkommensunterschiede zwischen Rentnern zu reduzieren,
stattdessen werden sich diese vergrößern.
Das Rentensystem offenbart, wie problematisch die geringe Arbeitsproduktivität in Russland
für das Wohlfahrtssystem ist. So ist der vergleichsweise hohe Prozentsatz des BIPs, der für
das Rentensystem ausgegeben wird, auf das geringe BIP pro Person und das niedrige Renten-‐
eintrittsalter zurückzuführen. Denn da das Verhältnis von Bürgern über 65 Jahren zu Bürgern
zwischen 20 und 64 Jahren in Russland mit 1 zu 4,9 besser ist als in Norwegen mit 1 zu 4,1
und im OECD Durchschnitt mit 1 zu 4,2 (s. Abb. 31, S. 70), verfügt Russland theoretisch über
mehr Arbeitskräfte, die die Renten Rinanzieren könnten.
4. Theoretische Einordnung
4.1. Die Politik-‐Erblast und ihre Auswirkung
Die in Kapitel 3 dargestellten Entwicklungen der einzelnen Bestandteile des russischen Wohl-‐
fahrtssystems zeigen viel Kontinuität, aber auch einen Bruch, welcher mit dem Untergang der
SU einherging. Im Falle von Russland ist die entscheidende Frage, inwieweit das „Window of
37
Opportunity“ (Wilsford 1994: 252), welches sich 1991 auftat, genutzt werden konnte. Folgen-‐
de Eigenschaften müssen nach Gerd Schienstock für ein solches Fenster erfüllt sein:
„A 'window of new opportunities' [is] associated with a new techno-‐organizational
paradigm, pressures coming from external socio-‐economic factors, key change
events, and the human will to change things.“ (Schienstock 2011: 68)
All diese Bedingungen waren in Russland nach dem Zusammenbruch der SU erfüllt, wenn
auch der letzte Punkt in Bezug auf den Wohlfahrtsstaat möglicherweise nur mit Einschrän-‐
kungen, galt doch das Hauptaugenmerk der Transformation der Wirtschaft. In Anbetracht der
ökonomischen und sozialen Entwicklung ist es angebracht, an dieser Stelle nicht nur von ei-‐
nem Window of Opportunity, sondern ebenso einem Window of Necessity zu sprechen, denn es
bestand nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Notwendigkeit, das Wohlfahrtssystem zu
verändern.
Wie in Kapitel 3 gezeigt, wurde die Möglichkeit einer umfassenden Reformation des Wohl-‐
fahrtssystems nur ansatzweise genutzt. Mit der Politik-‐Erblast-‐Theorie in Übereinstimmung
mit Esping-‐Andersen (1997) lässt sich dies mit der Langlebigkeit etablierter Institutionen er-‐
klären. InefRiziente Institutionen sind nach Esping-‐Andersen weniger in der Lage, wohlfahrts-‐
staatliche, beschäftigungspolitische und ökonomische Ziele effektiv zu vereinigen, was zu In-‐
Rlation und mangelnder Anpassungsfähigkeit an Veränderungen führen kann (Esping-‐Ander-‐
sen 1997: 6). Genau diese Entwicklungen konnten dann auch in der RF in den 1990er Jahren
beobachtet werden.
Das beste Beispiel für die Pfadabhängigkeit bei der Entwicklung des Wohlfahrtssystems nach
dem Zusammenbruch der SU stellt das Rentensystem dar. Obwohl es inefRizient war, wurde es
unverändert beibehalten, weil eine Veränderung zum einen mit Kosten, und zum anderen mit
dem möglichen Verlust der Rentner als Wählerschaft für die Herrschenden verbunden gewe-‐
sen wäre (vgl. Franke 2009: 239). So kommt es, dass das Renteneintrittsalter in Russland, wie
unter 3.5. beschrieben, seit den 1920er Jahren trotz veränderter Demographie unverändert
geblieben ist. Ein weiteres Beispiel sind die unter 3.1. angesprochenen Subventionen. Trotz
internationalen Drucks durch WTO und Weltbank konnten diese bis heute nicht abgeschafft
werden und mussten auf Protest der Rentner 2005 teilweise sogar wieder verstärkt werden
(vgl. Franke 2009: 244f.). Zusammenfassend lässt sich die Existenz eines umfangreichen,
kaum zu Rinanzierenden Sozialsystems, das nicht nur in Russland, sondern auch in anderen
ehemaligen Sowjetländern zu beobachten ist, mit der Pfadabhängigkeitsthese erklären (vgl.
Franke 2009: 246).
38
Auch die Entwicklung des norwegischen Wohlfahrtssystems lässt sich gut mit der Pfadabhän-‐
gigkeit erklären. So geht die breite gesellschaftliche und politische Akzeptanz für ein egalitä-‐
res Gesellschaftsmodell auf die vorindustrielle, relativ egalitäre Agrargesellschaft zurück und
der Grundstein für die starke Rolle des Staates wurde bereits nach der Reformation gelegt, als
die Fusion von Kirche und staatlicher Bürokratie den Staat als Hauptverantwortlichen für
Fragen von Bildung und Wohlfahrt legitimierte (vgl. Eitrheim/Kuhnle 2002: 39). Allerdings
hat sich für Norwegen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs kein Window of Opportunity im
Sinne von „altering incentive and disincentive structures, by altering the balance of power a-‐
mong decision-‐agents“ (Wilsford 1994: 277) aufgetan. Im Gegenteil ist in Norwegen zu be-‐
obachten, dass sich die von Schienstock angesprochenen sozioökonomischen Faktoren vor-‐
teilhaft für den eingeschlagenen Weg entwickelt haben. So kam es in Norwegen durch die
Erdöleinnahmen nicht zu den ökonomischen Turbulenzen, welche die anderen skandinavi-‐
schen Länder in den 1980er und 90er Jahren erlebten und somit bestand auch keine Notwen-‐
digkeit, das Wohlfahrtssystem zu verändern (vgl. Stephens 1997: 52).
Es hat sich aber auch bei der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates in Norwegen gezeigt, welch
starken EinRluss etablierte Normen und Institutionen, im Falle von Norwegen vor allem das
Paradigma der Vollbeschäftigung und der universelle Wohlfahrtsstaat, auf die Entwicklung
von Wohlfahrtspolitik haben können. Sie führten dazu, dass es in den 1970er und 80er Jahren
zu einer Ausdehnung der Arbeitsmarktpolitik und des sozialstaatlichen Dienstleistungssek-‐
tors kam (vgl. Esping-‐Andersen 1997: 11). Nur durch die Ausweitung des öffentlichen Sektors
und der damit verbundenen Schaffung von Arbeitsplätzen konnte ein hohes Beschäftigungs-‐
niveau aufrechterhalten werden. Dabei hatte Norwegen im Gegensatz zu anderen skandinavi-‐
schen Ländern den Vorteil, dass es durch die Erdöl-‐ und Erdgaseinnahmen über eine stabilere
Riskalische Basis verfügte (vgl. Esping-‐Andersen 1997: 13). Es ist also zu beobachten, dass die
politische Erblast hier zu einer Ausdehnung des Wohlfahrtsstaates führte. Diese Ausdehnung
zeigt sich deutlich daran, dass 2010 30% aller Beschäftigten in Norwegen im öffentlichen Sek-‐
tor beschäftigt waren (vgl. Statistisk Sentralbyrå 2011: 205).
Abgesehen davon, dass sich in Norwegen kein Window of Opportunity für die Reformierung
des Wohlfahrtssystems öffnete, stellt sich auch die Frage nicht, ob die Notwendigkeit einer
grundlegenden Änderung des eingeschlagenen Weges besteht oder bestand. Die Analyse des
Wohlfahrtsstaates in Kapitel 3, sowie der sozioökonomischen Entwicklung in Kapitel 2.2. ha-‐
ben gezeigt, dass es Norwegen gelungen ist, ein umfangreiches Wohlfahrtssystem aufrechtzu-‐
halten, ohne dass die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft darunter gelitten hat. Die gradlinige
Entwicklung des norwegischen Wohlfahrtssystems ist ein deutliches Zeichen für den Erfolg
39
dieses Systems. Als Beleg für diesen Erfolg lässt sich eine Arbeit von Lyle Scruggs und James
Allan anführen, die 2006 einen „welfare beneWit generosity index“21 vorlegten, in welchem
Norwegen den zweithöchsten Wert nach Schweden erreichte (vgl. Scruggs/Allan 2006: 68;
Abb. 22, S. 71).
4.2. Typologische Einordnung
Das sowjetische System trug viele Merkmale des sozialdemokratischen Regime-‐Typus. De-‐
kommodiRizierung der Arbeitskraft war ein leninistisches Grundprinzip (vgl. Standing 1997:
227). Ebenso galt Vollbeschäftigung als wichtiges gesellschaftliches Ziel und führte dazu, dass
Arbeitslosigkeit als asoziales Verhalten gesehen und deswegen ofRiziell abgeschafft wurde.
Ebenso ofRiziell sollten soziale Unterschiede minimiert werden. In Kombination mit dem um-‐
fassenden Sozialversicherungs-‐, Bildungs-‐ und Gesundheitssystem entsprach das sowjetische
Wohlfahrtssystem also formal dem sozialdemokratischen Modell. Tatsächlich unterschied es
sich jedoch von diesem Regime-‐Typus in zwei wesentlichen Eigenschaften: Weder eine
Gleichheit auf hohem Niveau noch eine gleichberechtigte Integration aller Schichten in das
Wohlfahrtssystem (vgl. Esping-‐Andersen 1990: 27f.) wurde erreicht. Stattdessen wurde durch
niedrige Löhne und Transferzahlungen sowie schlechte Qualität der wohlfahrtsstaatlichen
Dienstleistungen (vgl. Standing 1997: 229f.) Gleichheit auf einem sehr niedrigen Niveau ge-‐
schaffen. Gleichzeitig gab es durch Privilegierung der politischen und wirtschaftlichen Eliten
beim Zugang zu wohlfahrtsstaatlichen Leistungen und Konsumgütern eine starke soziale Stra-‐
tiRizierung (vgl. Standing 1997: 228).
Nach dem Zusammenbruch der SU ist in Russland eine Entwicklung hin zum liberalen Regi-‐
me-‐Typus zu beobachten. Beispielhaft dafür ist, dass
„die Administration Putin die Rolle der Bevölkerung als Wirtschaftsressource [ver-‐
steht], so dass Sozialpolitik als Instrument liberaler Wirtschaftspolitik zu betrachten
ist.“ (Franke 2009: 243)
Auch Raj Kollmorgen hat in einer empirischen Studie festgestellt, dass die Ausgabenstruktur
für das soziale Sicherungssystem am ehesten mit der Großbritanniens zu vergleichen ist, also
dem liberalen Regime-‐Typus entspricht (vgl. Kollmorgen 2009: 68). Trotzdem und trotz des
minimalen DekommodiRizierungsgrads (vgl. Kollmorgen 2009: 79), ordnet er Russland dem
rudimentären staatspaternalistischen Regime-‐Typus zu (vgl. Kollmorgen 2009: 84). Damit
schließt er sich der Begriffswahl Leibfrieds an, allerdings weist das russische Wohlfahrtssys-‐
40
21 Der Index ist eine Weiterentwicklung des DecommodiRication Index von Esping-‐Andersen (1990) und berück-‐sichtigt die gleichen Variablen wie dieser.
tem einige entscheidende Unterschiede zu dem von Leibfried vorgeschlagenen Regime-‐Typus
auf: Die Analyse in Kapitel 3 hat gezeigt, dass es in Russland sehr wohl einen Rechtsanspruch
auf wohlfahrtsstaatliche Leistungen gibt und es auf eine sehr lange Tradition der Vollbeschäf-‐
tigung zurückblicken kann. Allerdings entsprechen das geringe Versorgungsniveau in der RF
und das durch die Reformen institutionalisierte Versprechen, einen modernen Wohlfahrts-‐
staat zu entwickeln, dem rudimentären Regime-‐Typus.
Interessant am Vergleich der Wohlfahrtssysteme ist, dass beide in Grundzügen Eigenschaften
des Beveridge-‐Systems aufweisen: SteuerRinanzierte, universelle Leistungen, die unabhängig
vom Beitrag ausgezahlt werden, den der jeweilige Empfänger zum Sozialsystem geleistet hat.
Tatsächlich hat das norwegische Wohlfahrtssystem seine Ursprünge in den Ideen von Beve-‐
ridge. Die norwegischen Politiker, die während des zweiten Weltkriegs in England im Exil wa-‐
ren, machten sich dort mit den Vorschlägen Beveridges vertraut und brachten sie bei ihrer
Rückkehr mit nach Norwegen (vgl. Halvorsen/Stjernø 2008: 15).
Ausgehend von den Ideen Beveridges wurde in Norwegen jedoch nicht der englische Weg zur
Sicherung des Existenzminimums eingeschlagen, sondern ein Wohlfahrtsstaat mit umfangrei-‐
chen Leistungen, die ein hohes Einkommensniveau gewährleisten, geschaffen. Wie in Kapitel
3 gezeigt, weist es heute die typischen Charakteristika des sozialdemokratischen Wohlfahrts-‐
regimes auf:
„Comprehensive in terms of welfare needs covered and services offered. Universal
population coverage. High degree of redistribution. General taxation as major source
of Winancing. Large share of public sector employment in general and in the broadly
deWined welfare sector in particular“ (Eitrheim/Kuhnle 2002: 39)
Dabei ist es sogar den anderen skandinavischen Ländern in einigen Bereichen überlegen. Zum
einen hat Norwegen das universalistischste Arbeitslosenversicherungssystem (siehe 3.2., vgl.
Edling 2006: 99) und zum anderen konnte Norwegen mit Hilfe der Erdöleinnahmen einen An-‐
stieg der Arbeitslosigkeit in den 1980er und 90er Jahren, wie er in den anderen skandinavi-‐
schen Ländern zu beobachten war, verhindern. Auf diese Weise war es möglich, das hohe Ni-‐
veau wohlfahrtsstaatlicher Leistungen nicht nur beizubehalten, sondern sie in dieser Zeit so-‐
gar noch leicht auszuweiten (vgl. Stephens 1997: 52).
Der Grad, in welchem es den Ländern gelingt, durch das Wohlfahrtssystem soziale Ungleich-‐
heiten auszugleichen, wird am Beispiel der Einkommensungleichheit deutlich. Es zeigt sich,
dass in Norwegen das Einkommen nach Steuern und Transfers wesentlich gleicher verteilt ist
als in Russland. Während in Russland 2009 die reichsten 20% der Bevölkerung fast die Hälfte
41
des Einkommens erhielten, waren es in Norwegen nur ein Drittel. Gleichzeitig verfügte das
ärmste Quintil in Norwegen über 10% des Einkommens und in Russland nur über 5% (s. Abb.
33, S. 71). Der Vergleich der Gini-‐KoefRizienten22 von 25 in Norwegen (2008) und 42 in Russ-‐
land (2010) illustriert den drastischen Unterschied der Einkommensverteilung in den beiden
Ländern (vgl. CIA 2012). Auch wenn Norwegen mit 10% des BIP in 2007 etwas weniger für
Transferleistungen ausgab als der OECD Durchschnitt, tragen diese Leistungen signiRikant zur
Reduzierung der Einkommensungleichheit bei, zumal Renten, die wenig redistributiv wirken,
einen vergleichsweise geringen Teil der Transferzahlungen ausmachen (s. Abb. 34, S. 72). Ein
Vergleich der Gini-‐KoefRizienten vor und nach Steuern und Transferzahlung verdeutlicht die
Umverteilungswirkung (s. Abb. 35, S. 72). Auch in Russland wirken Transferzahlungen ab-‐
schwächend auf die Ungleichheit der Einkommensverteilung, immerhin machten sie 2010
18% des Einkommens aus (vgl. Rosstat 2011: 159), allerdings ist dieser Effekt geringer als in
Norwegen. Die ungleiche Verteilung des Einkommens spiegelt sich auch in der relativen Ar-‐
mutsrate23 wieder. Diese ist in Russland mit 17% eine der höchsten im OECD Vergleich, wäh-‐
rend sie in Norwegen mit weniger als 7% eine der niedrigsten ist (s. Abb. 36, S. 73). Die Rate
relativer Armut hat sich in Russland seit 2000 nur geringfügig verändert, aber der Anteil der
Bevölkerung, der in absoluter Armut, mit einem Einkommen unterhalb des Existenzmini-‐
mums lebt, hat sich in dieser Zeit mehr als halbiert und betrug 2009 13,4% (s. Abb. 37, S. 73).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich das russische System weder eindeutig in die Ty-‐
pologie von Esping-‐Andersen einordnen lässt, noch eine Typologie existiert, die sowohl Russ-‐
land als auch die westeuropäischen Länder abdeckt. Die Analyse hat jedoch gezeigt, dass Ale-‐
xandra Baum-‐Ceisig et al. zuzustimmen ist, dass die zunehmende Betonung des Marktes, in
Russland vor allem im Bildungssektor, zunehmend aber auch im Bereich der Rentenversiche-‐
rung, eine Entwicklung ist, die dem liberalen Regimetypus entspricht (vgl. Baum-‐Ceisig et al.
2008: 436). Gleichzeitig zeigen die universalistischen Strukturen im Bereich der Arbeitslosen-‐
sicherung und der Gesundheitsversorgung deutliche Anzeichen des sozialdemokratischen
Typus (vgl. Baum-‐Ceisig et al. 2008: 436). Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, dass
sich die Ziele, die in Russland mit dem Ausbau des Wohlfahrtsstaates erreicht werden sollen,
entscheidend von denen in Westeuropa unterscheiden, denn schlussendlich dienen die Wohl-‐
fahrtssysteme in den autoritären postsowjetischen Staaten der Stabilisierung und Legitimati-‐
42
22 Der Gini-‐KoefRizient ist ein Maß für Ungleichverteilung. Er skaliert Ungleichverteilung auf einen Wert zwischen 0 (Gleichverteilung) und 100 (maximale Ungleichverteilung).23 Relative Armut wird deRiniert als ein Einkommen von weniger als 50% des Median-‐Einkommens. Das Median-‐einkommen ist das Einkommen, welches die Hälfte der Bevölkerung mindestens erhält. Das heißt, 50% der Be-‐völkerung haben ein höheres und 50% ein geringeres als das Median-‐Einkommen.
on des herrschenden Regimes (vgl. Franke 2009: 245). Dass in Russland der Staat aus diesem
Grund die Verantwortung für die Bereitstellung öffentlicher Güter an sich zieht, er diese aber,
wie in Kapitel 3 gezeigt, nur in geringem Umfang wahrnehmen kann, ist eine Eigenschaft, des
von Kollmorgen vorgeschlagenen, rudimentären staatspaternalistischen Regime-‐Typus.
Während Norwegen also eindeutig dem sozialdemokratischen Regime-‐Typus zuzuordnen ist
und, wie Kapitel 3 gezeigt hat, erfolgreich eine Vielzahl öffentlicher sozialer Güter in guter
Qualität bereitstellt, ist in Russland eine Entwicklung hin zu einem liberaleren Regime mit
mehr Marktbeteiligung zu beobachten. Allerdings besteht nach wie vor ein sehr umfangrei-‐
ches staatliches Wohlfahrtssystem, dessen Leistungen aber allenfalls rudimentär sind.
4.3. Sozioökonomische Bedingungen für die weitere Entwicklung
Die grundlegende Behauptung der sozioökonomischen Theorie ist:
„Economic level and its demographic and bureaucratic outcomes are major causes of
welfare-‐state development.“ (Wilensky et al. 1985: 5)
Es geht also darum, zu zeigen, welchen EinRluss ökonomische und demographische Entwick-‐
lungen auf die Ausgestaltung des Wohlfahrtsstaates und die von ihm bereitgestellten Leistun-‐
gen hat (vgl. Wilensky et al. 1985: 5f.). Der Vergleich in Kapitel 2 hat gezeigt, dass sowohl
Russland als auch Norwegen dank des Rohstoffsektors über bedeutende Rinanzielle Ressour-‐
cen verfügen. Interessant an diesem Vergleich ist jedoch, dass Russland trotz seiner rasanten
Fortschritte bei der Konsolidierung des Staatshaushaltes in den 2000er Jahren nicht das Ein-‐
kommensniveau Norwegens erreichen konnte:
„Russia’s Wiscal surpluses during the pre-‐crisis commodity boom were also above the
average for oil-‐exporting countries, although a number of oil exporters, for example
Norway and Saudi Arabia, had much larger surpluses during that time.“ (OECD
2011: 92)
Auch in Bezug auf die Staatsverschuldung reicht die positive Entwicklung in Russland nicht
aus, um mit Norwegen gleichzuziehen: „Only a few OECD countries have had negative net pub-‐
lic debt before and after the crisis, Norway being the leader“ (OECD 2011: 93). Es bleibt also
zunächst festzuhalten, dass Norwegen trotz allem über größere Rinanzielle Ressourcen ver-‐
fügt als Russland.
Andererseits ist festzuhalten, dass die ehemaligen sozialistischen Staaten in Mittel-‐ und Ost-‐
europa als Ausnahme von der sozioökonomischen Theorie galten, da sie trotz geringer wirt-‐
schaftlicher Entwicklung über ehrgeizige Wohlfahrtssysteme verfügten (vgl. Schmidt/Ost-‐43
heim 2007: 34). Dies war und ist, wie in Kapitel 3 dargestellt, auch in der SU und Russland zu
beobachten. Allerdings hat sich auch gezeigt, dass ein Unterschied zwischen den ehrgeizigen
Programmen und den tatsächlichen Leistungen des Wohlfahrtssystems besteht. Die Frage, die
sich hinsichtlich der weiteren Entwicklung des russischen Wohlfahrtssystems stellt, ist also,
ob die Einnahmen aus dem Erdöl-‐ und Erdgassektor dazu beitragen können, das institutiona-‐
lisierte Versprechen (siehe Kapitel 4.2.) zu halten und die wohlfahrtsstaatlichen Leistungen
zu verbessern.
Das Beispiel Norwegen würde eine positive Beantwortung dieser Frage nahelegen. Wie in Ka-‐
pitel 3 und 4.1. beschrieben, konnte Norwegen seine Erdöl-‐ und Erdgaseinkommen nutzen,
um den Wohlfahrtsstaat auszubauen und auch in ökonomisch schwierigen Zeiten aufrechtzu-‐
erhalten. Auch die OECD vertritt die Meinung, dass die hohen wohlfahrtsstaatlichen Ausgaben
vor allem dank der Einnahmen aus der Produktion fossiler Brennstoffe möglich sind (OECD
2012d: 26). Dies belegt sie unter anderem damit, dass Norwegen den höchsten Anteil der
Staatsausgaben am BIP in der OECD hat, wenn nur das Festland-‐BIP (ohne den Erdöl-‐ und
Erdgassektor) betrachtet wird (s. Abb. 38, S. 74). Ebenfalls für eine positive Beantwortung der
Frage spricht das enorme Potential, über das Russland hinsichtlich der Finanzierung des
Wohlfahrtssystems durch den Verkauf fossiler Energieträger verfügt. Würde in Russland die
in Westeuropa übliche Technologie verwendet, ließe sich der Energieverbrauch um etwa ein
Drittel reduzieren (vgl. Pleines 2010: 334). Das wiederum würde Ressourcen sparen, die ex-‐
portiert werden könnten und somit die Einnahmen des Staates steigern würden.
Hemmend wirkt sich jedoch die InefRizienz der russischen staatlichen Verwaltung aus. Diese
stellt ein doppeltes Problem für Russlands Umgang mit Erdöl-‐ und Erdgasreserven und -‐ein-‐
künften dar. Zum einen führt sie dazu, dass die Gewinne aus den vorbildlich angelegten Ein-‐
nahmen nur geringfügig zur Verbesserung der wohlfahrtsstaatlichen Infrastruktur beitragen,
da die von der Staatsverwaltung durchgeführten Investitionsprojekte kaum Erfolg haben (vgl.
Pleines 2010: 337). Einer erfolgreichen Rücklagenbildung stehen massive Probleme bei der
Allokation der Mittel gegenüber. Das zweite Problem betrifft die Beteiligung des Staates an
der Erdöl-‐ und Erdgasindustrie. Das Beispiel Norwegens hat gezeigt (siehe Kapitel 2.3. und
2.4.), dass eine solche Beteiligung vorteilhaft für das Generieren staatlicher Einnahmen sein
kann. Dieses Beispiel kann jedoch nicht ohne Weiteres auf Russland übertragen werden, denn
dort besteht ein „Manko an InefWizienz und Korruptionsanfälligkeit [...] bei der Lenkung staatli-‐
cher Energiekonzerne“ (Pleines 2010: 343). In einer Studie zur Effektivität des Unternehmens
Gazprom stellte Kleiner unter anderem fest, dass 10% der Belegschaft für 83% der Gasförde-‐
rung verantwortlich waren, während der Großteil der Belegschaft in Teilen des Unterneh-‐
44
mens arbeitete, die mit der Erdgaswirtschaft nichts zu tun hatten (Kleiner 2006: 96). Er ver-‐
deutlicht die Unwirtschaftlichkeit der Arbeit von Gazprom anhand des Wertes des Unterneh-‐
mens im Verhältnis zu den Erdgasreserven, über die es verfügt. 2004 betrug der Wert von
Gazprom nur 3,5% des Wertes von ExxonMobil24 (vgl. Kleiner 2006: 91).
Ein weiteres Problem für Russland stellt die so genannte Holländische Krankheit dar. Sie be-‐
zeichnet die Problematik, dass es durch den Rohstoffexport zur Aufwertung der inländischen
Währung kommt, was dazu führt, dass heimische Industrieprodukte international teurer
werden und die Industrie damit an Wettbewerbsfähigkeit verlieren kann. Auf diese Weise
steigt der Anteil von Rohstoffproduktion und -‐export und die Volkswirtschaft verliert an Di-‐
versität (vgl. Austvik/Cygankova 2004: 301). Auch wenn alle rohstoffexportierenden Volks-‐
wirtschaften mit diesem Problem kämpfen, stellt es Russland doch vor ein besonderes Prob-‐
lem. Denn im Falle des bevölkerungsreichen Russlands sind die Einnahmen aus den Rohstoff-‐
exporten im Gegensatz zu kleinen Ländern wie Norwegen oder den arabischen Staaten nicht
ausreichend, um den Lebensstandard der Bevölkerung langfristig auf ein Niveau zu heben,
das mit dem in Westeuropa vergleichbar ist (vgl. Pleines 2010: 336).
Abschließend lässt sich feststellen, dass Russland aufgrund seiner Erdöl-‐ und Erdgaseinnah-‐
men über ein großes Potential zum Ausbau des Wohlfahrtssystems verfügt. Mit der Einrich-‐
tung des Reservefonds und des Nationalen Wohlfahrtsfonds wurde dem norwegischen Vor-‐
bild gefolgt und der Grundstein gelegt, die Einnahmen durch Kapitalinvestitionen zu vermeh-‐
ren und gleichzeitig ihre Verfügbarkeit für zukünftige Generationen sicherzustellen. Aller-‐
dings ist anzumerken, dass Russland mit speziRischen Problemen zu kämpfen hat, denen sich
Norwegen nicht gegenüber sah. Diese sind primär die inefRiziente staatliche Verwaltung, die
inefRiziente Nutzung fossiler Energieträger im Land und die unterentwickelte Wirtschaft.
Trotz dieser Probleme nimmt Russland (gemeinsam mit Kasachstan -‐ ebenfalls ein Staat, der
über viele natürliche Rohstoffe verfügt) jedoch eine Vorreiterrolle hinsichtlich der sozialpoli-‐
tischen Reformen unter den Staaten der GUS ein (vgl. Franke 2009: 244). Reformen allein ge-‐
nügen jedoch nicht, denn wie die Arbeit gezeigt hat, lassen sich die Ergebnisse der Reformen
oft mit den dieser Arbeit vorangestellten Worten Tschernomyrdins25 beschreiben. Der Wille
zur Veränderung und zur Verbesserung ist klar zu sehen, im Ergebnis ist jedoch keine Verbes-‐
serung eingetreten.
45
24 US-‐amerikanischer Mineralölkonzern.25 Mit dieser Aussage, die in Russland mittlerweile zum geRlügelten Wort geworden ist, beschrieb Tschernomyr-‐din 1993 auf einer Pressekonferenz die Vorbereitungen der Währungsreform (vgl. Segonja.ua 2010).
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53
Anhang
Abbildung 01: Bereiche der Sozialpolitik.
(Quelle: Lampert/Althammer 2007: 187).
Abbildung 02: Durchschnittliche jährliche Wechselkurse EUR-‐NOK, EUR-‐RUB und EUR-‐
USD.
Jahr 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
EUR 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00
NOK 8,31 8,11 8,05 7,51 8,00 8,37 8,01 8,05 8,02 8,22 8,73 8,00 7,79
RUB 26,5 26,0 26,1 29,7 34,7 35,8 35,2 34,1 35,0 36,4 44,1 40,3 40,9
USD 1,07 0,92 0,90 0,95 1,13 1,24 1,24 1,26 1,37 1,47 1,40 1,33 1,39
(Eigene Darstellung. Quellen: EZB 2012a, EZB 2012b, EZB 2012c).
54
Abbildung 03: Korrelation zwischen ungleicher Einkommensverteilung und dem Auf-‐
treten von sozialen und gesundheitlichen Problemen.
(Quelle: Wilkinson/Pickett 2010: 20).
Abbildung 04: Sterberaten von Männern im arbeitsfähigen Alter nach Klassenzugehö-‐
rigkeit in Schweden sowie England und Wales.
(Quelle: Wilkinson/Pickett 2010: 178).
55
Abbildung 05: Säuglingssterblichkeit nach sozialer Klasse des Vaters im Vergleich zwi-‐
schen Schweden und England/Wales.
(Quelle: Wilkinson/Pickett 2010: 179).
Abbildung 06: Kennzahlen des norwegischen Staatshaushalts und des Staatlichen Pen-‐
sionsfonds (in Mrd. NOK).
(Quelle: Norwegian Ministry of Finance 2011).
56
Abbildung 07: Erdölproduktion-‐ und Exporte der Russischen Föderation 1995-‐2010 (in
Mio. Tonnen).
(Quelle: Pleines 2011: 8).
Abbildung 08: Erdgasproduktion-‐ und Exporte der Russischen Föderation 1995-‐2010
(in Mrd. Kubikmetern).
(Quelle: Pleines 2011: 8).
57
Abbildung 09: Der mittelfristige Eiskalische Rahmen der Regierung der RF (in Prozent
des BIPs).
(Quelle: World Bank 2011: 12).
Abbildung 10: Ölpreise und staatliche Öleinnahmen in Russland.
(Quelle: OECD 2011c: 91).
58
Abbildung 11: Außenverschuldung der Russischen Föderation (zum Jahresanfang in
Milliarden Euro*).
(Quelle: Germany Trade & Invest et al. 2011: 17).
Abbildung 12: Norwegisches HaushaltdeEizit ohne Öl-‐ und Gaseinnahmen 2001-‐12.
(Quelle: OECD 2012d: 14).
59
Abbildung 13: Vermögen des Reservefonds und des NWFs der RF.
(Quelle: OECD 2011c: 97).
Abbildung 14: Finanzielles Volumen des Rentenfonds und des NWF der RF in ausge-‐
wählten Monaten in Mrd. Rubel und Mrd. Euro.
DatumDatum 01.02.
2008
01.01.
2009
01.03.
2009
01.08.
2009
01.01.
2010
01.01.
2011
01.01.
2012
01.02.
2012
01.07.
2012
Ren-‐
ten-‐
fond
Ru
bel
3058 4028 4870 2811 1831 775 812 1863 1985Ren-‐
ten-‐
fond Eu-‐
ro
85 95 108 62 43 19 20 47 50
NWF Ru
bel
783 2585 2996 2859 2769 2695 2794 2682 2810NWF
Eu-‐
ro
22 61 66 63 65 67 69 68 70
(Eigenen Darstellung und Berechnung der Euro-‐Werte. Quelle: MinFin 2012a/b).
60
Abbildung 15: Ausgaben zur minimalen Einkommenssicherung eines Einpersonen-‐
haushalts 2005 in Dollar KauEkraftparitäten in ausgewählten OECD Ländern.
(Quelle: Nelson 2008: 114).
Abbildung 16: Einkommensniveau eines Einpersonenhaushalts, das durch Sicherung
des minimalen Einkommens 2007 in OECD Ländern erreicht wurde.
(Quelle: Immervoll 2009: 12).61
Abbildung 17: Ausgaben für Arbeitsmarktpolitik in der RF und der OECD in Prozent des
BIP.
(Quelle: OECD 2011f: 88)
Abbildung 18: Arbeitslosenrate von 15-‐ bis 64-‐Jährigen in der OECD 2009.
(Quelle: OECD 2011d: 57).
62
Abbildung 19: Rate des Einkommensersatzes eines Einpersonenhaushalts bei Beginn
der Arbeitslosigkeit wenn vorher der Durchschnittslohn verdient wurde.
(Quelle: OECD 2011f: 90).
Abbildung 20: Ausgaben des russischen Staates für Bildung in Prozent des BIPs.
Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Ausg. % BIP 3,7% 3,9% 4,0% 4,0% 4,6% 4,2%
(Eigene Berechnungen. Quelle: Rosstat 2011).
63
Abbildung 21: Das Bildungssystem der Russischen Föderation.
(Quelle: Schmidt 2010: 643).
64
Abbildung 22: Das Bildungssystem Norwegens.
(Quelle: Volckmar/Werler 2010: 542).
65
Abbildung 22: Anteil der privaten Ausgaben für Bildungseinrichtungen 2008.
(Quelle: OECD 2011a: 281).
Abbildung 24: Gesundheitsausgaben und BIP pro Person in 2009.
(Quelle: OECD 2011b: 149).66
Abbildung 25: Anteil der Beschäftigten im Gesundheitssektor an allen Beschäftigten in
der OECD.
(Quelle: OECD 2011b: 61).
Abbildung 26: Gesundheitsausgaben in Prozent des BIP 1960-‐2009 in ausgewählten
OECD Ländern.
(Quelle: OECD 2011b: 10).
67
Abbildung 27: Quelle der Mittel des russischen Gesundheitssystems in Prozent der ab-‐
soluten Ausgaben 1995-‐2009.
(Quelle: Popovich et al. 2011: 73).
Abbildung 28: Gesundheitsausgaben in Prozent des BIP 2009.
(Quelle: OECD 2011b: 151).
68
Abbildung 29: Entwicklung der Gesundheitsausgaben in Russland 1995-‐2009 (ausge-‐
wählte Jahre).
(Quelle: Popovich et al. 2011: 69).
Abbildung 30: EfEizienz der privaten und staatlichen Gesundheitsausgaben.
(Quelle: Hauner 2007: 24).
69
Abbildung 31: Rentenversorgungsrate 2008.
(Quelle: OECD 2011d: 51).
70
Abbildung 32: Ergebnisse des „BeneEit generosity index“.
(Quelle: Scruggs/Allan 2006: 68).
Abbildung 33: Einkommensverteilung nach 20%-‐Gruppen im Jahre 2009 (1 = ärmstes
Quintil, 5 = reichstes Quintil).
Quintil 1 2 3 4 5
Norwegen 10,2 15,4 18,6 22,3 33,6
Russland 5,1 9,8 14,8 22,5 47,8
(Eigene Darstellung. Quellen: Statistisk sentralbyrå 2011: 191, CIS Stat 2010: 142).
71
Abbildung 34: Staatliche Transferzahlungen an die Haushalte 2007.
(Quelle: OECD 2012c: 7).
Abbildung 35: Gini-‐KoefEizienten vor und nach Steuern und Transferzahlungen in OECD
Ländern Ende der 2000er Jahre.
(Quelle: OECD 2012d: 11).72
Abbildung 36: Einkommensungleichheit (Gini-‐KoefEizienten) und relative Armut.
(Quelle: OECD 2011f: 112).
Abbildung 37: Maßzahlen relativer und absoluter Armut nach dem HBS (Household
Budget Survey) und dem RLMS (Russian Longitudinal Monitoring Survey).
(Quelle: OECD 2011f: 115).
73
Abbildung 34: Staatsausgaben in der OECD 2010 in Prozent des BIPs.
(Quelle: OECD 2012d: 26).
74
Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere hiermit, dass ich meine Bachelorarbeit zum Thema
„Wohlfahrtssysteme in ressourcenreichen Staaten: Die Russische Föderation und Nor-‐
wegen im Vergleich“
selbständig und ohne fremde Hilfe angefertigt habe und dass ich alle von anderen Autoren
wörtlich übernommenen Stellen wie auch die sich an die Gedankengänge anderer Autoren
eng anlehnenden Ausführungen meiner Arbeit besonders gekennzeichnet und die Quellen zi-‐
tiert habe.
Münster, den 27.02.2013
Ruben Werchan.