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1 Häuser für Millionen an Jahren für Sethos I. Wollte man die Bezeichnung „Haus für Millionen an Jah- ren“ mit dem allseits verwendeten und bekannten Begriff „Totentempel“ gleichsetzen, dann hätte Sethos I. nicht nur seine beiden bekanntesten Bauwerke dieser Art in Abydos und in Theben-West (Qurna) errichten lassen, sondern wei- tere „Totentempel“ z.B. in Memphis in der Nähe des Ptah- Tempels (nach Thomas Schneider) oder auch in Karnak, wo er die große Säulenhalle zwischen dem zweiten und dritten Pylon ebenfalls als Millionenjahrhaus bezeichnet. Der Name der Halle ist identisch mit dem Namen des Tempels von Qurna, nämlich Ax (stxj-mrj-n-ptH)| „Glorreich ist Sethos, geliebt von Ptah“. Für den Qurna-Tempel galt der Zusatz jmnt.t wAs.t „im Westen von Theben“. Es ist deshalb viel- leicht glücklicher, die Millionenjahrhäuser wie von Martina Ullmann vorgeschlagen als „Königstempel“ zu bezeichnen. Der Tempel (Mn Mn Mn Mn-MAa.t MAa.t MAa.t MAa.t-Ra Ra Ra Ra)| hrw hrw hrw hrw-jb jb jb jb in Abydos 1 Widmungsinschrift Ramses’ II. 12 Kapelle für Horus 2 ummauerte Schächte 13 Osiris-Komplex 3 Pfeiler vor Pylon a Schrein für Horus 4 Pfeilerportikus b Schrein für Isis 5 Säulenkorridor 14 Halle für Sokar und Nefertem 6 Kapelle für den vergöttlichten Sethos 15 Barkenräume für Sokar und Nefertem 7 Kapelle für Ptah 16 Galerie der Listen 8 Kapelle für Re-Harachte 17 Schlachthof 9 Kapelle für Amun 18 Halle für alle Götterbarken 10 Kapelle für Osiris 19 Korridor des Stiers 11 Kapelle für Isis 20 Lagerräume stxj mrj-n-ptH „Sety, geliebt von Ptah“ Geburtsname in der Schreibweise von Abydos, aus Grün- den der Pietät ohne das Ideogramm des Seth, des mytholo- gischen Widersachers des Osiris Tempelfassade (Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de) Abydos ist seit frühester Zeit Begräbnisort der ägyptischen Könige und Haupkultort des Gottes Chontamenti (Erster der Westlichen), etwa seit der 12. Dynastie dann Osiris- Chontamenti. Das Grab des Königs Djer (1. Dynastie) wur- de mit dem ursprünglichen Grab des Osiris identifiziert. Auf diesem geheiligten Boden ein Grab oder ein Kenotaph (Scheingrab) zu besitzen, war von großer religiöser Bedeu- tung. Jeden Ägypter zog es nach Abydos, um an den jährli- chen Auferstehungsfeierlichkeiten teilzuhaben oder um die eigene Osiriswerdung zu unterstützen– sei es durch die Er- richtung einer persönlichen Stele, durch eine reale oder durch eine virtuelle Wallfahrt, wie sie in zahllosen Gräbern dargestellt ist. Wahrscheinlich gleich zu Anfang seiner Regierungszeit ließ Sethos I. sich in Abydos seinen Tempel errichten, den er der dortigen Hauptgottheit, dem Osiris-Chontamenti bzw. Osi- ris-Wennefer, weihte. Diese Datierung lässt sich aus einem Dekret des Königs aus seinem 4. Regierungsjahr ableiten, dessen Text sich auf einer Felsstele in der Nähe von Nauri am 3. Nilkatarakt befindet. Die darin getroffenen Schutzver- fügungen beziehen sich auf Eigentum und Personal des Tempels von Abydos, der demzufolge zu dieser Zeit bereits existiert haben muss. Unklar ist, ob auch der Kultbetrieb schon aufgenommen worden war. Das Nauri-Dekret ist es auch, das wertvolle Hinweise zur baulichen Beschaffenheit des Tempels liefert. Im Text prei- sen die Götter - die Terrasse im Tempel, mit gleißendem Silber belegt - die riesigen Türblätter aus libanesischem Koniferenholz, beschlagen mit Elektrum, auf der Rückseite mit Kupfer - die mächtigen Pylone aus Tura-Kalkstein, mit Laibungen aus Granit - den meeresgleichen, von hohen Bäumen umstandenen, lapislazuliblauen See vor dem Tempel, in der Mitte voll von Schilf, Papyrus und Lotus im Überfluss, auf dem sich Wasservögel niederlassen und die Neschmet-Barke (Barke

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Häuser für Millionen an Jahren für Sethos I.

Wollte man die Bezeichnung „Haus für Millionen an Jah-ren“ mit dem allseits verwendeten und bekannten Begriff „Totentempel“ gleichsetzen, dann hätte Sethos I. nicht nur seine beiden bekanntesten Bauwerke dieser Art in Abydos und in Theben-West (Qurna) errichten lassen, sondern wei-tere „Totentempel“ z.B. in Memphis in der Nähe des Ptah-Tempels (nach Thomas Schneider) oder auch in Karnak, wo er die große Säulenhalle zwischen dem zweiten und dritten Pylon ebenfalls als Millionenjahrhaus bezeichnet. Der Name der Halle ist identisch mit dem Namen des Tempels von Qurna, nämlich Ax (stxj-mrj-n-ptH)| „Glorreich ist Sethos, geliebt von Ptah“. Für den Qurna-Tempel galt der Zusatz jmnt.t wAs.t „im Westen von Theben“. Es ist deshalb viel-leicht glücklicher, die Millionenjahrhäuser wie von Martina Ullmann vorgeschlagen als „Königstempel“ zu bezeichnen.

Der Tempel (MnMnMnMn----MAa.tMAa.tMAa.tMAa.t----RaRaRaRa)| hrwhrwhrwhrw----jbjbjbjb in Abydos

1 Widmungsinschrift Ramses’ II. 12 Kapelle für Horus

2 ummauerte Schächte 13 Osiris-Komplex

3 Pfeiler vor Pylon a Schrein für Horus

4 Pfeilerportikus b Schrein für Isis

5 Säulenkorridor 14 Halle für Sokar und Nefertem

6 Kapelle für den vergöttlichten Sethos

15 Barkenräume für Sokar und Nefertem

7 Kapelle für Ptah 16 Galerie der Listen

8 Kapelle für Re-Harachte 17 Schlachthof

9 Kapelle für Amun 18 Halle für alle Götterbarken

10 Kapelle für Osiris 19 Korridor des Stiers

11 Kapelle für Isis 20 Lagerräume

stxj mrj-n-ptH „Sety, geliebt von Ptah“

Geburtsname in der Schreibweise von Abydos, aus Grün-den der Pietät ohne das Ideogramm des Seth, des mytholo-gischen Widersachers des Osiris

Tempelfassade

(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

Abydos ist seit frühester Zeit Begräbnisort der ägyptischen Könige und Haupkultort des Gottes Chontamenti (Erster der Westlichen), etwa seit der 12. Dynastie dann Osiris-Chontamenti. Das Grab des Königs Djer (1. Dynastie) wur-de mit dem ursprünglichen Grab des Osiris identifiziert. Auf diesem geheiligten Boden ein Grab oder ein Kenotaph (Scheingrab) zu besitzen, war von großer religiöser Bedeu-tung. Jeden Ägypter zog es nach Abydos, um an den jährli-chen Auferstehungsfeierlichkeiten teilzuhaben oder um die eigene Osiriswerdung zu unterstützen– sei es durch die Er-richtung einer persönlichen Stele, durch eine reale oder durch eine virtuelle Wallfahrt, wie sie in zahllosen Gräbern dargestellt ist.

Wahrscheinlich gleich zu Anfang seiner Regierungszeit ließ Sethos I. sich in Abydos seinen Tempel errichten, den er der dortigen Hauptgottheit, dem Osiris-Chontamenti bzw. Osi-ris-Wennefer, weihte. Diese Datierung lässt sich aus einem Dekret des Königs aus seinem 4. Regierungsjahr ableiten, dessen Text sich auf einer Felsstele in der Nähe von Nauri am 3. Nilkatarakt befindet. Die darin getroffenen Schutzver-fügungen beziehen sich auf Eigentum und Personal des Tempels von Abydos, der demzufolge zu dieser Zeit bereits existiert haben muss. Unklar ist, ob auch der Kultbetrieb schon aufgenommen worden war.

Das Nauri-Dekret ist es auch, das wertvolle Hinweise zur baulichen Beschaffenheit des Tempels liefert. Im Text prei-sen die Götter

- die Terrasse im Tempel, mit gleißendem Silber belegt

- die riesigen Türblätter aus libanesischem Koniferenholz, beschlagen mit Elektrum, auf der Rückseite mit Kupfer

- die mächtigen Pylone aus Tura-Kalkstein, mit Laibungen aus Granit

- den meeresgleichen, von hohen Bäumen umstandenen, lapislazuliblauen See vor dem Tempel, in der Mitte voll von Schilf, Papyrus und Lotus im Überfluss, auf dem sich Wasservögel niederlassen und die Neschmet-Barke (Barke

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des Osiris) den „Vater des Bauwerks“ (wahrscheinlich ist Osiris gemeint) transportiert

Die Schatzkammern müssen gut gefüllt gewesen sein, mit „Haufen von Gold, Silber, mit königlichem Leinen, Ölen, Weihrauch, Wein, Honig, Myrrhe aus Punt“ und anderen wertvollen Dingen. Zu den Bediensteten gehörten Prophe-ten, Priester und Opferer; die Sklaven waren Nachkommen syrischer Häuptlinge. Der Kult begann im Morgengrauen, wenn eine Stimme die Rituale der Nekropolengötter pro-klamierte, nachdem das Tempelpersonal erwacht war. All dies wird im Nauri-Dekret detailreich beschrieben. Die Ent-deckung dieses Textes kann man sicher ohne Umschweife als Glücksfall für die Wissenschaft bezeichnen. Dass die Tempelorganisation auch generell gut versorgt wurde, kann man einem Text aus dem 9. Regierungsjahr Sethos’ entneh-men, der sich im Süden Ägyptens bei Edfu, im Tempel von Kanais befindet und der besagt, dass der König in der Nähe eine Goldmine einrichten ließ, deren Ertrag einzig und allein an den Tempel von Abydos zu fließen hatte. Verstöße gegen diese Anweisung waren unter schwerste Strafen gestellt und mit einem Fluch belegt.

Nach dem Tode Sethos’ ließ sein Sohn und Nachfolger Ramses II. die Bauarbeiten an dem offensichtlich noch nicht komplett fertig gestellten oder brach liegenden Bauwerk vollenden. Eine lange Weihinschrift an der Tempelwand links des Eingangs zur ersten Hypostylhalle berichtet u.a.: „Aufgemauert soll werden, was verfallen ist, in dem Gehöft,

das er (Sethos) liebte. Pfeiler sollen in seinem Tempel auf-

gestellt werden. Seine Wände werden gemauert. Seine Tore

werden festgestellt. Aufgestellt wird, was verfallen ist, an

der Stätte seines Vaters (Osiris) in dem Friedhof des Osiris

[des Herrn von Abydos]. [Hergerichtet werden soll] das

Doppeltor, das in dem Inneren (des Tempels) gemacht

wird.“

Der Tempel liegt direkt am Rande der Wüste und ist von einer 220 x 273 m messenden Umfassungsmauer aus Zie-geln umgeben, die das so genannte Osirein (Kenotaph des Sethos) einschließt und in deren Westwand sich ein eben-falls aus Ziegeln erbauter Pylon erhob. Die Tempelfront weist nach Osten. Das Tempelhaus mit einer Breite von 56 m und einer Länge von 157 m wurde aus Kalkstein errichtet. Man betritt das Gelände von Osten durch den ersten Pylon, durchquert den ersten Hof, in dem sich zwei ummauerte Schächte befinden – möglicherweise Wasserreservoirs - und gelangt durch den zweiten Pylon, dem eine Reihe von 12 Pfeilern vorgelagert war, in den zweiten Hof. Die Blöcke des zweiten Pylons sind mit Reliefs der Söhne und Töchter Ramses’ II. dekoriert. Von den Pylonen und der Pfeilerreihe sind heute allerdings nur noch Reste erhalten. Die den zwei-ten Hof flankierenden Mauern zeigen Kriegsszenen Ram-ses’.

Vom zweiten Hof aus führt eine Treppenrampe hinauf auf eine leicht erhöht auf Tempelbodenniveau liegende weitere Reihe von 12 Pfeilern, die erhalten bzw. durch Restaurie-rung wiederhergestellt sind, ebenso wie die Überdachung. Die Rückwand dieses Portikus hatte ursprünglich sieben Durchgänge, korrespondierend mit sieben im hinteren Teil des Tempels befindlichen Kapellen. Vier dieser Durchgänge ließ Ramses bei der Vollendung des Tempels schließen. Passiert man einen der Durchgänge, befindet man sich in der ersten Hypostylhalle mit zwei Reihen von je 12 Säulen. Die Dekoration dieser Halle wurde unter Ramses in der für ihn typischen Technik des versenkten Reliefs vorgenommen. Die sich anschließende zweite Hypostylhalle mit ebenfalls 24 Säulen stammt jedoch aus der ersten Bauphase unter

Sethos und ist dem entsprechend in sehr feinem erhabenem Relief gestaltet, das den Betrachter unweigerlich in Bann zieht.

Ramses II. deklariert den Widmungstext (an der Tempelwand rechts)

(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

1. Hypostylhalle (Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

2. Hypostylhalle (Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

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Über weitere, zwischen den Säulen liegende Rampen ge-langt man schließlich in einen quer liegenden Korridor mit einer weiteren Säulenreihe, an dessen Rückwand sich die Eingänge zu den bereits erwähnten sieben Kapellen befin-den, von denen jede einer Gottheit gewidmet ist (von Süden nach Norden): dem vergöttlichten Sethos, Ptah, Re-Harachte, Amun, Osiris, Isis, Horus. Bis auf die Osiris-Kapelle bestehen alle Schreine aus zwei Kammern und sind an der Rückwand mit einer Scheintür versehen. Die Dekora-tion ist größtenteils wiederum in hervorragendem erhabe-nem Relief gehalten, dessen Colorierung wunderbar erhalten ist. Sie zeigt Sethos bei der Durchführung der täglichen Tempelrituale für die entsprechende Gottheit, wie das Öff-nen des Götterschreines, die Reinigung, Salbung und Ein-kleidung der Statue, das Opfern von Weihrauch, Wasser, Nahrung und Blumen.

Sethos vor Osiris-Wennefer Vergöttlichter Sethos (beide Fotos: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

Von der Osiris-Kapelle aus betritt man einen größeren Komplex, der nur diesem Gott gewidmet ist. Der Osiris-Komplex liegt auf einer Nord-Süd-Achse und besteht aus zwei Säulenhallen, einer größeren mit zehn und einer kleine-ren mit vier Säulen.

Osiris-Komplex

(Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

Von der größeren Halle in nördliche Richtung abgehend finden sich drei Kapellen für die Götterfamilie Horus, Isis und Osiris. Südlich der kleinen Halle liegen drei weitere Schreine, von denen man annimmt, dass sie den jährlichen Auferstehungsmysterien des Osiris gewidmet waren. Leider ist die Dekoration sehr zerstört, so dass eine Rekonstruktion der Szenenfolge nicht mehr möglich ist. Die kleine Säulen-halle beherbergt die bekannte Szene der Zeugung des Horus durch den verstorbenen Osiris mit der vogelgestaltig über ihm schwebenden Isis. Von dem quer liegenden Korridor mit den Eingängen zu den sieben Götterkapellen führt ein

weiterer, südlich gelegener Durchgang in eine Säulenhalle für die die Neunheit komplettierenden Gottheiten Sokar und Nefertem mit zwei weiteren Räumen für die entsprechenden Barken. Diese Halle bildet die erste der sich südlich des Tempelhauses anschließenden Räumlichkeiten, die dem gesamten Tempelkomplex eine sehr ungewöhnliche L-Form verleihen.

Unmittelbar neben dem Eingang zur Sokar/Nefertem-Halle führt ein Zugang zur „Galerie der Listen“, einem Korridor, an dessen Ostwand Sethos und sein Sohn Ramses opfernd vor einer Aufzählung von Götternamen stehen, während an der Westwand wiederum Sethos und Kronprinz Ramses als Sem-Priester vor der berühmten Königsliste opfern. Die Liste zählt alle Vorgänger Sethos’ mit Ausnahme der Amar-na- und der Hatschepsut-Periode auf – frühdynastisch be-ginnend bei Menes und ausgerichtet auf den Ort Umm el-Qab, wo sich die frühen Königsgräber befinden. Dieser Korridor mündet in den sogenannten Schlachthof, der seinen Namen wegen der dort angebrachten Szenen des Schlach-tens und Zubereitens von Rindern erhielt. In der Westwand des Korridors befinden sich zwei Ausgänge. Der eine, süd-lich gelegene führt in die Barkenhalle, in der die Götterbar-ken untergebracht waren, wie auch die Darstellungen an den Wänden zeigen. Von dieser Halle aus führte eine Treppe hinauf auf das Tempeldach.

Barkenhalle (Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

Über den zweiten Ausgang gelangt man in den „Korridor des Stiers“, der gleichzeitig den Ausgang nach Westen zum Osireion bildet. An der Nordwand finden sich Ramses II. – dem die Dekoration des gesamten Korridors zu verdanken ist – und sein Sohn Amun-her-chepesch-ef bei der Wildstierjagd, an der Südwand der König, eingebunden in eine Szene des rituellen Vogelfangs und in göttlicher Be-gleitung. Im äußersten südwestlichen Bereich des Tempel-baus befinden sich fünf Räume, die vom Inneren des Tem-pels aus nicht zugänglich sind.

Wildstierjagd (Foto: S. Baruth - www.isis-und-osiris.de)

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Ritueller Vogelfang

Der Eingang liegt in der äußeren westlichen Tempelwand. Es dürfte sich hier um Lagerräume handeln.

Eingang zu den hinteren Lagerräumen

Das Osireion

1 Rückwand/Architrav der Haupthalle.

2 Granitpfeiler

3 Wassergraben

4 Bodenvertiefung in Sarkophagform

5 Bodenvertiefung in Kanopenkastenform

6 Wandnischen

7 Zugang zum „Sarkophag“

Der Name „Osireion“ ist eine Wortschöpfung von Sir Flin-ders Petrie, der im Jahr 1902 als erster auf die Ruinen stieß und sie folgerichtig als sogenanntes Osiris-Grab deutete. Erst in den 1920er Jahren erfolgten die eigentlichen Ausgra-bungen. Der unterirdische Komplex liegt unmittelbar west-lich des Sethos-Tempels und wurde wegen seiner archai-schen Bauweise häufig als sehr frühes Bauwerk angesehen, das lange vor der Zeit des Sethos errichtet worden sein soll-te. Es gibt jedoch nichts, das diese Auffassung belegen wür-de. Alle Funde stammen frühestens aus der 19. Dynastie. Man fand beispielsweise Schwalbenschwanzklammern aus schwarzem Granit und aus Holz, die mächtige Blöcke in situ zusammenhielten. Sie sind mit dem Namen von Sethos be-schriftet. Ostraka, die im Eingangsbreich des Osireions ge-funden wurden, berichten über den Transport von Blöcken aus einem Steinbruch „an die Südseite des Gebäudes Nütz-

lich ist Men-Maat-Re, Leben, Heil, Gesundheit, für Osiris“, das man mit einiger Wahrscheinlichkeit mit dem Osireion identifizieren kann. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Sethos für dieses Osiris-Grab ganz bewusst eine archaische Bauweise gewählt hat, womöglich als Reminiszenz an frühe

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Bauwerke und deren Baumeister.

Blick ins Osireion

Der Zugang zum Osireion – ein absteigender Gang - befin-det sich außerhalb der Tempelumfassung. Die Wände des Ganges sind reliefiert und coloriert und zeigen Szenen aus Unterweltsbüchern (Höhlenbuch, Pfortenbuch).

Szenen aus Unterweltsbüchern

Das südliche Ende dieses Ganges sowie der nach Osten führende eigentliche Zugang zum Grab wurden unter Me-renptah, Nachfolger Ramses’ II., dekoriert, ebenso wie Rückwand und Architrave der Haupthalle. Zwischen Zu-gang und Haupthalle liegt ein Querhalle, erbaut aus massi-vem roten Granit. Nach dem Durchqueren dieser Halle lan-

det man in der Pfeilerhalle.

Anlage des Osireinos (von Westen aus gesehen)

Die ebenfalls aus Granitmonolithen bestehenden Pfeiler flankieren einen als Insel angelegten inneren Raum, durch einen Wassergraben vom umgebenden Bauwerk abgetrennt. In der Mitte des Raumes öffnen sich zwei in den Boden eingelassene Vertiefungen, eine rechteckige in Form eines Sarkophages und eine quadratische in Form eines Kanopen-kastens. An den Wänden der Haupthalle finden sich 16 Ni-schen, an jeder Seite sechs sowie je zwei an den Stirnseiten.

Zugang zum „Sarkophag“

An der östlichen Stirnseite führte ein niedriges Tor in eine weitere Querhalle mit einer Giebeldecke. Wände und Decke dieses Raumes sind mit Reliefs dekoriert. Die Decke zeigt Darstellungen der Himmelsgöttin Nut, die die Nachfahrt der Sonne symbolisieren. Der Zweck dieses Raumes ist unklar. Er steht die meiste Zeit unter Wasser und es scheint so, als sei er ursprünglich auch tatsächlich entsprechend angelegt worden. Er wird teilweise als Sargkammer, teilweise sogar als gigantischer Sarkophag angesehen. Die Insel in der Mitte der Pfeilerhalle soll den Urhügel symbolisieren, der sich aus den Wassern des Chaos erhebt. Bei den Ausgrabungsarbei-ten wurden Hinweise darauf gefunden, dass das Osireion ursprünglich von einem hügelförmigen Oberbau bedeckt war. In späterer Zeit diente es offenbar frühen Christen als Kirche oder Kloster, denn es wurden Graffiti und Ostraka gefunden, die diese Nutzung wahrscheinlich machen.

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Der Verwaltungstrakt

Den Tempelkomplex vervollständigen weitläufige Magazin- und Verwaltungsanlagen, die sich in die beiden Schenkel des „L“ einfügen und der Gesamtanlage schließlich eine rechteckige Form geben. Der Zugang zur Verwaltungsein-heit erfolgte über eine Säulenhalle oder einen Hof mit Säu-lenumgang, ähnlich wie im Tempel von Qurna, wie noch festgestellt werden wird.

Der Tempel Ax (stxj mrjAx (stxj mrjAx (stxj mrjAx (stxj mrj----nnnn----ptH)ptH)ptH)ptH)| in Qurna

1 Eingangstor 1. Pylon

2 monumentale Sphingen

3 Prozessionsstraße

4 Erscheinungsfenster

5 Portikus

6 Säulenhalle

7 Thronsaal

8 evtl. Wohnhaus des Ersten Propheten

9 Innere Umfassungsmauer

10 Portikus

11 Hypostylhalle

a Durchgänge zum Totenkultbereich/Sonnenhof

b Barken- und Statuenraum Sethos’ I.

c Kapelle des Talfestes

d Kapelle für Isis und Osiris

12 Barkenraum des Amun

e Kapelle für Mut

f Kapelle für Ptah

g Kapelle für Chons

h Kapelle für Osiris

13 Vier-Pfeiler-Raum

i Kapellen für Min-Amun-Kamutef/Amun-Re/Amun-Reharachte-Atum/Osiris

14 Tempel Ramses’ I.

15 Totenkulträume Sethos’

16 Schlachthof

17 Brunnen

18 Sonnenhof

19 zerstörte Räume

20 Magazine

21 Nordeingang

22 „zentrales Verteilungsbüro“

23 Kirche und spätrömisches Wohnhaus

stxj mrj-n-ptH „Sety, geliebt von Ptah“

Geburtsname in der Schreibweise von Qurna

Tempelfassade mit Prozessionsstraße

Das Gründungsdatum des Königstempels in Qurna lässt sich nur vermuten. Anhand des Textes einer Felsstele aus dem 6. Regierungsjahr über eine Steinbruchexpedition könnte es in die Mitte der Regierungszeit Sethos’ fallen. Der Tempel lag eventuell unweit von xft Hr nb-s (Cheft-her-neb-es), einer heute nicht mehr zu lokalisierenden, aber in Inschriften er-wähnten Wohn- und Residenzstadt in Theben-West. Die Anlage wurde auf einer klassischen Ost-West-Achse erbaut und war umgeben von einer 3,20 m breiten und vermutlich 10,50 m hohen äußeren Umfassungsmauer mit je einem Turm an den vier Ecken und Bastionen in den Längsseiten und der westlichen Schmalseite. Man gelangte von Osten her durch einen Ziegelpylon auf das Tempelgelände. Das Mauerwerk war weiß getüncht und es ist anzunehmen, dass es mit großformatigen Darstellungen bemalt war. Das Ein-gangstor bestand aus Sandstein (Pfosten und Decke) und

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Kalkstein (innere Wände). Von diesem ersten Pylon steht heute nur noch wenig, ebenso wie vom Toreinbau, der ein-gestürzt ist und dessen reliefierte Blöcke nun teilweise auf Sockeln stehend zu besichtigen sind. Von der Dekoration der inneren Torwände, die das „Schöne Fest vom Wüsten-tal“ zum Thema hatten, ist kaum etwas erhalten. Der Tempel von Qurna war eine wichtige Station für die Barken der Thebaner Triade anlässlich des Talfestes, wenn die Götter-barken alle noch betriebenen Königstempel am Westufer besuchten und auch die Bewohner Thebens ihre Ahnen fei-erten. Vor dem Pylon auf westlicher Seite, also bereits auf dem Tempelgelände, standen links und rechts zwei Sphin-gen. Teile der Basen sind erhalten, wenn auch in sehr schlechtem Zustand.

Im Hintergrund: Sphingenbasis (Rest) mit Doppelkrone

Eine hier aufgefundene, 2,10 m hohe Doppelkrone – einst Bekrönung der Sphingen – lässt auf zwei gigantische Skulp-turen schließen. Nach dem Passieren der Sphingen steht man auf einer Prozessionsstraße, die durch den zweiten Pylon hindurch zum Tempel führt. Sie durchschneidet zunächst den ersten Hof, der bei Festanlässen allen Menschen offen stand. Links und rechts des Weges müssen einst Bäume gestanden haben, wie Baumgruben belegen. Möglicherweise säumten auch weitere Skulpturen den Weg. Noch vor dem zweiten Pylon befindet sich der südlich des Hofes gelegene Tempelpalast, ein Gebäude aus Lehmziegeln; nur der mittle-re Teil der Fassade mit einem Erscheinungsfenster war aus Kalkstein erbaut. Dass es sich nicht um einen echten Wohn-palast handelt, ist aus der Größe der Räume und dem feh-lenden Wirtschaftstrakt ersichtlich. Es war vielmehr ein Jenseitspalast, mit vorgelagertem Portikus, durch den man über zwei Eingänge in eine imposante Säulenhalle gelangte, in der sich auch der Zugang zum Erscheinungsfenster befin-det. Man darf sich vorstellen, dass Sethos das Erscheinungs-fenster schon zu Lebzeiten nutzte, um hier dem Festgesche-hen beizuwohnen. An den Säulensaal schließt sich der Thronsaal an, in dessen Rückwand eine Scheintür eingelas-sen war. Dadurch wird noch einmal deutlich, dass die Pa-lastanlage dem verstorbenen König als Wohnstatt dienen sollte. Erhalten ist von der Anlage nur noch wenig. Die Mauerreste – dank der Arbeiten des Deutschen Archäologi-schen Instituts Kairo deutlich erkennbar – lassen den Grund-riss sehr gut nachvollziehen. Nördlich des ersten Hofes könnte sich das Wohnhaus des Ersten Propheten und Pries-ters des Königstempels befunden haben, über dessen Exis-tenz es einen schriftlichen Hinweis gibt. In späterer Zeit

siedelten sich hier Steinmetze und Kupferschmelz- und -verarbeitungswerkstätten an.

Jenseitspalast

Das Gelände des eigentlichen Tempels betritt man durch den zweiten Pylon, ebenfalls aus Ziegeln errichtet wie der erste, nicht so mächtig zwar, aber ebenfalls mit einem Tor aus Kalkstein versehen, dessen Stürze aus Granit gefertigt waren. Von diesem Pylon aus zog sich eine weitere Umfas-sungsmauer, die den zweiten Hof, den Festhof, umgab und an das Tempelhaus anschloss. Die ursprüngliche Absicht, diese Mauer aus Sandstein zu errichten, wurde wohl wegen des Todes Sethos’ aufgegeben. Ebenso wie in Abydos muss-te Ramses II. auch diesen Tempel seines Vaters vollenden. Er tat dies, wie aus seiner Weihinschrift am Architrav des Tempels hervorgeht, in Ziegelbauweise. Und tatsächlich fand man Reste der Ziegelmauer. Ansonsten dürften die Arbeiten Ramses’ zur Vollendung dieses Tempels sehr viel weniger aufwendig gewesen sein als in Abydos. Sie be-schränken sich auf das Errichten der Ziegelmauer und das Hinzufügen von Dekorationselementen. Außerdem erfolgte die Fertigstellung nicht unmittelbar nach dem Tode Sethos’, sondern zog sich über Jahrzehnte, erkennbar an den unter-schiedlichen Schreibweisen des Geburtsnamen des Ramses. Das Niveau des Tempels liegt wie üblich höher als der Hof und man betritt über eine Rampe zunächst den Portikus mit eigentlich 10 Säulen, von denen die südlichste zerstört ist. Die Säulenabstände sind nicht einheitlich, sondern lassen an drei Stellen einen größeren Durchgang zu den Tempelein-gängen frei. Der mittlere Durchgang ist breiter als die beiden anderen und führt in das Stationsheiligtum für die Prozessi-onsbarke des Amun, dem der gesamte mittlere Teil des Tempels gewidmet ist.

Die an der Fassade angebrachten Reliefs zeigen Szenen des Talfestes. Durch das Portal betritt man zunächst eine Hy-postylhalle mit sechs Säulen, deren Wände mit einer Deko-ration versehen sind, die ebenfalls Kulthandlungen des Tal-festes wiedergibt. Links und rechts der Halle befinden sich jeweils drei Kapellen, von denen die beiden ersten, also östlichen, als Durchgänge zum Totenkultbereich bzw. zum Sonnenhof zu verstehen sind. Zwei der Kapellen beherberg-ten die Prozessionsbarke und –statue Sethos’, eine weitere ist den Gottheiten von Abydos, Isis und Osiris, gewidmet.

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Fassade - Talfestszenen

Die mittlere nördliche Kapelle enthält bedeutende Darstel-lungen des Tempelkultes, etwa die jährlich beim Talfest wiederholte Vereinigung des verstorbenen Königs mit A-mun, der auf diese Weise zu Sethos-Amun wird, das Opfern seitens Sethos als Iunmutef-Priester vor Amun-Kamutef oder Sethos-Amun mit seinem in Form einer Göttin personi-fizierten Tempel.

Sethos mit personifiziertem Tempel

Auffällig ist, dass in diesem Millionenjahrhaus eine große Anzahl an Dekorationselementen vorhanden ist, die das Talfest repräsentieren. Das spricht noch einmal deutlich für die damit zusammenhängende Bedeutung dieses Bauwerks. Vom Hypostyl aus geht es weiter in westliche Richtung zu fünf Barkenräumen. Der mittlere und größte Raum gehörte der Barke des Amun, deren Podest noch existiert. Die Wanddekoration zeigt die Amun-Barke mit reichen Opfer-gaben und verdeutlicht damit die Verwendung des Rau-mes.Die beiden südlichen Kapellen waren für Mut und Ptah bestimmt, die beiden nördlichen für Chons und Osiris. Durchschreitet man den Barkenraum des Amun, befindet man sich im westlichen Teil des Mitteltraktes, in einem Raum mit vier Pfeilern, an den sich nördlich und südlich Kapellen für Min-Amun-Kamutef, Amun-Re, Amun-Reharachte-Atum und Osiris anschließen, so dass ein Abbild der Jenseitsvorstellungen des Neuen Reiches entsteht.

Barkenraum für Amun

Barke des Amun

Kapelle für Min-Amun-Kamutef

An der Westwand des Vier-Pfeiler-Raumes war einst eine Scheintür als Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits angebracht.

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Szene aus dem Tempel Ramses' I.

In den südlichen Trakt des Tempelhauses ist im Osten der Königstempel für Ramses I., Vater von Sethos, integriert, dem es wegen seiner kurzen Regierungsdauer nicht vergönnt war, einen eigenen Tempel zu errichten. Den ersten Raum bildet ein kleines Hypostyl mit zwei Säulen, an das sich drei Barkenkapellen anschließen. In den Darstellungen an den Wänden des Hyposyls nehmen die vergöttlichten Könige Ramses I. und Sethos Opfer von Ramses II. entgegen. Die westlich des Tempels von Ramses I. angelegten eigentlichen Totenkulträume für Sethos sind nahezu vollkommen zer-stört, ebenso wie der dahinter liegende Schlachthof.

Brunnenanlage

Der Weg zum Schlachthof führte über einen eigenen Korri-dor, von dem aus man außerdem durch ein Tor ins Freie gelangen konnte. Hier, außerhalb von Tempelhaus und Fest-hof, befindet sich ein zweiteiliger Brunnen, der den unter-ägyptischen und den oberägyptischen Nil repräsentiert.

Sonnenheiligtum für Re-Harachte

Der nördliche Trakt des Tempelhauses besteht beinahe zur Gänze aus einem großen Sonnenhof, dem Heiligtum für Re-Harachte. In der Mitte des Hofes befinden sich die letzten, nur ein Drittel der ursprünglichen Größe ausmachenden Fragmente des Opferaltars. Opferhandlungen und Tempelri-tuale bestimmen die Wanddekoration des Sonnenhofes, begleitet von Pavianen, die die Morgen- und Abendsonne anbeten. Die neun Nischen in den Wänden enthielten einst Königsstatuen. Westlich des Sonnenhofes lagen weitere, heute stark zerstörte Räumlichkeiten – möglicherweise auch ein Barkenraum für Ahmes-Nefertari, vergöttlichte Mutter von Amenophis I. und am Westufer von Theben hochver-ehrt.

zerstörter Westteil des Tempels

Auch dieser Tempel Sethos’ I. verfügte über ein großes Magazin-, Werkstatt- und Verwaltungsareal, das die nördli-che Seite der gesamten Tempelfläche einschließlich der Höfe fast in voller Länge einnahm.

Mauern und Gewölbeansätze sind teilweise noch vorhanden, und das Deutsche Archäologische Institut Kairo hat auch hier die alten Räumlichkeiten glänzend aufbereitet, so dass der Besucher einen umfassenden Eindruck erhält, besonders bei einem Blick von der Außenmauer des Tempels, die e-benfalls wieder hergestellt wurde und begehbar ist. Vom Tempelareal aus führten zwei Zugänge in den zweiteiligen Wirtschaftstrakt; ein separater Eingang befand sich im östli-chen Teil der nördlichen Außenmauer, heute Eingang für die

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Besucher des Tempels. Wie schon in Abydos findet sich auch hier ein Gebäude, das man offensichtlich als „zentrales Verteilungsbüro“ - ein Begriff, den Rainer Stadelmann ge-prägt hat - nutzte.

Tempelmagazine

Wie in Abydos handelt es sich um einen offenen Hof mit Säulenumgang. In einigen der Magazinräume fand Sir Flin-ders Petrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts Gefäße und Ge-fäßverschlüsse, die belegen, dass dort Wein, Honig und Öle aufbewahrt wurden. Es dürfte auch ein Kanal bis zum Tem-pel geführt haben. Die zugehörige Kaianlage wird unter der modernen Dorfbebauung liegen, die heute unmittelbar an den ersten Pylon grenzt.

Ebenso wie das Osireion in Abydos wurde auch dieser Tempel in späterer Zeit anderweitig genutzt. Vor dem eins-tigen Jenseitspalast finden sich Mauerreste einer Kirche und eines spätrömischen Wohnhauses.

Gitta Warnemünde

Literatur:

Arnold, Dieter Lexikon der ägyptischen Baukunst, 2000

Brock, Edwin The Temples of Abydos, 2002

Capart, Jean Abydos – Le Temple de Séti Ier. 1912

Gauthier, Henri Dictionnaire des Noms Géographique, 1925

Hannig, Rainer Großes Handwörterbuch

Kitchen, Kenneth A. Ramesside Inscriptions I, 1993

Murray, Margaret A. The Osireion of Abydos, 1903

Porter & Moss Band II und VI

Roeder, Günther Kulte und Orakel, 1998

Schneider, Thomas Lexikon der Pharaonen, 1996

Stadelmann, Rainer Der Totentempel Sethos’ I. in Qurna, 2001

Ullmann, Martina Die Häuser der Millionen von Jahren, 2002

Lexikon der Ägyptologie