articles on theodor w. adorno
DESCRIPTION
3 Articles on the German Philosopher Theodor W. Adorno on the occasion of his 100. AnniversaryTRANSCRIPT
-
d e r s p i e g e l 3 4 / 2 0 0 3
Was wre Glck, das sich nicht me
an der unmebaren Trauer dessen was ist?
Denn verstrt ist der Weltlauf.
Theodor W. Adorno, Minima Moralia
Hunderte waren dabei, viele habenes nacherzhlt, sogar Bilder exis-tieren und doch klingt sehr fern,was da am 22. April 1969 im Hrsaal VI derFrankfurter Universitt ihrem prominen-testen Professor passierte: Drei Studentin-nen in Lederjacken umringen einen klei-nen rundlichen Mann mit fast kahlemSchdel, streuen Blten ber ihn, kssenihn auf die Backen und rcken ihm mitnacktem Busen zuleibe, bis er im Schutzseiner Aktentasche aus dem Saal strzt.
Als Happening war es gedacht, als iro-nisch-freche Aktion, die Theodor W. Ador-no klar machen sollte, dass Umsturz nichtim Kopf allein stattfinden drfe, dass seineBannflche ber Kulturindustrie undVerblendungszusammenhang Folgen ha-ben mssten. Wer nur den lieben Adornolt walten, der wird den Kapitalismus seinLeben lang behalten, stand an der Tafel.
Lang ist das her. Darum will AdornosVaterstadt Frankfurt am Main, wo auch dieGralshter des Theodor W. Adorno Archivsresidieren, dem Verblassen seines Ruhmsnun mit aller Macht Einhalt gebieten. EinFestprogramm, wie es sonst nur der be-rhmteste Sohn der Stadt, Goethe, in Gangbrchte, erreicht bald die heie Phase.
Symposien, Podiumsgesprche, Lesun-gen, Ausstellungen, die obligate Gro-Kon-ferenz, eine Preisverleihung samt Konzert,ein Adorno-Lerntag und Auffhrungenseiner Musikwerke: Wer dem Trubel tat-schlich entkommt, wird frher oder sp-ter am neu gestalteten Theodor-W.-Ador-no-Platz im Westend landen und so vomLokalhelden mit Weltniveau erfahren.
Auf dem Buchmarkt gilt der 1969 gestor-bene Denker inzwischen als Klassiker. Voneinem Neudruck der Minima Moralia, ein-schchternd raffinierten Reflexionen ausdem beschdigten Leben, wurde sein Haus-verlag Suhrkamp in zwei Jahren ber 15000Exemplare los. Selbst auf CD-Rom ist Ador-no bald durchklickbar. Fehlte zur Heiligen-legende eigentlich nur noch die Biografie.
Jetzt, zu seinem 100. Geburtstag am 11. September, ist die Geschichte fast nurnoch eine Kuriositt. Entrckt scheint siewie die Jahre, in denen jeder aufrechteLinksintellektuelle jederzeit seine eiserneRation von Adorno-Worten herunterras-seln konnte: dass das Ganze nur dasUnwahre sein knne, dass kein richtigesLeben im falschen denkbar oder dassnach Auschwitz Gedichte zu schreibenbarbarisch sei.
138
D E N K E R
Narziss und NilpferdknigDer Allround-Intellektuelle Theodor Wiesengrund-Adorno inszenierte sich
im Nachkriegsdeutschland virtuos als Vordenker und Gewissen der Nation. Zum 100. Geburtstaghuldigen gleich drei Biografen dem widersprchlichen, egomanischen Genie.
Philosoph Adorno (um 1965 in Sils-Maria): Wahr sind nur die Gedanken, die sich selbst nicht verstehen
AD
OR
NO
AR
CH
IV
Adorno mit Mutter (M.) und Tante (1916)Tglich zur Schule begleitet
AD
OR
NO
AR
CH
IV
Kultur
-
d e r s p i e g e l 3 4 / 2 0 0 3
Doch wer traute es sich zu, einen Uni-versalisten zu schildern, der ber Zwlf-tonmusik wie Hegel, den AutoritrenCharakter wie seine erste Flugreise, janoch ber das Wort Uromi brillant-vertrackte Essays schrieb? Erst der Sogerwnschter Verehrung hat den Bann nungebrochen: Gleich drei Lebensgeschichtenund etliches andere erscheint dieser Tage(siehe Kasten Seite 141).
Verblffend genug: Die Bcher ergn-zen sich nahezu perfekt. Was der ber tau-send Seiten starken offizisen Lebenschro-nik des Soziologen Stefan Mller-Doohman Verve und Weitblick abgeht, leisten dieanderen: FAZ-Redakteur Lorenz Jger,der ein zeitgeschichtlich umrahmtes Portrtgeliefert hat, oder der Adorno-Schler Det-lev Claussen, dessen feinfhliger Buch-essay ausdrcklich ein letztes Geniewrdigt (siehe Interview Seite 140). Abergerade das Licht von vielen Seiten offen-bart nun auch Brche und Widersprche.
Beim Namen fngt es an. Gern lie derSohn eines jdischen Weinhndlers in sp-teren Jahren durchblicken, er stamme aus
edler Genueser Patriziersippe. Tatschlichaber hatte sich erst sein Grovater mtter-licherseits, ein korsischer Offizier a. D. undFechtlehrer namens Jean Franois Calvel-li, der aus Liebe in Frankfurt gebliebenwar, nach eigenem Gutdnken ein klang-volles Adorno della Piana zugelegt.
Bei der US-Einbrgerung 1943 lie sichTheodor Ludwig Wiesengrund, von Freun-den und Familie Teddie gerufen, den Bei-namen verbriefen; spter fgte er ein ver-schmtes W. ein. Dahinter steckte keineTcke, nur sein stets unbndiger Wille, soviel wie mglich aus sich zu machen.
Schon der verhtschelte FrankfurterJunge, den Mutter und Tante tglich zurSchule begleiteten, dichtete und kompo-nierte; vom Sportunterricht befreit und all-jhrlich mit einem Ferienaufenthalt imidyllischen Odenwald-Nest Amorbach be-lohnt, war Teddie der Paradefall eines welt-fremden, manchmal gehnselten Primus.
Alles schien dem Sngerinnen-Sohn ausbegtertem Haus zuzufliegen. Wie einverkleinerter Prinzensohn wirkte er aufseinen ersten Mentor, den 14 Jahre lterenSiegfried Kracauer, der bei der einflussrei-
ten das Lehren. Als sogar seine Wohnungdurchsucht wurde, ergaben eilige Recher-chen nur eine Notlsung: England.
Mit viel Glck und der Hilfe eines aus-gewanderten Wiesengrund-Onkels fander Zuflucht im renommierten OxforderMerton College: offiziell als advanced stu-dent, de facto eher als ein geduldeterAuenseiter. Zwar versuchte er, sein mise-rables Englisch aufzubessern, indem er Kri-mis im Akkord las, doch Gesprchspart-ner fehlten. In einem Angsttraum sei ergelandet, klagte Teddie und nannte seinCollege-Dasein gar das verlngerte dritteReich.
Natrlich war der Brief-Seufzer kalku-liert: Er sollte bei einem alten Bekannten,dem Philosophen Max Horkheimer, Mit-gefhl wecken. Horkheimer war seit 1930Chef des privaten, finanzstarken marxisti-schen Instituts fr Sozialforschung, daser geschickt aus dem nun braunen Frank-furt ber Genf und Paris nach New Yorkverlegt hatte. Er hatte den brillanten Kopflngst verpflichten wollen. Doch zuvor soll-te Wiesengrund sich bewhren.
Der tat das beinahe bereifrig mit Ar-beiten fr die institutseigene Zeitschrift frSozialforschung, etwa ber Jazzmusik,aber auch als Kontaktmann zu schwierigenMitarbeitern wie Benjamin oder Kracauer.Selbst als Horkheimer und sein MitstreiterFritz Pollock ihn mit Text-Nrgeleien aufdie Probe stellten, wurde der nur beflissener.
Und es half: Dank Horkheimer fand sicheine Forschungsstelle in den USA. Anfang1938 konnten Gretel und Teddie, frisch ver-heiratet, nach New York ziehen.
Alles Weitere zhlt lngst zum Grndungs-mythos der Frankfurter Schule: Wiesen-grunds Eintritt ins Institut fr Sozialfor-schung, 1941 der Umzug nach Kalifornien,das Leben unter Hollywoods Emigranten ob Greta Garbo, Bert Brecht oder Fritz Lang, die Philosophie der neuen Musik, dasFragebogen-Projekt zur Durchleuchtung derautoritren Persnlichkeit und die Arbeitmit Horkheimer am gemeinsamen Haupt-werk Dialektik der Aufklrung, wo es umdas Destruktive des Fortschritts ging.
Doch neben der offiziellen Geschichtezeigen die Dokumente nun auch den pri-vaten Theodor Wiesengrund-Adorno:
chen Frankfurter Zeitung Redakteurwar. An den Stuhl seiner Mutter gelehnt,beantwortete er die ihm gestellten Fragenin einem matten Ton, der den groen trau-rigen Augen widersprach, die unter denlangen Wimpern hervorblickten.
Bald sah Kracauer, wie der Gymnasiastseine scharfsichtige Sozialkritik bis in De-tails bernahm hnlich ging Jung-Wie-sengrund wenig spter mit seinem Philo-sophie-Doktorvater um und dann, 1925 inWien, mit Alban Berg, dem Lieblings-schler des strengen Arnold Schnberg.Selbst die raunend-marxistischen Ideen desBerliners Walter Benjamin, der wie Teddieselbst mit einem Habilitationsversuch inFrankfurt gescheitert war, sog er auf Lernbegier und chamleonhafte Anleh-nungslust schienen sich zu decken.
Scheu war er nicht: Als Konzertkritikerrief er Schnbergs Stcke zur einzigenWahrheit aus. Leider nur fand Schn-berg den jungen Komponier-Streber vonBergs Gnaden widerwrtig. Er soll einenwahren Wiesengrund-Komplex haben,beklagte sich Teddie bei Kracauer.
Aber es musste ja nicht die Musik sein.In Frankfurt gelang es Wiesengrund nachimmerhin dreieinhalb Jahren doch noch,Philosophie-Dozent zu werden: mit einerStudie ber den dnischen ErzgrblerSren Kierkegaard, in der Walter Benjaminmanchen seiner Einflle wiedererkannte.
Allerdings mochte Benjamin noch ausanderem Grund eiferschtig sein: Er rede-te die Berliner Fabrikantentochter GretelKarplus, eine gertenschlanke, blitzgeschei-te Chemikerin, zwar traulich als Felizi-tas an mit Teddie aber war sie verlobt.
Von solchen Privatheiten ahnten Wie-sengrunds erste Schler nichts. Alles, waser sagte, war druckreif, jeder Satz klangwie: So ist es, und nicht anders, erinner-te sich ein damaliger Student.
Um diese Zeit wurde die immer kahlerwerdende Gestalt noch auf Kostmfestenals Napoleon gesichtet. Doch nach drei Se-mestern verbot die neue nationalsozia-listische Fhrung dem jungen Privatdozen-
* Links: Elvis Presley im Film Sdsee-Paradies (1966);Mitte: Szene aus Big Brother; rechts: Modenschau inSo Paulo.
139
CIN
ETEXT (
L.)
; EN
DEM
OL /
AC
TIO
N P
RES
S (
M.)
; AP (
R.)
Adorno-Feindbilder Popmusik, Fernsehen, Kommerz-sthetik*: Grimmiger Feldzug gegen die einlullende Kulturindustrie
-
d e r s p i e g e l 3 4 / 2 0 0 3140
Kultur
Claussen, 55, unterrich-tet Soziologie an derUniversitt Hannover.Seinen Lehrer Adornohat er jetzt in einem bio-grafischen Essay gewr-digt: Theodor W. Ador-no ein letztes Genie(S. Fischer Verlag, Frank-furt am Main).
SPIEGEL: Herr Professor Claussen, wiesind Sie Adorno begegnet?Claussen: Am Alten Gymnasium inBremen besuchte ich einen Philoso-phie-Arbeitskreis, den der Dompredi-ger Abramzik anbot. Er organisierteauch Vortragsreihen fr Radio Bremen.Hinterher gab es Treffen bei Suppe undWein in seiner Dienstwohnung, zu de-nen auch ich eingeladen wurde. Daswar phantastisch. So lernte ich schonals Schler Ernst Bloch, Hans Mayerund 1964 eben auch Adorno kennen.SPIEGEL: Worber sprach er?Claussen: Es war sein damaliger Stan-dardvortrag er machte ja richtigeTourneen ber den Fortschritt. Schonder erste Augenblick war bezeichnend:Auf dem Podium standen ein Pult undein Klavier. Adorno schien ans Klavierzu wollen, dann bog er zum Kathederab. Erst spter habe ich gemerkt, wiesymbolisch dieser Moment war. Ador-no benahm sich wie ein Knstler, deretwas auffhrt, auch privat. Bei seinenPartys spter im Kettenhofweg setzte ersich gern an den Steinway und erspielte nicht nur Schnberg.SPIEGEL: Sie haben seine Performancesdann oft erlebt. Wie ging es zu im le-gendren Hrsaal VI?Claussen: Das Verblffende war: Manmerkte nicht, ob Adorno ablas oder freisprach. Dabei bildeten die Vorlesungeneinen Teil seines Schreibens. Auch Mit-schnitte gab es. Aber Tonbnder wa-ren fr ihn allenfalls, wie er sagt, Fin-gerabdrcke des lebendigen Geistes.SPIEGEL: Lieen sich seine gedrechsel-ten Stze berhaupt mitschreiben?Claussen: Kaum. Aber das war auchunwichtig. Am Anfang verstand keineretwas. Wer dabei blieb es waren fastalle , der hrte sich mit der Zeit einund merkte, wie genau da einer dach-te und redete.
SPIEGEL: Sie nennen Adorno ein letz-tes Genie. Weshalb?Claussen: Es passt einfach, gerade weildarin schon der Widerspruch zum her-kmmlichen Begriff steckt. Anstatt dasOriginalgenie mit pltzlichen Einge-bungen zu spielen, hat Adorno wiealle echten Genies, auch das Frankfur-ter Bildungsbrger-Ideal Goethe vor-gelebt, worauf es wirklich ankommt:durch unendlichen Flei zu treffen, wasman auszudrcken hat. Er war ja auchein Wunderkind, das dem traurigenSchicksal so vieler Wunderkinder ent-rinnen wollte. Nur durch harte Arbeitkonnte das gelingen. Was ich hier tue,kannst du auch, signalisierte er. Daswar das Demokratische an ihm.SPIEGEL: Sie lernten also Denk-Moral?Claussen: Das Moralische wrde ich garnicht so betonen. Es ging bei Adornoimmer um die Sache, auf Lehrstzekam es nicht an.SPIEGEL: Aber auf Zeitgemheit?Claussen: Im tieferen Sinne, ja. Das Ge-nie bndelt, wie schon Hegel meint,das, was an der Zeit ist, das Epochale.Adorno vermittelte die berzeugung,dass Theorie den Dingen nicht hinter-herhinken darf. Sie muss auch etwasriskieren. Seit er wieder in Deutsch-land auftrat, machte er darum, wo im-mer er sprach und schrieb, klar: Eskann nicht weitergehen wie zuvor.SPIEGEL: Ein Pldoyer gegen jede Re-stauration?Claussen: Gewiss. Nur pldierte er nicht,er zeigte und analysierte. Das war dasberzeugende.
SPIEGEL: Erlebten Sie ihn auchallzu menschlich?Claussen: Wenn er sich freute,wirkte er oft fast kindlich. Aberauch seine Klaue war ein Ku-riosum. Bekam jemand eine Se-minararbeit zurck, haben wiroft zu viert oder fnft die An-merkungen zu lesen versucht.Schlielich musste Frau Ol-brich, seine Sekretrin, helfen.SPIEGEL: 1968/69 war dann dieLustigkeit vorbei, als ihn seineStudenten attackierten undStudentinnenClaussen: Also, dieses Happe-ning mit den entblten Busenwird total berdramatisiert. Es
waren richtige Idioten aus der Leder-jacken-Fraktion, das wussten alle. Wirwaren ja die ganze Zeit im Gesprch,Assistenten und Studenten und er sel-ber. Auch er selbst wusste haargenauBescheid zum Beispiel, dass die In-stitutsbesetzung nur dazu dienen soll-te, eine erlahmende Revolte wieder inGang zu bringen. Dass er die Polizeiholen lassen musste, war eine sehr dum-me und unfaire Aktion von uns SDS-Aktivisten, die doch zum grten Teilseine Schler waren.SPIEGEL: Nach Adornos pltzlichemTod, schreiben Sie, sei kaum eine L-cke zu sehen gewesen, wo sich freiformulieren lie. War sein Alles-Er-klrertum auch bedrohlich? Claussen: Nicht bedrohlich, aber wieein Mahlstrom, ein Sog. Es war einSchock, dass diese Verfhrungskraftpltzlich weg sein sollte.SPIEGEL: Schler ohne Guru?Claussen: Nein, Anbetung und Nach-plappern funktionierten bei ihm nicht.Er verlangte von uns harte Arbeit. Ergab sich ja auch mit sich nie zufrieden.SPIEGEL: Ist es das, was Sie von Ador-no gelernt haben? Claussen: Viel mehr. Und es gab jazudem auch noch Horkheimer undMarcuse. Sie alle vermittelten eine le-bendige kritische Theorie, keine aka-demischen Karrierismus. Das Glck,etwas zu verstehen, sogar Altbekann-tes mit neuen Augen zu sehen, das ha-be ich damals erfahren und versuche es heute meinen Studenten weiter-zugeben.
Was ich hier tue, kannst du auchAdorno-Biograf Detlev Claussen ber die pdagogische Verfhrungskunst des Philosophen
Attacke auf Adorno (1969): Dumm und unfair
KAR
L A
LFR
ED
MEYS
EN
BU
G
GABY G
ER
STER
-
als Papier-Marxisten, der unentwegt sin-niert, warum die Menschheit, anstattin einen wahrhaft menschlichen Zustandeinzutreten, in eine neue Art von Bar-barei versinkt, aber nur ungern in derTouristenklasse ber den Atlantik fhrt;
als verwhnten Eierkopf, der Einrich-tung und Haushalt seiner Gattin ber-lsst (eine Aufgabe, an der teilzuneh-men ich in der zynischsten Weise ab-lehne), sie als Schreib-Hilfe nutzt, aberSchlafzimmer-Trennung praktiziert;
als braven Sohn, der sich in Briefen anseine bald ebenfalls ausgewandertenEltern Nilpferdknig Archibald nennt Gretel muss bei Schwiegermama aliasWundernilstute Marinumba von Bauch-schleifer das Rezept von Teddies ge-liebter Buttersuppe erfragen;
als Dauer-Pessimisten, der entsetzt sthnt,da man, ganz gleichgltig wo, hoff-nungslos gefangen ist; aber auch
als Erotiker, der sich unentwegt in Af-fren strzt, um dann durch Schreib-arbeit der Sehnsucht zu entrinnen.Keineswegs alle Opfer dieser grenzen-
losen Fhigkeit zum Leiden, zum Hinge-rissen-Werden, zum sich Verlieren (soAdorno selbst) nennen die Biografen beimNamen. Schon 1926 gab es in Frankfurteine Kurzliaison mit der SchauspielerinEllen Dreyfuss-Herz; in Los Angeles in-szenierte Adorno 1943 einen Schauerro-man mit der Aktrice Rene Nell, fr dieer sogar demtig-keck dichtete: Vergibmir, Schnste, da ich Dich erfand.
Im Jahr darauf hatte esihm ausgerechnet die Frauseines Arztes angetan. Da-neben flirtete er stets vonechtem Adel gebannt mitdem Starlet Luli Deste,einer Grfin Goerz undgeborenen Baronesse Bo-denhausen: Ein Jahr nurjnger als ich, aber schlech-terdings das schnste, edels-te und zauberhafteste Ge-schpf, das ich in meinemLeben getroffen habe.
Aber auch weniger edleEskapaden leistete er sichoft. Bordellbesuche sind
Adorno vor Bekannten mit seiner Zuarbeitprahlte, rckte Thomas Mann ab vom Wirk-lichen Geheimen Rat, der als penetrant do-zierender Musiklehrer Wendell Kretzschmarim Buch auftrat. Und er nahm subtile Rache,indem er fnf Noten bei Beethoven die Wor-te grner Wiesengrund unterlegte.
Als 1947 Doktor Faustus und die Dia-lektik der Aufklrung erschienen, gab esschon wieder Verbindung nach Deutsch-land. Auch wenn es nun das Land der Mr-der war, ohne seine Muttersprache fhlteAdorno sich verloren.
Doch erst drei Jahre spter gelang esHorkheimer, das Institut wieder in Frank-furt anzusiedeln; Professor wurde Adornogar erst 1957. In dieser Zeit erschrieb sichder Rundum-Interpret, der Paradoxe lieb-te (Die wahre Sprache der Kunst istsprachlos) und nicht mde wurde, die mo-derne Welt kulturkritisch als Kapital-Jam-mertal zu schildern, einen festen Platz imintellektuellen Nachkriegsdeutschland.
Nicht alle fanden das richtig. Adorno seieiner der widerlichsten Menschen, die ichkenne, giftete die jdische Heidegger-Schlerin Hannah Arendt im Brief an denPhilosophen Karl Jaspers. Auch Jaspersvermutete Schwindel hinter Adornosunermesslich viel wissenden, alles hin-und herwendenden Schriften. Selbst FrauHorkheimer hatte einmal erklrt: Teddiesei der ungeheuerlichste Narzi, den diealte und neue Welt aufzuweisen hat einSatz, den Biograf Mller-Doohm lieber indie Anmerkungen abschiebt.
Nun aber war das Publikum da, und esschien zu rufen. Musik-Analysen, von Bachber Wagner bis Alban Berg, lieen auf-horchen; Soziologen beriefen sich auf die(heute im Fach kaum noch anerkannten)Fragebogen-Methoden des Instituts. Kafkaoder Geschenkartikel, Beckett oder eineTheorie der Halbbildung kein Kultur-thema schien Adorno fremd, und immerzeigte sich hinter seiner manierierten Aus-drucksweise ein versonnener Denk-Spieler.Wenn Philosophen, denen bekanntlichdas Schweigen immer schon schwerfiel,aufs Gesprch sich einlassen, so solltensie so reden, da sie allemal unrecht be-
* Anfang der dreiiger Jahre.
belegt, und in einer New Yorker Tagebuch-notiz von 1949, jetzt im neuen Bildbanderstmals gedruckt, heit es ber eine bis-lang unbekannte Dame:Das Weekend mit Carol. Wir aen imRumpelmeier, ich setzte ihr das Pro-gramm auseinander, das wir streng inne-hielten; Genieen der Vorlust Nach-mittag der uersten Exzesse, in vlligerHelle und Klarheit. Echte Masochistin:zweimal ihr Orgasmus nur beim freilicherbarmungslosen Schlagen Das Kunst-stck beim Lieben von hinten einen ganzeinzuschlieen Morgens nackte Repri-se. Menschlich und geistig gereift.
Solche Kehrseiten lassen die Biografennahezu unerwhnt. Gretel, die fast alleswusste, hielt still; auch spter, wenn sichAdorno in Frankfurt einer Eva hier oder ei-ner Arlette dort nherte. An der Fugn-
gerampel konnte ProfessorAdorno ungestraft seineGattin mit dem Spazier-stock fortschubsen, um freieSicht auf eine attraktive jun-ge Dame zu gewinnen.
Wichtiger als jeder Flirtaber war ihm in Kaliforniensein Kontakt zum Star der Exil-Literaten, ThomasMann. Fr den Komponis-tenroman Doktor Faus-tus lieferte Adorno Mate-rial und sogar Beschrei-bungen nie erklungenerStcke, die Mann kaum re-tuschiert bernahm. Erst als
141
Lorenz Jger: Adorno. Eine politische Biographie.Deutsche Verlags-Anstalt, Mnchen; 320 Seiten;22,90 Euro. Zeitgeschichtlich-kritisches Portrtvor weitem Horizont.
Theodor W. Adorno: Kindheit in Amorbach.Hrsg. von Reinhard Pabst. Insel Verlag, Frank-furt am Main; 252 Seiten; 9,50 Euro. Detek-tivische Spurensuche im Jugendparadies.
Adorno. Eine Bildmonographie. Hrsg. vom Th.W. Adorno-Archiv. Suhrkamp Verlag; 296 Sei-ten; 39,90 Euro. Enthlt viele Privat-Texte.
Theodor W. Adorno: Briefe an die Eltern.Suhrkamp Verlag; 576 Seiten; 39,90 Euro.Rhrende Belege fr Adornos politische Nai-vitt, erotische Anflligkeit und Sohnestreue.
BCHER ZU ADORNOTheodor W. Adorno: Die Hauptwerke. Suhr-
kamp Verlag, Frankfurt am Main; zus. 1958 Seiten; 50 Euro. Auswahl zum Jubilum.
Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften.CD-Rom. DirectMedia Verlag, Berlin; 79,90Euro (erscheint 30. 10.). Magebliche Ausgabeim Volltext, ideal fr Bonmot-Stberer.
Stefan Mller-Doohm: Adorno. Eine Biographie.Suhrkamp Verlag; 1032 Seiten; 29,90 Euro.Umfassende, offizise Chronik, aber ohneviel Esprit.
Detlev Claussen: Theodor W. Adorno. Ein letztesGenie. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main;480 Seiten; 26,90 Euro. Leidenschaftliche Wr-digung, mit vielen kaum bekannten Zitaten.
d e r s p i e g e l 3 4 / 2 0 0 3
Institutssitzung mit Horkheimer und Adorno (M., 1955): Zu jeder Analyse auch das Gegenteil
AD
OR
NO
AR
CH
IV
Adorno-Braut Gretel Karplus*Stets getrennte Schlafzimmer
NATIO
NALM
US
EU
M M
AR
BAC
H
-
dammte, liebte privat die Serie Dak-tari mit ihren ulkigen Tierfiguren.
Den NS-belasteten Philosophen MartinHeidegger wollte er am Jargon derEigentlichkeit entlarven obwohl seinStil vergleichbare Schrullen zeigte, etwadas nachgestellte sich (Wer den rech-
halten, aber auf eine Weise, die den Geg-ner der Unwahrheit berfhrt.
Nach diesem absichtsvoll verquerenGrundsatz stritt er fr das, was HorkheimerKritische Theorie genannt hatte: ein-greifende, verndernde Weltbetrachtung,aufgeklrt, skeptisch, ohne Utopie und imZweifel links-materialistisch kurz: das jefortgeschrittenste Bewutsein zur Kultur-und Geisteslage. Aber nach welchem Ma-stab war es zu finden? Die Antwort daraufverweigerte Adorno hartnckig.
Von berall her sahen die Frankfurtersich inzwischen beargwhnt: Spottete hierder moskautreue Literatur-Philosoph Ge-org Lukcs ber das bequeme Grand Ho-tel Abgrund, so unkten dort Konservative,das Institut mache Umstrzlerei hoffhig.
Selbst Adornos geistiger Ziehvater Sieg-fried Kracauer grollte: Er schreibt ja auchso viel, und manches ist auf einer hohenEbene falsch, ausgeleierter Tiefsinn undeine Radikalitt, die es sich gutgehen lt.
Zumindest das Letzte stimmte so nicht:Arbeitend bis zur Erschpfung, obendreinvon Schlaflosigkeit geplagt, durchlitt Ador-no alle Qualen eines Medienstars der ers-ten Stunde. Und immer hufiger waren Wi-dersprche zu erkennen: Der Gesellschaftsvernderer liebte es
grobrgerlich vom Urlaub im Luxus-hotel Waldhaus in Sils Maria bis zurFrhstcksorder: ein groes Omelettmit Toast und dazu ein gespritztertrockener Riesling von der Mosel.
Zwar mahnte Adorno, auch sthetischins Offene und Ungesicherte zu den-ken, aber Jazz hielt er fr Kommerz-gedudel, schimpfte auf die grlendeGefolgschaft des Elvis Presley und fandin den ersten Liedern der Beatles sofortetwas Zurckgebliebenes.
Er, der fr Resistenz gegen das Auf-gedrngte, gegen die Macht des Be-stehenden, Charaktermasken unddas Funktionieren eintrat, schtzteprivat feine Formen: Endlich braucheich mich nicht zu genieren, so hflich zu sein, wie ich bin, notierte er er-leichtert beim ersten Paris-Besuch nachdem US-Exil.
Anwalt der Zivilcourage, ordnete er sichdoch dem Machtmenschen Horkheimerunter: Sowohl bei der Ab-lehnung des homosexuel-len Golo Mann als Profes-sor fr Frankfurt wie sp-ter bei Horkheimers Neinzum Nachwuchsphiloso-phen Jrgen Habermasgab Adorno klein bei.
Wie kein anderer frderteer das Erbe Walter Benja-mins, doch bei der Editionvon dessen Schriften er-laubte er sich Eingriffe.
Er, der Fernsehen alsIdeologie und einlullen-de Kulturindustrie ver-
142
Kultur
Belletristik
Bestseller
Patrizierpalsteund verwinkelteGassen: eine Irr-fahrt durch dasBarcelona derNachkriegszeit
1 (1) Henning Mankell Vor dem FrostZsolnay; 24,90 Euro
2 (2) Joanne K. Rowling Harry Potterand the Order of the PhoenixBloomsbury; 24,80 Euro (unverbindl. Preisempfehlung)
3 (3) Eric-Emmanuel Schmitt
Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran Ammann; 12 Euro
4 (5) Siegfried Lenz FundbroHoffmann und Campe; 21,90 Euro
5 (4) Donna Leon Die dunkle Stundeder Serenissima Diogenes; 19,90 Euro
6 (6) Barbara Wood Kristall der TrumeW. Krger; 24,90 Euro
7 (7) Nuala OFaolain Ein alter Traumvon Liebe Claassen; 22,90 Euro
8 (16) Eric-Emmanuel Schmitt Oskar unddie Dame in Rosa Ammann; 13,80 Euro
9 (8) Ingrid Noll RabenbrderDiogenes; 19,90 Euro
10 (10) Ildik von Krthy FreizeichenWunderlich; 17,90 Euro
11 (9) Eoin Colfer Artemis Fowl DerGeheimcode List; 18 Euro
12 () Wolfgang Joop Im Wolfspelz Eichborn; 19,90 Euro
13 (11) Paulo Coelho Der Alchimist Diogenes; 17,90 Euro
14 (12) Minette Walters Fuchsjagd Goldmann; 23,90 Euro
15 (14) Jeffrey Eugenides MiddlesexRowohlt; 24,90 Euro
16 (15) Joanne K. Rowling Harry Potter und der Feuerkelch Carlsen; 22,50 Euro
17 (13) Joanne K. Rowling Harry Potter und der Gefangene von AskabanCarlsen; 15,50 Euro
18 (20) Joanne K. Rowling Harry Potterund der Stein der WeisenCarlsen; 14,50 Euro
19 () Carlos Ruiz Zafn Der Schattendes Windes Insel; 24,90 Euro
20 (17) Jakob Arjouni Idioten. FnfMrchen Diogenes; 14,90 Euro
d e r s p i e g e l 3 4 / 2 0 0 3
-
ten Kontakt mit Bchern hat, der fhltschwerlich in Bibliotheken sich wohl).In seiner Philosophie des Nicht-Identi-
schen, die er unter dem Buchtitel Negati-ve Dialektik bndelte, beabsichtigte er,ber den Begriff durch den Begriff hin-auszugelangen. Unbeirrbar zog er gegen
konservative Genieerei zu Felde. Wahrsind nur die Gedanken, die sich selbst nichtverstehen, sagte er. Oder: Nur das u-erste hat die Chance, dem Brei der etablier-ten Meinung zu entgehen. Das steht als Ma-xime hinter jedem Satz, den ich schreibe.
Adorno sagt zu jeder seiner Analysenauch das Gegenteil, notierte ausgerechnetsein Kompagnon Max Horkheimer. Abertrotz dieser auf die Spitze getriebenen Dia-lektik bleibt das, was er sagt, unwahr. Denndie Wahrheit lt sich nicht sagen Eskommt aber darauf an, das, was man anWahrheit hat, irgendwie zu realisieren.Das forderten Mitte der sechziger Jahrepltzlich auch Adornos Studenten.
Vergeblich suchte der Solist am Kathe-der, stets rhrend um seine Schler besorgt,den revolutionslustigen jungen Leuten klarzu machen, dass er ihnen Kant und Hegelerklren, aber kein Stichwortgeber fr Ge-walt sein mochte. Er habe niemals ein Mo-dell zu irgendwelchen Aktionen gege-ben, beteuerte er in einem SPIEGEL-Ge-sprch vom Mai 1969, als lngst Molotow-Cocktails geflogen waren, das Institut poli-zeilich gerumt worden war und auch diebizarre Busen-Attacke stattgefunden hatte.
Dabei war ihm schon 1939 eingefallen:Eigentlich kann man nichts mehr sagen.Die Tat ist die einzige Form, die der Theo-rie noch bleibt. Nun riefen seine Schlerzur Tat, ohne das Quentchen Wahn(Adorno) in ihren Kpfen zu bemerken.
Wie stets am Semesterende ausgelaugt,zustzlich entnervt von endlosen, fruchtlo-sen Diskussionen mit den Studenten, brachAdorno Ende Juli 1969 zum blichen Berg-Urlaub auf. In Visp nahe Zermatt ereilteden 65-jhrigen, von einer hastigen Gipfel-tour geschwchten Denker am 6. August1969 ein tdlicher Herzinfarkt. Die Nach-richt von Adornos Tod wurde noch am sel-ben Tag von den wichtigsten Medien ver-breitet, meldet Biograf Mller-Doohm mitThomas-Mann-Pathos, dann aber macht erbald ein Ende. Zgig schlieen auch Jgerund Claussen ihr Panorama in alpiner Gip-
fel-Melancholie. Ein Res-mee berlassen sie anderen.
Vielleicht aber hat derMann, der im selben Jahr zurWelt kam wie der Teddybr,selbst schon am ehrlichstenseine Ziele benannt. Er, derAllround-Intellektuelle, des-sen Denk- und Schreibgestusviele Jahre lang jeder Geis-teswissenschaftler wie dieMasern berstehen musste(so der Philosoph Odo Mar-quard), dieser zum Przep-tor gewordene Mustersch-ler und Sprachkomponist,der alle Fachwissenschaftler
bertrumpfen wollte, war schon in seinemAbitur-Aufsatz ganz sicher gewesen: DieWelt aber im Ich zu gestalten, ist der Sinndes Lebens. Johannes Saltzwedel
143
Sachbcher
Im Auftrag des SPIEGEL wchentlich ermittelt vom Fach-magazin buchreport; nhere Informationen und Auswahl-
kriterien finden Sie online unter: www.spiegel.de/bestseller
Hommage andie Hollywood-Ikone fast unmittelbarnach ihrem Toderschienen
1 (1) Michael Moore Stupid White Men Piper; 12 Euro
2 (2) Michael Moore QuerschssePiper; 12,90 Euro
3 (3) Hillary Rodham ClintonGelebte Geschichte Econ; 24 Euro
4 (4) Florian Illies Generation Golf zwei Blessing; 16,90 Euro
5 (7) Dalai Lama Ratschlge des HerzensDiogenes; 12,90 Euro
6 (5) Allan Pease/Barbara PeaseWarum Mnner lgen und Frauenimmer Schuhe kaufen Ullstein; 16,95 Euro
7 (6) Werner Tiki Kstenmacher/Lothar J. Seiwert Simplify your life Campus; 19,90 Euro
8 (18) Andreas von Blow Die CIA undder 11. September Piper; 13 Euro
9 (8) Inge Jens/Walter Jens Frau Thomas Mann Das Leben der Katharina Pringsheim Rowohlt; 19,90 Euro
10 (13) Jana Hensel ZonenkinderRowohlt; 14,90 Euro
11 (12) Wolfgang Bscher Berlin MoskauEine Reise zu Fu Rowohlt; 17,90 Euro
12 (14) Claudia Rusch Meine freie deutscheJugend S. Fischer; 14,90 Euro
13 (9) Emmanuel Todd Weltmacht USA Ein Nachruf Piper; 13 Euro
14 (16) Hans Leyendecker Die Korruptionsfalle Wie unser Landim Filz versinkt Rowohlt; 17,90 Euro
15 (10) Ulrich Janen/Ulla Steuernagel Die Kinder-Uni Forscher erklrendie Rtsel der Welt DVA; 19,90 Euro
16 (11) Paul Scott Robbie Williams Angels & Demons Rockbuch; 24,90 Euro
17 () A. Scott Berg Katherine Hepburn Ein Jahrhundertleben Blessing; 21 Euro
18 (17) Spencer Johnson Die Muse-Strategie fr Manager Ariston; 14,90 Euro
19 (15) Anonyma Eine Frau in Berlin Eichborn;19,90 Euro
20 (19) Stefan Effenberg Ich habs allengezeigt Rtten & Loening; 19,90 Euro
d e r s p i e g e l 3 4 / 2 0 0 3
-
!"#!"#$ %&''()*+,-./0&,)&.1'.23,.4.5&61*17.4.8/9
:::";+
-
!"#!"#$ %&''()*+,-./0&,)&.1'.23,.4.5&61*17.4.8/9
:::";+
-
!"#!"#$ %&''()*+,-./0&,)&.1'.23,.4.5&61*17.4.8/9
:::";+
-
FEUILLETON
1
Die Zeit hatte einen doppelten BodenDer Philosoph Theodor W. Adorno in den fnfziger Jahren. Einepersnliche NotizVON J. Habermas | 04. September 2003 - 14:00 Uhr
Was im Rckblick trivial erscheint, war damals, als ich in das Institut fr Sozialforschung
eintrat, nicht selbstverstndlich: dass die Reputation des Hauses von der ungebrochenen,
jetzt erst ihrem Hhepunkt zustrebenden Produktivitt Adornos eher abhngen wrde
als vom Erfolg der empirischen Forschungen, mit denen sich das Institut eigentlich
legitimieren sollte. Obwohl bei ihm alle Fden der Institutsarbeit zusammenliefen,
konnte Adorno mit Organisationsmacht nicht umgehen. Er bildete eher den passiven
Mittelpunkt eines komplexen Spannungsfeldes. 1956, als ich ankam, bestanden zwischen
Max Horkheimer, Gretel Adorno und Ludwig von Friedeburg symmetrische Gegenstze,
die dadurch definiert waren, dass sich ihre jeweils an Adorno gerichteten Erwartungen
durchkreuzten.
Friedeburg hatte das legitime Interesse an einer inhaltlichen Kooperation mit Adorno,
die zu einer strker theoretischen Ausrichtung der empirischen Forschung fhren sollte.
Unabhngig davon wollte Gretel den persnlichen, sowohl wissenschaftlichen wie
publizistischen Erfolg des Philosophen, den Adorno eigentlich erst posthum errungen
hat. Und fr Horkheimer sollte Adorno die unmgliche Aufgabe lsen, dem Institut
mithilfe politisch unanstiger, akademisch eindrucksvoller Studien ffentliche Geltung
zu verschaffen, ohne die Radikalitt der gemeinsamen philosophischen Intentionen ganz
zu verleugnen und die nonkonformistische Signatur der Forschungsrichtung das fr die
studentische Nachfrage wichtige Image des Instituts zu beschdigen.
Fr mich gewann Adorno eine andere Bedeutung: Die Zeit hatte im Institut einen doppelten
Boden. Whrend der fnfziger Jahre hat es vermutlich in der ganzen Republik keinen
zweiten Ort gegeben, an dem die intellektuellen zwanziger Jahre so selbstverstndlich
prsent waren. Gewiss, die alten Mitarbeiter des Instituts, Herbert Marcuse , Leo Lwenthal
und Erich Fromm , auch Franz Neumann und Otto Kirchheimer waren in Amerika
geblieben. Aber in ganz ungezwungener Weise kursierten zwischen Adorno, Gretel und
Horkheimer auch die Namen von Benjamin und Scholem, Kracauer und Bloch, Brecht und
Lukcs, Alfred Sohn-Rethel und Norbert Elias, natrlich die Namen von Thomas und Erika
Mann, Alban Berg und Arnold Schnberg oder die von Kurt Eisler, Lotte Lenya und Fritz
Lang .
Das war kein Name-Dropping. Die Namen waren auf eine verblffend alltgliche Weise
in Gebrauch, um auf Personen Bezug zu nehmen, die man seit Jahrzehnten kannte, mit
denen man befreundet oder und dies vor allem verfeindet war. Bloch beispielsweise
war zu der Zeit, als Adorno Die groe Blochmusik schrieb, immer noch Persona non
grata. Die irritierend selbstverstndliche Gegenwart dieser Geister brachte mir eine
-
FEUILLETON
2
Differenz im Zeitgefhl zu Bewusstsein. Whrend "fr uns" die Weimarer Zeit jenseits
einer abgrndigen Zsur lag, hatte ja "fr sie" die Fortsetzung der zwanziger Jahre in der
Emigration erst wenige Jahre zuvor ein Ende gefunden. Es waren kaum drei Jahrzehnte
verstrichen, seitdem Adorno seine sptere Frau, die gelernte Chemikerin Gretel Karplus,
in Berlin, wo sie die Lederwarenfabrik ihres Vaters weiterfhrte, zu besuchen pflegte, um
bei einer dieser Gelegenheiten auch Benjamin kennen zu lernen. Benjamins Angelus Novus,
den George Bataille, damals Bibliothekar an der Bibliothque Nationale, beim Abschied
von Paris in Verwahrung genommen hatte, hing in Gretels Zimmer an der Wand links
neben dem Eingang. Dann ging das Bild in Scholems Besitz ber und hngt heute in jenem
Raum der Hebrischen Universitt, wo die einzigartige Bibliothek dieses sammelwtigen
Gelehrten untergebracht ist. Als ich nach Frankfurt kam, war Benjamin fr mich wie fr
fast alle Jngeren ein Unbekannter. Aber die Bedeutung des Bildes sollte ich bald kennen
lernen.
Soeben hatten Gretel und Teddy Adorno bei Suhrkamp die ersten Aufstze von Benjamin
herausgebracht. Da das ffentliche Echo schwach war, forderte Gretel mich auf, eine
Rezension zu schreiben. Auf diese Weise kam ich in den Besitz jener beiden hellbraunen
Lederbnde, die Benjamin aus dem Vergessen zurckholten. Ute und ich versenkten uns
in die dunkel leuchtenden Essays und waren auf merkwrdige Weise berhrt von jener
unbestimmten Verbindung aus luziden Stzen und apokryphen Andeutungen, die in kein
Genre zu passen schien.
Auf die Bezge der temporalen Doppelbdigkeit des Institutsalltags war ich zwar
literarisch nicht ganz unvorbereitet. Aber sie brachten mir das akademische Milieu der
deutsch-jdischen Tradition erst zur Anschauung auch das Ausma der immer schon
versprten moralischen Korruption einer deutschen Universitt, die die Vertreibung und
Ausrottung dieses Geistes, wenn nicht geradewegs betrieben, so wenigstens schweigend
hingenommen hatte. Damals begann ich, mir die Gemtsverfassung der Kollegen
vorzustellen, die in der ersten Fakulttssitzung des Sommersemesters 1933 auf die
leeren Sthle gestarrt haben mssen. In Frankfurt, wo die junge Universitt ihren in der
Weimarer Zeit erworbenen Ruhm dem Nicht-Diskriminierungsgebot ihrer Satzung und
einer gegenber Juden unvoreingenommenen Berufungspraxis verdankt hatte, wurde der
Lehrkrper 1933 um fast ein Drittel dezimiert.
Intellektuell bin ich 1956 in ein neues Universum eingetreten. Trotz vertrauter Themen
und Fragestellungen war es zugleich fremd und faszinierend. Verglichen mit dem Bonner
Universittsmilieu, war hier die Lava des Gedankens im Fluss. Nie zuvor war ich einer
so differenzierten gedanklichen Komplexitt im Zustand ihrer Entstehung begegnet im
Modus der Bewegung, bevor sie ihren literarischen Niederschlag fand. Was Schelling in
seinen Jenaer Vorlesungen zur Methode des akademischen Studiums im Sommersemester
1802 als Idee der deutschen Universitt entwickelt hatte, nmlich "das Ganze seiner
-
FEUILLETON
3
Wissenschaft aus sich selbst zu konstruieren und aus innerer, lebendiger Anschauung
darzustellen", das praktizierte Adorno in diesem Frankfurter Sommersemester.
Scheinbar anstrengungslos fhrte er in freier, aber druckreifer Rede die dialektische
Verfertigung spekulativer Gedanken vor. Gretel hatte mich aufgefordert, sie zur Vorlesung,
die damals noch im kleinem Hrsaal stattfand, zu begleiten. In den folgenden Jahren, als
ich lngst anderes zu tun hatte, sah ich, dass sie kaum jemals eine von Teddys Vorlesungen
versumte. Beim ersten Mal hatte ich Mhe, dem Vortrag zu folgen; geblendet von der
Brillanz des Ausdrucks und der Prsentation, stolperte ich dem Duktus des Gedankens
hinterher. Dass sich auch diese Dialektik oft zur bloen Manier verfestigte, merkte ich erst
spter. Der beherrschende Eindruck war die noch aus dem Dunkel des Unverstandenen
funkelnde Prtention der Aufklrung das Versprechen, verschwiegene Zusammenhnge
transparent zu machen.
Wie sich eine neue Welt auftut
Jedoch brachen die mir unbekannten Autoren und Gedanken Freud und Durkheim,
Psychoanalyse und Religionssoziologie nicht wie von auen, reduktionistisch, in die
heiligsten Bezirke des Deutschen Idealismus ein. Mithilfe von Freuds ber-Ich und
Durkheims Kollektivbewusstsein wurde die schmhliche Rckseite des kategorischen
Imperativs dessen falscher Gebrauch nicht beleuchtet, um Kants freien Willen zu
denunzieren, sondern die repressiven Verhltnisse, die dieses Potenzial verkmmern lieen.
Was Paul Ricur spter eine Hermeneutik des Verdachts nannte, war Adornos Sache
nicht. Denn der rettende Impuls war ebenso stark wie der kritische, der jenem diente. So
jedenfalls erschien es mir. Wir hatten an den moralisch morschen Universitten der frhen,
durch Selbstmitleid, Verdrngung und Unempfindlichkeit gezeichneten Adenauer-Zeit
studiert. Im geistfetischistisch hohlen und abendlndisch verschwiemelten Milieu eines
"Verlustes der Mitte" war unser unklares Bedrfnis nach einem Akt begreifender Katharsis
nicht befriedigt worden. Erst die intellektuelle Instndigkeit und die durchdringende
analytische Arbeit eines in Einsamkeit renitenten Adorno hat fr uns damals die Substanz
der eigenen groen Traditionen auf dem einzig mglichen Wege durch die unerbittliche
Kritik an deren Entstellungen gerettet.
Das imperativische Bewusstsein, absolut modern sein zu mssen, verband sich mit
dem erinnernden Blick eines Proust auf die wst nivellierende Fortschrittlichkeit einer
erinnerungslosen Modernisierung. Diese war kaum irgendwo so aufdringlich wie in den
hastig und roh angebrachten Korrekturen am verwundeten Straenbild einer schwer
gezeichneten Stadt wie Frankfurt Berliner Strae! Wer Adorno zuhrte, konnte den
avantgardistischen Geist der Moderne nicht mit dem falschen, sthetisch sich selbst
dementierenden Fortschritt des "Wiederaufbaus" verwechseln. Diesem Voranhasten war
die Einsicht in die zukunftsweisende Dialektik der Unangepasstheit des als "berholt"
Abgeschriebenen verloren gegangen. Fr mich neu und unerhrt: In einem philosophischen
Kontext gewannen sthetische Argumente unmittelbar politische Evidenz.
-
FEUILLETON
4
Wenn ich mich an die Ambivalenz meiner ersten Eindrcke in der neuen Umgebung recht
erinnere, mischte sich in meiner intellektuellen Erregung Befremden mit Bewunderung.
Ich kam mir vor wie in einem Balzacschen Roman der unbeholfen-ungebildete Junge
aus der Provinz, dem die Grostadt die Augen ffnet. Ich wurde mir der Konventionalitt
meines Denkens und Fhlens bewusst. Akademisch war ich in den herrschenden, also
in den durch die Nazizeit ununterbrochen fortgefhrten Traditionen gro geworden und
fand mich jetzt in einem Milieu wieder, in dem alles das lebte, was die Nazis eliminiert
hatten. Es ist leicht, sich an die fremden Inhalte zu erinnern, die es nun zu lernen gab.
Aber schwer zu beschreiben, wie sich ein Universum von Begriffen und eine Mentalitt
dadurch verndern, dass sich eine neue Welt auftut. Das geschah kurz nach meiner Ankunft
whrend des Besuchs jener denkwrdigen Vorlesungsreihe, die von Alexander Mitscherlich
und Horkheimer aus Anlass des 100. Geburtstages von Sigmund Freud veranstaltet
wurde. Die auf mich einstrmenden, vllig neuen Gedanken hatten etwas Augen ffnend
berwltigendes.
Auf Adorno und auf das produktive Zusammenfhren von Philosophie und Soziologie, von
Hegel und Marx war ich immerhin vorbereitet, wenn mir auch der systematische Duktus
ungewohnt war, mit dem ein radikaler gesellschaftstheoretischer Anspruch eingelst zu
werden versprach. Adorno erweckte die systematisch in Gebrauch genommenen und
miteinander fusionierten Begriffe von Marx, Freud und Durkheim zu neuem Leben. Er
streifte allem, was ich aus der Marx-Diskussion der zwanziger Jahre schon kannte, im
Medium eines zeitgenssisch-soziologischen Denkens das blo Historische ab und machte
es ganz gegenwrtig. Erst im Schmelztiegel dieser gesellschaftstheoretisch aufgeklrten
Kulturkritik haben sich die verschwommen kulturkonservativen Begrifflichkeiten
meiner Bonner Studienzeit aufgelst. Aber der Nebel unscharfer, bildungshumanistisch
aufgeladener geisteswissenschaftlicher Kategorien htte sich nicht so schnell gelichtet,
wenn ich mich nicht vom wissenschaftlichen Charakter des neuen Blicks auf die Tatsachen
berzeugt htte.
Die Kraft negierenden Denkens
Dazu verhalfen mir die inzwischen legendren Freud-Vorlesungen. Damals befand sich
die Psychoanalyse in den USA, in England, Holland und der Schweiz auf dem Hhepunkt
ihrer Reputation. Die bahnbrechenden Werke von Erik Erikson, Ren Spitz, Ludwig
Binswanger, Franz Alexander, Michael Balint, Gustav Bally und vielen anderen (zu denen
natrlich auch Anna Freud gehrte) genossen internationale Anerkennung. Kaum mehr
als ein Jahrzehnt nach Kriegsende trat diese Elite von Wissenschaftlern vor ein deutsches
Publikum, um ber die Fortschritte der 1933 schmhlich vertriebenen Disziplin zu
berichten. Ich wei nicht, was mich, dem Freud whrend seines Psychologiestudiums nur
in abschtzigen Zusammenhngen begegnet war, mehr fasziniert hat: die eindrucksvollen
Personen oder die glanzvollen Vortrge. In dieser serisen Umgebung erhielten auch
-
FEUILLETON
5
die beiden Beitrge von Adorno und Marcuse zur Horkheimer-Festschrift ein schrferes
wissenschaftliches Profil.
Damals kannte ich das Forschungsprogramm des alten Instituts noch nicht und konnte
nicht wissen, dass es allein diese beiden Autoren waren, die whrend der fnfziger Jahre
die Tradition, ohne an einen Bruch zu denken, fortfhrten. Leo Lwenthal hatte wie
Horkheimer seine produktivste Zeit hinter sich. Otto Kirchheimer und Franz Neumann
waren immer schon eigene Wege gegangen. Erich Fromm war aus der Sicht des engeren
Institutskreises zum "Revisionisten" geworden. Und Friedrich Pollock bte seit der
Diskussion ber Staatskapitalismus Anfang der vierziger Jahre theoretische Enthaltsamkeit.
Nicht alles war fremd in einem befreienden Sinne. Jemandem, der ein konventionelles
Philosophiestudium abgeschlossen hatte, fielen im Frankfurter Kanon befremdliche Lcken
auf. Was fr mich die philosophischen "Zeitgenossen" waren, also die groen Autoren der
zwanziger und dreiiger Jahre wie Scheler, Heidegger, Jaspers, Gehlen, aber auch Cassirer,
selbst Plessner, ganz zu schweigen von Carnap und Reichenbach sie kamen in Seminar
und Vorlesung nicht vor. Wenn sie berhaupt erwhnt wurden, dann in einem Aperu wie
dem von Horkheimer: "wenn schon Jaspers, dann lieber Heidegger". Die hermeneutische
Tradition von Humboldt bis Dilthey war als idealistisch abgestempelt. Nicht viel besser
stand es mit der phnomenologischen Schule; Husserls Entwicklung schien vor dessen
transzendentaler Wende abzubrechen. Von den Neukantianern wurden nur Cohen und
Cornelius, der Lehrer von Horkheimer, mit einem gewissen Respekt erwhnt.
Die relevante Geschichte der Philosophie schien mit Bergson, Georg Simmel und dem
Gttinger Husserl, also vor dem Ersten Weltkrieg aufzuhren. Erst beim Lesen der posthum
verffentlichten Antrittsvorlesung ber Die Aktualitt der Philosophie habe ich mit einem
gewissen Erstaunen festgestellt, dass Adorno sich als Privatdozent mit Heideggers Sein
und Zeit intensiv auseinander gesetzt haben muss; der bald darauf erschienene Jargon der
Eigentlichkeit hatte mich davon nicht berzeugen knnen. Allerdings muss ich hinzufgen,
dass jene erste Adorno-Vorlesung die einzige blieb, die ich ber ein ganzes Semester hin
besucht habe. fter nahm ich an den Hegelseminaren teil. Das Fehlen der Philosophie der
zwanziger Jahre verlieh dem Frankfurter Diskurs etwas gewissermaen Altmodisches.
Umso strker war der Kontrast zum Geist der sthetischen und der freudianischen
Avantgarde, den Adorno auf radikale Weise, bis in die Fingerspitzen hinein ausdrckte.
Wenn ich den Bewusstseinswandel beschreiben soll, den die mentalittsprgende Kraft
des tglichen Umgangs mit Adorno bei mir herbeigefhrt hat, so ist es die Distanzierung
von dem vertrauten Vokabular und der Weltsicht der sehr deutschen, in Herders Romantik
wurzelnden historischen Geisteswissenschaften. Der ernchternde soziologische
Blick auf die unbegriffene Komplexitt des verknoteten Ganzen eines verstmmelten
Lebenszusammenhangs verband sich mit dem Vertrauen in die analytische Kraft eines
negierenden Denkens, das diesen Knoten lsen wrde wenn sich die denkenden Subjekte
nur nicht einschchtern lieen.
-
FEUILLETON
6
Jrgen Habermas war von 1956 bis 1959 Forschungsassistent am Institut fr
Sozialforschung in Frankfurt am Main. 1964 folgte er Max Horkheimer auf den Lehrstuhl
fr Philosophie an der Universitt Frankfurt
COPYRIGHT: (c) DIE ZEIT 04.09.2003 Nr.37
ADRESSE: http://www.zeit.de/2003/37/Habermas_2fAdorno
-
!"#!"#$ %&'()'*+,-(-..-./+0123(423.-)+5+066"23
777")88"2391:.;-5#"$ @ABC #9!
! "+D-E.-FG-(+! $
!"#$"%&'(#())()
!"#$%&'$()*$+)',')$-.'$()&$/0*$)%/12+$3*!$42#*#0/()*'$,0*$-0556#*0/7$7)+2/7)/()/$86#/)/9)%#5)&'&3%)+&$1%'$()1$*:'&)+#25'
&"#10".)/$ 21)/$;-(!*/!J+()/=0*7F$&!9%)$1%'$.0+'0*%/(0&'*%)++)*$T/')*&'6',0/7$(0*"#$)%/)$7*!&&)$R"#9)%,)*$82/.$6=)*$(%)$86#/)$()*
T/%?)*&%':'$7%/7G$=).+27')$U#*%&'%/)$V%"#)+$(2&$P)#+)/$)%/)*$;6=)*7*)%5)/()/$H)=2'')2/()*)F$H)=2'')$6=)*#203'$)*&'$%/$L2/7$.!11)/$!()*$9)/%7&')/&
Q+27)$7)56#*'$9)*()/$.2//$6=)*$()*)/$-0&=+)%=)/@$V%/)$Q+27)G$(%)$(2//$?%)++)%"#'G$0/($(%)$R3#:*)/$;6=)*7*)%5)/(L%)&&)/F$()/$3!&'0'!3%&"#)/$?!*$()1$0'!3%&"#)/$-(!*/!\$I2/&O
T+*%"#$L01=*)"#'$>R'2/5!*(F$()/$-1)*%.2$(!"#$)'92&$L0')&$,0'*20)/()/$?!*$()1$-/'%21)*%.2/)*$-(!*/!\$V1%+$-/7)#*/
>82&)+F$*)'')')$()/$;72/,)/A6*%"#F$=)*)%'&$(%)$T/=*20"#=2*.)%'$?!/$-(!*/!&
L)&"#%"#'&20552&&0/7$.!/&'2'%)*'$0/($()*)/$;-++6*)$()&$+)',')/$L)*%"#'&