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„Neuere Finanzierungsformen als Alternative zum
Bankkredit“
Schriftliche Hausarbeit zum Leistungsnachweis
für den Schwerpunkt Finanzwirtschaft
Vorgelegt von Rolf Rickes
Matrikelnummer: 11028814
Fachhochschule Köln
Fachbereich Wirtschaft
WS 2003/ 2004
Betreuung: Prof. Dr. Sartor
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Finanzierungssituation in Deutschland
3 Außenfinanzierung
3.1 Beteiligungsfinanzierung
3.1.1 Venture Capital
3.1.2. Öffentliche Beteiligungsgesellschaften
3.2 Mezzaninefinanzierung
3.2.1 Nachrangdarlehen
3.2.2 Stille Beteiligung
3.2.3 Genussscheine
3.3 Fremdfinanzierung
3.3.1 Leasing
3.3.2 Corporate Bonds
3.3.3 Schuldscheindarlehen
4 Innenfinanzierung
4.1 Factoring
4.2 Forfaitierung
4.3 Asset Backed Securities (ABS)
5 Schlussfolgerungen
6 Literaturverzeichnis
7 Abbildungsverzeichnis
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1 Einleitung
Für kleinere und mittelständige Unternehmen, die keinen Zugang zum Kapitalmarkt
haben, stellen langfristige Bankkredite (Zinsdarlehen, Abzahlungsdarlehen,
Annuitätendarlehen) die wichtigste Kapitalbeschaffungsquelle dar.
Basel II ist Anlass für ein verstärktes Umdenken für die Unternehmensfinanzierung. Die
Bonität der Kreditnehmer wird in Zukunft verstärkt die Kreditkonditionen bestimmen,
so dass alternative Finanzierungsformen zum Bankkredit immer mehr in den
Vordergrund rücken. Bereits jetzt ist zu erkennen, dass Unternehmen mit schlechter
Bonität und insbesondere kleine und mittelständige Unternehmen der Zugang zu
Bankkrediten erschwert wird.
Die folgenden Kapitel geben einen Überblick über Finanzierungsformen, die eine
Alternative zum Bankkredit darstellen. Es werden sowohl bereits bekannte
Finanzierungsalternativen vorgestellt als auch neuere Möglichkeiten der Finanzierung
erläutert. Kaptitel 2 beschreibt kurz die Finanzsituation in Deutschland, welche
ausschlaggebend dafür ist, dass alternative Finanzierungsformen an Bedeutung
gewinnen. Im Kapitel 3 werden unterschiedliche Formen der Außenfinanzierung
vorgestellt. Hierunter fallen Beteiligungsfinanzierung, Mezzaninefinanzierung und
Fremdfinanzierung. Das 4. Kapitel befasst sich mit Finanzierungsformen Factoring und
Forfaitierung, die dem Bereich der Innenfinanzierung zugeordnet werden. Abschließend
werden zusammenfassend Schlussfolgerungen gezogen.
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2 Die Finanzierungssituation in Deutschland
Seit den sechziger Jahren verschlechtert sich die Versorgung der deutschen Wirtschaft
mit Eigenkapital zunehmend. Die Eigenkapitalquote liegt in Deutschland im
Durchschnitt bei 18 Prozent, was deutlich unter dem Durchschnitt anderer
Industriestaaten wie Schweden, Frankreich und den Niederlanden liegt, bei denen die
Werte bei 30 Prozent liegen. In Spanien und den USA ist eine durchschnittliche
Eigenkapitalquote von über 40 Prozent zu verzeichnen. Diese geringe
Eigenkapitalausstattung weist auf eine hohe Kreditlastigkeit des deutschen
Mittelstandes hin, denn langfristig werden Bankkredite zum Eigenkapitalersatz für viele
Unternehmen. Der Grund für die Ablehnung eines Kredits ist bei fast 50 Prozent der
Kreditanträge der kleinen und mittelständigen Unternehmen auf die zu geringe
Eigenkapitalquote zurückzuführen.
Die Zahl der Selbständigen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Vor 50
Jahren waren 17 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland selbständig. Heute sind es
nur 10 Prozent. Der Weg in die Selbständigkeit muss in Deutschland attraktiver
gestaltet werden um die Gründungsquote zu erhöhen. Dazu kann Beteiligungs-,
Gründungs- und Chancenkapital einen Beitrag leisten.
Um Unternehmensgründungen in Zukunft attraktiver zu machen, sowie kleinen und
mittelständigen Unternehmen Kapital zur Finanzierung von Investitionstätigkeiten zur
Verfügung zu stellen, sind alternative Finanzierungsinstrumente von großer
Bedeutung.1
1 Vgl. Stemmer, Die Neue Basler Eigenkapitalvereinbarung, S.5
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5
3 Außenfinanzierung Außenfinanzierung liegt vor, wenn einem Unternehmen zusätzliche Geldmittel von
außen zugeführt werden. Man spricht auch von einer externen Finanzierung. Dabei ist
es gleichgültig, ob diese Mittel von bisherigen Gesellschaftern, neuen Anteilseignern (=
Beteiligungsfinanzierung) oder von Fremdkapitalgebern stammen.2
3.1 Beteiligungsfinanzierung
Außenfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung
• Ausgabe von Aktien
• Aufnahme neuer Anteilseigner
• Erhöhung der Kapitaleinlagen
vorhandener Anteilseigner
Mezzaninefinanzierung
Fremdfinanzierung
Abb. 1: Beteiligungsfinanzierung als Teil der Außenfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung (Einlagenfinanzierung) ist die Zuführung von Eigenkapital
durch den oder die Eigentümer. Eigenkapital kann bereitgestellt werden, indem bereits
vorhandene Anteilseigner ihre Kapitaleinlagen erhöhen und/ oder neue Anteilseigner
aufgenommen werden. Eigenkapital stellt haftendes Kapital dar. Es wird variabel und
erfolgsabhängig verzinst, steht dem Unternehmen unbefristet zur Verfügung und ist mit
Mitsprache- und Mitwirkungsrechten verbunden.3 Beteiligungsfinanzierung ist Eigen-
und Außenfinanzierung zugleich. Sie findet sowohl bei Gründung einer Unternehmung
statt als auch später im Rahmen von Kapitalerhöhungen.4 Es kann in Geldeinlagen,
Sacheinlagen und Rechte unterschieden werden. Bei Sacheinlagen und Rechten besteht
jedoch das Problem der Bewertung. Die Rechtsform der Unternehmung hat großen
Einfluss auf Art und Methoden der Eigenkapitalbeschaffung.
2 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 27/28 3 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 26 4 Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 335
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Abbildung 2 zeigt, dass die Beteiligungsfinanzierung unter Berücksichtigung
verschiedener Rechtsformen dargestellt werden kann.
Beteiligungsfinanzierung
Bei emissionsfähigen Unternehmen Bei nicht-emissionsfähigen Unternehmen • AG
• KGaA
• Einzelunternehmung
• OHG
• Stille Gesellschaft
• GbR
• GmbH
• GmbH & Co KG
• Genossenschaft
Abb. 2: Beteiligungsfinanzierung5
Eine angemessene Ausstattung mit Eigenkapital schafft Vertrauen bei den
Marktpartnern und sichert die Existenz und Selbständigkeit. Eigenkapital stellt ein
Polster für Krisenzeiten dar und sichert ein kontinuierliches Wachstum. Es kann somit
als Chancenkapital zur Ausweitung unternehmersicher Tätigkeiten gesehen werden. Es
ist die Voraussetzung für den Unternehmenserfolg und durch Fremdkapital nicht zu
ersetzen.
Nicht-emissionsfähige Unternehmen stoßen bei der Beschaffung von Eigenkapital oft
auf vielfältige Probleme. Sie sind auf den nicht organisierten Kapitalmarkt angewiesen,
welcher durch mangelnde Markttransparenz und mangelnde Fungibilität der Anteile
gekennzeichnet ist. Sie unterliegen nicht der Publizitätspflicht, was dazu führt, dass ein
potentieller Anleger keine Informationen über diese Unternehmen erhält und somit das
Anlagerisiko nur schwer einschätzen kann. Auch Mitspracherechte der Kapitalgeber
können sich negativ auf Unternehmen auswirken.
5 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 336
7
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Nicht-emissionsfähige Unternehmen sowie kleinere Aktiengesellschaften haben keinen
Zugang zur Böse. Auch traditionelle Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten, wie in
Abbildung 2 dargestellt, sind aufgrund fehlender Sicherheiten schwer umzusetzen.
OHG • Kapitaleinlage bisheriger Gesellschafter
• Aufnahme neuer Gesellschafter
KG • Aufnahme von Kommanditisten
(Teilhafter)
• Aufnahme von Komplementären (Anzahl
beschränkt)
GmbH • Ausgaben von Anteilen an Gesellschafter
Abb. 3: Traditionelle Formen der Eigenkapitalbeschaffung6
Der Begriff „Private Equity“ umschreibt Eigenkapital- und eigenkapitalähnliche
Beteiligungen an Unternehmen, die noch an keiner Wertpapierbörse notiert sind
("Beteiligungsunternehmen"). In Private Equity-Pools, die von Private Equity-
Gesellschaften gegründet werden, schließen sich Kapitalanleger zusammen. Diese
beteiligen sich zeitlich begrenzt an Unternehmen und stellen ihnen dadurch
Eigenkapital zur Verfügung. Private Equity-Gesellschaften dienen dabei als Mittler
zwischen Kapitalanlegern und finanzierten Unternehmen. Allein wäre es für Investoren
und auf Kapitalzufluss angewiesene oft junge Gesellschaften schwierig, die jeweils
andere Seite als Partner zu finden, da beiden Seiten die Börse als Medium fehlt. Private
Equity dient der Unternehmensfinanzierung und wird Unternehmen direkt zur
Verfügung gestellt. Zu dieser Kategorie zählt auch Venture Capital. Venture Capital
stellt neben Corporate Finance (Beschaffung und Beratung finanzieller Mittel für große
Unternehmen ohne Managementunterstützung) einen Teil des Private Equity-Marktes
dar.
3.1.1 Venture Capital
Der Begriff Venture Capital (VC) stammt aus den USA. Im deutschsprachigen Raum ist
VC als Beteiligungskapital, Risikokapital oder Wagniskapital bekannt. Ziel ist es, die
Eigenkapitalbasis des Unternehmens durch externe Kapitalgeber zu stärken.
6 Vgl. Perridon/ Steiner, Finanzwirtschaft der Unternehmung, S. 350
8
8
Die Finanzierung durch VC unterscheidet sich von der üblichen Bankenfinanzierung
dadurch, dass der Investor langfristig ohne Stellung von Sicherheiten und unabhängig
von der Phase der Unternehmensentwicklung und Unternehmensgröße haftendes
Eigenkapital zur Finanzierung bereitstellt. Venture Capital Gesellschaften unterstützen
das kapitalaufnehmende Unternehmen auch in generellen Fragen der
Unternehmensführung wie zum Beispiel Planung, Vertrieb, Personal, Organisation.7
Die Funktionsweise einer Venture-Capital-Finanzierung wird in der folgenden
Abbildung aufgezeigt. Venture-Vapital-Gesellschaften refinanzieren ihre
Kapitalgewährung bei Industrieunternehmen, Kreditinstituten oder dem Staat.
Kapitalanbieter Kapitalvermittler Kapitalnachfrager
Venture-Capital-
Finanzier (Staat, Industrie-
unternehmen, Kreditinstitute)
Refinanzierungs-kapital
Kapitalrückzahlung
Venture-Capital-
Gesellschaft (Finanz-
intermediär)
Venture-Capital-Gewährung
Anteilsgewährung
Venture-Capital-
Nehmer
(Existenzgründer, Unternehmen)
Refinanzierungsgeschäft Finanzierungsgeschäft
Abb. 4: Funktionsweise einer Venture-Capital-Finanzierung8
Venture Capital erhalten vor allem finanzschwache junge, kleine und mittlere
Unternehmen mit innovativen Produkten und Produktideen, bei denen mit einer zügigen
Expansion gerechnet wird. Diese Unternehmen haben Probleme, über die
herkömmlichen traditionellen Wege Kapital zu erlangen, da den hohen Ertragschancen
oft ein hohes Verlustrisiko gegenübersteht. Die Förderung von Jungunternehmen ist von
wesentlicher Bedeutung, wenn man bedenkt, dass dadurch der momentanen
wirtschaftlichen Situation wieder zum Aufschwung verholfen werden kann.
Das Venture-Capital-Geschäft unterscheidet zwischen der Finanzierung von jungen
oder sich in der Gründung befindlichen Unternehmen sowie bereits etablierten
Unternehmen. Der Bereich, welcher sich mit der Finanzierung von jungen Unternehmen
oder Unternehmensgründungen befasst, wird Early-Stage-Finanzierung genannt. Hier
unterscheidet man drei unterschiedliche Finanzierungsanlässe. Bei der Seed-
7 Vgl. Fanselow, Venture Capital Finanzierung 8 o.V., Funktionsweise einer Venture-Capital-Finanzierung
9
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Finanzierung handelt es sich um Beteiligungskapital für anfallende Forschungs- und
Entwicklungskosten einer Innovation (Produkt, Dienstleistung, Produktionsverfahren,
etc.). Der Unternehmer entwickelt erste Konzeptionen für eine spätere
Markteinführung. Diese Phase wird überwiegend durch Finanzmittel des Unternehmers
und öffentliche Fördermittel finanziert. Bei der Start-Up-Finanzierung wird
Beteiligungskapital für die Gründungsphase des Unternehmens zur Verfügung gestellt.
Das Kapital finanziert die Entwicklung der Innovation bis zur Produktionsreife und
daneben die Produktionsvorbereitung. Bei der First-Stage-Finanzierung wird
Beteiligungskapital für die Produktionsaufnahme und die Markteinführung der
Innovation zur Verfügung gestellt.9 Der zweite Bereich des Beteiligungsgeschäftes, bei
dem das Beteiligungskapital in schon etablierte Unternehmen fließt, wird Later-Stage
genannt. Diesen Unternehmen wird z.B. für Expansionsfinanzierung, Kapitalbeteiligung
in der Vorstufe zum Börsengang, Finanzierung von Unternehmensübernahmen oder
Finanzierung von Unternehmensumstrukturierungen zur Verfügung gestellt.10
Ein Beispiel für eine Venture-Capital-Gesellschaft sind die Business Angels. Hierbei
handelt es sich um vermögende Privatpersonen, die junge Unternehmen bei ihren ersten
Schritten in die Selbstständigkeit begleiten. Business Angels sind Menschen mit der
Bereitschaft, ihre Erfahrungen und ihr eigenes Kapital in Unternehmensgründungen
einzubringen. Für junge Unternehmen mit Wachstumspotential können Business Angels
in vielen Fällen der richtige Kapitalgeber sein. Ist für Banken das Risiko zu groß und
für Beteiligungsgesellschaften der Kapitalbedarf zu gering, können Business Angels
diese Lücke schließen. 11
3.1.2 Öffentliche Beteiligungsgesellschaften
Im Rahmen der generellen Wirtschaftsförderung kümmern sich sowohl Länder als auch
der Bund und die EU um die Förderung von Existenzgründung. Hierzu wurden von
diesen spezielle Beteiligungsfonds aufgesetzt. Auf Bundesebene werden diese verwaltet
von der Deutschen Ausgleichsbank (DtA), der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
bzw. der neu gegründeten Mittelstandsbank.12
9 Vgl. Fanselow, Venture Capital Finanzierung 10 Vgl. Fanselow, Venture Capital Finanzierung 11 Vgl. o.V., o. Datum. „Die Ziele von BAND“ <http://www.business-angels.de/ziele.htm> (21.10.2003) 12 Vgl. o.V., Beteiligungsfinanzierung
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3.2 Mezzaninefinanzierung
Außenfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung
Mezzaninefinanzierung
• Gewinnobligationen
• Wandelschuldverschreibungen
• Nachrangdarlehen
• Stille Beteiligung
• Genussscheine
Fremdfinanzierung
Abb. 5: Mezzaninefinanzierung als Teil der Außenfinanzierung
Bei der Mezzaninefinanzierung handelt es sich um eine Mischform zwischen
Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierungen. Der Begriff „Mezzanine“ stammt aus
der Architektur und bezeichnet ein Zwischengeschoss zwischen zwei Hauptetagen
(„Mezzanino“).13
Ob diese Finanzierungsform eher dem Eigen- oder Fremdkapital zugeordnet wird, hängt
von der vertraglichen Ausgestaltung ab. Je ähnlicher die Mittel dem echten Eigenkapital
sind, desto mehr Mitspracherechte wird der Investor verlangen und desto höher wird die
Renditeerwartung sein. Die Ausstattung eines Unternehmens mit haftendem
Eigenkapital verbessert sich, ohne dass dem Gläubiger weiträumige Mitspracherechte
oder Stimmrechte eingeräumt werden.
Mezzanine-Finanzierungen kommen dann zum Einsatz, wenn ein Unternehmen zwar
einen ausreichenden Cash-Flow erzeugt, um die Forderung der Kapitalgeber zu
bedienen, aber sämtliche Kreditlinien ausgeschöpft sind bzw. aufgrund schlechter
Bonität kein Fremdkapital mehr aufgenommen werden kann. Sie setzen auf den
künftigen Unternehmenserfolg und weniger auf Sicherheiten und Bürgschaften. Somit
schließen Mezzanine-Finanzierungen die Lücke zwischen dem maximal verfügbaren
Fremdkapital und dem Finanzierungsbedarf der Unternehmung.14
13 Broda, Finanzierungsalternativen für KMU zum Bankkredit, S. 6 14 Broda, Finanzierungsalternativen für KMU zum Bankkredit, S. 8
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Mezzaninefinanzierungen führen zu einem kurzfristigen Liquiditätszufluss und
verbessern mittel- bis langfristig die Bonität des Unternehmens, wenn das zusätzliche
Mezzaninekapital im Rating-Prozess als wirtschaftliches Eigenkapital gewertet wird.
Durch die Rangrücktrittserklärung wird der Gläubiger im Falle von Konkurs oder
Liquidation nachrangig gegenüber sonstigen Fremdkapitalgebern behandelt, im Bezug
auf die Eigenkapitalgeber jedoch vorrangig eingestuft. Aufgrund dieser Risikosituation
liegt die Renditeerwartung zwischen derjenigen von Eigen- und Fremdkapitalgebern.
Die Laufzeit von Mezzanine-Finanzierungen liegt zwischen 5 und 10 Jahren. Zu
Mezzanine-Kapital gehören beispielsweise Nachrangdarlehen, Wandelanleihen,
Gesellschafterdarlehen, Vorzugsaktien, Genussscheine, sowie stille Beteiligungen.
Aufgrund der vielseitigen Gestaltungsmöglichkeiten lässt sich Mezzanine-Capital als
besonders flexibles Finanzierungsinstrument, insbesondere für
Wachstumsfinanzierungen, verwenden.15
3.2.1 Nachrangdarlehen
Das nachrangige Darlehen kommt der klassischen Fremdfinanzierung sehr nahe. Es
stellt daher die schwächste Form der mezzaninen Finanzierung dar. Der Unterschied zur
Fremdfinanzierung besteht darin, das Nachrangdarlehen nicht besichert sind. Bei einer
Insolvenz werden die ordentlichen Kreditgeber bei der Befriedigung ihrer Forderungen
bevorzugt behandelt werden. Dies führt zu einem höheren Risiko für einen Gläubiger,
der einem Unternehmen ein nachrangiges Darlehen gewährt. Das erhöhte Risiko
spiegelt sich in einem höheren Darlehenszinssatz wieder, welcher über dem Zinssatz für
einen Bankkredit liegt. Bei einem nachrangigen Darlehen ist eine Verlustbeteiligung
ausgeschlossen. Die Haftung beschränkt sich maximal auf den zu Verfügung gestellten
Darlehensbetrag. Die Frage des bilanziellen Ausweises ist umstritten. Der Ausweis des
Darlehens erfolgt bilanziell als Fremdkapital. Dies führt zu einem Sinken der
Eigenkapitalquote. Bilanzanalytisch wird das Nachrangdarlehen wegen der
Nachrangigkeit als wirtschaftliches Eigenkapital betrachtet. Beim Rating führt dies zu
einer Quotenverbesserung.16
15 Vgl. o.V., Mezzanine-Capital 16 Vgl.o.V., Mezzanine-Finanzierung
12
12
3.2.2 Stille Beteiligung
Die Stille Gesellschaft ist in den §§ 230 – 236 HGB kodifiziert. Stille Gesellschaften,
bei denen es sich um Personengesellschaften handelt, werden nicht in das
Handelsregister eingetragen. Die stille Beteiligung gibt es in der Form der typisch und
der atypisch stillen Beteiligung. Der wesentliche Unterschied liegt in der steuerlichen
Einordnung der Einkünfte aus der stillen Beteiligung. Bei der stillen Beteiligung wird
dem Unternehmen Eigenkapital bereitgestellt, ohne dass der Kapitalgeber Anteile des
Unternehmens erwirbt. Dafür beschränkt er seine Haftung auf die Höhe seiner Einlage.
Die Beteiligungsgesellschaft ist verpflichtet, ihre Einlage zu leisten und bei Beendigung
des Gesellschaftsverhältnisses hat sie einen Anspruch auf Rückzahlung. Die stille
Beteiligung wird für eine befristete Laufzeit vereinbart. Aufgrund der
Haftungsbeschränkung erhält die Beteiligungsgesellschaft bei der typisch stillen
Beteiligung nur eine feste Verzinsung, die wegen fehlender Sicherheiten über dem
Kapitalmarktniveau liegt.
Bei der atypisch stillen Beteiligung wird der stille Gesellschafter zusätzlich zu einem
fest vereinbarten Entgelt sowohl am Gewinn und in der Regel auch am Verlust des
Unternehmens als auch an den Vermögenswerten (stille Rücklagen, Firmenwert)
beteiligt. Die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters führt zur Bildung von
bilanziellem Eigenkapital. Als wesentliche Kriterien einer atypisch stillen Beteiligung
sind Informations- und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters.
Ein Mitunternehmerrisiko liegt jedoch vor, wenn ein stiller Gesellschafter nicht nur am
laufenden Gewinn und Verlust des Unternehmens, sondern auch schuldrechtlich an den
stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt ist. Durch die stille Beteiligung lässt
sich die Abhängigkeit von Bankkrediten verringern. Weisen die Vertragsbedingungen
eine Laufzeit von mehreren Jahren, sowie eine Rangrücktritt im Falle einer Insolvenz
auf, so wirkt sich eine stille Beteiligung positiv auf die eigene Vermögens- und
Finanzlage und damit auf die Bonität aus.
13
13
3.2.3 Genussscheine
Unter Genussscheinen versteht man Wertpapiere, welche Genussrechte verbriefen, wie
z.B. Rechte am Gewinn und am Liquidationserlös.17 Sie verbriefen bestimmte
Vermögensrechte, jedoch keine darüber hinausgehenden Mitgliedschaftsrechte. Sie sind
somit ohne Stimmrecht und können als Kapitalform weder dem Fremdkapital noch dem
Eigenkapital eindeutig zugeordnet werden. Der Erwerber eines Genussscheines ist
rechtlich gesehen Gläubiger der Gesellschaft. Das dem Unternehmen zur Verfügung
gestellte Kapital ist Fremdkapital. Jedoch sind die eingezahlten Beträge wirtschaftlich
und bilanziell gesehen Eigenkapital, da der Erwerber des Genussscheines auch für die
Verluste der Gesellschaft einstehen muss.18
Eigenkapitalcharakter ist dann gegeben, wenn die Laufzeit der Genussscheine
unbegrenzt ist und der Genussscheininhaber auch am Gewinn und Verlust und an den
stillen Rücklagen des Betriebs beteiligt ist. Fremdkapitalcharakter hat der Genusschein,
wenn dieser nach einer bestimmten Laufzeit wieder zurückgezahlt wird. Das Merkmal
der dauerhaften Kapitalüberlassung ist in diesem Fall nicht gegeben.19 Da
Genussscheine gesetzlich nicht geregelt sind, hat der Emittent bei der Ausgestaltung
große Freiheiten.
Genussscheine sind an keine Rechtsform gebunden, jedoch bedarf die Emission von
Genussscheinen bei einer Aktiengesellschaften gemäß § 221 (3) AktG einer
Dreiviertelmehrheit der Hauptversammlung.20 Genussscheine verbriefen in der Regel
folgende Rechte: Anteil am Gewinn, Rückzahlung, Anteil am Liquidationserlös,
Einräumung von Bezugsrechten (Optionsgenussscheine), Einräumung von
Umtauschrechten (Wandelgenussscheine), Beteiligung an Nutzungsrechten, z.B.
Lizenzgebühren.21 Der Genussscheininhaber erhält eine feste Verzinsung mittels einer
Mindestdividende, sowie eine mögliche variable Verzinsung als Anteil am
auszuschüttenden Gewinn. Die Verzinsung ist für das Unternehmen aufgrund des
Mischformcharakters von Genussscheinen als Betriebsausgabe zu verbuchen.22
17 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 134 18 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 42 19 Vgl. Wöhe/ Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 212 20 Vgl. Wöhe/ Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 213 21 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 136 22 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 43
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3.3 Fremdfinanzierung
Außenfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung
Mezzaninefinanzierung
Fremdfinanzierung
• Darlehen
• Corporate Bonds
• Schuldscheindarlehen
• Leasing
• Lieferantenkredite
Abb. 6: Fremdfinanzierung als Teil der Außenfinanzierung
Fremdkapitalgeber nehmen die Stellung von Gläubigern ein. Sie haben somit Anspruch
auf Rückzahlung und Verzinsung des überlassenen Kapitals in vereinbarter Höhe und
zu vereinbartem Zeitpunkt. In diesem Kapitel sollen die Finanzierungsinstrumente
Leasing, Corporate Bond (Unternehmensanleihe) und Schuldscheindarlehen näher
betrachtet werden. Diese Finanzierungsformen, als Elemente der Außenfinanzierung,
stellen für Unternehmen interessante Finanzierungsalternativen zum Bankkredit dar.
3.3.1 Leasing
Unter Leasing (to lease = mieten, vermieten) versteht man die zeitlich befristete,
entgeltliche Gebrauchsüberlassung von beweglichen und unbeweglichen
Wirtschaftsgütern durch die Produzenten dieser Güter oder durch Leasing-
Gesellschaften, welche selbständig nutzbar und verwertbar sind. Da beim Leasing der
Kapitalbedarf in der Regel durch die Zurverfügungstellung von Sachmitteln und in
Form einer zeitlich begrenzten Nutzungsüberlassung gedeckt wird, wird Leasing als
eine Sonderform der Finanzierung betrachtet.23
Handelt es sich beim Leasinggeber gleichzeitig um den Hersteller des Wirtschaftgutes,
spricht man von direktem Leasing. Hier sind als Vorteile die Einbeziehung von
Dienstleistungen (z.B.Wartung) und der enge Kontakt zu Lieferanten zu nennen.
23 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 48
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Indirektes Leasing liegt vor, wenn die Vermietung des Leasing-Objektes durch Dritte
(Leasing-Gesellschaften) erfolgt.24 Leasing ermöglicht dem Leasingnehmer die kurz-,
mittel- oder langfristige Eingliederung eines Wirtschaftguts in den Produktionsprozess,
ohne dass hierfür Anschaffungskosten aus eigenen Mitteln anfallen. Beim Cross-border-
Leasing befinden sich Leasingnehmer und Leasinggeber in unterschiedlichen Ländern.
Nachfolgende Abbildung beschreibt den Ablauf des Leasings und gibt Auskunft über
die Partner. Es handelt sich hierbei um die Darstellung des indirekten Leasing, da eine
Leasinggesellschaft zwischengeschaltet ist.
Lieferung des Objektes
Hersteller = Verkäufer
Kaufpreis Kaufvertrag
Leasingnehmer
Leasingraten
Leasingvertrag
Leasing-
gesellschaft
Refinanzierung
Sicherheiten
Kreditbank
Abb. 7: Beim indirekten Leasing gibt es vier Partner25
Ein Sonderfall des indirekten Leasing stellt das Sale-and-lease-back-Verfahren dar. Bei
diesem Verfahren verkauft ein Unternehmen ein Investitionsgut an eine
Leasinggesellschaft, um es dann wieder von dieser Gesellschaft zu leasen.
Man unterscheidet zwei Grundformen des Leasing. Unter Operating-Leasing (auch
unechtes Leasing genannt) versteht man die kurzfristige Nutzungsüberlassung eines
Wirtschaftsgutes, die in der Regel jederzeit kündbar ist. Diese hat
Mietvertragscharakter. Dabei trägt der Leasinggeber das Investitionsrisiko. Beim
Financial-Leasing (echtes Leasing) handelt es sich um einen langfristigen, während der
Grundmietzeit unkündbaren Vertrag.26 Hier steht die Finanzierungsfunktion im
Vordergrund. Während dieser Zeit steht das Investitionsobjekt dem Leasingnehmer
unbeschränkt zu Verfügung. Die Leasingraten, die der Leasingnehmer an den
24 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 274 25 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 276 26 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 48
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Leasinggeber zu leisten hat, enthalten neben den gesamten Anschaffungskosten des
Leasingobjektes auch die Vertriebs- und Verwaltungskosten, Finanzierungskosten des
Leasinggebers sowie Steuern und einen kalkulatorischen Gewinn des Leasinggebers.
Anders als beim gewöhnlichen Mietvertrag liegt das Investitionsrisiko beim
Leasingnehmer. Der Leasinggeber übernimmt die Vorfinanzierung des Kaufpreises. Er
ist am Eigentum des Investitionsgutes nicht interessiert. Der Leasingnehmer muss,
unabhängig vom weiteren Schicksal des Investitionsgutes, für eine vollständige
Amortisation der Anschaffungs- und Finanzierungskosten, sowie für eine
Gewinnspanne einstehen, obwohl er lediglich die Rechte eines Mieters hat.
Werden die Leasing-Verträge steuerlich als Miet- oder Pachtverträge behandelt, so
bilanziert der Leasinggeber das Investitionsgut (z.B. beim Operating-Leasing), während
der Leasingnehmer die Leasingraten als Betriebsausgabe in der Gewinn- und
Verlustrechnung verbucht27. Somit kann der Gewinn reduziert werden, was zu
niedrigeren Steuerzahlungen führt. Liegt die unkündbare Grundmietzeit zwischen 40%
und 90% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, so hat der Leasinggeber das
Investitionsobjekt zu bilanzieren, da davon auszugehen ist, dass der Leasingnehmer
nach dieser Zeit keinen Gebrauch mehr von der Verlängerung der Mietzeit macht.
Beträgt die unkündbare Grundmietzeit des Leasingvertrages mehr als 90%, so ist
aufgrund der langen Mietdauer der Leasingnehmer als wirtschaftlicher Eigentümer
anzusehen.28 Wirtschaftlicher Eigentümer gemäß § 39 AO ist derjenige, der über den
Zeitraum der gewöhnlichen Nutzungsdauer die vollständige Sachherrschaft ausübt.
Als Vorteile des Leasing können die verringerte Bankenabhängigkeit, die Unberührtheit
der Bilanzstrukturen, die feste Kalkulation der Leasingraten und die Verbesserung der
EK-Quote aufgeführt werden. Es handelt sich um eine sogenannte Off-balance-
Finanzierung. Jedoch ist zu beachten, dass Banken die Leasingverpflichtungen bei der
Bonitätsprüfung berücksichtigen, was sich negativ auf die Vergabe von Krediten
auswirken kann. Leasingkosten sind relativ hoch, im allgemeinen sind sie höher als bei
einer Eigenkapitalfinanzierung und können je nach Leasingvertrag auch die Kosten für
eine Fremdfinanzierung übersteigen.29
27 Vgl. Wöhe/ Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 221 28 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 48 29 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 49
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3.3.2 Corporate Bonds
Corporate Bons (Unternehmensanleihen, Industrieobligationen) sind langfristige, meist
festverzinsliche Darlehen, welche Großunternehmen über einen Markt, z.B. die Börse,
von einer Vielzahl von Darlehensgebern aufnimmt. Dabei wird die Gesamtsumme in
Teilschuldverschreibungen gestückelt.30 Diese Wertpapiere sind relativ leicht über die
Börse zu veräußern und zu erwerben. Der Käufer zahlt dem Emittenten einen
bestimmten Betrag für einen Teil der Anleihe. Der Verkäufer verpflichtet sich dem
Käufer jedes Jahr zu einem bestimmten Termin einen vereinbarten Zins zu zahlen. Am
Ende der Laufzeit erfolgt die Rückzahlung der Anleihe. Die Höhe der Verzinsung
richtet sich nach der Bonität des Emittenten. Bei guter Bonität besteht für den Käufer
ein geringeres Risiko bei der Geldanlage, so dass ein niedrigerer Zins vereinbart wird.
Wird ein Unternehmen schlechter eingestuft, so muss es seinen Anlegern einen deutlich
höheren Zinssatz anbieten. Die Laufzeit von Corporate Bond beträgt in der Regel fünf
bis zehn Jahre. Die Unternehmen können sich so unabhängiger von den großen Banken
machen, indem sie sich ihr Geld mittels Anleihen auf dem Kapitalmarkt selbst
beschaffen, wie dies der Staat mit Staatsanleihen schon seit längerer Zeit macht.
3.3.3 Schuldscheindarlehen
Schuldschein-
darlehensgeber
Direkter Weg Schuldschein-
darlehnsnehmer
• Versicherungen
• Pensionskassen
• Unterstützung-
seinrichtungen
• Banken
• Bausparkassen
• Sozialversicherungen
Vermittler
• Makler
• Bank
• Industrie
• Bund, Länder
• Gemeinden
Abb. 9: Direkte und indirekte Gewährung von Schuldscheindarlehen31
Ein Schuldscheindarlehen ist einen Kredit, der ohne Einschaltung der Börse zwischen
Kapitalgeber und Kapitalnehmer zustande kommt. Es handelt sich um Großkredite, die
vorwiegend bei Nichtbanken-Kapitalsammelstellen aufgenommen werden. Die Laufzeit
30 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 114 31 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 139
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beträgt zwischen 5 und 15 Jahren. Kreditnehmer sind die öffentliche Hand und
Unternehmen erster Bonität, welche die Anforderungen der Kreditgeber erfüllen.
Häufig wird, zwischen Kreditgeber und Schuldner ein Vermittler geschaltet. Die
Verzinsung eines solchen Darlehens liegt im Allgemeinen auf dem gleichen Niveau wie
bei einer Industrieobligation. Die Tilgung erfolgt ratenweise nach einigen tilgungsfreien
Jahren. Die Sicherung von Schuldscheindarlehen erfolgt durch die Stellung von
Grundpfandrechten im 1. Rang.
Ein Schuldscheindarlehen ist für den Kapitalgeber eine gut gesicherte, renditebringende
Geldanlage. Des weiteren entfallen Kursrisiko und laufende Kosten wie z.B.
Kuponeinlöseprovisionen, Kurspflegekosten.32
32 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 39
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4 Innenfinanzierung
Innenfinanzierung liegt vor, wenn Geldmittel intern aufgebracht werden. Dabei ist zu
unterscheiden zwischen der Bildung zusätzlichen Kapitals (=Bilanzverlängerung) und
der Schaffung disponiblen Kapitals mittels Vermögensumschichtung.33 Im Folgenden
werden die Finanzierungsformen Factoring und Forfaitierung und Asset Backed
Securities näher erläutert.
4.1 Factoring
Unter Factoring versteht man den laufenden Verkauf von kurzfristigen Geldforderungen
(mit oder ohne Regreß) aus Warenlieferungen und Dienstleistungen eines Klienten an
einen Factor (meist eine Bank). Es handelt sich dabei nicht nur um den Verkauf von
Einzelforderungen, sondern vielmehr um den Verkauf aller aus dem Verkauf
entstehenden Forderungen durch den Klienten.34 Aus Sicht des Klienten handelt es sich
beim Factoring bilanziell um einen Aktivtausch (Forderungen gegen Kasse bzw. Bank),
wobei der eingehende Betrag aufgrund der Factoringkosten geringer ist als die
abgehende Forderung.35
(3) Bevorschussung der Forderung (1) Factoringvertrag
Factor (= Anbieter des Factoring)
Zahlung der Kaufsumme
Klient = Nachfrager
des Factoring
(2) Kaufvertrag
Und Lieferung auf Ziel
Kunde =
Nachfrager der
Leistungen des
Abb. 10: Beim Factoring gibt es drei Partner36
Factoring kann drei Funktionen erfüllen. Bei der Finanzierungsfunktion bevorschusst
der Factor eine erst später fällige Forderung des Klienten unter Abzug eines
33 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 28 34 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 313 35 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 315 36 Vgl. Däumler, Betriebliche Finanzwirtschaft, S. 315
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Kostenersatzes.37 Übernimmt der Faktor auch die Delkrederefunktion, so bedeutet dies,
dass er die Forderungen regreßlos vom Klienten erwirbt und somit alleine das
Ausfallrisiko der Forderung zu tragen hat.38 Es handelt sich um echtes Factoring, wenn
die Delkrederefunktion von der Factoringgesellschaft ausgeübt wird. Mit Übernahme
der Dienstleistungsfunktion, verpflichtet sich der Factor zur Verwaltung der
Forderungen. Damit Verbunden sind Inkasso/Mahnwesen, Debitorenbuchhaltung, sowie
Fakturierung. Je mehr Funktionen der Factor übernimmt, desto höher sind die Kosten
für den Klienten.39
Als Vorteile des Factoring sind die Verkürzung des Geldbindungsprozesses, eine
Liquiditätsverbesserung durch Forderungsverkauf, die Verbesserung der EK-Quote,
sowie eine bei Übernahme der Delkrederefunktion mögliche Bonitätsverbesserung
aufzuführen.
4.2 Forfaitierung
Bei der Forfaitierung handelt es sich, wie beim Factoring, um den Verkauf von
Forderungen. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass bei der Forfaitierung ein
regressloser Verkauf von Forderungen stattfindet, d.h. eine Bank bzw. ein spezielles
Finanzierungsinstitut (Forfaiteur) kauft von einem Unternehmen (Forfaitist) eine
Forderung an, welche das Delkredererisiko immer beinhaltet.40 Bei der Forfaitierung
werden in der Regel mittel- und langfristige Einzelforderungen verkauft. Bei der
Forfaitierung ist die Bonität des Kunden der zugrundeliegenden Forderung von
ausschlaggebender Bedeutung. Beim Factoring hingegen ist vor allem die Bonität des
Klienten von großer Wichtigkeit.41 Auch bei der Forfaitierung wird wie beim Factoring
eine Liquiditätsverbesserung erreicht. Durch den Verkauf der Forderung erhöht sich die
Eigenkapitalquote. Des weiteren handelt es sich um eine einmalige Abwicklung vor
Forderungsverkauf und damit wird Verwaltungsaufwand während der Laufzeit
vermieden.
37 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 47 38 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 47 39 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 47 40 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 47 41 Vgl. Manz/ Dahmen, Finanzierung, S. 47
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4.3 Asset Backed Securities (ABS)
Vereinfacht gesehen stellen ABS einen Forderungsverkauf dar, so dass ein Vergleich
mit den Finanzierungsalternativen Factoring und Forfaitierung nahe liegt.42 ABS sind
Wertpapiere oder Schuldverschreibungen, die durch einen Bestand unverbriefter
Forderungen gedeckt sind. Der Markt für diese Papiere ist seit der Einführung Mitte der
achtziger Jahre in den Vereinigten Staaten stark gewachsen. Der größte Markt für diese
Wertpapiere ist Amerika mit einem geschätzten kumulierten Volumen im Zeitraum von
1994 bis 1997 von 320 Mrd. US$. Im Vergleich dazu beträgt das Volumen in Europa 36
Mrd. US$. Die meisten Emissionen finden in US$ statt, es werden jedoch verstärkt ABS
in Euro emittiert. Die Emission solcher Papiere befindet sich in Deutschland noch in
den Anfängen. 43
Der Verkäufer der Forderungen veräußert eine Vielzahl gleichartiger Forderungen zum
Zweck der Liquiditätsbeschaffung regreßlos an eine für ABS gesondert zu gründende
Zweckgesellschaft.44 Das Kreditrisiko geht somit an die Zweckgesellschaft über. In der
Regel werden die Forderungen still übertragen. Der Kaufpreis entspricht dem Barwert
der Forderungen.45 Die Zweckgesellschaft refinanziert diesen Forderungsankauf über
die Emission von Wertpapieren (Asset Backed Securities) am Kapitalmarkt. Verkäufer
von ABS können sowohl Firmen als auch Kreditinstitute sein. Erst der Forderungspool
ermöglicht es der Finanzierungsgesellschaft, Wertpapiere zu emittieren. Die
Forderungen dienen der Zweckgesellschaft zur Sicherung der Zahlungsansprüche und
sind vom Forderungsverkäufer unabhängig.46 Die Zins- und Tilgungszahlungen auf die
Wertpapiere werden aus dem Cash-Flow der angekauften Forderungen geleistet.
Asset-Backed-Securities-Transaktionen sind dann von Vorteil, wenn durch die Qualität
des Forderungsbestandes (gute Bonität) und dessen Trennung von den Risiken des
Unternehmens zu günstigeren Konditionen Liquidität beschafft werden kann als durch
direkte Fremdkapitalaufnahme oder den Verkauf von Forderungen an einen Factor.47
42 Vgl. Stemmer, Die Neue Basler Eigenkapitalvereinbarung, S.4 43 Vgl. Sperber/ Sprink, Finanzmanagement internationaler Unternehmen, S. 92 44 Vgl. Stemmer, Die Neue Basler Eigenkapitalvereinbarung, S.6 45 Vgl. Wöhe/ Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 242 46 Vgl. Stemmer, Die Neue Basler Eigenkapitalvereinbarung, S.7 47 Vgl. Wöhe/ Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 244
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Nachfolgende Abbildung zeigt den Ablauf einer ABS-Transaktion.
Forderungsverkäufer
(1) (2)
Forderungen
Kaufpreis
Forderungskäufer (Zweckgesellschaft)
Kreditsicherung
Liquiditätssicherung
(3) (4)
„Asset-Backed“ Wertpapiere
Emissionserlös
Investoren
Abb. 8: Transaktionsübersicht ABS48
48 Vgl. Wöhe/ Bilstein, Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, S. 242
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5 Schlussfolgerungen
Für Unternehmen existiert ein breites Spektrum an Finanzierungsmöglichkeiten, die
Alternativen zum Bankkredit darstellen. Aufgrund der Tatsache, dass Unternehmen in
Zukunft immer mehr nach ihrer Bonität eingestuft werden, wird es für kleine und
mittelständige Unternehmen mit geringerer Bonität zunehmend schwieriger, Kapital zur
Finanzierung von Investitionstätigkeiten zu erhalten. Diese Unternehmen sind daher
stärker auf alternative Finanzierungsmöglichkeiten im Fremd- und Eigenkapitalbereich
angewiesen.
Es gibt eine Reihe von unterschiedlichen Möglichkeiten, die es Unternehmen
ermöglichen, ihre Ideen und Investitionsvorhaben realisieren zu können. Beim Leasing
besteht für Unternehmen die Möglichkeit, Anlagevermögen zu nutzen, ohne die vollen
Anschaffungskosten finanzieren zu müssen. Leasing ist in Deutschland bereits weit
verbreitet und wird daher aufgrund seines höheren Bekanntheitsgrads z.B. im Bereich
von Kfz-Leasing, Immobilienleasing und Leasing von Büroausstattung eine Alternative
für den deutschen Mittelstand darstellen. Nicht liquidierte Forderungen können einen
großen Teil der Bilanzsumme ausmachen. Durch Forderungsverkauf (Factoring,
Forfaitierung, ABS) haben Unternehmen die Möglichkeit, kurzfristig Liquidität zu
erlangen. Weitere Vorteile in diesem Zusammenhang sind die Verkürzung des
Geldbindungsprozesses, Liquiditätsverbesserung, sowie die Verbesserung der EK-
Quote. Für junge Unternehmen mit Wachstumspotential können Venture-Capital-
Gesellschaften in vielen Fällen der richtige Kapitalgeber sein. Ist für Banken das Risiko
zu groß und für Beteiligungsgesellschaften der Kapitalbedarf zu gering, können
Venture-Capital-Gesellschaften diese Lücke schließen.
Die in dieser Arbeit erläuterten Finanzierungsformen sind weniger als Ersatz, sondern
vielmehr als Ergänzung zum klassischen Bankkredit zu sehen. Auch nach Basel II wird
der Bankkredit für Unternehmen eine wichtige Finanzierungsform darstellen. Darüber
hinaus wird das Eigenkapital jedoch an Bedeutung gewinnen um die Unabhängigkeit
der Unternehmen sicherzustellen und als Puffer für „schlechte Zeiten“ zu dienen. Mit
einer soliden Eigenkapitalausstattung lassen sich gute Ratingnoten leichter
bewerkstelligen. Aus diesem Grund werden Unternehmen ihre Finanzierungsstrategie
stärker als in der Vergangenheit am Eigenkapital ausrichten müssen.
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6 Literaturverzeichnis
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Däumler, Klaus-Dieter: Betriebliche Finanzwirtschaft, 7. Auflage, Berlin: NWB, 1997
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potsdam.de/u/ls_fiba/Downloads/ Bank%20II/beteiligungsfin.pdf> (26.10.2003)
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(21.10.2003)
Perridon, Louis, Steiner, Manfred: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 10. Auflage,
München: Vahlen, 1999
Sperber, Herbert; Sprink Joachim: Finanzmanagement internationaler Unternehmen,
Stuttgart: Kohlhammer, 1999
25
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Stemmer, Dirk: Die Neue Basler Eigenkapitalvereinbarung, Dortmund, 2003
Wöhe, Günther; Bilstein, Jürgen: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung, 8. Auflage,
München: Vahlen, 1998
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7 Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Beteiligungsfinanzierung als Teil der Außenfinanzierung
Abb. 2: Beteiligungsfinanzierung
Abb. 3: Traditionelle Formen der Eigenkapitalbeschaffung
Abb. 4: Funktionsweise einer Venture-Capital-Finanzierung
Abb. 5: Mezzaninefinanzierung als Teil der Außenfinanzierung
Abb. 6: Fremdfinanzierung als Teil der Außenfinanzierung
Abb. 7: Beim indirekten Leasing gibt es vier Partner
Abb. 8: Transaktionsübersicht ABS
Abb. 9: Direkte und indirekte Gewährung von Schuldscheindarlehen
Abb. 10: Beim Factoring gibt es drei Partner