vortrag akupunktur tübingen 1.4 -...
Post on 23-Oct-2019
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Sven Gottschling
Palliativmedizin & Schmerztherapie 2018
„Ich habe keine Angst vor dem Sterben, ich möchte nur nicht dabei sein, wenn's passiert.“
Woody Allen
Pallium Pala
Mythos 1
Tod und Sterben sind leidvoll und auch die Profis sind weitgehend machtlos
Patienten und Angehörige erwarten dass Sterben leidvoll und schmerzhaft ist, und wir Ärzte stellen sicher, dass sie nicht enttäuscht werden
Mythos 2
Morphin bekommt man zum Sterben, sobald man das hat dämmert man nur noch vor sich hin
Tumorpatient
PDKMetamizolCannabinoideClonidinKetaminAmitriptylinPregabalinSteroide
Hydromorphonperfusor mit 50 mg/h iv
entsprechen 25.000 mg oralem Morphin/24 h
Mythos 3
Ärzte als Lebenszeitvergeber
Mythos 4
Ernährung und Flüssigkeitsgabe sind lebenserhaltend
• „Bei bestimmten Patientengruppen( fortgeschrittene Demenz, fortgeschrittene Tu-Kachexie) kann derzeit auf Grundlage einer großen Datenlage der medizinische Nutzen einer Ernährungstherapie bestenfalls als nicht belegt eingestuft werden“.
• Eine Flüssigkeitstherapie über die Vene stillt nicht den Durst !!
• Austrocknung führt zu Endorphinausschüttung
• Mundpflege !!!!!!!
Wir behandeln leidvolle Symptome
Patienten sterben nicht, weil sie nicht essen und trinken,
sondern sie essen und trinken nicht – weil sie sterben!
• Kommunikation über das Sterben
• Das letzte Tabu ??
Ich sollte Euch immer die Wahrheit sagen,wenn Ihr mich nach etwas fragt….
(Rolf Krenzer)
„Wir haben Oma Käthe verloren“
„ Dann gehen wir sie doch suchen“
„ - reden, immer wieder reden darüber, so übst du ein wenig das Sterben... „
(Janosch)
10 Regeln Tumorschmerztherapie
Ganzheitliche Therapie nach Total Pain Konzept
Patient ist voll ins Konzept integriert
Schmerzmessung ist die Grundlage
Therapie gemäß Pathophysiologie, kausal vor symptomatisch
Dauerschmerz-Dauermedikation retardiert
Basisopioidtherapie immer plus schnell wirksamer Bedarf
Zu erwartende NW vorausschauend behandeln
KISS
Patient hat immer Recht !!!! Rechtsanspruch
365/24 h kompetenter Arzt erreichbar
Total Pain
Cicely Saunders 1918 - 2005
In jedem dieser Bereiche können Schmerzen auftreten, die den Sterbenden bedrohen
Oft sind es nicht körperliche Schmerzen, die das größte Leid bedeuten
Schmerzen entstehen im Kopf !
Herzschmerz
Mit Worten verletzen
Does rejection hurt ?
Eisenberger et al. 2003, Science
Physischer Schmerz
Körperliche Dimension
die allermeisten Schmerzen können medikamentös beherrscht werden
aber:Bewusstseinseinschränkungen, Nebenwirkungen (Übelkeit, Juckreiz….)
Eine gute Kontrolle körperlicher Schmerzen macht offen für die anderen Dimensionen des Schmerzes
Soziale Dimension
Wo darf ich sterben ?Wer begleitet mich ?Wie wird es denjenigen gehen, die ich zurücklasse ?Wird man sich an mich erinnern ?
Psychische Dimension
Beispiel Liebeskummer
Angst vor Schmerz, Ungewissheit, Leid, Einsamkeit
Depression
Spirituelle Dimension
Sinnfrage
Sinn des Lebens, Leidens, Sterbens
Woher ? Wohin ? Warum ?
Es bedarf weit mehr als einer Morphintablette um Schmerz zu lindern
Medikamente
WHO - IIIWHO - I WHO - II
NSAR, Cox-2Paracetamol
MetamizolFlupirtin
etc.
Oxycodon/NaloxonOxycodon
HydromorphonMorphin
BuprenorphinFentanyl
etc.
Nicht-
Opioidanalgetika
DihydrocodeinTilidin/NaloxonTramadol etc.
Schwach wirksame
Opioide
Stark wirksame
Opioide
nichtmedikamentöse Maßnahmen
Co-Therapeutika/Analgetika
Schwangerschaft
Metamizol Ibuprofen
Paracetamol
Paracetamol
schwächstes Schmerzmittel …. wenn überhaupt…….
Williams CM, et al.Efficacy of paracetamol for acute low-back pain: a double-blind, randomised controlled trial. Lancet. 2014 ;384:1586-96.
Paracetamol
Ist es denn dann wenigstens nebenwirkungsarm?
Paracetamol
schwächstes Schmerzmittel zugelassen ab der Geburt5HT3-Antagonisten heben die analgetische Wirkung aufLeberversagen möglich
Asthma bronchialeRhinokonjunktivitisEkzemeStörung der SexualhormonachseKognitive StörungenADHS
de Fays L, et al. Use of paracetamol during pregnancy
and child neurological development.
Dev Med Child Neurol. 2015;57:718-24.
Liew Z, et al. Acetaminophen use during pregnancy,
behavioral problems, and hyperkinetic disorders.
JAMA Pediatr. 2014;168:313-20.
Barr RG. Does paracetamol cause asthma in children?
Time to remove the guesswork. Lancet. 2008:1011-2.
• Belastung durch Diclofenac in bayrischen und österreichischen Gewässern• Häufigst gefundene Substanz im Oberflächenwasser
Gastrointestinales Risiko bei Anwendung NSAR ?
• Es wird geschätzt, dass während einer längeren NSAR Therapie beieinem von fünf Patienten eine Dyspepsie auftritt, bei einem von 20ein gastroduodenales Ulkus und bei einem von 400 eineUlkuskomplikation. Einer von 8000 NSAR-Konsumenten stirbt aneiner Ulkuskomplikation.
Pro Jahr sterben in Deutschland ca. 4000 Menschen an NSAR-bedingten Blutungskomplikationen
Wie viel Menschen sterben jährlich im
Straßenverkehr ?
• Ca. 4000
• Davon ca. 2000 PKW Insassen
Metamizol
hochpotentspasmolytischRascher Wirkeintritt auch enteral
Agranulozytose ?
Seit 25 Jahren kein Metamizol-assoziierter Agranulozytosefall in Deutschland mit Todesfolge
Tramadol
Synthetischer Opioidantagonist (µ, )
Bioverfügbarkeit ca. 70%
Hemmung der Wiederaufnahme von Noradrenalin/Serotonin
Wirkt über aktiven Metaboliten
CYP2D6
Ceiling-Effekt (600 mg oral, 400 mg iv, 10 mg/kg)
Übelkeit !!!!!!, wenig Atemdepression, alle Darreichungsformen
Tilidin/Naloxon
Agonist + Antagonist
Bioverfügbarkeit ca. 98%
Naloxon: hoher First-Pass-Effekt
In hohen Dosen wirkt das Naloxon systemisch
Ggf. geringere Obstipationsneigung
Nur oral verfügbar
Cave mit Marcumar INR-Verlängerung
Ceiling Dosis 600 mg (10 mg/kg)
Morphinreiner µ Agonist
Alle Applikationsformen:
orale Bioverfügbarkeit: 30 %
aktive Metaboliten M3 M6-Glucoronid
renale Elimination
immunsuppressiv !!
Hydromorphon
reiner µ Agonist, kein Ceiling-Effekt
Bioverfügbarkeit ca. 40%
keine aktiven Metaboliten
geringe Plasma-Eiweissbindung
geringere Vigilanzminderung, gut bei multimorbiden Patienten und Patienten mit Polymedikation
HO
Oxycodon
µ und kappa Agonist, kein Ceiling-Effekt
Bioverfügbarkeit 60 – 90 %
Duale Freisetzung: gefährliche Kinetik
mit Naloxon gekoppelt als orale Darreichungsform
Methadon80 – 90% Bioverfügbarkeit
Schneller Wirkeintritt
Keine aktiven Metaboliten
Wirkung am NMDA-Rezeptor
Plasma-HWZ 8 -80 h
Schwierige Dosistitration
Ggf. Kumulation in der Einstellungsphase
Keine klare Morphinäquivalenzdosierung 2,5 : 1 – 15:1
Tapentadol
30-40% Bioverfügbarkeit, nur Retardform, max. 500 mg Tagesdosis
Dualer Wirkmechanismus
µ-Agonist: Schmerzhemmung über Hemmung der Weiterleitung über die aszendierenden Bahnen
Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung: Beeinflussung der deszendierenden inhibitorischen Bahnen
Keine aktiven Metaboliten, wenig Plasmaeiweissbindung, nur 15% Metabolisierung über Cytochrom P450
Transdermale Opioide
Hoher Marktanteil in Deutschland
einfach in der Handhabung gute Compliance beim Schmerzpflaster (vielen Patienten ist nicht bewußt, dass sie Opioide nehmen)
Buprenorphin
Partialagonist- bei Niereninsuffizienz geeignet
Transdermalsystem beginnend mit 5 µg/h
Bis 7 Tage Wirkdauer
Keine echte schnell wirksame Bedarfsmedikation verfügbar
Fentanyl
µ-Agonist
Kleinstes Pflaster beginnt mit 12 µg/h
Wechsel alle 3 Tage bei Kindern oft zu lang
Mucosale Darreichungsformen verfügbar
Fentanyl über die Schleimhäute
Wirkungseintritt nach ca. 8-12h (sehr variabel)Wirkdauer Fentanyl ca. 48-72h (Buprenorphin bis zu 7 Tage)
Nebenwirkungsprofil dem Morphin und anderen Opioiden vergleichbar
Spezielle Risiken transdermaler Opioide
Spezielle Risiken transdermaler Opioide
nach Entfernen 12-16 h Nachhang
bei Fieber: dtl. erhöhte Resorption
Sauna: dtl. erhöhte Resorption
sichere Lagerung und Entsorgung: Pflaster ist ein tolles Spielzeug
Transdermalsysteme wirken systemisch !!! (genauso wie Diclofenaczäpfchen die gleiche Rate an gastrointestinalen Blutungen verursachen, obwohl sie nicht durch den Magen gehen)
Opioide
Nach Wirkung !!!!!!!
Dosierungsrichtlinien
Häufige Fehler
Opioidmedikation nur bei Bedarf
Langes Warten bis „endlich“Opioide eingesetzt werden (ist es schon so weit)
Irrationale Angst vor Sucht
Entzüge bei opioidpflichtigen Schmerzen
Fehlende Co-Medikation
Opioide und Autofahren
Co-Analgetika/ Adjuvantien
Antidepressiva (z.B. Amitriptylin)
Antikonvulsiva (z.B. Pregabalin)
Neuroleptika (z.B. Haloperidol)
Spasmolytika (z.B. Butyl-Scopolamin)
Steroide (z.B. Dexamethason)
Anästhetika (z.B. Ketamin, Propofol)
Myotonolytika (z.B. Flupirtin)
Cannabis (z.B. Dronabinol)
etc…..
Antidepressiva (Amitriptylin, Doxepin)
Verstärkung der deszendierenden Hemmung
Serotonin + Noradrenalin Reuptake Hemmer
Interaktion mit Opiodrezeptoren
Stabilisierung der Schmerzschwelle
Antichronifizierung
Startdosis Amitriptylin 0,2 mg/kg/Tag
10 – 25 mg Abenddosis
Langsam einschleichen, langsam ausschleichen
Antidepressiva (Amitriptylin, Doxepin)
Indikationen:
Neuropathische Schmerzen: vor allem Brennschmerz
Schlafstörungen
Alle chronischen oder chronifizierten Schmerzen
Nebenwirkungen:
Mundtrockenheit, Müdigkeit, Sedierung, Senkung
der Krampfschwelle, Konzentrationsprobleme,
QT-Verlängerung und…
Antikonvulsiva (Pregabalin, Gabapentin)
Indikationen:
Neuropathische Schmerzen: insbesondere
einschiessende Schmerzen
Carbamazepin: einschleichend dosieren, Spiegelkontrollen
Gabapentin: mühsame Eintitration, Cave Niereninsuffizienz
Pregabalin: schnellere Titration, keine Spiegelkontrollen
notwendig, zusätzlich anxiolytisch
Dosierung bei Erwachsenen 150 – 600 mg
Hauptnebenwirkungen: Müdigkeit und….
Neuroleptika (Haloperidol, Levomepromazin)
Indikationen:
Prävention/Therapie von Übelkeit und Erbrechen
unter Opioideintitration
Schlaf anstossend (Levomepromazin)
Bei Unruhezuständen
Cave : Dyskinesien
Spasmolytika (Butyl-Scopolamin)
Indikationen:
Krampfartige Bauchschmerzen
Nieren-, Gallenkolik
Mechanischer Ileus in der Palliativversorgung
Finale Rasselatmung
NW: anticholinerge Wirkung
Steroide (Dexamethason)
Indikationen:
Hirndruck
Tumorinfiltration
Nervenkompression, drohender Querschnitt
Leberkapselschmerz
Knochenschmerzen bei Metastasierung
Nebenwirkungen:
Stimmung
Muskelschwäche
GI-Komplikationen
Leberinsuffizienz
Oral : Hydromorphon
Transdermal: Fentanyl
Niereninsuffizienz
Oral : Hydromorphon
Transdermal: Buprenorphin
Geriatrie + Pädiatrie
Start low, go slow
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