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Staatskanzlei Rheinland-Pfalz 1 Postfach 38 80 155028 Mainz
Präsident des Landtags Rheinland-Pfalz Herrn Joachim Mertes Deutschhausplatz 12 55116 Mainz
Mein Aktenzeichen Ihr Schreiben vom 05130-12/11 Bitte immer angeben!
Ansprechpartner/-in I E-Mail Dr. Johanna Kretschmer j oha n na. kretschmer@ stk. rlp. de
falz
elefon I Fax 06131 16-4247 0613116-4080
Rheinlandpfalz STAATSKANZLEI
DERCHEFDER STAATSKANZLEI
Peter-Aitmeier-AIIee 1 Eingang Deutschhausplatz 55116 Mainz
•· Telefon 06131 16-0 Telefax 06131 16-4771 Mail: Poststelle@stk.rlp.de W'NW.stk.rlp.de
.IQ. Oktober 2011
Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe "Bürgerbeteiligung bei raumbedeutsamen und politisch relevanten Großvorhaben"
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
anbei darf ich Ihnen den Abschlussbericht der interministeriellen Arbeitsgruppe "Bür
gerbeteiligung bei raumbedeutsamen und politisch relevanten Großvorhaben" vom
21.06.2011 in 45facher Ausfertigung übermitteln. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie
diesen Bericht an die Frau Fraktionsvorsitzende, die Herren Fraktionsvorsitzenden
sowie die Damen und Herren Abgeordneten, die der Enquete-Kommission "Aktive
Bürgerbeteiligung für eine starke Demokratie" angehören, übermitteln könnten.
111
LANDTAG Aheinland-Pfalz
Vorlage 0 4
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(Stand: 21. Juni 2011) forbi.J ht''7ledt:.9t · I Original befindet sich im Archiv I
Vorhaben Landes- Bundes- Regelungs- Art des Genehmigungs- Konzentrationswirkung recht? recht? spielraum verfahrens? bzw. parallele oder
des Landes? aestufte Verfahren?
1 Errichtung §§ 4 ff. Nein • förmliches Verfahren • Konzentrationswirkung: j
und Betrieb BlmSchG Landeseigene nach§§ 10 ff., 19 Abs. 3 (§ 13 BlmSchG) a
von BlmSch- Verwaltung I BlmSchG • ggf. paralleles
Anlagen Ausführung von Spalte 1 der 4. BlmSchV wasserrechtl.
4.BimSchV BundesR Artikel oder Gestaltungsverfahren
84GG • vereinfachtes Verfahren • ggf. gestuftes Verfahren: (§ 19 BlmSchG) Vorzeitiger Beginn (§ Ba),
II Aber: Spalte 2 der 4. BlmSchV Vorbescheid (§ 9), § 73 BlmSchG Teilgenehmigungen (§ 8)
schließt Abweichungen aus.
2 Errichtung. § 31 Abs.2 Nein • Planfeststellungsverfahren • Konzentrationswirkung: ja
Betrieb oder KrW-IAbfG Landeseigene Es gelten die§§ 72 bis 78 (§ 75 Abs.1 Satz 2 VwVf G)
wesentliche i.V.m. Verwaltung I VwVfG ( § 34 KrW -I AbfG). • Parallele Verfahren: keine
Änderung §§ 72 bis Ausführung von • Gestufte Verfahren:
einer 78VwVfG BundesR Artikel Vorzeitiger Beginn ( § 33
Abfalldeponie 84GG KrW-IAbfG ).
oder ihres Betriebes Aber:
§ 63 a Abs.1 KrW-IAbfG sowie§ 34 KrW-1 AbfG. schließen Abweichungen aus.
3 Gewässer- §68WHG Ja • Planfeststellung I • Konzentrationswirkung: ja
ausbau Landeseigene Plangenehmigung (§§ 13 (§ 19 Abs. 1 WHG und§ 7
(z.B. Verwaltung I Abs.1, 14 Abs. 3-6,72-78 Abs. 1 VwVfG);
Polderbau). Ausführung von VwVfG). • ggf. abschnittsweise Zu-
BundesR lassung § 69 Abs.1 WHG Art.84 Abs. 1 • ggf. vorzeitiger Baubeginn
GG (§§ 69 Abs. 2, 17 WHG)
4 Gewässer- §§ 8, 9, 15 Ja • Ermessensentscheidung Nein
benutzung WHG Landeseigene
(z.B. Verwaltung I Aufstauen) Ausführung von
BundesR Art.84 Abs.1 GG
Art und Umfang der Vorgeschaltetes Besteht eine Zulassungs- Anhörung-Öffentlichkeitsbeteiligung nach Planungsverfahren UVP-Pflicht? behörde? behörde? dem geltenden Recht? erforderlich? • Bekanntmachung des Antrags: Ggf. Abhängig vom Abhängig vom zuständige
Amtsblatt+ Internet I örtliche Raumordnungsverfahren Vorhabenstyp: Vorhabenstyp: Zulassungs-Tageszeitung (§ 10 Abs. 3 F-/ B-Pianverfahren behörde BlmSchG) - Pflicht-UVP -SGD vgl. Nr. 1.1.3
• Auslegung zur Einsicht(§ 10 Abs. 3 u.U.vorhabensbezogener - UVP-Vorprüfung - KrV der Anlage Satz 2 BlmSchG) B-Pian - Ohne UVP - StV lmSchZuVO
• Erörterung (kann)(§ 10 Abs. 6 BlmSchG) ggf.
• Einwendungsrecht: Betroffene und - LGB allgemeine Öffentlichkeit - MULEWF (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BlmSchG) (lmSchZuVO)
(i.V.m. 9. BlmSchV)
Ausnahmen: Vereinfachtes Verfahren(§ 19 Abs. 2)
• Ggf. öffentliche Bekanntmachung Ja. UVP-Pflicht SGD SGD nach § 72 Abs. 2 VwVfG Raumordnungsverfahren (§ 31 Abs.2 Satz 2 (§ 27 Abs.2 (§ 27 Abs.2
• Auslegung des Plans zur Einsicht (§ 1 Nr. 4 RoV). KrW-/AbfG). Satz 1 Satz 1 (§ 73 Abs. 3 VwVfG ) LAbfWG). LAbfWG).
• Einwendungsrecht Betroffener (§ 73 Abs. 4 VwVfG )
• Vorherige Bekanntmachung der Auslegung des Plans zur Einsicht (§ 73 Abs. 5 VwVfG )
• Erörterung des Plans (§ 73 Abs. 6 VwVfG )
• Ggf. öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 74 Abs. 5 VwVfG)
• Umweltverträglichkeitsprüfung (§§ 2 Ggf. Abhängig vom Abhängig von zuständige Abs. 1 Satz 3, 9 UVPG) Raumordnungsverfahren Vorhabenstyp: der Ordnungs- Zulassungs-
• Öffentliche Bekanntmachungen (§ 1 Nr. 7 RoV). stufe des behörde. Amtsblatt+ örtliche Tageszeitung(§ - Pflicht-UVP Gewässers 72 Abs. 2 Satz 1 VwVfG) - UVP-Vorprüfung (§ 72 Abs. 7
• Auslegung zur Einsicht(§ 73 Abs. 3 -Ohne UVP LWG): VwVfG)
• Erörterung (§ 73 Abs. 6 VwVfG) -SGD
• Einwendungsrecht interessierter - KrV bzw. StV Betroffener(§ 73 Abs. 4 VwVfG)
• Präklusionswirkung (§ 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG)
Ausnahme: Plangenehmigungsverfahren Bei Bewilligung u. gehobener Erlaubnis Nein Abhängig vom - SGD oder zuständige (§§ 11 Abs. 2, 15 Abs. 2 WHG): Vorhabenstyp: - KrV bzw. StV Zulassungs-
• Öffentliche Bekanntmachungen (§ 34 LWG) behörde. Amtsblatt+ örtliche Tageszeitung - Pflicht-UVP (§ 72 Abs. 2 Satz 1 VwVfG) - UVP-Vorprüfung
• Auslegung zur Einsicht - Ohne UVP. (§ 73 Abs. 3 VwVfG)
• Erörterung (§ 73 Abs. 6 VwVfG)
• Einwendungsrecht interessierter Betroffener(§ 73 Abs. 4 VwVfG)
• Präklusionswirkung (§ 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG).
1
5 Festsetzung: §§ 76 Abs. Ja • Rechtsverordnung Nein Überschwem 2WHG. Landeseigene -mungsgebiet Verwaltung I
Ausführung von BundesR Art.84 Abs.1 GG
6 Festsetzung: §51 Abs. 1 Ja • Rechtsverordnung. Nein. Wasser- WHG. Landeseigene Schutzgebiet Verwaltung I
Ausführung von BundesR Art.84 Abs.1 GG
7 Rodung oder § 14 Ja • Gebundene Genehmigung Nein. Erstaufforst- LWaldG Landeseigene (§ 14 Abs. 1 LWaldG). ung Verwaltung I
Ausführung von LandesR Art. 30 GG
Sonderfall: §45 i.V.m. §9 BWaldG Landeseigene Verwaltung I Ausführung von BundesR Art.84 Abs.1 GG
8 Ausweisung § 16 ff. §§ 22-29 Ja • Rechtssetzung von Schutz- LNatSchG BNatSchG Landeseigene (Erlass einer RVO) gebieten und Verwaltung I -objekten Ausführung von
BundesR Art.84 Abs.1 GG
Klarstellung betreffend das Verfahren der Unterschutzstell ung § 22 Abs. 2 BNatSchG
9 Eingriffe in § 17 Abs. 3 Ja • i.d.R. Huckepackverfahren Nein, Natur und BNatSchG Landeseigene (Trägerverfahren nach da sonst Trägerverfahren Landschaft (subsidiär) Verwaltung I jeweiligem Fachrecht). vorhanden wäre und die (i.d.R. Ausführung von naturschutzrechtliche Prüfung Prüfung in BundesR Ausnahme: kein sonstiges in diesem Verfahren erfolgen anderen Art.84 Abs.1 Verfahren vorhanden: würde. Verfahren, GG Verfahren nach VwVfG nur bei kleineren Klarstellung • Gebundene Eingriffen betreffend Genehmigung selbst- Verfahren § 17 Abs. 3 S. 2 ständige § 17 Abs.11 BNatSchG Genehmig- BNatSchG. ung)
• Information der allgemeinen Nein Nein Abhängig von Entfällt. Öffentlichkeit über vorgesehene der Ordnungs-Festsetzung (§ 76 Abs. 4 WHG), stufe des Verkündung (§ 2 VerkG). Gewässers
(§ 88 Abs. 1 Satz 1 LWG):
-SGD - KrV bzw. StV
• Unterrichtung bei Nein. Nein. SGD Entällt. Nichtberücksichtigung von (§ 13 Abs. 1 Einwendungen(§ 122 Abs. 2 LWG), LWG).
• Verkündung oder Auslegung (§ 123 Abs. 2 LWG).
Anhörung der fachlich berührten Nein. Abhängig von Forstamt Forstamt Behörden(§ 14 Abs. 1 Satz 3 LWaldG). Größenordnung als untere als untere
des Vorhabens Forstbehörde Forstbehörde (vgl. Anlage 1, Ziffer 17 UVPG)
• Offenlegung nach § 16 LNatSchG Nein. Nein. Abhängig vom Rechtsetz-
• Bekanntmachung Schutzgebiets- ungsbehörde
• Auslegung /-objektstyp.
• Einwendungsmöglichkeit
• Zusätzlich Beteiligung von Natur-Schutzvereinigungen (§ 63 Abs. 2 BNatSchG) bei vorausgehender Anhörung
Verfahrensausgestaltung durch Ggf. Bauleitpläne Ggf. UVP Untere Natur-Landesrecht steht noch aus. BNatSchG (§ 18 BNatSchG). Schutzbehörde sieht nur Ermächtigungsgrundlage für UVP-Vorprüfung (§ 13 Abs.1 Landesrecht vor. Auf der Grundlage des § 15 LNatSchG Satz2 neuen BNatSchG muss noch ein LNatSchG) LNatSchG und untergesetzliches Regelwerk im Land erlassen werden. Huckepack-
verfahren: die (Bislang gilt§ 13 ff. LNatSchG). gleichgeord-
nete Natur-Schutzbehörde
2
10 Bundes- § 17 FStrG Ja • Planfeststellung Konzentrationswirkung straße Bundesauf-
tragsverwal-tung; Abweichungen aber nur möglich, wenn Maßgaben im FStrG nicht betroffen sind
11 Landes- §§ 5 + 6 §§ 1-7 Ja • Planfeststellung Konzentrationswirkung straße LStrG LVwVfG Landesrecht.
i.V.m. §§ 72 ff. VwVfG
12 Kreisstraße §§ 5 + 6 §§ 1-7 Ja • Planfeststellung Konzentrationswirkung LStrG LVwVfG Landesrecht.
i.V.m. §§ 72 ff. VwVfG
13 Gemeinde- §§ 5 + 6 §§ 1-7 Ja • Planfeststellung Konzentrationswirkung straße LStrG LVwVfG Landesrecht.
i.V.m. §§ 72 ff. VwVfG
oder B-Pian: Prüfung keine JM abwarten • B-Pian Konzentrationswirkung
§§ 1 ff. BauGB
14 Straßen- § 28 PBefG Ja • Planfeststellung Konzentrationswirkung bahnlinie Landeseigene
Verwaltung I Ausführung von BundesR Art. 84 GG.
• B-Pian
15 Wasser- §§ 14 ff. Nein • Planfeststellung Konzentrationswirkung straßen WaStrG bundeseigene
i.V.m. Verwaltung §§ 72 ff. VwVfG
16 Luftverkehr §§ 6 ff. Nein • Planfeststellung Konzentrationswirkung z. B. LuftVG bundeseigene Fluglärm, i.V.m. Verwaltung Flugrouten, §§ 72 ff. Flughafen VwVfG Ffm.
17 Eisen- § 18 a- c Nein, • Planfeststellung Konzentrationswirkung bahnen des AEG bundeseigne Bundes Verwaltung
18 Nicht- §§ 14 ff. § 18a-c Ja, • Planfeststellung Konzentrationswirkung bundes- LEisenbG. AEG. landeseigene eigene Eisen- Verwaltung, bahnen Ausführung von
BundesR Art. 84 GG.
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Raumordnungs- Ggf. MWKEL Planfeststellu Erörterungstermin optional verfahren (§ 1 Nr. 8 RoV). ngsbehörde
beim LBM
' '
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Raumordnungs- Ggf. MWKEL Planfeststellu Erörterungstermin optional verfahren -je nach ngsbehörde
Raumbedeutsamkeil im beim LBM Einzelfall.
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Raumordnungs- Ggf. MWKEL Planfeststellu Erörterungstermin optional verfahren -je nach ngsbehörde
Raumbedeutsamkeil im beim LBM Einzelfall.
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Raumordnungs- Ggf. LBM VGV, Stadt Erörterungstermin optional verfahren -je nach
Raumbedeutsamkeil im Einzelfall.
Auslegung der Planunterlagen
Flächennutzunqsplan Auslegung der Planunterlagen + i.d.R. nein Ggf. LBM LBM Erörterungstermin grds. verpflichtend
Auslegung der Planunterlagen
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Ggf. WSD WSD Erörterungstermin optional Raumordnungsverfahren
(§ 1 Nr. 11 RoV) u. Linienbestimmung nach § 13 WaStrG
Auslegung der Planunterlagen + Für die Anlage oder Ggf. LBM LBM Erörterungstermin optional wesentliche Änderung
eines Flugplatzes ggf. Raumordnungsverfahren (§ 11 Nr. 12 RoV).
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Raumordnungs- Ggf. EBA LBM Erörterungstermin optional. verfahren (§ 1 Nr. 9 RoV).
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Raumordnungs- Ggf. LBM LBM Erörterungstermin optional. verfahren -je nach
Raumbedeutsamkeil im Einzelfall.
3
19 Seilbahnen §§4u.15 Ja • Planfeststellung Konzentrationswirkung Landesseil Landesrecht (oder: B-Pian). bahngeset z
20 Bergrecht- §52 Abs. Ja • Planfeststellung Konzentrationswirkung, liches 2a BBergG landeseigene gestuftes Verfahren gem. § 52 Plantest- Verwaltung I Abs. 2b BBergG stellungs- Ausführung von verfahren BundesR
Art. 84 GG.
21 Bergrecht!. §§54, 56 Ja • gebundene Entscheidung nein Zulassungs- Abs. 1 landeseigene verfahren BBergG Verwaltung I
Ausführung von BundesR Art. 84 GG.
22 Errichtung § 1 LVwVfG Ja • Planfeststellung I • Konzentrationswirkung: ja und Betrieb i.V.m. §§ Landeseigene Plangenehmigung (§ 75 Abs. 1 Satz 2 VwVIG) sowie die 7211. VwVIG Verwaltung I • Parallele Verfahren: keine Änderung nach Maß- Ausführung von Es gelten nach Maßgabe • Ggf. gestuftes Verfahren: von gabeder §§ BundesR der§§ 43 Satz 2, 43a und vorzeitige Besitzeinweisung Hochspannu 43 ff. Art. 84 GG 43b EnWG die§§ 72- 78 (§ 44b EnWG). ngsfreileitung EnWG VwVIG. en mit Ausnahme: Nennspannu §§ 43 ff EnWG ng von 110 wegen§ 43 kVoder mehr Satz6 EnWG sowie Gasversorgu ngsleitungen größer ON 30
23 Errichtung §4 KSpG Nein • Planfeststellung • Konzentrationswirkung: ja und Betrieb (Entwurt) Landeseigene (§ 75 Abs. 1 Satz 2 VwVIG) von C02- Verwaltung I Es gelten nach Maßgabe • Parallele Verfahren: keine. Leitungen Ausführung von der§§ 43a bis 43e EnWG
BundesR die§§ 72- 78 VwVIG. Art. 84 GG
Aber: § 46 KSpG-E schließt Abweichungen aus.
24 Errichtung §11 KSpG Nein • Planfeststellung I • Konzentrationswirkung: ja und Betrieb (Entwurt) Landeseigene Plangenehmigung: (§ 75 Abs. 1 Satz 2 VwVIG) von C02- Verwaltung I • Parallele Verfahren: keine. Speicher Ausführung von Es gelten die §§ 72 - 78
Bundesrecht VwVIG Art. 84 GG
Aber: § 46 KSpG-E schließt Abweichungen aus.
Auslegung der Planunterlagen. Ggf.Raumordnungsverfah Ggf. LBM LBM Erörterungstermin ren-je nach
Raumbedeutsamkeil im Einzelfall
Auslegung der Planunterlagen + Ggf. Raumordnungs- ja LGB LGB ' Erörterungstermin verfahren (§ 1 Nr. 16
RoV)
' Beteiligung der Gemeinden als Träger Ggf. Raumordnungs- nein LGB LGB der Planungshoheit und gem. § 48 Abs. verfahren -je nach 2 BBergG Raumbedeutsamkeil im
Einzelfall
I I
I
• Umweltverträglichkeitsprüfung (§§ 2 i.d.R.ja, Abhängig vom SGD Nord SGD Nord Abs. 1 Satz 3, 9 UVPG) Raumordnungsverfahren Vorhabentyp: (§ 1 LVO über (§ 1 LVO
• Ortsübliche Bekanntmachung (§ 1 Nr. 14 RoV). die Zuständig- über die Zu-(§ 43a Nr. 2 EnWG) - Pflicht- UVP keilen nach ständigkeilen
• Auslegung zur Einsicht(§ 43a Nr. 1 - UVP-Vorprüfung dem EnWG). nach dem EnWG, § 73 Abs. 2 VwVfG) -Ohne UVP EnWG).
• Einwendungsrecht Betroffener
I
(§ 73 Abs. 4 VwVfG). • Auslegung des Plans zur Einsicht
(§ 3 Abs. 5 VwVfG). • Erörterung (§ 73 Abs. 6 VwVfG) mit
I Möglichkeit des Verzichts (§ 43a Nr. 5 EnwG).
• Präkusionswirkung (§ 43a Nr. 7 EnWG, § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG).
I Ausnahme: Planqenehmiqunq. Siehe Nr. 17. Ggf. Raumordnungs- Ja,
verfahren -je nach Artikel 2 KSpG-E Raumbedeutsamkeil im künftig Nr. 19.10 Einzelfall. Anlage 1 UVPG,
abhängig von Länge:
- UVP-Pflicht
I - UVP-Vorprüfung
• Ggf. öffentliche Bekanntmachung Ggf.Raumordnungsverfah Ja, nach § 72 Abs. 2 VwVfG ren-je nach Artikel 2 KSpG-E,
• Auslegung des Plans zur Einsicht Raumbedeutsamkeil im künftig Nr. 15 (§ 73 Abs. 3 VwVfG ) Einzelfall sowie vorherige Anlage 1 UVPG
• Einwendungsrecht Betroffener Untersuchungsgenehmi-(§ 73 Abs. 4 VwVfG ) gung (§ 7 KSpG-E). - UVP-Pflicht
• Vorherige Bekanntmachung der Auslegung des Plans zur Einsicht (§ 73 Abs. 5 VwVfG )
• Erörterung des Plans : ( § 73 Abs. 6 VwVfG )
• Ggf. öffentliche Bekanntmachung des Planfeststellungsbeschlusses (~ 74 Abs. 5VwVfG ).
4
25 Baugenehmi §§ 70, 66, • Gebundene Entscheidung • Konzentrationswirkung: nein gung 61 LBauO • Parallele Verfahren: möglich,
Bauaufsichtsbehörde holt Entscheidung der anderen Behörde ein, § 65 Abs. 5 LBauO (Beteiligung i.S. Sternverfahren). Nur wenn diese positiv ist, darf Baugenehmigung erteilt werden (Schlußpunkttheorie)
• Ggf. gestuftes Verfahren: Bauvorbescheid (§ 72 LBauO). -
26 Mobilfunk- §§ 70, 61, • Baugenehmigung, • s.o. Nr. 25 anlage 62 Abs. 1 gebundene Entscheidung • Stellungnahme
Nr. 4 b) • Aber: genehmigungsfrei Immissionsschutzbehörde LBauO sind Antennenanlagen wg. § 23 BlmSchG i.V.m. 26.
einschließlich der Masten BlmSchV. bis zu 10 m Höhe u.a. (§ 62 Abs. 1 Nr. 4 b) LBauO) auch dann, wenn Antenne nachträglich an einen bereits genehmigten Mast in "größerer Höhe" angebracht wird (OVG RLP, Urteil vom 22.10.2008, Az.: 8 A 10597/08.0VG- juris).
Hinweis:
Die farbliehe Hinterlegung der Tabelle zeigt an, ob ein Regelungsspielraum des Landes besteht.
Die Farbe "rot" weist darauf hin, dass für das jeweilige Genehmigungsverfahren kein Regelungsspielrau
kann vom Landesgesetzgeber nicht abweichend geregelt werden. Dem Land steht nach dem Grundgese
Die Farbe "grün" zeigt an, dass für die jeweiligen Verfahren ein Regelungsspielraum des Landes besteht
Reichweite der Gesetzkompetenz sind für das jeweilige Verfahren einzelfallbezogen zu bestimmen. Je n
ergänzend oder abweichend regeln. Zudem können verfassungsrechtliche Schranken zu beachten sein,
• Nach anderem Fachrecht, sonst: Ggf. Nein. • zT. VGV
• Vorlage Bauantrag bei der Raumordnungsverfahren • Kr V Gemeindeverwaltung, die ihn ggf. -je nach • StV an die Bauaufsichtbehörde Raumbedeutsamkeil im weiterleitet, § 65 Abs. 1 und 4 Einzelfall. LBauO Nachbarschaft, § 68 LBauO Nur wenn Vorhaben nicht
bereits nach§§ 30, 31, •
I
34, 35 BauGB zulässig, ist Bauleitplanung erforderlich (beachte auch §§ 37, 38 BauGB).
s .o. Nr. 25 Ggf Nein. s.o. Nr. 25 Raumordnungsverfahren -je nach Raumbedeutsamkeil im Einzelfall.
des Landes besteht. Das Verfahren ist bundesrechtlich abschließend geregelt und
~insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu.
Das Verfahren kann vom Landesgesetzgeber geregelt werden. Der Umfang und die
:h Gesetzgebungskompetenz kann das Land das Verfahren entweder vollständig,
. B. bei der Einführung von Bürgermitentscheidungsverfahren.
Grds. die beteiligte Fachbehörde
Grds. Bauaufsichts -behörde.
5
' •
Interministerielle Arbeitsgruppe "Bürgerbeteiligung bei raumbedeutsamen und
politisch relevanten Großvorhaben"
Bericht 21.06.2011
-2-
MITGLIEDER
Staatskanzlei • Christoph Charlier • Dr. Rudolf Süllesbach • Birger Hartnuß • Cornelia Luszick
Ministerium für Wirtschaft. Klimaschutz. Energie und Landesplanunq • Rolf Bäumler
Ministerium des lnnern, für Sport und Infrastruktur • Hubert Stubenrauch • Dr. Yorck Schäling • Manfred Heeb • Dagmar Schartmann • Marcel Boffo
Ministerium der Finanzen: • Renate Kreckel • Ulrike Hans
Ministerium für Soziales, Arbeit. Gesundheit und Demografie • Jeannette Mischnick
Ministerium für Bildung. Wissenschaft. Weiterbildung und Kultur: • Dr. Christian Schüler-Beigang
Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz • Lisa Lutzebäck • Wahid Samimy
Ministerium für Umwelt. Landwirtschaft. Ernährung. Weinbau und Forsten • Dr. Ulrich Klein
Ministerium für Integration. Familie. Kinder, Jugend und Frauen Hinweis: ln der Interministeriellen Arbeitsgruppe haben Vertreterlinnen aus den bisherigen Ressorts MBWJK und MASGFF mitgearbeitet. Eine Vertretung des neu eingerichteten MIFKJF wird derzeit organisiert.
' •
Inhalt
-3-
Vorbemerkungen
Arbeitsauftrag: Entwicklung eines Dialog- und Beteiligungskonzepts "Beteiligungswege Rheinland-Pfalz"
1. Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für Bürgerbeteiligung bei Großprojekten
2. Bürgerbeteiligung: Ansätze, Instrumente und Verfahren
2.1 Information und Transparenz
2.2 Informelle, konsultative Verfahren der Bürgerbeteiligung
2.3 E-Partizipation
2.4 Verhandlung, Mediation, Schlichtung
2.5 Bürger-/ Volksentscheid
3. Bürgerbeteiligung in Raumordnungs- und Genehmigungsverfahren
3.1 Stärkung der kommunalen Bürgerbeteiligung
Öffnung der Bauleitplanung für Bürgerbegehren
E-Partizipation bei der Bauleitplanung
Staatliche Unterstützung von Bürgerbegehren
Verzicht auf Kostendeckungsvorschlag
Zuständigkeit für die Beurteilung der Zulässigkeil
lnitiierung eines Bürgerentscheids durch Gemeinderat
3.2 Stärkung der Bürgerbeteiligung bei Raumordnungsverfahren
Vor Beginn des Raumordnungsverfahrens
Während der Durchführung des Raumordnungsverfahrens
Nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens
3.3 Stärkung der Bürgerbeteiligung bei Genehmigungsverfahren
Bürgermitentscheidungsrechte
Bürgermitwirkungsrechte
4. Anregungen für die Arbeit der künftigen Enquete-Kommission des Landtages
-4-
Vorbemerkungen
Bereits seit über 10 Jahren gibt es in Deutschland eine intensive Debatte um das
"Bürgerschaftliche Engagement". Eng verknüpft mit dieser Debatte ist das Anliegen,
durch erweiterte Möglichkeiten der Mitgestaltung und Mitbestimmung der
Bürgerinnen und Bürger Perspektiven für die Weiterentwicklung der Demokratie
aufzuzeigen. Bürgerschaftliches Engagement verbindet neue Formen von Ehrenamt
und Freiwilligenarbeit mit dem Anliegen der Erweiterung gesellschaftlicher
Partizipationsmöglichkeiten. Mittun und Mitgestalten einerseits und Mitbestimmen
und Mitentscheiden andererseits sind zwei Seiten ein- und derselben Medaille.
Orientiert am Leitbild einer aktiven Bürgergesellschaft geht es darum, den
gesellschaftlichen Zusammenhalt und das gesellschaftliche Vertrauen zu stärken
und die Demokratie zu beleben.
ln Rheinland-Pfalz ist die Stärkung und die Förderung von bürgerschaftlichem
Engagement seit vielen Jahren Schwerpunkt der Landespolitik. Das Land gilt in
vielen Bereichen als Vorreiter und Modellgeber. ln den vergangenen Jahren ist es
dabei in besonderer Weise gelungen, Engagement- und Demokratiepolitik verstärkt
miteinander zu verknüpfen.
Die grundsätzliche Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zum demokratischen
Verfassungssystem ist nach wie vor hoch. 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger
sind generell an politischen Themen interessiert und würden sich gern mehr in
politische Prozesse einbringen. 41 Prozent aller Rheinland-Pfälzerinnen und
Rheinland-Pfälzer sind ehrenamtlich und bürgerschaftlieh engagiert. Das gilt - mit
Unterschieden - für Jung und Alt, Männer und Frauen, Menschen mit und ohne
Migrationshintergrund, Menschen aus unterschiedlicher sozialer Herkunft.
Diese Grundhaltung, dieses Engagement und diese Energie zu nutzen, um
gemeinsam von vielen getragene Projekte voranzubringen, ist unser Ziel und
Anliegen. Dabei geht es um Meinungsbildung, Information und Beteiligung auf den
unterschiedlichsten politischen Ebenen und in den unterschiedlichsten Vorhaben -
von der Mitgestaltungsmöglichkeit einzelner Politikfelder bis hin zu
Entscheidungsfindungen und Planungsprozessen in Großprojekten.
Wir sehen darin einen Weg, verloren gegangenes Vertrauen in die Politik wieder zu
gewinnen und Menschen außerhalb von Wahlen an politischen Entscheidungen zu
beteiligen. Wir hoffen, einer zunehmenden Resignation, Unzufriedenheit über
politische Akteurinnen und Akteure und politisches Handeln sowie dem Gefühl, von
-5-
"der Politik" nicht ernst genommen zu werden, wirkungsvoll begegnen zu können.
Das ist entscheidend, damit sich Menschen in das Gemeinwesen einbringen, höhere
Wahlbeteiligungen erreicht werden und auch der Organisationsgrad der Menschen
wieder steigen kann.
Dass es hier Handlungsnotwendigkeiten gibt, wissen wir nicht erst seit den
Auseinandersetzungen um das Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21 ". Durch die öffentliche
Diskussion wurde aber deutlich, dass es gerade bei Großprojekten einer verstärkten
Bürgerbeteiligung bedarf.
Generell gilt: Infrastrukturelle Großprojekte können ebenso wie politische
Reformprozesse durch eine intensive Bürgerbeteiligung inhaltlich abgesichert und
unterstützt werden. Bürgerbeteiligung reduziert Komplexität, informiert breit und
bindet die Bürgerinnen und Bürger bei der Entwicklung von Handlungsmöglichkeiten
und politischen Priorisierungen mit ein.
Rheinland-Pfalz hat in den vergangenen Jahren auf Landesebene eine Vielzahl von
Beteiligungsverfahren erprobt und dabei sehr positive Erfahrungen gemacht.
Insbesondere im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform (KVR) konnten
dabei Erfahrung und Kritik sowie Ideen und Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger
gewonnen werden, die sich in starkem Maße auf das gesamte Reformvorhaben
ausgewirkt und auch in den Landesgesetzen zur KVR niedergeschlagen haben.
Rheinland-Pfalz ist darüber hinaus bereits seit Jahren auf einem guten Weg zur
Stärkung gesellschaftlicher Partizipation. Mit unseren Aktionsplänen · (z.B.
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und Aktionsplan "Gut leben im
Alter''), mit Zukunftskongressen, Bürgerforen, Planungsgruppen und einer vielfältigen
Beiratsstruktur wird beispielsweise in der rheinland-pfälzischen Sozialpolitik schon
heute der intensive Austausch mit den Betroffenen gesucht und gepflegt.
Empfehlung: Der in Rheinland-Pfalzbereits beschrittene Weg der Bürgerbeteiligung
soll konsequent fortgesetzt und neue Modelle und Konzepte für eine weitreichende
Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sollen entwickelt werden.
-6-
Arbeitsauftrag: Entwicklung eines Dialog- und Beteiligungskonzepts "Beteiligungswege Rheinland-Pfalz"
Im Auftrag des Ministerpräsidenten wurde unter Leitung der Staatskanzlei eine
Interministerielle Arbeitsgruppe (IMA) eingesetzt und damit beauftragt, Möglichkeiten
für die Erweiterung der Bürgerbeteiligung bei der Planung und Umsetzung von
Großprojekten zu erarbeiten. Ziel ist es, ein umfassendes Dialog- und
Beteiligungskonzept bereitzustellen, das Bürgerinnen und Bürger frühzeitig,
umfassend und in verständlicher Form informiert sowie Möglichkeiten einer
Beteiligung an grundsätzlichen Entscheidungen in allen Entwicklungs- und
Planungsphasen eröffnet. Transparenz, Kommunikation und Beteiligung sollen in
einem solchen Dialogkonzept längsschnittartig das gesamte Planungs- und
Umsetzungsvorhaben begleiten.
Das politische Anliegen einer verstärkten Bürgerbeteiligung richtet sich nicht allein
auf infrastrukturelle Bauprojekte, sondern auch auf politisch relevante
Reformvorhaben. Mit dem zu entwickelnden Dialog- und Beteiligungskonzept (vor
allem) für Großprojekte verbindet sich der Anspruch der Weiterentwicklung unserer
politischen Kultur sowie der Stärkung der repräsentativen Demokratie durch den
Ausbau vo,n Partizipationsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger. Das Konzept
soll den Namen "Beteiligungswege Rheinland-Pfalz" tragen. Die Sicherstellung von
Beteiligungsgerechtigkeit ist hierbei ein zentrales Anliegen. Bürgerbeteiligung muss
grundsätzlich alle Bevölkerungsgruppen in den Blick nehmen.
Die Interministerielle Arbeitsgruppe hat seit ihrer Einsetzung am 26. Januar 2011
sechs Mal getagt. ln Unterarbeitsgruppen wurden die einzelnen Planungsphasen im
Hinblick auf erweiterte Beteiligungsmöglichkeiten intensiv beraten. Der Fokus der
IMA liegt auftragsgemäß auf den infrastrukturellen Großprojekten.
Zur Identifizierung von Möglichkeiten einer erweiterten Bürgerbeteiligung wurden drei
Phasen der Planung und Umsetzung von infrastrukturellen Großprojekten
unterschieden: (1) Phase der politischen Entscheidungstindung (zu einem
Großprojekt), (2) Raumplanerische Verfahren, (3) Zulassungs- und
Genehmigungsverfahren. Die hier schematisch voneinander abgegrenzten Phasen
der Planung und Realisierung von Großprojekten sind nicht als Abfolge klar
getrennter Prozesse zu denken. Vielmehr überlappen sie sich bisweilen oder
verlaufen parallel. Die gewählten Beteiligungsverfahren in den verschiedenen
Phasen gilt es daher notwendigerweise miteinander zu verschränken.
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1. Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für Bürgerbeteiligung bei Großprojekten
Für ernsthafte und erfolgreiche Bürgerbeteiligung gelten e1n1ge zentrale
Erfolgsfaktoren, die in besonderer Weise für öffentlich sensible Großvorhaben und
Reformprojekte gelten. Folgende Punkte sind für Beteiligungsprozesse bei
Großprojekten - unabhängig von der Realisierungsphase - daher grundsätzlich zu
bedenken:
• Die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, Federführung und
Verantwortlichkeilen für das konkrete Großprojekt müssen klar identifiziert
werden.
• Verbindlichkeitsgrade der Beteiligungsverfahren müssen transparent sein - das
heißt, den Bürgerinnen und Bürgern muss deutlich gemacht werden, inwiefern
sie tatsächlich (noch) Einfluss auf eine Entscheidung nehmen können und ihre
Vorschläge und Hinweise in Planungsprozessen berücksichtigt werden. Nur
durch eine präzise Klärung dieser Frage kann vermieden werden, dass
Scheinbeteiligungen und damit verbundene Enttäuschung und Resignation
erlebt werden.
• Die Auswahl der Beteiligungsinstrumente muss gut überlegt sein und in
Abhängigkeit von Thema, Stand des Verfahrens und Beteiligtenkreis erfolgen.
• Die gewählten Verfahren in der Frühphase eines Projektes (politische
Entscheidungsfindung) müssen anschlussfähig sein an · Beteiligungen in
späteren Phasen (insbesondere im Rahmen der raumplanerischen sowie der
Zulassungs- bzw. Genehmigungsverfahren).
• Die gewählten Verfahren müssen flexibel auf Veränderungen reagieren können,
die sich im Verlauf des Beteiligungsprozesses ergeben können.
• Für die Realisierung von Beteiligungsmodellen müssen Ressourcen zur
Verfügung gestellt werden. Dies betrifft finanzielle Ressourcen ebenso wie
fachliche. Die Durchführung von Bürgerbeteiligung benötigt aus methodischen
wie aus Gründen der Legitimität externe Begleitung und Moderation.
• Eine nicht unerhebliche Herausforderung stellt schließlich die Sicherstellung von
Beteiligungsgerechtigkeit dar. Bürgerbeteiligung darf sich nicht nur an eine
besondere "Elite" richten, sondern muss grundsätzlich allen Gruppen zugänglich
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gemacht werden. Es müssen geeignete Instrumente und Verfahren gefunden
werden, um die zu beobachtende soziale Selektion untere
Bevölkerungsschichten beteiligen sich weniger stark an Volksabstimmungen -
zu vermeiden.
• Die Sorge, dass mehr Bürgerbeteiligung die Substanz der repräsentativen
Demokratie bedrohen könnte, ist unbegründet. Im Gegenteil, die Qualität der
Repräsentation und die Verantwortlichkeit der Regierenden wird durch die
verstärkte Mobilisierung der "Mutbürgerinnen und Mutbürger" verbessert. Eine
solche Grundhaltung, die gegenüber den beteiligten Bürgerinnen und Bürgern
auch zum Ausdruck gebracht wird, ist eine wichtige Voraussetzung für
Partizipationsprozesse.
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2. Bürgerbeteiligung: Ansätze, Instrumente und Verfahren
ln den vergangenen Jahren ist ein breites Spektrum unterschiedlicher Verfahren der
Bürgerbeteiligung entwickelt und erprobt worden. Insbesondere auf kommunaler
Ebene wird mit den verschiedenen Verfahren intensiv experimentiert. Aber auch auf
Landes- und Bundesebene werden Beteiligungsansätze in zunehmendem Maße
praktiziert. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze, Instrumente und
Verfahren der Bürgerbeteiligung überblicksartig dargestellt. Sie können je nach
Beteiligungsgegenstand und Verfahrensart zum Einsatz kommen.
2.1 Information und Transparenz
Ausgangspunkt für die wirksame Einbindung der Bürgerinnen und Bürger ist die
Offenlegung vorhandener Informationen und die Herstellung von Transparenz über
die aktuellen Verfahrensschritte und anstehenden Entscheidungen. Dabei kommt es
darauf an, Informationen für die breite Öffentlichkeit verfügbar zu machen, eine klare
und einfache Sprache zu wählen und Verständlichkeit zu gewährleisten. Mit
Bürgerversammlungen, Konsultationen und öffentlichen Expertengesprächen,
Informationsbroschüren I-flyern für die Haushalte usw. kann diesem Anspruch bspw.
Rechnung getragen werden.
Auch die frühzeitige Information und Einbindung von Presse und Medien sowie
deren Berichterstattung kann die Planung eines Großprojektes in das Bewusstsein
der Bürgerinnen und Bürger rücken. Nicht zuletzt sind künftig hierfür auch die
Möglichkeiten der neuen Medien stärker zu nutzen (siehe Punkt 2.3).
2.2 Informelle, konsultative Verfahren der Bürgerbeteiligung
Um die Bürgerinnen und Bürger nicht nur zu informieren, sondern aktiv an der
politischen Entscheidungstindung zu beteiligen, steht das umfangreiche Repertoire
informeller Beteiligungsverfahren zur Verfügung. Die informellen
Beteiligungsverfahren sind klar von den direktdemokratischen
Beteiligungsmöglichkeiten zu unterscheiden. Sie sind nicht gesetzlich verankert bzw.
geregelt, spielen in der Praxis auf kommunaler Ebene wie auf Landesebene zum Teil
aber eine deutlich größere Rolle. Anders als bei Bürgerbegehren und -entscheiden
geht es bei diesen Verfahren nicht um eine Ja/Nein-Entscheidung, sondern vielmehr
darum, die Bürgerinnen und Bürger möglichst frühzeitig zu informieren und bei der
Suche nach tragfähigen Lösungen für politische Herausforderungen und Probleme
einzubinden.
- 10-
ln den vergangenen Jahren ist ein breites Spektrum unterschiedlicher Methoden und
Modelle der informellen Bürgerbeteiligung entwickelt und erprobt worden, das sich in
verschiedenen Situationen einsetzen lässt. Zu den wichtigsten Verfahren gehören
Planungszellen, Zukunftswerkstätten, Bürgerbefragungen, Open Space sowie
Bürgerkongresse und Bürgerkonferenzen. Bevölkerungsbefragungen etwa in Form
des Bürgerpanels können dazu beitragen, ein - ggf. sogar repräsentatives -
Meinungsbild der Bürgerinnen und Bürger zu konkreten Vorhaben und Planungen zu
gewinnen. Auch über die neuen Medien bieten sich vielfältige Möglichkeiten der
Bürgerbeteiligung (Online-Beteiligung, E-Partizipation). Derzeit werden in diesem
Bereich zahlreiche neue Modelle entwickelt und erprobt, die künftig stärker zu nutzen
sind.
Die Unterschiedlichkeit der Modelle ermöglicht es auch, ganz gezielt verschiedene
Bevölkerungsgruppen und ihre Meinung einzubinden (nicht nur "Beteiligungseliten",
sondern auch "beteiligungsferne" Gruppen). Dies gilt auch für ausländische
Einwohnerinnen und Einwohner, die bei Wahlen und Abstimmungen nicht
stimmberechtigt sind.
Empfehlung: Es muss unser Anliegen sein, bei Beteiligungsangeboten alle
Bevölkerungsgruppen im Blick zu haben und Instrumente anzubieten, die allen
Bürgerinnen und Bürgern Meinungsbildung und Mitgestaltung ermöglichen. Die
Möglichkeiten und Befähigung zur Beteiligung aller Gruppen - vor allem
Beteiligungsunerfahrener-sollen gestärkt werden (empowerment).
Die Stärke informeller Beteiligungsverfahren liegt vor allem darin, dass sie es
ermöglichen, frühzeitig Kreativität, Erfahrungen und Kritik der Bürgerinnen und
Bürger in einem transparenten Verfahren zu berücksichtigen. Gerade in dieser
frühen Phase der Projektplanung gibt es in der Regel noch genügend Spielräume
und Offenheit, Planungen zu verändern, anzupassen, zu modifizieren. Entscheidend.
ist dabei wie generell für Ansätze der Bürgerbeteiligung, dass es einen klaren
politischen Willen zur Berücksichtigung der Ergebnisse gibt, das Verfahren damit auf
Ernsthaftigkeit basiert.
2.3 E-Partizipation
Elektronische Bürgerbeteiligung (E-Partizipation) kann beispielsweise mit der
elektronischen Bereitstellung von Unterlagen (für bspw. die Bauleitplanung oder
einen Bürgerhaushalt) und daran angepassten Möglichkeiten der Meinungsbildung
und -bekundung erfolgen. Die elektronische Form der Beteiligung öffnet einen
- 11 -
weiteren Kommunikationsweg zwischen der Verwaltung und den Bürgerinnen und
Bürgern. Dabei sind die im Rahmen von E-Partizipation erfolgten elektronischen
Eingaben und Anmerkungen der Bürgerinnen und Bürger - analog zu anderen
Bereichen des Verwaltungshandeins (z.B. elektronischer Rechtsverkehr) - in
gleicher Weise zu berücksichtigen wie über die bisher genutzten Wege (Brief, Fax
und Telefon) eingehende Eingaben und Anmerkungen.
Es muss unterschieden werden zwischen den E-Partizipationsverfahren, die die
politische Meinungsbildung und Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger unterstützen,
und solchen, die der Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger bei der Erledigung
öffentlicher Aufgaben der Verwaltung dienen.
in der vom IT-Pianungsrat im September 2010 verabschiedeten nationalen E
Government-Strategie (NEGS) ist die elektronische Bürgerbeteiligung als
eigenständiger Zielbereich benannt. Im Maßnahmenkatalog wird dabei ausdrücklich
erwähnt, dass eine BündeJung der Angebote der Verwaltung auf dem Gebiet der E
Partizipation angestrebt wird. in der landesspezifischen E-Government-Strategie von
Rheinland-Pfalz wird die E-Partizipation ebenfalls als eigenständiges Ziel
vorgesehen. Bereits heute werden in Rheinland-Pfalz elektronische
Bürgerbeteiligungsverfahren angeboten. Als Beispiele hierfür sind die
Bürgerhaushalte Trier (http://www.buergerhaushalt-trier.de) und Worms
(http://www.worms.de/deutsch/rathaus/buergerhaushalt/index.php) sowie die
Bürgerbeteiligung im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform
(www.buergerkongresse.rlp.de) zu nennen.
Rheinland-Pfalz verfügt aufgrund eines homogenen, gemeinschaftlich genutzten
Verwaltungsnetzes (rlp-Netz), das auch den kommunalen Bereich umfasst, und den
dort bereitgestellten Basisdiensten (rlp-middleware) über eine stabile Infrastruktur.
Die sich daraus ergebenden Synergieeffekte konnten in der Vergangenheit bereits
häufig genutzt werden. Eine strategische Ausrichtung des Themas "elektronische
Bürgerbeteiligung" für das Land bedeutet für die Technik die Schaffung von zentral
nutzbaren, modular aufgebauten Lösungen.
Die zuvor genannten Anforderungen bedeuten hinsichtlich der technischen
Umsetzung vielfach nur Abstufungsgrade bezüglich des Datenschutzes und der
Datensicherheit Der Unterschied zwischen einer Bürgerinformation, der informellen
Bürgerbeteiligung und einem Volksentscheid zeigt das sehr deutlich. Bei diesen
Beteiligungsformen werden unterschiedliche Anforderungen an die Berechtigung, an
die Identität bzw. an die Authentizität gestellt. Wenn ein geschlossener Nutzerkreis
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von Berechtigten adressiert wird, muss gewährleistet sein, dass nur dieser
entsprechende (elektronische) Eingaben oder Anmerkungen abgeben kann.
Empfehlung: Im Rahmen der weiteren Maßnahmen sollte geprüft werden, wie die
bereits vorhandenen Dialog- und Partizipationsplattformen der unterschiedlichen
Verwaltungsebenen evaluiert werden können und welche Anforderungen an weitere
zu stellen sind. Dabei sind die verschiedenen Formen der Beteiligung und Mitwirkung
der Bürgerschaft auf der Landesebene wie auch auf der kommunalen Ebene zu
berücksichtigen. Ziel der Untersuchung sollte es sein, die Anforderungen für zentral
nutzbare, modular aufgebaute technische Lösungen herauszuarbeiten.
2.4 Verhandlung, Mediation, Schlichtung
Sofern sich in einem Entscheidungsprozess zwei oder mehrere unvereinbare
Positionen herauskristallisieren, kann über Verfahren der Verhandlung, Mediation
oder Schlichtung eine frühe Kompromisstindung angestrebt werden.
Verhandlung meint die offene Diskussion und Auseinandersetzung ohne
übergeordnete Regulierungsinstanz und fixierte Regeln des Ablaufs. Bei der
Mediation verständigen sich die Parteien vorab auf einen Mediater, der gemeinsam
mit ihnen die Spielregeln der Auseinandersetzung vereinbart· und über deren
Einhaltung wacht, ohne selbst Position in der strittigen Sache zu beziehen oder
selbst ein Urteil abzugeben. Bei der Schlichtung kommt einem von beiden Seiten
akzeptierten Dritten die Aufgabe zu, bei der Kompromisstindung behilflich zu sein
und ggf. selbst einen Kompromissvorschlag vorzulegen.
2.5 Bürger-/ Volksentscheid
Zur Erweiterung der Bürgerbeteiligung bei raumbedeutsamen und politisch
relevanten Großvorhaben sind auch die Möglichkeiten der direkten Demokratie ins
Auge zu fassen. Hierbei sind die rechtlichen Regelungen für Bürgerbegehren und
-entscheide in der Gemeindeordnung bzw. für Volksbegehren und -entscheide in der
Landesverfassung maßgeblich. Eine direktdemokratische Entscheidung in einem
frühen Planungsstadium kann ggf. dazu beitragen, die Planungssicherheit für ein
Vorhaben deutlich zu erhöhen.
Im Ländervergleich war Rheinland-Pfalz bei den Vorraussetzungen für die
direktdemokratische Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bislang Schlusslicht.
Mit den im Rahmen der Kommunal- und Verwaltungsreform erzielten
Verbesserungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide (Absenkung der Queren,
- 13-
Streichung des so genannten Positivkatalogs) ist Rheinland-Pfalz im Länderranking
(des Vereins Mehr Demokratie e.V.) auf einen Mittelplatz vorgerutscht
Auf Landesebene gelten in Rheinland-Pfalz derzeit Regelungen für Volksbegehren
und Volksentscheide, die - so die häufige Kritik- mit hohen Hürden versehen sind.
Sofern die Bedingungen hierfür verbessert werden sollen, wären insbesondere
folgende Parameter ins Auge zu fassen:
• Das Unterschriftenquorum für Volksbegehren: es liegt derzeit bei 300.000
Unterschriften der Stimmberechtigten (ca. 10 %); im Ländervergleich variiert es
von 4 % bis 20 %.
• Die Eintragungsfrist für Volksbegehren: sie liegt derzeit bei 2 Monaten; im
Ländervergleich liegt sie zwischen 14 Tagen und 12 Monaten.
• Die Art der Unterschriftensammlung für Volksbegehren: derzeit müssen die
Unterschriften in Ämtern geleistet werden; alternativ gibt es die Möglichkeit der
freien Unterschriftensammlung sowie ggf. die Unterschriftensammlung durch
Nutzung der neuen Medien (etwa unter Einsatz des neuen Personalausweises).
• Das Beteiligungsquorum für Volksentscheide: es liegt derzeit bei 25 %; im
Ländervergleich variiert es von "kein Quorum" bis 50 %.
• Die Zu- bzw. Unzulässigkeif von Themen: finanzwirksame Entscheide sind
derzeit unzulässig.
Empfehlung: Es wird eine nennenswerte Absenkung des Unterschriftenquorums auf
150.000 empfohlen - dies entspricht ca. 5% der bei der letzten Landtagswahl
stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz. Außerdem soll die
Eintragungsfrist verlängert und die Art der Unterschriftensammlung deutlich
erleichtert werden.
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3. Bürgerbeteiligung in Raumordnungs- und Genehmigungsverfahren
Die politischen Auseinandersetzungen darüber, ob ein Großprojekt in Angriff
genommen wird und in welcher Form es umgesetzt werden soll, finden in der Regel
im Vorfeld von raumplanerischen Verfahren statt. in dieser frühen Phase des
Planungsprozesses, in der sich also die politischen Absichten zur Umsetzung eines
Vorhabens konkretisieren, bestehen weitreichende und bislang noch kaum
ausgeschöpfte Chancen für eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Bereits in
der Entstehungsphase eines Projektes muss es künftig in stärkerem Maße gelingen,
den Willen der Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen, ihre Ideen und
Vorstellungen, mögliche Kritikpunkte, Erfahrungen sowie die kreativen Potenziale der
engagierten Bürgerschaft in den Planungsprozess einfließen zu lassen.
Empfehlung: Es wird daher grundsätzlich empfohlen, bereits im Frühstadium der
Entwicklung von Großprojekten Methoden und Instrumente der Bürgerbeteiligung
(unter Beachtung der beschriebenen Herausforderungen und Erfolgsbedingungen)
einzusetzen. Sinnvoll erscheint dies vor allem bei Planungs-, Raumordnungs- und
Genehmigungsverfahren auf kommunaler Ebene und Landesebene.
Auf eine Definition von Großprojekten, deren Planung und Genehmigung einer
stärkeren Bürgerbeteiligung zugänglich gemacht werden sollen, wurde in der IMA
nach entsprechender fachlicher Prüfung verzichtet. Denn das Beteiligungs- und
Mitwirkungsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger richtet sich nicht nach der
schieren Größe eines Projekts. So sind in der Praxis etwa Bebauungspläne, die teils
nur ein einziges Grundstück betreffen, regelmäßig Gegenstand der öffentlichen
Diskussion, wenn es sich um eine für die Öffentlichkeit besonders relevante Fläche
(z. B. einen öffentlichen Platz) oder eine besonders problematische Nutzung (z. B.
ein Einkaufszentrum) handelt. Zudem bestünde bei der abstrakten Definition von
Großprojekten unvermeidlich die Gefahr der Ausgrenzung anderer Vorhaben, bei
denen das Bedürfnis nach öffentlicher Beteiligung und Mitwirkung ebenfalls groß ist.
Entscheidend ist aus Sicht der IMA, ob ein Vorhaben einem bestimmten Planungs-,
Raumordnungs- oder Genehmigungsverfahren unterfällt, von dem aufgrund von
langjährigen Praxiserfahrungen bekannt ist, dass es bei diesen Verfahren eine
kritische Öffentlichkeit geben kann. Die IMA hat ihrer Untersuchung also ein weites
Verständnis von Großprojekten zu Grunde gelegt und dabei sowohl
Mitentscheidungs- als auch Mitwirkungsrechte von Bürgerinnen und Bürger
einbezogen.
- 15-
3.1 Stärkung der kommunalen Bürgerbeteiligung
Öffnung der Baufeitplanung für Bürgerbegehren
Möglichkeiten zur Stärkung von Bürgerbeteiligungsrechten sind zunächst im Bereich
des Kommunalrechts festgestellt worden. Nach dem Bürgerbegehrensbericht 2007
des Vereins "Mehr Demokratie e.V." stehen bundesweit 43 Prozent aller
Bürgerbegehren im sachlichen Zusammenhang mit der kommunalen Bauleitplanung.
Auch Verkehrsprojekte, wie z. B. Umgehungsstraßen, die regelmäßig über
Planfeststellungsverfahren bzw. Bebauungspläne zugelassen werden, sind häufig
Gegenstand von Bürgerbegehren. Nach dem geltenden Recht der
Gemeindeordnung und der Landkreisordnung sind diese Verfahren in Rheinland
Pfalz aber von der Möglichkeit der Durchführung eines Bürgerbegehrens
ausdrücklich ausgeschlossen. Aus Sicht der IMA kann durch die Öffnung der
geltenden kommunalrechtlichen Bürgerbegehrensregelungen für Bauleitplan- und
Planfeststellungsverfahren eine deutliche Aufwertung der Bürgerbeteiligung erreicht
werden. Durchgreifende Erwägungen für die Beibehaltung der gesetzlichen
Ausschlusstatbestände sind nicht ersichtlich. Diese Verfahren sind -wie die Praxis
erfahrungen in anderen Bundesländern zeigen - nicht nur für Bürgerbegehren
geeignet, sie stehen sogar vielmehr im Fokus der Bürgerbeteiligung. Insofern dürfte
die Einbeziehung der Baufeitpläne und der Planfeststellungsverfahren auch in
Rheinland-Pfalz zu einer in der Praxis erheblichen Stärkung der Bürgerbeteiligung
führen.
Empfehlung: Die Ausschlusstatbestände in§ 17a Abs. 2 Nr. 6 und 7 der Gemeinde
ordnung und § 11 e Abs. 2 Nr. 6 der Landkreisordnung sollten gestrichen werden.
E-Partizipation bei der Baufeitplanung
Das Baugesetzbuch sieht für die Verfahren zur Aufstellung von Baufeitplänen bereits
vor, dass bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ergänzend elektronische
lnformationstechnologien genutzt werden können. Es sollte evaluiert werden, welche
Erfahrungen mit der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung unter Einsatz
elektronischer lnformationstechnologien bei den Gemeinden in Rheinland-Pfalz
vorliegen. Aufgrund dieser Ergebnisse sollte untersucht werden, ob und wie die E
Partizipation der Bürgerinnen und Bürger (auch im Rahmen möglicher
Bürgerbegehren) im Zusammenhang mit Verfahren zur Aufstellung von
Baufeitplänen eingeführt werden kann.
- 16-
Empfehlung: Die Möglichkeiten des Einsatzes von E-Partizipation im Zusammen
hang mit Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen sollten geprüft werden.
Staatliche Unterstützung von Bürgerbegehren
Die langjährige Praxis in allen Bundesländern zeigt, dass eine Vielzahl von Bürger
begehren als rechtlich unzulässig abgewiesen wird. Bundesweit liegt die Quote der
Unzulässigkeil von Bürgerbegehren bei 28 Prozent. Für Rheinland-Pfalz wird die
Quote der Unzulässigkeil sogar mit 30,6 Prozent angegeben. Diese hohe
Unzulässigkeilsquote ist im Hinblick auf die angestrebte Ausweitung und Stärkung
der Bürgerbeteiligung kontraproduktiv. Bürgerinnen und Bürger werden von der
Ausübung ihrer Beteiligungsrechte aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, weil
z.B. formale Fehler bei der Vorbereitung des Bürgerbegehrens gemacht worden
sind. Um die Quote der Unzulässigkeil von Bürgerbegehren zu senken und damit
mehr Bürgermitentscheidung zu ermöglichen, bietet es sich an, den Bürgerinnen und Bürgern einen staatlichen Ansprechpartner bzw. eine staatliche Ansprechpartnerin
zur Seite zu stellen, der die. Initiatorinnen und Initiatoren eines Bürgerbegehrens bei
der rechtssicheren Formulierung der Bürgerbegehren und dem weiteren
Verfahrensablauf unterstützt. Die Ansprechpartnerin bzw. der Ansprechpartner
könnte entweder zentralisiert, etwa bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion
(Argument: hohe Beratungsqualität), oder dezentral bei den jeweiligen
Kommunalaufsichtsbehörden (Argument: lokale Verankerung) angesiedelt sein.
Empfehlung: Die Einrichtung eines staatlichen Ansprechpartners bzw. einer staatlichen Ansprechpartnerin mit Beratungsaufgaben wird empfohlen. Sie bzw. er
soll Initiatorinnen und Initiatoren von Bürgerbegehren bei der rechtssicheren
Formulierung und Durchführung von Bürgerbegehren beraten.
Verzicht auf Kostendeckungsvorschlag
ln der Praxis scheitern viele Bürgerbegehren an dem Erfordernis der Vorbereitung
und Beifügung eines Kostendeckungsvorschlags für die finanziellen Folgen der vom
Begehren geforderten Maßnahme. Den Bürgerinnen und Bürgern fehlen nicht selten
die notwendigen Informationen oder das finanzwirtschaftliche Fachwissen, um die
Kostenfolgen eines Begehrens für die öffentliche Hand abschätzen zu können. Aus
der Praxis derjenigen Bundesländer, die Bürgerbegehren ohne das Erfordernis der
Beifügung eines Kostendeckungsvorschlags zulassen, sind soweit ersichtlich keine
relevanten Probleme bekannt, die einem Verzicht auf den Kostendeckungs
vorschlages entgegen stünden. Dies liegt auch darin begründet, dass
- 17-
Bürgerbegehren auch ohne einen solchen Vorschlag ohnehin den Grundsatz der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten haben. Die mit der Verpflichtung zur
Vorlage eines Kostendeckungsvorschlags verbundene hohe Zulässigkeilshürde für
Bürgerbegehren kann daher zur Stärkung der Bürgerbeteiligung gesenkt werden.
Empfehlung: Die Beratung der Initiatoren von Bürgerbegehren sollte auch die Frage
der Kostendeckung umfassen. Zu prüfen ist unter Einbeziehungen der Erfahrungen
aus den Gemeinden und Landkreisen, ob auf das Erfordernis eines
Kostendeckungsvorschlags ganz oder teilweise verzichtet werden kann.
Zuständigkeit für die Beurteilung der Zu Iässigkeit
Die Zuständigkeit für die Beurteilung der Zulässigkeil von Bürgerbegehren liegt nach
geltendem Recht allein beim Gemeinderat. ln der öffentlichen Wahrnehmung
bestehen gelegentlich, vor allem bei den Befürwortern eines Bürgerbegehrens
Zweifel an der Neutralität und Unvoreingenommenheit des Gemeinderats. Da sich
der Gemeinderat bei der Befassung mit der Zulässigkeil des Begehrens aber
regelmäßig mit dessen Inhalten auseinandersetzt und der Prüfung somit auch eine '
gewisse Abhilfefunktion innewohnt, sollte die Zulässigkeilsprüfung zwar
grundsätzlich beim Gemeinderat verbleiben. Ergänzend ist jedoch die Einbindung
der Rechtsaufsicht zu befürworten.
Empfehlung: Die Möglichkeit einer stärkeren Einbindung der Rechtsaufsicht bei der
Prüfung der Zulässigkeil von Bürgerbegehren sollte erwogen und entsprechend
gesetzlich vorgesehen werden.
lnitiierung eines Bürgerentscheids durch Gemeinderat
Die Frage, ob ein Bürgerentscheid allein von den Bürgerinnen und Bürgern und vom
Gemeinderat oder darüber hinaus durch ein zu bestimmendes Minderheitenquorum
des Gemeinderates initiiert werden kann, ist rechtlich und fachlich diskutiert worden.
Hierdurch könnte verhindert werden, dass eine Ratsmehrheit, die einen bestimmten
Bauleitplan jederzeit beschließen könnte, eine Beteiligung der Bürgerinnen und
Bürger. allein von deren Initiative abhängig macht. Übereinstimmung bestand in der
IMA zwar darin, dass einer solchen Regelung keine verfassungsrechtlichen
Einwände entgegenstehen. Mehrheitlich wird von einer derartigen Bestimmung aber
abgeraten. Da der Vorschlag indessen einen Weg zur deutlichen Erweiterung
plebiszitärer Elemente aufzeigt, könnte er gegebenenfalls von der laut
•
•
- 18-
Koalitionsvertrag einzuberufenden Enquetekommission des Landtages erörtert
werden.
3.2 Stärkung der Bürgerbeteiligung bei Raumordnungsverfahren
Das Raumordnungsverfahren ermöglicht es, die Bürgerinnen und Bürger sehr
frühzeitig an der Planung und Vorbereitung eines raumbedeutsamen Großvorhabens
zu beteiligen. ln Raumordnungsverfahren wird die betroffene und allgemeine
Öffentlichkeit bereits weitreichend informiert, beteiligt und in die Planung
einbezogen. Ergänzend werden nachfolgend weitere mögliche Neuerungen
vorgeschlagen, die auch die Möglichkeit einer Bürgerbefragung umfassen. Folgende
Verfahrensschritte im Raumordnungsverfahren zur stärkeren Beteiligung von
Bürgerinnen und Bürgern werden fachlich befürwortet:
Vor Beginn des Raumordnungsverfahrens
- . Erste Informationsveranstaltung (Unterrichtung der Gesamtheit der betroffenen
Öffentlichkeit über die Maßnahme, Moderation durch externes Kommunikations
büro).
Bürgerwerkstatt (Einbindung einer ausgewählten Öffentlichkeit, Moderation durch
externes Kommunikationsbüro) mit qualifiziertem themenbezogenem Ergebnis.
- Zweite Informationsveranstaltung (Vorstellung der wesentlichen Gutachten und
der Ergebnisse der Bürgerwerkstatt, Moderation durch externes Kommunikations
büro).
Bürgerbefragung (optional, Anschreiben an alle wahlberechtigten Bürgerinnen
und Bürger mit der Bitte um Rücksendung der beigefügten Stimmkarte "Vorhaben
ja- nein", Ergebnis der Befragung dient den zuständigen Gremien als
Entscheidungshilfe ).
jeweils mit Einstellung der Ergebnisse in das Internet.
Während der Durchführung des Raumordnungsverfahrens
Einstellung der Verfahrensunterlagen in das Internet (derzeit fakultativ).
- 19-
Nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens
Einstellung des abschließenden Entscheids in das Internet.
Informationsveranstaltung über den Abschluss des Raumordnungsverfahrens
(Moderation durch externes Kommunikationsbüro).
Ziel ist es, frühzeitig einen Konsens über das "Ob" eines Großvorhabens
herzustellen und Belange der Öffentlichkeit bei der Raumordnungsplanung effektiv
zu berücksichtigen. Die Inhalte der Raumerdung sind vielfach schon derart konkret,
dass über die Raumordnung bereits eine vorhabensbezogene Bürgerbeteiligung
stattfinden kann.
Ggfs. kann auch nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens und vor Einleitung des Genehmigungsverfahrens ein Bürgerentscheid durchgeführt werden, vgl. 3.1.
Empfehlung: Das Raumordnungsverfahren sollte ergänzend ausgestaltet werden.
Fachlich befürwortet werden die oben aufgeführten Verfahrensschritte der Stärkung
der Bürgerbeteiligung.
3.3 Stärkung der Bürgerbeteiligung bei Genehmigungsverfahren
Bürgermitentscheidungsrechte
Die IMA hat in einem weiteren Prüfungsschritt diejenigen Genehmigungsverfahren
identifiziert und näher untersucht, die für die Öffentlichkeit von Interesse sind (vgl.
Tabelle in der Anlage). Eine erhebliche Anzahl dieser Verfahren ist bundesrechtlich
geregelt. Insoweit ist weitergehend untersucht worden, ob und in welchem Umfang
der Landesgesetzgeber die Möglichkeit hat, abweichendes Verfahrensrecht zur
Stärkung der Bürgerbeteiligung zu regeln. ln der Rechtsprüfung war zunächst
festzustellen, ob die Genehmigungsverfahren für eine Bürgerbeteiligung in Form
einer echten Bürgermitentscheidung landesrechtlich geöffnet werden können.
Bürgerentscheide sind als rein verfahrensrechtliche Vorschrift im Sinne der Art. 84 ff.
· Grundgesetz einzustufen. Sie können daher grundsätzlich auf die
verfahrensrechtliche Regelungskompetenz des Landes gestützt werden. Zulässig ist
damit auch die Einführung von Regelungen zu verbindlichen Bürgerentscheiden
durch das Land bei "Abwägungsentscheidungen", wie etwa im Rahmen der
Planfeststellung. Etwas anderes gilt im Falle so genannter "gebundener
Entscheidungen" (d.h. Entscheidungen, bei denen der Verwaltung kein Ermessen
-20-
zukommt) oder bei einer "Ermessensreduzierung auf Null" (sprich in Situationen, bei
der der Verwaltung eigentlich ein Ermessen zukommt, auf Grund der
Besonderheiten im Einzelfall aber nur eine Entscheidung richtig ist).
Ergebnis der Prüfung ist jedoch auch, dass verbindliche Bürgerentscheide im
Rahmen der Planfeststellung erst nach Abschluss der Abwägung, sprich ganz am
Ende des Entscheidungsprozesses zulässig sind. Etwas anderes gilt mittelbar nur
dann, wenn Kommunen oder Kreise ausnahmsweise als Antragssteiler in
Planfeststellungsverfahren auftreten (etwa bei Kreisstraßen) und der Vorschlag der
IMA auf Streichung der§ 17a Abs. 2 Nr. 6 und 7 der Gemeindeordnung und§ 11e
Abs. 2 Nr. 6 der Landkreisordnung (vgl. 3.1.) angenommen wird. ln diesem Fall
könnten die Bürgerinnen und Bürger der antragstellenden Gebietskörperschaft
nämlich bereits die Frage der Stellung des Antrags auf Planfeststellung einem
Bürgerentscheid unterwerfen.
Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Einführung von Bürgerentscheiden
durch den Landesgesetzgeber bei den als öffentlichkeitswirksam identifizierten
Genehmigungsverfahren grundsätzlich zulässig ist, die Bürgerentscheide aber
regelmäßig am Ende des Abwägungsprozesses statthaft sind.
Letzteres ist aus Sicht der IMA als problematisch einzustufen. Es wird auf negative
Folgen für private Investitionen hingewiesen, wenn eine Mitentscheidung nur am
Ende und nicht am Anfang eines Planfeststellungsverfahrens rechtlich zulässig ist.
Zu diesem Zeitpunkt sind nicht nur erhebliche Planungskosten entstanden, sondern
auch bereits Verträge geschlossen und Bestellungen getätigt worden. Zudem kann
der Bürgerentscheid zu diesem späten Zeitpunkt nur noch eine destruktive Wirkung
entfalten, eine konstruktive Entwicklung ist hier nicht mehr möglich.
Da die Bürgerbeteiligung vordringlich dazu dienen sollte, die Bürgerinnen und Bürger
an der Planung und Gestaltung von Infrastrukturvorhaben teilhaben zu lassen und
zugleich zu erkunden, ob eine gesellschaftliche Grundakzeptanz für ein Vorhaben
besteht, wird die Einführung von Bürgerentscheiden am Ende des
Genehmigungsprozesses nicht befürwortet. Um die mit der Bürgerbeteiligung
angestrebten Ziele zu erreichen, ist es vielmehr notwendig, die Bürgerinnen und
Bürger in einem möglichst frühen Stadium an der Planung zu beteiligen. Aus Sicht
der IMA bietet sich hierfür insbesondere das Raumordnungsverfahren an, das schon
heute in vielen Fällen in einem hohen Detaillierungsgrad geführt wird und so das
jeweilige Vorhaben mit seinen Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger fassbar
macht.
-21 -
Ungeachtet dessen gilt es, auch die Genehmigungsverfahren bürgerfreundlicher zu
gestalten und hierbei insbesondere die Transparenz der Verfahren zu erhöhen.
Informelle und konsultative Instrumente der Bürgerbeteiligung können und sollten
daher auch im Genehmigungsverfahren angewendet werden. Insbesondere sollten
Genehmigungsverfahren transparenter gestaltet werden und eine stärkere
Einbindung der Bürgerinnen und Bürger erfolgen, etwa durch die aktive Information
der Öffentlichkeit, die stärkere Nutzung des Interneis sowie die Durchführung von
Erörterungsterminen und ggfs. auch von Mediationsverfahren (vgl. hierzu irn
Einzelnen die Ausführungen unter 3.2 sowie in Kap. 2.).
Empfehlung: Es - wird vorgeschlagen, verbindliche Bürgerentscheide in
vorgelagerten Verfahren, vor allem im Raumordnungsverfahren, durchzuführen, weil
Bürgerentscheide im Genehmigungsverfahren regelmäßig erst am Ende des Verfahrens zulässigerweise durchgeführt. werden können und die mit der
Bürgerbeteiligung verfolgten Ziele, die Einbindung und Teilhabe der Bürgerinnen und
Bürger zur Findung von tragfähigen Lösungen und Kompromissen, sich in diesem
späten Verfahrensstadium nicht mehr erreichen lassen.
Bürgermitwirkungsrechte
Die Stärkung der Bürgerbeteiligung in Genehmigungsverfahren kann auf
verschiedene Weise und durch unterschiedliche Instrumente erfolgen. Es werden
flexible Vorgaben an die Verwaltung empfohlen, da der Umfang der
Bürgerbeteiligung an der Erforderlichkeil im Einzelfall auszurichten ist, z. B. der
öffentlichen Wahrnehmung, den individuellen Betroffenheilen und der Größe bzw.
Investitionssumme des Vorhabens. Dabei sind die Kosten und der Nutzen einer
umfangreichen Bürgerbeteiligung zu berücksichtigen. Insbesondere bei gebundenen
Entscheidungen zu Vorhaben privater Träger sollte vermieden werden, dass durch
eine Beteiligung Erwartungen in der Bürgerschaft geweckt werden, die aufgrund der
geltenden Rechtslage nicht erfüllt werden können.
Empfehlung: Bestehende Beteiligungsmöglichkeiten sollen der Verwaltung in Form
eines Instrumentenkastens (ggfs. Verwaltungsvorschrift) zur Verfügung gestellt
werden und dieser erlauben, die im Einzelfall passenden Beteiligungsinstrumente
auszuwählen und auf ggfs. erforderliche Veränderungen während des Verfahrens zu
reagieren. Hinsichtlich möglicher Instrumente der Bürgerbeteiligung wird auf die
obigen Ausführungen (Kap. 2) verwiesen.
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a) Frühzeitige, aktive und begleitende Information der Öffentlichkeit
Die Öffentlichkeit sollte frühzeitig, aktiv und begleitend über ein geplantes
Großvorhaben informiert werden. Die Bürgerinnen und Bürger sollen bei
Großvorhaben über die öffentlichen Medien informiert und zu einer oder mehreren
Informationsveranstaltungen vor Ort eingeladen werden. Es genügt in der Praxis
nicht, Verfahren lediglich in Amtsblättern und Tageszeitungen bekannt zu machen
sowie die Unterlagen in einer ggfs. räumlich entfernten Behörde mit beschränkten
Öffnungszeiten auszulegen. Die Öffentlichkeit sollte vielmehr in effektiver Weise
beteiligt werden und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem alle Optionen noch offen
stehen. Neben einer Veröffentlichung im Internet sind wichtige Interessengruppen,
insbes. anerkannte und damit klagebefugte Vereinigungen aktiv über das Vorhaben
und die Planauslegung zu informieren. Die aufgrund einer ministeriellen Absprache
langjährig erprobte Praxis des Landesbetriebs Mobilität im Bereich der
Verkehrsprojekte sollte auf alle relevanten Planfeststellungsverfahren von
Großverfahren übertragen werden.
Empfehlung: Die Öffentlichkeit soll frühzeitig, aktiv und verfahrensbegleitend über
die Planungs- und Genehmigungsverfahren eines Großvorhabens informiert werden.
Das gilt vor allem für Betroffene und Interessengruppen.
b) Internetveröffentlichung und moderne Kommunikation
Für jedes Großvorhaben von hoher politischer Bedeutung sollte vorzugsweise eine
Internetseite eingerichtet werden, auf der alle relevanten Informationen zu dem
Vorhaben zur Verfügung gestellt werden. Diese Internetseite ist möglichst frühzeitig
zu erstellen, damit ihre Webadresse bei den ersten Berichten in den Medien bereits
mit übermittelt werden kann. Darüber hinaus soll auf der Website die Möglichkeit zu
Fragen und Kommentaren zu dem Vorhaben bestehen. Wichtig kann eine
Visualisierung des Projekts sein, z. B. bei größeren Bauwerken wie Brücken oder
Straßen. Die Internetplattform kann je nach Bedeutung des Vorhabens durch die
Nutzung von sozialen Netzwerken, z. B. Facebook, Twitter, ausgebaut oder auch als
Blag verwendet werden. Die Einrichtung einer zentralen Internet-Plattform der
Landesregierung für die Bekanntmachungen und die Informationen über alle
wichtigen Planungs- und Planfeststellungsverfahren erscheint sinnvoll. Diese könnte
integraler Bestandteil der im Koalitionsvertrag erwähnten E-Partizipations-Piattform
des Landes sein.
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Empfehlung: Bei der Kommunikation mit der Öffentlichkeit sollen moderne Formen
und Wege der Kommunikation stärker genutzt werden. Die E-Partizipations-Piattform
des Landes wird auch in diesem Zusammenhang begrüßt und deren Einbindung in
Genehmigungsverfahren angeregt.
c) Antragsberatung und Absteckung des Untersuchungsrahmens
Der Vorhabenträger ist bei Verfahren, insbesondere bei der Durchführung einer
gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung frühzeitig hinsichtlich
seines Antrages von der Behörde zu beraten. ln einem "Scoping-Termin" soll der
Rahmen der nachfolgenden Untersuchung der Auswirkungen eines Vorhabens auf
die Umwelt frühzeitig abgesteckt werden. Die Behörde soll dabei nach
pflichtgemäßem Ermessen auch über die Einbeziehung von anerkannten Umwelt
und Naturschutzvereinigungen und sonstigen von der Planung erheblich Betroffenen
entscheiden, um möglichst frühzeitig Kenntnis von den im Rahmen der
Umweltverträglichkeitsprüfung zu ermittelnden Belange zu erlangen und spätere
Informationsnachforderungen und Nachermittlungen bei der
Umweltverträglichkeitsprüfung soweit möglich zu vermeiden.
Empfehlung: Die Behörden sollen bereits bei der Antragsberatung in Verfahren mit
Umweltverträglichkeitsprüfung nach pflichtgemäßem Ermessen über die
Einbeziehung von anerkannten Umwelt- und Naturschutzvereinigungen und
sonstigen vom Großvorhaben Betroffenen entscheiden.
d) Öffentlichkeits- und Pressearbeit vor Ort
Für Großvorhaben soll nach jeder Planungsphase geprüft werden, ob die
Durchführung einer öffentlichen Informationsveranstaltung zweckmäßig ist, um die
geplanten Maßnahmen den Bürgerinnen und Bürgern vorzustellen und ggfs. zu
diskutieren. Bei Straßenbauvorhaben könnte dies nach Erstellung einer
Machbarkeitsstudie, in der Phase der Detailplanung vor der haushaltsrechtlichen
Genehmigung, während der Ausschreibung der Baumaßnahmen und nach der
Vergabe erfolgen. Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit muss zeitnah und in
möglichst vielen Medienbereichen erfolgen. ln Betracht kommen neben den
Printmedien auch Hörfunk und Fernsehen sowie die Einstellung von Informationen
und Berichten ins Internet.
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Empfehlung: Die Öffentlichkeits- und Pressearbeit vor Ort soll bei Großvorhaben
zeitnah und in möglichst vielen Medienbereichen erfolgen. Dazu gehören in
geeigneten Fällen auch öffentliche lnformationsveranstaltungen.
e) Beratungsstelle für Großverfahren
Bei Großverfahren wird staatlichen Genehmigungsbehörden oder politischen
Entscheidungsträgern gelegentlich ein gewisses Misstrauen seitens der
Öffentlichkeit entgegen gebracht. Sie werden in diesen Fällen als "Partei" im
Verfahren wahrgenommen. Zudem werden Fehler in Anhörungs- und
Erörterungsverfahren gerügt, was zu Glaubwürdigkeits- und Legitimitätsverlusten bei
den Bürgerinnen und Bürgern führen kann. Die Möglichkeit einer Mediation durch
eine "neutrale Schlichterin" bzw. einen "neutralen Schlichter'' kann in diesen Fällen
zu einer Befriedung im Genehmigungsverfahren führen oder zumindest beitragen.
Die Einrichtung einer Beratungsstelle für Großverfahren sollte näher geprüft werden.
Die Beratungsstelle kann eine mittelbare oder unmittelbare Begleitfunktion in
Genehmigungsverfahren einnehmen und ggfs. bei entsprechendem Bedarf auch die
Aufgabe der Mediation und Streitschlichtung übernehmen.
Empfehlung: Die Prüfung, ob eine "Beratungsstelle für Großverfahren" im Land
geschaffen werden kann, wird empfohlen. Das Aufgabenspektrum kann sich auf
mittelbarere Begleitfunktionen in Genehmigungsverfahren beschränken oder
weitergehend auch Aufgaben der unmittelbaren Streitschlichtung oder Mediation
umfassen.
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4. Anregungen für die Arbeit der künftigen Enquete-Kommission des Landtages
Aus den intensiven Beratungen der Interministeriellen Arbeitsgruppe, die sich in
ihren Überlegungen vor allem auf Beteiligungsprozesse im Rahmen infrastruktureller
Großprojekte konzentrierten, ergeben sich eine Reihe von weiterführenden
Hinweisen und Anregungen, die grundsätzlicher Natur sind, sich auf andere
Beteiligungsfelder beziehen und sich generell auf Fragen der Weiterentwicklung der
Demokratie richten. Die im Folgenden gebündelten Punkte verstehen sich daher als
Anregungen, die von der im Koalitionsvertrag angekündigten Enquete-Kommission
des Landtages aufgegriffen werden könnten:
Grundsätzliche Fragen
• Formulierung eines "Leitbildes" für ein modernes Demokratieverständnis mit
erweiterten Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung (Woraufhin soll Bürgerbeteiligung
gestärkt werden?)
• Ausbau der direkten Demokratie auf kommunaler, Landes- und Bundesebene
• Information über und Bewusstsein für Vielfalt von Beteiligungsmöglichkeiten
(informelle Verfahren, E-Partizipation, etc.)
• Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene (Weiterentwicklung des Leitbildes
"Bürgerkommune")
• Frühe Bildung und Erziehung (Demokratiepädagogik, Ansätze von civic education
in Bildungsinstitutionen)
Konkrete Herausforderungen und Beteiligungsfelder
• Bürgerbeteiligung im Rahmen der nächsten Stufen der Kommunal- und
Verwaltungsreform
• Ausbau von Bürgerbeteiligung bei Großprojekten: Auseinandersetzung mit den
Vorschlägen und Ansätzen der IMA
• Weiterentwicklung einer beteiligungsfreundlichen öffentlichen Verwaltung
• Beteiligungsfreundliche Entwicklung öffentlicher Institutionen und Einrichtungen
(Schule, soziale Einrichtungen und Dienste)
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• Blick in die Zivilgesellschaft beteiligungsfreundliche Entwicklung
zivilgesellschaftlicher Organisationen (Vereine, Verbände, Kirchen, Parteien,
Gewerkschaften, etc.)
• Blick auf Europa: Europäische BOrgerinitiative nutzbar machen, BOrgerbeteiligung
in europäischen Grenzregionen, etc.
Es wäre ein Widerspruch in sich, wOrde die Arbeit der Enquete-Kommission nicht
auch selbst partizipativ angelegt werden. Durch regelmäßige Information (z.B. auf
einer eigens eingerichteten lnternetseite), BOrgerforen, zielgruppenbezogene
Beteiligungsangebote (z.B. Jugendforen) und weitere geeignete Instrumente sollten
jenseits der Anhörung von Expertinnen und Experten und Verbänden interessierte
BOrgerinnen und BOrger in die Debatten der Enquete-Kommission einbezogen
werden.
Die Interministerielle Arbeitsgruppe sollte - auch im Hinblick auf die kOnftige
Enquete-Kommission - ihre Arbeit fortsetzen. ln ihr sind die Vertreterlinnen der
zuständigen Fachreferate aller Ressorts und damit der Sachverstand sowohl in
grundsätzlichen Fragen von Bürgerbeteiligung als auch der speziellen Fragen und
Aufgaben von Planungs- und Genehmigungsverfahren bei Großprojekten
versammelt. Die IMA kann damit auf Seiten der Landesregierung als
Begleitinstrument fOr die Arbeit der Enquete-Kommission fungieren.
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