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VorlesungLineare Optimierung
(Sommersemester 2010)Kapitel 6: Die Geometrie der Linearen Optimierung
Volker Kaibel
Otto-von-Guericke Universitat Magdeburg
(Version vom 15. Juni 2010)
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Gliederung
Das Dekompositionstheorem fur Polyeder
Affine Hullen und Dimension von Polyedern
Seiten von Polyedern
Irredundante Darstellungen von Polyedern
3
Homogenisierung von Polyedern
4
Theoreme von Weyl/Minkowski
Satz 6.1 (Dekompositionssatz fur Polyeder)
Eine Menge P ⊆ Rn ist genau dann ein Polyeder, wenn man sie als
P = conv V + ccone U
mit endlichen Mengen V ,U ⊆ Rn darstellen kann; einPolyeder P ⊆ Rn ist genau dann rational (d.h. durch ein linearesUngleichungssystem mit rationalen Koeffizienten definierbar), wennman U und V in der Darstellung als Mengen U,V ⊆ Qn rationalerVektoren wahlen kann.
Bezeichnungen
I P = {x ∈ Rn |Ax ≤ b}: Außere Darstellung
I P = conv V + ccone U: Innere Darstellung
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Kodierungslangen
Bemerkung 6.2
Sind A und b rational, so kann man rationale U und V so wahlen,dass die Kodierungslange jeder Komponente eines Vektors inV ∪ U polynomial in der maximalen Kodierungslange einesEintrags in (A, b) beschrankt ist (|V ∪ U| lasst sich aber i.a. nichtpolynomial in der Kodierungslange von (A, b) beschranken).
Bemerkung 6.3
Sind V und U rational, so kann man rationale A und b so wahlen,dass die Kodierungslange jeden Eintrags in (A, b) polynomial in dermaximalen Kodierungslange einer Komponente eines Vektorsaus V ∪U beschrankt ist (die Anzahl der Ungleichungen in Ax ≤ blasst sich aber i.a. nicht polynomial in der Kodierungslange vonV ∪ U beschranken).
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Lineare Optimierung und innere Darstellungen
Bemerkung 6.4
Sind V ,U ⊆ Rn endliche Mengen und c ∈ Rn, so ist dasOptimierungsproblem
max{〈c , x〉 | x ∈ P} mit P = conv V + ccone U (1)
genau dann unzulassig, wenn V = ∅ ist. Andernfalls ist (1) genaudann unbeschrankt, wenn 〈c, u〉 > 0 fur ein u ∈ U ist, und fallskein solches u existiert, ist jedes v? ∈ V aus der endlichenMenge V mit 〈c , v?〉 = max{〈c , v〉 | v ∈ V } eine Optimallosungvon (1).
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Konsequenzen
Polynomiale Zertifikate
I Ist ein lineares Optimierungsproblem mit rationalen Datenweder unzulassig noch unbeschrankt, so hat es eine (rationale)Optimallosung, deren Kodierungslange polynomial in derKodierungslange der Problems beschrankt ist.
I Außerdem kann man (via starker Dualitat) die Optimalitateiner solchen Optimallosung in polynomialer Zeit beweisen.
I Das Entscheidungsproblem”Ist Ax ≤ b losbar“ (fur rationale
A, b) ist in NP∩ coNP (gute Charakterisierung).
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Charakteristischer Kegel / Rezessionskegel
Definition 6.5
Der charakteristische Kegel (Rezessionskegel) eines PolyedersP ⊆ Rn ist
char(P) = {y ∈ Rn | x + y ∈ P fur alle x ∈ P} .
Satz 6.6
Fur jedes nicht-leere Polyeder ∅ 6= P = P≤(A, b) = Q + K (mitA ∈ Rm×n, b ∈ Rm, einem Polytop Q ⊆ Rn und einempolyedrischen Kegel K ⊆ Rn) gelten:
1. char(P) = K
2. char(P) = P≤(A,Om)
3. char(P) = {y ∈ Rn | x? + ccone{y} ⊆ P} fur alle x? ∈ P
9
Beispiel
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Polytope
Definition 6.7
Ein Polyeder, das beschrankt (also kompakt) ist, heißt Polytop.
Bemerkung 6.8
Fur nicht leere Polyeder P ⊆ Rn sind folgende Aussagen paarweiseaquivalent:
1. P ist ein Polytop.
2. char(P) = {On}3. P = conv V fur eine endliche Menge V ⊆ Rn
Bemerkung 6.9
Polyeder sind also genau die Minkowski-Summen eines Polytopsund eines polyedrischen Kegels.
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Der Linealitatsraum
Definition 6.10
1. Der Linealitatsraum eines konvexen Kegels K ⊆ Rn ist
lineal(K ) = {y ∈ K | −y ∈ K} = K ∩ (−K ) ,
der großte in K enthaltene lineare Unterraum von Rn.
2. Der Linealitatsraum eines Polyeders P ⊆ Rn istlineal(P) = lineal(char(P)).
3. Ein Polyeder P ⊆ Rn ist spitz, wenn sein Linealitatsraumlineal(P) = {On} trivial ist. (Spitze Polyeder sind nicht leer(n ≥ 1).)
Satz 6.11
Fur Polyeder ∅ 6= P = P≤(A, b) (mit A ∈ Rm×n, b ∈ Rm) gelten:
1. lineal(P) = ker A
2. lineal(P) = {y ∈ Rn | x? + lin{y} ⊆ P} fur alle x? ∈ P
12
Beispiele
13
Beispiele
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Affine Hulle und Dimension
Satz 6.12
Fur jedes nicht leere Polyeder ∅ 6= P = P≤(A, b) (mit A ∈ Rm×n,b ∈ Rm) ist
aff P = {x ∈ Rn |AEq(P),?x = bEq(P)} .
Insbesondere ist die Dimension von P
dim P = dim aff P = n − rang(AEq(P),?) .
Dabei ist. . .
Eq(P) = EqAx≤b(P) = {i ∈ [m] | 〈Ai ,?, x〉 = bi fur alle x ∈ P}
15
Beispiele
16
Seiten
Definition 6.13
Eine Seite des Polyeders P ⊆ Rn ist eine Teilmenge F ⊆ P mitF = P ∩ H=(a, β) fur einen P enthaltenden HalbraumH≤(a, β) ⊇ P (mit a ∈ Rn, β ∈ R). Die Ungleichung 〈a, x〉 ≤ βdefiniert die Seite F .
Bemerkung 6.14
1. ∅ und P sind die trivialen Seiten von P.
2. Seiten von Polyedern sind Polyeder.
3. Die Menge der Optimallosungen eines (weder unzulassigennoch unbeschrankten) linearen Optimierungsproblems
γ = max{〈c, x〉 |Ax ≤ b, x ∈ Rn}ist genau die durch 〈c , x〉 ≤ γ definierte Seite von P≤(A, b).
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Implizierte Ungleichungen
Satz 6.15
Eine Ungleichung 〈a, x〉 ≤ β (mit a ∈ Rn, β ∈ R) ist genau danngultig fur ein nicht-leeres Polyeder ∅ 6= P≤(A, b) mit A ∈ Rm×n,b ∈ Rm (Ax ≤ b impliziert 〈a, x〉 ≤ β), wenn es y ∈ Rm
+ gibt mit
yTA = a und 〈y , b〉 ≤ β .
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Außere Darstellung von Seiten
Satz 6.16
Sei P = P≤(A, b) mit A ∈ Rm×n, b ∈ Rm.
1. Die Seiten von P sind genau die Mengen {x ∈ P |AI ,?x = bI}fur alle I ⊆ [m] und die leere Seite.
2. Fur jede nicht-leere Seite F von P giltF = {x ∈ P |AEq(F ),?x = bEq(F )}.
Die Dimension von F ist dim F = n − rang(AEq(F ),?).
3. Der Schnitt zweier Seiten von P ist eine Seite von P.
4. Seiten von Seiten von P sind Seiten von P.
5. Die nicht-leeren Seiten von P haben Dimensionen zwischendim lineal(P) und dim P (einschließlich).
Dabei ist. . .
Eq(F ) = EqAx≤b(F ) = {i ∈ [m] | 〈Ai ,?, x〉 = bi fur alle x ∈ F}
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Innere Darstellung von Seiten
Satz 6.17
Seien P = conv V + ccone U mit endlichen Mengen V ,U ⊆ Rn
und F eine von 〈a, x〉 ≤ β definierte Seite von P.
1. F = conv {v ∈ V | 〈a, v〉 = β}+ ccone {u ∈ U | 〈a, u〉 = 0}2. Falls F 6= ∅:
I char(F ) = char(P) ∩ H=(a, 0)(die von 〈a, x〉 ≤ 0 definierte Seite von char(P))
I lineal(F ) = lineal(P)
Bemerkung 6.18
Jedes Polyeder hat endlich viele Seiten.
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Irredundante außere Darstellungen
Definition 6.19
Eine irredundante außere Darstellung eines Polyeders P ⊆ Rn
ist ein System A(1)x = b(1), A(2)x ≤ b(2) (mit A(1) ∈ Rm1×n,b(1) ∈ Rm1 , A(2) ∈ Rm2×n, b(2) ∈ Rm2) mit
P = {x ∈ Rn |A(1)x = b(1),A(2)x ≤ b(2)} ,
so dass jedes echte Untersystem von A(1)x = b(1), A(2)x ≤ b(2) eingroßeres Polyeder als P definiert und fur kein i ∈ [m2] dieGleichung 〈A(2)
i ,?, x〉 = bi gultig fur P ist.
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Facetten
Definition 6.20
Die inklusionsmaximalen unter den nicht-trivialen Seiten einesPolyeders sind seine Facetten.
Satz 6.21
Eine nicht-triviale Seite F eines Polyeders P ist genau dann eineFacette von P, wenn dim F = dim P − 1 ist.
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Charakterisierung irredundanter außerer Darstellungen
Satz 6.22
Ist P 6= ∅ ein nicht-leeres Polyeder, so ist ein SystemA(1)x = b(1),A(2)x ≤ b(2)
genau dann eine irredundante außere Darstellung von P, wenn
1. aff P = {x ∈ Rn |A(1)x = b(1)} ist,
2. die Matrix A(1) vollen Zeilenrang hat,
3. jede Ungleichung in A(2)x ≤ b(2) eine Facette von P definiert
4. und jede Facette von P von genau einer Ungleichung ausA(2)x ≤ b(2) definiert wird.
23
Irredundante innere Darstellungen
Definition 6.23
Eine irredundante innere Darstellung eines Polyeders P ⊆ Rn
besteht aus endlichen Mengen V ,U ⊆ Rn mit
P = conv V + ccone U + lineal(P) ,
so dass fur alle echten Teilmengen V ( V und U ( UP ) conv V + ccone U + lineal(P)
undP ) conv V + ccone U + lineal(P)
ist.
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Minimale Seiten von Polyedern
Definition 6.24
Die inklusionsminimalen unter den nicht-leeren Seiten einesPolyeders sind seine minimalen Seiten.
Satz 6.25
Fur eine nicht-leere Seite F 6= ∅ eines Polyeders P = P≤(A, b)(mit A ∈ Rm×n, b ∈ Rm) sind folgende Aussagen paarweiseaquivalent (mit Eq(F ) = EqAx≤b(F )):
1. F ist eine minimale Seite von P.
2. F = {x ∈ Rn |AEq(F ),?x = bEq(F )}
3. F = {x?}+ lineal(P) fur alle x? ∈ F
4. dim F = dim lineal(P)
25
Beispiele
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Echte minimale Seiten von polyederischen Kegeln
Definition 6.26
Die inklusionsminimalen unter den vom Linealitatsraumverschiedenen Seiten eines polyederischen Kegels sind seine echtenminimalen Seiten.
Satz 6.27
Fur eine nicht-leere Seite G 6= ∅ eines polyedrischenKegels K = P≤(A,Om) (mit A ∈ Rm×n) sind folgende Aussagenpaarweise aquivalent (mit Eq(G ) = EqAx≤Om
(G )):
1. G ist eine echte minimale Seite von K .
2. G = {x ∈ Rn |AEq(G),?x = OEq(G), 〈Ai ,?, x〉 ≤ 0}fur alle i ∈ [m] \ Eq(G )
3. G = ccone{x?}+ lineal(K ) fur alle x? ∈ G \ lineal(K )
4. dim G = dim lineal(K ) + 1
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Ecken und Extremalstrahlen
Definition 6.28
1. Die (0-dimensionalen) minimalen Seiten {v} (oder auch vselbst) eines (spitzen) Polyeders sind seine Ecken.
2. Die (1-dimensionalen) echten minimalen Seiten eines (spitzen)polyederischen Kegels sind seine Extremalstrahlen. Dievon O verschiedenen Vektoren in einem Extremalstrahl sindseine Erzeuger.
Bemerkung 6.29
Ein Punkt v ∈ P in einem Polyeder P ist genau dann eine Eckevon P, wenn v 6∈ conv (P \ {v}) ist, d.h., wenn v einExtremalpunkt von P ist.
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Charakterisierung irredundanter innerer Darstellungen
Satz 6.30
Fur ein nicht-leeres Polyeder P und zwei endliche Mengen V ⊆ Pund U ⊆ char(P) ist
P = conv V + ccone U + lineal(P)
genau dann eine irredundante innere Darstellung von P, wenn
1. V aus jeder minimalen Seite von P genau einen Punkt und
2. U aus jeder echten minimalen Seite von char(P) genau einennicht in lineal(P) liegenden Vektor
enthalten.
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Folgerungen fur spitze Polyeder
Korollar 6.31
Fur spitze Polyeder P und endliche Mengen V ⊆ P undU ⊆ char(P) ist also genau dann P = conv V + ccone U, wenn Valle Ecken und U Erzeuger aller Extremalstrahlen von char(P)enthalt.
Korollar 6.32
Ein lineares Optimierungsproblem uber einem spitzen Polyeder istunbeschrankt oder nimmt sein Optimum in einer Ecke desPolyeders an.
Korollar 6.33
Eine spitzes Polyeder ist genau dann rational, wenn es nurrationale Ecken hat und sein charakteristischer Kegel nur rationaleExtremalstrahlen besitzt.
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