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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M.
Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung in Deutschland
Vortrag im Rahmen des ELSA-Seminar 2013 –
Jurastudium: Uni vs. Praxis – der Weg ist das Ziel
Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Ausgangslage• Der Jurist muss den gesellschaftlichen Prozess des Wandels des
Rechts und des Wandels durch Recht begleiten• Er ist Akteur in nationalen, europäischen und internationalen
Normerzeugungsprozessen
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Juristen
Gesellschaft
Recht
Normsetzung
Wandel des Rechts
Wandel durch Recht
Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Gliederung• Allgemeine Ziele der Juristenausbildung• Allgemeine Formfragen• Modelle der Juristenausbildung aus historischer Sicht
Preußischer Einheitsjurist Richterjurist Jurist als Sozialingenieur Anwaltsjurist Aktuelle Debatte: wertorientierter europäischer Jurist
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Ziele der Juristenausbildung
Werteorientierung Orientierung an Bedürfnissen der Wirtschaft oder der Technik –
Code is Law
Grundlagenausbildung von hoher Qualität
Weiterbildung
Lokal Europäisch-global„trans-systemisch“
Theorie Praxis
Generalist (Einheitsjurist) Spezialist
Juristisch Interdisziplinär
Entscheidend Rechtsgestaltend
Distanziert Sozial kompetent
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Formfragen
Zweistufig Einstufig
Einheitsausbildung Ausdifferenzierung nach Wirtschaftsjurist, Politikjurist, „Wall-Street-Jurist“
Normaluniversität Eliteuniversität (Fachhochschule)
Fächerübergreifende Prüfung Modularisierung
Staatliche Finanzierung Private Finanzierung
Örtliche Mobilität Örtliche Vernetzung
Normaldauer Schnelles Studium, Freischuss
Staatsexamen Universitätsexamen
National sichtbare Universitäten International sichtbare Universitäten
Eingangsstudium Graduate School
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in DeutschlandModelle der Juristenausbildung aus historischer Sicht
19. Jh. Mobiler hochqualifizierter Einheitsjurist (Preußen)
Örtlich und fachlich beliebig einsetzbarer Jurist
1934 Parteijurist nationales am Führerprinzip und NS
Ideologie orientiertes Rechtswahrertum
Nach 1945 Richterjurist Sicherung der nationalen Grundrechte
1970-1991 Jurist als Sozialingenieur Die einstufige Ausbildung
Reform 2003
Anwaltsjurist Ökonomisierung des Studiums
Heute Werteorientierter europäischer Jurist
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in DeutschlandPreußischer Einheitsjurist (19. Jh.): Leitbilder und Ziele• Mobiler Einheitsjurist• Werteorientierung
Überwindung der geografischen und kulturellen Zersplitterung Preußens
Moderner Verwaltungsapparat• Grundlagenausbildung
Hohe Qualität• Generalist
Örtlich und fachlich überall einsetzbar = Vorbeugung gegen korrupte Tendenzen
• Juristisch Historische und staatswissenschaftliche Hintergründe werden
vermittelt• Entscheidend• Distanziert
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Preußischer Einheitsjurist (19. Jh.): Form• Zweistufig
Grundausbildung an der Universität Praxisausbildung im Referendariat Schwerpunkt liegt im Referendariat
• Strikte Einheitsjuristenausbildung• Eliteuniversitäten auf Basis von Reputation (Heidelberg,
Freiburg, Berlin)• Staatliche Finanzierung• 1. und 2. Staatsexamen
Qualitätssicherung und Korruptionsbekämpfung
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Richterjurist (nach 1945): Ziele• Strikte Werteorientierung
Rechtsschutzperspektive und Perspektive des Richters im Zentrum der Ausbildung
Rechtsgestaltung ausgeklammert geringe Bedeutung der Anwaltsausbildung
• Grundlagenausbildung von hoher Qualität Strikter Grundrechtsschutz
• Lokal nationales Recht steht im Mittelpunkt
• Theoriephase an der Universität• Einheitsjuristen; geringe Spezialisierung• juristisch, entscheidend, distanziert
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Richterjurist (nach 1945): Form• Zweistufig• Einheitsausbildung• Normaluniversität
Qualitätssicherung durch Staatsexamen• Staatliche Finanzierung• Örtliche Mobilität• Dauer spielt keine Rolle• Abschluss: Staatsexamen
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Jurist als Sozialingenieur (1971-1991): Ziele• Werteorientierung, Reformideale:
Ostpolitik, Bildung für alle, starke Sozialstaatlichkeit, Demokratisierung
• Grundlagenausbildung stark reduziert Schwerpunktverlagerung: gesellschaftliche und historische
Zusammenhänge• Lokal; Ausklammerung des internationalen oder europäischen
Rechts• Stärkere Praxisorientierung
Integration in Theoriephase• Stärkere Spezialisierung statt Einheitsjuristen• Interdisziplinarität statt umfangreicher juristischer
Grundausbildung• Rechtsgestaltung tritt neben die Entscheidungsrolle des Richters• Soziale Kompetenz als wichtiger Zielwert
Ablehnung der distanzierten Richterrolle
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Jurist als Sozialingenieur (1971-1991): Form• Einstufig statt zweistufig• Einheitsausbildung bleibt, so auch das Staatsexamen• Keine Eliteuniversitäten• Fachübergreifende Prüfung mit starken Wissenschaftsbezug
Z.B. Hausarbeiten, die über dem Niveau heutiger Masterarbeiten liegen
• Keine örtliche Mobilität, da es nur wenige Modellprojekte gibt• Normaldauer, aber stark durchstrukturiertes Studium
Abschluss mit ersten und zweiten Staatsexamen nach sechs oder sieben Jahren
kein Repetitorium Häufig sind die Absolventen zu jung für die Übernahme von
Richterrollen
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Jurist als Sozialingenieur (1971-1991): Kritik• Beteiligt hatten sich von vornherein nur in der Zeit neu
gegründete Universitäten (Bielefeld, Bremen) oder neu entstandene juristische Fakultäten (Hamburg). Versuchsphase zu kurz um nachhaltige Modelle gegen
traditionelle Universitäten zu etablieren Keine Vergleichbarkeit
• Die Verkürzung der Studienzeit hätte mit einer deutlichen Reduzierung des Stoffes verbunden sein müssen.
• Zusätzliches Studium der geisteswissenschaftlichen Disziplinen unvereinbar mit Zeitdruck
• Einstellung mit Auslauf der letzten Prüfungen 1990/91• Das Modell wurde allerdings im Vorfeld der Reform von 2002
erneut vorgeschlagen.
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Anwaltsjurist (Reform 2003): Ziele (1/2)• Orientierung am Bedarf der Wirtschaft oder der Technik (Code is
Law) Jurist weniger Organ der Rechtspflege, mehr Beschleuniger
ökonomischer Prozesse• Reduzierte Grundlagenausbildung• Stärker europäisch
Immer noch nicht global• Weiterhin theorieorientiert
Ausweitung von Praktika Eigentliche Praxisausbildung erfolgt im Referendariat
• Stärkere Spezialisierung Entfernung von der Idee des Einheitsjuristen
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Anwaltsjurist (Reform 2003): Ziele (2/2)• Weiterhin primär juristisch,
Anforderungen an Interdisziplinarität allenfalls rhetorisch• Etwas stärker rechtsgestaltend
Bsp.: Mediation Studenten orientieren sich jedoch am Examen
• Weiterhin distanziert Massenuniversität hat nur geringen Raum für soziale
Kompetenzentwicklung
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Anwaltsjurist (Reform 2003): Form• Weiterhin zweistufig
Die Einführung einer einstufigen Ausbildung scheitert am Veto der Finanzminister
• Einheitsausbildung Aber Studiengänge für Wirtschaftsjuristen, Politik-Juristen,
Juristen für internationale Anwaltskanzleien (Bucerius Law School)
• Normaluniversität Exzellenzinitiativen haben für die Ausbildung nur geringe
Bedeutung• Staatliche Finanzierung• Allseits bestehende örtliche und sachliche Einsetzbarkeit bleibt
erhalten• Schnelles Studium und Freischuss
wohl der zentrale Unterschied zur bisherigen Ausbildung• 30 % Universitätsexamen (aber Herausrechnung in der Praxis)
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in DeutschlandAktuelle Debatte: wertorientierter europäischer Jurist• Werteorientierung wird wichtiger und damit auch die
Grundlagenfächer (so Wissenschaftsrat)• Stärker europäisch und international
Nicht „trans-systemisch“ (wie McGill Law School)• Theoriegeleitet
Praxiserfahrungen veralten heute schnell• Einheitsjurist wird verstärkt
Weiterbildung und Spezialisierung werden in andere Ausbildungsinstitutionen gedrängt
• Stärker juristisch Gewährleistung des dogmatischen Ausbildungsniveaus
• Eher sozial kompetent Einsatz neuer technischer Mittel
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Wertorientierter europäischer Jurist: Form• Zweistufig• Einheitsausbildung an den Universitäten• Juristenausbildung an der Fachhochschule?
Debatte über graduate schools• Modularisierung und fächerübergreifende Prüfung möglich• Staatliche Finanzierung• Mobilität bleibt Ziel• Schnelles Studium bleibt Ziel
Widerspruch zu stärkerer Werteorientierung• Erhalt der Vielzahl von Fakultäten
Insbesondere wegen Studentenandrangs Aber: Herausbildung national sichtbarer Fakultäten (Berlin,
München, Freiburg und Heidelberg)
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
Literaturhinweise• Gilles/Fischer, Juristenausbildung 2003, NJW 2003, 707.• Hattenhauer, Juristenausbildung – Geschichte und Probleme, JuS
1989, 513.• Kilger, Juristenausbildung und Anwaltsausbildung, NJW 2003, 711.• Mager, Erfahrungen mit der Ausbildungsreform von 2002, in:
Juristenausbildung in Europa zwischen Tradition und Reform (Baldus/Finkenhauer/Rüfner [Hrsg.]), 2008, S. 321.
• Münch (Hrsg.), Die neue Juristenausbildung – Chancen, Perspektiven und Risiken, 2004.
• Papier/Schröder, Plädoyer für die Juristische Staatsprüfung, NJW 2012, 2860.
• Stiebeler, Hamburger Modell einer einstufigen Juristenausbildung, JZ 1970, 457.
• Voßkuhle, das Leitbild des „europäischen Juristen“, RW 2010, 327.• Wolf, Perspektiven der Rechtswissenschaft und der
Juristenausbildung, ZRP 2013, 20.
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Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M., Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)
Die Entwicklung der Juristenausbildung
in Deutschland
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Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM)an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M.
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D-48149 Münster
Tel: +(49) 251 – 83 386 40
Fax: +(49) 251 – 83 386 44
E-Mail: holznagel@uni-muenster.de
http://www.itm.uni-muenster.de
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