paraplegie nr. 04/2013 deutsch
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Das Magazin der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung
paraplegie
Der Chef im HühnerstallThomas Wüthrich findet Zufriedenheit als Bauer
Mobilität ohne Grenzen | Paraforum | Monika Rickenbach
November 2013 | Nr. 148
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Paraplegie, November 2013 | 3
EDITORIAL
Liebe Gönnerinnen und Gönner
Stillstand, heisst es, sei Rückschritt. Regelmässig innehalten in einer sich immer schneller drehenden Welt, um das Wesentliche im Auge zu behalten und die Weichenstellung
für die Zukunft zu überprüfen, muss jedoch sein. Dank dieser Politik auch hat die Schweizer Paraplegiker-Gruppe (SPG) eine anhaltend positive Entwicklung erlebt. Ein sehr hoher Stan- d ard in der Akutversorgung und ganzheitlichen Rehabilitation von Menschen mit Quer-schnittlähmung konnte stets aufrechterhalten und das Angebot laufend erweitert werden.
Der Prozess ständiger Erneuerung und Anpassung – Grundlage des Auftrages zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensqualität von Betroffenen – nimmt seinen Fortgang. Stellvertretend dafür steht ein Masterplan zur Aufwertung und Ergänzung der bestehenden Einrichtungen in Nottwil. Ein grösserer Teil umfangreicher Bauvorhaben, die in den nächsten fünf, sechs Jahren realisiert werden sollen, betrifft die Klinik. Modernisierung und marktgerechter Leistungs-ausbau finden aber auch andernorts statt. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung engagiert sich in Projekten für älter werdende Menschen im Rollstuhl und will ihre Gönnerbasis im ganzen Land stärken. Die Orthotec AG verfügt bald über eine Filiale für Fahrzeugumbau in der Westschweiz, wo das SPZ Nottwil mit einem Ambulatorium und die Schweizer Paraplegiker-Vereinigung (SPV) mit zwei Dienststellen schon länger vertreten sind. Ein weiteres Novum bildet die interaktive Onlineplattform Paraforum, die von der Schweizer Paraplegiker- Forschung (SPF) entwickelt wurde und demnächst aufgeschaltet wird.
Sie sehen daran, dass es der SPG weder an Innovationsbereitschaft noch an Fortschrittsdenken fehlt. Für Investitionen ohne klare Strategie und Ziele haben wir aber nichts übrig. Unsere Devise heisst: zweckdienliche und massvolle Verwendung der uns anvertrauten Mittel. Das schliesst vorausschauendes Handeln ein.
Heinz FreiPräsident Gönner-Vereinigung
IMPRESSUM: Paraplegie. Das Magazin der Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, www.paraplegie.ch 37. Jahrgang | Ausgabe: November 2013 / Nr. 148 | Erscheinungsweise: vierteljährlich in Deutsch, Fran zösisch und Ita lienisch | Gesamtauflage: 961 279 Exemplare | Auflage Deutsch: 857573 Exemplare | Copyright: Abdruck nur mit Genehmigung der Herausgeberin und der Redaktion.Herausgeberin: Gönner-Vereinigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung, 6207 Nottwil, sps@paraplegie.ch | Verant-wortlich: Schweizer Paraplegiker-Stiftung, Unternehmenskommunikation, 6207 Nottwil | Redaktion: Roland Spengler (Leitung), Mathias Haehl, redaktion@para plegie.ch | Bild: Walter Eggenberger, Beatrice Felder, Astrid Zimmer-mann-Boog | Layout / Vorstufe: Regina Lips, Karin Distel, Michael Kling | Anzeigen: Fachmedien Axel Springer Schweiz AG, 8021 Zürich, info@fachmedien.ch | Vorstufe / Druck: Swissprinters AG, 4800 Zofingen
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Paraplegie, November 2013 | 5
INHALT
20 ZUR SACHE
Paraforum, die neue interaktive Onlineplattform der Schweizer Paraplegiker-Gruppe, schliesst eine Lücke im Informations- und Kontaktangebot. Men-schen im Rollstuhl, Angehörige und Fach kräfte tauschen sich weltweit aus.
26 PRAXIS Das Sportmedizin-Team des Schweizer Paraplegiker-Zentrums bietet
Gesundheits-Checks mit Beratung an. Und verhilft vielen zu mehr Bewegung und somit zu besserer Gesundheit und höherer Lebensqualität.
32 MEIN TAG IM ROLLSTUHL
Als Kinderbetreuerin vermittelt Monika Rickenbach Lernstoff. Selber kann sie aber auch viel von den Kindern lernen.
34 FINALE Ansichten zu «modernen Ärzten» von Martin Senn.
6 NEWS
Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung lancierte in der Westschweiz eine publikumswirksame Werbekampagne, um neue Gönner zu gewinnen.
10 PORTRÄT
Nach einem Skiunfall wollte Thomas Wüthrich nur auf den Bauernhof zurück, wenn er wieder laufen könne. Doch es kam anders: Seit 27 Jahren bewirtschaftet er ihn im Rollstuhl. Und die Arbeit füllt ihn aus.
14 REPORTAGE – Integration dank Mobilität
Mobilität bedeutet Menschen im Rollstuhl viel mehr, als nur vorwärts-zukommen und von A nach B zu gelangen. Bewegungsfreiheit und Selbstbestimmung im Alltag, im Beruf wie auch in der Freizeit heisst wirkliche Lebensqualität. Möglich machen dies unter anderem um-gebaute oder nach speziellen Bedürfnissen angefertigte Fahrzeuge, in denen modernste Technik und pfiffige Ideen stecken.
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6 | Paraplegie, August 2013
NEWS
Hug und Schär glänztenDie Schweizer Rollstuhl-Leichtathleten zeigten sich in den letzten wichtigen
Wettkämpfen des Jahres 2013 noch einmal von ihrer besten Seite. Bei vier
Städte-Marathons kamen sie zu insgesamt fünf Siegen und gleichvielen weite-
ren Top-Klassierungen. Mehrere derartige Leistungen in Serie waren insofern
erstaunlich, als einige von ihnen innert relativ kurzer Zeit ein anstrengendes
Programm absolvierten.
Den Saison-Abschluss und -Höhepunkt bildete das schwere Rennen in New
York (USA), in dem sich Marcel Hug (Neuenkirch LU) im Endspurt einer starken
Fünfergruppe durchsetzte und vor Ernst Van Dyk (Südafrika) sowie dem Aus-
tralier Kurt Fearnley einen weiteren prestigeträchtigen Erfolg feierte. Es war
sein zweiter nach einem überlegenen Sieg im Alleingang zuvor in Oita (Japan),
wo Heinz Frei (Etziken SO) zum 30. Mal am Start war und Vierter wurde. Auf
dem selben Rang war der Solothurner in Chicago angekommen, nachdem er
in Berlin seinen 20. Erfolg, vor Hug, errungen hatte.
Bei den Frauen ragte Manuela Schär (Kriens LU) heraus. Sie bewies eindrück-
lich, dass der Marathon-WM-Titel 2013 keinem Zufall entsprang. Ihr schlech-
testes Resultat war der dritte Platz in New York, wo sie erstmals teilnahm,
und Tatjana McFadden (USA) und Tsuchida Wakako (Japan) deutlich schneller
waren. Vordem aber hatte sie in Oita in neuer Weltrekordzeit der Kategorie
T53/54 vor Wakako gewonnen, war in Chicago, knapp hinter McFadden,
Zweite geworden und in Berlin als Erste ins Ziel gefahren. Die übrigen Spitzen-
plätze holten Sandra Graf (Gais AR) als Dritte in Oita und Patricia Keller (Wal-
tenschwil AG) als Zweite in Berlin.
Fünfmal auf dem PodestFünf Medaillen, aber ausnahmsweise einmal
keine goldene, brachten fünf Schweizer von
der Strassen-Weltmeisterschaft im ParaCycling
in Baie-Comeau (Kanada) nach Hause. Mit ein
Grund für das Ausbleiben eines Titels in teils
sehr knappen Entscheidungen war auch, dass
der Delegation zwei der Besten fehlten.
Jean-Marc Berset (Bulle FR) war verletzungsbe-
dingt abwesend, während Ursula Schwaller
(Düdingen FR) im Frühjahr zum Rudersport
gewechselt hatte. Einem Sieg am nächsten
Vorne dabei. Die Schweizer Teilnehmer an der ParaCycling-WM legten sich mächtig ins Zeug und gewannen fünf Medaillen.
kam Altmeister Heinz Frei (Etziken SO) in der
Kategorie H2 der Klasse Sitting. Sowohl im
Zeitfahren als auch im Strassenrennen brachte
der 55-Jährige seine jüngeren Konkurrenten
schwer ins Schwitzen und wurde mit je einer
Silber medaille belohnt. Zweimal aufs Podest,
genauer auf den dritten Platz jeweils, fuhr auch
Sandra Graf (Gais AR) in der Kategorie H3
der Frauen. Für die fünfte Auszeichnung war
Tobias Fankhauser (Hölstein BL) besorgt.
Er holte sich Bronze im Strassenrennen der
Kategorie H1. Erfolgreichste Nation waren die
USA (19 Me daillen), gleichzeitig auch Gast-
geber der WM 2014. Die darauffolgende, im
Jahr 2015, findet vom 28. Juli bis 2. August
in Nottwil statt.
18 Tonnen MotivationsschubIn bestmöglichen Voraussetzungen liegt der Schlüssel zum Erfolg. Daran glaubt auch Alfred Bräker, Inhaber der Firma Alfag (Egerkingen SO) und Vertriebspartner von MAN Schweiz AG. Also beschlossen er und weitere Unter-nehmer, auf eine von Adrian Fahrni (Etziken SO) lancierte Idee zur Unterstützung von Schweizer Rollstuhl-Athleten einzugehen. Gemeinsam stellen sie diesen bis 2017 einen topmodernen Mannschaftswagen zur Verfügung. Das 18 Tonnen schwere Fahrzeug mit Spezialaufbau umfasst alles, was Spitzensportler unterwegs für optimale Vorbe-reitung benötigen: Werkstatt, Küche, Bereitstellungs- und Ruheraum, WC, Auffahrrampe und mehr. Teamchef Heinz Frei: «Das grosszügige Engagement sportbegeisterter Sponsoren ermöglicht einen weiteren Schritt in Richtung Professionalisierung und gibt Ansporn für die Sommer Paralympics 2016.»
Schlüsselübergabe. Von links: Alfred Bräker (Alfag), Heinz Frei, Adrian Fahrni, René Müller (Alfag)
WM ohne SchweizerDie Schweizer Rollstuhl-Rugby-Spieler
mussten bei der A-Europameisterschaft in
Antwerpen (Belgien) eine bittere Pille
schlucken. Wegen einer ärgerlichen Nie-
derlage (44:47) in der Partie um Platz
sieben gegen Frankreich verpasste das
Nationalteam sein erklärtes Ziel, nämlich
die Qualifikation für die Weltmeisterschaft
2014. EM-Gewinner wurde neuerlich
Schweden, das im Final die Dänen mit nur
einem Treffer Unterschied (49:48) be-
siegte. Platz drei belegte Grossbritannien.
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Mit einer originellen Aktion hat die Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) in der West-schweiz für Aufsehen gesorgt. Auf einem ganzen Stockwerk eines Parkhauses im Zent-rum von Lausanne staunten Automobilisten darüber, dass die Parkplätze allesamt mit dem Zeichen «Reserviert für Rollstuhlfahrer» versehen waren – und sie von Hostessen begrüsst sowie mit Informationen versorgt wurden. Es war der erfolgreiche Auftakt zu einer Kampagne, mit der man der Bevölkerung in der Romandie das Leistungsnetz der SPS für querschnittgelähmte Menschen näher bringen und für deren Bedürfnisse sensi-bilisieren will. Stiftungspräsident Daniel Joggi, selber im Rollstuhl und im Waadtland zuhause, ist überzeugt, dass dies gelingt und mittelfristig auch mehr Westschweizer der Gönner-Vereinigung beitreten: «Wir kamen mit vielen Menschen ins Gespräch und stiessen, vor allem auch in den Medien, auf grosses Interesse für unsere Tätigkeit».
Überraschung gelungen. Charmante Hostessen empfingen verdutzte Parkhausbenutzer in Lausanne.
Foto: Agence Trio
Sie staunten nicht schlecht!
23./24. NovemberWeihnachtsmarkt der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung SPZ Nottwil
4. DezemberNationaler Aktionstag Dekubitus und Adipositas SPZ Nottwil
8. DezemberAuszeichnung «Querschnittgelähmte des Jahres» 2013 SPZ Nottwil
28. Januar 2014Blutspende-Tag SPZ Nottwil
16. Februar 2014Benefizkonzert Lucerne Charity OrchestraSPZ Nottwil
Agenda Gemeinsam geht’s einfacherUBS KeyClub ist das beliebte Bonus-Pro-gramm der UBS-Kundinnen und -Kunden. Über 40 Partnerunternehmen und -institu-tionen sorgen regelmässig für attraktive Angebote, die mit KeyClub-Punkten bezo-gen werden können. Neu zu diesem Kreis gehört die Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS), eine gemeinnützige Organisation mit hohem Sympathiewert in der Bevöl kerung. Und neu ist zudem der KeyClub eStore. Hier haben KeyClub-Teilnehmer die Möglichkeit, spezielle Angebote für erworbene Punkte bequem online auszusuchen, zu bestellen und zu bezahlen.Im Rahmen der Zusammenarbeit von UBS und SPS profitieren auch bestehende oder künftige Mitglieder der Gönner-Vereinigung der Schweizer Para ple giker-Stiftung von Vorteilen des KeyClub eStore. Dank diesem lassen sich die jeweiligen Mitgliederbei-träge, pro Jahr oder auf Lebenszeit, mit elektronischen KeyClub-Punkten bezahlen.
Weitere Informationen
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Baur folgt MoulinDer Verwaltungsrat der SPZ Nottwil AG hat Dr. med.
Martin Baur zum Chefarzt für interdisziplinäre Wirbel-
säulenchirurgie und Orthopädie gewählt. Der
50-jährige Deutsche, derzeit Co-Chefarzt Interdis -
zi plinäre Wirbelsäulenchirurgie im Luzerner Kantons-
spital (LUKS), wird per 1. März 2014 Nachfolger von
Dr. med. Patrick Moulin, der dann das Pensionie-
rungsalter erreicht. Zudem wird Baur das von beiden
Spitälern gemeinsam geführte Schweizer Wirbelsäu-
len- und Rückenmarkzentrum leiten. Patrick Moulin,
seit 1990 Chefarzt Wirbelsäulen-Chirurgie und Ortho-
pädie im SPZ Nottwil sowie ab 2008 Co-Leiter des
Wirbelsäulen- und Rückenmarkzentrums, hat bis
heute unzählige Patienten erfolgreich operiert.
Gleichzeitig haben hohe Fachkompetenz und grosses
Engagement seinerseits, auch in führenden Funk-
tionen in internationalen Fachgesellschaften, das
Renommee der Spezialklinik wesentlich gestärkt.
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Wo kann man auf ein langes Leben bei guter Gesundheit hoffen? Diese Frage gingen Wis-senschaftler der Schweizer Paraplegiker-For-schung (SPF), der Universität London (GB) und der Universität Düsseldorf (D) in einer Folgestudie mit dem Titel «Zusammenhang von Behinderung und Alter» nach. Dazu wur-den in 15 Ländern (USA, England und Kon-tinentaleuropa, inkl. Schweiz) rund 50 000 Personen im Alter von 50–85 Jahren unter-sucht. Im Kern ging es darum, herauszufin-den, ob Mobilitätseinschränkungen mit fort-schreitendem Alter durch den Sozialstatus (Vermögen) beeinflusst werden. Die Resultate
NEWS
Die Universitätsklinik Balgrist (Zürich), die auch
Querschnittgelähmte betreut, baut in den
nächsten Jahren kräftig aus. Unter anderem
entstehen neue Operationssäle und wird mehr
Platz für bestehende oder neue Bereiche
(beispielsweise eine chirurgische Tagesklinik)
geschaffen. Zudem entsteht ein privat finanzier-
tes neues Forschungs- und Entwicklungszent-
rum, in dem sich Mediziner und Wissenschaftler
vor allem mit der Behandlung von Schädigun-
gen des Bewegungsapparates befassen werden.
Eine Angebotsaufstockung ist auch in der
Clinique romande de réadaption CRR (Sion),
Rehabilitationszentrum für Körperbehinderte
in der Westschweiz, im Gange. Die SUVA als
Eigentümerin investiert in einen Neubau, in
dem 40 zusätzliche Betten (derzeit 110) sowie
Räume für Therapie und Forschung unter-
gebracht werden. Am gleichen Ort plant die
Eidgenössische Technische Hochschule
Lausanne (EPFL), auf das Jahr 2015 einen
Lehrstuhl für Neurochirurgie einzurichten.
In Zusammenarbeit mit der Firma Axius (Sion)
hat sich Silke Pan, querschnittgelähmte
Künstlerin aus Aigle VD, für das Wohl ihres-
gleichen eingesetzt. Verteilt auf vier Tage,
fuhr sie im Handbike von Brig nach Genf und
legte dabei fast 300 Kilometer zurück. Unter-
wegs besuchte sie Schulen und Sportstätten.
Zudem übergab Silke Pan Spenden an Institu-
tionen für die Wiedereingliederung von
Menschen mit Behinderung.
Splitter
Als erste Klinik in der Zentralschweiz verfügt das Schweizer Paraplegiker-Zentrum
(SPZ) Nottwil über einen EOS-Ganzkörper-Scanner. Mit dem neuartigen Radiolo-
giegerät lassen sich – innert weniger als 20 Sekunden – dreidimensionale Ganz-
körperaufnahmen (Bild) bei massiv redu-
zierter Strahlenbelastung sowie qualitativ
hochwertige Bilder in zwei Ebenen erstel-
len. Die Darstellung von Skelettstrukturen,
vom Scheitel bis zur Ferse und in realen
Grössenverhältnissen, ermöglicht präzise
Diagnosen und liefert wichtige Hinweise
für die anschliessende Therapie. Gleich-
zeitig lässt sich auch die Körperstatik be-
urteilen, da die Patienten stehend oder
sitzend, dh. unter Belastung geröntgt
werden. Ein weiterer bedeutender Vorteil
des EOS-Systems ist die geringe Strahlen-
dosis, was bei häufigeren Untersuchen
besonders ins Gewicht fällt. Sie liegt um
ein Zehnfaches unter derjenigen bei her-
kömmlichen Röntgengeräten. Der kürzlich
in Betrieb genommene Hightech-Apparat
erschliesst neue Dimensionen und hilft,
sowohl die Diagnostik als auch die Be-
handlung von Patienten, ob stationär oder
ambulant, im SPZ Nottwil zu optimieren.
Neue Dimensionen erschliessen
überraschen nicht: Menschen mit wenig Geld leiden häufiger und an stärkeren körperli-chen Behinderungen als Bessergestellte. Am meisten davon Betroffene gibt es in den USA. In Europa liegen die entsprechenden Werte tiefer, doch gibt es ein Nord-Süd- sowie ein West-Ost-Gefälle.
Vorurteile via Medien abbauen
In einer anderen Studie, zusammen mit der Universität Luzern und der ETH Zürich durch-geführt, legte die SPF dar, dass eine positive Darstellung von Menschen mit Behinderung in Medien weitverbreitete Vorurteile betref-
Europäer sind besser dranfend ihre Berufseignung abbauen hilft. 480 Personen bekamen einen Ausschnitt aus ei-nem TV-Krimi zu sehen, in der ein Beamter im Rollstuhl einen Dieb dingfest macht. Vor-her und nachher wurden die Studienteil-nehmer zur Berufseignung von Querschnitt-gelähmten und zur Arbeitsmarktbeteiligung von Menschen mit Behinderung in der Schweiz befragt. Ergebnis: Nach Präsentation des Filmausschnitts wurden diese bezüglich ihrer beruflichen Eignung und Leistungs-fähigkeit höher eingeschätzt als zuvor.
Paraplegie, November 2013 | 9
10 | Paraplegie, November 2013
Seit 27 Jahren lebt Thomas Wüthrich im Rollstuhl. Und seit 1994 führt der Querschnitt
gelähmte den Familienbauernhof in Altwyden bei Burgdorf. Dabei hatte er nach einem
Skiunfall im Spital gesagt: «Ich komme erst wieder nach Hause, wenn ich laufen kann.»
Text: Mathias Haehl | Fotos: Beatrice Felder
8500 Hühner, 20 Munis – und ein Bauer, der anpackt
PORTRÄT
Anpacker. Thomas Wüthrich repariert einen Futtertrog im Hühnerstall.
Paraplegie, November 2013 | 11
Er klopft leise an die Türe, horcht einen Moment und zieht sie dann behutsam
auf. Warme, nach Tier riechende Luft dringt aus dem riesigen Stall, man hört vielstimmi-ges Gackern. Mit einem Ruck hievt Thomas Wüthrich seinen Rollstuhl über die kleine Schwelle – und rollt ins Gewusel der 8500 Hühner. «Chicken», nennt der 51-Jährige sie liebevoll und lacht. Denn nicht allen Besu-chern sei sofort klar, dass er seine Hühner nicht für die Eierproduktion hält. 38 Tage dau-ert ein Hühnerleben auf Wüthrichs Mastbe-trieb, bis die Küken ein Lebendgewicht von rund 2,2 Kilos erreicht haben und dann zum Schlachthof gefahren werden. Wenige Tage später kann man Wüthrichs Güggeli ganz oder als Einzelteile bei einem Grossverteiler kaufen. Auf der Verpackung steht: «Poulet aus besonders tierfreundlicher Stallhaltung» und der Name des Mästers.Auffallend aufgeräumt ist der Wüthrich‘sche Bauernhof, denn als Rollstuhlfahrer vermei-det der Besitzer Hindernisse. Und sein Motto lautet: «Folgeschäden vermeiden». Der Bauer im Rollstuhl benötigt oft weniger lange für gewisse Arbeiten als mancher Fussgänger. Zu-mal als einer, der «jufle und schlufe», sagt Thomas Wüthrich im breiten Berner Dialekt. Technische Versiertheit und Organisation sind ihm Ein und Alles. Die Hühner laufen her um, sie fressen und trinken nach Lust und Laune; Futteranlage, Heizung sowie Lüftung sind per Computer überwacht. Und sollte ein-mal eine der Maschinen ausfallen, weckt das den Bauern selbst in der Nacht.Auch im Munistall beeindruckt Sauberkeit, was sich auf die Laune der Tiere auswirkt: Die 20 Jungstiere muhen zufrieden. Sie kommen auf Wüthrich zugelaufen, einer der jungen Bullen schleckt sanft seine Hand. Innert sechs bis acht Monaten fressen die Tiere sich mit Silomais, Heu und Kraftfutter 300 Kilos an und verlassen mit einem Schlachtgewicht von
520 Kilos den Hof. «Das tut mir dann manch-mal schon leid, denn immer wieder wächst mir einer der Jungstiere ans Herz», sagt Tho-mas Wüthrich über seinen «tierischen Fami-lienanschluss». Dann ist ein weiterer Mastzy-klus zu Ende. Wüthrich kauft neue Jungstiere und fängt wieder von vorne an.
Grosse Krise nach Unfall
Auch nach dem tragischen Skiunfall 1986, als er bei St. Stephan (Obersimmental BE) über eine Wächte stürzte, musste Thomas Wüth-rich wieder von vorne anfangen. Als der in-komplette Tetraplegiker zur Rehabilitation ins Schweizerische Paraplegikerzentrum in Basel kam, fiel er in eine grosse Krise. Er fühlte sich ohnmächtig und wollte so schnell nicht mehr auf den Bauernhof zurückkehren: «Ich sagte allen, dass ich erst wieder nach Hause gehen würde, wenn ich wieder laufen kann.» Das blieb Wunschdenken.Wüthrich musste sein neues Leben im Roll-stuhl gestalten: als «Bauer auf Rädern». Bei der Rehabilitation wollte man ihm Büroarbeit ans Herz legen – er bildete sich als Bauer wei-ter und bestand die Meisterprüfung als Land-wirt. Dass er dereinst den elterlichen Hof übernehmen werde, das wusste Klein Thomas schon in der vierten Primarklasse: «Ich habe schnell gelernt, wenn etwas auf unseren 13 Hektaren heranwächst und reif ist.»Es wächst nicht nur Vieh auf dem Hof in Altwyden (BE), sondern auch Getreide und Gemüse in integrierter Produktion (IP Suisse): Mais und Gerste, Weizen und Roggen, aber auch Raps, Erbsen und Sonnenblumen. Seit 1994 ist Thomas Chef auf dem Bauernhof, Mutter Liseli Wüthrich unterstützt ihn so gut sie kann. Die 80-Jährige ist die gute Seele im grossen Haus: Sie kocht und wäscht, nimmt Thomas komplizierte Arbeiten im Stehen ab. Der Sohn über die Mutter: «Ohne sie könnte ich den Hof nicht bewirtschaften.»
« Langeweile? Kenne ich nicht.»
Bauer auf Rädern. Mit Radlader «Fredy» ersetzt Wüthrich schwache Beine und Kraft.
Bauer, ledig, tanzt
Mittags sitzen die beiden am Küchentisch. Sie trinken Früchtetee und geniessen Rösti mit Geschnetzeltem. Fleisch muss es sein, denn «Fisch mag ich gar nicht», sagt Thomas Wüth-rich. Er beweist Disziplin und schaut auf seine Linie. Ein «Ranzen» würde ihn bei der Arbeit als auch beim Rollstuhltanzen behindern. Je-den Montag fährt Wüthrich am Abend nach Basel, wo er als Mitglied der Roll-‘n‘-Go- Dancers, einer Sektion des Rollstuhlclubs Solothurn, zu verschiedener Musik Pirouet-ten dreht oder an Festen Formationstänze aufführt.
12 | Paraplegie, November 2013
1
2
3
1 Tierfreund. Immer wieder wächst ihm einer seiner 20 Jungstiere ans Herz.
2 Lehrmeister. Thomas Wüthrich teilt im Maisfeld sein Wissen mit Göttibub Markus.
3 Bastler. Nachbarn bringen Wüthrich gerne defekte Maschinen zur Reparatur.
PORTRÄT
Paraplegie, November 2013 | 13
Flink im Rollstuhl
Als Tüftler baute er den Maschinenpark auf seine Bedürfnisse um. An den Swisstrak, ein Elektrozuggerät für Rollstühle, montierte er grosse Räder eines Anhängers. Es macht ihm riesig Spass, «in der Gegend rumzugurken»; nicht nur im Schneckentempo, sondern mit 15 Stundenkilometern ziemlich rasant und auch mal querfeldein, um die Kulturen zu kon-trollieren. Thomas Wüthrich schweisst gerne an Eigenkonstruktionen oder an Arbeitsgerä-ten wie «Fredy». Dieser starke Radlader ersetzt ihm die Beine und die Kraft, Wüthrich erledigt mit ihm flink einen Grossteil der Arbeiten. Wüthrich hat Maschinen-Aufhängevorrich-tungen konstruiert, die so praktisch sind, dass sie schon mehrfach kopiert wurden. Die Bau-ern aus der Nachbarschaft loben ihn dafür.
Bedächtig im Freundeskreis
Thomas Wüthrich ist leidenschaftlich, aber er weiss um seine Grenzen, auch wenn er sich ge-wohnt ist, stets hart anzupacken. Er war im Freundeskreis stets der Bedächtige, holte die risikofreudigen Kameraden immer wieder auf den Boden der Realität zurück: «Wieso tut ihr so wild?», fragte er sie oft. Ab und zu hatte er Angst vor einem Leben im Rollstuhl – weshalb er am Limit nie den Kopf verlor. Er hatte es je-weils gespürt, wann er sich in Gefahrenzonen begab; etwa auf einem Geländer oder beim Ab-decken eines Daches, kurz bevor beides ein-stürzte. Ausser an jenem kalten Februartag beim Skifahren, da liess ihn sein Instinkt im Stich und er hatte Pech: «Heute bestimmen wir über Sie», sagten ihm die Ärtzte im Spital als Erstes. Es hörte sich schlimm an – nach Un-selbstständigkeit.Heute arbeitet Thomas Wüthrich weitgehend selbstständig und ist mit sich ziemlich im Rei-nen. Einzig Zukunftsangst plagt ihn und seine Mutter. Noch gravierendere Probleme sieht er allerdings anderswo: «Wenn ich nur schon
daran denke, dass viele junge Menschen mit ihrem Leben nicht klarkommen und sich mit Alkohol und Drogen zerstören.» In solchen Momenten freut er sich über seine eigene kleine Welt, die er in Schuss hält. Wenn ein Nachbar eine defekte Maschine zum Reparie-ren bringt, kann Thomas Wüthrich stunden-lang in der Werkstatt schalten und walten. Meist bringt er sie wieder zum Laufen. Das gibt ihm Bestätigung, er weiss: «Ich bin ein gu-ter Bastler.» Und ein Lachen fliegt über sein Gesicht. Mutter Liseli schaut dann stolz auf ihren Sohn. Er nimmt sie in den Arm und sagt: «Eigentlich haben wir es ja schön.»
Thomas Wüthrich ist ein bodenständiger Mensch. «Doch manchmal habe ich auch Zweifel. Und dann packt man jeden noch so kleinen Strohhalm.» Als er nach der Reha-bilitation mit seinem Schicksal haderte, flog er mit einer Reisegruppe auf die Philippinen und suchte Geistheiler auf. Er wollte Hilfe er-halten und allenfalls bald wieder laufen kön-nen. «Doch denkste!», schmunzelt er beim Erzäh-len, «bei mir hat das nichts genützt.» Andere erlebten «Phänomene beim Wunderdoktor». Er habe auf den Reisen immerhin interes-sante Kollegen im Rollstuhl kennen gelernt, von denen er Tipps zur Bewältigung des All-tags erhielt. «Das ist doch auch was wert!» Liebe hat kaum Platz
Und wie hat er es mit der Liebe? «Ich würde mir als Fussgänger auch keine Partnerin im Rollstuhl wünschen», erzählt Thomas Wüth-rich offen. Er könne als Bauer im Rollstuhl wohl kaum der Wunschpartner einer Fuss-gängerin sein. Bauern haben es eh schwer, eine Partnerin zu finden, das beweise nur schon die beliebte TV-Sendung «Bauer, ledig, sucht ...». Wüthrich verbringt die Freizeit gerne mit Freunden, die ihm auf dem Hof hel-fen, wenn alle Stricke reissen. Immer wieder kann er zudem auf seine langjährigen Berufs-kollegen der Region zählen.Nicht, dass er sich beklagen möchte. Nein, Wüthrich liebt seine Arbeit, auch wenn seine Schultern und Handgelenke durch die jahre-lange Arbeit arg abgenützt sind und Arthrose ihn plagt. «Der Bauernhof ist meine Leiden-schaft, und für einen Bürojob wäre ich vermutlich zu wenig intelligent.» Wirklich? Da macht sich einer kleiner, als er ist, denn immer wieder lässt der humorvolle Mann Bauernschläue aufblitzen. «Langeweile? Das kenne ich nicht.» Und so arbeitet er seine Sorgen weg.
Zweisamkeit. Mit Mutter Liseli beim Mittagessen; mit Tanzpart-
nerin beim Rollstuhltanz.
14 | Paraplegie, November 2013
Nichts ist undenkbarMobilität im Alltag, im Beruf und in der Freizeit erleichtert die Wiedereingliederung
von querschnittgelähmten Menschen. Sich selbstständig bewegen zu können, bedeutet
Unabhängigkeit und Freiheit. Zu Hilfe kommt Para- und Tetraplegikern dabei modernste
Technik, die vielerlei Wünsche erfüllt und die Fantasie zur Schaffung aussergewöhnlicher
Fahrzeuge anregt. Vier Betroffene erzählen, was Mobilität in ihrem Leben bedeutet.
Paraplegie, November 2013 | 15
REPORTAGE
16 | Paraplegie, November 2013
REPORTAGE
und die Hebebühne zum Ein- und Aussteigen. «Im Moment stimmt diese Lebensform für mich.» Nach einer Umschulung arbeitet der gelernte Metallbauschlosser jetzt als Maschi-nenbauzeichner und modelliert für eine Firma in Eschenbach (LU) verschiedenste Teile auf dem Computer – das kann er überall machen. So lassen sich Job, Freizeit und seine Reiselust optimal kombinieren.
Basteln, tüfteln, verbessern
Die Idee, einen Bus auf seine Bedürfnisse umzubauen, kam Martin Senn bereits wäh-rend der Rehabilitation: «Ich wurde damals zwar ein bisschen schräg angeschaut, aber mir gefiel der Gedanke.» Frei sein, unterwegs sein, unabhängig sein – Gefühle, die er bereits als Fussgänger genoss. Nach einem Kletterunfall im Jahr 2001 wollte er darauf nicht verzichten. Also kaufte der Rollstuhlfahrer einen grossen Kastenwagen, liess diesen mit Lift ausstatten und so umbauen, dass er Gas und Bremse von Hand bedienen kann. «Die ersten Jahre pro-bierte ich mit Mobiliar aus der Brockenstube aus, wie ich mein Daheim idealerweise ein-
Querschnittgelähmte Menschen benö-tigen, um im Alltag selbstständig vor-
wärtszukommen, nicht nur einen Rollstuhl, sondern auch umgebaute Fahrzeuge. Dank modernster Technologie können heute viele körperliche Einschränkungen wettgemacht werden. Beim Auto- und Velofahren, aber auch bei speziellen Gefährten für Freizeit, Sport und Wohnen. Individuelle Mobilität bedeutet für Para- und Tetraplegiker viel mehr als nur Fortbewegung. Unabhängigkeit und Freiheit bringen ihnen mehr Selbstbestimmung und Lebensqualität in allen Bereichen.
Eine Wohnung auf Rädern
Seine eigenen vier Wände hat Martin Senn immer mit dabei. Der 36-jährige Berner Ober-länder wohnt seit gut sechs Jahren in einem umgebauten Bus. «Ich übernachte nie zwei Mal hintereinander am gleichen Ort», erzählt der Tetraplegiker und führt durch sein Daheim: Hinten im Heck steht das Bett, im schmalen Schlauch davor sind rechts Dusche und Che-mie-WC untergebracht, links die Küche. Dazu ein kleiner, unterfahrbarer Holzladen als Tisch
Text: Christine Zwygart | Illustration: Gabor Fekete | Bilder: Walter Eggenberger, Astrid Zimmermann-Boog, zvg
Wohn-Auto. Martin Senn lebt in seinem Bus auf vier Quadratmetern – Platz genug, um mit dem Rollstuhl wenden zu können. Hier kann er kochen, schlafen und arbeiten.
richte.» Schnell war klar, dass das Gefährt auch Heizung und Klimaanlage, Wassertanks und Generator benötigte. Während zwei Jahren werkelte Martin mit Kollegen herum, entwarf Möbel, teilte den Raum ein. Als die Beziehung mit seiner damaligen Partnerin in die Brüche ging, mistete er die Wohnung aus, stellte bei Freunden ein paar Kisten mit persönlichen Sachen ein und zog definitiv in den Bus. «Das hatte etwas sehr Befreiendes.»
Bald Kilometer-Millionär
Mehr als 400 000 Kilometer hat Martin Senn mit dem sieben Meter langen Auto inzwischen zurückgelegt. Er war in zahl-reichen Ländern des Balkans, bereiste Eng-land sowie Skandinavien und liebt beson-ders die ligurische Küste, wo man mit dem Bus ganz nahe ans Meer heranfahren kann. «Im Sommer machst du die Türe auf und hast die grösste Wohnung der Welt.» Und seine schönsten Erlebnisse: Unverhoffte Begeg-nungen mit Menschen. «Einen Alltag in fest-gefahrenen Bahnen kann ich mir vorläufig nicht vorstellen.»
Paraplegie, November 2013 | 17
Handicap trotz Handicap
Wenn Urs Bucher auf dem Golfplatz Rasten-moos bei Neuenkirch (LU) eine Runde dreht, erntet er zuerst neugierige, dann bewun-dernde Blicke. Der 60-Jährige sitzt im Roll-stuhl, seine Beine sind gelähmt, Arme und Hände kann er nur eingeschränkt nutzen. Damit der Luzerner seinen Sport dennoch ausüben kann, benötigt er einen sogenann-ten Power-Golfer. Die Gurten um Beine und Brustkorb sind gut angezogen – per Knopf-druck kann er sich innerhalb von fünf Sekun-den aufrichten. Dann geht’s ans Schlagen. «Auf mich muss kein Mitspieler warten. Im Gegen-satz zu ihnen habe ich immer alles mit dabei», sagt’s und pfeffert den Ball Richtung Horizont.Golfen lernte Urs Bucher noch als Fussgänger, denn der Architekt pflegte sein geschäftliches Beziehungsnetz gerne beim Spielen. Zwar sitzt er seit einem Verkehrsunfall 1990 im Roll-stuhl, doch die Leidenschaft für den Sport ist geblieben. Beim Betrachten eines grossen Rasenmähers mit Sitz kam Urs Bucher dann plötzlich die zündende Idee: Gemeinsam mit einem Kollegen baute er ein Modell so um, dass er sich selber daraufsetzen, fahren und Golfspielen konnte. «Das Gefährt lief mit Ben-zin, stank und machte fürchterlichen Lärm», erinnert er sich. Doch mit diesem «Parama-gic» lernte er im Rollstuhl wieder Golf spielen.
Kaum Unterschiede zu Fussgängern
Die modernen Carts sind technische Wun-derwerke. Schräge und steile Wege? Kein Pro-blem! Sie schaffen Steigungen bis zu 30 Pro-zent und kommen selbst bei 17 Prozent Schräg-lage nicht ins Wanken. Und: Sie schonen, dank besserer Druckverteilung, sogar das Green, den sensiblen Rasen rund ums Loch herum. Selbstverständlich verhält sich Urs Bucher auf dem Platz so wie jeder andere Golfer. Er klopft lose Grasbüschel wieder in den Boden und recht den Bunker. Nur wenn der inkomplette
Golf-Mobil. Dank eines modernen Carts kann Urs Bucher seinen Sport trotz
Tetra plegie ausüben. Für den Transport braucht er einen speziellen Anhänger.
Tetraplegiker mit einer ausziehbaren Zange nach einem Ball angelt, sind kleine Unter-schiede zu Fussgängern auszumachen. Heute ist Urs Bucher der beste Rollstuhl-Golfer Euro-pas. «Am schönsten ist, dass ich meistens mit Fussgängern spiele.» Urs Bucher will dabei nicht freundlich integriert, sondern als eben-bürtiger Partner akzeptiert werden. «Dann macht’s am meisten Spass.»
Unmögliches möglich machen
Mobilität hat für Rainer Küschall schon immer eine zentrale Rolle gespielt. Er war erst 16 Jahre alt, als er sich bei einem Kopfsprung ins Was-ser drei Halswirbel brach. «Mit meinen Pro-jekten will ich zeigen, dass auch das höchste Handicap kompensiert werden kann», sagt der 66jährige Rollstuhl-Designer und mehr-fache Paralympics-Gewinner. Wie? Er fährt in der europäischen Sports Car Challenge. Geg-ner des weltweit einzigen Tetraplegikers mit internationaler Lizenz sind dabei Fussgänger, teilweise gar Profis.
Mobilität für Lebensqualität
Wenn das Auto als Inbegriff der Freiheit und Beweglichkeit gelten kann, dann für Menschen mit Querschnittlähmung. Ohne individuell angepasste Fahrzeuge bliebe bestmögliche Wiedereingliede-rung vielen von ihnen versagt. Zum Leis-tungsnetz für ganzheitliche Rehabilita-tion der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) gehört daher auch eine Firma, die sich auf den Umbau von Fahrzeugen für Menschen im Rollstuhl versteht. Rund ein Dutzend Mitarbeitende einer ent-sprechenden Abteilung der Orthotec AG in Nottwil und ab 2014 auch in Cugy (VD) modifizieren jährlich rund 200 Autos sowie andere motorisierte Gefährte.
Kunden zugute kommen Erfahrung, Qua-litätsbewusstsein und Innovationsstre-ben sowie die enge Zusammenarbeit mit Spezialisten im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) Nottwil, Wissenschaftern, Ingenieuren und Behörden. Massgebend im Einzelfall sind persönliche Bedürf-nisse des Lenkers, aber auch umfassende Sicherheit sowie ein vernünftiges Preis-Leistungs-Verhältnis.
Das Angebot der Orthotec AG reicht von ersten Abklärungen über die Entwick-lung von Prototypen, den eigentlichen Umbau bis hin zur Homologierung oder Vorführung von Fahrzeugen.
Weitere Informationen: www.orthotec.ch
18 | Paraplegie, November 2013
Küschalls Alltag ist geprägt von Abhängigkeit. Oder wie er selber sagt: «Ich kann keine But-ter aufs Brot streichen. Aber ich kann Rennen fahren.» Möglich macht dies modernste Tech-nologie. Wenn Küschall in hohem Tempo über die Piste donnert, benützt er eine Servolen-kung, die auf minimen Kraftaufwand reagiert. In seinem Helm ist ein Nuggi installiert, der über ein Steuergerät durch Saugen und Blasen alle sechs Gänge innert 21 Millisekunden rauf oder runter schaltet.
Solange der Körper mitmacht
Obschon Küschalls Auto wegen Umbauten 56 Kilo schwerer ist als herkömmliche, ver mag der Mann aus Allschwil (BL) ganz vorne mitzu-halten. Nach mehreren Spitzenklassierungen zuvor feierte er im Juni 2013 in Deutschland endlich den ersten Sieg. «Ich stehe in einem Wettbewerb auf hohem Niveau. Deshalb war dieser Erfolg ein wirklich aussergewöhnlicher, beglückender Moment für mich.» Und Lohn für viel Herzblut und Idealismus, die er inves-tiert hat. Beendet ist seine eigentliche Mission damit aber keineswegs. Er ist noch immer mit der Fertigstellung eines «Eigenbaus» beschäftigt. «Fünf Prozent fehlen noch, aber das sind die schwierigsten, wie sich bei Tests herausge-stellt hat.» Zudem ist Rainer Küschall dabei, ein Team zu bilden, das nur aus querschnitt-gelähmten Piloten besteht, die gemeinsam an Langstrecken-Rennen teilnehmen wollen. Der erste Start ist im Januar 2014 in Dubai (VAE) geplant. Sollte es nicht klappen, lebt der Wille, das Unmögliche zu versuchen, trotzdem weiter.
Und eines ist für ihn sowieso klar: „Solange der Körper mitmacht, will ich fahren. Denn im Rennauto bestimme ganz allein ich, was wann und wie gemacht wird.“
Ein wunderbares Gefühl
Es glänzt perlmuttern, sieht unverschämt gut aus und lässt die Herzen von Harley-Fans höher schlagen: ein massgefertigtes Trike – ein Motorrad, das hinten zwei Räder hat. Entstan-den ist es in der Werkstatt von Sven Traber in Waltalingen (ZH). Sein Besitzer ist Roll-stuhlfahrer Cornel Sonderer aus Wängi (TG). Gemeinsam haben die beiden das Gefährt aus einer Harley Softail und einem Heck-Bausatz zusammengefügt. «In dieser Maschine ste-cken viel Handarbeit und Sonderwünsche», erzählt Sonderer. Die technische Herausfor-derung bestand darin, alle Bedienungsele-mente auf Handbetrieb und auf die Bedürf-nisse eines Paraplegikers umzubauen. So sorgt beispielsweise ein Luftfahrwerk dafür, dass sich das Trike zum Aufsteigen senken lässt. Bremsen, Licht, Schaltung – alles kann der 44-Jährige bedienen, ohne dabei den Len-ker loslassen zu müssen. Und in der grossen Box unter dem Sozius lässt sich sogar ein Faltrollstuhl verstauen.
Renn-Fieber. 2013 errang Rainer Küschall in seinem offenen, roten Rennwagen den ersten Sieg. Mit dem Nuggi im Helm kann er schalten – ums Technische kümmert sich ein Servicemann.
Paraplegie, November 2013 | 19
REPORTAGE
Gelten für Autos von Behinderten die gleichen Richtlinien wie für
alle anderen?
Um die Fahrzeuge den Bedürfnissen anzupassen, dürfen sie von den Aus-rüstungsvorschriften abweichen, soweit es die Sicherheit gestattet. Dies betrifft beispielsweise Bedienungsvorrichtungen und Einstiegshilfen. Zum Testen ist es wichtig, dass wir die Fahrzeuge selber fahren.
Dank modernster Technologie können selbst hochgelähmte Men-
schen heute Auto fahren. Wie sicher ist das?
Tatsächlich können sehr komplexe Fahrzeugumbauten vorgenommen werden. Ein Beispiel ist die Joystick-Bedienung. Die elektronischen Kom-ponenten sind da zum Teil doppelt verbaut, ähnlich wie es im Flugzeug-bau üblich ist. Diese Systeme überprüfen sich selbstständig, und tritt ein Fehler auf, übernimmt das zweite System automatisch.
Was raten Sie jemandem, der ein Fahrzeug umbauen will – wie soll
er vorgehen, damit es keine Probleme gibt?
Umbauten sollen immer in Fachbetrieben vorgenommen werden, die erforderliches Wissen, Erfahrung und Kenntnisse über die Anwendung der rechtlichen Bestimmungen haben.
Haben Sie auch schon «exotische» Gefährte gesehen?
Ja, Fahrzeuge mit einer Fusslenkung für Personen, die keine Arme haben. Oder Autos mit mechanischem Getriebe, welche für Handbetrieb umge-baut werden. Immer mehr kommen auch Joysticks zum Einsatz.
Dürfte theoretisch auch ein Sattelschlepper oder ein Reisecar für
einen Rollstuhlfahrer umgebaut werden?
Die medizinischen Anforderungen sind in der Verkehrszulassungsver-ordnung geregelt. Wer einen Reisecar fahren will, darf keine Lähmun-gen, Versteifungen oder Verstümmelungen haben. Für das Fahren eines Lastwagens der Kategorie C genügt es hingegen, wenn der Lenker eine funktionelle Leistungsfähigkeit besitzt.
Erhalten behinderte Jugendliche unter 18 Jahren eine Sonderbewil-
ligung zum Autofahren, wenn es unbedingt nötig ist?
Ja, die kantonale Behörde kann behinderten Personen den Führeraus-weis für Autos, Motorfahrräder oder Motorfahrzeuge mit einer Höchst-geschwindigkeit von 45 km/h aufgrund eines ärztlichen Gutachtens vor Erreichen des jeweiligen Mindestalters erteilen.
«Wir sehen manchmal auch Exotisches»
Alois Kaufmann ist Verkehrsexperte für Führer- und Fahrzeugprüfungen beim Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern. Hier werden pro Jahr zwischen 100 und 200 umgebaute Fahrzeuge geprüft.
Rückkehr zur Normalität
Schon während der Rehabilitation im Schwei-zer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) Nottwil wusste Cornel Sonderer, irgendwann wieder Motorrad fahren zu wollen – einer, der eben wegen eines Töffunfalls querschnittgelähmt wurde. «Aber ich trug damals keine Schuld, hatte nichts falsch gemacht.» Und so wuchs das Verlangen nach einem neuen Gefährt, mit dem man in die Ferien fahren oder Ausflüge machen kann. Cornel Son-derer hatte auch genaue Vorstellungen, wie das Trike aussehen sollte. So flossen bei der Umset-zung viele eigene Ideen mit ein. «Natürlich ist es nicht mehr genau so wie früher», räumt er ein. Auf drei Rädern kann er nicht in die Kurve liegen, und die 400 Kilo schwere Maschine mit einem 1600-ccm-Motor ist auch breiter als ein Töff. Dennoch geniesst der Aussendienstmitar-beiter die Möglichkeit, wie früher wieder mit Kollegen unterwegs zu sein. Einige schmerzli-che Probleme am Anfang blieben nicht aus. Beim Transfer vor der ersten Probefahrt verbrannte
sich Cornel Sonderer die Fussfes-sel am noch ungeschützten heis-sen Auspuff. «Das passiert dir aber nur einmal», meint der 44-Jährige mit einem Schulterzucken. Über 500 Arbeitsstunden stecken in dem Trike. Aber jede einzelne hat sich bezahlt gemacht: «Das Fahren gibt mir viel Freiheit und Norma-lität zurück.»
Biker-Traum. Das Trike verhilft Cornel Sonderer zurück in die Normalität. Zusammen mit Sven Traber hat er das Freizeit-Gefährt gebaut und mit vielen liebevollen Details ausgestattet.
ZUR SACHE
Querschnittgelähmte decken sich laut Statistiken zu 80 Prozent in direktem
Kontakt bei Spezialisten und bei Allgemein-medizinern mit Infos ein. Die Suche nach me-dizinischer Information via andere Kanäle kann eine langwierige und mühsame Angele-genheit sein. Im Internet finden Interessierte häufig nur veraltete Behandlungskonzepte und wenig spezifische oder konkrete Anga-ben zu den komplexen Herausforderungen, die das Leben im Rollstuhl sowie der Umgang damit im Alltag stellen. Viele Paraplegiker sind oft ratlos und auf sich selbst gestellt. Ih-nen fehlen direkte Information, unkompli-ziert abrufbare medizinische Hilfe und immer wieder auch Kontakt mit Gleichgesinnten.So geht es auch Patientin A. Sie hat gerötete Hautstellen und sorgt sich. Die 29-Jährige ist seit einem Jahr auf den Rollstuhl angewiesen, nachdem sie einen schweren Unfall mit dem Auto erlitt. «Wo kommen die Flecken her? Was soll ich tun? Wie soll ich es tun? Was gilt es zu vermeiden?», fragt sie sich in berechtig-ter Angst. Früher googelte sie stundenlang im Internet nach Symptomen und Diagnosen.
Ziel: 5000 Nutzer weltweit bis 2016
Ab Dezember loggt sich Patientin A auf Para-forum ein und stellt ihre Fragen gleich der gesamten Gemeinschaft, die sich für Belange der Querschnittlähmung interessiert. Rund
Vorhang auf für Paraforum: Auf einer neuen Website tauschen sich ab Dezember Menschen im Rollstuhl,
Angehörige und Fachkräfte weltweit aus. Die interaktive Onlineplattform der Schweizer Paraplegiker-Gruppe
schliesst eine Lücke im Informations- und Kontaktangebot zum Thema Querschnittlähmung.
Text: Mathias Haehl | Bilder: Astrid Zimmermann-Boog
Sozialer Mehrwert durch weltweite Vernetzung
5000 Nutzer weltweit sollen sich innert zwei Jahren wie Patientin A regelmässig austau-schen. «Es ist ein Kommunikations-Markt in Anlehnung an das alte römische Forum», sagt Professorin Sara Rubinelli. Sie arbeitet in der Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF) und ist als Projektleiterin verantwortlich für den Inhalt der neuen Onlineplattform.
Information und Austausch
«Zentral ist das Lernen von der Community, aber auch für sie und somit mit ihr», sagt Rubinelli. Als Nutzer angesprochen sind Querschnittgelähmte, deren Fami-lien und Freunde, Forscher und Wissenschaftler sowie medizi-nische Betreuer. Nebst Informa-tionsvermittlung steht so auch der soziale Austausch im Vorder-grund. Es ist ein spezifischer Aus-tausch zum Thema Rückenmarks-verletzungen: In Chatforen und Blogs finden sich Interessierte, die bedürfnisorientiert zusammenar-beiten und sich organisieren. Entwickelt, erstellt und betrieben wird die Paraforum-Website von der SPF und der Schweizer Paraple-giker-Gruppe (SPG). Um hohe in-haltliche Qualität zu liefern, be-sitzt die SPG mit 1400 Mitarbeiten-
20 | Paraplegie, August 2013
den beste Ressourcen. Diese verfügen über Fachwissen und Erfahrung, und sie geniessen einen aus gezeichneten Ruf. Die SPG-Beleg-schaft ist auf dem neusten Stand in Pflege, The-rapie und Medizin, in beruflicher Integration und Rechtsfragen sowie in Forschung und le-benslanger Begleitung Querschnittgelähmter.Stilistisch ist die Website einfach aufgebaut und sinnlich gestaltet. «Mittels prägnanter Icons, einfacher Navigation und klarer Struk-tur werden die Nutzer motiviert, sich im weit-reichenden Angebot auszutauschen», erklärt Rubinelli.
Im Angebot von Paraforum stehen News, nützliche Links, Infos über Kontaktnetze sowie Geschäftspart-ner; es werden Versorgungslücken und häufige Fra-gen aufgeführt sowie der Umgang damit instruiert. Informationen können sich alle Internetnutzer ho-len, interagieren hingegen nur die Registrierten. Der Dienst ist gratis und wird vorläufig in vier Spra-chen angeboten: Englisch, Deutsch, Französisch und Italienisch. In Zusammenarbeit mit anderen Ländern ist das Angebot auch in weiteren Sprachen geplant. Das Projekt wurde durch eine Erstinvestition der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) lanciert und findet weltweit Unterstützung durch SCI-Vereini-gungen (Spinal Cord Injuries = Wirbelsäulenverlet-zungen).Infos: www.paraforum.org / www.paraforum.ch
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ZUR SACHE
Von diesem neuen weltweiten Austausch er-hofft sich Daniel Joggi, Stiftungsratspräsident der Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS), grossen Nutzen zur Förderung der Lebensqua-lität querschnittgelähmter Personen: «Es sol-len Impulse für neue Einrichtungen und Hilfs-mittel entstehen.»
Nutzer sind selber Experten
Sara Rubinelli ist in Zeiten von sozialen Me-dien wie Facebook und Multimedia wichtig, dass die Interaktion im Mittelpunkt steht: «Bei Paraforum sind die Nutzer selber die Ex-perten, sie haben oft langjährige Erfahrung und kennen demzufolge viele Tipps, dank de-nen sich das Leben mit Querschnittlähmung erträglicher machen lässt. Denn für viele Para- und Tetraplegiker ist wichtig, wie man Fach-kenntnis in der Praxis anwendet.» Das umfas-sende Wissen ist in einer Bibliothek aufge-schaltet, die laufend aktualisiert wird.
Vielfältige Paraforum-Dienste
Paraforum bietet vielfältige Dienste: Es gibt auf «MyDiary» Programme zu Selbstkon-trolle und Selbstmanagement; mit diesen so-genannten «self-tracking tools» dokumen-
Projektleiterin. Professorin Sara Rubinelli ist für den Inhalt der neuen Online-
plattform verantwortlich.
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tieren Patienten die Entwicklung ihrer Ernäh-rung und ihren Schmerz- oder Schlafverlauf. Dank diesen aussagekräftigen Statistiken können sie selbst oder in Zusammenarbeit mit dem Arzt und Therapeuten Konsequen-zen für die Therapie ableiten. «Die Möglich-keit von Online-Umfragen zu aktuellen Fra-gestellungen bietet eine zusätzliche Quelle für Forschung, Wissenstransfer und Innova-tion», erklärt Mirjam Brach, Geschäftsführe-rin der Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF).
Fragen werden schnell beantwortet
Dank den vielen Interaktions-Möglichkeiten von Paraforum sind die Fragen von Patientin A schnell beantwortet. Sie erfährt, dass die ge-röteten Hautstellen Anzeichen von bevorste-henden Druckgeschwüren (Dekubitus) sind. Nutzer B, ein 36-jähriger Tetraplegiker, der seit 15 Jahren im Rollstuhl sitzt, erklärt ihr live via Paraforum: «Liebe A, wenn du die be-troffenen Stellen massierst, dich viel bewegst und zudem für ausgewogene Ernährung sorgst, dann sollten sie bald verschwunden sein.» Und weil B sich gerne mit Schicksalsgenossen an einem Tisch persönlich austauscht, fügt er im Chat an: «Falls du Lust und Zeit hast, kön-nen wir uns bei Gelegenheit auch mal zu ei-nem Kaffee treffen.» So geht das soziale mit dem medizinischen Interesse Hand in Hand.
Paraplegie, November 2013 | 25
ZUR SACHE
Paraplegie, August 2013 | 25
Luca Camerini (30) hat das Design
und die Navigation von Paraforum
erarbeitet. Der IT-Experte und
Gesundheitskommunikations-Wis-
senschaftler arbeitet in Lugano.
«InteraktivesNetzwerk»
Luca Camerini, was zeichnet die Onlineplattform Paraforum aus?
Bekannte Onlineplattformen für Menschen mit Querschnittlähmung bieten
leider meist nur einen einzelnen Service: Entweder sind sie eine Bibliothek
oder ein Webforum, entweder leisten sie Beratung oder sind soziales Netz-
werk. Wir versuchen auf Paraforum diverse Services zu bündeln und mitein-
ander interaktiv zu vernetzen. Ein interaktives Netzwerk zu unterhalten, ist
keine leichte Aufgabe. Denn die Internetnutzer sind einfache Handhabung
gewohnt, wollen dabei aber möglichst komplexe Informationen sowie zeit-
nahe und direkte Interaktion, um einen umfassenden Ertrag zu ziehen.
Welche Vorbilder hatten Sie?
Ich habe 2004 mit einer Website für Rheumakranke einen ähnlich umfassen-
den Service aufgebaut. Diese Erfahrungen brachte ich während der letzten
beiden Jahre als externer Berater für Paraforum ein. Zudem konnte ich auf
mein Know-how aus der Softwarebranche bauen; ich betreue eine breitge-
fächerte Kundschaft und kenne in Sachen Design und Technik den aktuells-
ten Stand der Dinge.
Wie sieht dieser derzeit aus?
Wir wollen schnell und in erstklassiger Qualität Informationen und Online-
austausch anbieten. Dabei ist es bedeutsam, die Sprachdifferenz zwischen
den fachlich versierten Forschern und den Betroffenen zu überbrücken, also
eine allgemeinverständliche Sprache zu verwenden, die trotzdem höchst
präzise ist. Unser Ziel ist es, Paraforum zu der Plattform in Sachen Wirbel-
säulenverletzungen und Querschnittlähmung zu machen.
Wie garantieren Sie, dass persönliche Daten etwa auf «MyDiary»
nicht in falsche Hände geraten?
Auf der einen Seite wird die gesamte Plattform nach dem höchsten interna-
tionalen Standard zertifiziert, mit dem sogenannten HONcode, einem ethi-
schen Verhaltenskodex. Dahinter steht die Stiftung Health On the Net Foun-
dation, eine international anerkannte zivilgesellschaftliche Organi sation.
Auf der anderen Seite befindet sich Paraforum innerhalb der technischen
Infrastruktur der Schweizer Paraplegiker-Gruppe, die höchste Sicherheits-
standards für personenbezogene Daten garantiert.
Wie sehen die nächsten Schritte in der Entwicklung von Paraforum aus?
In Zukunft wollen wir unsere Informationen auch multimedial vermitteln,
die Inhalte und Dienste für Smartphones und Tablets nutzbar machen. Vor-
erst bin ich aber gespannt, wie unsere Onlineplattform ankommt. Ich hoffe,
dass Paraforum ein Erfolg wird und die Zahl der Nutzer schnell steigt.
26 | Paraplegie, November 2013
PRAXIS
Für Ihre Leistungsfähigkeit und Selbstständigkeit beim Älterwerden wäre es
wichtig, wieder mehr Sport zu machen», sagt Matthias Strupler und blickt seinem Gegenüber eindringlich in die Augen. Die Worte des Chefarztes der Sportmedizin Nottwil wirken motivierend, als er mit Georg Kehrli nach der halbtägigen sportmedizinischen Untersuchung Bilanz zieht. Der 55jährige Kehrli aus Rohr (AG) ist querschnittgelähmt und nutzt regelmässig das breit gefächerte Angebot des vorzüglich ausgestatteten Instituts für Sportmedizin: Analyse und Beratung, Motivation und Trainingsbegleitung. Er will auch im Alter selbstständig einen Haushalt führen können, was im Rollstuhl nicht einfach ist. Sportmediziner können dem Patienten sein Handicap zwar nicht nehmen, aber sie können ihm helfen beim Versuch, dieses zu kompensieren. Mit Erfolg: Georg Kehrlis Gesundheit ist laut Matthias Strupler seit dem letzten Untersuch besser geworden. Herz, Blut und KreislaufWerte sind gut, die Cholesterinwerte sind allerdings verbesserungsfähig. Der Chefarzt mahnt: «Unbedingt weniger Schokolade, Würste und fettigen Käse essen.» Eine Mahlzeit bestehe im Idealfall nur aus je einem Viertel Proteinen und Kohlehydraten, dafür zur Hälfte aus Gemüse oder Früchten. Nicht nur für Menschen im Rollstuhl
Das zehnköpfige Team von Matthias Strupler steht aber nicht nur Menschen im Rollstuhl mit Rat und Tat zur Seite, sondern auch Fuss
gängern, seien es Spitzen oder Ausgleichssportler, die Aufschluss über ihre Fitness und Gesundheit möchten. Ein solcher ist der 38jährige Niki Wüthrich aus Erlenbach (ZH). Der erfolgreiche Dirigent, Musiker und Kulturmanager will sein Lieblingsinstrument noch besser blasen, den Stress besser wegstecken können. Wenn er auf seiner Posaune im Orchester Sinfonien spielt oder mit kleineren Ensembles Jazzgrössen nacheifert, sind mentale und physische Fitness entscheidend. Die will er testen und misst unter Aufsicht von Matthias Strupler seine Ausdauer und die Lungenleistung. Auf dem EKGTestvelo strampelt er höchst konzentriert; ausserdem unterzieht er sich einem ausgedehnten MedicalCheck.
Abwechslungsreich trainieren
Wüthrich geht es wie Kehrli: Er ist gesund und ziemlich fit, aber nicht in Topform. Sportmediziner Strupler sagt den beiden anhand
Bessere Gesundheit und höhere Lebensqualität durch mehr Bewegung: Am Anfang
steht ein gründlicher Check samt Beratung, wie ihn die Sportmedizin des Schweizer
Paraplegiker-Zentrums (SPZ) Nottwil anbietet.
Text: Mathias Haehl | Bilder: Walter Eggenberger
Lebensqualität mit Sport steigern
Mehr Infos: www.sportmedizin-nottwil.ch
Sportmedizin Nottwil für jedermann
Die Sportmedizin Nottwil ist ein Fachbereich des Schweizer Paraplegi-ker-Zentrums (SPZ) Nottwil. Es sind Gesundheits- und Medical-Checks, Lak tatsenke-Tests und Höhentrai-nings so wie Triathlon-Checks, Trai-nings- und Ernährungsberatungen im Angebot. Die Institution, die seit 2007 das Gütesiegel «Swiss Olympic
Medical Center» trägt, ist öffentlich und richtet sich an Behinderten-Ath-leten sowie an Leistungs- oder Ausgleichssportler.
einer Vergleichsstatistik, dass sie sportlich einigermassen bei den Leuten sind. Dennoch mahnt er: «Sport treiben; mässig – dafür regelmässig!» Kehrli verspricht dem Arzt nach dem Check: «Sie haben recht, meine WorkLifeBalance lässt sich verbessern. Ich werde daran arbeiten.» Dirigent Wüthrich, dessen anstrengungsabhängiges Asthma jetzt offiziell mit Zahlen belegt ist, weiss auch, was zu tun ist: «Ich werde meine zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche abwechslungsreicher gestalten und nicht mehr nur Langstrecken laufen.» Das gefällt Matthias Strupler. Mit dem Laktattest konnte er beiden zeigen, in welchen Trainingsbereichen sie die Fettverbrennung, Stehvermögen sowie Ausdauer verbessern können. Der Chefarzt sagt: «Uns sind nicht nur die Sporttests wichtig – wir liefern auch eine ganzheitliche Beratung.»
Energisch. Beim Sportmedizin-check unterzieht sich Dirigent
Niki Wüthrich präzisen Messungen.
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Paraplegie, November 2013 | 29
MOSAIK
Fast 50 Personen aus den vier nationa-len Spezialkliniken für Querschnittge-lähmte nahmen an den 17. Jeux Inter-centres in Nottwil teil. Bei besten Be-dingungen und hervorragender Stim-mung hatten sie ausreichend Gelegen-heit, sich in traditionellen oder auch ungewöhnlichen Spielen bzw. Sportar-ten zu versuchen. Das abwechslungs-reiche Programm umfasste beispiels-weise Blasrohrschiessen (Bild), Tisch-curling oder Luftballon-Handball, aber
auch Boccia und Tischtennis. Besonde-res Interesse weckte die Anwesenheit von Silvio Keller und Michael Fässler, Mitglieder des Schweizer Rollstuhl-tischtennis-Kaders. Erst gaben sie eine eindrückliche Kostprobe ihres Kön-nens, während Trainer Philipp Zeugin wichtige Details erklärte. Danach duel-lierten sich die beiden auch mit Teil-nehmern. Ergänzt wurde der rundum gelungene Anlass mit diversen Infor-mationsangeboten.
Um Selbstständigkeit, Selbstbestimmung und soziale Integration junger Menschen
im Rollstuhl zu fördern, bietet das Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) Nottwil
jährlich Jugendrehab-Wochen an. Nächstes Jahr finden sie vom 14. bis 31. Juli statt.
Das Angebot richtet sich an Jugendliche im Alter von 10 bis 16 Jahren mit ange -
bo rener bzw. früh erlittener Querschnittlähmung. Eine Überweisung durch den
behandelnden Arzt bis 28. Februar 2014 ist unerlässlich.
Weitere Informationen: SPZ Nottwil, ParaHelp, Andrea Meier-Violka, 6207 Nottwil,
T +41 41 939 60 60, jugendrehab.spz@paranet.ch.
Selbstständigkeit fördern
MOSAIKNamentlichJan Dietrich Reinhardt, lange im Dienst
der Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF),
wurde als Professor für Rehabilitations-
wissenschaften und Physiotherapie an die
Universität Chengdu (China) berufen. Seit
Oktober in Asien, wird er weiterhin auch
an SPF-Projekten mitwirken.
Matthias Pfammatter, 2005 bis 2010
Direktor Zentrale Dienste der Schweizer
Paraplegiker-Gruppe (SPG), wurde zum
Direktor des See-Spitals Horgen-Kilchberg
(ZH) ernannt. Er wird seine Tätigkeit dort
am 1. Januar 2014 aufnehmen. Derzeit lei-
tet Pfammatter das Departement Chirurgie
im Kantonsspital Luzern.
Roger Getzmann, Leiter Leistungssport bei
Rollstuhlsport Schweiz (RSS) der Schweizer
Paraplegiker-Vereinigung (SPV), wurde vom
International Paralympic Committee (IPC)
als Wettkampfchef Leichtathletik bestätigt.
Das Mandat von Getzmann, seit 2011 in
diesem Amt, läuft bis 2016.
Spiel und Spassim Vordergrund
Den Traum vom Fliegen erfüllte das Team des
Instituts für Berufsfindung (IBF) im SPZ Nottwil
seinem ehemaligen Leiter Karl Emmenegger.
Zum Dank für 22 Jahre Einsatz durfte er in einer
«Vampire» Platz nehmen und den Militärjet, in
Begleitung eines Piloten vom Fliegermuseum
Altenrhein (SG), mitsteuern. Emmenegger, selber
querschnittgelähmt, flog hoch über der Eiger-
wand einen Looping, sauste mit 700 km/h rück-
lings am Matterhorn vorbei und gleitete über
den Aletschgletscher. «Mein Flug-Highlight!»,
sagte der Aviatik-Fan.
Über Bergedüsen
Einmaliges Erlebnis. Karl Emmenegger (links) und Pilot Hans-Peter Reusser.
Die Avnet AG (Rüschlikon ZH) führt jährlich eine Wohl-tätigkeitsaktion durch. Unter dem Titel «Avnet Charity Event» liefen 2013 rund 50 Mitarbeitende der Firma sowie von Partnern und Herstellern um Geld für Menschen im Rollstuhl. Belohnt wurden mehr als 580 Runden auf einer 400-m-Bahn, indem Sponsoren pro Runde jeweils einen Beitrag entrichteten. Unter Einrechnung zusätzlicher Spenden ergab sich so der aussergewöhnliche Betrag von CHF 20 000.–. Den entsprechenden Scheck für die Schwei-zer Paraplegiker-Stiftung bekam Heinz Frei, Präsident der Gönner-Vereinigung, überreicht.
Laufen für Rollstuhlfahrer
Sinnvolle ArbeitÜber 100 Mitarbeitende der BDO AG, Wirtschaftsprüfung, nahmen anlässlich eines Besuches in Nottwil an einer Füh-rung durch das Schweizer Paraplegiker-Zentrum teil. Beim Rundgang in der Spezialklinik wie auch während des ein-drücklichen Referats eines Rollstuhl- fahrers wurden sie daran erinnert, wie schnell das Leben gänzlich neue Wen-dungen nehmen kann. Und wie wich-tig in einem solchen Falle ein gemein-nütziges Werk ist, das den Betroffenen umfassende Hilfe leistet sowie neue Perspektiven aufzeigt. Zur Unterstüt-zung dieser Arbeit übergab die Firma eine Spende von CHF 1500.–.
MOSAIK
Jeden Sommer weilen zahlreiche junge Men-schen mit Querschnittlähmung während drei Wochen in Nottwil. Im Rahmen eines speziellen, auch mit vielen Erlebnissen ge-spickten Programmes arbeiten sie dort auch an der Verbesserung ihrer Fähigkeiten zur bestmöglichen Eingliederung in Familie und Gesellschaft. Dem Kiwanis Club Zürich-Dol-der liegt die Weiterführung der Jugendrehab-Wochen besonders am Herzen. So durfte die Schweizer Paraplegiker-Stiftung eine dafür bestimmte Spende in Höhe von CHF 2000.– entgegennehmen.
Jugend unterstützen
Die Organisationen Swiss Paralympic
und Procap waren Nutzniesser einer
Benefizveranstaltung für Menschen
mit Behinderung, die Peter Hochreu-
tener (Goldach SG) Ende Juni orga -
nisiert hatte. Vom Reinerlös in Höhe
von CHF 4500.– übergab der Initiant
CHF 1000.– zur Förderung von Nach-
wuchs-Athleten mit Behinderung
an Swiss Paralympic, während Procap
für Behindertenhilfe in der Region
Rorschach CHF 3500.– erhielt.
Geteilte Freude
Für seine Maturaarbeit an der Kantonsschule Ausserschwyz wählte
Timon Kunz (Wilen SZ) das Thema «Marathon». Er erstellte einen
Trainingsplan und begann für den «Stockholm Marathon» zu trainie-
ren. Dabei wurde dem Studenten bewusst, wie glücklich man sich
schätzen darf, gesund zu sein und laufen zu können. Diese Erkennt-
nis bewog ihn, Spenden für die Schweizer Paraplegiker-Stiftung zu
sammeln. Schliesslich beendete er den Marathon und konnte dank
grosszügiger Unterstützung vieler Gleichgesinnter die Summe von
CHF 1025.– überweisen.
Nachahmenswerte Idee
30 | Paraplegie, November 2013
Voller Einsatz. Teilnehmer am Avnet Charity Event.
Scheckübergabe. Stehend von links: Anke Scheel, (SPZ Nottwil), Elisabeth Spycher (Kiwanis Club Zürich-Dolder), Romy Thalmann (SPZ Nottwil).
Foto
: A
vnet
Paraplegie, November 2013 | 31
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Sinnvolle Hilfe geleistetWir sind Ihnen von ganzem Herzen dankbar für die Unterstützung, die wir für den Kauf eines Autos erhalten haben. Es öffnet einen neuen Horizont und gibt uns viel Freiheit, auch wenn die körperlichen Einschränkun-gen nicht weniger geworden sind.Bruno Garcia Dias und Sandra Roque,
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Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung hat ei-nen Beitrag an die Kosten eines Umbaus zugesichert, der mir zuvor grosse Sorgen bereitete. Jetzt empfinde ich unschätzbare Entlastung und grosse Dankbarkeit.Angelika Stäheli-Inauen, Engelburg SG
Ich danke der Schweizer Paraplegiker-Stif-tung für die Unterstützung bei der Anschaf-fung eines Handbikes. Es ist sensationell, die Natur wieder in vollen Zügen geniessen und den Wind in den Haaren spüren zu können.Roland Schwegler, Entlebuch LU
Im SPZ Nottwil erlebten wir eine eindrück-liche Führung. Unsere Begleiter wussten un-glaublich viel zu erzählen, und wir erhielten tiefen Einblick in die Arbeit für querschnitt-gelähmte Menschen. Im Namen aller danke ich sehr herzlich für drei tolle und lehrreiche Stunden. Wir werden das Projekt für den Umbau unseres Kirchgemeinde-/Pfarrhau-ses nun genauer unter die Lupe nehmen und auf behindertengerechte Ausführung beson-ders achten. Barbara Matzenauer, Reformierte
Kirchgemeinde Rüti ZH
Ich weiss kaum, wie ich Ihnen für die umfas-sende Hilfe zur Wiedereingliederung danken soll. Ich kann weiterhin in meinem Haus wohnen sowie dank einem Auto wieder ar-beiten und mich unabhängig bewegen, was besonders wichtig ist. Das Swisstrac-Zugge-rät ermöglicht es zudem, die Freizeit, auch mit meinem Enkel, draussen zu verbringen und neue Kräfte zu tanken.Jocelyne Guignet, Cheseaux VD
In der Nummer 2/13 des Magazins «Para-
plegie» hatten Mitglieder der Gönner-Ver-
einigung der Schweizer Paraplegiker-Stiftung
Gelegenheit, zu attraktiven Konditionen ver-
schiedene Uhren der Kollek tion von Mondaine,
im Design der legendären Bahnhofsuhr,
zu erwerben. Von diesem Angebot haben
zahlreiche Menschen profitiert und mit ihren
Einkäufen mehr als CHF 20 000.– Gewinn
zugunsten der Stiftung erwirtschaftet. André
Bernheim, Inhaber von Mondaine, zeigte
sich sehr zufrieden und entrichtete seiner-
seits eine Spende von CHF 3000.–. Das Geld
kommt vollumfänglich der Rehabilitation
und Unterstützung von Menschen mit Quer-
schnittlähmung zugute.
Mondaine tickt solidarisch
Stolzes Ergebnis einer Gönner-Aktion. André Bernheim, Inhaber Firma Mondaine (rechts), und Heinz Frei, Präsident der Gönner-Vereinigung.
32 | Paraplegie, November 2013 Paraplegie, Mai 2013 | 32
Monika Rickenbach
Die 53-Jährige wohnt in Steckborn (TG), Sohn Tobias (25) arbeitet als Elektriker, Ehemann Fredy (54) führt eine international tätige Firma. Als 16-Jährige erlitt sie aufgrund der Nervenkrankheit Morbus Friedreich erste Lähmungserscheinungen an den Beinen, die sich verschlimmerten. Die gelernte Ke-ramikmalerin arbeitet heute als Kinderbe-treuerin. Die begeisterte Rollstuhlsportlerin war 1998 Mitbegründerin des Rollstuhlclubs Thurgau, zudem amtet sie im Zentralvor-stand der Schweizer Paraplegiker-Vereini-gung.
Paraplegie, November 2013 | 33
Morgens herrscht bei uns schon kurz nach sechs Uhr Betrieb: Als Erster ver-
lässt Sohn Tobias das Haus, während ich mit meinem Mann Fredy Kaffee trinke. Dann ge-hören die Morgenstunden uns beiden Weib-lein: Shiva und ich gehen frische Luft schnap-pen. Und schon ist Ruhe da. Ich schätze die quirlige siebenjährige Hündin als Begleite-rin. Sie ist einfach da, will nicht viel und redet vor allem nicht – sehr beruhigend.Anderseits bringt Shiva auch viel Aktivität ins Leben: Sie muss sich bewegen, und das ma-chen wir am Nachmittag. Bei langen Spazier-fahrten am Bodensee kann ich nach einem abwechslungsreichen Arbeitstag den Kopf lüften. Shiva erdet mich wunderbar.Halbtags arbeite ich im Team des Kinderzen-trums in Steckborn. Ich assistiere zu ganz unterschiedlichen Zeiten beim Nachhilfeun-terricht, leite Religionsstunden und betreue bis zu 35 Kinder beim Mittagstisch. Es ist be-friedigend, eine Aufgabe zu haben. Ich bin gern inmitten von Kindern, weil sie direkt und meist ehrlich sind. Kinder sagen schnell Nein, wenn ihnen etwas nicht passt. Dieses Recht sollten wir uns öfter nehmen – auch von Kindern kann man lernen..Mit Sport zu Selbstwertgefühl
Nicht, dass Neinsagen mit Pessimismus gleichzusetzen wäre! Ich bin eine bejahende,
optimistische Person. Obwohl ich schon früh Grund gehabt hätte zu verzweifeln: Die sel-tene Nervenkrankheit Morbus Friedreich machte mir schon als 16-Jährige weiche Beine, und ich musste an Stöcken gehen. Zu-sehends zeigten meine Beine von den Füssen her Lähmungserscheinungen, und seit mehr als 20 Jahren bin ich auf den Rollstuhl ange-wiesen. Daher hatte ich früh schon starke Arme wie ein Preisboxer. Mit dem schnellen Erfolg im Rollstuhlsport stieg mein Selbst-wertgefühl.Ich entdeckte, dass ich meine innere Ruhe in der Bewegung finde. Mit Reiki, einer japani-schen Massagetechnik, lasse ich die Energien im Körper vermehrt fliessen und kann sie dadurch besser einsetzen. Beim Unihockey- oder Basketballsport finde ich Abwechslung: Die Phantasie kommt mit Ideen in Schwung.Abends verbringe ich die Zeit mit meinem Mann, der mich in allen Belangen unterstützt und mir seit 25 Jahren ein toller Partner ist. Wenn er mich nicht zu Unihockeytrainings begleitet und dann selber im Rollstuhl mit-spielt, gehen wir freitags traditionellerweise Steak essen, ins Kino, ins Theater oder besu-chen ein Musical.Meinen Geist halte ich beim Bügeln fit: Dabei lasse ich Hörbücher laufen, vor allem Krimis des US-Autors James Patterson. So macht Hausarbeit richtig Spass – mir schwebte
einmal gar vor, eine eigene Bügelstube aufzu-machen.
Der Ehemann vergrössert die Welt
In den Ferien fahren wir regelmässig mit dem Kreuzfahrtschiff in der Karibik herum. Wir kennen schon 24 Inseln, am wohlsten ist mir auf Grand Cayman. Mit Fredy an der Seite ist die Welt grösser, weil er als Fussgänger meine durch den Rollstuhl bedingten Einschränkun-gen oft aufheben kann. Ich betrachte mich als sehr selbstständig, aber mein Ehemann zeigt mir immer wieder, dass viel mehr möglich ist, als ich mir bisweilen zutraue.Ich hatte viel mit Schwierigkeiten zu kämp-fen. Es ist im Rollstuhl nur schon erniedri-gend, durch Fussgänger stets ‹von oben herab› angesprochen zu werden. Und ich gehöre manchmal als Sitzende einfach nicht dazu. Als ich dann vor sieben Jahren Brustkrebs hatte, lernte ich, was wirklich lebensbedrohend ist. Aufgrund der Bestrahlung wurde ich vorüber-gehend vergesslich, musste mir alles auf Zettel aufschreiben und diese Gedächtnisstützen im Haus verteilen. Den Krebs habe ich erfolgreich bekämpft. Er machte mich demütig und lässt mich mein Leben heute bewusster geniessen als früher. Denn ich lebe im Frieden. Weil mein Umfeld stimmt, ich viel Spass im Sport finde und weil meine Lieben mich tragen.
«Auch von Kindern kann ich lernen»Monika Rickenbach liebt den Rummel: Als Teilzeit-Kinderbetreuerin ist sie von
Jugendlichen umschwirrt. Mit Rollstuhlsport steigert sie ihr Selbstwertgefühl.
Aufgezeichnet von Mathias Haehl | Bild: Astrid Zimmermann-Boog
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MEIN TAG IM ROLLSTUHLLebensaufgabe. Monika Rickenbach gibt Enya Pipa Nachhilfeunterricht. «Ich bin gerne inmitten von Kindern», sagt sie.
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Armauflagen; geeignet für alle Bürotätigkeiten, insbesondere Bildschirmarbeitsplätze. Sitzmasse:(HxBxT) 48-65 x 52.5 x 48.5 cm, Gewicht: 22 kg, Bedienungs- u. Montageanleitung in d, f, i, e.
2 Jahre Garantie. 5 Fusskreuze: Holz/Bambus, Alu matt,Alu poliert, Alu schwarz matt, Alu schwarz poliert; inkl. Teppichrollen
(Hartbodenrollen optional erhältlich für CHF 20.-/5 Stk.)
Farben Stoff: 1. guava, 2. yellow, 3. domingo, 4. curacao,5. costa, 6. steel, 7. paradise, 8. olive, 9. demerera,
10. sombrero, 11. havana, 12. montserat; Farbe Leder: schwarz
S / M L / XL
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Ohne Kraftaufwand können Schultern, Rücken, Beine und die Fusssohlen bequem massiert werden.
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