gesellschaftliche spaltung - ein mehrdimensionales problem · 2020. 1. 30. · after bush – the...
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von Univ. Prof. Dr. Brigitte Unger
Soziale Ungleichheiten – Was tun gegen die Spaltung der Gesellschaft? WSI Herbstforum 26.11.2015 Berlin
Gesellschaftliche Spaltung - ein mehrdimensionales Problem
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Inhalt
1. PROBLEMSTELLUNG
2. ENTWICKLUNG VON UNGLEICHHEITEN
3 . URSACHEN
4. LÖSUNGSWEGE FÜR EINE SOLIDARISCHE
ENTWICKLUNG
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1. PROBLEMSTELLUNG
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1. Problemstellung
Die sich verfestigende soziale Ungleichheit hat viele Gesichter: ‚Ungleichheiten‘ – Spaltungstendenzen • Einkommen und Vermögen driften auseinander • am Arbeitsmarkt wächst der Anteil atypisch und häufig prekär
Beschäftigter • Ungleichheit im Bildungssystem, Genderungleichheit • Die Erosion des alten Normalarbeitsverhältnisses hat
Konsequenzen für die soziale Sicherung • Ungleichheit und soziale Abstiegsängste untergraben die
politische Stabilität und gefährden die demokratische Teilhabe
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1. Problemstellung
Parodox ´Wir sind reicher als wir je waren, und können uns plötzlich den Wohlfahrtsstaat nicht mehr leisten?´
Unsicherheiten Angst vor Flüchtlingen – ökonomisch und politisch Abstiegsängste, Angst vor Verarmung auch bei der Mittelschicht... Jugend skeptisch... BAG-W in Deutschland 2014 335.000 Wohnungslose 2018 536.000 Wohnungslose
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2. ENTWICKLUNG VON UNGLEICHHEITEN
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Fitoussi, J.-P./Stiglitz, J. E. (2009) The Ways Out of the Crisis and the Building of a More Cohesive World, OFCE Document de travail, 17.
Krugman, P. (2008) After Bush – The end of neoconservativism Das Ende der Neokonservativen und die Stunde der Demokraten, Campus, Frankfurt
Thomas Piketty (2013) Capital in the 21st Century
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2. Entwicklung von UngleichheitEN
Ökonomische Ungleichheit – Armut und Reichtum
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Ökonomische Ungleichheit In EU 122 Mio Arme - in D 16,2 Mio Arme
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Von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohte Bevölkerung in den EU-28 Staaten In % der Gesamtbevölkerung 2013
24,5% 20,3%
48%
15,9%
jeder 5. Deutsche und jeder 4. in der EU
18,8%
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Wann ist man arm - wann reich ?
Armutsdefinition der EU (1984) „Als verarmt sind jene Einzelpersonen, Familien und Personengruppen anzusehen, die über so geringe (materielle, kulturelle und soziale) Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedsstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist.“
Armut ist relativ zur Bevölkerung. Ein Armer unter meist Armen in Indien leidet weniger als ein Armer in den USA.
Im Gegensatz zu absoluter Armut, die das Überleben der Betroffenen unmittelbar bedroht (Weltbank: 2 Dollar pro Tag).
Soziokulturelles Existenzminimum – nicht nur Geld, sondern auch Disko, Freunde einladen können, im Fussballclub spielen können, Theater/Kino besuchen...
Entsprechende Reichtumsdefinition fehlt
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Hilft Diskussion um Armutsgrenzen?
Personen sind arm, wenn sie in einem Haushalt leben, der unterhalb der Einkommensgrenze liegt
Gängige Armutsgrenze Haushaltsnettoeinkommen
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Armutsgrenzen in 28 EU Ländern in Euro Jahreseinkommen Einpersonen-Haushalt (60% des Medianeinkommens nach Umverteilung)
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11.749 Euro 13.244 Euro
1240
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Die vergessenen wirklich Reichen
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• Grosse Vermögenszuwächse bei den 0.1% Top Reichsten. Aber über die gibt es keine Statistiken. Schätzungen von Forbes • In Deutschland wird Vermögen vor allem in den Betrieben angespart • Befragungen (SOEP, EU SILC) treffen nicht die Top 1% • Reichtum ist diskret und pocht auf Schutz der Privatsphäre. Ein Hartz IV Empfänger hat diese Privatsphäre nicht. Gloria von Thurn und Taxis: wer wirklich reich ist, weiss nicht wieviel er besitzt
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Einkommensungleichheit in Deutschland steigt
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0.288
0.24
0.25
0.26
0.27
0.28
0.29
0.30
1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013Gini-Koeffizient
Quelle: WSI Berechnung, SOEP v30; Je größer der Koeffizient, desto größer die Einkommensungleichheit
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Deutschland führt Europa bei Vermögensungleichheit an
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0.78 0.76
0.68 0.65
0.61
0.45
Gini-Koeffizient
Gini-Koeffizient der Vermögensverteilung Deutschland Österreich Frankreich Niederlande Italien Slowakei
Quelle: Mooslechner, P. 2013, zit. nach Grabka/Westermeier 2014
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2. Entwicklung von UngleichheitEN
Arbeitsmarkt – working poor, prekäre Beschäftigung
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Am meisten armutsgefährdet in D und der EU
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Arbeitslose (67.7%) und EU (46%) AlleinerzieherInnen (37%) und EU (34%) Alleinstehend (32%) und EU (25.7) Ausländer (18.4%) und EU (24.5%)
Probleme Working Poor Wenig Bildung Geschlecht (Frauen - Bildung, Pflege, Kinder,…) Altersarmut Kinderarmut Krankheiten Familiengröße (mehr als zwei Kinder)
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Durchschnittliche Arbeitslosenquoten 1995 - 2015
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Quelle: Statista
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Anzahl der Niedriglohnempfänger 2010 in Mio
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Working Poor – Armut der arbeitenden Bevölkerung
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0.0
2.0
4.0
6.0
8.0
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12.0
14.0
16.0
18.0
20.0Arbeits-Armutsgefährdungsquote der 18- bis 64-jährigen (2013)
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2. Entwicklung von UngleichheitEN
Bildung – working poor Falle
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Anteil der Niedriglohnempfänger nach Bildungsniveau 2010 in % Allmendinger et al 2014
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Deutschland - niedrige Bildung ist Working Poor Falle
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Beschäftigungsentwicklung in Deutschland, nach Bildungsniveau 1996 – 2011 (in %)
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2. Entwicklung von UngleichheitEN
Frauen häufiger atypisch beschäftigt als Männer: Bildung, Kindererziehung, Pflege Sozialpolitik – zu wenig Absicherung im Lebensverlauf
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Frauen von atypischer Beschäftigung stärker betroffen Beschäftigungsentwicklung nach Geschlecht 1996 – 2011 in % Allmendinger et al 2014
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Sozialpolitik muss besser abfedern Arbeitszeiten in verschiedenen Lebensphasen - Männer und Frauen in D sehr unterschiedlich
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3 . WER ODER WAS IST SCHULD AN SPALTUNG?
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3. Ursachen für Gesellschaftliche Spaltung
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4. LÖSUNGSWEGE FÜR EINE SOLIDARISCHE ENTWICKLUNG
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Wie Spaltung sozialpolitisch und arbeitsmarktpolitisch bekämpfen?
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Bessere Mindestsicherung, leistbare Wohnungen, Energie... Prekäre Beschäftigungsformen verhindern ALG II Reform Öffentliche Dienstleistungen ausbauen Existenzsichernde Arbeitsverhältnisse – keine working poors Gesetzliche und tarifliche Mindestlöhne Sozialpolitische Gleichstellung von atypischer Arbeit und Normalarbeit und Abfederung von Brüchen im Erwerbsleben (in D: bis zu 40% weniger Rente…) Jugendarbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen, Bildungspolitik ....Bildungszugänge und Qualität verbessern.
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Makroökonomische Reformen Finanzmärkte wachsen ungebremst weiter…STOPP
26.11.2015
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50
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200
250
300
350
1980 1995 2000 2005 2008 2010 2011 2013 2014
Billio
nen
Dol
lar
Weltbruttoinlandsprodukt und Bestand an Weltfinanzanlagen
GDP Stock of Global Financial Assets
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und schafft extreme Einkommensungleichheit
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Früher 1: 2000 Ein Kaiser hatte ca. 2000 mal so viel Einkommen wie seine
Untertanen Heute 1 : 1 000 000 Hedgefonds Manager John Paulson spekulierte auf den
Zusammenbruch des US Immobilienmarktes. Er verdiente 2007 3.7 Mrd. Dollar, 2010 5 Mrd. und 2014 2.3 Mrd. Dollar
Problem: John kann es in der realen Wirtschaft nicht
ausgeben!
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Spekulation auf Finanzmärkten destabilisiert
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Kollaps des US Wohnungsmarktes für die Ärmsten…Auslöser der Finanzkrise 2008
Spekulation mit Rohstoffen, Hungerprobleme in der 3. Welt Spekulation mit Staatsschulden nach der Finanzkrise Bankgarantien statt Sozialausgaben Umlenkung von deutschen Steuergeldern an deutsche Banken und damit zur Aushöhlung des Öffentlichen Sektors ´Unsichtbarer Staat´- der nicht mehr in Wohnungen, Gesundheit,
Schulen, Renten investiert sondern in Bankgarantien und Exportstützen
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Vermögensgrenzen auch nach oben _________________________________ Aristoteles Ungleichheit 1:5 “(…) accumulation should be allowed, forbidding, as I have already- observed, any citizen to possess more than five times the minimum qualification” From: Politics (Part VII)
Aristoteles beruft sich auf Phaleas (400 v. Chr) als den ersten Verfassungstheoretiker, der die Ursache für soziale Unruhen und Bürgerkriege in ungerechter Vermögens- und Besitzverteilung sah. Er habe laut Aristoteles gefordert, bei der Gründung neuer Staaten bzw. Kolonien alle Bürger finanziell gleichzustellen. Für bereits existierende Staaten empfahl er die kontinuierliche Verheiratung von armen und reichen Leuten, wobei jeweils nur die Reichen eine Mitgift zu stellen hätten.
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Vermeidung von Polarisierung durch Steuerpolitik
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Vorschlag von Thomas Piketty, Das Kapital im 21. Jahrhundert Erben/reich heiraten wieder wichtiger als arbeiten? Gefährdung von Gesellschaft und Demokratie! Stark progressive Vermögenssteuern
0,1% 0-200.000 Euro, 0,5% 200-1 Mio, 1% für 1-5 Mio., 2% 5 Mio.- 1 Mrd., 5-10% ab 1 Mrd.
Hohe Steuersätze für Top-Einkommen: Grenzsteuersatz über 80% Geld ist genug da! Wo bleibt die Finanztransaktionssteuer? Was bleibt von ihr? (20-50
Milliarden bis 2020)
Steuerlöcher stopfen und Steuervermeidung verringern (weltweit 32 Billionen Dollar Finanzanlagen in Offshore Zentren)
Steuerhinterziehungsgelder eintreiben (für D: 100 Mrd aus der Schweiz)
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Prof. Dr. Brigitte Unger, Lehrstuhl Public Sector Economics an der Utrecht University School of Economics. e-mail: b.unger@uu.nl
Vielen Dank!
UngleichheitEN können bekämpft werden!
mailto:b.unger@uu.nl
Foliennummer 1InhaltFoliennummer 31. Problemstellung1. ProblemstellungFoliennummer 6Foliennummer 72. Entwicklung von UngleichheitENÖkonomische Ungleichheit�In EU 122 Mio Arme - in D 16,2 Mio Arme�Foliennummer 10Wann ist man arm - wann reich ?Hilft Diskussion um Armutsgrenzen?���Armutsgrenzen in 28 EU Ländern in Euro�Jahreseinkommen Einpersonen-Haushalt �(60% des Medianeinkommens nach Umverteilung)�Die vergessenen wirklich ReichenEinkommensungleichheit in Deutschland steigtDeutschland führt Europa bei Vermögensungleichheit an2. Entwicklung von UngleichheitENAm meisten armutsgefährdet in D und der EU� Durchschnittliche Arbeitslosenquoten� 1995 - 2015��Anzahl der Niedriglohnempfänger�2010 in MioWorking Poor – �Armut der arbeitenden Bevölkerung2. Entwicklung von UngleichheitEN���Anteil der Niedriglohnempfänger� nach Bildungsniveau 2010 in % �Allmendinger et al 2014�Beschäftigungsentwicklung in Deutschland, nach Bildungsniveau 1996 – 2011 (in %)2. Entwicklung von UngleichheitEN��Frauen von atypischer Beschäftigung stärker betroffen �Beschäftigungsentwicklung nach Geschlecht�1996 – 2011 in % Allmendinger et al 2014Sozialpolitik muss besser abfedern�Arbeitszeiten in verschiedenen Lebensphasen - Männer und Frauen in D sehr unterschiedlichFoliennummer 283. Ursachen für Gesellschaftliche Spaltung Foliennummer 30Wie Spaltung sozialpolitisch und arbeitsmarktpolitisch bekämpfen?Makroökonomische Reformen�Finanzmärkte wachsen ungebremst weiter…STOPP�und schafft extreme EinkommensungleichheitSpekulation auf Finanzmärkten destabilisiertVermögensgrenzen auch nach oben�_________________________________ � ��Aristoteles Ungleichheit 1:5Vermeidung von Polarisierung durch Steuerpolitik�Foliennummer 37
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