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Bayerische Vorgeschichtsblätter 78, 2013, S. 23–69

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Fundgeschichte

Im Jahr 1981 wurde eine Dienststelle des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege (BLfD) in Ingolstadt eingerichtet, die es ermöglichte, den stark expandie-renden Flächenverbrauch in der Region denkmalpflege-risch angemessen zu betreuen1. Eine erste mehrjährige Ausgrabung in Gaimersheim fand am Brunnbuck nörd-lich des Ortes statt, wo bei einer Straßenbegradigung Siedlungsbefunde mehrerer Perioden um einen Quellbe- reich festgestellt wurden, darunter eine römische villa rustica sowie alt-, mittel- und jungneolithische Sied-lungsareale2.

Der verstärkte Einsatz der Luftbildarchäologie, und insbesondere die konsequente archäologische Be-gleitung von Oberbodenabträgen in neu ausgewiesenen Baugebieten, führte zu einer Vielzahl neuer Erkennt-nisse zur prähistorischen Besiedlung des mittleren Do-nauraumes. So konnte 1998 im Baugebiet Kreppenäcker im Nordosten von Gaimersheim (Abb. 1) ein besonderer Befund dokumentiert werden: eine schnurkeramische Doppelbestattung.

Regionale Forschungsgeschichte und Fundplätze der Schnurkeramik

Schon im Jahr 1790 lieferte der Eichstätter Professor Ignatz Pickel (1736–1818) den ersten Beleg für ein Grab der Schnurkeramik. Er berichtete über die Ausgrabung eines Grabhügels in der Waldabteilung „Flüssel“, heu-te in der Gemarkung Pietenfeld (Lkr. Eichstätt)3. Seine Funde, unter anderem drei Steinäxte und zwei Silex-dolche, sind leider nicht erhalten geblieben. Weitere bemerkenswerte Funde waren 1841 ein Silexdolch aus einem Grabhügel bei Biding (Lkr. Eichstätt)4 sowie im Jahr 1867 wiederum ein ebenmäßiger Silexdolch vom Osterberg bei Pfünz (Lkr. Eichstätt). Ebenfalls im spä-ten 19. Jahrhundert fanden sich ein Silexdolch und ein Steinbeil, angeblich in einem Grabhügel bei Eitensheim (Lkr. Eichstätt), welcher möglicherweise bei Erdarbeiten anlässlich des Bahnbaus ab 1867 zum Vorschein kam. Nicht weit entfernt davon fand sich 1882 bei Tauber-feld (Lkr. Eichstätt) eine prächtige facettierte Axt5. Im-mer wieder waren es Beile, Äxte oder Dolche, die in der

Folge bekannt wurden, wohl häufig als Belege ange-pflügter Gräber6.

Mit der konsequenten denkmalpflegerischen Be-treuung ab Anfang der 1980er Jahre konnten, neben dem generellen Zuwachs dokumentierter Ausgrabun-gen, 1991 in der Neubautrasse der Bundesstraße  16 südlich von Weichering (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen) auch erstmals drei Ost-West ausgerichtete Gräber der Schnurkeramik fachgerecht dokumentiert werden7. Da-nach wurden in fast jährlichen Abständen zum Teil sehr reich ausgestattete Gräber entdeckt. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind in der Region Ingolstadt mindestens 26 schnurkeramische Gräber mit mindestens 31 Bestat-tungen ans Licht gekommen (s. Katalog Liste 18).

Siedlungsspuren sind hingegen kaum bekannt ge-worden. Bei der Domgrabung in Eichstätt und auf der ICE-Trasse bei Kinding konnten nur wenige Keramik-reste festgestellt werden. Einige Neufunde des letzten Jahrzehnts aus Grabungen und Aufsammlungen bele-gen in der Gemeinde Egweil9 eine schnurkeramische Siedlungstätigkeit.

Zur Fundgeschichte der Doppelbestattung von Gaimersheim

Aus der Ortsflur von Gaimersheim lag als Beleg für die Schnurkeramik eine durchlochte Axt vor, die von

1 Rieder 1988.2 Rieder u. a. 1989.3 Rieder 2007.4 Birkner 1932; Birkner 1936.5 Winkelmann 1926, 92; Naber 1974, 7 ff., sowie Abb. 1–2.6 Reichart 1972.7 Weinig 1992. Übersicht der Grabungen und Fundplätze des

Jahres 1991. Arch. Jahr Bayern 1991, 12 und BVbl. Beih. 7, Fundchronik für das Jahr 1991 (München 1994) 74. Angezeigt auch in: Jahrb. Bayer. Denkmalpfl. 45/46, 1991/1992 (Berlin, München 1999). Berichtsteil, Abt. Bodendenkmalpfl., Be-richtszeitraum 1991 (Ausgrabungen) 683.

8 Aus den Vorberichten und teils unvollständigen Grabungsdo-kumentationen, bzw. den Inkonsistenzen zwischen diesen, lassen sich keine verlässlichen Zahlen ermitteln, vgl. z. B. An-merkungen zu Katalog Liste 1 Nr. 15.

9 Rieder 2008 u. frdl. Mitteil. H. Strobel, BLfD Ingolstadt, Pro-jektsteuerung.

Technologische und ergologische Erkenntnisse zu den Stein-, Knochen-, Zahn- und Geweihartefakten aus dem schnurkeramischen Doppelgrab von Gaimersheim, Lkr. Eichstätt

Jürgen Weiner, PulheimMit Beiträgen von Erich Claßen, München und Karl Heinz Rieder, Kipfenberg

Jürgen Weiner

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einem Landwirt südlich des Augrabens gefunden und 1989 dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege zur Kenntnis gebracht worden war10. Mit hoher Wahr-scheinlichkeit entstammt das aus fremdem Felsgestein (Serpentinit) hergestellte Werkzeug einem Grab der frü-hen Schnurkeramik. Bei Erdeingriffen jeder Art konnte also stets auch mit der Aufdeckung einzeln gelegener Gräber der Schnurkeramik gerechnet werden. So auch im zukünftigen Baugebiet Kreppenäcker in Gaimers-heim, als am 11.9.1998 in den bis dahin weitgehend unauffälligen Trassenabschnitten die hier zu beschrei-bende Doppelbestattung aufgedeckt wurde. Nach dem maschinellen Oberbodenabtrag musste festgestellt wer-den, dass der Pflug die Skelette bereits tangiert hatte. Ebenso waren bereits zwei den jeweiligen Individuen zuzuordnende Gefäßbeigaben, in einem Fall zu zwei Dritteln, im anderen zu drei Vierteln zerstört.

Die äußeren Bedingungen der Bergung waren durch anhaltenden Starkregen ausgesprochen ungüns-tig. Neben den obligatorischen Zeichnungen der Bestat-tung, erfolgte die Fotodokumentation entgegen der üb-lichen Verfahrensweise (Schwarzweiß-Negativfilm und Diapositiv) erstmals ausschließlich in Digitaltechnik, da das Grabungszelt für eine konventionelle Praxis zu nied-rig war und wegen der herrschenden Wetterbedingun-gen auch nicht entfernt werden konnte. Die Grablege wurde in Quadranten fotografiert, die später fotogram-metrisch kombiniert wurden. Zusätzlich wurden zahl-

reiche Detailaufnahmen angefertigt, insbesondere von der Lage der Beigaben.

Aufgrund der außergewöhnlichen Beigaben war bereits unmittelbar nach der Bergung eine wissenschaft-liche Bearbeitung durch verschiedene Fach kollegen vorgesehen, die sich aber leider deutlich zeitlich ver-zögerte. Auch das Skelettmaterial konnte bislang nicht bearbeitet werden, da die Knochen seit geraumer Zeit nicht auffindbar sind.

Dennoch erfolgte mittlerweile eine öffentliche Präsentation des Grabinventars im 2008 eröffneten Marktmuseum Gaimersheim. Der vorliegende Artikel schließt nun auch die wissenschaftliche Vorlage der ar-chäologischen Funde ab.

Karl Heinz Rieder

Befund

Lage der Fundstelle

Der Marktort Gaimersheim (Lkr. Eichstätt) liegt ca. 6 km nordwestlich von Ingolstadt, am Südrand der südlichen Frankenalb. Die Fundstelle „Kreppenäcker“ befindet sich am nordöstlichen Ortsrand auf einem flachen,

Abb. 1. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. 1 Lage der Fundstelle „Kreppenäcker“ östlich des Ortes Gaimersheim, im nördlichen Oberbayern. o. M.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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süd exponierten Hang, der zur holozänen Aue des Retz-grabens abfällt. Den geologischen Untergrund bildet die im Miozän abgelagerte obere Süßwassermolasse, die in weiten Teilen mit pleistozänem Löss überdeckt ist. Mo-lassematerial und Lösslehm sind das Substrat der hier vorhandenen Braunerden.

Die Befunde, die in den Erschließungstrassen und den einzelnen Baugrundstücken des Baugebietes „Krep-penäcker“ ab 1998 untersucht wurden, konzentrieren sich im Süden des Baugebietes, in Höhen lagen um 390 m  NN. Neben der näher vorzustellenden schnur-keramischen Doppelbestattung, die im Westteil der südlichsten Erschließungsstraße aufgedeckt wurde, konnten im Baugebiet Kreppenäcker urgeschichtliche Siedlungsbefunde der Linienbandkeramik, der Münchs-höfener Kultur, der Urnenfelderzeit sowie der späten Hallstatt- oder frühen Latènezeit dokumentiert werden.

Das Grab

Die Bestattung der Schnurkeramik gab sich im ersten Planum als langrechteckige, Ost-West orientierte Ver-färbung von ca. 2,6 × 1 m zu erkennen (Abb. 2). Erste Knochen und Gefäßbruchstücke wurden bereits bei Anlage des Baggerplanums freigelegt. Im Zuge der Aus-grabung konnte dann die Grablege zweier Individuen in einer nur noch maximal 8 cm tiefen Grabgrube doku-mentiert werden11.

Individuum 1, bei dem es sich vermutlich um eine Frau handelte12, befand sich im Westteil der Grube. Die Frau lag, den Kopf im Westen mit Blick nach Süden auf dem Rücken, die Beine lagen leicht angehockt auf der rechten Seite, somit wiesen die Knie nach Süden. Bei-de Arme lagen angewinkelt am Körper, sodass es wahr-scheinlich ist, dass die Hände auf dem Bauchbereich ruhten. Individuum  2, ein Mann, war im Ostteil der Grabgrube niedergelegt worden. Sein Kopf lag im Osten und blickte nach Süden. Während der Oberkörper flach auf dem Rücken lag, waren die Beine ebenfalls leicht nach links angewinkelt, womit die Knie wiederum nach Süden wiesen. Bei der männlichen Bestattung war der rechte Unterarm leicht zur Hüfte hin abgeknickt, wäh-rend der linke ausgestreckt neben dem Körper lag.

Beide Skelette waren nach Ausweis der Grabungs-dokumentation verschränkt niedergelegt worden. Das heißt: Das linke Bein von Individuum 2 war zwischen den Beinen von Individuum  1 „hindurchgeschoben“ und nach links geneigt worden, wohingegen das rechte Bein auf der linken Körperseite von Individuum  1 ab-gelegt worden war. Die Füße von Individuum 2 kamen damit auf Höhe des Brustkorbes von Individuum 1 bei den Armbeugen zu liegen.

Erich Claßen

Funde

Verteilung des Fundmaterials im Grab

Die Beigaben der Frau umfassen neben einem Becher oberhalb des Kopfes lediglich zwei Artefakte, einen kleinen Dolch und eine Silexklinge (Abb. 2,2). Sie wur-den neben der linken Schulter auf einer Fläche von ca. 10 × 10 cm nebeneinanderliegend gefunden (En-semble 1). Die Männerbestattung enthielt ebenfalls ei-nen Becher links oberhalb des Kopfes und insgesamt 23 weitere Artefakte sowie über 100 Retuschierreste. Mit Ausnahme des Gürtelhakens parallel an der Außenseite des rechten Oberarms (Einzelfund  1) und der Dolch-klinge in der linken Armbeuge (Einzelfund 2), verteilen sich die restlichen Objekte auf zwei Fundensembles. Es handelt sich einmal um drei Beilklingen, die auf einer Fläche von ca. 20 × ca. 30 cm rechts neben dem Becken vor, am und unterhalb des rechten Unterarmes ange-troffen wurden (Ensemble 2). Die restlichen 18 Artefak-te und alle Retuschierreste wurden auf einer Fläche von ca. 15 × 25 cm dicht neben- und übereinanderliegend rechts oberhalb des Kopfes freigelegt (Ensemble 3).

Legt die Fundposition des Ensembles 3 nachgerade zwangsläufig die Deponierung des Ensembles in einem Beutel nahe, so ist dies für Ensemble 1 nur wahrschein-lich.

Es gibt keinerlei Hinweise, dass das Grab durch Wühltiere oder Grabraub nachhaltig gestört wurde. Deshalb ist davon auszugehen, dass sich alle Beigaben – von verwesungsbedingten, geringfügigen Lageverän-derungen abgesehen – an ihren zum Zeitpunkt der Be-stattung gewählten Niederlagestellen befanden.

Lässt man die beiden Toten gleichermaßen mit-gegebenen Becher außer Acht, so fällt das krasse Miss-verhältnis zwischen der Beigabenanzahl der Frau und derjenigen des Mannes auf. Von den verbleibenden insgesamt 25  Objekten sind nur zwei (8 %) der Frau zuzuordnen, 23 (92 %) dagegen dem Mann, weshalb er zu Recht als „überaus reich ausgestattet“ beschrieben wurde13.

Jürgen Weiner

10 Tillmann 1990, 85–90; Tillmann 1995, Abb. 10.11 Die Grabungsleitung und die Dokumentationen vor Ort lag

für die Firma ProArch, Ingolstadt, in den Händen von G. Mal-cher M. A. und A.  Liebhardt, die ebenfalls den Grabungsbe-richt verfassten.

12 Eine erste anthropologische Ansprache der Skelette liefer-te nach Auskunft von K. H. Rieder zeitnah zur Grabung P.  Schröter (ehem. Anthropolog. Staatsslg. München). Eine abschließende anthropologische Untersuchung konnte bis-lang jedoch nicht erfolgen, da die Skelettreste derzeit nicht auffindbar sind.

13 Rieder 1999a, 3.

Jürgen Weiner

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Gefäßbeigaben

Die beiden jeweils oberhalb der Köpfe der bestatteten Individuen geborgenen Gefäßreste wurden bereits kurz nach ihrer Bergung ergänzt und konserviert. Heute können sie daher zwar als vollständige Gefäße im Mu-seum betrachtet werden, Aussagen zum Gefäßaufbau, der Magerung oder Oberflächenbehandlung sind aber nicht mehr möglich. Daher sollen die beiden als Becher anzusprechenden Gefäße hier nur formal und in Bezug auf die Verzierungen kurz beschrieben werden.

Bei der Frau fanden sich die Scherben eines in rekonstruierter Form 13 cm hohen Gefäßes (Obj.  1-1;

Abb. 3,1) mit einem Mündungsdurchmesser von 10,5 cm. Die größte Weite am Bauch beträgt 11,7 cm. Das Gefäß weist eine flach S-förmig geschwungene Wandung auf, die Randlippe ist gleichmäßig gerundet, die Bodenform nicht rekonstruierbar. An Verzierungselementen finden sich am Bauchumbruch und am Gefäßhals jeweils zwei horizontale parallele Reihen aus kleinen, einzeln gesetz-ten ovalen Einstichen.

Von dem bei dem männlichen Toten gefunden Gefäß (Obj.  1-28; Abb. 3,2) ist lediglich das untere Ge-fäßdrittel bis zu einer Höhe von 7,5 cm erhalten. Der Durchmesser des flachen, leicht abgesetzten Bodens be-trägt 6 cm. Die gleichmäßig geschwungene, vom Boden

Abb. 2. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. 1 Die schnurkeramische Doppelbestattung im Planum; 2 Umzeichnung. 1 o. M.; 2 M. 1 : 20.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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aus ansteigende Wandung erreicht eine maximale Wei-te von 16 cm. Die Verzierung dieses Gefäßes besteht ebenfalls aus zwei horizontalen, parallelen Einzelstich-reihen, die hier jedoch knapp unterhalb des Bauchum-bruchs bzw. der größten nachgewiesenen Gefäßweite liegen.

Die beiden Gefäße sind typologisch in die Nähe der Becher vom Typ Geiselgasteig zu stellen. Somit wei-sen diese, wie auch die weiter unten zu besprechenden Dolchklingen, auf eine jüngere Zeitstellung des Grabes von Gaimersheim innerhalb der Schnurkeramik hin.

Erich Claßen

Die Stein-, Knochen-, Zahn- und Geweihartefakte14

Die Artefakte aus Stein, Knochen, Zahn und Geweih wurden entsprechend der oben gegebenen Beschrei-bung ihrer Anordnung im Grab nach Frauen- und Män-nerbeigaben getrennt behandelt.

Allgemeine Beobachtungen zum Silex-RohmaterialEs lassen sich auf makroskopischer Basis (mit bloßem Auge und Lupe) sechs verschiedene Materialgruppen bilden:1. 6 Hornstein/Feuerstein, braun-grau, homogen,

stumpf, opak.

2. 6 Plattenhornstein, grau-braun, stumpf, homogen, opak, auf beiden Seiten noch harte, dicke, weiße Rinde.

3. 6 Hornstein(?), mittelgrau bis gelbbraun, hellgraue Einschlüsse und zonige Schlieren, „glasig“, opak.

4. 6 Hornstein, mittelgrau, homogen, opak.5. 6 Hornstein(?), hellgrau bis grauweiß, in Rindennä-

he gelbliche Tüpfel und gelblich ausgefüllte Risse, opak.

6. 6 Hornstein, hellgrau, homogen, opak.

14 Mein besonderer Dank gilt K. H. Rieder für die Möglichkeit der Bearbeitung des Inventars. Gleichermaßen Dank geht an A.  Tillmann (Bayer. Landesamt f. Denkmalpfl., Außenstelle Bamberg) für Diskussionsbeiträge und Literaturhinweise. Ein herzlicher Dank gilt Prof. Dr. M. Dambach (Zoologisches Institut, Universität zu Köln) für Hinweise zu Eber- und Kei-lerhauern. Ferner danke ich J. Schibler (Institut für Ur- und Frühgeschichte, Universität Basel), für freundliche Informa-tionen zu Hauermessern. Großer Dank gebührt K. Drechsel (Rheinisches Amt für Bodendenkmalpfl. Bonn, Außenstelle Nideggen), die mit Langmut zahlreiche Beobachtungen des Verf. am Material kritisch überprüfte und ausgiebig disku-tierte. Dank geht zuletzt auch an S. Haendschke M. A. (Rheini-sches Landesmuseum Bonn) und U. Wohnhaas M. A. (Institut für Ur- und Frühgeschichte, Universität zu Köln).

Abb. 3. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. 1 Gefäßbeigabe der vermutlichen Frauenbestattung (Obj. 1‑1); 2 Gefäßbeigabe der vermutlichen Männerbestattung (Obj. 1‑28). M. 1 : 2.

Jürgen Weiner

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Diesen Gruppen lassen sich folgende Artefakte zuord-nen:1. Dolchklinge Obj. 1-8 und Pfeilspitze Obj. 1-5.2. Dolch Obj. 1-33.3. Feuerschlagstein Obj.  1-32 und drei Absplisse der

Gruppe 3.4. Silexklinge Obj. 1-22.5. Abschlag Obj.  1-17 und Pfeilspitzen Obj.  1-1; 1-3;

1-4.6. Pfeilspitzen Obj. 1-2; 1-10; 1-11.

Beigaben der Frau

Ensemble 1Ensemble  1 besteht aus einer Silexklinge (Obj.  1-22; Abb. 4,1) und einem Dolch aus Silex (Obj. 1-33; Abb. 4,2). Die Länge der Klinge beträgt 72 mm, die Breite 18 mm und die Dicke 6 mm bei einem Gewicht von 6 g. Die Klinge besitzt einen glatten Schlagflächenrest und deutliche Dorsalflächenreduktion. Unbeschadet letzte-ren Merkmales wurde sie vermutlich in Punchtechnik hergestellt. Das Stück ist beidseitig randlich bis flächig ausschließlich dorsal druckretuschiert. An der rechten Längsseite befindet sich ein eventuell moderner Aus-bruch, das Spitzenende ist gebrochen. Auf der Dorsal- und der Ventralfläche ist seidiger Glanz vorhanden, der an den Längskanten und über die ganze Länge des Dorsalgrates am stärksten ausgeprägt ist und als Ge-brauchsspur interpretiert wird15.

Die Länge des Dolches beträgt 86 mm, die Breite 31 mm und die Dicke 11 mm bei einem Gewicht von 25 g. Die annähernd im rechten Winkel zu beiden Breit-seiten orientierte Basis besteht vermutlich aus einer natürlichen, unpatinierten Sprungfläche, wie sie für Plattensilex bekannt ist. Die Breitseiten weisen jeweils in der proximalen Hälfte deutliche weiße und harte

Rindenreste auf. Sie sind nicht überschliffen und kön-nen deshalb bei der Benutzung nicht gestört haben. Distalabschnitte großer Negative auf beiden Breitseiten legen eine erste Zurichtung in Schlagtechnik nahe. An den Rindenpartien enden diese Distalabschnitte in „step fractures“. Die endgültige Formgebung geschah durch Drucktechnik. Offensichtlich wurde zuerst die Ventral-fläche durch Druck randlich retuschiert; später wurden diese Negative durch die Druckretuschierung auf der Dorsalfläche weitgehend gekappt16.

Eine kleine Verrundungszone an der Ventralkan-te der natürlichen Sprungfläche wird als diagnostisch für eine Verwendung zum Feuerschlagen gewertet. Vo-raussetzung für die Entstehung von Feuerschlagspuren ist ein ungehinderter Kontakt zwischen der Artefakt-kante und einer Schwefelkiesknolle. Hieraus folgt kon-sequent, dass das Artefakt nicht mit einem Handgriff als Schäftung versehen war. Somit stellt es nicht den erhaltenen Teil eines ehemaligen Kompositgerätes dar. Deshalb kann dieser Fund nicht als „Dolchklinge“ ange-sprochen, sondern muss konventionell-terminologisch als „Dolch“ bezeichnet werden.

Interpretation

Ohne dies besonders betonen zu müssen, unterliegen die im Folgenden gelieferten Interpretationen zu allen Objekten aus dem Grab der Annahme, dass sich in der Beigabensitte ein Glauben an ein Leben nach dem Tode manifestiert und die Artefakte zum Gebrauch in jenem Leben dienen sollten17.

Als Frauenbeigabe völlig ungewöhnlich ist das technologisch und formal eindeutig als Dolch zu be-zeichnende Artefakt. Vergleichbare Objekte gelten als „klassische Beigabe männlicher Schnurkeramiker“18

Abb. 4. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 1. 1 Silexklinge (Obj. 1‑22); 2 „Dolch“ aus Silex (Obj. 1‑33). M. 2 : 3.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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bzw. als „männliche Komponenten“ der Glockenbecher-kultur19. Dieser Charakter als männliches Statussymbol war auch dem Ausgräber bekannt, weshalb er in einem Vorbericht das Stück zwar als „beidseitig bearbeiteten Steindolch“ benannte, im Folgenden aber intuitiv die Bezeichnung „zweischneidiges Messer“ bzw. „beidseitig bearbeitete Spitze (Messer)“ favorisierte20.

Die Bezeichnung schnurkeramischer Silexdolche als „Nahkampfwaffe“21 ist eine Hypothese. Zwar ist nicht auszuschließen, dass solche Artefakte bei Bedarf als durchaus wirkungsvolle Waffen benutzt werden konn-ten, aber Spuren von Nachschärfung und Gebrauchsspu-renanalysen belegen in erster Linie deren Verwendung als „Allzweckmesser“22. Deshalb bietet sich die Bezeich-nung „Dolchmesser“ als sinnvolle Verständigungs- hilfe an.

Das Dolchmesser stand aufrecht auf einer Schnei-de oberhalb und im rechten Winkel zum Distalende der Silexklinge (Abb. 2,1–2). Diese Artefaktkonfiguration macht eine Aufbewahrung beider Stücke in einem jetzt vergangenen Beutel sehr wahrscheinlich; insbesondere, da das Dolchmesser ungeschäftet war.

Das Vorkommen eines a priori männlichen Status-symboles im Beigabenensemble einer weiblichen Bestat-tung erfordert selbstverständlich eine Erklärung. Hier bieten sich zwei Beobachtungen an: die Fundlage der Artefakte und deren ehemalige Funktion. Im Vergleich zur Dolchklinge des Mannes besaß das Dolchmesser der Frau keine prominente Fundlage. Im Gegenteil: Es wur-de mit großer Wahrscheinlichkeit in einem Beutel und somit nicht sichtbar deponiert. Dies verbietet es, dem Artefakt eine symbolische Funktion beizumessen.

Billigt man dem Artefakt eine Funktion als All-zweckmesser zu, dann ergibt sich die Frage, warum ein zweites Gerät mit vergleichbarer Schneidefunk tion mitgegeben wurde. Tatsächlich besitzt die druck retu-schierte Silexklinge zwei wesentlich regelmäßigere scharfe Längskanten als das Dolchmesser. Jeder moder-ne Mensch würde sich intuitiv für die Silexklinge bei einer schneidenden Tätigkeit entscheiden. Es ist jedoch festzuhalten, dass die Schneiden des Dolchmessers kei-nesfalls verstumpft sind und damit unbrauchbar wären. Unter der Voraussetzung, dass die Silexklinge letztlich das eigentliche Allzweckmesser der Frau war, muss das Dolchmesser zumindest fallweise, vielleicht auch über-wiegend, eine andere Funktion besessen haben.

Als entscheidender Hinweis dazu bieten sich die Spuren vom Feuerschlagen an. Die Interpretation des Dolchmessers als „Feuerschlagstein“ wird durch zwei zusätzliche Fakten gestützt: Zum einen sind solche Spuren z. B. an Griffteilen endneolithisch-frühbronze-zeitlicher Flintdolchklingen des Nordens sehr geläufig. Zum anderen fehlt im Beigabenensemble der Frau ein Silexartefakt, das unbeschadet charakteristischer Ge-brauchsspuren allein durch eine kissen- oder spindelar-tige Form eine Ansprache als „klassischer“ Feuerschlag-stein erlaubte.

Hieraus folgt, dass ein originär männliches Silex-gerät der Frau zum Feuerschlagen überlassen wurde.

Vielleicht wäre es deshalb möglich, dass es sich bei dem Dolchmesser um den Rest einer ehemals erheblich grö-ßeren Dolchklinge des Mannes handelt, die durch dau-ernden Gebrauch und durch häufige Nachschärfung zu kurz wurde. Dergestalt zwar seiner ursprünglich ein-drucksvollen Wirkung beraubt, war das Stück dagegen wegen seiner gedrungenen, robusten Form als Feuer-schlagstein noch willkommen.

Diese Hypothese setzt allerdings eine ehemalige Schäftung voraus, bei der mit nicht geringer Wahr-scheinlichkeit Birkenpech als Klebstoff benutzt wur-de. Deshalb wäre zu erwarten, dass zumindest auf den beidseitigen porösen Kreidepartien noch schwache Ver-färbungen auf Klebestellen hinweisen sollten. Da aber keinerlei Schäftungsspuren vorliegen, sind diese entwe-der vollständig den Erhaltungsbedingungen zum Opfer gefallen, oder die Hypothese ist falsch, und das Dolch-messer gehörte zu Lebzeiten von vornherein und in die-ser Form zum Geräteensemble der Frau.

Aus der Tatsache, dass die Gebrauchsspuren nur auf kleiner Fläche und nicht sehr intensiv ausgeprägt sind, ließe sich schließen, dass das Artefakt nicht lange zum Feuerschlagen benutzt wurde. Unter der Voraus-setzung, dass es doch ehemals dem Mann gehörte und unter Berücksichtigung des nahezu „fabrikneuen“ Zu-standes der Dolchklinge des Mannes, könnte dies even-tuell darauf hindeuten, dass der Mann erst kurz vor sei-nem Tod eine neue Dolchklinge für sich anfertigte und die Frau das übernommene Vorgängerstück deshalb nur kurze Zeit bis zu ihrem Tod benutzen konnte.

Zwar sind Schwefelkiesfeuerzeuge u. a. auch in der Schnurkeramik ebenfalls als typisch männliche Grabbeigaben nachgewiesen23. Der „Feuerschlagstein“ der Frau zeigt aber, dass Frauen zumindest in der Lage waren, bei Bedarf Feuer zu erzeugen. Fest steht indes, dass die Frau kein Schwefelkiesstück oder eine -knolle mit sich führte. Denn man darf (analog zu dem Befund auf der Brust des Mannes), sollte es sich dabei tatsäch-lich um vergangenen Schwefelkies handeln (s. u.), davon ausgehen, dass den Ausgräbern vergleichbare Verwitte-rungsreste am Skelett der Frau oder nahe der Silexarte-fakte ebenfalls aufgefallen wären.

15 Das Rohmaterial des Stücks wurde von A. Tillmann als „Ei-tensheimer Material“ bestimmt.

16 Das Rohmaterial des Stücks wurde von A.  Tillmann als „Schernfelder Plattensilex“ bestimmt.

17 z. B. Behrens 1973, 235; Fischer 1956, z. B. 222.18 Tillmann 1995, 48.19 Schmotz 1989, 60.20 Rieder 1999a, 3; 16.21 z. B. Tillmann 1995, 46.22 Weiner 1999b Anm. 1.23 z. B. Tillmann/Rieder 1992.

Jürgen Weiner

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Beigaben des Mannes

Ensemble 2Das Rohmaterial der drei als Ensemble  2 zusammen-gefassten Beilklingen aus Felsgestein (Obj. 1-5. 1-6. 1-7; Abb. 5–6) lässt sich der sog. AHS-Gruppe (Aktinolith-Hornblende-Schiefer) zuordnen und wird landläufig als Amphibolit bezeichnet24. Makroskopisch besteht jede Beilklinge aus einer eigenen AHS-Variante. Das Material des größten Stückes erscheint makroskopisch am raues-ten, das der kleinsten Klinge etwas weniger rau. Den feinsten Eindruck vermittelt das Material des mittelgro-ßen Exemplars.

Dieser Gesamteindruck ist mit der Erkennbarkeit der Schieferung hoch korreliert. Am größten Exemplar ist die Schieferung sowohl auf geschliffenen Partien

als auch auf alten Bruchflächen am deutlichsten zu er-kennen und verläuft hier diagonal zur Schneide. Beim kleinsten Stück scheint sie quer zur Schneide zu stehen. An dem mittelgroßen Exemplar ist die Schieferung ma-kroskopisch am besten auf alten Bruchflächen zu erken-nen und verläuft erwartungsgemäß (s. u.) annähernd parallel zur Schneide. Die Berücksichtigung der Schiefe-rung bei der Orientierung der Schneide von Beilklingen aus Gesteinen der AHS-Gruppe ist eine technologische Notwendigkeit und wird durch die mechanische Be-anspruchung des Gesteines bei der Arbeit bedingt. Sie stellt bereits bei alt- und mittelneolithischen Dechsel-klingen ein regelhaft auftauchendes Merkmal dar25.

Die Länge der größten Beilklinge (Obj. 1-5; Abb. 5) beträgt 159 mm, die maximale Breite 39 mm, die Schnei- denbreite 37 mm und die Dicke 24 mm bei einem

Abb. 5. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 2. Große Beilklinge, „Parallelbeilklinge“ (Obj. 1‑5). M. 2 : 3.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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Gewicht von 250 g. Das Stück weist keinerlei moder-ne Beschädigungen auf. Es besitzt einen keilförmigen Umriss, der sich von der Schneide kontinuierlich zum Nacken verjüngt. Die Dorsalfläche ist gleichmäßig in Längs- und Querrichtung gewölbt und bis auf wenige Reste antiker Zurichtungsnegative vollständig über-schliffen. Der Schliff ist sehr fein und erstreckt sich auf

dem schneidenwärtigen Drittel gleichmäßig in Längs- und Querrichtung ohne jegliche Facetten. Die Ventral-fläche ist nur auf der schneidenwärtigen Hälfte sowie

24 Weiner 1996.25 Weiner 1996, 127–128.

Abb. 6. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 2. 1 Kleine Beilklinge, „Behaubeilchen“ (Obj. 1‑6); 2 Mittelgroße Beilklinge, „Dechselklinge“ (Obj. 1‑7). M. 2 : 3.

Jürgen Weiner

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zirka über ein Viertel des Nackenabschnittes flächen-deckend fein überschliffen, wobei hier jedoch deutlich langgestreckte parallele Schlifffacetten erkennbar sind. Der dazwischenliegende Abschnitt wird von einer rand-lichen antiken Bruchzone und der nur partiell über-schliffenen, naturrauen Oberfläche eines großen alten Zurichtungsnegatives gebildet. Das Negativ verläuft deutlich konkav, sodass die Beilklinge in der Seitenan-sicht schwach gebogen erscheint.

Seitlich ist das Stück von zwei rechtwinklig zu den Breitseiten stehenden, über die gesamte Länge verlau-fenden, ebenfalls weitestgehend fein überschliffenen Schmalseiten begrenzt. Sie stoßen auf der zur Schnei-de gewandten Hälfte an drei Seiten scharfkantig an die Dorsal- und Ventralfläche. Nur die linke Kante an der Ventralseite wird durch zwei hintereinanderliegende, nicht geschliffene Zurichtungsnegative gebrochen. Na-hezu ausschließlich auf die nackenwärtigen Hälften bei-der Schmalseiten begrenzt sind kurze, querverlaufende Riefen.

Im Querschnitt ist das Stück prinzipiell recht-eckig. Der sehr geradlinige Verlauf des schneidenwärti-gen Abschnittes der linken Schmalseite könnte auf die Verwendung der Sägetechnik zur Gewinnung des Beil-klingenrohlings hinweisen.

Der Nacken wird durch eine im rechten Winkel zur Längsachse verlaufende, schmale überschliffene Flä-che und eine angrenzende, unregelmäßig gestufte raue Bruchfläche gebildet.

Ein Blick auf den Schneidensaum in Längsrichtung der Beilklinge lässt erkennen, dass er – unbeschadet ei-nes schwach S-förmigen Verlaufes – eine zentrische Stel-lung zum Beilklingenkörper besitzt. Dies bedeutet, dass das Stück ehemals parallel geschäftet war. Im Umriss verläuft die Schneide nicht symmetrisch, sondern fällt zum rechten Ende (Blick in Arbeitsrichtung) deutlich und gleichmäßig ab. Im Vergleich zum Kontaktpunkt der Schneide mit der linken Schmalseite ist der rechte Kontaktpunkt um 4,5 mm in Nackenrichtung versetzt, so dass die rechte Schmalseite kürzer ist.

Asymmetrien dieser Form sind von Parallel- und Querbeilklingen bekannt und werden als Abnutzung, d. h. als Gebrauchsspuren interpretiert26. Sie entstehen, wenn die Beilklinge bei der Arbeit überwiegend und zu-erst mit diesem Schneidenabschnitt in das zu bearbei-tende Holz eindringt. Deshalb erlaubt die Lage solcher Gebrauchsspuren eine Aussage über die ehemalige Po-sition von Beilklingen im Beilholm, und zwar unabhän-gig von der Schäftung in einem Gerad- (Stangen-) oder einem Knieholm.

Freilich fällt die Vorstellung schwer, ein so hartes, vor allem aber zähes Gestein wie „Amphibolit“ sei ledig-lich durch den Kontakt mit Holz derart intensiv abra-diert worden.

Eine gleichermaßen nachvollziehbare wie zwang-lose Erklärung der Asymmetrie ergibt sich aus dem S-förmigen Verlauf des Schneidensaumes und des an-grenzenden ventralseitigen Schneidenabschnittes. Bei frontaler Schneidenansicht erkennt man, dass der ven-

tralseitige Schneidenabschnitt über zwei Drittel seiner Breite stärker zur Schneide abfällt als am restlichen Drit-tel. Dieser Abschnitt korrespondiert mit dem längeren Abschnitt des S-förmigen Schneidensaumes. Interessan-terweise sind wenig oberhalb des Schneidensaums meh-rere kleinere ungeschliffene Bruchzonen erkennbar.

Diese Beobachtungen legen die Annahme nahe, dass die Schneide, vermutlich bei der Arbeit, an dieser Stelle ausgebrochen ist, wobei sich das Negativ auf den schneidennahen Abschnitt der Ventralfläche erstreckte. Das Bruchnegativ wurde bei der Reparatur durch Schliff nahezu vollständig überprägt und so die Ventralfläche und der Schneidensaum modifiziert.

Deshalb kann für diese Beilklinge die Asym metrie nicht zur Bestimmung ihrer ehemaligen Position im Schaft herangezogen werden.

Lässt sich die Asymmetrie der Schneide höchstens als „indirekte Gebrauchsspur“ bezeichnen, so weist das Artefakt auch direkte Gebrauchsspuren auf. Fährt man etwa mit einer Fingerspitze von der linken Schnei-denecke zur asymmetrischen rechten über den Schnei-densaum, dann spürt man, dass die linke Ecke winkelig und schärfer, die rechte dagegen eindeutig verrundet und stumpfer ist.

Zusätzlich ist am dorsalseitigen Schneidensaum eine Folge paralleler, kurzer Riefen erkennbar. Sie ver-laufen nicht rechtwinkelig zur Schneide, sondern dia-gonal in Richtung der rechten Schmalseite. Solche Rie-fen treten auch am ventralen Schneidensaum auf. Eine kleine Gruppe am Ende des Schneidensaumes besitzt eine Länge von ca. 4 mm. Erstaunlicherweise zeigen sie hier nicht einen erwartungsgemäß gleichgerichteten, sondern einen diagonal zur linken Schmalseite gegen-gerichteten Verlauf. Projiziert man die Riefen in eine Ebene, dann würden sie sich kreuzen.

Während die kurzen Riefen nicht vom Schnei-denschliff stammen, sondern Gebrauchsspuren sind, ist dies für die kleine Gruppe der längeren nicht zu ent-scheiden. Natürlich wurden sie nicht vom viel zu wei-chen Holz, sondern von winzigen Sandkörnchen o. ä. hervorgerufen, die z. B. in der Baumrinde eingebettet waren oder an der Beilklinge selbst hafteten.

Ihr diagonaler Verlauf entsteht durch die bogen-förmige Schlagrichtung seitlich zum Körper und gilt als diagnostisches Merkmal für eine Parallelschäftung27. Allerdings weisen nach S. A. Semenov Riefen bei Pa-rallelbeilklingen auf beiden Breitseiten auch regelhaft gleichgerichteten Verlauf auf. Dies widerspricht den hier beobachteten Merkmalsausprägungen. Eine ver-suchsweise Erklärung des gegengerichteten Verlaufes der Riefen könnte darin bestehen, dies als Hinweis auf eine zeitlich versetzte Entstehung zu interpretieren. Wichtigste Voraussetzung hierfür ist jedoch die Annah-me, dass sich Riefen – analog zum Gebrauchsglanz  – letztlich auf derjenigen Breitseite der Beilklinge stär-ker entwickeln, die den intensivsten Kontakt mit dem Holz hat.

Die Frage nach der ursprünglichen Positionierung des Artefaktes im Beilschaft kann jedenfalls durch die

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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Riefen allein nicht erklärt werden. Diese zeigen einen gegengerichteten Verlauf. Andererseits erlaubt gerade dieses Merkmal die verbindliche Aussage, dass der Be-nutzer dieser Beilklinge mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Rechtshänder gewesen sein muss. Denn nur unter dieser Voraussetzung konnten sich Riefen des beschriebenen Verlaufes auf beiden Breitseiten bilden. Bei einer Benutzung durch einen Linkshänder müssten sich dagegen gleichartige Riefen, aber mit jeweils umgekehrter Verlaufsrichtung gebildet haben.

Dies hängt mit der Handhabung von Parallelbeilen durch Rechts- oder Linkshänder zusammen. Ein Rechts-händer steht vor einem zu fällenden Baum und führt das Beil gegen die aus seiner Sicht rechte Baumseite, wobei er es mit der linken Hand am Schaftende und mit der rechten Hand als Führhand davor hält. Bei einem Linkshänder ist es genau umgekehrt: Das Beil wird mit der rechten Hand am Schaftende gehalten, und die da-vorliegende linke Hand ist die Führhand.

Eine verbindliche Antwort zur Originalkonfigura-tion von Beilklinge und Schaft liefert ausschließlich die Fundlage der Klinge, denn sie repräsentiert deren letzte Position zum Zeitpunkt der Bestattung.

Das Stück lag mit der Ventralfläche nach oben und der Schneide nach außen in unmittelbarer Nähe der Grabgrubenwand. Außerdem lag es schräg zu die-ser, d. h. zwischen der geradlinigen linken Schmalseite und der Grabgrubenwand bestand ein stumpfer Winkel.

Unabhängig von seiner ehemaligen Schäftung in einem Kolbenkopf- oder einem Knieholm dürfte der Schaftstiel parallel zum rechten Arm des Mannes und nicht in Richtung der Frau orientiert gewesen sein. Es ist also möglich, dass die Fundlage der Originaldeponie-rung entspricht. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass das Stück ehemals auf seiner Schneide stand und mit dem Holm parallel gegen die Grabgrubenwand gelehnt war. Diese Interpretationen sind seit langem für die Fundlage einiger Dechselklingen aus bandkeramischen Gräbern bekannt28.

Letztlich ergibt sich zwingend eine Schäftung der Klinge mit der rechten, stärker gewölbten Schmalseite in Schlagrichtung und der Dorsalfläche an der linken Schaftseite. Die Riefen auf der stärker exponierten Dor-salfläche korrespondieren mit dieser Rekonstruktion. In dieser Form wurde das Beil über einen längeren Zeit-raum benutzt.

Eine vorläufige Interpretation der gegengerich-teten Riefen als Indikatoren zeitlich unterschiedlicher Entstehung würde zu folgendem Ergebnis führen: Die Beilklinge war ursprünglich (erstmals nach Herstel-lung?) exakt um 180° in Querrichtung gedreht mit der linken, geradlinigen Schmalseite in Schlagrichtung und der Ventralfläche an der linken Schaftseite positioniert. Damit korrespondiert der Verlauf der Riefen mit der in diesem Falle stärker exponierten Ventralfläche. Das Beil wurde in dieser Form benutzt, wobei vermutlich die Schneide der Beilklinge beschädigt wurde. Sie wurde durch Schliff repariert, wozu eventuell die Klinge aus

dem Schaft entfernt werden musste. Ob sich der Besit-zer unmittelbar nach der Reparatur dazu entschied, die Klinge in einer exakt entgegengesetzten Position neu zu schäften oder erst später, entzieht sich unserer Kennt-nis. Dass irgendwann jedoch eine Neuschäftung vorge-nommen wurde, ist durch die Fundlage und den Riefen-verlauf zu vermuten. Eine endgültige Klärung könnte eventuell eine Gebrauchsspurenanalyse liefern.

Die Frage nach der ehemaligen Holmform ist ab-schließend nicht zu klären. In der Schweiz gelten Keu-lenkopfholme als „schnurkeramische Normalform des Parallelbeils“29. Man könnte also diese Geradholmform als Schäftung für die vorliegende Beilklinge annehmen. Dabei spricht allein die Größe des Stückes bereits für eine direkte Schäftung, vermutlich in einem durchge-henden Schaftloch und gegen eine indirekte mittels ei-nes Zwischenfutters aus Geweih. Überdies hätte sich ein solches erhalten müssen, wie die im Grab gefundenen Geweihartefakte zeigen.

Auch eine direkte Schäftung in einem gegabelten Knieholm ist nicht auszuschließen. Dies ist eventuell sogar wegen der Größe des Stückes und der schlanken, spitznackigen Form zu favorisieren. Derartige Formen sind aus der Ostschweiz bekannt, wo sie sich bereits „In der 2. Hälfte des 4. Jahrtausend v. Chr. als einzige Lösung auch für massivere Steinbeilklingen durchsetzen“30. Für diese Schäftungsart spricht auch die deutliche Schräg-lage der Klinge, bezogen auf die Grabgrubenwand.

Das Artefakt ist auf allen vier Seiten über die ge-samte Länge mit teilweise spiegelnden großflächigen Glanzzonen bedeckt. Wegen dieser Verteilung ist eine Interpretation dieses Merkmales als Schäftungsspuren problematisch, da man solche doch auf die nackenwärti-ge Hälfte begrenzt und dann wiederum besonders stark auf dort exponierten Partien erwarten würde. Sonstige Schäftungsspuren, wie z. B. zentral gelegene, querver-laufende Schnittspuren31, sind makroskopisch nicht er- kennbar. Die Abnutzungsspuren sprechen jedoch für eine intensive Verwendung des Stückes, natürlich in ge-schäfteter Form. Deshalb und nach aller Erfahrung ist davon auszugehen, dass sich Schäftungsspuren hätten entwickeln müssen.

Auf dieser Basis könnte man annehmen, dass es sich bei den nackenwärtigen Glanzzonen doch um Schäftungsspuren (sog. Holzpolitur) handelt. Die nor-malerweise sichtbare Grenze dieser Schäftungszone wäre dann durch andersartige, nach der Schäftung ent-standene Glanzzonen auf der schneidenwärtigen Hälfte überprägt worden und deshalb nicht erkennbar. Fragt man sich nach der möglichen Entstehung jener Glanz-zonen, dann drängt sich eine Interpretation als klas-sischer Gebrauchsglanz auf. Dies umso mehr, als bei

26 Semenov 1976, 122–134.27 Semenov 1976, 125.28 Modderman 1970, 189.29 Winiger 1981, 178.30 Gross-Klee/Schibler 1995, 166.31 Weiner 1998a.

Jürgen Weiner

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einer anzunehmenden Holzbearbeitung weit überwie-gend ein Glanz entsteht, der von Spezialisten, die mit Gebrauchsspuren vertraut sind, ebenfalls als Holzpoli-tur bezeichnet wird. Beilklingen, vor allem aus Feuer-stein mit teilweise intensivstem Spiegelglanz, haupt-sächlich auf den Breitseiten, sind nicht selten. Wurde solcher Glanz früher als intentionelle Politur, d. h. als Ergebnis eines vermeintlich letzten Herstellungsschrit-tes von Beilklingen gedeutet, so steht mittlerweile fest, dass sich darin lediglich eine intensive und langjährige Arbeit mit solchen Artefakten reflektiert32. Eine Über-prüfung der Hypothese zur Entstehung der Glanzzonen kann nur durch eine Gebrauchsspurenanalyse gewähr-leistet werden.

Das Stück besitzt eine insgesamt noch scharfe Schneide und macht einen jederzeit einsatzbereiten Eindruck.

Die Länge der kleinsten Beilklinge (Obj.  1-6; Abb. 6,1) beträgt 48 mm, die maximale Breite entspricht der Schneidenbreite und beträgt 19 mm, die Dicke 13 mm bei einem Gewicht von 17 g. Das Stück trägt keine modernen Beschädigungen. Auf den ersten Blick handelt es sich um eine stark verkleinerte Version der großen Beilklinge. Die Dorsal- und Ventralflächen sind vollständig fein überschliffen. Auf der Dorsalfläche glie-dert sich der Schliff in eine kurze, deutlich halbrund ab-gesetzte Schneidenfacette und eine daran anschließen-de große Facette, die am Nackenende und der rechten Längskante von je einer weiteren Facette begleitet wird. Auf der Ventralfläche gliedert sich der Schliff dagegen in eine weit auf die Fläche verlaufende Schneidenfacet-te, die linksseitig von einer kleineren begleitet wird. Der restliche Abschnitt wird von drei schwach gegen-einander abgesetzten Schlifffacetten bedeckt. Tatsäch-lich gewinnt man den Eindruck, dass die Facette auf der Dorsalfläche stärker zur Schneide abfällt und balliger ausfällt als diejenige der Ventralfläche, die insgesamt flacher und keinesfalls ballig erscheint.

Die rechte Schmalseite (Blick in Arbeitsrichtung) steht im rechten Winkel zu den Breitseiten und ist mit Ausnahme dreier antiker Bruchzonen flächendeckend geschliffen. Die linke Schmalseite neigt sich fast über ihre gesamte Länge von ventral nach dorsal. Sie ist nur parallel zur Ventralkante über einen schmalen Streifen durchgehend geschliffen und besteht sonst aus einer natürlich verrundeten Sprungfläche. Der Querschnitt des Stückes ist gebrochen rechteckig.

Das Nackenende steht im rechten Winkel zu den Breitseiten und wird von einer kleinen überschliffenen Fläche gebildet. Links und rechts der Nackenpartie ver-laufen zu beiden Schmalseiten alte bruchraue Flächen, von denen diejenige am Beginn der linken Schmalseite eindeutig als Reaktionsbruch von Kräften aus der Na-ckenrichtung interpretiert werden kann. Dies wäre zu-gleich ein Hinweis auf die Befestigung dieser Beilklinge in einer Schäftung mit Widerlager.

Ein Blick auf den Schneidensaum zeigt, dass er geradlinig und überdies zentrisch verläuft. Somit wäre das Artefakt als Parallelbeilklinge anzusprechen. Zwar

ist die rechte Schneidenecke im Vergleich mit der lin-ken um knapp 1 mm zurückversetzt, aber insgesamt verläuft die Schneide im Umriss symmetrisch. Deshalb handelt es sich bei der geringfügigen Unregelmäßig-keit nicht um eine Abnutzung und damit um eine Ge-brauchsspur, sondern um eine zufällige Abweichung von einer angestrebten symmetrischen Form als Folge des in Handarbeit vorgenommenen Schneidenschliffs. Auf den nackenwärtigen Abschnitten, vor allem der Dorsal- und Ventralflächen, ist ein deutlicher Schäf-tungsglanz erkennbar.

Von diesem Schäftungsglanz gut zu unterscheiden sind weitere Glanzzonen, die sich ausschließlich auf den schneidenwärtigen Hälften der Dorsal- und Ventral-fläche befinden. Sie vermitteln einen metallischen Ein-druck, und sind auf der Dorsalfläche unter einer Lupe erkennbar an zwei Stellen mit winzigsten, goldglänzen-den Partikeln vergesellschaftet. Analog zu vergleichba-ren Beobachtungen an einigen Absplissen (s. u.), dürfte es sich um Flitter aus Schwefelkies handeln. Der Grund für das Vorkommen dieser Residuen an dem Stück ent-zieht sich momentan unserer Kenntnis.

Eine eventuell entscheidende Erkenntnis im Hin-blick auf die Schäftung, vor allem aber auf eine typolo-gisch-ergologische Ansprache des Artefaktes, ergab sich auf der Suche nach Gebrauchsspuren bei genauerer Be-trachtung der Schneidenfacetten und des Schneidensau-mes. Auf der Ventralfläche befinden sich jeweils unmit-telbar am Schneidenende zwei Zonen intensiven Glanzes von je ca. 2 mm Länge und vielleicht einem halben Millimeter Breite. Der dazwischen liegende Abschnitt weist nur in unmittelbarer Nähe zum Schneidensaum diffusen Glanz auf. Im Gegensatz dazu erstreckt sich auf der Dorsalfläche vom zentralen, am stärksten gewölb-ten Abschnitt des Schneidensaumes eine geschlossene Zone seidigen Glanzes auf einer annähernd D-förmigen Fläche zum Ende der dortigen Schneidenfacette. Alles spricht dafür, dass es sich bei diesen Glanzzonen um asymmetrisch auf beiden Schneidenpartien ausgeprägte Gebrauchsspuren handelt.

Asymmetrische Verteilung von Glanzzonen und besonders deren D-förmige Konzentration am dorsa-len Schneidenabschnitt wurden von bandkeramischen Dechselklingen beschrieben33. Unabhängig davon gelten sie als typische Indikatoren für eine Querschäftung von Beilklingen unterschiedlicher Zeitstellung und diverser Gesteinsarten34.

Erst eine Gebrauchsspurenanalyse wird eine end-gültige Klarheit zur Schäftungsart dieser Beilklinge lie-fern. Es würde freilich nicht wundern, wenn das Stück als Dechselklinge eines sog. Behaubeilchens identifi-ziert und damit ein bezeichnendes Licht auf die konven-tionell-typologische Ansprache mancher sog. Rechteck-beil chen werfen würde. Dass das „Dechselprinzip“ in der Schnurkeramik bekannt war, lehren z. B. eigenwillig geformte Querbeilklingen aus Flint und als solche inter-pretierte sog. Rechteckbeile aus Felsgestein35.

Unabhängig davon, ob das Stück parallel oder quer geschäftet war, sind schnurkeramische Beilklingen

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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derart geringer Größe indirekt mit Zwischenfuttern unterschiedlicher Typen aus Geweih am eigentlichen Holm geschäftet worden36. Ein gerade in diesem Falle zu erwartendes Zwischenfutter, das sich hätte erhalten müssen, ist aber nicht gefunden worden. Somit ist ent-weder davon auszugehen, dass das Artefakt direkt ge-schäftet war oder dass es ungeschäftet deponiert wurde.

Im Vergleich zu der großen Beilklinge besitzt das kleine Stück einen noch spitzeren Schneidenwinkel. Die Schneide ist sehr scharf, und auch dieses Stück wäre je-derzeit einsatzbereit.

Die dritte Beilklinge (Obj. 1-7; Abb. 6,2) ist 114 mm lang, die maximale Breite beträgt 34 mm, die Schneiden-breite 20 mm, die Dicke 15 mm bei einem Gewicht von 91 g. Das Stück weist keinerlei moderne Beschädigun-gen auf und besitzt einen tropfenförmigen Umriss. Die Dorsalfläche ist mit Ausnahme zweier antiker bruch-rauer Zonen (gekappte Zurichtungsnegative?) rechts und links der Schneide sowie einer längs zur rechten Schmalseite verlaufenden, nur im schneidennahen Abschnitt flüchtig überschliffenen, gleichartigen Zone vollständig überschliffen. Der Schliff lässt sich in zwei Großzonen aufteilen, die sich wiederum in Einzelfacet-ten gliedern. Zone 1 wird von einem größeren gedrun-genen, längs und quer gewölbten Abschnitt der Schnei-denfacette gebildet, die an ihrer rechten Seite (Blick in Arbeitsrichtung) durch einen abgewinkelten schmalen, kleineren Abschnitt ergänzt wird. Diese Zone endet an der höchsten Stelle der Dorsalfläche. Dort beginnt die weitaus größere Zone  2, die von drei parallelen und dachartig gegeneinander abgewinkelten Facetten bis zum Nacken bedeckt wird. Die Schneidenfacette weist ausschließlich in Längsrichtung verlaufende feinste Schleifspuren auf. Im Gegensatz dazu sind die drei Fa-cetten auf Zone  2 von einem Muster deutlich erkenn-barer, querverlaufender Riefen wie ein feiner Schleier zusätzlich überzogen.

Die dachartigen Facetten lassen im übrigen die Dorsalfläche, unbeschadet des Verlaufes der dorsalsei-tigen linken Längskante, zumindest in ihrer schnei-denwärtigen Hälfte, insgesamt deutlich quergewölbt erscheinen.

Die Ventralfläche ist mit Ausnahme einer bruch-rauen Fläche (gekapptes Zurichtungsnegativ oder Teil der Ventralfläche eines ehemaligen Abschlages) auf der linken Seite kurz vor der Schneide ebenfalls vollstän-dig überschliffen. Hier verteilt sich der Schliff auf drei längsgerichtet-parallele Facetten. Die zentrale und größ-te Facette erstreckt sich vom Schneidensaum ohne er-kennbare Unterbrechung bis zum Nacken. Sie wird auf der rechten Seite von einer langschmalen Einzelfacette flankiert, die mit schwacher Neigung in Richtung der scharfen Ventralkante der linken Schmalseite abfällt. Als Pendant findet sich eine – wenn auch wesentlich kürzere – Facette auf der linken Seite, die gleicherma-ßen schwach geneigt zur hier bruchrauen Oberfläche der rechten Schmalseite abfällt. Auf dem weitaus größ-ten Teil der Ventralfläche wiederholt sich das von der Dorsalfläche bekannte Muster querverlaufender Rie-

fen. Diese Riefen fehlen dagegen auf dem vordersten, schneidenwärtigen Abschnitt der Ventralfläche über eine Länge von rund 20 mm. Die Oberfläche entspricht derjenigen der gegenüberliegenden Schneidenfacette. Bei dieser riefenfreien Zone kann es sich jedoch nicht um eine ventrale Schneidenfacette handeln. Denn ihr schneidenwärtiger Abschnitt ist nicht winkelig vom Rest der Zone abgesetzt, sondern wölbt sich bruchlos auf den höheren Abschnitt der Ventralfläche. Erst in der Seitenansicht wird deutlich, dass sich eine eigenständi-ge Schneidenfacette doch festlegen lässt. Es handelt sich um einen ca. 6 mm breiten ballig geformten Streifen, der einheitlich längs- und quergewölbt vom Schneiden-saum bis zum Beginn des bruchrauen Zurichtungsnega-tives und in derselben Höhe über dieses hinaus bis kurz unterhalb der linken Schneidenecke verläuft.

Obwohl auch auf der Ventralfläche die beiden Sei-tenfacetten winkelig nach außen gegen die Zentralfacet-te gestellt sind, vermittelt sie keinesfalls den Eindruck einer Wölbung. Sie erscheint vielmehr auf den ersten Blick weitestgehend eben. Legt man das Stück indes auf eine glatte Unterlage und betrachtet es von der Seite, so wird deutlich, dass es nicht flächig, sondern nur punk-tuell aufliegt, und zwar an einem zentralen Punkt ca. 60 mm vom Nacken entfernt. Von dort ist in Richtung Nacken eine schwächere, in Richtung Schneide eine stärkere Längswölbung der somit längskonvexen Vent-ralfläche erkennbar.

Auf der linken Seite wird die Beilklinge von ei-ner senkrecht zur Dorsal- und Ventralfläche stehenden Schmalseite begrenzt. Sie besteht aus einer bruchrauen Fläche, die lediglich am schneidenwärtigen Ende und beiden Längskanten stärker überschliffen ist. Die rechte Schmalseite ist sehr unregelmäßig gearbeitet und nur an ihren prominentesten Stellen stärker überschliffen. Hier lässt die Schlifffacette querverlaufende Riefen erkennen. Diese Schmalseite verläuft nur über einen kurzen Abschnitt rechtwinkelig zu beiden Breitseiten, kippt dann bis zum Nacken im stumpfen Winkel zur Ventralfläche ab und ist bruchrau. Der dadurch beding-te Querschnitt des Stückes ist sehr unregelmäßig; im nackenwärtigen und mittleren Drittel ist er grob recht-eckig, im schneidenwärtigen dagegen eher D-förmig. Der Nacken verläuft spitz und wird von mehreren, win-kelig geneigt zueinanderstehenden kurzen Facetten be-grenzt. Im Umriss ist die Schneide gleichmäßig gewölbt. Der Schneidensaum verläuft in der Aufsicht geradlinig, fällt aber von der rechten Schneidenecke zur linken leicht ab. Die Position der Schneide ist zentrisch, und es dürfte nicht wundern, wenn das Artefakt konventionell als Parallelbeilklinge angesprochen würde.

32 Weiner 1996, 125.33 Dohrn 1980.34 Semenov 1976, 130; 135 Abb. 65,1.35 Weiner 1999a.36 Gross-Klee/Schibler 1995, 160–162. 164; Winiger 1981, 200–

201.

Jürgen Weiner

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Sehr deutliche, zum Teil spiegelnde Glanzzonen auf den nackenwärtigen Hälften der Dorsal- und Ven-tralfläche werden als Schäftungsglanz interpretiert. Dorsal finden sie sich flächig verteilt an den höchsten Partien der Oberfläche und am linken Nackenende. Ven-tral erstrecken sie sich hauptsächlich parallel zu beiden Längskanten. Vergleichbare Spuren erstrecken sich an den dorsal- und ventralseitigen scharfen Kanten der linken Schmalseite sowie auf korrespondierenden Kan-tenabschnitten der rechten Schmalseite. Vorbehaltlich einer Gebrauchsspurenanalyse dürfte es sich um eine sog. Holzpolitur handeln.

Auf der dorsalen Schneidenfacette erstreckt sich direkt hinter dem Schneidensaum über eine Breite von ca. 6 mm auf ganzer Länge der Schneide ein diffuser Sei-denglanz. Am Schneidensaum selbst ist im Schräglicht eine Folge zahlreicher, ca. 1,5 mm langer, mit überwäl-tigender Mehrheit parallel zur Längsrichtung und im rechten Winkel zum Schneidensaum verlaufender Rie-fen zu erkennen.

Die ventrale Schneidenfacette ist mit einem ver-gleichbaren Seidenglanz bedeckt. Auch hier verlaufen vom Schneidensaum parallel aufgereihte Riefen, die je-doch nur Bruchteile von Millimetern lang sind; zusätzlich finden sich zwei winzige Ausbrüche. Alle beschriebenen Merkmale werden als Gebrauchsspuren interpretiert.

Die zentrische Schneidenstellung des Artefaktes könnte eventuell eine Ansprache als Parallelbeilklinge nahelegen. Zwei Merkmale, Form und Gebrauchsspu-ren, sprechen jedoch gegen diese Überlegungen.

Die diagnostisch wichtigsten Ausprägungen der Form bestehen darin, dass die Ventralfläche – unbe-schadet einer deutlichen Längs- und einer minimalen Querwölbung – insgesamt einen flacheren Verlauf als die demgegenüber stark gewölbte Dorsalfläche besitzt.

Tatsächlich würde dieses Artefakt, schon allein wegen der Gesteinsart, etwa in bandkeramischem Fund-kontext a priori keine Irritation hervorrufen. Zwar würden bei genauerer Betrachtung die unregelmäßige Form und vor allem die ballige ventrale Schneidenfacet-te auffallen. Letztlich würde sie aber mit der vorgegebe-nen Form des verwendeten Rohstückes erklärt und als Dechselklinge vom Typ  1 bestimmt werden37. Bandke-ramische Dechselklingen untypischer Form sind nicht selten. Eine diagnostisch noch bedeutendere Merkmal-ausprägung stellt das Vorkommen und die Position der Riefen am Schneidensaum dar. Gebrauchsspuren dieser Art können nur entstehen, wenn das ehemalige Beil beim Schlag parallel zur Körperachse und nicht im spitzen Winkel dazu geführt wird38. Völlig vergleichba-re Riefen treten an altneolithischen Dechselklingen auf, und es steht fest, dass es sich nicht um Schleifspuren von der Zurichtung der Schneide, sondern um typische Gebrauchsspuren handelt, die charakteristisch für eine Querschäftung sind39.

Damit steht fest, dass das Artefakt eine Querbeil-klinge ist und als Dechselklinge angesprochen werden muss. In diesem Sinne bestätigt das Stück eine Feststel-lung von U.  Fischer, wonach „Die schnurkeramische

Kultur … es anscheinend auf Überraschungseffekte ab-gesehen“ hat40. Da auch für diese Klinge ein Zwischen-futter fehlt, war sie ehemals, wie ihre beiden Schwester-stücke, direkt in einem (Knie-)Holm geschäftet.

Interessanterweise kennen wir zwar aus bandke-ramischen Gräbern hunderte von Dechselklingen, aber nach wie vor fehlt jeder Hinweis auf ein Zwischenfutter. Obwohl die Form der schnurkeramischen Dechselklinge gewiss nicht als besonders symmetrisch zu bezeichnen ist, weist das Stück deutliche Schäftungs- und Abnut-zungsspuren auf. Dies führt zu dem Schluss, dass die ehemalige Dechsel offensichtlich längere Zeit und über-dies intensiv verwendet wurde.

Wegen des charakteristischen Formschemas band-keramischer Dechselklingen darf man für diese grund-sätzlich voraussetzen, dass für beide Haupttypen aller Größen möglichst symmetrische Formen angestrebt wurden. Wenn aber eine unsymmetrische und deshalb nicht einfach zu schäftende schnurkeramische Dechsel-klinge allem Anschein nach direkt in einem Knieholm befestigt und das Gerät anschließend offensichtlich er-folgreich benutzt wurde, dann erscheint es – bei aller gebotenen Vorsicht – zulässig, dies zumindest als wei-tere Stützung der Hypothese einer direkten Schäftung auch bandkeramischer Dechselklingen zu betrachten, zumal deren symmetrische Form eine ebenfalls direkte Schäftung zweifellos erleichtert haben sollte. Auch die-ses Artefakt besitzt noch eine scharfe Schneide und ist funktionsfähig.

Interpretation und Rekonstruktionsversuch zur Niederlegung der ehemaligen Beile

Der Tote wurde mit einem funktionsfähigen Parallel-beil, sicher mit einer gleichermaßen funktionsfähigen mittelgroßen Dechsel und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einer zweiten in Form eines sog. Be-haubeilchens ohne Zwischenfutter ausgestattet.

Die Fundlage der Beilklingen gestattet mit hinrei-chender Genauigkeit die Rekonstruktion der Positio-nen der ursprünglich niedergelegten Kompositgeräte (Abb. 7). Als Orientierungshilfen für mögliche Holmfor-men dienen schnurkeramische und Horgener Parallel- und Knie holme41, der schnurkeramische Dechselschaft von Stedten, Kr. Eisleben und der endneolithische aus Nieuw-Dordrecht (Niederlande)42, das Beil des Mannes vom Hauslabjoch43, sowie das möglicherweise endneo-lithische Exemplar vom Dümmer44.

37 Weiner 1996, 115.38 Semenov 1976, 130; 131, Abb. 63; 132, Abb. 64.39 Weiner/Pawlik 1995.40 Fischer 1958, 292.41 Winiger 1981, 201,1; 1991, 82.42 Weiner 1999a.43 Egg/Spindler 1992, 56–58.44 Schirnig 1979.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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Abb. 7. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 2. Hypothesen zur Deponierung. 1 Grabzeichnung mit Schäftung der Parallelbeilklinge in einem Parallelholm, sog. Keulenkopf, in liegender Position; 2 Wie 1, aber in stehender Position; 3 Schäftung der Parallelbeilklinge in einem Knieholm in liegender Position; 4 Wie 3, aber in stehender Position. M. 1 : 25.

Jürgen Weiner

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Die Fundlage des kleinsten Stückes auf seiner rechten Schmalseite ist ein weiteres Indiz für die In-terpretation als Dechselklinge und die Schäftung in ei-nem Knieholm. Die mittelgroße Dechselklinge lag bei der Bergung auf ihrer Dorsalseite. Ihre ursprüngliche Schäftung in einem Knieholm und eine auf die rechte Schmalseite gestellte Position nach der Deponierung der Dechsel macht die Fundlage verständlich. Sie ist als Ergebnis des Zersetzungsprozesses einer mutmaßlichen Bindung und des Holms zu verstehen.

Die Fundlage der Parallelbeilklinge kann, muss aber nicht die originäre Position bei der Niederlegung widerspiegeln. Unabhängig von der Holmform erlaubt sie sowohl die Rekonstruktion in liegender als auch in an die Längswand der Grabgrube angelehnter, auf der Schneide stehender Form.

Hieraus und aus den beiden Holmalternativen für die Parallelbeilklinge ergeben sich vier hypothetische Möglichkeiten der Deponierung (Abb. 7,1–4).

Ensemble 3Das dritte Fundensemble besteht insgesamt aus 18 Arte-fakten, sieben Pfeilspitzen45, einem Abschlag, einem Feuerschlagstein, einem Schleifsteinbruchstück, einem Knochenbeitel, zwei vollständigen Druckstäben, einem Druckstabfragment, einem Pfriem und drei Hauern so-wie allen Retuschierresten, die eng beieinanderliegend gefunden wurden.

Bei allen sieben zum Ensemble gehörenden Pfeil-spitzen ist nicht mit letzter Sicherheit zu entscheiden, ob es sich bei den hier als gekappte Reste von Dorsal-flächennegativen bzw. Ventralflächen angesprochenen Merkmalen tatsächlich um die korrespondierenden Flächen der ehemaligen Abschläge handelt. Die hier gewählte Festlegung von Dorsal- und Ventralansichten muss also nicht die Originalpositionen an den zur Her-stellung verwendeten Abschlägen widerspiegeln. Sie folgt durchaus subjektiven Eindrücken des Verlaufes und Gesamteindruckes dieser größeren Restflächen auf den Stücken.

Obj.  1-1: Die Länge beträgt 17 mm, die Breite 17 mm, die Dicke 3,1 mm bei einem Gewicht von 0,8 g. Das Stück ist dorsal vollständig flächenretuschiert; ven-tral sind in der Mitte und der linken Ecke noch geringe Reste einer Ventral(?)fläche erhalten. Ansonsten ist das Stück flächendeckend retuschiert und weist eine starke Zähnung auf (Abb. 8,1).

Obj.  1-2: Die Länge beträgt 20,5 mm, die Brei-te 17,6 mm, die Dicke 2,3 mm bei einem Gewicht von 0,8 g. Das Stück ist dorsal an der Spitze flächig, sonst nur randlich retuschiert und trägt Reste eines Dorsal-negatives. Ventral ist es an der Spitze flächig, sonst randlich retuschiert mit Resten einer Ventralfläche (Abb. 8,2).

Obj.  1-3: Die Länge beträgt 20 mm, die Breite 18,5 mm, die Dicke 2,8 mm bei einem Gewicht von 1,0 g. Das Stück ist dorsal an der Basis und beiden Längs-kanten bis zur Mitte flächig, dann randlich und an der Spitze wieder flächig retuschiert. Im Zentrum liegen

Reste eines Dorsalnegatives. Ventral überwiegt die rand-liche Retuschierung, so dass sich ein großer Rest einer Ventralfläche erhalten hat. Bemerkenswert ist ein beid-seitiger starker Glanz auf den Graten (Abb. 8,3).

Obj.  1-4: Die Länge beträgt 20,1 mm, die Brei-te 17,7 mm, die Dicke 3,3 mm bei einem Gewicht von 0,8 g. Das Stück ist dorsal vollständig und ventral bis auf einen kleinen Rest einer Ventral(?)fläche flächen-retuschiert (Abb. 8,4).

Obj. 1-5: Es ist das einzige Stück, bei dem die Länge mit 19,2 mm kleiner ist als die Breite mit 19,6 mm. Die Dicke liegt bei 2,6 mm, und das Gewicht beträgt 0,8 g. Dorsal ist das Stück an der Basis und der linken Seite randlich, an der rechten Seite flächig retuschiert und weist zentral zwei gleichgerichtete Negative auf, bei denen es sich um Reste von Dorsal(?)flächennegativen handeln könnte. Ventral ist es an der Spitze flächig, sonst randlich retuschiert und trägt im Zentrum einen großen Rest einer Ventral(?)fläche (Abb. 8,5).

Obj.  1-10: Die Länge beträgt 19 mm, die Breite 18,3 mm, die Dicke 2,7 mm bei einem Gewicht von 0,8g. Die Dorsalfläche ist an der Basis und der linken Ecke flächig, sonst randlich retuschiert und zeigt den Rest ei-nes Dorsalnegatives. Ventral ist es an der linken Kante flächig, sonst randlich retuschiert, im Zentrum befindet sich ein großer Rest einer Ventralfläche (Abb. 8,6).

Obj.  1-11: Die Länge beträgt 19,1 mm, die Breite 18,4 mm, die Dicke 3 mm bei einem Gewicht von 0,8 g. Das Stück ist dorsal vollständig flächenretuschiert. Ventral ist es an der linken Ecke flächig, sonst rand-lich retuschiert und trägt noch einen großen Rest ei-ner Ventralfläche. Dies ist das einzige Exemplar, dessen Spitze um Bruchteile eines Millimeters abgebrochen ist. Letzteres beeinträchtigt jedoch die Funktion nicht (Abb. 8,7).

Auffallend ist eine feine und gleichmäßige Rand-zähnung (z. B. Obj. 1-2; 1-3; 1-4; 1-5). Das beste Beispiel dafür liefert die Spitze Obj. 1-1: Hier sind auf der linken Längskante insgesamt vier nebeneinanderliegende, von kleinen Vorsprüngen getrennte, halbrunde Bruchstel-len erkennbar, die mit vier auf die Fläche greifenden Ne-gativen korrespondieren. Die Breite der Bruchstellen ist einheitlich und beträgt 1,0 mm, die Länge der Negative 3,5–4 mm. Die Bruchstellen liegen am Beginn der Ne-gative und markieren die ehemaligen Ansatzstellen des Funktionsendes eines Druckgerätes. Ihre winzige Größe führt zu dem Schluss, dass das zur Retuschierung ver-wendete Druckgerät ein Funktionsende mit einer sehr schlanken Spitze besessen haben muss. Dies schließt a priori die Verwendung des massiven Druckstabes we-gen der beide Male breiten Funktionsenden aus. Der zweite Druckstab besitzt zwar deutlich spitzere Funk-tionsenden, aber das Material ist letztlich viel zu weich, um halbrunde Trennbrüche der beschriebenen Dimen-sionen produzieren zu können. Als einziges – auch ex-perimentell vielfach bewährtes – Material, das eine er-folgreiche Kraftübertragung auf solch winzigen Flächen erlaubt, ohne nennenswert komprimiert zu werden, verbleibt Kupfer.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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Dies führt zu der Überlegung ob für die Her-stellung einer Randzähnung die Verwendung eines Druckstabes mit einem Funktionsende aus Kupfer ver-wendet wurde. Als geeignete, nachgewiesene Werkzeug-form des schnurkeramischen Geräteensembles bieten sich dafür die sog. Kupferpfrieme an46, wie sie auch aus bayerischen Gräbern der Glockenbecherkultur geläu- fig sind47.

Der Herstellungsablauf könnte demnach wie folgt rekonstruiert werden: Das Ausgangsstück (Abschlag) wurde in Drucktechnik unter Verwendung der Geweih-druckstäbe in der Dicke reduziert. Zugleich wurde die Form festgelegt48. In einem abschließenden Arbeits-schritt wurde die Randzähnung mittels eines geschäf-teten Kupferpfriemes als Druckstab vorgenommen und dabei eventuell der Randverlauf begradigt. In einem Grab der Glockenbecherkultur traten ebenfalls „außer-ordentlich fein gezähnte Pfeilspitzen“ auf49.

Die Pfeilspitzen sind in jeder Beziehung als quali-tativ herausragend zu bezeichnen. Ihre metrischen und qualitativen Merkmale legen die Annahme nahe, dass alle Stücke aus der Hand eines Steinbearbeiters stam-men. In sechs von sieben Fällen stimmt das Gewicht ab-solut überein, eine wünschenswert deutliche Rechtferti-gung dafür, die Stücke als genormt zu bezeichnen. Eine vergleichbar „strenge Normung bei den metrischen Maßen“ findet sich auch bei den Pfeilspitzen aus dem Grab von Kösching50. Damit wird eindrücklich die Fähig-keit ihres Herstellers unterstrichen, aus diversen Silex-varianten und gewiss unterschiedlich dimensionierten Ausgangsstücken (Abschlägen) unter Anwendung stan-dardisierter Techniken und Methoden eine reine Zweck-form anzufertigen, die sich einer lediglich in der Vor-stellung existierenden Idealform („mental template“) optimal annäherte.

In Ensemble 3 liegen insgesamt 115 vollständige und fragmentarische Absplisse vor; das größte vollstän-dige Exemplar ist 13 mm lang, das kleinste 3 mm. Frag-mente treten bis zu einer Länge von ca. 0,5 mm auf. Die Absplisse lassen sich makroskopisch in drei Mate rial-gruppen einteilen: 1.  Weiß/hellgrau, 2.  Dunkelbraun/dunkelgrau und 3. Gelb/gelbgrau. Gruppe 1 ist bei wei-tem am stärksten vertreten und enthält auch die größ-ten Exemplare, Gruppe 2 umfasst acht, Gruppe 3 drei Stücke.

Trotz mehrfacher Versuche gelang es nicht, ir-gendeinen Abspliss an eines der mit gefundenen Silex-werkzeuge anzupassen. Die Pfeilspitze Obj.  1-5 wur-de mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus einem Präparationsabschlag von der Dolchklinge des Mannes hergestellt. Aufgrund der ungewöhnlichen

45 Bei den Pfeilspitzen wurden von A.  Tillmann „Buxheimer“ und „Attenfelder“ Hornstein bestimmt.

46 Ottaway 1992.47 z. B. Kreiner 1992; Schmotz 1992.48 Weiner 1987, 61–64.49 Schmotz 1989.50 Tillmann 1996, 372.

Abb. 8. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 3. Sieben Pfeil‑spitzen. 1 Obj. 1‑1; 2 Obj. 1‑2; 3 Obj. 1‑3; 4 Obj. 1‑4; 5 Obj. 1‑5; 6 Obj. 1‑10; 7 Obj. 1‑11. M. 1 : 1.

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Farbe der Exemplare aus Gruppe 3 ist davon auszuge-hen, dass sie vom gelbgrauen Ende des Feuerschlagstei-nes stammen.

Ein Abschlag (Obj.  1-17; Abb. 9,1) hat eine Länge von 14 mm, die Breite beträgt 14 mm, die Dicke 4 mm bei einem Gewicht von 4 g. Es handelt sich um einen deutlich in Längsrichtung gekrümmten, unmodifizier-ten Abschlag aus weißlich-hellgrauem, mit zonierten Schlieren durchsetztem, am Rand durchscheinenden Hornstein51, der in direkter harter oder weicher Schlag-technik hergestellt worden ist. Allem Anschein nach bestehen die Pfeilspitzen Obj. 1-1; 1-3 und 1-4 aus dem gleichen oder einem ähnlichen Material. Die Dimensio-nen des Abschlages würden die Herstellung einer Pfeil-spitze des mit gefundenen Typs erlauben, die wegen der Krümmung freilich vollständig flächenretuschiert ausfallen müsste. Somit ließe sich der Abschlag als Re-servestück („blank“) für die Pfeilspitzenherstellung in-terpretieren.

Der Feuerschlagstein (Obj. 1-32; Abb. 9,2) ist 69 mm lang, 26 mm breit und wiegt bei einer Dicke von 11 mm 21 g. Das Stück weist dorsal und ventral Flächen auf, die wegen eindeutig erkennbarer Wallnerlinien als Reste gekappter Negative anzusprechen sind. Allerdings be-sitzen jene Flächen eine raue Oberfläche, und in einem Falle zeichnet ein solches Negativ an der linken Kante der Dorsalfläche am Distalende einen teilweise in den Objektkörper verlaufenden Haarriss nach. Große, auf beiden Breitseiten verlaufende gekappte Negative deu-ten darauf hin, dass das Stück zuerst grob in Form ge-bracht und später zumindest auf der Dorsalseite rand-lich in Drucktechnik überarbeitet wurde.

Als Gebrauchsspuren sind Verrundungen und Zer-rüttung beider Längskanten sowie besonders deutliche Verrundungen beider Enden zu erkennen.

Die untere Hälfte besitzt eine gelbgraue Farbe, die völlig derjenigen der drei Absplisse von Gruppe 3 ent-spricht. Die Dorsalfläche eines der Absplisse ist in Längs-richtung auf einer Hälfte gelb, auf der anderen dagegen eher grau gefärbt. Diese Farbgebung läuft offensichtlich durch das Material hindurch, da sie auch auf der Vent-ralfläche zu erkennen ist. Aufgrund dieser Beobachtung dürfte es sich auch bei der farblich korrespondierenden Zone des Feuerschlagsteines um die natürliche Gesteins-farbe und nicht um eine chemische Veränderung etwa durch Schwefelkies handeln. Die Negative und Grate auf diesem Abschnitt tragen alle einen metallischen Glanz, der auch an experimentellen Feuerschlagsteinen zu beobachten ist52.

Die Länge des Schleifsteinbruchstücks (Obj. 2-27. Abb. 9,3) beträgt 67 mm, die Breite 53 mm, die Dicke 47 mm bei einem Gewicht von 100 g. Das pyramiden-förmige Stück besteht aus äußerst feinkörnigem, homo-genem Sandstein. Es besitzt zwei stark gewölbte Schliff-bahnen; die restlichen drei Flächen sind durch Bruch entstanden. Eine Schliffbahn ist nahezu unfacettiert mit konkavem Quer- und Längsschnitt; nur am Rand der dicken Basis weist sie eine kleine separate Schliff-facette auf. Die andere Schliffbahn lässt zusätzlich zwei

Abb. 9. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 3. 1 Abschlag Obj. 1‑17; 2 Schlagstein Obj. 1‑32; 3 Schleifstein Obj. 2‑27. 1 M. 1 : 1; 2–3 M. 2 : 3.

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schwache, von der Basis bis etwa zur Mitte verlaufen-de, längliche Schlifffacetten erkennen. Wegen der cha-rakteristischen Form und Lage der Schliffbahnen dürf-te es sich um das Bruchstück einer ehemals größeren Schleifwanne zum Schleifen von Beilklingen handeln. Schleifsteine sind eine nicht ungewöhnliche Beigabe in schnurkeramischen Gräbern53. Ein formal gut vergleich-bares, größeres Stück stammt aus dem Grab von Berg-heim54.

Die Länge des Knochenbeitels (Obj. 1-12, Abb. 10) beträgt 153 mm, die maximale Breite am Gelenkende 41 mm, die Schneidenbreite 13 mm und die maxima-le Dicke am Gelenkende 38 mm. Traditionell werden solche Artefakte als „Meißel“ bezeichnet. Der Rohstoff Knochen erlaubt jedoch nur einen sinnvollen Einsatz solcher Stücke bei der Holzbearbeitung, z. B. beim Aus-stemmen von Schaftlöchern an Beilholmen. In Anleh-nung an eine moderne Werkzeugform für derartige Holzarbeiten sollte man deren Bezeichnung „Beitel“ auch für ihre prähistorischen Pendants verwenden. Der Beitel besteht aus einem längsgespaltenen Röh-renknochen eines Großsäugers (wahrscheinlich Radius vom Rind)55 mit teilweise erhaltener Gelenkpfanne. Das Funktionsende wurde aus der Kompakta des Diaphy-senabschnittes gearbeitet und ist beidseitig zu einer schwach konvex geschwungenen Schneide mit balligem Längsschnitt zugeschliffen. Die Schneide wird rechts und links von zwei im rechten Winkel zu ihr stehen-den Seitenfacetten begrenzt. Der Körper verbreitert sich kontinuierlich bis zum erhaltenen Teil der ehemaligen schwach konkaven Gelenkpfanne (Epiphyse); deren hö-her stehende Randpartie verschliffen ist. Die Dorsalflä-che wird von der halbrunden Außenseite des Knochens gebildet und trägt Verwitterungsspuren. Die Ventralflä-che lässt nur im Abschnitt unterhalb der Gelenkpfanne Spongiosareste erkennen. Die Kompakta ist sehr massiv und auf der Ventralfläche von deren Mittelabschnitt bis zur Schneide überschliffen. Nicht verwitterte Oberflä-chenpartien der Dorsalfläche tragen deutlichen Glanz, der als Handhabungsglanz anzusprechen ist. Dagegen handelt es sich bei dem gleichermaßen deutlichen Glanz auf beiden Schneidenbreitseiten und einer Seiten-facette um Gebrauchsglanz.

Auf der Dorsalfläche ist hart unterhalb der Ge-lenkpfanne eine annähernd runde, mehrere Millimeter tief in die Kompakta eingreifende Zone erkennbar, de-ren Oberfläche durch zahlreiche lineare, teilweise radial verlaufende kurze, fallweise scharfkantige Hiebspuren bedeckt ist. Offensichtlich wurde der Beitel auch als Schlaggerät benutzt, wodurch diese Gebrauchsspu-ren entstanden. Die Intensität der Abnutzung und die Ausprägung der Hiebmarken legen die Annahme nahe, dass ein hartes, scharfkantiges Material, z. B. Hornstein, bearbeitet wurde. Wegen der auf den Werkzeugkörper nach innen und überdies auf die konkave Außenseite des Gelenkendes versetzten Lage der Abnutzungszone, ist die Verwendung des Artefaktes als Schlaggerät bei der Silexbearbeitung in direkter Schlagtechnik eindeu-tig auszuschließen. Wesentlich eher könnten solche

Spuren z. B. durch die Arbeit mit ausgesplitterten Stü-cken erklärt werden. Der Beitel wäre dann als Schlägel benutzt worden. Es handelt sich also um ein bifunktio-nal eingesetztes Werkzeug.

Ein vollständiger massiver Druckstab (Obj.  2-24; Abb. 11,1) ist 118 mm lang, die Breite liegt bei 19 mm und die Dicke beträgt 13 mm. Als Rohstück diente ein Span, der aus einem stark gebogenen Abschnitt einer Geweihstange vom Rothirschgeweih abgetrennt wurde. Die natürliche Biegung favorisiert die ehemalige Lage des Spanes z. B. am unteren Ansatz einer Mittel sprosse oder an entsprechend gebogenen Abschnitten einer starken Krone.

Spuren der Trennflächen sind auf beiden Längs-kanten über eine kurze Strecke noch erhalten. Der zen-trale Spongiosaabschnitt ist weitgehend ausgebrochen und dürfte ehemals überschliffen gewesen sein. Ur-sprünglich besaß das Stück einen unregelmäßig ovalen Querschnitt. An einem Ende ist es verrundet, am ande-ren facettiert. Auf der Dorsalfläche ist die Kompakta an einem Ende durch nicht unerhebliche longitudinale Krafteinwirkung aus Richtung der Spitze in Form eines Negativs ausgebrochen. Ähnliches kennt man von jung-paläolithischen und neolithischen Geweihschlägeln.

Der ursprünglich symmetrisch-ovale Umriss wur-de durch drei Abnutzungszonen auf den Längskanten modifiziert, von denen zwei deutlich konkav in den Gerätekörper greifen. Diese Zonen erstrecken sich über einige Zentimeter Länge und liegen einmal einseitig

51 Das Rohmaterial des Stücks wurde von A. Tillmann als „At-tenfelder Material“ bestimmt.

52 Pawlik 1995, 98.53 Buchvaldek 1992; Wetzel 1992.54 Tillmann/Schröter 1997.55 Clason 1969; Schibler 1981, 61; Schmid 1972.

Abb. 10. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 3. Knochenbeitel Obj. 1‑12. M. 1 : 2.

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und einmal gegenständig jeweils vor beiden Enden. An diesen Stellen ist die Oberfläche der hier zusammentref-fenden Kompakta und Spongiosa von quer und diagonal verlaufenden Schlagspuren bedeckt. Interessanterweise liegen die Zonen intensivster Abnutzung nicht unmittel-bar am Ende, sondern ca. 23 mm und 26 mm unterhalb beider Enden. Die Intensität dieser Gebrauchsspuren ist ein Indiz für die zusätzliche Verwendung des Drucksta-bes als Schlaggerät. Aus technologischer Sicht wäre es nicht richtig, die Zonen als Merkmal einer sekundären Verwendung anzusprechen. Es ist eher davon auszu-gehen, dass das Gerät während seiner Verwendung im Wechsel für die Druck- und die Schlagtechnik eingesetzt wurde. Die diagonale Lage der beiden stärker ausgepräg-ten Abnutzungszonen erinnert an vergleichbar positio-nierte Arbeitsspuren auf paläolithisch-neolithischen so-genannten Retuscheuren aus Felsgesteingeröllen56. Der Druckstab wurde also bifunktional benutzt.

Der zweite vollständige Druckstab (Obj.  2-25, Abb. 11,2) ist deutlich schlanker, seine Länge beträgt 93 mm, die Breite 15 mm und die Dicke 9 mm. Das Stück wurde aus einem Geweihspan eines stark geperlten Hirschgeweihs angefertigt und besitzt den langdreiecki-gen Umriss eines flachen Walmdaches. Der Querschnitt in der Mitte ist unregelmäßig gebrochen, an beiden En-den rundlich. Die teilweise langrechteckig facettierten Trennflächen an der Kompakta sind nicht überschliffen und auf einer Längskante vollständig, auf der anderen zu mehr als einem Drittel erhalten. Die restlichen zwei Drittel sind anscheinend bei der Bergung beschädigt worden. Beide Enden sind durch Schliff zugespitzt und teilweise facettiert. Ein Teil der Spongiosa ist wahr-scheinlich beim Bergen ausgebrochen.

Das Objekt 1-16 (Abb. 11,3) stellt den Rest eines Druckstabes oder Pfriemes dar, dessen Länge noch 72 mm beträgt, die Breite liegt bei 12 mm und die Dicke bei 8 mm. Das Stück besteht aus einem Geweihspan und trägt an beiden Längsseiten noch schwache Spuren der Spangewinnung. Beide Enden sind durch Korrosion voll-ständig überprägt. Der Querschnitt ist rechteckig.

Der Pfriem (Obj. 2-26, Abb. 11,4) ist 164 mm lang, 10 mm breit und 8 mm dick. Das in Längsrichtung ge-bogene Stück besteht aus einem dünneren Geweihspan. Teilweise sind an den Längsseiten noch Schnittspuren der Spangewinnung zu erkennen. Ein Ende läuft gleich-mäßig zu einer im Querschnitt facettierten Spitze aus. Nur das äußerste Spitzenende ist minimal beschädigt. Eine vergleichbare Spitze dürfte auch am anderen Ende vorhanden gewesen sein. Sie ist jedoch durch Verwit-terung und vermutlich bei der Bergung ausgebrochen. Der Querschnitt ist rechteckig, an den Enden rundlich.

Bei einem bearbeiteten linken Hauer eines Ebers (Hausschwein) oder Keilers (Wildschwein) (Obj.  1-15; Abb. 12,1) ist eine Bestimmung des Lebensalters über den Zahnindex nicht möglich, da der Querschnitt intentio-nell verändert wurde57. Die Modifikationszone erstreckt sich über die gesamte Länge der hier ehemals durchlau-fend vorhandenen linken Innenkante, wodurch auch die linke Hälfte der sog. Angriffsfläche (natürliche Ab-

Abb. 11. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 3. 1–3 Druckstäbe Obj. 2‑24; Obj. 2‑25; Obj. 1‑16; 4 Pfriem Obj. 2‑26. M. 1 : 2.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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nutzungsfacette an der Zahnspitze) betroffen ist. Die Kante wurde vollständig entfernt, wobei der Schmelz durchtrennt und das sog. Bein58 freigelegt wurde.

Zahlreiche, auf dieser Zone erkennbare feinste, überwiegend quer- und nur an der Zahnspitze schräg-verlaufende Riefen legen nahe, dass die Modifikation in Schleiftechnik mittels eines körnigen Schleifsteines z. B. aus Sandstein geschah. Der mit gefundene Schleifstein dürfte hierfür nicht in Frage gekommen sein. Er er-scheint zu feinkörnig. Vor allem aber müssten an seinen für diese Arbeit einzig geeigneten Kanten entsprechen-de Abnutzungsspuren erkennbar sein. Zum Schärfen der Schneide hätte er aber sicher dienen können. Wie intensiv die Schleifarbeit war, zeigt ein kleiner, in Quer-richtung tief eingeschliffener, wenige Millimeter breiter stufenförmiger Absatz unterhalb der Angriffsfläche. Auch die Spitze ist künstlich verrundet. Im Gegensatz zu dem zweiten bearbeiteten Exemplar (s. u.) ist das vor-liegende deutlich kleiner. Ausgehend von den Dimensio-nen der noch erhaltenen Reste der Angriffsfläche dürfte das Stück noch etwa ein Drittel seiner ursprünglichen Länge besitzen.

Der wichtigste Unterschied zu dem zweiten bear-beiteten Stück besteht jedoch darin, dass hier die Mo-difikationszone bis zur Außenkante des Zahnbogens reicht, wodurch sich an der Schmelzschicht eine schar-fe durchgehende Schneide gebildet hat. Der Querschnitt ist hier flach-spitzoval.

Bei dem zweiten bearbeiteten Hauer (Obj.  1-13; Abb. 12,2) handelt es sich ebenfalls um den linken Hau-er eines Ebers oder Keilers. Das Alter des Tieres ist nicht mehr zu bestimmen. Die Modifikation setzt kurz unter-halb der Angriffsfläche an und verläuft bis zur Alveole. In Querrichtung erstreckt sie sich von der rechten In-nenkante nahezu vollständig über die linke Zahnseite. Dadurch wurde der ehemals typische dreieckige Quer-

schnitt zu einem unregelmäßig-ovalen verändert. Aller-dings erreicht die Schliffzone nirgendwo die Vorderkan-te auf der Außenseite des Zahnbogens, sondern endet 5 mm bis 10 mm davor. Auch hier sind zahlreiche quer-verlaufende Riefen erkennbar. Die Zahnspitze ist noch natürlich scharf und nicht verrundet, das Alveolenende ist modern ausgebrochen. Eventuell endete es spitz.

Vergleicht man dieses Stück mit dem anderen be-arbeiteten Exemplar, dann wird klar, dass es sich hier um ein Halbfabrikat handelt, dessen Schneide noch nicht vollständig ausgebildet ist.

Der dritte Hauer (Obj. 1-14; Abb. 12,3) ist ein unbe-arbeitetes, vollständiges linkes Exemplar eines kapita-len Ebers oder Keilers; aufgrund des Zahnindexes betrug das Alter des Tieres mindestens acht oder mehr Jahre59.

Interpretation

Die kleinräumige, dicht neben- und übereinander ge-packte bzw. ineinander gestaffelte (Hauer) Fundlage die-ses Artefaktensembles deutet zwingend auf ein mittler-weile vergangenes Behältnis aus organischem Material, d. h. einen Beutel oder eine Tasche aus Leder oder Texti-lien. Vergleichbare Grabbefunde sind aus dem Neolithi-kum bestens bekannt60 und sprechen für eine einfache

56 Weiner 2012.57 Herre 1986.58 Schmid 1972.59 Herre 1986.60 z. B. Kórek 1986; Nieszery 1995, 107–108; Matthias 1964; Pa-

tay 1974, 12; Tillmann 1996, 365; Schmotz 1989; 1992; Seitz 1987.

Abb. 12. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Ensemble 3. 1–2 Zwei bearbeitete Eberhauer Obj. 1‑15; Obj. 1‑13; 3 Großer Eberhauer Obj. 1‑14. M. 1 : 2.

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und sinnvolle Lösung eines speziellen Aufbewahrungs- und darüber hinaus auch Transportproblems.

Herkunft der Absplisse: Sowohl die Form als auch die Größe der Absplisse erlaubt es, sie als Retuschier-reste anzusprechen. Dabei dürften die besonders dün-nen vollständigen und fragmentarischen Exemplare von der Druckretuschierung z. B. bei der Pfeilspitzenherstel-lung stammen. Da alle Absplisse viel zu klein sind, um irgendeinem praktischen Zweck zu dienen, fragt man sich, warum sie in dem Behältnis angetroffen wurden. Eine mögliche Antwort liefern Beobachtungen bei der modernen Herstellung steinzeitlicher Steingeräte.

Im Besitz des Verf. befindet sich eine kleine Stoff-tasche, in der seit gut 20  Jahren seine Geräte für die Druckretuschierung aufbewahrt werden. Während der Arbeit befindet sich die geöffnete Tasche links oder rechts in unmittelbarer Nähe des Sitzplatzes, so dass die erforderlichen Geräte bei Bedarf entnommen werden können. Vor einiger Zeit wurde die Tasche vollständig entleert, wobei einige Absplisse und Abschläge gefun-den wurden, die offensichtlich irgendwann bei der Arbeit zufällig in das Behältnis gelangt sind. Auf diese Weise könnte die Fundlage der Absplisse aus dem Gai-mersheimer Beutel erklärt werden.

Alternativ könnte man sie als Hinweis auf eine Vorsichtsmaßnahme interpretieren. Dies würde die Annahme voraussetzen, dass der Mann in einem Raum arbeitete, dessen Boden durch die scharfkantigen Stü-cke nicht verunreinigt werden sollte. So hätte er seine Werkstücke über dem geöffneten Beutel retuschieren und die Absplisse auffangen können. Diese Annahme erscheint jedoch aus ergonomischen Gründen wenig wahrscheinlich, zumal der gewünschte Effekt durch ein auf dem Boden ausgebreitetes Tuch oder größeres Lederstück einfacher und wirksamer erreicht worden wäre. Die Absplisse sind letztlich als unerwünschte Ver-unreinigung des Beutels zu werten.

Herkunft mutmaßlicher Residuen von Schwefel-kies: Mehrere Absplisse weisen auf ihren Breitseiten an-haftende, winzige goldglänzende Flitter auf, bei denen es sich – vorbehaltlich einer naturwissenschaftlichen Analyse – um Schwefelkiespartikel handeln dürfte, vermutlich von der Markasit-/Pyritknolle eines Schlag-feuer zeuges61. Vergleichbare Schwefelkiesflitter wurden im Inneren zweier als Lampen interpretierter Keramik-gefäße aus Twann62 sowie in der Zundermasse aus der „Gürteltasche” des Mannes vom Hauslabjoch63 identifi-ziert. In beiden Fällen ist die Interpretation der Flitter als Hinweis auf die Erzeugung von Feuer naheliegend. Dies gilt ebenfalls für die Flitter aus dem Gaimershei-mer Beutel, zumal dort auch ein spezieller Feuerschlag-stein gefunden wurde. In der schnurkeramischen Mehr-fachbestattung von Kösching hat sich ein Feuerzeug bestehend aus Feuerschlagstein und zugehöriger „stark abgearbeiteter Markasitknolle“ erhalten64. Es stellt sich die Frage, wie die Flitter in den Gaimersheimer Beutel gelangen konnten.

Im Falle von Twann nimmt die Autorin an, dass „Beim Feuerschlagen, das ja beim Docht, also über der

Lampe geschehen musste, […] vom Pyrit sehr wohl kleine Schüppchen abspringen“ konnten65. Die noch so intensiv bemühte Selbstverständlichkeit, mit der diese Behauptung vorgetragen wird, verschleiert indes nicht eine gewisse Unkenntnis zum Vorgang der Erzeugung von Feuer mit Hilfe eines neolithischen Schlagfeuer-zeuges.

Ungezählte erfolgreiche Versuche von Experimen-talarchäologen zeigen, dass die Funken über Baumpilz-zunder geschlagen werden, um diesen zum Glimmen zu bringen. Daraus entsteht erst offenes Feuer, wenn durch Sauerstoffzufuhr am Glutherd zugegebenes, leicht brennbares Material entflammt wird.

Dagegen kann ein Docht aus fettgetränkten Pflan-zenfasern nicht mit glimmenden Schwefelkiesparti-keln, sondern nur mit einer Flamme entzündet werden. Folgerichtig war ein von der Autorin vorgenommener praktischer Zündversuch a priori zum Scheitern verur-teilt. Deshalb musste sie schließlich ein Streichholz zum Entzünden eines „aus Leinenfasern dicht gedrehten“ Dochtes verwenden66. Nun liegt es in der Natur der Sa-che, dass beim Funkenschlagen von einer Schwefelkies-knolle bzw. einem Feuerschlagstein Partikel abgetrennt werden. Die Autorin bestätigt dies mit der Feststellung, dass sich solche Partikel „als die Lampe ausgebrannt war“ an der Wand und auf dem Boden der benutzten Keramikschale gesammelt hatten67. Es ist jedoch kei-nesfalls zulässig, diese Beobachtung als Bestätigung der Ausgangshypothese zu verwenden, da deren Grundbe-dingung, das Entzünden des Dochtes mit glimmenden Schwefelkiespartikeln, nicht erfüllt wurde. Die Schwe-felkiespartikel in den Lampen aus Twann können somit nicht als Reste des mutmaßlichen Feuerschlagens über den Lampen interpretiert werden.

Geht man davon aus, dass die Lampen zur Beleuch-tung der Häuser gedient haben, dann fragt man sich, warum man sie nicht mit einem am Hausfeuer leicht zu entflammenden Kienspan angezündet hat. Zu dieser Überlegung gelangte auch die Autorin und schließt da-raus, dass die Lampen auf die vermutete Weise nur au-ßerhalb der Häuser entzündet wurden68. Freilich wäre es ein Leichtes, die Lampen im Haus anzuzünden und nach draußen zu bringen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen fehlt nach wie vor eine schlüssige Er-klärung für die Existenz der Schwefelkiesflitter in den Lampen aus Twann.

Anders verhält es sich im Falle des Fundes vom Hauslabjoch. Bei der Beschreibung des Inhaltes des „Gürteltäschchens” wird darauf hingewiesen, dass eine Schwefelkiesknolle fehlt69. Da sich Schwefelkies durch Kontakt mit Sauerstoff und Wasser leicht zersetzt, könnte man annehmen, dass es sich bei den Flittern um ein Verwitterungsprodukt der ehemaligen Schwefel-kiesknolle handeln könnte. In diesem Falle würde man allerdings eine deutlich größere Menge an Partikeln in der Zundermasse erwarten, es sei denn, das Schwefel-kiesstück wäre z. B. stark abgenutzt und deshalb sehr klein gewesen. Diese Hypothese ließe sich leicht da-durch überprüfen, indem man die gesamte Zundermas-

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se auswaschen und das Gewicht der gewonnenen Flitter ermittelt würde70.

Alle Bestandteile bandkeramischer71, schnurke-ramischer72 und sonstiger prähistorischer und früh-geschichtlicher73 Schwefelkiesfeuerzeuge, d. h. Feu-erschlagstein, Schwefelkiesknolle und mit großer Wahrscheinlichkeit auch Zunder, finden sich in aller Regel zusammen und waren vermutlich in einem Be-hältnis aufbewahrt. Vom Mann vom Hauslabjoch wird behauptet74, er habe „ein komplettes Feuerzeug“ mit-geführt, was nicht stimmt, denn ein Feuerschlagstein fehlt ebenfalls im Ensemble des „Täschchens”. Der Be-arbeiter vermutet, dass der Schwefelkies und der Feuer-schlagstein „durch den Riß auf der Vorderseite des Gür-teltäschchens“ verloren gingen75.

Eine andere Erklärung für die Flitter in der Zunder masse beruht auf der Tatsache, dass die aktive Schlagfläche einer Schwefelkiesknolle kontinuierlich zu einer dünnen grauen Schicht verwittert, die leicht auf mechanischem Wege entfernt werden kann. Die Schlagfläche einer Knolle wird beim Transport in einem Beutel oder einer Tasche immer wieder Kontakt mit dem Feuerschlagstein haben, so dass Flitter auf diese Weise von der Knolle gelöst werden konnten.

Eine letzte Möglichkeit der Deutung von Schwefel-kiesflittern in einem Feuerzeugbehältnis ergibt sich aus modernen Beobachtungen beim Feuerschlagen. Sie leh-ren, dass sich bereits nach wenigen Schlägen gegen die Schwefelkiesknolle ein staubartiger Belag aus Schwefel-kiespartikeln auf der Zunderoberfläche sammelt, der die Entstehung eines Glutherdes beeinträchtigt und durch Schütteln des Zunders entfernt werden muss. Die Zunderoberfläche ist jedoch recht porös, und so bleiben kleinste Schwefelkiesflitter im Zunder eingebettet. Da der Zunder in der Tasche aufbewahrt wurde, könnten sich die Flitter im Laufe der Zeit auch auf diese Weise im Täschchen vom Hauslabjoch angereichert haben.

Das Fundensemble des Beutels aus dem Gaimers-heimer Grab enthielt keine Schwefelkiesknolle. Dies könnte die Interpretation des Feuerschlagsteines als „pars pro toto-Beigabe“ nahelegen. Allerdings wurde „rostig verfärbtes Erdreich in der Herzgegend des Män-nerskelettes“76 beobachtet (vgl. Abb. 2,1–2), das als Rest von verwittertem Schwefelkies gedeutet wird. Da die Bestattung – abgesehen von Beeinträchtigungen durch die moderne Nutzung – ungestört ist (s. u.), ist davon auszugehen, dass ein hypothetisches Schwefelkiesstück bewusst an dieser Stelle deponiert worden sein muss. Im Gaimersheimer Beutel befand sich jedoch ein Feuer-schlagstein. Deshalb darf man in Übereinstimmung mit anderen neolithischen Grabbefunden erwarten, dass die ehemalige Schwefelkiesknolle ebenfalls in diesem Beu-tel aufbewahrt wurde.

Eine chemische Analyse des „rostig verfärbten Erd-reichs“ liegt nicht vor und ist nicht mehr möglich, da keine Erdprobe geborgen wurde77. Als alternative Erklä-rung für diesen Befund bietet sich z. B. die Annahme an, dass es sich dabei nicht um vergangenen Schwefelkies, sondern um ein vergangenes Stück aus Roteisenstein

(Hämatit) handeln könnte, das durchbohrt als Anhän-ger an einer Schnur um den Hals getragen wurde. Allem Anschein nach sind verwitterte Schwefelkies- und Farb-steinstücke leicht miteinander zu verwechseln. Dies legt jedenfalls eine verwitterte Schwefelkiesknolle aus einem Grab der Glockenbecherkultur von Altenmarkt nahe, die trotz des mit gefundenen typischen Feuer-schlagsteines als „Roteisenstein“ angesprochen wurde78.

Wenn es sich bei den Flittern aus dem Beutel tat-sächlich um Schwefelkies handelte, wären sie analog zu dem Befund vom Hauslabjoch entweder als im vergan-genen Zunder eingebettete Residuen zu deuten oder als Abriebprodukte von der Oberfläche des Schwefelkieses während der Aufbewahrung im Beutel.

Zur Funktion der Artefakte aus Schweinehauern: Der kleine bearbeitete Hauer ist ein intensiv verwende-tes und deshalb stark abgenutztes Gerät, dessen schnei-denartige Arbeitskante eine Messerfunktion nahelegt. Zwar sind Hauer mit derartigen Merkmalen aus dem Endneolithikum nicht selten; sie werden aber in aller Regel als Schmuckstücke gedeutet79. Dies gilt gewiss für an beiden Enden gelochte „Eberhauerlamellen“, ist für nur an einem Ende gelochte Exemplare aber frag-lich80 und für ungelochte kaum wahrscheinlich. Auf dieses Problem hat bereits J.  Schibler81 hingewiesen und solche Stücke später als „Messer“ bezeichnet82. Ein anderer Autor ist der Ansicht, dass derartige Artefakte „zum Abkratzen von Fellen“ gedient haben könnten83. Aufgrund der Form und Gebrauchsspuren sehen I. Ma-tuschik und H. J. Werner in den Stücken Geräte zum Ste-chen, Schaben-Kratzen und Schnitzen84. Eine vom Verf. angefertigte Nachbildung besitzt eine durchlaufende scharfe Kante, die aber zum Schneiden oder Schnitzen selbst relativ weicher Materialien, wie z. B. Holz fraglos zu stumpf ist. Ohne weitere Experimente durchgeführt

61 Weiner 1998b.62 Schmid 1977.63 Sauter/Stachelberger 1992.64 Tillmann/Rieder 1992, 45.65 Schmid 1977, 21.66 Schmid 1977, 22.67 Schmid 1977, 22.68 Schmid 1977, 22 f.69 Egg/Spindler 1992, 56.70 Sauter/Stachelberger 1992.71 Nieszery 1992.72 Tillmann/Rieder 1992.73 Nieszery 1992.74 Nieszery 1992, 362.75 Spindler 1995, 147.76 Frdl. Mitt. K. H. Rieder.77 Frdl. Mitt. K. H. Rieder.78 Schmotz 1989, Abb. 29; weiteres Beispiel einer vergleichba-

ren Verwechslung bei Spatz 1999.79 Clason 1969; Ramseyer 1995.80 Clason 1969, Abb. 4.81 Schibler 1981, 67.82 Schibler 1995b.83 Pavlu 1999, 60.84 Matuschik/Werner 1981/82, 41.

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zu haben, festigte sich allerdings der Eindruck, dass die Geräte kratzend-schabend benutzt werden können. Die Bezeichnung Hauer„messer“ folgt somit ausschließ-lich formalen und nicht funktionalen Kriterien. Eine zusätzliche Durchbohrung an diesen Geräten kann als Hilfe zur Befestigung einer Aufhängeschlaufe inter-pretiert werden, analog z. B. zu ebenfalls gelegentlich durchbohrten Geweihhandhaben für Schwefelkiesstü-cke neolithischer Schlagfeuerzeuge85.

Die schaberartige Verwendung von Hauern zur Holzbearbeitung ist aus der Völkerkunde bekannt. Al-lem Anschein nach werden hier aber nur die natürlich scharfkantigen Spitzen- bzw. Alveolenenden als Funk-tions enden benutzt86.

Artefaktgruppen und erschließbare Tätigkeiten: Allen Artefakten ist gemeinsam, dass sie mit verschie-denen Tätigkeitsfeldern in Verbindung gebracht werden können. Aus technologisch-ergologischer Sicht lässt sich das Ensemble in vier Artefaktgruppen untertei- len: 1. Werkzeuge/Geräte, 2. Halbfabrikate/Rohmaterial, 3. Fertigprodukte und 4. Abfälle/Residuen.

Die gewichtsmäßig größte Gruppe  1 besteht aus den beiden Druckstäben, dem Pfriem bzw. dem Pfriem- oder Druckstabrest, dem Beitel, dem kleinen Hauermes-ser, dem Schleifsteinbruchstück und dem Feuerschlag-stein. Gruppe  2 beinhaltet den unbearbeiteten Hauer, ein Hauermesser-Halbfabrikat und den Silexabschlag. Gruppe 3 umfasst die Pfeilspitzen, Gruppe 4 wird von den Absplissen und den mutmaßlichen Schwefelkiesflit-tern gebildet.

Aus den Artefakten erschließbare Tätigkeitsfelder lassen sich in folgende Gruppen einteilen: A. Silexbear-beitung, B.  Bearbeitung von Felsgestein, Knochen, Ge-weih und Zähnen, C. Holzbearbeitung, D. Feuermachen und E. Sonstige Tätigkeiten bei der Bearbeitung organi-schen Materiales.

Zu A: Hiervon zeugen die beiden Druckstäbe, die Pfeilspitzen, der unbearbeitete Abschlag und die Ab-splisse (sowie natürlich der nicht zu diesem Ensemble gehörende Dolch).

Zu B: Das Schleifsteinfragment konnte zum Schär-fen stumpf gewordener Schneiden der Beil- und Dech-selklingen dienen, eventuell zum Abziehen der Beitel-schneide und zum fallweisen Überarbeiten beschädigter Druckstabspitzen, wahrscheinlich aber nicht zur Zu-richtung der Hauer.

Zu C: Hierzu diente der Beitel (und natürlich die ein eigenes Ensemble bildenden Beile).

Zu D: Vom Feuerschlagen zeugen der Schlagstein, drei wahrscheinlich von ihm stammende Absplisse und die Schwefelkiesresiduen.

Zu E: Eventuell wurden Pfrieme und Hauermesser hierzu benutzt (dann ließen sich auch das Halbfabrikat und der vollständige Hauer dieser Gruppe zuordnen).

Artefaktkonfiguration – Grundausstattung und/oder spezifische Grabbeigaben: Der Beutelinhalt re-flektiert in erster Linie bestimmte handwerkliche und sonstige technische Fähigkeiten des Mannes. Dies muss jedoch keinesfalls bedeuten, dass das nachgewiesene

Ensemble zu Lebzeiten ebenfalls in dieser Konfiguration im Beutel aufbewahrt wurde.

Manches spricht dafür, dass der Beutel, am Gürtel befestigt, den Mann ständig begleitete, wie dies aus der Volks- und Völkerkunde bestens für Taschen und ande-re Behältnisse von Sammlern, Jägern, Hirten und wehr-haften Männern belegt ist87. Fragt man sich nach einer möglichen Grundausstattung, die für den Even tual fall immer zur Hand sein musste, dann gehörte dazu ge-wiss ein ehemals vollständiges Feuerzeug, was durch die möglichen Schwefelkiesresiduen in Verbindung mit dem Feuerschlagstein nahegelegt wird. Die Absplisse favorisieren dieselbe Interpretation für die Retuschier-geräte und den Silexabschlag.

Eine diesbezügliche Beurteilung des kleinen Hau-ermessers ist nicht einfach. Die vermutete Schaber-funktion könnte mit Fellbearbeitung88 oder allgemein Lederherstellung/-verarbeitung in Verbindung gebracht werden. Da es sich bei dem Objekt aber um das Gerät eines Mannes handelt und Fellbearbeitung nicht zwin-gend Männerarbeit gewesen sein muss, fällt es schwer, sich diesem Vorschlag anzuschließen.

Einleuchtender erschien dagegen eine Verwen-dung im Zusammenhang mit der Behandlung von Jagd-beute, etwa in Form eines Spezialgerätes zum Abhäu-ten, um besonders die wertvollen Felle („Rauchwaren“) vor Beschädigung zu schützen. Da der Mann mit ziem-licher Sicherheit Bogenschütze (s. u.) und somit wahr-scheinlich auch Jäger war, würde das kleine Hauermes-ser als Bestandteil der Grundausstattung des Beutels nicht wundern.

Auch die Interpretation des Pfriemes ist nicht un-problematisch. Das Stück erinnert an die „Ahle“ bzw. den „Geweihdorn“ aus dem Köcher des Mannes vom Hauslabjoch. Dieser wird mit sog. Haut niggln vergli-chen, volkskundlich nachgewiesenen Objekten, die beim Häuten von Tieren benutzt wurden89. Diese Funk-tion entspräche aber derjenigen, die für das Hauer mes-ser vermutet wird, so dass für jenes eine andere Funk-tion gesucht werden müsste. Nicht auszuschließen ist schließlich, dass der Pfriem die Stelle eines Knochen-pendants für vielfältigen Gebrauch eingenommen hat. In beiden Fällen würde er sich zwanglos in das En semble der Grundausstattung einfügen.

Dagegen erscheint eine Interpretation des Schleif-steines, des Hauermesser-Halbfabrikates und des un-bearbeiteten Hauers, des Beitels sowie der Pfeilspitzen als Bestandteile einer Grundausstattung aus mehreren Gründen fraglich.

So trägt der Schleifstein keinerlei makroskopisch erkennbare Schwefelkiesresiduen, was bei einer Aufbe-wahrung zusammen mit einer Schwefelkiesknolle nicht der Fall sein dürfte.

Schweinehauer sind im Endneolithikum häufig als Männerschmuck nachgewiesen90. In der Schnurkera-mik „spielt Tierzahnschmuck eine außerordentlich gro-ße Rolle“91. Wahrscheinlich handelt es sich bei den dazu verarbeiteten Stücken um Wildschweinhauer, die we-gen der nicht ungefährlichen Jagd, begehrte Trophäen

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darstellten92. Zur Herstellung der „Hauermesser“ dürf-te man dagegen in erster Linie die wesentlich leichter zu beschaffenden Hauer vom Hausschwein verwendet haben. Der Schleifstein war wahrscheinlich nicht zur Zurichtung der Hauer geeignet. Diese Arbeiten dürften dort vorgenommen worden sein, wo geeignete Werk-zeuge zur Verfügung standen und überdies verschie-dene Rohstoffe (Geweih, Knochen, Zähne u. ä.) aufbe-wahrt wurden, d. h. im und beim Haus. Es ist also nicht einsichtig, dass Hauer als Halbfabrikat oder Rohstücke ständig im Beutel mitgeführt wurden.

Der Beitel ist zwar nicht das größte, aber das sper-rigste Objekt des gesamten Ensembles. Alleine aus die-sem Grund wird man ihn kaum als Teil einer Grundaus-stattung im Beutel erwarten. Vor allem handelt es sich aber um ein hochspezialisiertes Werkzeug, ohne das Schäftungshilfen an Beilholmen in Form von Löchern, Schlitzen oder Vertiefungen jeder Art nicht oder nur unter ungleich größerem Aufwand herzustellen wären. Solche Arbeiten fallen gewiss nicht täglich an. Deshalb ist auch für dieses Gerät davon auszugehen, dass es im Werkzeugensemble einer „Werkstatt“ sinnvoller aufge-hoben ist als im Beutel.

Die Pfeilspitzen sind alle fertiggestellt und zudem äußerst qualitätsvoll. Durch einen häufigen Kontakt mit den harten Oberflächen des Knochenbeitels, der beiden Hauer, des Schleifsteines oder der Schwefelkies-knolle sowie untereinander hätten sie Schaden nehmen können. Da dies nicht im Interesse des Mannes liegen konnte, ist es unwahrscheinlich, dass die Pfeilspitzen zur Grundausstattung des Beutels gehörten.

Wie bereits dargelegt, hat der Mann die Pfeil-spitzen vermutlich selbst angefertigt. Dies lässt darauf schließen, dass er Bogenschütze war und somit zu Leb-zeiten auch ein Bogen zu seiner persönlichen Ausstat-tung zählte. Interessanterweise fehlt diese Waffe unter den Grabbeigaben. Dies ist nicht durch die schlechten Erhaltungsbedingungen zu erklären, denn wenn ein Bogen mitgegeben worden wäre, dann spricht alles da-für, dass auch ein Köcher mit Pfeilen dazugelegt worden wäre. Wegen der Erhaltungsbedingungen wäre zwar das gesamte Ensemble vergangen, aber die Silexspitzen wären auf dem Boden der Grabgrube in entsprechender Fundlage überliefert worden. Man könnte eventuell an-nehmen, dass es sich bei den gefundenen Spitzen um sol-che von vergangenen Pfeilen handelt. Dagegen spricht jedoch eindeutig ihre dokumentierte unregelmäßige Fundlage an der Basis des Beutelinhaltes. Deshalb ist die Frage nach dem Verbleib des Bogens, des zugehörigen Köchers und der Pfeile naheliegend. Als nachvollzieh-bare Erklärung würde sich die Annahme anbieten, dass dieses ausgesprochen wertvolle Ensemble durch Ver- erbung in die Hände eines Nachkommen gelangte.

Vor diesem Hintergrund wird die Deponierung der funktionsfähigen Pfeilspitzen im Beutel verständ-lich. Als Jäger ohne Bogenwaffe musste der Mann im Jenseits einen neuen Bogen und neue Pfeile anfertigen. Einen Bogenstabrohling konnte er sich mit seinem Beil und den beiden Dechseln jederzeit beschaffen und ge-

brauchsfertig zurichten. Die Pfeilspitzen waren für die Bewehrung neuer Pfeile gedacht. Die zur Anfertigung dieser Pfeile notwendigen Materialien, Federn, Sehnen und Birkenpech sowie eine Schnursehne für einen zu-künftigen Bogenstab, dürften ursprünglich auch im Beutel gewesen sein. Sie scheinen aber den Erhaltungs-bedingungen vollständig zum Opfer gefallen zu sein.

Zusammenfassend ergibt sich für Ensemble 3 folgendes Bild: Der Beutel enthielt zu Lebzeiten eine Grundausstattung bestimmter Artefakttypen. Die si-cher oder vermutlich nicht dazu zählenden anderen Ar-tefakte wurden aus rein praktischen Gründen ebenfalls im Beutel untergebracht. Dieser war das einzige Behält-nis, das dem Mann mitgegeben wurde und das für eine geschlossene Aufbewahrung kleinerer Grabbeigaben geeignet war.

GürtelhakenDer Gürtelhaken Obj. 1-9 (Abb. 13) hat eine Länge von 146 mm, die maximale Breite beträgt am Hakenfuß 18 mm und die maximale Dicke am Hakenfuß 20 mm. Bereits die Form des Stückes mit einem breiten fla-chen Ende und einem ursprünglich runden, dünneren Ende deutet darauf hin, dass es aus einer Sprosse eines Hirschgeweihs hergestellt wurde, wobei der Haken zum ehemaligen Spitzenende der Sprosse orientiert ist. Im Vergleich zu anderen schnurkeramischen Gürtelhaken besitzt das Stück aber kaum eine Längsbiegung, so dass es weder aus einer Aug-, Eis-, Mittel- oder Wolfsspros-se hergestellt worden sein kann. Als Ursprungsposition kommt deshalb am ehesten der Kronenabschnitt eines kapitalen Geweihs in Frage. Das Ausgangsstück war ver-mutlich ein Kronenspross93.

Die Spitze der Sprosse wurde abgetrennt, verschlif-fen und dabei die Spongiosa an der Oberseite freigelegt. Während an anderen schnurkeramischen Vergleichs-stücken, von einem Stück abgesehen, der Haken immer aus dem konvex verlaufenden Oberflächenabschnitt der Sprosse herausgearbeitet wurde, befindet er sich hier im Mittelabschnitt zwischen der konvexen und der konka-ven Seite.

Die Außenseite des Hakens besteht aus Kompak-ta, die in den Hakenfuß aus Spongiosa übergeht. Die Hakenoberseite ist überschliffen und beidseitig mit kurzen und längeren, unterschiedlich tiefen, wie es scheint, flüchtig angebrachten diagonalen Schnittker-ben in Fischgrätart verziert. Das Stück verbreitert sich kontinuierlich zu seinem annähernd halbrunden zun-

85 Schibler 1995b.86 Pétrequin/Pétrequin 1988, 104;130.87 z. B. Weiner 1999c.88 Pavlu 1999, 60.89 Egg/Spindler 1992, 50.90 Clason 1969; Schibler 1981, 67; 1995b.91 Fischer 1956, 132.92 Clason 1969.93 Drechsler 1989.94 „Lederende“ nach Kilian-Dirlmeier 1974, 24, Anm. 93.

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genförmigen Ende, im Folgenden „Schaft“ genannt94. Dort befinden sich quer zur Längsrichtung symmetrisch angebracht zwei Löcher in einem Abstand von ca. 8 mm. Der Lochdurchmesser ist einheitlich und beträgt ca. 4 mm. Unterhalb des Hakens und auf dem gesam-ten Schaft wurde die Spongiosa bis auf die Kompakta vollständig entfernt. Im Querschnitt ist das Stück vom breiten Schaftende bis zur Mitte schwächer gewölbt. Von dort an nimmt die Breite in Richtung Hakenfuß ab, und folgt auf Höhe des Hakens der natürlich starken Oberflächenwölbung der Sprosse.

Wegen der auf den Haken wirkenden Zugkräfte ist es eigentlich merkwürdig, dass am Hakenfuß beid-seitig die Kompakta bis zur Spongiosa abgearbeitet und zusätzlich auch am hinteren Hakenende in Richtung Sprossenspitze durchtrennt und vollständig entfernt worden ist. Auf dieses Problem haben bereits andere Au-

toren bei der Behandlung ähnlicher Gürtelhaken mehr oder weniger deutlich hingewiesen95. Allerdings ist die Spongiosa am Spitzenende einer Geweihsprosse beson-ders dicht und entsprechend zäh, wodurch die Bruch-gefahr vermindert wurde. Neben der Form unterstützt diese Überlegung die Annahme, dass das Stück aus einer Geweihsprosse angefertigt wurde.

Die Hakenoberseite, die linke Seite des Haken-fußes und die Außenseite der Sprosse auf Hakenhöhe weisen starken Glanz auf. Die ursprüngliche Perlung ist nirgendwo zu erkennen. Offensichtlich wurde das Stück auf seiner gesamten Oberfläche überschliffen.

An der linken Seite des Hakenfußes bildet die Kom-pakta einen stufenförmigen Absatz, der Glanzspuren trägt. Man gewinnt den Eindruck, dass an dieser Stel-le ein Teil der vorauszusetzenden Befestigungsschlaufe verlief und im Laufe der Zeit den Glanz (d. h. die Tra-

Abb. 13. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Gürtelhaken Obj. 1‑9. M. 1 : 1.

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ge- bzw. Gebrauchsspuren) erzeugte96. Auf der rechten Seite ist die Spongiosa ausgebrochen und die Kompakta ist stark verwittert, so dass hier keine Glanzspuren er-kennbar sind.

Das hintere Ende des Hakens überragt dachartig den Hakenfuß; hier ist offenbar die Spongiosa ausge-brochen. Dieses Ende ist so zu rekonstruieren, dass der Hakenfuß aus Spongiosa hier halbrund und steil nach unten abfiel. Denn an der linken Kante der Kompakta des Sprossenkörpers, ist kurz vor dem Ende eine quer zur Längsachse verlaufende, halbrunde Vertiefung zu erkennen. Sie trägt deutlichen Glanz und ist als Absatz zu interpretieren, von dem die Spongiosa des Objekt-körpers bis zu dessen Ende gleichmäßig abfiel. Die-ser Endabschnitt der Spongiosa weist teilweise noch Schliffspuren auf. Die halbrunde Vertiefung ist nicht als ausgebrochenes Bohrloch zu interpretieren, da es an ei-ner Entsprechung auf der gegenüberliegenden Kompak-takante fehlt. Außerdem ist die angrenzende Spongiosa überschliffen. Wäre hier ehemals eine Durchbohrung gewesen, dann hätte die Spongiosa eine ausreichende Dicke besessen haben müssen und dürfte nur Bruchspu-ren, aber keine Schliffspuren zeigen.

Am Spitzenende befindet sich auf der Rückseite ein Ausbruch auf der Spongiosa. Die hier ehemals ein-wirkende Kraft ließ ein Stück Spongiosa abplatzen, wo-bei ein Negativ zurückblieb.

Interpretation

Mit dem Fund aus Gaimersheim vergleichbare Objekte werden als „Gürtelhaken“ interpretiert. Dies geschieht in Anlehnung an früheste Interpretationen von „Kno-chenplatten“ „als zum Gürtel gehörig“ aus Ausgrabun-gen des späten 19. Jahrhunderts97. Im Hinblick auf diese funktionale Deutung ist festzuhalten, dass für die hier interessierende Fundgattung bis zum heutigen Tag „kei-ne einschlägigen Hinweise [für diese Interpretation] vor-liegen“98.

Die Artefakte sind unter der Bezeichnung „Stab-haken vom Typ  Ig“ bekannt99. Mit dem Fund aus Gai-mersheim sind mindestens 26 vollständige, fragmenta-rische oder als Halbfabrikat anzusprechende Stabhaken dieses Typs bekannt (vgl. Katalog Liste 2 Nr. 1–20). Bei der überwältigenden Mehrzahl handelt es sich um Sied-lungsfunde100. Nur dreimal sind sie aus schnurkerami-schen Gräbern belegt, aus Gródek Nadbużny in Polen (Abb. 14,5)101 sowie Bergheim (Abb. 14,6)102 und Gaimers-heim in Bayern (Abb. 14,1)103. Ein doppelt gelochtes „Bein“artefakt aus dem schnurkeramischen Grab 1301 von Franzhausen II im Unteren Traisental  (A) wird als „Knochenglätter aus einem massiven Röhrenknochen“ angesprochen104. Eventuell könnte es sich um einen Gürtelhaken mit abgebrochenem Haken handeln; die Größe spricht nicht dagegen.

Die Außenseiten der Stücke lassen keine Reste ei-ner Perlung oder sonstigen Struktur des Geweihs erken-

nen. Daraus ist zu schließen, dass ihre gesamte Ober-fläche weitestgehend überschliffen worden ist und ihre ursprüngliche Farbe Weiß war. Dies ist vermutlich der Grund dafür, warum das Rohmaterial in vielen Fällen mit „Knochen“105 bzw. „Tierrippen“106 angegeben wird. Die Feststellung: „Die knöchernen Gürtelhaken aus Barca sind aus Geweih gefertigt“107 spricht für sich und mahnt im Hinblick auf Materialangaben anderer Ex-emplare zu gesunder Skepsis. Mit nicht geringer Wahr-scheinlichkeit dürfte es sich in allen Fällen um Hirsch-geweih handeln108.

Als Befestigungshilfen sind zwei technische Lö-sungen nachgewiesen: Lochung bzw. Kerbung des Schaf-tes. In aller Regel entschied man sich für eine exklusi-ve Lösung, nur zweimal ist eine Kombination belegt (Bergheim, Abb. 14,6; Brno-Starý Lískovec, Abb. 14,4). Es finden sich entweder ein, zwei, drei, vier oder sechs Lö-cher. Aus naheliegenden Gründen sind die Löcher im-mer symmetrisch zur Längsachse angebracht. Das Loch des Bergheimer Stabhakens und die Doppellochung an einem Stück aus Řivnáč (Abb. 14,18) befinden sich auf dieser Linie, wie auch das mittlere Loch am Exemplar aus Gródek Nadbużny (Abb. 14,5). Bei den restlichen doppelten Lochungen liegen die gegenständigen Löcher beidseitig der Längsachse, bei vierfacher oder sechs-facher Lochung bilden sie zwei oder drei Paare dieser Ausrichtung. Die Randkerbung fällt durchaus unter-schiedlich aus: sie schwankt zwischen flachen, weitmun-dig-geschwungenen Eintiefungen (Riekofen-Kellnerfeld, Abb. 14,3), kurzen V-förmigen Kerben (Mezölak-Szelme-zömajor, Abb. 14,9; Řivnáč, Abb. 14,19), breiteren Kerben mit U-, V- oder offenem-trapezförmigem Umriss (Berg-heim, Abb. 14,6; Ripač, Abb. 14,17), halbrunden, die an seitlich offene Löcher erinnern (Brno-Starý Lískovec, Abb. 14,4), sehr schmalen, tiefen mit V-förmiger oder ge-rader Basis (Ig, Abb. 14,13) und schließlich sehr breiten mit offen-trapezförmigem Umriss (Barca, Abb. 14,15). Einmal entsteht der Eindruck, als sei die Schaftinnen-seite durch zusätzlich querverlaufende Kerben wellen-artig strukturiert (Mezölak-Szelmezömajor, Abb. 14,9). Die Bearbeiterin erwähnt jedoch nur „acht dreieckige in die Ränder eingeschnittene Kerben“109. Das große

95 Hájek 1959, 297; Kilian-Dirlmeier 1975, 21.96 Vergleichbare Spuren „bei einem Riekofener Exemplar“ be-

schreiben Matuschik/Werner 1981/82, 53 Anm. 41.97 Kilian-Dirlmeier 1975, 12.98 Bill 1981, 241.99 Kilian-Dirlmeier 1975, 16–19.100 Kilian-Dirlmeier 1975, 17.101 Głosik 1958.102 Tillmann/Schröter 1997.103 Rieder 1999a.104 Neugebauer 1994, 31, Abb. 10, 5; 32.105 z. B. Medunová-Benešová/Vitula 1994, 25.106 z. B. Kilian-Dirlmeier 1975, 16.107 Hájek 1959, 296.108 In diesem Sinne auch Matuschik/Werner 1981/82, 52, Anm.

41.109 Kilian-Dirlmeier 1975, 16.

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Abb. 14. Gürtelhaken vomTyp Ig. 1 Gaimersheim‑Kreppenäcker; 2 Bylany Okrouhlik; 3 Riekofen‑Kellnerfeld; 4 Brno‑Starý Lískovec; 5 Gródek Nadbużny; 6 Bergheim; 7–8, 11 – 14. 16 Ig; 9 Mezölak‑Szelmezőmajor; 10 Lac de Chalain; 15 Barca; 17 Ripač; 18–19 Řivnáč. M. 1 : 2.

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Formenspektrum der Kerben spiegelt nichts anderes wi-der, als morphologisch unterschiedliche Ausprägungen letztlich eines einzigen Lösungsschemas und lässt sich nach Ansicht des Verf. nicht als chronologisches Merk-mal nutzen. Durch die Kerben wird der Längskanten- verlauf des Schaftes gebrochen. Sie bieten dadurch ein Widerlager für eine Schnurbindung. Sie sind im-mer zum Schaftende orientiert und erstrecken sich je nach Breite oder Anzahl maximal über zwei Drittel der Schaftlänge.

Die sehr breiten Kerben am Exemplar von Barca (Abb. 14,15) werden beidseitig durch eine Folge von kur-zen V-förmigen Kerben in Richtung Haken verlängert. Da sich völlig vergleichbare Kerben hinter dem Haken umlaufend am Ende des Stückes befinden, kann es sich dabei nicht um Befestigungshilfen handeln. Sie sind vielmehr als Verzierung zu interpretieren.

Die Kerben an zwei kürzeren Exemplaren (Ig, Abb. 14,13; Ripač, Abb. 14,16) sollen sekundär ange-bracht worden sein, nachdem die Schaftlochung ausge-brochen war, wie dies an einem anderen Exemplar aus Ig (Abb. 14,12) deutlich wird110.

Hervorzuheben sind zwei Stabhaken aus Ig (Abb. 14,11–12), bei denen die ehemalige Sprossenspitze zu einem halbkugeligen oder zwiebelförmigen Absatz als Zierelement ausgearbeitet wurde.

Abgesehen von den Exemplaren aus Gaimersheim und Barca (Abb. 14,1; 14,15), ist allen Stabhaken vom Typ Ig die Orientierung ihres Hakens zur konvex gebo-genen Seite der ehemaligen Geweihsprosse gemeinsam. Dies wird als günstig für die Trageweise interpretiert111.

In krassem Gegensatz dazu stehen breitschäftige Geweihobjekte aus der Schweiz, deren Haken an der konkav gebogenen Seite aus der Kompakta gearbeitet ist (hier „konkave Gürtelhaken“). Ein Halbfabrikat lässt erkennen, dass als Rohstück der mittlere Stangenab-schnitt mit dem Ansatz der Mittelsprosse diente112. Hin-sichtlich der Form und der Hakenposition vergleichbare Stücke aus „Knochen“ sind aus Oberitalien bekannt113. Der Bearbeiter der schweizerischen Stücke erwägt nicht nur für diese und die italienischen, sondern auch für die Exemplare vom Typ Ig eine Funktion als Speerschleuder. Dies ist auf jeden Fall methodisch fragwürdig, da Stab-haken vom Typ Ig u. a. eine diametral entgegengesetzte Orientierung des Hakens aufweisen114. In seiner Mono-graphie über Speerschleudern widerspricht U.  Stodiek erwartungsgemäß dieser Hypothese „vor allem wegen der lang ausgezogene[n] Haken, [die] für Speerschleu-der-Widerlager untypisch“ sind115.

Im Übrigen besteht für die Funde vom Lago di Ledro keine Veranlassung, deren Funktion als Gürtel-haken mit der Begründung zu bezweifeln, „die Haken [würden] für den Träger unbequem gegen seinen Kör-per drücken“116. Alle Stücke besitzen eine nur schwache Längswölbung und zwei der drei erhaltenen Haken ver-laufen sehr flach und parallel zur gegenüberliegenden Außenseite. Dass sie tatsächlich mit dem Haken nach innen befestigt wurden, wird durch ein Stück zwingend nahegelegt: Dort ist die der Hakenseite gegenüberlie-

gende konvexe Seite mit drei Zickzacklinien verziert und somit als Schauseite gearbeitet. Eine verzierte Schauseite findet sich auch an dem endneolithischen oder frühbronzezeitlichen Stück aus Meilen „Rohren-haab“117. Alles spricht dafür, dass es sich auch bei den Exemplaren aus der Schweiz um Gürtelhaken handelt. Die italienischen und schweizerischen konkaven Exem-plare wurden offensichtlich nicht aus Geweihsprossen angefertigt. Sie können deshalb nicht zum Typ  Ig ge-rechnet werden und finden hier keine weitere Berück-sichtigung.

Das Stück aus Okrouhlík bei Bylany wurde als An-gelhaken interpretiert118. Der Bearbeiter des Grabes von Gródek Nadbużny sieht in dem dortigen Gürtelhaken Parallelen zu Knüpfnadeln für Netze aus ethnographi-schem Zusammenhang119. Eine einfache Nachbildung hätte ihn schnell vom Gegenteil überzeugt. Das Bruch-stück eines Stabhakens vom Lac de Chalain (Abb. 14,10) wurde als Harpunenfragment angesprochen120.

Der in mancherlei Beziehung eigenwillige ver-zierte Gürtelhaken aus „dem Geweih eines Fahnenhir-sches oder Elches“ vom Altheimer Fundplatz Ergolding Fischergasse121 repräsentiert einen völlig anderen Typ. Er findet Parallelen in einem aus „Elchgehörn“ gefer-tigten Flussfund aus Kava in der Slowakei122 und einem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus einer vergleichbaren Geweihart bestehenden Stück aus Schneckenberg in Rumänien123. In die Reihe dieser Gürtelhaken mit seitlich weit ausladendem und „umge-schlagenem Hakenende“ würde sich auch das Halbfab-rikat aus Meilen „Schellen“ (CH) problemlos einfügen124.

Datierung und Verbreitung der Stabhaken vom Typ Ig

Alle Exemplare stammen sicher oder wahrscheinlich aus endneolithischen bis frühbronzezeitlichen Fund-stellen125. Sie bilden ein typologisch-technologisch ei-genständiges Ensemble im größeren Rahmen des sog. Gürtelplattenkreises der schnurkeramischen Kultur126.

Die Gürtelhaken sind über ein großes Gebiet ver-breitet. Zwischen dem westlichsten Fundort am Lac de Chalain und dem nordöstlichsten in Polen liegen ca. 1300 km (Luftlinie), zwischen dem südlichsten in Bos-nien und dem polnischen ca. 870 km. Ein Schwerpunkt deutet sich offensichtlich im Herzen Mitteleuropas in einer Region mit ca. 450 × 480 km Seitenlänge an. Von dort stammen 80 % (20 Exemplare) aller Gürtelhaken. In diesem Kerngebiet war allem Anschein nach das Tragen solcher Gürtelhaken geläufig. Dadurch wurden Überlegungen zum Import über teilweise große Entfer-nungen relativiert (s. u.). Nach dieser Verbreitung darf man besonders in der Tschechischen Republik, in der Westslowakei, in Westungarn und in Ostbayern mit wei-teren Funden rechnen. Zugleich fragt man sich, warum bislang kein einziges Exemplar aus Ost- und Zentral-österreich bekannt wurde.

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Rekonstruktionsversuch der Befestigung

Einzelheiten zu Form, Material und Machart schnur-keramischer Gürtel sind leider unbekannt. Für die Gürtelhaken dürfte aber feststehen, dass sie an einem bandartigen Gürtelkörper aus organischem Material an einem Ende dauerhaft befestigt waren und am an-deren Ende in eine dort vorhandene Schlaufe oder Öse, einen Schlitz oder ein Loch mit dem Haken eingehängt wurden. Vom Lago di Ledro ist ein 190 cm langer und 3 cm breiter Textilstreifen aus Leinen bekannt, bei dem es sich eventuell um einen Gürtel handelt könnte. Die wichtigsten Details sind einmal die aus einem Ende herausreichenden „mindestens etwa zehn, ca. 12 cm langen Fransen oder Kordeln, die jeweils aus mehreren Fäden gezwirnt sind“ sowie eine „am anderen Ende, das herumgeschlagen und festgenäht zu sein scheint, eben-falls ösenartig festgenähte Kordel“127. Wenn das Band als Gürtel verwendet worden ist, dann hätte es wegen seiner Länge mehrfach um die Hüften geschlungen wer-den müssen.

Gewisse konstruktive Details der Gürtelhaken er-lauben Aussagen zu deren Befestigung und führen da-mit eventuell zu weiteren Erkenntnissen über damalige Gürtel. So lässt sich z. B. für die gekerbten Stabhaken postulieren, dass aus Gründen der Haltbarkeit deren Schaftenden gewiss nicht in querverlaufende, schmale Schlitze am zugehörigen Gürtelende lediglich einge-schoben wurden. Grundsätzlich könnten alle Exempla-re entweder flexibel oder unbeweglich am Gürtel befes-tigt worden sein. Während eine flexible Befestigung nur vor dem Gürtelende erreicht wird, setzt eine unbewegli-che voraus, dass der Gürtelhaken entweder auf oder im Gürtelende fixiert wird. Eine Befestigung darauf ist ent-weder auf der Vorder- oder auf der Rückseite des Gür tel-endes möglich. Nur ein Gürtel mit einem zungenförmig doppelten Ende erlaubt eine Befestigung im Ende, d. h. zwischen den Zungen.

Selbstverständlich konnten die Gürtelhaken vom Typ Ig nur mit nach außen weisendem Haken ihre Funk-tion erfolgreich ausüben, d. h. sie mussten eine aufrech-te Position besessen haben. Dies wird jedoch durch die konvex gewölbte Außenseite der ehemaligen Sprosse, die Längswölbung und den ungünstigen Schwerpunkt infolge des nach außen gerichteten Hakens beeinträch-tigt. Offensichtlich versuchten die Hersteller diese Nach-teile dadurch auszugleichen, dass sie die Stabhaken mit zum Ende kontinuierlich breiter werdenden Schäften versahen. Diese charakteristische Schaftform hat somit weder herstellungstechnische Gründe noch hängt sie mit der Belastbarkeit der Stücke zusammen, sondern diente ausschließlich dazu, durch eine möglichst brei-te Auflagefläche die Objekte gegen seitliches Verkippen zu bewahren. Dabei liegt es auf der Hand, dass die an-gestrebte aufrechte Position durch die Wahl eines zwar biegsamen, zusätzlich aber recht festen, eventuell sogar schwach steifen Gürtelmateriales, begünstigt wird. Als Gürtelmaterialien bieten sich in erster Linie Leder oder Textilien an. Der große Vorteil von entsprechend ge-

gerbtem, festerem Leder besteht u. a. darin, dass es sich in Querrichtung weniger einrollt, als dies bei Textilien der Fall ist. Berücksichtigt man diese Eigenschaft von Leder und zugleich dessen große Zähigkeit, dann liegt die Verwendung von Lederstreifen als schnurkerami-schem Gürtelmaterial sehr nahe.

Aus der Stützfunktion der breiten Schaftenden er-gibt sich somit eine Befestigungsart, bei der die Objek-te nicht flexibel vor dem Gürtelende mit daran separat befestigten Schnüren oder mit aus dem Gürtelmaterial bestehenden, über das Gürtelende reichenden schnur-artigen Streifen aus Leder oder mit aus den Gürtelenden reichenden Litzen aus Textilien (möglicher Gürtel vom Lago di Ledro) befestigt waren. Vielmehr waren sie auf oder im Gürtelende weitgehend unbeweglich fixiert. Da eine Befestigung auf dem Gürtelende technisch einfa-cher und durchaus sicher ist, wird diejenige im Gürtel-ende nicht weiter berücksichtigt.

Die Frage, ob die Gürtelhaken auf der Vorder- oder der Rückseite des Gürtelendes angebracht waren, ist nicht endgültig zu entscheiden. Gegen eine Anbringung auf der Rückseite spricht die Überlegung, dass die Ob-jekte mit ihrer Schnurbindung über die Oberseite des Gürtels hervorstehen und dadurch den Tragekomfort eventuell beeinträchtigen könnten. Eine solche Beein-trächtigung wäre auf der Gürtelvorderseite nicht gege-ben. Deshalb wird diese Befestigungsart im Folgenden favorisiert.

Über die Gürtelbreite lässt sich allgemein keine Aussage treffen. Nicht auszuschließen ist, dass die Gür-tel erheblich breiter als die Gürtelhaken waren, zumal deren Befestigung in der Mitte des Gürtelendes von der Gürtelbreite prinzipiell unabhängig ist. Freilich hätten die dann nach oben und unten vorstehenden „Ecken“ des Gürtelendes beim Tragen eventuell stören können.

Die Befestigung der gelochten Exemplare ist wie folgt denkbar: Sie wurden mit dem Ende des Schaftes auf das Gürtelende gelegt, und zwar so, dass dieses das

110 Kilian-Dirlmeier 1975, 17, Nr. 10.111 z. B. Matuschik/Werner 1981/82, 52–53 Anm. 41.112 Bill 1981.113 Rageth 1974, 182–184.114 Bill 1981.115 Stodiek 1993, 101.116 Matuschik/Werner 1981/82, 53 Anm. 41.117 Bill 1981, 240, Abb. 1.118 Dvořák 1936–1938.119 Głosik 1958 (zit. nach Matuschik/Werner 1981/82, 53 Anm.

46).120 Billamboz 1977.121 Aitchison u. a. 1988, 47.122 Pichlerová 1968.123 z. B. Werner 1951.124 Bill 1981, 242, Abb. 3.125 Nähere Ausführungen bei Kilian-Dirlmeier 1975; Matuschik/

Werner 1981/82; Medunová-Benešová/Vitula 1994.126 Brendow 1977; vgl. jedoch Kilian-Dirlmeier 1975, 13 ff. zu

Gürtelplatten aus glockenbecherzeitlichen bzw. Aunjetitzer Gräbern.

127 Rageth 1974, 202; Taf. 121,1–3.

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am weitesten in Richtung Haken orientierte Loch oder Lochpaar mit einem gewissen Überstand überragte. An der so fixierten Position wurde das Gürtelende ent-sprechend der Lochzahl am Gürtelhaken durchbohrt. Die Objekte konnten dann mit einer durch die Löcher geschlungenen und verknoteten Textilschnur oder ei-nem Lederriemen befestigt werden. Alternativ könnte man annehmen, dass seitlich auf Höhe der Durch-lochungen am Objekt zusätzliche Löcher im Gürtel-ende angebracht wurden. Aus befestigungstechnischen Gründen ist dies jedoch nicht erforderlich. Einen Hin-weis auf die Dicke der verwendeten Bindeschnüre lie-fern die in der Literatur angegebenen oder aus den Zeichnungen ermittelten Lochdurchmesser der Stücke. Sie schwanken zwischen 5,5 mm (Brno-Starý Lískovec, Abb. 14,4) bzw. ca. 5 mm (Bergheim, Abb. 14,6) und ca. 2 mm (Ig, Abb. 14,11; 14,14).

Durch die Verschnürung konnte sich bei Stücken mit vier oder mehr Löchern ein dekoratives Kreuzmu-ster ergeben. Bei dickeren Schnüren aus Textilmate-rial oder Leder ist es denkbar, dass die Verknotung auf der Gürtelrückseite lag, um den ästhetischen Eindruck nicht zu stören. In diesen Fällen hätten die recht mas-siven Knoten jedoch den Tragekomfort beeinträchtigen können. Vielleicht wurden sie deshalb als dekoratives Element auf der Vorderseite in die Verschnürung ein-bezogen.

Analog zur Befestigung der gelochten Stabhaken muss man sich diejenige der nur gekerbten Exemplare vorstellen, wobei hier Löcher oder kurze Schlitze im Gürtelende auf Höhe der Kerben entsprechend deren Anzahl angebracht wurden. Die beiden besonders brei-ten Kerben am Exemplar aus Barca (Abb. 14,15) legen allerdings nahe, dass dort das Gürtelende auf Höhe der beiden Kerben jeweils mit mehreren Löchern oder kur-zen Schlitzen versehen wurde.

Eine Kerbung ist gegenüber einer Lochung natür-lich die einfachere Lösung, offensichtlich aber keines-falls die schlechtere, hätte doch eine Lochung jederzeit mühelos angebracht werden können. Vor diesem Hin-tergrund fragt man sich, warum zwei Exemplare eine Lochung und zusätzliche Kerben aufweisen.

Das Schaftende des Bergheimer Stückes besitzt mit 14 mm die geringste Breite aller Exemplare, was auf eine sehr dünne Sprosse als Rohstück schließen lässt. Notgedrungen konnte nur eine Lochung, allerdings mit auffallend großem Durchmesser, angebracht werden. Ein Loch am Gürtelende hätte durchaus die Befestigung des Stückes erlaubt: Nämlich indem die Schnur durch das Loch im Schaft und das darunterliegende im Leder geschlungen wurde. Vermutlich wurde sie dann mehr-fach diagonal gleichgerichtet, sowohl rechts und links des Schaftes vorbeigeführt und jedes Mal durch das Loch geschlungen. Schließlich wäre die Schnur auf der Vorder- oder Rückseite verknotet worden. Wegen der geringen Breite hätte aber bei selbst noch so fester Ver-knotung das Stück eventuell seitlich verschoben werden können. Die zusätzliche Anbringung der Kerben an der breitesten Stelle des Schaftes zwischen dem Loch und

dem Gürtelende erforderte lediglich zwei weitere Lö-cher an korrespondierenden seitlichen Positionen im Gürtelende. Nun war durch einfache, eher aber durch Kreuzwicklung, eine ergänzende Sicherung der aufrech-ten Position des Objektes möglich.

Die o. g. Begründung kann für das Stück aus Brno-Starý Lískovec (Abb. 14,4) nicht gelten. Sein breites Schaftende und das Lochpaar hätten eine aufrechte Po-sition und dauerhafte Befestigung gewährleistet. Diese wird durch die beiden ungekerbten Exemplare mit nur einem Lochpaar und gleichbreitem (Ig, Abb. 14,16) bzw. erheblich breiterem Schaft (Gaimersheim, Abb. 14,1) gestützt. Überlegungen und Beobachtungen bei der An-fertigung einer Gürtelnachbildung (s. u.) legen es nahe, dass die beiden halbrunden Kerben des Stückes von Brno-Starý Lískovec gewiss nicht lediglich als Hilfen für die Anbringung einer dekorativen Kreuzwicklung ge-dacht waren. Vielmehr erlauben sie die Rekonstruktion der Länge des ehemaligen Gürtelendes, das etwas über beide Kerben hinausreichte und dort zusätzlich durch eine Schnurbindung gesichert wurde.

I.  Kilian-Dirlmeier stellte seinerzeit zwei Befesti-gungsvarianten auf, eine gelochte und eine gekerbte128. Die beiden vorstehend beschriebenen Exemplare wären danach als dritte Variante zu betrachten.

Nachbildung eines Gürtels

Um einen Eindruck von Gürteln mit Gürtelschließe vom Typ Ig zu erhalten, fertigte Verf. eine naturgetreue Nachbildung eines Gürtelhakens nach dem Vorbild von Gródek Nadbużny (Abb. 14,5) an. Das Exemplar aus Gai-mersheim konnte noch nicht nachgebildet werden, da kein geeignetes Rohstück zur Verfügung stand.

Der Gürtelkörper besteht aus einem handels übli-chen, chromgegerbten, 35 mm breiten und 3 mm di-cken, recht steifen Lederstreifen. Aus befestigungstech-nischen Gründen steht fest, dass das Gürtelende über die Lochungen am Schaft hinausstehen muss. Die Länge des Überstandes ist jedoch unbekannt. Die drei Befes-tigungslöcher wurden versuchsweise 14 cm vor dem Ende angebracht, so dass der Haken über eine Länge von 8 cm auf dem Lederstreifen liegt und das Gürtelende zusätzlich 6 cm über das Hakenende frei hinaussteht. Dadurch besteht die Möglichkeit, das zweite Gürtelende mit der Einhängeschlaufe auf das freie Ende vor dem Gürtelhaken zu legen, wodurch optisch der Eindruck eines nicht unterbrochenen Gürtels entsteht.

Zur Befestigung wurde eine dünne Flachsschnur (Linum usitatissimum L.) dreimal doppelt und einmal ein-fach durch die Löcher geschlungen und die beiden En-den auf der Rückseite mehrfach verknotet. Der Knoten überragt die Rückseite um ca. 10 mm. Wegen der kon-kaven Schaftform des Stückes ist der Lederstreifen auf Höhe der beiden äußeren Löcher nach außen und oben gewölbt und liegt eng am Schaft an (Abb. 15,1). Die Bin-dung macht einen sehr soliden Eindruck, der Schaft ist

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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fest auf dem Leder fixiert, und das Artefakt lässt sich nur minimal in Querrichtung bewegen.

Vor dem anderen Gürtelende wurden in einem Abstand von 40 mm in Querrichtung zwei Löcher ange-bracht, durch die eine Einhängeschlaufe in Form eines schmalen Bandes aus sehr weichem, aber äußerst zä-hem fettgegerbtem Leder führt. Ihre Enden sind auf der Rückseite mit einem Doppelknoten gesichert, der die Oberfläche um ca. 5 mm überragt (Abb. 15,2).

Das Hakenende wird durch die Schlaufe geführt, wobei sich das schlaufenseitige Gürtelende zwischen den Gürtelhaken und das dort überstehende hakenseiti-ge Gürtelende schiebt (Abb. 15,3). Das Stück liegt mittig horizontal auf dem Lederstreifen und bildet einen apar-ten Kontrast zur schwarzbraunen Lederfarbe (Abb. 15,4).

128 Kilian-Dirlmeier 1975, 16.

Abb. 15: Nachbildung eines Gürtels mit Gürtelhaken vomTyp Ig. 1 Seitenansicht des Hakenendes; 2 Seitenansicht der Einhängschlaufe; 3 Seitenansicht des geschlossenen Gürtels; 4 Aufsicht auf den geschlossen, auf seiner Breitseite niedergelegten Gürtel. o. M.

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Ein weiterer Kontrast ergäbe sich bei der Verwendung farbiger Schnüre zur Befestigung des Schaftes und für die Einhängeschlaufe.

Der Gürtel wird nicht über einer Jacke getragen, sondern an Stelle eines modernen Gürtels eingeschlauft am Hosenbund. Der Knoten der Schaftbefestigung be-einträchtigt den Tragekomfort in keiner Weise. Auch verfängt sich die am Original leicht abgerundete Haken-spitze nicht an der Kleidung.

Überlegungen zur Fundlage des Gaimersheimer Stabhakens

Gürtel hielten nicht nur die Kleidung zusammen, son-dern dienten zugleich als Aufhängemöglichkeit von Be-hältnissen, zur Unterbringung diverser Gerätschaften, wie z. B. Beuteln für Feuerzeuge o. ä. oder Scheiden für Messer und Dolche129. Der Mann vom Hauslabjoch besaß einen raffiniert konstruierten Leibgurt aus Leder mit integrierter Tasche, der zum Raffen seines Oberkleides diente, da die Beinröhren separat mit Lederriemen am Gurt des Durchziehschurzes gesichert waren130.

Bereits aus mittel- und jüngerbandkeramischen Gräbern sind Objekte bekannt, deren Machart und Fundlage in unmittelbarer Nähe des Beckens zur Inter-pretation als Gürtelschließe führten. Diese sog. Spon-dylusgürtelklappen finden sich ausschließlich in Män-nergräbern und werden als männliches Statussymbol gewertet131. Bei den Toten in drei schnurkeramischen Gräbern handelt es sich ebenfalls um Männer, so dass sich auch für die schnurkeramischen Gürtelhaken eine Funktion als männliches Statussymbol aufdrängt.

Das Grab aus Gródek Nadbużny ist ungestört, und der Fund lag schräg in der Mitte des linken Unterschen-kels mit der Hakenseite nach oben. Der anatomische Zusammenhang des Skelettes im Bergheimer Grab ist stark gestört. Die herausragenden Beigaben bestehen in einem vor den Füßen liegenden Becher, einem Dolch und einem Gürtelhaken. Der Dolch wurde oberhalb der rechten Schulter, der Gürtelhaken rechts hinter dem Kopf in unmittelbarer Nähe der Grabgrubenwand lie-gend angetroffen132.

Der Gaimersheimer Fund lag – im Gegensatz z. B. zu den bandkeramischen Gürtelschließen – nicht in Beckennähe, sondern unmittelbar neben und parallel zum rechten Oberarm mit dem Haken nach unten in Kopfrichtung orientiert (vgl. Abb. 2,1–2). Die originäre Lage des Objektes gilt als gesichert. Hieraus folgt konse-quent, dass der am Leibgurt befestigte Gürtelhaken an dieser Stelle des Grabes zum Zeitpunkt der Bestattung intentionell niedergelegt worden sein muss. Die Fund-lage reflektiert somit „ein nachträgliches Niederlegen im Sinne einer rituellen Handlung“133. Eine erstaunli-che Parallele dazu findet sich im hallstattzeitlichen Be-stattungsritual. So stellt E. Sangmeister fest: „Daß man [dem Gürtel] eine besondere Bedeutung zumaß, geht da-raus hervor, daß er mehrfach nicht in Trachtlage gefun-

den wurde, sondern an einer anderen Stelle des Grabes deponiert war“134.

Wenn aber der Gürtel als wichtiger Bestandteil der Kleidung in der Gaimersheimer Bestattung bewusst se-parat deponiert wurde, dann muss es dafür einen beson-deren Grund gegeben haben. Hier bietet sich eine Über-legung an, die mit der Interpretation solcher Objekte als männlichem Statussymbol in ursächlicher Verbindung steht. Bis zum heutigen Tag ist die wichtigste Funktion von Statussymbolen ihre Signalwirkung auf andere In-dividuen. Die Wirkung äußert sich in offenen oder ver-deckten Reaktionen dieser Individuen auf das jeweilige Signal und verbindet sozusagen automatisch den Träger eines Statussymboles mit der dieser innewohnenden Be-deutung. Wichtigste Voraussetzung für diesen Vorgang ist die Möglichkeit, ein Statussymbol für jedermann sichtbar zu präsentieren135.

Hieraus ergibt sich als Trageweise schnurkerami-scher (und bandkeramischer) Gürtel nur diejenige über einem Oberkleid, denn nur dann war die Gürtelschließe als Statussymbol sichtbar. Dies führt zu zwei möglichen Erklärungen der Fundlage:

a) Der Gaimersheimer Mann wurde in seiner Alltags-kleidung bestattet. Allerdings hätte dann für die Ent-fernung des Gürtels – analog z. B. zu den bandkerami-schen Befunden – keinerlei Veranlassung bestanden. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass der Gürtelhaken an derselben Position wie zu Lebzeiten sichtbar gewe-sen wäre und auch am Toten letztmalig seine Funktion hätte ausüben können. Deshalb drängt sich bei der se-paraten Niederlegung des Gürtels regelrecht der Schluss einer ganz besonderen Bedeutung des daran befestigten Statussymboles auf. Diese muss derart herausragend ge-wesen sein, dass es zwingend erforderlich war, die zu Lebzeiten übliche Trageweise beim Bestattungsritual offensichtlich zugunsten einer von der Tracht losgelös-ten, eigenständigen Präsentation zu vernachlässigen. Dazu wird man alle am Gürtel befestigten Gegenstän-de, die Dolchscheide und den Dolch sowie den Beutel, abgenommen haben. Dann wird man den Gürtel in ur-sprünglicher Trageweise, d. h. geschlossen auf seiner Breitseite, mit dem Gürtelhaken nach oben deutlich sichtbar, deponiert haben, wie dies durch die Fundlage des Exemplars aus Gródek Nadbużny nahegelegt wird136. Man sollte annehmen, dass dies nur mit einem Gürtel aus weicherem Textilmaterial möglich ist, nicht aber mit einem aus festerem, eventuell sogar steifem Leder. Ein Versuch mit der modernen Gürtelnachbildung zeigt jedoch, dass auch ein solcher Gürtel problemlos auf sei-ne Breitseite gelegt werden kann und in der Seitenan-sicht einen ovalen Umriss mit zwei schlaufenartig hoch-stehenden Enden besitzt.

Im Gegensatz zu dem polnischen Befund liegt das Gaimersheimer Stück mit dem Haken nach unten. Es ist jedoch der einzige bekannte Gürtelhaken vom Typ Ig mit einer Verzierung auf der Oberseite (der Fund von Barca ist nur an den Längskanten kerbverziert), so dass man „sicherlich berechtigt [ist], die verzierte Seite auch

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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als „Schauseite“ zu begreifen“137. Überdies wird selbst den unverzierten bandkeramischen Gürtelklappen eine zusätzliche Schmuckfunktion zugebilligt138, was für das Gaimersheimer Stück erst recht gelten sollte. Deshalb ist anzunehmen, dass der Gaimersheimer Fund eben-falls mit der Schauseite nach oben niedergelegt worden ist. So dürften unabhängig vom ehemaligen Gürtelma-terial für die Fundlage des Gürtelhakens Verwesungs-vorgänge verantwortlich sein.

b) Der Mann trug nicht seine Alltagskleidung, sondern war entweder unbekleidet oder trug ein spezielles To-tenhemd. Gegen die unbekleidete Variante lassen sich nicht selten auftretende sog. Fransenketten und Mu-schelplättchen aus schnurkeramischen Gräbern an-führen, die offensichtlich auf der Oberkleidung appli-ziert waren139. Bei einem Totenhemd galt es vielleicht als tabu, den Gürtel daran wie bei der Alltagskleidung anzulegen oder an die gewohnte Position auf das To-tenhemd zu legen. Die Beigabensitte einer nachgerade genormten Männerausstattung machte es statt dessen erforderlich, dass der Gürtel zwar losgelöst von der ur-sprünglichen Position, aber wegen des daran befestigten Statussymboles nahe bei dem Toten und wiederum gut sichtbar, separat niedergelegt wurde.

Zu welcher Alternative man sich rational oder vom Ge-fühl geleitet entscheiden mag, steht dahin. Jedenfalls ist vor diesem Szenario die Fundlage des Gürtelhakens aus dem ebenfalls ungestörten Grab von Gródek Nadbużny zwanglos nachvollziehbar. Die Befundzeichnung des Bergheimer Grabes lässt die Störung des Skelettes deut-lich erkennen. Sie korrespondiert mit einer länglich ovalen Verfärbung im südöstlichen Viertel des Grabes, die bis zum Oberkörper und eventuell zum Beckenab-schnitt reicht. Form und Größe legen die Interpreta-tion als Grabgangspur eines größeren Wühltieres nahe. Grab raub ist auszuschließen, da die wichtigsten Grab-beigaben noch vorhanden sind.

Tatsächlich kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass die Fundlage der Objekte des Berghei-mer Grabes, des Bechers, vor allem aber des Dolches und des Gürtelhakens, im Wesentlichen deren Original-positionen zum Zeitpunkt der Bestattung widerspiegeln und das Grab an diesen Stellen ungestört ist. Dolch und Gürtelhaken liegen separat außerhalb der Störungs-zone und würden die hier vorgebrachte Interpretation zur Fundlage des Exemplars aus Gaimersheim ebenfalls stützen. In diesem Falle ließe sich die Position des auf einer Schmalseite liegenden Gürtelhakens entweder durch Verwesungsvorgänge erklären oder der Gürtel wurde bereits bei der Bestattung nicht auf seine Au-ßenseite, sondern auf eine Schmalseite gelegt. Letzteres erscheint naheliegender, zum einen, weil das Objekt un-verziert ist, zum anderen, weil es im Vergleich zu den Exemplaren aus Gródek Nadbużny und Gaimersheim den schmalsten Schaft besitzt und erheblich stärker in Längsrichtung gebogen ist. Schmiegt sich diese Biegung mehr oder weniger gut einer anatomisch vorgegebenen

Bauchwölbung bei angelegtem Gürtel an, so dürfte sie bei einer separaten Niederlegung des Gürtels auf dessen Außenseite eine angestrebte aufrechte Positionierung des Gürtelhakens behindert haben.

Die Zahl der Befunde mit nur drei Gräbern bietet gewiss keine statistisch sichere Basis. Aber selbst dann, wenn man eine ungestörte Fundlage des Bergheimer Gürtelhakens bezweifeln wollte, spricht die überein-stimmende Fundlage der beiden anderen Gürtelhaken für sich und verbietet deren Erklärung als Zufallspro-dukt. Unbeschadet beider Erklärungen deutet sich so-mit tendenziell für die Stabhaken vom Typ Ig eine spe-zielle Rolle im schnurkeramischen Bestattungsritual an und bestätigt die Feststellung, dass „Der angestammte Platz für die Deponierung der einzelnen Beigaben … ei-nem ganz bestimmten Kanon folgt“140. Diese Rolle steht in deutlichem Gegensatz nicht nur zu jener der band-keramischen Gürtelklappen141, sondern auch zu den in der Regel paarweise getragenen Objekten des „Gürtel-plattenkreises der Schnurkeramischen Kultur“142. Eine wünschenswerte Überprüfung der hier vorgetragenen Interpretation wird erst durch Funde weiterer schnur-keramischer Männergräber möglich sein.

Freilich ist man gut beraten, sich mit dem Gedan-ken vertraut zu machen, dass Geweihgürtelhaken vom Typ  Ig, entgegen der bisherigen Annahme, durchaus „im schnurkeramischen Milieu zu Hause sind“143.

Die Häufung der Stabhaken dieses Typs im Gebiet von Ig interpretiert I. Kilian-Dirlmeier als Hinweis auf ein lokales Produktionszentrum144. Was spricht aber dagegen, dass im Laibacher Moor lediglich besonders günstige Bedingungen für die Erhaltung der Artefak-te verantwortlich waren? A.  Medunová-Benešová und P.  Vitula betrachten nonchalant den Gürtelhaken aus Brno-Starý Lískovec als Importstück aus dem Gebiet von Laibach145. Dies wäre als wertsteigernder Faktor des Artefaktes anzusehen. Die mutmaßliche Funktion als Statussymbol der Exemplare aus Gräbern und ihre be-sondere Rolle im Bestattungsritus könnte durch einen möglichen Import untermauert werden.

Freilich muss dort, wie auch in Bayern, ein Im-port aus Slowenien nicht zwingend vorliegen. Dies legt

129 Egg/Spindler 1992, 50–56; Filip 1966; Götze 1926; Müller 1999.

130 Egg/Spindler 1992, 82, Abb. 33.131 Nieszery/Breinl 1993, 431.132 Tillmann/Schröter 1997.133 Kilian-Dirlmeier 1975, 13.134 Sangmeister 1994, 527.135 Sørensen 1997 mit weiterer Literatur.136 Głosik 1958.137 Kilian-Dirlmeier 1975, 25.138 Nieszery/Breinl 1993.139 Fischer 1956.140 Häusler 1992, 344; in diesem Sinne auch Treherne 1995.141 Nieszery/Breinl 1993.142 Matuschik/Werner 1981/82.143 Tillmann/Schröter 1997, 57.144 Kilian-Dirlmeier 1975, 19.145 Medunová-Benešová/Vitula 1994, 30.

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Abb. 16. Gaimersheim, Lkr. Eichstätt. Dolchklinge Obj. 1‑8. M. 1 : 1.

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bereits ein Blick auf die Verbreitung nahe. Außerdem ist der Mann aus Gaimersheim durch Beigaben von Spe-zialgeräten zur Feuersteinbearbeitung und gebrauchs-fertigen, qualitativ höchstwertigen Silexartefakten als handwerklich versierter Fachmann ausgewiesen. Des-halb sollte er prinzipiell qualifiziert gewesen sein, ei-nen solchen Gürtelhaken auch selbst herzustellen. Dies gilt selbstverständlich ebenfalls für die Träger der bei-den unverzierten und überdies auch von der sonstigen Machart schlichten Stücke aus Bergheim und Riekofen-Kellnerfeld.

DolchklingeDie Länge einer separat gelegenen Dolchklinge (Obj. 1-8; Abb. 16) beträgt 182 mm, die Breite 51 mm, die Dicke 10 mm bei einem Gewicht von 92 g. Das Stück ist da-mit noch länger als ein Fund aus Langerringen, Lkr. Augsburg und somit die größte z. Zt. bekannte Dolch-klinge „aus dem bayerischen Alpenvorland“146. Es ist davon auszugehen, dass es ursprünglich in einem Handgriff aus organischem Material (Holz/Birkenpech) als Kompositgerät geschäftet war147. Als Indiz einer sol-chen Schäftung könnte der unregelmäßige Verlauf der rechten Längskante gewertet werden. Ihre sehr gleich-mäßig konvexe Wölbung verändert sich ca. 45 mm vor dem Proximalende deutlich und zieht von da mit schwacher Neigung in Richtung des Griffendes. Termi-nologisch genau genommen handelt es sich also nicht um einen „Dolch“, sondern um eine Dolchklinge. Das äußerste Spitzenende ist über eine Länge von maximal 2 mm abgebrochen. Ob dies eine antike oder eine bei der Bergung entstandene Beschädigung ist, kann nicht entschieden werden. Die Funktion wird dadurch nicht beeinträchtigt.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich-keit wurde das Stück in einem ersten Arbeitsgang in direkter weicher Schlagtechnik beidseitig in der Dicke reduziert und zugleich weitgehend in Form gebracht. Hiervon zeugen Reste großer, weit auf beide Flächen verlaufender gekappter Negative. Anschließend wurde das Stück zuerst auf der Ventralfläche randlich weitge-hend in Drucktechnik überarbeitet. Als letzter Arbeits-schritt wurde die Dorsalfläche randlich in Drucktechnik zugerichtet, wobei die ventralen Zurichtungsnegative gekappt wurden.

Im unteren Viertel der Ventralfläche befinden sich zwei kleine, unregelmäßige Oberflächenpartien; hier handelt es sich nicht um Hitzekrakelee, sondern um na-türliche Sprungflächen im Gestein, die bei der initialen Zurichtung in Schlagtechnik freigelegt wurden.

Am äußersten Proximalende ist die Kante mini-mal zerrüttet und verrundet. Bei diesen Spuren kann es sich aber nicht um solche vom Feuerschlagen handeln. Denn zum einen ist an dieser Stelle der Dolchklinge eine Schäftung vorauszusetzen, so dass ein Kontakt zwischen der Kante und einem Schwefelkiesstück unmöglich war, zum anderen ist ein Feuerschlagstein separat nachge-wiesen. Deshalb werden die Verrundungsspuren als Herstellungsspuren (z. B. „egde abrading“) interpretiert.

Hiervon abgesehen, sind beide Längskanten umlaufend scharf. Tatsächlich könnte das Stück „fabrikneu“ sein, wie dies auch für die Dolchklinge aus dem Grab von Bergheim148 oder für diejenige aus Oberhaunstadt ver-mutet wird149. Dagegen muss auch nicht der unsymme-trische Verlauf des Mittelabschnittes der linken Längs-kante sprechen, den man eventuell als Hinweis auf eine Nachschärfung interpretieren könnte. Er könnte ebenso gut indirekt auf technische Probleme bei der Herstel-lung deuten, z. B. in Form von (auf der Ventralfläche nachgewiesenen) natürlichen Sprungflächen, die hier freigelegt wurden und die Anlage eines ursprünglich geplanten spiegelbildlich regelmäßigen Verlaufes dieser Kante behinderten.

Auf beiden Breitseiten finden sich nur sehr weni-ge step- oder hingefractures, die überdies alle sehr flach ausfallen und zu vernachlässigen sind.

Das Stück vermittelt einen eleganten Eindruck, was durch das Breiten-/Dickenverhältnis von 5 : 1 zusätz-lich akzentuiert wird150. Insgesamt lässt diese Dolch-klinge auf eine virtuose Beherrschung der Bearbeitungs-techniken durch ihren Hersteller schließen. Sie steht gleichberechtigt neben den Pfeilspitzen und bildet mit diesen ein qualitativ ausgesprochen hochwertiges En-semble.

Interpretation

Die Dolchklinge wurde oberhalb des linken Ellenbogen-gelenkes querliegend gefunden, wobei die Spitze in Brustrichtung wies. Eine interessante Parallele findet sich in der schnurkeramischen Mehrfachbestattung von Kösching; hier lag die Dolchklinge parallel am unteren rechten Oberarm mit der Spitze in Richtung der Hand151. Auch in diesem Falle ist eine spätere Verlagerung aus-zuschließen, da Störungen der Bestattung nicht beob-achtet wurden. Für das Exemplar aus Kösching wird angenommen, dass es sich, „sofern der Dolch nicht erst im Verlauf des Begräbnisses an diese Stelle gelegt wur-de“, um einen sog. Armdolch handele152. Ethnographi-sche Beispiele für Armdolche sind aus Afrika in großer Zahl bekannt153. Diese Trageweise ist nur dann sinnvoll, wenn die Dolche direkt am nackten Oberarm befestigt getragen werden. Es kann somit nicht wundern, dass Armdolche aus Regionen mit einem regelhaft heißen Klima nachgewiesen sind, dass zwangsläufig nur eine minimale Bekleidung erforderte.

146 Tillmann/Schröter 1997, 57.147 Weiner 1999 mit weiterführender Literatur.148 Tillmann/Schröter 1997.149 Tillmann 1989, 10–11.150 Callahan 1979.151 Tillmann/Rieder 1992; Tillmann 1996.152 Tillmann/Rieder 1992, 45; sinngemäß auch Tillmann 1996,

364.153 Lagercrantz 1937.

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Vor diesem Hintergrund fragt man sich, ob eine Übertragung der ethnographischen Parallele in dieser linearen Form auf schnurkeramische Verhältnisse statt-haft ist. Zwar scheint im dritten Jahrtausend in Europa allgemein ein trockenes und warmes Klima vorherr-schend gewesen zu sein154. Allerdings reichte es aber vermutlich nicht an schwarzafrikanische Klimaverhält-nisse heran.

Einen indirekten Hinweis auf die Kleidung des Mannes aus Gaimersheim liefert der Gürtelhaken. Er spricht für die Kenntnis und Verwendung von Gürteln, die, wie oben dargelegt, über einem Oberkleid getragen wurden. Neben vorauszusetzenden Beinkleidern wird man von der Existenz schnurkeramischer, „hemdartiger Jacken“ aus Leder oder Stoff als zweckmäßiger Ganz-tagskleidung der Männer auszugehen haben. Darauf weisen Schmuckstücke z. B. aus Schweinehauern oder Hundezähnen hin, die als Besatz der Kleidung interpre-tiert werden155. Hinweise auf die Form eines Oberkleides liefert ein Tonidol aus dem Laibacher Moor, wobei nicht klar ist, ob es sich um Frauen- oder Männerkleidung handelt156.

Freilich steht nicht fest, ob eine solche Jacke lang-ärmelig oder ärmellos war. Es ist aber dieses Detail, das über eine mögliche Trageweise des Gaimersheimer Ar-tefaktes als Armdolch entscheiden würde. Nur eine är-mellose Jacke würde dies gestatten und dann die Inter-pretation des Toten aus dem Grab von Kösching wegen des am rechten Oberarm gefundenen „Armdolches“ als „Linkshänder“ konsequent nahelegen157. Dagegen wäre die Trageweise über einer langärmeligen Jacke ausge-sprochen störend, da der Dolch jeweils hätte abgenom-men werden müssen, bevor das Kleidungsstück hätte ausgezogen werden können. Selbstverständlich ist aus naheliegenden Gründen eine Trageweise als Armdolch unter einer langärmeligen Jacke auszuschließen.

Das Oberkleid des Tonidoles aus dem Laibacher Moor ist allem Anschein nach langärmelig. Dagegen hat dasjenige des Mannes vom Hauslabjoch sehr wahr-scheinlich keine Ärmel besessen158, und es hätte deshalb die Trageweise des Messers als Armdolch erlaubt. Frei-lich besitzt die Dolchscheide am oberen Ende seitlich separat angebracht eine kleine Befestigungsöse aus Leder159, die zwingend nahelegt, dass der Dolch in der Scheide nicht am Arm, sondern wahrscheinlich am Gür-tel getragen wurde.

Und so spricht alles für die Annahme, dass auch der Gaimersheimer Dolch in einer Scheide aufbewahrt und so dem Toten mitgegeben wurde. Dabei liegt nahe, dass der Mann seinen Dolch, wie Jahrhunderte zuvor und Jahrtausende danach traditionell für die Männer-welt belegt, zu Lebzeiten ebenfalls am Gürtel mit sich geführt hat. Einen in diese Richtung weisenden Befund – eine Dolchklinge aus Kupfer neben der linken Becken-schaufel mit der Griffzunge zum Körper zeigend – lie-fert z. B. ein Grab der Glockenbecherkultur aus Stedten, Kreis Eisleben160. Freilich gibt es auch Grabbefunde dieser Zeit, deren Dolchklingen eine andere Fundlage aufweisen. Einen weiteren indirekten Beleg für diese

Trageweise liefert der bekannte Dolch aus Wiepenka-then. Mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit wurde hier die Scheide mit dem Flintdolch mit Hilfe einer um den Gürtel geschlungenen langen Lederschlaufe an diesem befestigt161.

Dürfte somit eine eventuell anzunehmende Tra-geweise als Armdolch nicht zutreffen, so erfordert die Fundlage der Exemplare aus Gaimersheim und Kö-sching eine andere Interpretation. Hier gelten analog die für den Gürtelhaken vorgetragenen Erklärungen. Man wird kaum in der Annahme fehlgehen, dass Dol-chen als exklusiven Männerbeigaben mindestens die gleiche Wertschätzung als Statussymbol zukam wie den Gürtelhaken. Deshalb war es bei der Bestattung von großer Bedeutung, dass auch der Dolch möglichst gut sichtbar in der Nähe des Toten niedergelegt wurde. Dies konnte nur geschehen, nachdem das Ensemble „Gürtel/Scheide mit Dolch/Beutel“ voneinander getrennt wurde und dadurch seine ursprüngliche Funktion und damit Position verlor. Auch hierzu findet sich eine bemerkens-werte Parallele in der Hallstattzeit, wonach „der Dolch üblicherweise nicht in Trachtlage beigegeben wurde, sondern erst bei den Beisetzungsfeierlichkeiten im Grab raum deponiert wurde“162.

Eventuell besaßen Dolche wegen des praktischen Gebrauchswertes als Alltagsmesser sogar einen noch höheren Rang als die Gürtelhaken. Die zweimal nach-gewiesene Deponierung über den Oberarmen, d. h. un-mittelbar am Körper, ist jedoch keine zwingende Bestä-tigung dieser Vermutung, denn im Grab von Bergheim lag die im Übrigen als qualitativ sehr hochwertig be-schriebene Dolchklinge oberhalb der rechten Schulter.

Lässt sich die Hypothese der Trageweise als Arm-dolch nicht aufrechterhalten, so könnte die Fund lage der Dolchklingen aus Kösching und Gaimersheim viel-leicht auf deren ehemalige Position am Gürtel hin-weisen. Im Falle von Kösching an der rechten, für das Gaimersheimer Stück an der linken Hüfte. Aber selbst diese hypothetische Trageweise erlaubte keinen Schluss auf eine Links- oder Rechtshändigkeit der Toten. Beob-achtungen des Verf. zeigen, dass auch heute Messer in Scheiden an der rechten oder linken Gürtelseite getra-gen werden, unabhängig von der Händigkeit ihrer Ei-gentümer.

Überlegungen zur Frage einer Spezialisierung

Das Artefaktensemble repräsentiert eine ausgespro-chen breitgefächerte Palette unterschiedlichster Tätig-keiten. Jeder weitergehenden Interpretation liegt die stillschweigende Annahme folgender Relation zugrun-de: Beigaben R persönliche Ausstattung R Aussagen zu technisch-praktischen Fähigkeiten und zur sozioökono-mischen Situation (Status) der Bestatteten.

Ist dies auch durchaus naheliegend, so fragt man sich doch, ob es berechtigt ist, hieraus auf eine Speziali-sierung der Bestatteten zu schließen163, einen Bestatteten

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

61

darüber hinaus in den Rang eines Künstlers zu erhe-ben164 oder eine nachgewiesene Tätigkeit als ehemals ausgeübten Beruf zu betrachten165.

Vermutlich sah sich M. Seitz mit derselben Frage konfrontiert und kam deshalb für das bekannte band-keramische Grab vom Viesenhäuser Hof bei Stuttgart zu dem Ergebnis, dass „Ein Rückschluß von den beigege-benen Gerätschaften auf eine hauptsächlich ausgeübte Tätigkeit … meines Erachtens durch das etwas unge-wöhnliche Inventar zwar verlockend, aber nicht beleg-bar“ ist. Somit kommt der Autor zur abschließenden Feststellung: „Die im Grab faßbare Beigabenausstattung würde ich als einen Teil der gewöhnlichen, allgemein gebräuchlichen Werkzeuge eines bandkeramischen Bauern sehen, der durch sein relativ hohes Alter mit 40–50  Jahren und die dadurch bedingte Erfahrung in vielen Bereichen ein gewisses Ansehen in seiner Ge-meinschaft hatte, und dem daher eine vergleichsweise umfangreiche Ausstattung ins Grab gegeben wurde“166.

Überträgt man diese Sichtweise auf die Männerbeigaben des Gaimersheimer Grabes, dann würde sich folgendes Bild ergeben:

Im Vorgriff auf eine noch ausstehende anthropo-logische Altersbestimmung dürfte es sich bei dem To-ten, analog zu gut ausgestatteten endneolithischen Männergräbern, um einen erwachsenen älteren Mann handeln. Dieses Individuum war zwar in der Lage, Silex-geräte herzustellen, muss aber nicht auf Silexbearbei-tung spezialisiert gewesen sein. In der besonders hohen Qualität der Pfeilspitzen und des Dolches fände sich der Tote lediglich als ein auf diesem Gebiet versierter und geschickter Handwerker wieder. Gegen eine Spezialisie-rung spricht im Übrigen auch eine Beobachtung, die mit der feinen Zähnung mancher Pfeilspitzen und der mut-maßlichen Verwendung eines Druckstabes mit Kupfer-einsatz zusammenhängt. Als Spezialist hätte der Mann vermutlich auch einen solchen Druckstab besessen, und man dürfte ihn im Beutel erwarten. Ein solches Artefakt fehlt jedoch unter den Beigaben. So ist denkbar, dass der Mann sich im Bedarfsfalle, etwa bei einem Nachbarn, ein derartiges Werkzeug ausgeliehen hat.

Auch der Mann vom Hauslabjoch führte einen geschäfteten Druckstab mit einem pfriemartigen Ein-satz aus einem Hirschgeweihspan in seiner Ausrüstung mit sich167. Hieraus auf einen Spezialisten zu schließen, wäre absurd. Das Werkzeug ist lediglich ein Beleg für seine Fähigkeit, Pfeilspitzen des mitgeführten Typs herzustellen und zu reparieren und seinen Dolch bei Bedarf nachzuschärfen. Druckstäbe und Zwischenstü-cke („punches“) aus Geweih sind bereits aus dem Me-solithikum168, hauptsächlich aber aus dem Neolithikum bekannt und wegen der schlechten Erhaltungsbedin-gungen auf mineralischen Verwitterungsböden sicher unterrepräsentiert169.

Um jedenfalls eine grundlegende Voraussetzung für eine Spezialisierung zu erfüllen, hätte die schnur-keramische Gemeinschaft in der Lage sein müssen, den Mann „zumindest zeitweise aus den Produktions-

prozessen der Subsistenzwirtschaft ausgliedern [zu] können“170, was nicht belegbar ist. Es gibt auch keinen Grund für die Annahme, dass der Mann „hauptberuflich Steinschläger“ war. Denn was spricht ernsthaft gegen die Annahme, dass er z. B. eine besondere, einem Hob-by gleichkommende Vorliebe für die Silexbearbeitung hatte und ihm deshalb seine Druckstäbe mitgegeben wurden? Schließlich würde der eventuelle Versuch, die herausragende Qualität bestimmter Silexartefakte als Rechtfertigung zur Designierung des Toten als „Künst-ler“ heranzuziehen, nur die Unkenntnis des Designators auf dem Gebiet der Steinbearbeitung signalisieren.

Überlegungen zur sozioökonomischen Situation der Bestatteten

Aus dem vermutlich höheren Sterbealter ließe sich zwanglos nicht nur auf eine entsprechend große Le-benserfahrung, sondern eventuell auch auf eine mate-riell herausgehobene Position schließen. Als Indiz dafür könnten die Pfeilspitzen und die Dolchklinge gelten, aber nur dann, wenn sie nicht von dem Toten selbst her-gestellt, sondern erworben worden wären. Die Druck-stäbe scheinen indes gegen einen Erwerb zu deuten. Auf eine eher durchschnittliche materielle Lage deutet ein fehlender Druckstab mit Kupfereinsatz. Der Gürtel-haken würde eventuell dann auf einen gewissen „Reich-tum“ hindeuten, wenn er importiert wäre. Dies ist al-lerdings nicht zu belegen. Der mitgegebene Becher lässt sich keinesfalls in dieser Richtung interpretieren, wie die regelhafte Keramikbeigabe in schnurkeramischen Gräbern lehrt. Tatsächlich wäre der Mann aus Gaimers-heim im Vergleich zu seinem Leidensgenossen aus dem mit vier Gefäßen auffallend ausgestatteten Grab von Gródek Nadbużny sogar als materiell weniger gut ge-stellt anzusehen. Es sei denn, das polnische Grab datiert in einen entwickelten Abschnitt der schnurkeramischen

154 Jäger 1989.155 Fischer 1956; Teichert 1966.156 Banck 1998.157 Tillmann/Rieder 1992, 45; Tillmann 1996, 365.158 Egg/Spindler 1992, 82.159 Egg/Spindler 1992, 61.160 Matthias 1964, Abb. 1.161 Cassau 1935, Abb. 9.162 Sangmeister 1994, 532.163 z. B. Kórek 1986; Lech 1980; Lech/Leligdowicz 1998.164 Kórek 1986.165 Schmotz 1992.166 Seitz 1987, 21 f.167 Egg/Spindler 1992, 62–65.168 z. B. Larsson 1984.169 z. B. Böhm/Schmotz 1991; Callahan 1999; Fiedler 1979; Kei-

ling 1982; Lech 1980; Matuschik/Werner 1981/82; Matthias 1964; Niederlender u. a. 1966; Schibler 1995a; Schuldt 1963; Seitz 1987; Spatz 1999.

170 Zimmermann 1998, 150.

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Kultur, für den umfangreichere Keramikbeigaben ty-pisch sind171.

Wie die Todesursache beider Bestatteten, ist lei-der auch das Verhältnis des Mannes zur mit bestatteten Frau unbekannt. Die Verschränkung der Beine beider Toten dürfte aber als Indiz eines innigen Verhältnisses zu Lebzeiten beider gewertet werden und die Tote als die Lebenspartnerin des Mannes nahelegen. Wäre sie indes seine Sklavin gewesen, was übrigens ein inniges Verhältnis beider nicht ausschließen muss, könnte dies für eine materiell herausgehobene Position des Mannes sprechen. Auch diese Hypothese muss offen bleiben.

Verlässt man solch hypothetisch-spekulative Posi-tionen und kehrt man auf den soliden Boden der Grab-beigaben und ihrer Konfiguration zurück, dann arron-diert sich eine ökonomische Situation des Mannes, die kaum dazu angetan ist, den Toten als besonders vermö-gend zu bezeichnen.

Für eine Beurteilung der sozialen Position beider Bestatteten bieten sich drei Indizien an: Die ungleiche Menge der Beigaben, ihre geschlechtsspezifische Vertei-lung sowie der Dolch und der Gürtelhaken.

Im krassen Missverhältnis der Beigaben manifes-tiert sich eine offensichtliche Differenzierung der Ge-schlechter, ein für die schnurkeramische Kultur geläu-figes Phänomen. Diese „rituelle Polarisierung zwischen Männern und Frauen“ wird „natürlich [als] Ausdruck einer solchen auch im Alltag der Gemeinschaft“ gewer-tet172. Danach scheint der Mann eine sozial markantere Stellung in der damaligen Gesellschaft eingenommen zu haben als seine Frau.

Herausragende Indikatoren dieser Polarisierung sind der Dolch und der Gürtelhaken. Beide werden über eine rein praktische Funktion hinaus auch eine solche als Statussymbol besessen haben, vermutlich als sicht-bare Zeichen einer Gruppenzugehörigkeit. Ob sich eine solche Gruppe nur aus erwachsenen Männern rekrutier-te oder solchen, die sich durch bestimmte Erfahrungen und Kenntnisse oder sonstige Leistungen auszeichneten, ist unbekannt173. Vergleichbare Überlegungen werden bei der Beschreibung der Grabbeigaben eines Jugendli-chen aus einem schnurkeramischen Grab von Bergheim angestellt174.

Jürgen Weiner

Katalog

Liste 1: Schnurkeramische Bestattungen in der Region Ingolstadt

1 Kösching, Lkr. Eichstätt„In Ter Park“ (gef. 1992). Vierfachbestattung.Lit.: Tillmann/Rieder 1992; Tillmann 1995; Tillmann 1996; Schröter 1996; Endlicher 1996; BVbl. Beih. 8, Fundchronik für das Jahr 1992 (München 1995) 39; Jahrb. Bayer. Denkmalpfl. 45/46, 1991/1992 (Berlin, München 1999) 708.

2 Bergheim, Lkr. Neuburg-Schrobenhausen„Neuer Friedhof“ (gef. 1994). Einzelbestattung.Lit.: Tillmann 1995; Tillmann 1996; Schröter 1996; BVbl. Beih. 10, Fundchronik für das Jahr 1994 (München 1997), 20; Jahrb. Bayer. Denkmalpfl. 47/48, 1993/1994 (Berlin, München 2001) 701.

3 Großmehring, Lkr. EichstättBaugebiet „Ost I“ (gef. 1995 u. 1996). Zwei Einzelbestat-tungen.Lit.: Tillmann/Schröter 1995; BVbl. Beih. 11, Fundchro-nik für das Jahr 1995 (München 1998), 18 f.; BVbl. Beih. 12, Fundchronik für das Jahr 1996 (München 1999) 20.

4 Etting, Lkr. Ingolstadt„Audi-Windkanal“ (gef. 1996). Einzelbestattung.Lit.: BVbl. Beih. 12, Fundchronik für das Jahr 1996 (München 1999) 22 (fälschlich als Bestattung der Band-keramik bezeichnet).

5 Etting, Lkr. Ingolstadt„Audi-Neue Lackiererei“ (gef. 1996). Einzelbestattung.Lit.: BVbl. Beih. 12, Fundchronik für das Jahr 1996 (Mün-chen 1999) 22.

6 Kinding, Lkr. Eichstätt„ICE-Trasse“ (gef. 1996). Zwei (?) Einzelbestattungen.Lit.: BVbl. Beih. 12, Fundchronik für das Jahr 1996 (Mün-chen 1999) 23.

7 Bergheim, Lkr. Neuburg-SchrobenhausenBaugebiet „Westring“ (gef. 1997). Einzelbestattung.Lit.: Tillmann/Schröter 1997; BVbl. Beih. 13, Fundchro-nik für das Jahr 1997 (München 2000) 19.

8 Gaimersheim, Lkr. EichstättBaugebiet „Kreppenäcker“ (gef. 1998). Doppelbestattung.Lit.: BVbl. Beih. 14, Fundchronik für das Jahr 1998 (Mün-chen 2001) 38.

9 Eitensheim, Lkr. Eichstätt„Umgehung B 13“ (gef. 1999). Befund: Zwei Einzelbestat-tungen.Lit.: BVbl. Beih. 15, Fundchronik für das Jahr 1999 (Mün-chen 2002) 31, hier werden zwei schnurkeramische Kör-pergräber (Hocker) angezeigt, eines davon beigabenlos.

171 Häusler 1983,22.172 Häusler 1983, 25.173 Sørensen 1997.174 Tillmann 1995; zu derartigen Überlegungen im Zusammen-

hang mit hallstattzeitlichen Gürteln, Lanzen und Dolchen vgl. Sangmeister 1994.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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10 IngolstadtFundstelle: „GVZ Halle  H“ (gef. 1999). Gräberfeld mit mindestens sechs Bestattungen.Lit.: Rieder 2000; BVbl. Beih. 15, Fundchronik für das Jahr 1999 (München 2002) 35 (dort fälschlich unter der Ortsangabe Ingolstadt/Etting).

11 Enkering, Lkr. Eichstätt„ICE-Baufeld“ (gef. 1999). Doppelbestattung.Lit.: BVbl. Beih. 15, Fundchronik für das Jahr 1999 (Mün-chen 2002) 114.

12 Etting, Lkr. Ingolstadt„Audi-P12“ (gef. 1999). „Gräber des Endneolithikums“.Lit.: BVbl. Beih. 15, Fundchronik für das Jahr 1999 (München 2002) 94 (hier wird ein[!] endneolithisches Hockergrab mit zwei stark fragmentierten Gefäßen ge- nannt).

13 Etting, Lkr. Ingolstadt„Audi-P10“ (gef. 2000). „Endneolithische Gräber“.Lit.: Übersicht zu den Grabungen und Fundplätzen des Jahres 2000 in: Arch. Jahr Bayern 2000, 171. – Hier werden „endneolithische Gräber“ genannt. Tatsächlich dürfte es sich jedoch nur um ein einzelnes Grab gehan-delt haben, welches in der Fundchronik für das Jahr 2000 angezeigt wird; siehe auch: BVbl. Beih. 16, Fund-chronik für das Jahr 2000 (München 2004) 6. Es ist die Rede von einem „geosteten Hockergrab“, das als Beiga-be eine Silexklinge besaß. Diese Angabe entspricht den Grabungsdokumentationen.

14 Etting, Lkr. Ingolstadt„Audi-P10“ (gef. 2001). Zwei Einzelbestattungen.Lit.: Im Jahr 2001 wurde bei den Untersuchungen auf dem Audi-Werksgelände in Ingolstadt-Etting Audi-P10 eine SO-NW-orientierte Hockerbestattung dokumen-tiert, die als Beigabe eine Silexklinge sowie ein mögli-ches Knochenartefakt bei sich hatte. Ein zweites, sehr stark zerstörtes „Kindergrab“ besaß keine Beigaben. Die Grabgrube war ebenfalls O-W-orientiert. Die Angaben wurden den Grabungsunterlagen des BLfD, Dienststelle Ingolstadt entnommen.

15 Etting, Lkr. Ingolstadt„Audi-P10“ (gef. 2002). Hockerbestattungen.Lit.: Winghart 2002; Winghart 2003; BVbl. Beih. 17, Fundchronik für die Jahre 2001/2002 (München 2005) 3 f. – Aus den Angaben ist nicht klar ersichtlich, ob die vier Hockerbestattungen im Umfeld des Chamer Erd-werkes neue Entdeckungen des Jahres 2002 sind oder ob es sich um eine Zusammenfassung von schon in den Jahren zuvor gemachten Grabfunden handelt (s. o.). Nach den Grabungsunterlagen wurden im Jahr 2002 auf der genannten Grabungsfläche keine Bestattungen an-getroffen. In den o. g. Beiträgen zu den „vier Hockerbe-stattungen“ werden diese als N-S-orientiert bezeichnet, was den Befunden so nicht entspricht. Ferner wird darin auch erwogen, ob es sich bei diesen Bestattungen nicht

um „die bisher unbekannte Bestattungsform der Cha-mer Gruppe handelt.“

16 Oberdünzing, Gde. Vohburg a. d. Donau, Lkr. Pfaf-fenhofen a. d. IlmBaugebiet „Stein- und Ziegelfeldstraße“ (gef. 2007). Zwei Körpergräber (wahrscheinlich sogar vier Bestattungen).Lit.: Übersicht zu den Grabungen und Fundplätzen des Jahres 2007 in: Arch. Jahr Bayern 2007, 171, dort als „vorgeschichtliche Siedlungsfunde und Gräber“ ange-sprochen. Der Hinweis auf die schnurkeramische Datie-rung der Gräber ist D. Meixner (Ingolstadt) zu verdan-ken.

17 Egweil, Lkr. EichstättEPS-Pipeline-Trasse (gef. 2008). Einzelbestattung.Lit.: Rieder 2008. Karl Heinz Rieder

Liste 2: Gürtelhaken vom Typ Ig

1 Ripač bei Bihač, Bosnien-Herzegowina (Abb. 14,17)Siedlungsfund. Endneolithikum.L. 90 mm. Am Schaftende gebrochen, sonst vollständig. Befestigung: Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17 mit Taf. 2,13.

2 Gaimersheim, Lkr. Eichstätt (Abb. 14,1)Grabfund. Ältere Schnurkeramik.L. 146 mm. Schaft teilweise vergangen, sonst vollstän-dig. Befestigung: Lochung. Verzierung.Lit.: Rieder 1999a, 3 mit Abb. S. 17.

3 Bergheim, Lkr. Neuburg-Schrobenhausen (Abb. 14,6)Grabfund. Ältere Schnurkeramik.L. 124 mm (nach Abb.). Vollständig erhalten. Befesti-gung: Lochung und Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Tillmann/Schröter 1997, 56 Abb. 23,6.

4 Riekofen-Kellnerfeld, Lkr. Regensburg (Abb. 14,3)Siedlung/Graben. Chamer Gruppe.L. 168 mm (nach Abb.). Hakenspitze abgebrochen, klei-ner Bruch am linken Rand, sonst vollständig. Befesti-gung: Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Matuschik 1996, 220–224 Kat. Nr.  1333 mit Taf. 157,1; Matuschik/Werner 1981/82, 47 Abb. 8,1; Ma-tuschik 1999, 77–78, Abb. 7,2.

5 Riekofen-Kellnerfeld, Lkr. RegensburgSiedlung/Graben. Chamer Gruppe.L. 70 mm (nach Abb.). Schaft oberhalb Haken in Lochung abgebrochen. Befestigung: Lochung. Keine Verzierung.Lit.: Matuschik 1996, 220–224, Kat. Nr. 1334, Taf. 157,2; Matuschik 1999, 77–78, Abb. 7,3.

6 Riekofen-Kellnerfeld, Lkr. RegensburgSiedlung/Graben. Chamer Gruppe.

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L. 52 mm (nach Abb.). Erhalten ist nur der Haken. Befes-tigung? Verzierung?Lit.: Matuschik 1996, 220–224, Kat. Nr. 1335, Taf. 157,3.

7 Brno-Starý Lískovec, Tschechische Republik (Abb. 14,4)Siedlungsfund. Jevišovice-Kultur.L. 121 mm. Hakenspitze abgebrochen, sonst vollständig. Befestigung: Lochung und Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Medunová-Benešová/Vitula 1994, Taf. 31,8.

8 Brno-Veveří-Straße, Tschechische RepublikFundumstände? Wahrscheinl. Schnurkeramik.L.? Erhaltung? Befestigung? Verzierung?Lit.: Červinka 1902; Kalousek 1945, Taf. 38,12; Medunová-Benešová/Vitula 1994, 26; Šebela 1986, 57, Taf. 3,6.

9 Bylany Okrouhlík, Tschechische Republik (Abb. 14,2)Siedlungsfund. Endneolithikum.L. 154 mm (nach Abb.). Vollständig erhalten. Befesti-gung: Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Dvořák 1936–1938, 127, Abb. 1,1.

10 Řivnáč, Tschechische Republik (Abb. 14,18)Siedlungsfund. Řivnáč-Kultur.L. 136 mm (nach Abb.). Hakenende abgebrochen, sonst vollständig. Befestigung: Lochung. Keine Verzierung.Lit.: Ryzner 1884, Taf. 14,107.

11 Řivnáč, Tschechische Republik (Abb. 14,19)Siedlungsfund. Řivnáč-Kultur.L. 116 mm (nach Abb.). Haken abgebrochen, sonst voll-ständig. Befestigung: Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Stocký 1926, 188, Taf.  85,35; Ryzner 1884, Taf. 14,109.

12 Lac de Chalain, Frankreich (Abb. 14,10)Fundumstände? Endneolithikum – Ältere Bronzezeit.L. 113 mm (nach Abb.). Schaft abgebrochen, Hakenende vollständig. Befestigung? Keine Verzierung.Lit.: Billamboz 1977, 159, Abb. 63,3.

13 Mezölak-Szélmezőmajor, Ungarn (Abb. 14,9)Siedlungsfund. Gruppe Makó der Zók-Kultur.L. 139 mm. Hakenspitze evtl. abgebrochen, sonst voll-ständig. Befestigung: Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Kalicz 1968; Machnik 1966; Kilian-Dirlmeier 1975, 17; Taf. 2,14.

14 a–d Berettyóújfalu-Herpály, UngarnSiedlungsfund. Herpály-Kultur.L. 120–126 mm. Vollständig erhalten. Befestigung: Lo-chung. Keine Verzierung.Lit.: Kalicz/Raczky 1990, 133, Abb. 204, 134; Kalicz u. a. 1990, 144.

15 Gródek Nadbużny, Polen (Abb. 14,5)Grabfund. Schnurkeramik.

L. 105 mm. Vollständig erhalten. Befestigung: Lochung. Keine Verzierung.Lit.: Głosik 1958, 162 mit Taf. 22,4.

16 Barca, Slowakei (Abb. 14,15)Siedlungsfund. Frühe Otomani-Kultur.L. 95 mm. Vollständig erhalten. Befestigung: Kerben. Verzierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17 mit Taf. 2,15; Hájek 1959, 287, Abb. 4,1.

17 Ig, Laibacher Moor, Slowenien (Abb. 14,16)Siedlungsfund. Ljubljana-Kultur.L. 149 mm. Vollständig erhalten. Befestigung: Lochung. Keine Verzierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17 mit Taf. 2,8; Korošec 1959; Korošec/Korošec 1969, Taf. 82; Medunová-Benešová/Vitu-la 1994.

18 Ig, Laibacher Moor, Slowenien (Abb. 14,8)Siedlungsfund. Ljubljana-Kultur.L. 114 mm. Vollständig erhalten. Befestigung: Lochung. Keine Verzierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17; Taf.  1,6; Korošec 1959; Korošec/Korošec 1969, Taf.  82; Medunová-Benešová/Vi-tula 1994.

19 Ig, Laibacher Moor, Slowenien (Abb. 14,11)Siedlungsfund. Ljubljana-Kultur.L. 123 mm. Vollständig erhalten.Befestigung: Lochung. Keine Verzierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17; Taf.  1,7; Korošec 1959; Korošec/Korošec 1969, Taf.  82; Medunová-Benešová/Vi-tula 1994.

20 Ig, Laibacher Moor, Slowenien (Abb. 14,12)Siedlungsfund. Ljubljana-Kultur.L. 131 mm. Erhaltung: Schaft an Lochung ausgebro-chen, Haken abgebrochen, sonst vollständig. Keine Ver-zierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17; Taf. 2,10; Korošec 1959; Korošec/Korošec 1969, Taf.  82; Medunová-Benešová/Vi-tula 1994.

21 Ig, Laibacher Moor, Slowenien (Abb. 14,13)Siedlungsfund. Ljubljana-Kultur.L. 78 mm. Vollständig erhalten. Befestigung: Kerben. Keine Verzierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17; Taf. 2,12; Korošec 1959; Korošec/Korošec 1969, Taf.  82; Medunová-Benešová/Vi-tula 1994.

22 Ig, Laibacher Moor, Slowenien (Abb. 14,14)Siedlungsfund. Ljubljana-Kultur.L. 136 mm. Haken abgebrochen, Schaftende ausgebro-chen, sonst vollständig. Befestigung: Lochung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17; Taf. 2,11; Korošec 1959; Korošec/Korošec 1969, Taf.  82; Medunová-Benešová/Vi-tula 1994.

Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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23 Ig, Laibacher Moor, Slowenien (Abb. 14,16)Siedlungsfund. Ljubljana-Kultur.L. 174 mm. Vollständig erhalten Halbfabrikat. Befesti-gung? Keine Verzierung.Lit.: Kilian-Dirlmeier 1975, 17 Taf.  2,9; Korošec 1959; Korošec/Korošec 1969, Taf.  82; Medunová-Benešová/Vi-tula 1994. Jürgen Weiner

Literaturabkürzungen

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Erkenntnisse zum Doppelgrab von Gaimersheim

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Abbildungsnachweis

Abb. 1: Kartengrundlagen: TK 1 : 100000 Blatt 7130 (Weißenburg i. Bay.), 7134 (Kelheim), 7530 (Neuburg a. d. Donau), 7534 (Ingol-stadt) des Bayer. Landesvermessungsamt, Stand 1991 (Auszüge).Abb. 2,1; 7; 11; 12: K.  Drechsel, LVR-Amt für Bodendenkmalpfl. und K. Schmidl, Bayer. Landesamt für Denkmalpf.Abb. 2,2: Fa. ProArch, Ingolstadt.Abb. 3; 4; 8; 9; 16. D. Möhle, Gaimersheim.Abb. 5; 6: K. Drechsel, LVR-Amt für Bodendenkmalpfl.Abb. 10: E. Claßen, Arch. Staatsslg. München.Abb. 13; 14,1: K. Schmidl, Bayer. Landesamt für Denkmalpfl.Abb. 14,2: Dvořák 1936–1938, 127 Abb. 1,1.Abb. 14,3: Jahresber. Bayer. Bodendenkmalpfl. 22/23, 1981/1982, 47 Abb. 8,1.Abb. 14,4: Medunova-Benešova 1994, Taf. 31,8.Abb. 14,5: Wiadomści. Arch. 25, 1958 Taf. 22,8.Abb. 14,6: Arch. Jahr Bayern 1997, 56 Abb. 23,6.Abb. 14,7: PBF XII,2 Taf. 2,8.Abb. 14,8: PBF XII,2 Taf. 1,6.Abb. 14,9: PBF XII,2 Taf. 2,14.Abb. 14,10: Gallia Praehist. 20, 1977, 159 Abb. 63,3.Abb. 14,11: PBF XII,2 Taf. 1,7.Abb. 14,12: PBF XII,2 Taf. 2,10.Abb. 14,13: PBF XII,2 Taf. 2,12.Abb. 14,14: PBF XII,2 Taf. 2,11.Abb. 14,15: PBF XII,2 Taf. 2,15.Abb. 14,16: PBF XII,2 Taf. 2,9Abb. 14,17: PBF XII,2 Taf. 2,13.Abb. 14,18: Ryzner 1884, Taf. 14,107.Abb. 14,19: Ryzner 1884, Taf. 14,109.Abb. 15,1–4: J. Weiner, Pulheim.

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