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KiTa MO 7/8 | 2012
Unzufriedenheit durch Kunden ergreift,
um die Zufriedenheit des Beschwerde
führers wieder herzustellen. Im Idealfall
ist das Beschwerdemanagement einer
Organisation integraler Bestandteil des
Qualitätsmanagements und kann ge
fährdete Kundenbeziehungen stabilisie-
ren.Und das hat Folgen - auch für den
Alltag einer Kindertagesstätte.
Kinder spüren sehr genau, ob ihre
Eltern mit einer konkreten Situation zu
frieden sind - oder eben unzufrieden.
Wenn Eltern sich also angenommen
fühlen, übertragen sich diese positiven
Gefühle auf die Kinder. Das Kind
kommt dann meist gern in die KiTa.
Zufriedene Eltern erleichtern eben die
alltägliche pädagogische Arbeit mit den
Kindern und mit den Eltern.
Auch Einrichtung und Träger profi
tieren von Beschwerdemanagement und
Kundenorientierung: Werden sie als
kundenfreundlich, aufgeschlossen und
modernen wahrgenommen, entsteht ein
positives Image. Dies wiederum prägt das
Ansehen in der breiten Öffentlichkeit
und hilft, qualifizierte und engagierte
Mitarbeiter/innen zu gewinnen.Nicht
zuletzt haben auch die Erzieher/innen et
was von der Kundenorientierung: Sie
wirken ihrem Kaffeetanten-Image (so
die Leiterin einer Heidelberger KiTa)
entgegen und können durch wachsende
Anerkennung und neue Aufgaben zu
sätzliche Motivation für ihren berufli
chen Alltag schöpfen.
So bauen Sie ein funktionierendes
Beschwerdemanagement auf
Ein systematisches Beschwerdemanage
ment beginnt beim Kunden. Kunden
sind hier neben den Eltern und Famili
enangehörigen auch sonstige Interes
senpartner wie Nachbarn, Schulen,
ren - über die Bedürfnisse ihres Kin
des?
Ihre ersten Schritte
Mit dem Perspektivwechsel, den solche
Fragen ermöglichen, haben Sie bereits
einen ersten Schritt zu einem Beschwer
demanagement getan. Sie haben er
kannt, dass in jeder Beschwerde die
Chance zu einer Verbesserung steckt.
Genau das ist es, was das Ärgernis Be
schwerde nämlich sein kann.
Betrachten wir den Begriff der Be
schwerde zunächst einmal nicht als per
se negativ: Ja, eine Beschwerde ist eine
Unmuts-Äußerung. Aber sie ist ebenso
ein - oftmals versteckter - Hinweis auf
Verbesserungsmöglichkeiten. Sie kann
auch ein Hilferuf sein. Und manchmal
sogar ein Ausdruck von Anerkennung.
So gesehen sind auch Lob, Anfragen
oder Ideen und Verbesserungsvorschläge
nichts anderes als eine Beschwerde: Im
mer soll eine Änderung bewirkt werden.
Solche Änderungen aber braucht jede
Einrichtung, jedes Angebot, jeder Päda
goge. Denn die Welt um uns herum än
dert sich täglich, nur wir ändern uns
manchmal nicht mit. Dafür kann es
gute Gründe geben, denn schließlich
muss nicht jede Mode mitgemacht wer
den. An anderen Stellen übersehen wir
vielleicht sinnvolle Entwicklungen: Wir
sind betriebsblind oder leiden unter ei
ner deformation professionell 1̂ .
Auswirkungen auf Ihren
Arbeitsalltag
Was aber kann ein Beschwerdemanage
ment daran ändern und was ist das
überhaupt? Als Beschwerdemanagement
werden alle systematischen Maßnahmen
bezeichnet, die ein Unternehmen oder
eine Einrichtung bei der Äußerung von
Wer mir schmeichelt ist mein
Feind, wer mich tadelt mein
Lehrer.
(Chinesisches Sprichwort)
Manchmal ist es ja wirklich schwierig —
mit den Eltern — mit sonstigen Beteilig
ten. Aber haben Sie schon einmal ver
sucht, die vorstehenden Fragen anders
zu formulieren? Haben Sie schon mal
gefragt:
•Was genau wollen die Eltern mir sa
gen?
•Was kann ich von ihnen lernen, das
ich aus meiner Pädagogen-Perspek
tive so nicht erkennen kann?
•Was ist das, was Mutter oder Vater
genauer wissen — oder auch nur spü
Oh je, da kommt schon wieder
diese Mutter! Hatte die sich nicht
gerade vorgestern darüber aufgeregt, ihr
Sohn sei mit seiner neuen Hose im
Sandkasten gewesen und völlig versan
det nach Hause gekommen? Und nun
hat sie auch noch etwas am Essen auszu
setzen.Was wollen diese Eltern eigentlich?
Warum akzeptieren die nicht, dass wir
Erzieher/innen die Experten für früh
kindliche Bildung sind? Warum glauben
die, mehr über die Bedürfnisse und För-
derbedarfe ihrer Kinder zu wissen als wir
Pädagog/innen?
Heinrich B. Pieper
Organisationsberater für ge
meinnützige Organisationenund Einrichtungen, Qualitäts
manager und Dozent, konsilo
Unternehmensberatung Berlin
Beschwerdemanagement in der Kita:Ihr einfacher Weg zur VerbesserungDumm, wenn sich niemand über die Kita beschwert • Beschwerden sind die beste
Möglichkeit etwas über Ihr Angebot zu erfahren - und daraus zu lernen^ wie Sie sich
verbessern können. Erfolgreiche Kindertagesstätten ermuntern daher ihre Kunden systema
tisch zur Kritik und machen das Beschwerdemanagement zu einem zentralen Element ih
rer Qualitätsentwicklung.
IM BLICKPUNKT // ERFOLGREICHES BESCHWERDEMANAGEMENT
KiTa MO 7/8 | 2012
Kinder, sich zu beschweren und Ver
besserungsmöglichkeiten aufzu
zeigen,
•dem offenen Kanal, also einer allen
Beteiligten bekannten Möglichkeit,
Beschwerden zu platzieren und nicht
auf Zuständige oder gar eine ferne
Geschäftsstelle verwiesen zu werden,
wenn dies nicht zwingend erforder
lich ist,
•dem definierten Prozess der internen
Bearbeitung, der möglichst kurz und
effektiv sein muss und ein eindeuti
ges Ergebnis produziert,
•der verbindlichen Kundeninforma
tion, einer Rückmeldung, der der
Beschwerdeführer entnehmen kann,
dass sein Anliegen bearbeitet wird
(als Zwischenmeldung, wenn die Be
arbeitung länger dauert) oder wurde
und welches Ergebnis oder Angebot
daraus resultiert und
•dem Lernprozess, denn jede Be
schwerde beinhaltet die Möglichkeit
zur Verbesserung.
Gerade dem Lernprozess kommt dabei
eine wichtige Rolle zu. Erst wenn Be
schwerden regelmäßig und systematisch
ausgewertet werden, können daraus
Schlüsse gezogen werden. Dann zeigt
sich, wo besonders häufig Unzufrieden
heit entsteht. Hier reicht es nicht, den
Stand zur Kenntnis zu nehmen und da
rauf zu warten, dass die Beschwerden
abnehmen. Oder gar Ihre Kollegen/in
nen für abgewimmelte Reklamationen
zu belohnen.
Legen Sie verbindliche Regeln fest
Da das Beschwerdemanagement eine
besonders wichtige Schnittstelle zwi
schen Ihrer Einrichtung und Ihren Kun
den ist, sind die fiir den Umgang damit
verbindlichen Regeln für Ihre gesamte
Organisation festzulegen. Am besten ge
schieht dies im Rahmen Ihres Qualitäts
managements.Schon die grundlegende Qualitäts
management-Norm (DIN EN ISO
9000ff) fordert, dass alle Aspekte des
Umgangs mit Kunden verbindlich
und einheitlich geregelt werden. Bei
jeder Aktualisierung Ihres Qualitäts
managements sollten daher auch die
Regelungen des Beschwerdemanage
ments hinterfragt und angepasst wer
den.
Diese 4 Fragen helfen Ihnen
Beschwerden zu bearbeiten
Klar: Nicht jeder Hinweis erfordert
eine Reaktion - und ganz gewiss nicht
immer eine öffentliche. Der anonyme
Tipp Frau Müller sollte mal ein
neues Deo nutzen kann maximal an
Frau Müller weitergegeben, nicht aber
öffentlich publiziert werden. Und
wenn die Beschwerde zu der Vermu
tung führt, der Beschwerdeführer
selbst habe ein Problem, dann ist viel
leicht ein Vier-Augen-Gespräch die
richtige Reaktion.Denn: Beschwerde-
Management ist keine Plattform für
Denunziantentum!
Für all diese Fälle brauchen Sie klare
Regeln:
•Wer ist zuständig?
•Wie kann schnell reagiert werden?
•Wann ist die Leitung zu informie
ren?
•Welche Konsequenzen ziehen wir aus
Beschwerden?
Kurz: Sie brauchen ein Beschwerde
management. Dies besteht aus fünf
Elementen (siehe Abbildung 1):
•der Anregung der Eltern und Interes
senpartner, vielleicht aber auch der
Nicht jede Beschwerde
braucht eine öffentliche
Antwort.
sie regelmäßig und kurzfristig ausge
wertet werden. Ein Befragungsergebnis
sollte eine Woche nach dem Ende der
Befragung vorliegen. Leeren Sieden
Kummerkasten täglich am besten täg
lich. So sind Sie immer im Bilde und
können schnell reagieren, wenn Be
schwerden aus dem Ruder zu laufen
drohen.
Noch wichtiger aber ist: Lassen Sie
die Beschwerdeführer wissen, wie auf
ihre Beschwerde reagiert wurde. Ob
anonyme Beschwerde oder namentlich
gekennzeichneter Beitrag: In einer Kin
dertagesstätte haben Sie immer die
Möglichkeit, alle Interessierten darüber
zu informieren, wie Sie mit dem Hin
weis umgehen. So durchbrechen Sie
das Eskalationspotenzial und können
zeigen, dass Sie Beschwerden nicht auf
die leichte Schulter nehmen.
Ärzte, Therapeuten, Jugendamt — eben
alle, die ein Interesse an Ihrer Arbeit ha
ben. Ein systematisches Beschwerdema
nagement ermuntert zur Beschwerde.
Denn da in jeder Beschwerde eine
Chance zur Verbesserung steckt, sollten
so viele Chancen wie möglich geschaffen
werden.
Dazu braucht es einen für die Kun
den erkennbaren, offenen Kanal. Bitten
Sie Ihre Interessenpartner um eine
Rückmeldung, eine Bewertung, einen
Hinweis auf Verbesserungsmöglichkei
ten. Kanäle können eine regelmäßige El
ternbefragung ebenso sein wie ein
Kummerkasten oder eine verlässlich
besetzte Kontakt-Rufnummer. Wer
weiß, wo eine Beschwerde richtig ange
bracht ist, nutzt diesen Weg. Denn er
kann darauf hoffen, dass sein Hinweis
schnell aufgenommen und auf ihn rea
giert wird.
Beispiele für offene Beschwerden-Ka
näle:
•Beschwerdetelefon: Hier sollte si
chergestellt werden, dass diese Ruf
nummer zu den Zeiten auch immer
besetzt ist. Sonst steigt der Unmut
des Beschwerenden noch weiter.
•Kummerkasten: Viele Eltern bevor
zugen eher den anonymen Weg der
Beschwerde. Hier eignet sich ein
Kummerkasten hervorragend. Stel
len Sie diesen nicht an einer gut ein
sehbaren Stelle auf. Sonst fühlen
sich die Beschwerenden beobachtet
und geben eben ihre Beschwerden
nicht ab. Außerdem sollten Sie deut
lich zeigen, dass der Kummerkasten
regelmäßig geleert wird.
•Elternbefragung: Wenn Eltern wis
sen, dass in regelmäßigen Abständen
Befragungen durchgeführt werden,
werden die spontanen Beschwerden
im Kita-Alltag zurückgehen. Durch
die Verschiebung von Auftreten des
Beschwerdegrundes und der Abfrage
der Beschwerde können Sie sicher
sein, dass wirklich gravierende Be
schwerden genannt werden. Be
schwerden, die eher spontaner Natur
sind, werden dann von den Eltern
vergessen .
Praxis-Tipps
Und darauf kommt es an:
Befragungen und Kummerkasten
haben nur dann einen Nutzen, wenn
IM BLICKPUNKT // ERFOLGREICHES BESCHWERDEMANAGEMENT
KiTa MO 7/8 | 2012
Fußnote
1. Die Redewendung deformation professionelle (frz.für etwa > berufliche Entstellung^) benennt dieNeigung, eine beruß- bzw. fachbedingte Methodeoder Perspektive unbewusst über ihren Geltungsbereich hinaus auf andere Themen und Situationen anzuwenden, was zu Fehlurteilen, eingeengter Sichtweise oder sozial unangemessenem Verhaltenführen kann. (Quelle: Wikipedia)
•Beschwerden sind keine Last — sie
helfen uns, Schwachstellen zu erken
nen und Lösungen zu finden.
•Kompetenz wird nach unten dele
giert - wer einer Beschwerde abhel
fen kann, sollte das auch tun dürfen,
ohne zuvor eine Konferenz abhalten
oder auf Vorgesetzte verweisen zu
müssen.
•Beschwerdeblocker werden abge
baut - denn wer sich beschwert, hat
offensichtlich Interesse an Ihnen.
•Beschwerden werden zügig bearbei
tet - durch Liegenlassen wird nichts
besser.
•Das Problem wird eingedämmt — da
raus soll keine Staatsaffäre werden.
•Auch auf Choleriker wird souverän
reagiert — schließlich sind wir die Pro
fis auch bei der Kommunikation.
•Beschwerden werden dokumentiert -
dann können wir sie auch systema
tisch auswerten und Konsequenzen da
raus ziehen.
Aus Untersuchungen ist bekannt, dass nur
etwa jeder zehnte Unzufriedene sich be
schwert. Oder anders ausgedrückt: Auf je
den, der eine Beschwerde vorträgt, kom
men etwa neun weitere Kunden, die sich
nicht trauen oder denen der Aufwand einer
Beschwerde zu beschwerlich ist. Das Gold
stück, das sich traut, dem die Beschwerde
nicht zu beschwerlich ist, sollten Sie daher
dankbar sein. Denn wahrscheinlich steht er
mit seiner Ansicht nicht allein.
Fazit
Es lohnt sich also, ein systematisches Be
schwerdemanagement aufzubauen - um
Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen,
um die Zufriedenheit von Eltern und Kin
dern zu verbessern und um mit klaren Re
geln allen Beteiligten ein Instrument zur
schnellen Bearbeitung an die Hand zu ge
ben. Nicht umsonst gilt: Beschwerdemana
gement ist die Königsdisziplin des Quali
tätsmanagements. •
Abb.: Bestandteile des Beschwerdemanagements.
Quelle: www.konsilo.de
kon
wart anderer Kunden Beschwerden ver
handeln, denn diese sind ausschließlich
eine Angelegenheit zwischen dem Kun
den und Ihrer Einrichtung.
1.Isolieren Sie den Kunden. So
kommt diesem ärgerlichen Kunden
keine besondere Konzentration zu
(er ist wichtig) und andere Kun
den werden vor Störungen und An
steckungsgefahr geschützt.
2.Bieten Sie dem schimpfenden Kunden
einen Sitzplatz an, denn im Sitzen
schimpft es sich schwerer als im Stehen.
3.Die Anforderungen, die der Kunde
hat, sollten konkretisiert und darauf
aufbauend Lösungen erstellt und ent
wickeln werden.
4.Bearbeiten Sie auch schwierige Rekla
mationen oder Einwände zeitnah,
denn eine schnelle und korrekte Be
arbeitung führt normalerweise zur
Wiederherstellung und Stabilisierung
des Kundenvertrauens und der Kun
denbeziehung.
In der täglichen Praxis helfen wenige
einfache Regeln, aus der Last des Um
gangs mit Beschwerden Konsequenzen
zu ziehen und erste Schritte zu einem
systematischen Beschwerdemanagement
zu gehen:
Beschwerden sind kein
notwendiges Übel. Aber niemand
Aber niemand muss sich alles gefallen
lassen. Beschwerden ernst zu nehmen
bedeutet nicht, in jedem Fall dem Ein
wand zu folgen.
Praxis-Tipps
Dennoch sollten Sie die Reklamation
des Kunden wahrnehmen und — auch
wenn es schwer fällt - positiv aufgreifen.
Allerdings sollten Sie nicht in Gegen
Umdenken im Umgang mit
Beschwerden erforderlich
Denn Beschwerden sind kein notwendiges
Übel, gegen das Hürden aufgebaut werden
können oder das sich durch liegenbleiben
erledigt. Und die Beschwerdeführer sind
keine inkompetenten Bittsteller, die ein
fach abgewimmelt werden können. Nein:
Es handelt sich um IHRE KUNDEN: die
Menschen, die sich bewusst für Ihre Ein
richtung, Ihr pädagogisches Programm,
Ihre Dienstleistung entschieden haben.
Letztlich sind diese Kunden der Grund,
warum Ihr Gehalt gezahlt wird.
IM BLICKPUNKT // ERFOLGREICHES BESCHWERDEMANAGEMENT
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