01 cover 147 - exil.arte · 2013. 6. 6. · iny lorentz alix ohlin streng, eigenwillig, anziehend...
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BUCHKULTUR
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BUCHKULTUR
SCHREIBKRAFT
Jean Paul ANZIEHUNGSKRAFT
HistorischeRomaneTATKRAFT
Iny Lorentz
Alix Ohlinstreng, eigenwillig, anziehendAlix OhlinR O M A N D E B Ü T
Das internationale Buchmagazin Heft 147 | April/Mai 2013
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SCHREIBKRAFT
Jean Paul ANZIEHUNGSKRAFT
HistorischeRomaneTATKRAFT
Iny Lorentz
SCHREIBE MIR ÖFTER
Diese Aufforderung liest man häufigin den Briefen des Bertolt Brecht an HeleneWeigel, und weiter: „sei nicht so faul“. Sieist da zurückhaltender, ein einziges Malentschlüpft ihr: „Schreib, ich bräuchteDich unter allen Umständen zu allen Din-gen und allen Zeiten.“ 33 Jahre habensie einander geschrieben, 27 Jahre warensie verheiratet. Erdmut Wizisla, Leiter desBertolt-Brecht-Archivs, hat den Brief-wechsel herausgegeben.
Man kennt diese Kurve ja aus vielenBeziehungen: Am Anfang brennt er einverbales Feuerwerk ab, setzt all seinenHumor und seine Ironie ein, und vor allem:er schreibt Liebeszeilen und Liebeswörter,deren Originalität und Intensität ihre Wir-kung nicht verfehlt haben werden. Aberhalt nicht nur bei ihr. Man muss sich schonsehr gut in seiner Biografie auskennen,um all die verflossenen, gegenwärtigenund sich anbahnenden Beziehungen aus-einanderzuhalten. Die Briefe – in derMehrzahl die von ihm an sie – sind meis-tens recht knapp, überschreiten selten dieLänge eines Mails unserer Tage. Nur wenner ein schlechtes Gewissen hat, wird erlänger, da redet er herum, da ergeht er sich
in Ausflüchten. Sie reagiert einmal, nurein einziges Mal darauf, bricht diesen Briefaber ab und man weiß gar nicht, ob sieihn abgesendet hat. Zurück zur Bezie-hungskurve: die flacht bald ab. So schnellkann sie gar nicht schauen, wird sie mehroder weniger seine Sekretärin. (Brecht warauch im Ausnützen von Frauen genial.)Der Herausgeber erklärt alle angedeute-ten Details, setzt aber auch zwischen dieBriefe die Stationen des äußeren und desinneren Lebens der beiden, unter anderemdie vielen Aufenthalte im Exil. Brechtkennt da kein Selbstmitleid, er sucht Woh-nungen, knüpft Beziehungen und erkun-digt sich immer nach den Kindern. Wovonman einiges mitbekommt, ist sein unge-heurer Arbeitseifer, man erfährt von so vie-len, vielen Projekten, die in der Über-zahl gar nie realisiert worden sind. IhrHauptwerk aber, der Aufbau des Berli-ner Ensembles, ist ihnen miteinandergelungen. KONRAD HOLZER
BUCHKULTUR 147 | April/Mai 2013
FAZIT Briefe zwischen Brecht und seiner Frau,in denen aber mehr vom Arbeits- als vomGefühlsleben die Rede ist.
Bertolt Brecht, Helene Weigel |„ich lerne: gläser + tassenspülen“. Briefe 1923-1956| Hg. von Erdmut Wizisla. Suhr-kamp 2012, 402 S., EurD 26,95/EurA 27,70/sFr 36,90 • Auch als E-Book erhältlich
FAZIT Carroll ist der Versuchung erlegen, seineKorngold-Biografie als Hagiografie zu schreiben.Nimmt man dies in Kauf, gewährt sie umfassen-den Einblick in dieses faszinierende Leben.
Brendan G. Carroll |Erich Wolfgang Korngold. Das letzte Wunderkind| Übers. v. Gerold Gruber. Böhlau 2012, 480 S.,EurD/A 39/sFr 51,90
GLÜCK, DAS MIR VERBLIEB
Als der englische Musikjournalist Bren-dan G. Carroll in den 1970er-Jahren eineBiografie von Erich Wolfgang Korngold zuschreiben begann, interessierte dieser Spätro-mantiker, der es in einer zweiten Karrierein Hollywood als Filmmusikkomponistzu Oscar-Ehren gebracht hatte, nur mehrwenige Musikkenner. Das Interesse an demmelodienseligen, epischen RomantikerKorngold, von dem man gerade noch dieArie „Glück, das mir verblieb“ aus seinerOper „Die tote Stadt“ kannte, erwachte wie-der mit einer internationalen Bewegung,die von den Nazis verbotene Stile und Kom-ponisten näher untersuchte.
Unter den Fittichen seines Vaters, desHanslick-Nachfolgers als Musikkritiker beider Neuen Freien Presse, gefördert von Mah-ler, unterrichtet von Zemlinsky, gelangKorngold eine Karriere, die atemberaubendschnell von Wien ausging, bald auf Euro-pa und etwas später dann auch auf Ameri-ka übersprang. Die Ähnlichkeit mit Mozartbelegt der Autor auch in seiner Zeichnungdes Vaters: Zeit seines Lebens wird der Alteversuchen, seinen Sohn zu unterdrücken.
Korngold war vielseitig begabt: sowohlals Komponist, als auch als Dirigent, spä-ter als Arrangeur und Bearbeiter von Ope-retten, bis ihn Max Reinhardt nach Ame-rika holte. Er sollte dort mit der Filmmu-sik zu „A Midsummer Nights Dream“ neueBerühmtheit erlangen. So konnte Korngoldrechtzeitig vor den Nazis flüchten und wareiner der wenigen Emigranten, die drübenErfolg hatten. Immerhin bekam er den Film-musik-Oscar. Das gibt dem Biografen auchGelegenheit, eine kurze, aber sehr interes-sante Geschichte dieses Genres einzubau-en. Erfolg war ihm – nach seiner Rück-kehr nach Österreich – nicht mehr wirklichbeschieden, sodass er sich wieder in seinHaus in Hollywood zurückzog und dort 60-jährig starb. Die Nachrufe in den Zeitun-gen waren knapp und schrieben vom „Film-komponisten“, was er gehasst hätte.
KONRAD HOLZER
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