algebraische kurven - multiplikation, nicht aber analytische prozesse wie limes nehmen, unendli-che
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Algebraische Kurven
Prof. Dr. Holger Brenner
Universität Osnabrück
Fachbereich Mathematik/Informatik
Sommersemester 2012
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort 5
1. Vorlesung - Algebraische Kurven 6
1. Arbeitsblatt 15
2. Vorlesung - Affin-algebraische Mengen 18
2. Arbeitsblatt 24
3. Vorlesung - Die Zariski-Topologie 25
3. Arbeitsblatt 30
4. Vorlesung - Irreduzibilität 32
4. Arbeitsblatt 37
5. Vorlesung - Polynomiale Abbildungen 40
5. Arbeitsblatt 46
6. Vorlesung - Parametrisierungen 49
6. Arbeitsblatt 56
7. Vorlesung - Kegelschnitte 58
7. Arbeitsblatt 66
8. Vorlesung - Mechanische Kurven 69
8. Arbeitsblatt 78
9. Vorlesung - Hilberts Basissatz 79
9. Arbeitsblatt 85
10. Vorlesung - Hilberts Nullstellensatz I 87
10. Arbeitsblatt 92
11. Vorlesung - Hilberts Nullstellensatz II 93
11. Arbeitsblatt 98
12. Vorlesung - Das K-Spektrum 101
12. Arbeitsblatt 107
13. Vorlesung - Offene Mengen 109
13. Arbeitsblatt 115
14. Vorlesung - Algebraische Funktionen 118
14. Arbeitsblatt 125
15. Vorlesung - Lokale Ringe 127
15. Arbeitsblatt 133
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16. Vorlesung - Morphismen 137
16. Arbeitsblatt 143
17. Vorlesung - Monoidringe 145
17. Arbeitsblatt 151
18. Vorlesung - Monomiale Kurven 153
18. Arbeitsblatt 158
19. Vorlesung - Ganzheit 160
19. Arbeitsblatt 165
20. Vorlesung - Normalisierung 167
20. Arbeitsblatt 171
21. Vorlesung - Diskrete Bewertungsringe 174
21. Arbeitsblatt 178
22. Vorlesung - Glattheit 180
22. Arbeitsblatt 186
23. Vorlesung - Multiplizität 188
23. Arbeitsblatt 194
24. Vorlesung - Potenzreihenringe I 197
24. Arbeitsblatt 202
25. Vorlesung - Potenzreihenringe II 204
25. Arbeitsblatt 209
26. Vorlesung - Schnittmultiplizität 212
26. Arbeitsblatt 217
27. Vorlesung - Der projektive Raum 219
27. Arbeitsblatt 226
28. Vorlesung - Projektive Kurven I 228
28. Arbeitsblatt 234
29. Vorlesung - Projektive Kurven II 236
29. Arbeitsblatt 242
30. Vorlesung - Satz von Bezout 244
30. Arbeitsblatt 249
Anhang A: Bildlizenzen 252
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Abbildungsverzeichnis 252
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Vorwort
Dieses Skript gibt die Vorlesung über algebraische Kurven wieder, die ich im Sommersemester 2012 an der Universität Osnabrück gehalten habe. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um ausformulierte Manuskripttexte. Dies bitte ich bei einer kritischen Durchsicht wohlwollend zu berücksichten.
Der Text wurde auf Wikiversity geschrieben und steht unter der Creative- Commons-Attribution-ShareAlike 3.0. Die Bilder wurden von Commons übernommen und unterliegen den dortigen freien Lizenzen. In einem Anhang werden die einzelnen Bilder mit ihren Autoren und Lizenzen aufgeführt. Die CC-BY-SA 3.0 Lizenz ermöglicht es, dass das Skript in seinen Einzelteilen verwendet, verändert und weiterentwickelt werden darf. Ich bedanke mich bei der Wikimedia-Gemeinschaft und insbesondere bei Benutzer Exxu für die wichtigen Beiträge im Projekt semantische Vorlagen, die eine weitgehend automatische Erstellung des Latexcodes ermöglichen.
Bei Alessio Caminata bedanke ich mich für die Durchführung des Übungsbe- triebs, Korrekturen und Vorlesungsvertretungen. Bei Frau Marianne Gaus- mann bedanke ich mich für die Erstellung der Pdf-Files und bei den Studie- renden für einzelne Korrekturen. Bei Denise Günther, Attila Meeßen, Jona- than Steinbuch und Markus Wageringel bedanke ich mich für die Übernahme von je einer Vorlesung. Bei Jonathan Steinbuch bedanke ich mich für Verlin- kungen und Korrekturen.
Holger Brenner
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1. Vorlesung - Algebraische Kurven
Einige Beispiele
Was ist eine algebraische Kurve? Zum Beispiel das, was auf den folgenden schönen Bildern zu sehen ist:
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Nun kann man natürlich viel malen. Schön sind auch die folgenden Kurven, doch das sind keine algebraischen Kurven:
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Das ” algebraisch“ in algebraische Kurve kommt daher, dass zu ihrer Definiti-
on nur algebraische Operationen verwendet werden dürfen, d.h. Addition und Multiplikation, nicht aber analytische Prozesse wie Limes nehmen, unendli- che Summen, Approximieren, Differenzieren und Integrieren. Die erlaubten Abbildungen in unserem Kontext sind durch Polynome in mehreren Varia- blen gegeben. In den obigen Bildern geht es um ebene algebraische Kurven, die durch ein Polynom in zwei Variablen definiert werden. Die beiden ersten Bilder sind Graphen zu einer polynomialen Funktion in einer Variablen, sie werden beschrieben durch
Y = P (X)
wobei im ersten Bild P (X) = X ist (es liegt also ein lineares Polynom vor) und im zweiten Bild etwas wie
P (X) = a4X 4 + a3X
3 + a2X 2 + a1X + a0
mit gewissen Koeffizienten ai aus einem Körper K vorliegt. In der algebrai- schen Geometrie fixiert man einen Grundkörper K. Wichtige Körper sind für uns die reellen Zahlen (insbesondere sind die Bilder so zu verstehen) oder die komplexen Zahlen C. Ein solcher Graph ist insofern ein einfaches Gebilde, dass es zu jedem Wert für X genau einen Wert für Y (den Funktionswert) gibt, und den man auch noch einfach ausrechnen kann, wenn man im gegebe- nen Körper rechnen kann. Der Graph ist in gewissem Sinne eine
” gebogene“
Kopie der Grundlinie, der X-Achse.
Betrachten wir das dritte Bild. Das ist der Graph einer rationalen Abbildung, d.h. man hat zwei Polynome P,Q in einer Variablen X und schaut sich den
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Quotienten P (X) Q(X)
an. Dieser Ausdruck macht nur dort Sinn, wo der Nenner
nicht null ist. An den Nullstellen des Nennerpolynoms ist die rationale Funk- tion nicht definiert (wenn Nenner und Zähler an der gleichen Stelle beide null sind, so kann man durch kürzen manchmal erreichen, dass der Quotient auch an dieser Stelle einen Sinn bekommt). Wenn der Nenner null ist, der Zähler aber nicht, so ist die Undefiniertheitsstelle ein
” Pol“ - der reelle Graph
strebt nach +∞ bzw. −∞ - Es ist verlockend zu sagen, dass der Wert der rationalen Funktion an diesen undefinierten Stellen
” unendlich“ ist, und im
Kontext der projektiven Geometrie macht das durchaus Sinn, wie wir später
sehen werden. Die ” Graphengleichung“ Y = P (X)
Q(X) ist jedenfalls wegen den
Undefinierbarkeitsstellen keine optimale Beschreibung für die Kurve. Wenn man sie hingegen mit dem Nenner multipliziert, so erhält man die Bedingung (oder Gleichung)
Y Q(X) = P (X) bzw. genauer {
(x, y) ∈ K2| yQ(x) = P (x) }
,
in der links und rechts wohldefinierte Polynome stehen. Die Erfüllungsmenge (oder Lösungsmenge) ist eindeutig definiert, wobei bei Q(x) = 0 für ein bestimmtes x die linke Seite null ist, und es dann dort bei P (x) 6= 0 keine Lösung gibt (wie im Bild) und bei P (x) = 0 jeder Y -Wert erlaubt ist. In letzterem Fall gehört also eine zur X-Achse senkrechte Gerade durch (x, 0) zu dem Gebilde.
Beispiel 1.1. Ein typisches und wichtiges Beispiel für eine rationale Funk- tion ist Y = 1/X. Den zugehörigen Graphen nennt man Hyperbel H. Nen- nerfrei geschrieben ergibt sich die Gleichung
XY = 1 bzw. H = {(x, y)| xy = 1} .
Diese rationale Funktion ist auf K× = K − {0} eine echte Funktion (mit H als Graphen) und stiftet eine
” natürliche“ Bijektion
K× −→ H, x 7−→ (
x, 1
x
)
.
K× und H sind also in einem zu präzisierenden Sinn ” äquivalent“ oder
” iso-
morph“.
Beide Beschreibungen haben etwas für sich. Die Beschreibung als K× ⊂ K spielt sich auf einer Geraden ab (wenn man an K = R denkt), dafür gehört der Punkt 0, der ein Häufungspunkt von K× ist, nicht zu K×. D.h., K×
ist nicht abgeschlossen. Dagegen ist die Hyperbel in R2 abgeschlossen, für die abgeschlossene Realisierung muss man also in eine höhere Dimension gehen. Die Frage, was eine gute Beschreibung für ein Objekt der algebraischen Geometrie ist, wird immer wieder auftauchen.
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Im reellen Fall, also bei K = R, besteht R× (und entsprechend HR) aus zwei disjunkten
” Zweigen“, ist also nicht zusammenhängend. Im komplexen Fall,
also bei K = C, ist C× (und entsprechend HC) eine punktierte reelle Ebene, also zusammenhängend. Dies ist ein typisches Phänomen der algebraischen Geometrie, dass wichtige Eigenschaften vom Grundkörper abhängen. Beson- ders wichtig sind dann aber Eigenschaften, die nur von den beschreibenden Gleichungen abhängen und für die Lösungsmengen zu allen Körpern gelten.
Das vierte Bild ist ein Kreis, seine Gleichung ist
K = {
(x, y)| x2 + y2 = r2 }
,
wobei r den Radius des Kreises bezeichnet. Schon das Bild zeigt, dass dieses Gebilde nicht der Graph einer Funktion (Abbildung) sein kann, da bei einem Graphen zu einem x-Wert stets genau ein y-Wert gehört. Man kann aber keine Funktion finden mit y = ϕ(x) und K = {(x, ϕ(x))| x ∈ R}. Die Frage, ob man ein algebraisches Lösungsgebilde als einen Graphen rea- lisieren kann, ist äquivalent dazu, ob man die definierende Gleichung nach y
” auflösen“ kann. Im Beispiel kann man y2 = r2 − x2 und dam