algebraische betrachtungen zur theorie des wirkungsquantums und der elementarlänge

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Algebraische Betrachtungen zur Theorie des Wirkungs- quantums und der Elementarliinge Von P. JORDAN in Hamburg (Naeh einem Vortrag im Mathematischen Seminar Hamburg am 4.7.51) In der ersten Hglfte dieses Vortrags will ieh den Formalismus der Quantentheorie -- wie sie heute vorliegt, als eine in sich geschlossene, fertige Theorie -- hinsichtlich seiner Beziehungen zu algebraisehen Be- griffen ein wenig analysieren. Es handelt sich dabei in der Hauptsache um eine Zusammenfassung yon bekannten Tatsachen; jedoeh sind diese in der Literatur teflweise etwas verborgen und auch den Physikern nieht aUgemein bekannt. Diese Analyse lehrt uns physikalisch nichts Neues, und ihr Wert liegt eigentlich nur darin, dab sie auf sch(me mathematisehe Zusammenhgnge aufmerksam maeht, die zum Teil keineswegs trivial sind; es ist naVfirlich Gesehmaeksaehe, ob man an so etwas Freude hat. Aber auBerdem steht als Antrieb hinter dieser I)urchden_kung die Hoff- nung, Verallgemeinerungsm6glichkeiten ftir den Formalismus der Quanten- theorie zu entdeeken. Wir wissen n~mlieh heute, dab aueh ffir die Quantentheorie Grenzen ihrer Leistungsf~higkeit bestehen, und dab es grofle Problemgebiete gibt (Theorie der Elementarteilehen, Quanten- theorie der ~ellenfelder, Elementarprozesse an sehr energiereiehen Teilehen), bei welchen die Methoden der Quantenmechanik nur noeh teilweise zu befriedigenden Ergebnissen ftihren. Man kann grunds~tzlieh in zwei Weisen dazu Stelhmg nehmen. Einerseits konnte man denken, dal3 wir einfach noeh nieht das riehtige Modell ffir das Elektron usw. gefunden haben, und dab naeh Ausfindig- machung eines richtigen Modells der quantentheoretisehe FormMismus I sich dann doch bew~hren wird. Oder man kann denken, daft der Formalis- mus als solcher unzul~nglieh ist, dal3 also die ungel0sten grunds~tzlichen Probleme einen neuen Formalismus erfordern, ~hnlich, wie seinerzeit die Sehaffung der Quantenmechanik dadurch gelang, dal3 wir einen neuen Formalismus, den Formalismus der Matrizen oder Operatoren, benutzten. Ich habe seit etwa 1928 die ~erzeugung gehegt, dab nach der Auf- stellung der Quantentheorie, also der Theorie der GrOi3e h, noeh eine neue Theorie erforderlich sei, n~mlich eine Theorie der ,,Elementarliinge" 1 = 2 10 -13 cm. Ich erregte damals mit dieser Ansieht nur kopfschfit- ~lnde Ablehnung. Aber heute ist immerhin allgemein anerkamqt, daB eine Theorie der Elementarliinge gesueht werden muf3; die Besonderheit meiner Auffassung liegt heute nur noeh darin, dal3 ich die Erreichung 7*

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Algebraische Betrachtungen zur Theorie des Wirkungs- quantums und der Elementarliinge

Von P. JORDAN in Hamburg

(Naeh einem Vortrag im Mathematischen Seminar Hamburg am 4.7.51)

In der ersten Hglfte dieses Vortrags will ieh den Formalismus der Quantentheorie - - wie sie heute vorliegt, als eine in sich geschlossene, fertige Theorie - - hinsichtlich seiner Beziehungen zu algebraisehen Be- griffen ein wenig analysieren. Es handelt sich dabei in der Hauptsache um eine Zusammenfassung yon bekannten Tatsachen; jedoeh sind diese in der Literatur teflweise etwas verborgen und auch den Physikern nieht aUgemein bekannt. Diese Analyse lehrt uns physikalisch nichts Neues, und ihr Wert liegt eigentlich nur darin, dab sie auf sch(me mathematisehe Zusammenhgnge aufmerksam maeht, die zum Teil keineswegs trivial sind; es ist naVfirlich Gesehmaeksaehe, ob man an so etwas Freude hat. Aber auBerdem steht als Antrieb hinter dieser I)urchden_kung die Hoff- nung, Verallgemeinerungsm6glichkeiten ftir den Formalismus der Quanten- theorie zu entdeeken. Wir wissen n~mlieh heute, dab aueh ffir die Quantentheorie Grenzen ihrer Leistungsf~higkeit bestehen, und dab es grofle Problemgebiete gibt (Theorie der Elementarteilehen, Quanten- theorie der ~ellenfelder, Elementarprozesse an sehr energiereiehen Teilehen), bei welchen die Methoden der Quantenmechanik nur noeh teilweise zu befriedigenden Ergebnissen ftihren.

Man kann grunds~tzlieh in zwei Weisen dazu Stelhmg nehmen. Einerseits konnte man denken, dal3 wir einfach noeh nieht das riehtige Modell ffir das Elektron usw. gefunden haben, und dab naeh Ausfindig- machung eines richtigen Modells der quantentheoretisehe FormMismus I sich dann doch bew~hren wird. Oder man kann denken, daft der Formalis- mus als solcher unzul~nglieh ist, dal3 also die ungel0sten grunds~tzlichen Probleme einen neuen Formalismus erfordern, ~hnlich, wie seinerzeit die Sehaffung der Quantenmechanik dadurch gelang, dal3 wir einen neuen Formalismus, den Formalismus der Matrizen oder Operatoren, benutzten.

Ich habe seit etwa 1928 die ~ e r z e u g u n g gehegt, dab nach der Auf- stellung der Quantentheorie, also der Theorie der GrOi3e h, noeh eine neue Theorie erforderlich sei, n~mlich eine Theorie der ,,Elementarliinge" 1 = 2 �9 10 -13 cm. Ich erregte damals mit dieser Ansieht nur kopfschfit- ~ lnde Ablehnung. Aber heute ist immerhin allgemein anerkamqt, daB eine Theorie der Elementarliinge gesueht werden muf3; die Besonderheit meiner Auffassung liegt heute nur noeh darin, dal3 ich die Erreichung

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dieses Zieles naeh wie vor als abh~ngig ansehe yon der Sehaffung bzw. Entdeckung eines neuen, allgemeineren Formalismus.

I)er zweite Teil meines Vortrages soll nun fiber meine seit 1928 verfolg- ten Versuehe beriehten, einen solchen Formalismns ausfindig zu maehen. Die Ergebnisse dieser Versuche sind allerdings noeh unzul~nglieh und vorwiegend negativ. Ein paar dabei zutage gekommene, wie mir scheint, nicht uninteressante mathematische Tatsachen sollen jedoch im zweiten Teil besprochen werden.

I.

Zun~ehst berichte ieh fiber das Schema der Quantenmechanik in ihrer vorliegenden Form. Wir denken uns ein quantenphysikalisehes Gebflde, etwa ein Atom. Ein Atom hat bekanntlieh immer unendlieh viele Energie- stufen, und zwar ist das eine notwendige Folge der kanonisehen Ver- tauschungsregel p q - qp ~ h/2~i , welehe eine yon Null versehiedene Spur Sp (pq - - qp) ergibt, was mit endliehen ~atrizen nieht zu verwirk- lichen ist. Da aber diese spezielle Vertauschungsreget fiir die beabsieh- tigten ~berlegungen keine Rolle spielen wird, wollen wir, um den alge- braischen Kern des Problems herauszuseh~len, lieber ein solches System betraehten, das nur endlich viele Energie-Eigenwerte hat.

Eine Beobachtung oder Messung an diesem System bedeutet, dal~ wit ein Mel~instrument damit in Wechselwirkung setzen. Ein solehes Instru- ment hat einen dem Objekt zugewandten Apparaturteil, und einen das Ergebnis anzeigenden Teil; diesen letzteren kOnnen wit uns ansehaulieh vorstellen als eine Skala, auf deren Striehe sich ein Zeiger einstellt. Die Skala ist allerdings nieht, wie bei den meisten makrophysikalisehen ~el3instrumenten, eine kontinuierliehe, sondern eine diskrete Skala. BTaeh Beendigung der Nfessung steht also der Zeiger auf einem Strieh der Skala.

Der gesamte Inhalt der Quantentheorie kann nun in folgenden S~itzen zusammengefaBt werden. Die ~annigfaltigkeit der wesentlich versehie- denen (versehieden wirkenden) Me[3in~trumente - - wir sagen daffir gern auch: Die Mannigfaltigkeit der meflbaren Gr6/3en des Systems - - ist um- kehrbar eindeutig zuzuordnen der Gesamtheit der hermitischen Matrizen aus einer irreduziblen Matrixalgebra eines gewissen (durch die Natur des physikalisehen Systems festgelegten) Grades; es handelt sieh dabei um Nlatrizen mit komplexen Zahlen als Elementen. Die Eigenwerte einer gewissen hermitischen N[atrix sind bei dieser Zuordnung genau diejenigen Zahlen, mit welchen die Skalenstriehe des entspreehenden MeBinstru- mentes bezeiehnet sind.

Wir wissen aus der Matrizentheorie, daft jede hermitisehe endliche Matrix dargestellt werden kann als

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Algeb ra i s che ] 3 e t r a c h t u n g e n z u r T heo r i e des ~ V i r k u n g s q u a n t u m s usw. 101

(1) A = k

wobei die Matrizen E~ ein Satz zueinander orthogonaler hermitiseher Idempotente sind, w~hrend die reellen Zahlen a~ die Eigenwerte yon A sind. Wir k0nnen nun auf Grund der Zuordnung yon Matrizen und mel~- baren Gr(iBen die letzteren selber addieren und multiplizieren, wobei freilich eine Erweiterung des Bereichs dutch niehthermitisehe Matrizen zugelassen werden mu•.

Wenn die Grol3e a der Matrix A entspricht, ist demnaeh

(2) a-~ ~ak%, k

wo die orthogonalen hermitischen Idempotenten ek den N[atrizen E~ entsprechen. Als Spur Sp (a) definieren wir dabei die Spur Sp (A) der zugeordneten Matrix A.

Nun kommt das Entseheidende. Angenommen, die l~essung yon a habe das Ergebnis al gehabt, und angenommen ferner, dieses al sei ein einfacher Eigenwert, d.h. ein solcher mit unzerlegbarem Idempotent el. Wenn dann hinterher eine Messung yon

(3) b-~ Xflze~

ausgeffihrt werden soll, so gibt die Quantentheorie eine statistische Vorhersage ffir das Ergebnis dieser zweiten lY[essung. Die Wahrscheinlich- keit, dab dabei gerade der Eigenwert fl~ gefuuden wird (oder zustande kommt - - je naehdem, wie man es sagen will), ist

f (4) Wahrseheinliehkeit ~ Sp (elel).

:Das ist die ganze Quantenmeehanik. Alles, was es sonst noeh gibt, sind mathematische Umformungen oder spezielle Anwendungen.

Ich habe dies erw~hnt, damit wit die Theorie, deren Analyse uns nun beseh~ftigen soll, in ganz pr~ziser Form kennen. Erst jetzt beginnt die Analyse, also der eigentliehe Inhalt dieses ersten Teiles.

Da mSchte ich nun hervorheben, dal~ man die erl~uterte Theorie unter drei ganz verschiedenen mathematischen Aspekten betrachten kann, so dal~ wir drei ganz verschiedene, aber mathematisch ~quivalente Formu- lierungen dafiir geben kSnnen. Ich bespreche diese drei Aspekte naeh- einander.

I. Aspelct der nichtkommutativen Algebra

~Tir k6nnen die soeben erl~uterte Theorie, wenn wir wollen, aueh so formulieren, dab der Matrizenbegriff v6Uig unerw~itmt und unbenutzt bleibt. Wir sprechen dann ausschlieBlieh von der Algebra der me]3baren Gr6flen. Dabei drfiekt die Nichtkommutativit~it dieser Algebra den fun-

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damentalen, die Quantentheorie gegeniiber der klassischen Theorie aus- zeichnenden Saehverhalt aus, dab zwei verschiedene GrsBen a, b im all- gemeinen nicht zugleich gemessen werden k~nnen; letzteres geht nur dann, wenn sie verta~schbar sind. Dieser Aspekt, bei dem wir uns also vom ~ a - trizenbegriff ganz distanzieren, ist gerade der yon DmAc gepflegte Aspekt der Theorie der ,,q-Zahlen", d.h. der niehtkommutativen Grol3en, welehe mel~bare Eigensehaften eines quantenphysikalisehen Gebildes symbolisieren, ohne yon vornherein als ~a t r izen eingeffihrt zu werden; DmAc hat seinerzeit mit dieser Theorie der q-Zahlen einen von der ursprfingliehen Quantenmeehanik HEISENBERO-]3ORN-JoRDAN deutlieh versehiedenen Aspekt aufgezeigt. ~ e h r mathematiseh ausgedriiekt, wird der Standpunkt dadureh tiefer gelegt, dal3 man nieht gteieh eine konkrete Matrizendarstellung der das physikalisehe System besehrei- benden abstrakten Algebra, sondern diese selbst an die Spitze stellt; dieser Gedanke ist das entseheidende Verdienst yon DIRAC.

Wir benStigen, wenn wir uns in folgerichtiger Weise vom ~1atrizen- begriff unabh~ngig maehen wollen, eine Formalisierung oder Axiomati- sierung des Begriffs der hermitischen GroI~e. Dazu maehen wirFolgendes. Die Algebra der quantenphysikalischen Gr0i~en soll ja ein Schiefring yon endliehem Rang sein, mit dem K0rper aller komplexen Zahlen als Koeffizientenk0rper, und natfirlich irreduzibel. Ferner soll dieser Sehief- ring aber ein ,,]brmal-komplexer" sein, worunterwir Folgendes verstehen wollen. Jedem Element a ist ein anderes Element a t eindeutig derart zugeordnet, dab folgende Axiome erffillt sind:

(5) (a-Fb) t -=a t'4-bt; (ab) t -~btat; a t t = a .

(6) Aus ata +btb + etc -4- . . . . 0 folgt a ---- 0.

Im Matrizen-Sehiefring kann das so realisiert werden, dab man unter A t diejenige matrix versteht, die aus A dureh Transposition der Matrix und Ersetzung jedes Elementes dutch seinen konjugierten Wert hervor- geht. Da hierbei (7) Sp(AtA) = ~ IA~, I 2

k l

wird, so ist (6) erfiillt; trivialerweise auch (5). Nun k(~nnen wir, wie iibtich, die hermitischen GrSBen a dureh a ---- a t

definieren, und fiir jedes hermitische a die Zerlegung (2) durehfiihren. I)a die in (2) auftretenden Eigenwerte a~ yon a sowie aueh ihre Vielfaeh- heiten allein aus der Algebra her zu definieren sind, ohne dal~ wir an l~Iatrizen zu denken brauchen, so ist aueh die Spur Sp (a) definier~, so dab wir sehlieBlich auch die Wahrseheinlichkeit (4) bestimmen konnen; die gesamte Quantenmeehanik k(innte formuliert und ausgeffihrt werden, ohne dag wir fiberhaupt zu wissen brauehen, dal~ es l~atrizen gibt.

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Algebraische Betraehtungen zur Theorie des Wlrkungsquantums usw. 103

Man konnte sogar die Hoffnung haben, dab hiermit eine fiber die Matrizentheorie hinaus gehende, noeh welter reichende Theorie gegeben wgre, welche die matrizentheoretisehe Quantenmeehanik nut als engeren SpeziMfall in sich enthalten wfirde. Das ist aber nicht der Fall, denn einer der beiden fundamentalen Sgtze yon WEDDERBURN sag% uns ja, dab ein irreduzibler Sehiefring endlieher Basis mit dem K(~rper aller komplexen Zahlen als Koeffizientenk(~rper, sofern er halbeinfach ist, eine voile l~atrixalgebra eines gewissen Grades mit komplexen Zahlen Ms ~Iatrix- elementen ist. Es besteht somit voUe J~quivalenz der soeben erli~uterten Theorie mit der vorher besprochenen; denn nattirlich ist ein formal- komplexer Sehiefring erst reeht ein halbeinfacher.

Man karm iibrigens, wenn man sieh auf das fiir die Physik bier Not- wendige besehrgnkt, den erforderlichen J6quivalenzbeweis sehr viel biiliger haben, als welm man sieh die l~fiihe maeht, den WEDDEBm~I~- schen Satz ffir beliebige irreduzible halbeinfache Sehiefringe mit I d e a l kettenbedingung zu beweisen. Dazu ist ja immerhin eine Abhazldiung notig. Wenn man aber den komplexen KoeffizientenkOrper und dann die Axiome des formal-IcomTlexen Sehiefringes voraussetzt, so ist der Beweis ganz sehneil zu ffihren; ieh habe ihn einmM auf zwei Druekseiten dureh- gefiihrt I), mad der damalige Beweis kann sogar noeh vereinfaeht werden.

Der Begriff ,,formal-komplex" ist natfirlieh aueh z.B. in algebraischen Zahlk0rpern anwendbar - - er scheint mir eine nattirliehe mad notwendige Erggnzung zum Begriff ,,formal-reell" zu sein.

2. Aspebt der projebtiven Geametrie

Start yon Messungen an beliebigen hermitisehen Gr0Ben a zu sprechen, k0nnen wir uns ja aueh darauf besehr~nken, yon l~essungen an hermi- tisehen Idemponenten zu spreehen; bei jeder solchen Messung wird dann also nur eine Entseheidung zwischen dem Eigenwert 1 und dem Eigen- weft 0 getroffen. Gehen wit zu den entsprechenden Matrizen fiber, so ist bekanntli~h jede unzerlegbare idempotente Matrix E yon der Gestalt

( s ) Z = - 271x l',

mit einem beliebigen, nicht versehwindenden Vektor ~, dessen Kompo- nenten komplexe Zahlen sind. l~it dem Zeichen x* soil die zu xk lr gierte Zahl gemeint sein - - diese Bezeiolmungsweise, gegen welcho die Mathematiker gewShnlieh sogleich protestieren, ist fiir die Quanton- physik vorteilhaft, weil wir den traditioneilen Querstrich fiber einem Buehstaben ffir andere Zwecke benStigen.

I) Z. f. Naturf. 8a, 522 (1948).

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Da sieh die Matrix E nicht ~ndert, wenn man den Vektor ~ mit einer beliebigen komplexen Zahl multipliziert, so sprechen wir, start von einem n-dimensionalen Vektor, besser yon einem Punkt in einer ( n - - 1 ) - dimensionalen projektiven Geometrie.

Genau so, wie die unzerlegbaren hermitisehen Idempotente umkehrbar eindeutig den Punkten dieser projektiven Geometrie entspreehen, ebenso entsprechen die aUgemeinen hermitischen Idempotente den linearen Unterr(tumen dieser projektiven Geometrie. ~Ian kann also alles, was fiber die Idempotente zu sagen ist, aueh mit den Mitteln der projektiven Geometrie ausdrticken; insbesondere ist die fundamentaleWahrschein- lichkeit (4) fiir zwei den Vektoren ~, t) entsprechende Idempotente ek, e~ gleich (9) s p = yj

i wobei die Vektoren ~, t~ ohne Einsehr~nkung von vornherein durch N(~) --~ 1, N(t)) = 1 normiert sind.

Dieser Aspekt der Theorie entspricht im wesent]ichen der Scn~5- DI~OERschen ,,Wellenmechanik". Bei den wirklichen Atomen, bei denen wir ja immer mit unendlichen Matrizen zu rechnen haben, tritt an die Stelle des hier betrachteten n-dimensionalen Raumes der Vektoren

in bekannter Weise der HI~B~RTsche Raum. In allen Anwendungen dieser Theorie, die wir hier ja nur hinsichtlieh

ihrer Axiomatik besprechen, erweist sich der Umstand als fundamental bedeutsam, dab man die Vektoren ~, ~ addieren kann: Hier tritt die Inter- ferenz der quantenmechanischen Wahrscheintichkeit.swellen in Erscheinung, als eine Tatsache, die im zuerst besprochenen Aspekt nicht unmittelbar ersichtlich wurde.

Man kann geradezu, wie ieh seinerzeit bei der Synthese der Quanten- mechanik und der SCttl~SDINGERschen WeUenmeehanik zur ,,statisti- sehen Transformationstheorie" ausgeftihrt habel), die Wendung von der klassischen Theorie zur Quantentheorie so beschreiben, dal~ dabei eine Erweiterung oder Verallgemeinerung der Wahrscheinlichkeitsrechnung vollzogen wird. Denn (9) w~re eine einfach dureh die gewOhnliche Wahr- scheinliehkeitsrechnung gegebene Formel, wenn sie so lauten wiirde:

(9') Wahrscheinliehkeit ~-- XIx j ]2. [y~]2= X i x * y j [2.

Die start dessen gfiltige Formel (9) drtickt eine ,,Interferenz der Wahr- 8cheinlichkeiten" aus. Man kaun beweisen, dal3 (9) im wesentlichen die einzige Moglichkeit ist, eine solche Interferenz yon Wahrseheinliehkeiten formelmiiBig zu pr~zisieren~).

~) Z. lahys. 40, 809 (I927); 44, 1 (1927). ~) P. JORDAN, J.v. N~.UMA~, Ann. of Math. 86, 721 (1935).

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3. Verbandstheoretischer Aspekt

Man kann nach v. N E U ~ und BIRKHOFF der Sache noch eine andere Wendung geben, dureh welche der Schritt yon der klassischen Theorie zur Quantentheorie, den wir im bisherigen zuerst als ~'bergang yon kommutat iven zu nichtkommutativen meBbaren Gr6Ben, und dann als eine Verallgemeinerung der Wahrscheinlichkeitsrechnung beschrieben haben, nunmehr geradezu als eine Verallgemeinertmg der Logik, des Aussagen-Kalkiils erscheint 1).

Zu dieser Betrachtungsweise kann man sagen, dal] der Physiker sie nicht zu kermen braucht, da er alle Anwendungen der Quantentheorie auch ohne ihre Kenntnis durchftihren kann. In diesem Sinne hat PAULI gelegentlieh an dem BIRXHOFF-NEUMAN~schen Gedanken eine Kritik getibt, die ich jedoch nicht fiir eine sinnvolle Kritik halte. Selbstverst~nd- lich kann man, wie BOHR betont hat, die gewohnliche Logik unver~indert innerhalb der Quantentheorie anwenden und die charakteristischen Komplementarit~tsverhi~ltnisse so ausdrticken, wie ich es einleitend zusammengefaBt habe. Trotzdem bedeutet es eine Bereicherung unserer Einsicht, die Dinge auch so ansehen zu kOnnen, wie BIRKHOFF-N~.rJ~A~ es uns gezeigt haben; und wenn wir Weft darauf legen, die Quanten- theorie zu verstehen und in allen ihren Beziehungen zu grunds~itzlichen mathematischen Theorien zu iibersehen, so werden wir diesem neuen Aspekt ebenfalls unsere Beachtung schenken miissen.

Als Verband bezeichnet man bekanntlich einen ,,Verkntipfungsbereich" - - also etwas ~hnliches, wie z. B. Gruppen oder Ringe - - in welchem zwei Verknfipfungen ~ , ~j definiert sind, deren jede assoziativ und kom- mutat iv ist. Ferner soll das charakteristische Verbandsaxiom

(10) ar-~ ( b ~ a ) - - - - ( a ~ b ) ~ a ~ a

gelten, aus welchem man leieht folgert, dab a f'~ a = a ~J a = a ist. Wir nennen einen Verband insbesondere einen distributiven Verband,

wenn das Distributivgesetz

(11) a r ~ (b ~Jc) --~ (af'~ b) ~ (az'~ c)

gilt; aus diesem folgt darm auch das dazu duale andere Distributivgesetz, das man aus (1I) durchVertauschung der Zeichen f~, ~j erh~lt. ~ a n kann, wenn man will, start dessen auch eine einzige Gleichung aufschreiben, welche zu sich selbst dual und mit dem Distributivgesetz ~iquivalent ist (bei Voraussetzung der erw~hnten allgemeinen Verbandsaxiome):

(12) (a ~ b) ~) (b (~ c) ~ (c ~ a) ---- (a ~ b) ~ (b ~J c) f~ (c ~ a).

Solche distributive Verb~nde treten, wie schon der alte BOOLE be- merkt hat, in der Logil~ auf: Wenn ich zwei Aussagen a, b dutch U N D

1) G. BIRXHOF~, J. v. BT~.U~ANN, Ann. of Math. 87, 823 (1936).

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oder durch ODER zu einer neuen Aussage verknfipfe (also: ,,a und b sollen beide zutreffen"; bzw. ,,mindestens eine der Aussagen a, b soU zutreffen"), so bflden die so verknfipften Aussagen einen distributiven Verband. Ebenso ergibt sieh ein distributiver Verband, wenn man die Teilmengen einer Menge verkniipft, indem man aus ihnen je den Dureh- schnitt und andererseits die Vereinigungsmenge bfldet.

Hiervon maeht die ldassische Physik (ohne es so zu formulieren) Gebrauch: Der Zustand eines gewissen meehanischen Systems (dem wir endlich viele Freiheitsgrade zusehreiben wollen) ist vollst~ndig gegeben durch Angabe eines gewissen Pun#tes im Phasenraum des Systems. Wir bilden die allgemeinste Aussage, die fiber das System gemacht werden kann, indem wir irgendeine Punktmenge M im Phasenraum definieren und dann die Aussage formulieren: ,,Das System befindet sich innerhalb der i~enge M." Um ganz folgerichtig und sauber zu verfahren, mfiBten wir eigentlich sagen: ,,Sofern es existiert, befindet es sich in M." Denn nur so k6nnen wir unter M insbesondere auch die leere l~enge verstehen, der dann die Aussage entspricht: ,,Das System existiert nicht." - - Bei dieser Zuordnung entspricht der Aussagen-Verkniipfung dureh UI~D die Durehsehnittsbildung an den entsprechenden Punkt- mengen. Der mit ODER gebildeten Aussagen-Verknfipfung entspricht die Vereinigungsmenge.

Die Untergruppen einer Gruppe bilden offenbar ebe~ffalls einen Ver- band; und wenn es sich insbesondere um eine abelsche Gruppe handelt, so ist dieser Verband zwar nur in Ausnahmefgllen ein distributiver Verband (n~mlich fiir additive Gruppen rationaler Zahlen, oder rationaler Zahlen modulo 1); aber er erfiiUt stets ein gewisses Axiom, das eine Ab- schwi~chung des Distributivgesetzes darstellt. VerbEnde dieser Art nennt man DRDEKx~vDsche Verbdnde, und ihr definierendes Axiom kann so for- muliert werdenl) :

(13) a r ~ (b ~_J (a(-~ c) = (ar-~ b) ~.2 (ai'~ c);

es ist also bestimmt erffillt, wenn sogar die Distributivit~it (11) besteht. Gleichwertig mit (13) ist wiederum das dazu dualeAxiom, welches durch (13) mitbedingt ist; und man kann diesen Saehverhalt wieder so aus- drfieken, dab man start (13) eine zu sieh selbst duale Formel aufsehreibt, die mit (13) gleichwertig ist. Diese zu (12) analoge l~ormel lautet:

(14) [(c ~.J b) ~ a] ~_~ (b ~ c) ----- (c ~ b) r'~ [a L) (b t'~ c)] .

D E D ~ D s c h e Verb/~nde treten nun auch ~ wegen ihrer Bedeutung ffir die Untergruppen abelscher Gruppen - - in der mathematischen Theorie der Algebren und der projektiven Geometrien auf, und hieraus

1) Abh. Math. Sere. ttbg., 16, 71 (1949).

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ergibt sich jener dritte Aspekt der Quantentheorie, yon dem wir jetzt spreehen wollen. In einem Sehiefring bilden die Rechtsideale einen DEDE- ~z~Dschen Verband, wenn wir sie dureh Durehsehnittsbfldung und durch Modul-Addition verkniipfen, und diese Rechtsideale sind beim formal- komplexen Sehiefring wiederum eindeutig den hermitisehen Idempoten- ten zugeordnet. In der projektiven Geometrie bilden die linearen Unter- r~ume einen DEDEKINDsehen Verband, wenn wir sie so verknfipfen, dab wir aus ihnen einerseits die Schnitte bilden, andererseits die durch sie aufgespannten Oberr~ume. In beiden F~llen - - Reehtsideale des die mel~baren Gr(~13en zusammenfassenden Sehiefrings, und lineare Unter- r~ume des projektiven ( n - 1)-dimensionalen Raumes - - handelt es sich offenbar um den gleichen I)~DEKINDschen Verband; wir konnen aueh einfach vom D~D~KINDsehen Verband der hermitisehen Idempotente sprechen.

Wenn wir nun das, was wit vorhin fiberlegten hinsichtlieh der Aussagen, die wir fiber den Zustand eines klassiseh-meehanischen Systems maehen k0nnen, tibertragen wollen in die Quantentheorie, so treten an die Stelle der damaligen Punktmengen im Phasenraum jetzt eben die hermitischen Idempotente; einem Idempotent e entspricht dabei die Aussage: ,,Der Eigenwert yon e ist nicht gleich Null." (Diese Aussage ist n~mlich das genau Entsprechende zu der frfiher einer Punktmenge M zugeordneten Aussage, die ja in ihrer sauberen Fassung bedeutet: ,,Das System ist nicht aul3erhalb yon M.")

Diese den hermitischen Idempotenten zugeordneten Aussagen lassen sieh nun dureh UND und ODER verknfipfen, und diese Verknfipfung entspricht dann eben der Verkntipfung der Idempotente (also der itmen zugeh(~rigen projektiven Unterr~ume oder Rechtsideale). Wir sind mithin zu einer ,,Quantenlogik" gekommen, in der start des distributiven Ge- setzes nur noeh das DEDEKINDsehe gilt.

Zur weiteren Verfolgung dieses Aspektes mug noch auf die logische Operation der Verneinung eingegangen werden. In der klassischen Theorie bedeutet die Verneinung, dal3 man die Punktmenge M jeweils durch die Komplement~rmenge M ersetzt. Man kann leicht die Axiome formulieren, welche die logisehe Operation der Verneinung im Verh~ltnis zu den beiden Verknfipfungen UND und ODER befolgt; diese Anfangsgriinde der for- malisierten oder algebraisierten Logik sind ja schon alt. Man kann aber aueh ffir die Quantentheorie die Verneinung leieht axiomatisch fest- legen. Aus einem Idempotent e geht dureh Verneinung offenbar das- jenige ~ hervor, dessen Addition zu e gerade die Haupteinheit der Algebra ergibt; wenn man diesen Saehverhalt folgerichtig innerhalb des ver- bandstheoretischen Aspektes beschreiben will, kommt man auf Fol- gendes:

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Jedem Verbandselement a entspricht ein ihm zugeordnetes 5, wobei

{ ~ = a ; ( 1 5 ) =

ist. Und ferner sind die beiden Elemente a ~ 5 und a ~) 5 das oberste und das unterste Element des Verbandes; nennen wit diese kurz 0 und 1 (well die entsprechenden Matrizen die Nullmatrix und die Einheitsmatrix sind), so gilt

{0 r ~ b = 0 ; 1 ~ . J b = 1; (16) 0 ~ b = l ~ b = b .

Es ist nun wieder zu prtifen, ob der jetzige Aspekt, der Aspekt der Quanterdogik, eine den anderen Formulierungen iiquivalente Formu- lierung der Theorie darstellt. Diese Frage ist (im Wesentliehen) zu be- jahen auf Grund eines groi3artigen Satzes, den J. v. N ~ . u ~ c N be- wiesen hat.

Zungehst sei daran erinnert, dab jeder DEDEKI~Cgsche Verband, sofern er nur endliehe Ket ten ineinander enthaltener Elemente besitzt (das Enthaltensein yon a in b bedeutet bekanntlieh a ~j b -=-- a), die Definition einer Dimension ftir jedes Verbandselement gestattet, so dal3 wit sehon :4ahnliehkeit mit einer Geometrie bekommen. Nach v. NEVMANN ist abet bei einem irreduziblen DEDEXINDschen Verband yon mindestens 4 Di- mensionen (d. h. das Element 1 soll mindestens die Dimension 4 haben, wenn 0 die Dimensiofl 0 erhi~lt), weleher tiberdies eine Verneinungs- zuordnung besitzt, festzustellen, da$ er immer eine projektive Geometrie ist. Danach ist in den erl/~uterten Axiomen lediglich noeh nieht zum Ausdruck gebraeht, da$ der dutch diese Geometrie definierte Zahlk6rper gerade derjenige aller komplexen Zahlen sein soll; ja, es konnte hier aueh

einer nicht-P.4sc~z.schen Geometrie entsprechend - - ein Sehiefkorper auftreten; also es k/3nnten die Komponenten des Vektors ~ von (8), (9) z .B. auch Quaternionen start komplexer Zahlen sein. (Eine solehe Erweiterung der ~heorie, welche Quaternionen zul/~13t anstelle yon kom- plexen Zahlen, k0nnte natiirlieh auch yon den beiden anderen Aspekten aus leicht vollzogen werden.)

Die Ausffihrung dieses quantenlogisehen Aspektes ist nur insofern leider noch unvollst~ndig, als wir bislang kein Verfahren kennen, die fundamentale Wahrscheinlichkeit (4) dureh verbandstheoretisehe Begriffe auszudrfieken, ohne erst die ~quivalenz des ,,komplementierbaren" (Verneinung zulassenden) Verbandes mit einer Geometrie zu beweisen. I-Iier besteht eine Liicke, deren Ausfiillung lohnend w/~re. Als Beitrag zur Kl~rung dieser Verh/iltnisse habe ieh mir einmal fiberlegt~), wie man

1) Arch. d. t~iath. 2, 166 (1950).

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ffir zwei nur als Verbandselemente gegebene Idempotente e, e' unter ausschlieGlicher Benutzung yon Verbandsbegriffen die Aussage formu- lieren kann, dal3 sie als Elemente des Schiefrings miteinander vertauschbar sind. Die sehr einfache Antwort lautet so. Fiir vertausehbare e, e" muB (natfirlich) der dutch e, e', $, g' erzeugte Unterverband distributiv sein; und dies reicht auch hin. Als Kriterium ffir diese Distributivitit genfigt aber eine einzige I)istributivgleichung zwisehen dreien dieser Elemente, etwa (17) (e e') e') = e ' .

Ich erwihne noch eine Frage, die mir reizvoll erseheint, und die ieh nicht zu beantworten vermag. Im distributiven Verband mit Verneinung kann man eine Operation definieren, n~mlich

(18) a -t- b = (a ~J b) r'~ (a r-~ b),

welche gegeniiber der Verkntipfung a r~ b die gleiehe Rolle spielt, wie die Addition gegeniiber der ~ultiplikation; auf dieses Weise entsteht aus der BooLEschen Algebra ein Ring der Charakteristik 2.

Kann man dies in irgendeiner sehsnen ~u iibertragen auf einen DEDE1rI~Dsehen Verband mit Verneinung?

Zum AbschluB dieser Betraehtungen muB endlich noeh gesagt werden, dab die Durchfiihrbarkeit dieses Aspektes der Quantenlogik sieh jedoeh beschrankt auf Systeme, die mit endlichen ~{atritzen zu besehreiben sind. Bet HILBE~Tsche Raum zeigt n~mlich bereits ein gewisses ~r yon pathologischem Verhalten insofern, als der Verband seiner linearen Unterr~ume nieht mehr liiekenlos das DEDEKINDsehe Axiom erffillt.

II . Die Quantentheorie ist eine existierende, eine fertige und eine zweifels-

ohne physikalisch brauchbare und bedeutsame Theorie; ich konnte reich also in der ersten Iti~lfte meiner Ausfiihrungen auf sehr festem Grunde fiihlen. In der zweiten Hilf te i s t das so wenig der Fall, dal] ieh gar nicht weiB, ob das jetzt Vorzutragende tiberhaupt eine saehliehe Beziehung zum Problem der Elementarlinge besitzt, obwohl wir heute immerhin wohl endgtiltig davon fiberzeugt sein diirfen, daI] die Auf- stellung einer Theorie der Elementarlinge ein eehtes (und ein dringliehes) Problem ist. Eine Beziehung des Naehfolgenden zu diesem Problem ist nut in dem Sinne zweifellos gegeben, als die nachfolgenden Betraehtungen entstanden sind aus der Hoffnung, diesem Problem n~her zu kommen.

Auf der Suehe nach einem allgemeineren, die Matrizenalgebren als Spezialfall in sieh enthaltenden Formalismus wurde ieh seinerzeit durch ARTIN auf den C~LF, rschen Alternativring aufmerksam gemacht. Diesen will ieh hier ganz kurz erl~iutern, um ihn nieht als bekannt voraussetzen zu mtissen.

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~Vir kOnnen ja die gewOhnliehen komplexen Zahlen betraehten als Ins t rument zur LCisung des Problems, ein Produkt, dessen Faktoren Summen yon je zwei Quadraten sind, wieder als Summe yon zwei Qua- draten zu schreiben: (u~ ~- u~)(v~ ~- v~) behandeln wir, indem wir (ul ~ iu2)(vl ~ ivy) bflden. Ganz das Entspreehende leisten die Quater- nionen bekanntlieh fiir Summen von vier Quadraten - - eine Tatsache, die man iibrigens ganz ohne Reehnung einsehen kann, indem man nur bemerkt, dab auch die Quaternionen eine formal-komplexe Algebra derart sind, dab die beiden Quaternionen a, a t konjugiert sind. Danaeh ist also ata ~ N(a ) eine reelle Zahl (mal Haupteinheit); und zwar gerade die Quadratsumme der vier Koeffizienten in a. Es ist demnach

(19) N (ab) -~ bt at ab ---- bt N (a)b -~ N (a)N (b) .

Es wurde nun yon BRIOSCHI die wunderbare Entdeekung gemaeht, dab auch ffir Summen yon acht Quadraten das entspreehende Problem 10sbar ist; und CXYL~u hat bemerkt, dal3 man dies als Konstruktion eines hyperkomplexen GrOBensystems yon acht Basiseinheiten deuten kann. I)iese C.ir~Er-Algebra ist aber nicht mehr assoziativ. Sie erfiillt nur das etwas schw~ehere A~cT~sche Alternativgesetz: Die Differenz

(20) [a, b, c] -~ (ab)c ~ a(bc)

wechselt ihr Vorzeiehen bei ungerader Permutat ion von a, b, c. Aus der definierenden Mlfltiplikationstabelle dieser Algebra liest man ab, dal] aueh hier ein formal-komplexes System vorliegt, und man kann wie bei den Quaternionen ohne Reehnung beweisen, dai3 wirklieh das Produkt zweier Summen yon je aeht Quadraten hiernaeh als neue Summe yon acht Quadraten dargestellt werden kann; man braueht dazu nur noeh zus~tzlieh den A~TINschen Satz, dab ein yon nur zwei Elementen er- zeugter Alternativring stets sogar assoziativ ist. Aber fiir andere An- zahlen als fiir 2, 4, 8 kann man das , ,Quadratsummen-Problem" nicht lOsen; das ist sparer von HVRWITZ gezeigt worden.

Seinerzeit hofften A~TIN und ich, dal~ es vide soleher Alternativringe g~be und dab sie vieUeicht schon das Problem einer weitreiehenden Verallgemeinerung der Sehiefringe losen wiirden. Aber dann kam die Entt~usehung, als Z o ~ 1) feststellte: Es gibt im wesentliehen (die genaue Bedeutung dieses Wortes bleibe unpr~zisiert) nur die CAYLEYsehe Algebra als nichtassoziative irreduzible Alternativalgebra.

Ein Versueh, darfiber hinausgehende Verallgemeinerungen zu er- reichen, ging yon folgender Erw~gung aus: Das quantenmechanische Grundgesetz (4) bewirkt, dab die meBbare Gr0Be a ~ b folgende Eigen- schaft besitzt, die zu ihrer Definition dienen kann: Der 8tatistische

I) M. ZORn, Abh. Math. Sere. Hbg. 8, 123 (1930).

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Erwartungswert yon a + b u n t e r irgendwelchen Bedingungen ist stets die Summe der unter den gleiehen Bedingungen verstandenen Erwar- tungswerte yon a und b:

(21) Ew (a + b) = Ew (a) + Ew (b).

]:)as grit wohlgemerkt aueh dann, wenn a, b unvertausehbar sind, also keineswegs zugleich gemessen werden k(~nnen.

I)eshalb hat es einen physikalischen Sinn, daI3 wir beim i:Ybergang yon der klassischen zur Quantentheorie das kommutat ive und assoziative Gesetz der Addition beibehalten. Und ebenso hat die Potenzierung einer Gr61~e a einen physikaliseh angebbaren Sinn: an ist diejenige (hierdureh eindeutig definierte) Gr6Be, die zugleich mit a stets automatisch mit gemessen wird, und den Wert a~ annimmt, wenn a den Wert a 1 annimmt. Deshalb ist im Potenzgesetz (22) a ~ a n ---- a m + n

ebenfalls ein auf der Hand liegender physikaliseher Sinn zu erkennen, wiihrend das beim assoziativen Gesetz der Multiplikation keineswegs der Fall ist.

Hieraus ergab sich das Programm, alle diejenigen Algebren zu ermitteln, wetehe das Potenzgesetz (23) erftillen, sonst abet nu t noeh zu~tzl iehe Eigensehaften sekundi~rer Art besitzen. ARTI~, mit dem ieh einmal dartiber spraeh, hielt dies Problem fiir v~llig unangreifbar.

Nun sind ja aber gewisse Fi~lle yon niehtassoziativen Potenzalgebren - - wir wollen sie die trivialen F~lle nennen - - ohne weiteres gegeben; dean wenn wir in einer assoziativen Algebra start des Produktes a b die Verkntipfung ~ab + (1 - - ,~)ba betraehten, so ist diese ,,Multiplikation" bei 2 =~= 1 nieht mehr assoziativ, erfiillt abet das Potenzgesetz (22). Ebenso sieht man fibrigens, dab eine Untersuchung der Potenzalgebren sieh ohne Verlust an AUgemeinheit auf solche mit kommutativer !Yfulti- plikation besehr~nken kann; diese ist dann definierbar dureh Zurfiek- fiihrung auf den unmittelbar physikaliseh sinnvollen Reehenproze$ der Quadrierung : (23) 4ab -~ (a -4- b) ~ ~ (a - - b) ~ .

In gewissem Sinn ist also die Untersuehung yon Potenzalgebren etwas, was zur Untersuehung der assoziativen Algebren mit hinzugehort, wenn diese Untersuchung mit einer gewissen Vollst~ndigkeit durehgeFtihrt werden soil. Gerade die quantentheoretische Betonung des Begriffs hermitischer Gr0$en l~l~t uns bedenken, da$ einem Paare hermitischer Gr613en a, b zwei daraus dureh ~ultiplikation zu bfldende, ebenfalls hermitische GrO$en zugeordnet sind:

(24) ab = - - - - 2 - - -~ + ba ab--ba2~.

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Die Verkniipfung ab ~ ba ergibt in bekannter Weise eine Ll~sche

Algebra; d ie symmetrisehe Verknfipfung �89 ~ ba) ergibt das, was die Amerikaner jetzt eine JORD~sche Algebra zu nennen pflegen 1). In beiden F~llen handelt es sich um Potenzalgebren, wobei jedoeh in der LIEschen Algebra jedes Quadrat verschwindet.

Wir wollen nun folgendes Problem betrachten: Es sou die Struktur aller derjenigen irreduziblen kommutativen Potenzalgebren ermittel t werden, welche den reellen Zahlkorper als Koeffizientenk0rper haben, endliehe Basis besitzen und selber formal-reell sind.

Dies Problem ist keineswegs unangreifbar: Man erledigt es, indem man den Beweis des WEDDERBUB~schen Satzes fiber die Sehiefringe so umzuformen oder zu analogisieren sucht, dal~ dabei nicht mehr yore assoziativen, nichtkommutativen Produkt ab, sondern nur yon dessen symmetrischem Anteil gesprochen wird.

Man mul~ dazu vor ahem eine Analogisierung der PE~c~sehen Zer- legung durchffihren. Ein Idempoten t e gibt in e inem Schie fr ing Veran- lassung zu folgender Zerlegung einer beliebigen GrtiBe z:

(25) z -~ e z e + ( e z ~ e z e ) + ( z e - - e z e ) + ( z ~ e z ~ z e --[- e z e ) .

Der Sinn davon wird deutlich, wenn wir uns ~ dem Ergebnis vorgrei- fend, dab der Schiefring eine Matrixalgebra ist - - das Idempotent als Diagonalmatrix

(26) E ----- 11.1 O)

0

denken. Dann sind die vier Summanden yon z in (25) die vier Anteile der Matrix z, welche zu den vier K~isten in (26) gehsren.

Nun kann man in der kommutat iven Potenzalgebra freilich die beiden Summanden, die den rechteekigen K~sten entsprechen, nicht voneinander trennen. Aber man kann ihre Summe abtrennen von den beiden (von- einander ebenfalls trennbaren) quadratischen Khsten. Die Formel dafiir lautet:

z = z l - ~ z l / 2 ~ z o ;

(27) z 1 -= 2 e ( e z ) - - e z , zlI~-~ ~ 4e ( ez) -~ 4 e z ,

z o ~-- 2 e ( e z ) ~ 3e z -~ z .

1) Vergl. insbes. G. Bn~:HOFF, P. M. WHI~A~r Trans. Amer. Math. Soe. 65, 116 (~94V).

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])as ist zun~chst richtig, wenn es sich um solche Potenzalgebren handelt, die in der angegebenen trivialen Weise aus assoziativen abgeleitet sind. Abet man kann (27) und die dazu geh6renden Formeln aueh unter alleiniger Benutzung des Potenzgesetzes (22) beweisenl). Man kann dann welter gehen, was allerdings recht mfihsam wird; aber man finder schlieB- lich folgendes Gleichungssystem:

(28) ~ ( A , ~ A,~,,, ~- A,~,, A,~,~) ---- �89 ~ , ~ , , , . y

Dieses haben dann Wm~,R und v. N~VMANN untersueht und erkannt, dai] es gerade diejenigen Bedingungen sind, welehe erftillt werden mtissen, wenn man dan obige Problem der Produkte yon Summen yon Quadraten losen will. FIvRwrrz hat dieses Gleiehungssystem seinerzeit untersueht; da jedoeh seine Beweisffihrung nieht ganz ltiekenlos war, hat Wm~ER den Beweis neu tiberlegt. Man kann nunmehr atle Algebren, welehe die vorhin formulierten Eigenschaften haben, vollst~ndig angeben2).

Zuni4chst handelt es sich um die Algebra aller symmetrisehen reeUen Matrizen irgendeines Grades n. Zweitens kc~nnen stattdessen die hermi- tischen Matrizen genommen werden. I)ritten~s solehe mit Quaternionen als Elementen, und entspreehender Symmetrieeigensehaft (Matrix- element Ak~ konjugiert zu Al~).

Neben diesen Serien yon tr ivialen formM-reellen Potenzalgebren gibt es noeh eine ganz triviale Serie: Die Basis enth~ilt neben der I~aupteinheit noeh beliebig viele Elemente a~ mit der Eigensehaft akaz ~ (5~l. Und endlieh gibt es eine nichttriviale Algebra ~ a s, in welcher jetzt CAYLEY- sche GrOBen start der Quaternionen atfftreten; aber das geht nicht, wie in den trivialen F~llen, mit beliebigem Grade der ~r sondern nut tinter Beschr~nkung auf den Grad 3.

Unsere erw~hnte Dreim~nner-Arbeit enth~ilt den Beweis, dal~ es n u t diese Algebren gibt, als Erfiillung Mler gestellten Forderungen. Es fehlte abet noeh der absehlieBende 1Naehweis, daft die Matrizen dritten Grades mit CAYLEYschen Gr6Ben - - die dann einen l~odul der Dimension 27 bflden - - wirklich das Potenzgesetz (22) erffillen. Man mu{3 dazu zeigen, dab sie die Eigenschaft (29) a ( b a ~) -~ (ab)a ~

haben; und das bedeutet die Efffillung yon (27) 4 Relationen. A. A. AL- BERT hat den Beweis hierftir gefiihrt und auch sonst die Theorie der Algebra ~ s a vertieft. Vor allem hat er gezeigt, dab man sic wirklich nicht aus einer assoziativen Algebra (bzw. einer gewissen Elementenmenge einer solehen) herleiten kanna).

~) P. JORDAN, GSttinger Nachrichten 88, 569 (1932); 89, 209 (1933). 2) p. JORDAI~, J. V. NEUMAlU-~, E. WIO~R, Ann. of Math. 85, 29 (1934). a) A. A. ALBERT, Ann. of Math. 85, 65 (1934).

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Als seinerzeit WIGNER den Beweis erzielte, dab man diese Algebra ~ a s nieht zu h0heren Graden erweitern kann, war das nati~lieh ftir unsere Bemiihungen eine sehwere Entt~uschung, ~hnlieh wie seinerzeit das Ergebnis yon ZORN. Es ist also aueh durch die seheinbar so einsehneidende Loekerung, die wir an den Axiomen der Matrixalgebren vorgenommen haben, keine erhebliche, zu einer ganzen Serie neuer Algebren ftihrende Verallgemeinerung der Theorie erzielt worden.

Immerhin ist die Algebra FJ~ ein einwandfreies N[odell fiir ein quanten- meehanisches System, das alle grunds~tzliehen Eigenschaften solcher Systeme besitzt, aber doch nicht mit dem gew0hnlichen Formalismus der hermitischen )Iatrizen besehrieben werden kann. Die Zerlegung einer GrOBe in orthogonale, mit den zugeh(~rigen Eigenwerten multiplizierte Idempotente, gem~B (2), ist natiirlich in jeder formal reellen Potenz- algebra ohne weiteres auszufiihren. Da man dann aueh die Spur definieren kann, so l~13t sieh das fundamentale Wahrseheinliehkeitsgesetz (4) aueh auf die Algebra ~ iibertragen.

Dabei ergibt sich iibrigens ein eigentiimlicher Satz, der dureh die all- gemeine Theorie der Potenzalgebren bewiesen wird (wenn man A.A. ATBERTS Nachweis beachtet, dab ~ wirklich eine Potenzalgebra ist), der aber ganz unabh~ngig yon dieser weir ausholenden Theorie formuliert werden kann, als ein Satz fiber CAYL~.u Gr0Ben. Er lautet so: Es seien ~1, ~ , ~3 drei CAYLEYsche GrOBen derart, dab die yon ihnen erzeugte Unteralgebra assoziativ ist; und das Gleiehe soU yon ~1, ~2, ~a gelten. Dann ist (mit ~t : konjugiert zu ~):

3 (30) Q = �89 ~ (~ ~,. ~;~ ~ ~- V~ ~,- ~ ~s) ~_ 0.

p,v=l

Es ist dies n~mlich (naeh Normierung der beiden Vektoren ~ , V,) das hier auftretende Analogon zu der Wahrscheinlichkeit (9).

Man miiBte diesen Satz auch unabh~ngig yon der Theorie der Potenz- algebren beweisen konnen; aber das ist gar nicht so leicht. HASSE war vor Jahren so freundlich, den in der Theorie der Algebra ~ enthaltenen Beweis derart herauszupr~iparieren, daB er aus alleiniger Kenntnis der Theorie der CAYLEYschen GroBen verstanden werden kann. Aber dieser Beweis war sehr kompliziert, damit die eigentiimliehe Sehwierig- keit dieses so einfach scheinenden Problems zeigend. Sp~ter habe ieh folgenden Beweis gefunden: (31) Q : .N [.N (~1) ~+1 ~2 "J[- ~ ~3" TitBit2 -[- $+1 ~2 N($]2) A

~(~in~) Hier ist Q dargestellt Ms Quotient zweier Quadratsummen: Die aM-

gemeine Theorie der positiven Formen yon h0herem Ms zweitem Grade ergibt ja keineswegs eine Darstellbarkeit als Summe yon quadrierten Formen, sondern nur als Quotient solcher Summen; und vermutlieh

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is~ im jetzigen Beispiel weder eine einfaehere noeh eine 8ymmetrischere Darstellung moglich - - dies kann vielleicht als instruktives Beispiel zur Theorie der positiven l%rmen betraehtet werden.

Man kann, wenn man das Rechnen mit CAYLEYsehen GrOBen etwas gefibt hat, die Richtigkeit der Formel (31) sofort best~tigen. Sie zu finder, ist mir aber erst dadurch gelungen, dab ich einen Zusammen- hang der Algebra 9)~ s mit einer anderen mathematisehen Theorie be- merktel).

Wir wollen uns daran erinnern, dab wir in der Quantentheorie, wie wir sie im ersten Tefl des Vortrags betracht~t haben, vom Aspekt der Algebra meBbarer Gr01]en iibergehen konnten zum vektoriellen Aspekt bzw. zum Aspekt der projektiven Geometrie. Wir werden also auch in der Theorie der Algebra ~8 s einen entsprechenden ~bergang erstreben; und die For- reel (30) entstand natfirlich schon hieraus. Man kann n~.mlieh den un- zerlegbaren Idempotenten auch bier gewisse Vektoren zuordnen; und zwar sind es diesmal Vektoren, die 17 reeUe Zahlen als Komponenten besitzen: Wir spezialisieren die ~1, ~., ~3 derart, dab ~3 ~- ~ wird; dann ist die Assoziativit~t yon ~1, ~ , ~3 yon selbst gesichert, und eine unbe- sehr~nkte Addition der so gew~hlten Vektoren wird m0glich.

Aber analog zur friiher besproehenen Theorie sollten die Idempotente selbst eine Geometrie bflden, eine projektive Geometrie. Da ~8 s vom Grade 3 ist, muB dies eine ebene Geometrie sein: Die unzerlegbaren Idempotente sind die Punkte; die aus zwei orthogonalen unzerlegbaren Idempotenten durch Addition gebildeten sind die Geraden dieser Geometrie; die Haupt- eh~eit entspricht der vollen Ebene. Wie sieht diese Geometrie nun aus? Es ist keine neue, sondern eine bereits bekannte, untersuchte Geometrie: N~mlich die yon R. MovF~_~G entdeckte nicht-DBs~tRauEssche ebene Geometrie, in welcher der DES~GV~sehe Satz durch einen schw~cheren ersetzt ist ~).

Auf diese Weise erkennen wir ~ und das ist wenigstens ein kleiner Trost fiir die erlittene Entt~uschung ~ einen tiefen und schonen mathe- matischen Sinn in der Tatsache, da~ die Algebra ~ s nicht zu einer Potenzalgebra vierten oder noch hoheren Grades erweiter~ werden kann: JDas geht de~halb nicht, well nur in der Ebene, nicht aber im ~Raume eine nicht-D~s~Ra~szsche Geometrie m6glich ist.

Aber mfissen wit dies als endgfiltig ansehen? Es liegt hier eine neue Vermutung nahe, oder ein neues Untersuchungsprogramm: ~an k0nnte versuehen, in der Theorie der Verb~nde das ]commutative Gezetz aufzugeben, und damit Geometrien zu konstruieren, in welehen das Schneiden und Aufspannen niehtkommutative Operationen sind. Ieh wei~ nicht, ob

1) Abh. ~athem. Sere. I~Ibg. 16, 74 (1949). a) R . Mov~:~o, Abh. Math. Sere. ]:Ibg. 9, 207 (1933).

8"

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man damit etwas Brauchbares erzielen k(~nnte; aber Einiges sprieht daffir, dab eine Untersuehung hiertiber lohnend sein konnte.

Nehmen wit hi,milch weiterhin (10), abgesehen yon tier beibehaltenen AssoziativitKt der Verbandsverkniipfungen, als definierendes Axiom - - in gerade derjenigen Reihenfolge tier Buehstaben, in weleher (10) gesehrieben ist - - , so bleibt auch weiterhin die Folgerung a f~ a = a ~ a =- a bestehen.

Sodann aber forder~ die Fassung (14) des DEDEK~Dsehen Axioms geradezu dazu heraus, bier einmal niehtkommutative Verkntipfungen zu versuehen. Denn in (14) unterscheidet sieh ja die reehte yon der linken Seite ausschliefllich d~trch die Klammersetzung, so dab dies Axiom sehr glaubhaft und natiirheh seheint als Axiom niehtkommutativer Verb~nde oder ,,Sehri~gverbi~nde". ~berdies ist es aueh im niehtkommutativen Sinne sieh selbst dual; man mul3 jetzt die duale Gleiehung zu einer hingeschriebenen Gleiehung so bilden, dab man nieht nut die Zeiehen vertauseht, sondern auBerdem noch rackwarts liest. Man kann wieder (13) aus (14) ableitenl).

Ich mu$ abet die Entseheidung dariiber, ob es niehttriviale Sehr/ig- verb~nde gibt, geiibteren Mathematikern iiberlassen; bislang kenne ieh nut reeht triviale Beispiele, insbesondere dies: Ftir eine beliebige Menge yon Elementen a, b, . . . definiere man

(32) a r b ~- b ~_J a = a .

Bevor ieh, yon diesen Betraehtungen Absehied nehmend, noeh einen anderen Versueh bespreehe, eine geeignete Algebra ftir die Theorie der Elementarl~nge zu finden, will ich erw~hnen, dab J . v . N E U ~ N ~ einen groB angelegten Versuch unternommen hat, unter Beibehaltung der Assoziativitat und iiberhaupt aller Axiome der Sehiefringe, ausge- nommen das tier endlichen Basis, zu einer L0sung des Problems zu kommen. Ausgangspunkt war die sehon bertihrte Tatsaehe, dab der HILBE~Tsehe Raum ein wenig pathologisch ist, indem seine Unterr~ume keinen exakten DEDEKI~Dsehen Verband bflden; also sagte sieh v. NEu- ~ N , dab das Entseheidende wohl gar nieht im Algebraisehen liegt, sondern im Grenziibergang yon der endliehen Matrixalgebra zur unend- lichen. Um den HiL~Rrsehen Raum ganz zu vermeiden, hat er diesen ~bergang so vollzogen, da$ dabei ein Raum heraus kommt, ftir dessert Unterr~ume die Dimen~ionszahl eine kontinuierliche Grt~Be ist, die yon 0 bis 1 wachsen kann.

Die wundervolle Entdeckung, dab es Derartiges gibt, ist yon v. NEu- ~ und einigen anderen Mathematikern in einer l~ngeren Reihe umfangreieher Untersuehungen beleuehtet worden, auf die ieh hier nieht

1) Vergl. Arch. f. Math. 1, 56 (1949).

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eingehen kann, da sie nicht mehr der Algebra angeh~ren. Ieh betone nur, dab in diesem Raume das DEDEKINDsche Axiom liickenlos erffillt ist, und daB aueh die linearen Operatoren, die dazu geh0ren, eingehend untersucht sind. Man fiihlt sich sehr zu der Hoffnung bewogen, dab diese Entdeckung der Quantenelektrodynamik weiterheffen k0nnte, da ja dort die Unzul~nglichkeit der bisherigen Theorie gerade in Form yon Divergenzschwierigkeiten sichtbar wird, so dab ein die Limesbfldung grunds~tzlich ver~ndernder Formalismus besonders vielversprechend erscheint. Aber obwohl diese NEU~-~N~sche Theorie schon seit l~ingeren Jahren existiert, ist noch kein Versuch ihrer physikalischen Verwertung unternommen. Vielleieht liegt das nur daran, dab bislang noch niemand yon uns Physikern sie verstanden hat. Aber ich glaube, von J. v. N~u- ~ _ ~ miindlieh gehort zu haben, dab es nieht m0glich ist, innerhalb seines Formalismus ein System yon Operatoren zu definieren, das sich gem~B der LoRs~Tz-Gruppe transformieren l~l~t; wenn das zutrifft, so mug man wohl die Hoffnung aufgeben, auf diesem Wege weiter~ukommen.

Deshalb ist es vielleicht nicht fiberfliissig, schlieBlich zu erw~gen, ob nicht die lVaxtringe, wie sie yon ZASS~N~AUS, oder l~echtsringe, wie sie yon WIELANDT genannt werden, die wahre L0sung des besprochenen Problems bieten k0nnten. In diesen Rechtsringen ist das assoziative Gesetz der l~ultiplikation gewahrt, wie in ~EUMAI~I~S eigenttimlichen Operator-Ringen; aber sie unterseheiden sieh algebraisch yon den Schief- ringen, da in ihnen aueh die additive Gruppe der Elemente im allgemeinen nieht mehr abelseh ist, und ferner yon den beiden Distributivgesetzen nur noch ei~es fibrig bleibt:

(33) (a + b)c -~ ac + be.

Als ich die Untersuchung der Potenzalgebren begann, wuBte man noch wenig yon diesen Rechtsringen; aber allm~hlich hat sieh eine sehr imponierende mathematische Theorie dieser Algebren entwickelt, welche ihre weitreichende mathematisehe Bedeutung klargestellt hat.

Erw~hnt werden solehe Algebren freilich schon in DICKSONS Buch fiber Algebren und flare Zahlentheroie; ferner von REIDEMEISTER in einem Buch fiber projektive Geometrie. Sp~ter haben ZASS~NHAUS 1) und KALSCH~.UER ~) die Theorie sehr gefordert.

Nach ZASSE~HACS wird ein Rechtsring gebfldet dureh die Abbfldung einer Gruppe (~ auf sich. Es sei Y das allgemeine Element yon (~, und Z ---- f (Y), wo Z wieder ein Element yon (~ ist, sei eine ffir alle Y definierte eindeutige _~unktion. Ftir diese Funktionen definieren wir eine symbo- lische Multiplikation und Addition:

~) Abh. Math. Sere. ttbg. 18, 413 (1940). ~) Abh. Math. Sere. Hbg. 11, l&7 (1936).

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(34) f . g : f ( g ( Y ) ) ; f q - g = f ( Y ) g ( y ) ;

es entsteht hiermit ein Rechtsring. Werm alle betrachteten Funktionen das Einheitselement E yon (~

auf sich abbilden, ist es insbesondere ein ,,normaler" Rechtsring mit der Eigenschaft (35) f . 0 = 0 .

Ebenso wie bei den Schiefringen oder den Potenzalgebren wird man nun fragen, welche Struktur typen yon Rechtsringen es fiberhaupt gibt. I)iese Frage ist in noch unvert)ffentlichten Arbeiten einerseits yon ]~LACKETT und andererseits yon WIELA~I)T angegriffen, denen ich fiir ihre freundlichen Mitteilungen sehr dankbar bin. Man kann danaeh sagen, dab alle ,,verniinftigen" Rechtsringe durch Abbildungen yon Gruppen auf sich zu verwirkliehen sind. Demnach hat der Begriff des Rechtsrings eine sehr klar umrissene mathematisehe Bedeutung.

Eine Verwendung soleher Rechtsringe ffir eine physikalisehe Theorie scheint freiiich zungchst aussichtslos, weft man keine M0gliehkeit sieht, in diesem Rahmen ein Rechnen, einen Kalkfil mit den symbolisehen Grt~13en zu erm0glichen. Ieh habe deshalb erst kfirzlich Mut bekommen, die Rechtsringe ffir die Physik ernsthaft in Erwggung zu ziehen, und zwar auf Grund einer eigentlich ganz trivialen Bemerkung.

Wenn die Eunktion f ( Y ) insbesondere ein Endomorphismus ist, also die Beziehung (36) f ( Y i Ye) = f ( Y 1 ) f ( Y 2 )

erffillt ist, so gilt ftir dies spezielle Element f auch das andere Distributiv- gesetz (37) f ( a q-b) = f a q - l b .

Denken wir uns nun einen Rechtsring, der erzeugt wird dutch Endomorphismen, so haben wir das, was ich einen polynomialen Rechts- ring (oder Fastring) genannt habe; ein solcher ist leieht iibersehbar und erlaubt ein systematisches Reehnenl).

Als einfaehsten Fall betrachten wir diesen: Aus der freien Gruppe mit zwei Erzeugenden X, S entnehmen wir die Untergruppe (~ derjenigen Elemente (38) Y : X "1 S ml . . . . X ~ S m s ,

fiir welche n h -~ m s + . . . + m,v ~ 0 ist. Den fraglichen polynomialen Reehtsring !}t erzeugen wir dureh die

zwei Elemente (39) x ~ : Y'~ x ( Y ) : S ~ r S - 1 .

Fiir x ~ schreiben wit aueh kurz 1.

1) Akad. Wiss. Lit. (Mainz) 1950, S. 337.

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Das allgemeine Element f yon ~R ist dann das Polynomial N

(40) f = ~v njx~J = noX~0 + nxX~, + . . . n ~ x ~ j = 0

mit ganzzahligen Koeffizienten und ganzen, niehtnegativen Exponenten. Dabei ist auf die Reihenfolge der Summanden zu achten; es wird znm Beispiel

N

(41) - - f = Z ( - nN_j~*~- ). i = 0

In (40) sind kt, ki+ 1 als verschieden zu denken; aber sonst is~ keine Zusammenfassung yon Gliedern mit gleichen Exponenten erlaubt: Die additive Gruppe dieser Polynomiale ist die freie Gruppe der unendlich vielen Erzeugenden x* mit k ~ 0, 1, 2 . . . .

Das Produkt zweier soleher Polynomiale kann nach (39) ausgerechne~ werden, mad wir erhalten folgende einfache Formel, die wir auch als Definition dieses Produktes auffassen kOnnten:

Von diesem Reehtsring aus kann man andere bilden, im Sinne des allgemeinen Begrfffs der ,,Darstellung" eines Verknfipfungsbereiches, indem man start der freien Gruppe aus X, • eine ihrer l~aktorgruppen wghlt. Beispielsweise reduziert sieh der polynomiale Rechtsring auf den gewOhnlichen Ring der ganzzahligen Polynome in einer Unbestimmten x, wenn wit Vertauschbarkeit yon X mit alien Elementen SnX S-" voraus- setzen.

Die Theorie der Rechtsringe ist eine noeh sehr junge mathematische Theorie ; ihre weitere Ausbildung scheint mir heute deshalb besonders wiinsehenswert, weft es vielleieht nieht aussichtslos wgre, die etwaige Brauchbarkeit dieser mathematischen Theorie f'tir die Physik sorgfgltig zu prtifen. Doch w~ire es nattirlich verfriiht, hierzu schon heute ein be- stimmtes Urteil zu i~uBern.

Vor allem aber mochte ich die nichtkommutative VeraUgemeinerung der Verbandstheorie einer weiteren Untersuchung empfehlen.