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Stadt und Land · Seite 17 Freitag, 26. April 2013 Butzbach Aktuell ESPA (pm). Jüngst unternahm die seit mehr als 30 Jahren in Espa lebende Holde Stuben- rauch mit 25 Langgönsern des Jahrganges 1938 einen Spaziergang in die historische Vergangenheit der kleinen Randgemeinde. Anhand ihres 1994 erschienenen Heimatbu- ches über Espa dokumentierte Stubenrauch, die auch Stadtführerin und Museumsmitar- beiterin in Butzbach ist, die Geschehnisse und Ereignisse. Da Stubenrauch, geb. 1943 in Butzbach, bereits als Einjährige anderthalb Jahre zu- sammen mit Mutter und Schwester Johan- na bei der Verwandtschaft verbrachten, um Schutz vor den alliierten Bombenangrif- fen in Butzbach zu finden, ist ihre Verwur- zelung zu dem kleinen Dörfchen verständ- lich. Durch die Herkunft der Großmutter war die Verbundenheit mit der Verwandt- schaft sehr eng. Wunderbare Erinnerungen an Pflaumenernten auf den Baumstücken der Großmutter, Schlachtfeste im Winter, herrliche Spaziergänge durch den schönen Wald, Kirmes, Familienfeste. Im Vorwort ihrer im Eigenverlag 1992 er- schienenen Broschüre Hurdy-Gurdy- Girls, von Espa in die ganze Welt anlässlich ihres Künstlerprojektes beschreibt sie, warum sie das Landgänger-Thema in der Zeit von 1824 und 1875 so berührt hat. Der Treffpunkt war der „Gaulskopf”, wo Stubenrauch mit der Geschichte des Silberbergwerkes in der Mitte des 16. Jahrhunderts begann. Leider war die Ausbeute der Grube „Silbersegen” nicht allzu ergiebig, ebenso wie die Gru- be „Amalie” in Cleeberg. Die Straßenna- men in dem sogenannten Wochenendgebiet Eselspfad, Lohweg, Silberweg sowie tiefe Pingen im Wald sind noch Zeugen aus die- ser Zeit. Der früher noch zugängliche Stol- len ist wegen der Fledermaus-Behausung geschlossen. Mit Unterstützung des Museumsleiters Dr. Dieter Wolf benannte Stubenrauch in ihrem Heimatbuch die früheste urkundli- che Erwähnung von Espa, eine Butzba- cher Urkunde vom 14. Februar 1347. In der Urkunde geht es um die Ausstattung eines von dem Schenkerehepaar gestifte- ten Altars in der Markuskirche in Butz- bach. Aufgrund dieser Urkunde war es den Espaern möglich, ein Fest zu feiern, mit offenen Höfen, alten Traditionen, Es- sen, Tanz und anderen Darbietungen. Na- türlich durfte ein Western-Saloon nicht fehlen, wo die Hurdy-Gurdies auftraten. (650 Jahre Espa, 1997). Nachdem Stubenrauch das mögliche Zu- standekommen des Ortsnamens Espa er- klärt hatte, ging es die „Kühtrepp” hin- ab in das Oberdorf, vorbei am Ehrenmal. An dieser Stelle zeigte Stubenrauch, wo sich der überbaute Bunker und der Juden- friedhof befinden. Sie erwähnte das trau- rige Schicksal der Familie Grünebaum. Auf dem Weg zur Kirche erwähnte sie die Bank, das Teichfest mit Sonnwendfeier, das ehemalige Posthaus von Conrad Fett, in dem auch eine Gastwirtschaft mit Kegel- bahn und Tanzboden beheimatet war. Von 1962 bis 1994 wurde die Poststelle von An- neliese Fett geleitet. Danach gab es keine Poststelle mehr. Der nächste längere Halt war die Kirche. Die an den Wänden hängenden Gemälde aus der Galerie Stubenrauch beeindruck- ten die Besucher, sie lauschten aufmerk- sam den Erzählungen Stubenrauchs, dass die Kirche und Schule bis Anfang der 60er Jahre in einem Gebäude untergebracht wa- ren, dass sich im Erdgeschoss der so ge- nannte Betsaal befand und darüber im ers- ten Stockwerk ein einklassiger Unterricht stattfand. Sie erzählte auch von der 200 Jah- re alten Dorflinde, die 1935 einem orkanar- tigen Sturm zum Opfer fiel, dem Gemischt- warenlädchen Heller, dessen Inhaber Albert Heller, Sohn des Landgängers Adolf Heller, in London 1899 geboren wurde, dem Back- haus und der Nagelschmiede Beuth. Zur bildlichen Untermalung zeigte Stu- Vielfältige Geschichte Espas vom Silberbergwerk bis zur Kirche Führung mit der Künstlerin Holde Stubenrauch/Illustration mit historischen Aufnahmen benrauch Fotos aus ihrem Heimatbuch. Es folgte das Haus der Familie Beuth, aus dem die Brüder Charles Alexander Beuth und Wilhelm Beuth stammten, die nach Ameri- ka auswandern wollten und mit dem Schiff „Cimbria” bei Borkum untergingen. Das Pfarrhaus, das Hassler-Häuschen mit viel Geschichte, das Dorfgemeinschaftshaus und noch einiges mehr waren interessante The- men für die Zuhörer. Den Abschluss der Führung bildete ein Besuch im Atelier von Holde Stuben- rauch.

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Page 1: Aktuelle Themen

Stadt und Land · Seite 17Freitag, 26. April 2013

166. Jahrgang, Nr. 97

heutefreitag. Tagestipps der Redaktion

Butzbach

Aktuell

ESPA (pm). Jüngst unternahm die seit mehr als 30 Jahren in Espa lebende Holde Stuben-rauch mit 25 Langgönsern des Jahrganges 1938 einen Spaziergang in die historische Vergangenheit der kleinen Randgemeinde. Anhand ihres 1994 erschienenen Heimatbu-ches über Espa dokumentierte Stubenrauch, die auch Stadtführerin und Museumsmitar-beiterin in Butzbach ist, die Geschehnisse und Ereignisse. Da Stubenrauch, geb. 1943 in Butzbach, bereits als Einjährige anderthalb Jahre zu-sammen mit Mutter und Schwester Johan-na bei der Verwandtschaft verbrachten, um Schutz vor den alliierten Bombenangrif-fen in Butzbach zu finden, ist ihre Verwur-zelung zu dem kleinen Dörfchen verständ-lich. Durch die Herkunft der Großmutter war die Verbundenheit mit der Verwandt-schaft sehr eng. Wunderbare Erinnerungen an Pflaumenernten auf den Baumstücken der Großmutter, Schlachtfeste im Winter, herrliche Spaziergänge durch den schönen Wald, Kirmes, Familienfeste. Im Vorwort ihrer im Eigenverlag 1992 er-schienenen Broschüre Hurdy-Gurdy- Girls,

von Espa in die ganze Welt anlässlich ihres Künstlerprojektes beschreibt sie, warum sie das Landgänger-Thema in der Zeit von 1824 und 1875 so berührt hat. Der Treffpunkt war der „Gaulskopf”, wo Stubenrauch mit der Geschichte des Silberbergwerkes in der Mitte des 16. Jahrhunderts begann. Leider war die Ausbeute der Grube „Silbersegen” nicht allzu ergiebig, ebenso wie die Gru-be „Amalie” in Cleeberg. Die Straßenna-men in dem sogenannten Wochenendgebiet Eselspfad, Lohweg, Silberweg sowie tiefe Pingen im Wald sind noch Zeugen aus die-ser Zeit. Der früher noch zugängliche Stol-len ist wegen der Fledermaus-Behausung geschlossen.

Mit Unterstützung des Museumsleiters Dr. Dieter Wolf benannte Stubenrauch in ihrem Heimatbuch die früheste urkundli-che Erwähnung von Espa, eine Butzba-cher Urkunde vom 14. Februar 1347. In der Urkunde geht es um die Ausstattung eines von dem Schenkerehepaar gestifte-ten Altars in der Markuskirche in Butz-bach. Aufgrund dieser Urkunde war es den Espaern möglich, ein Fest zu feiern,

mit offenen Höfen, alten Traditionen, Es-sen, Tanz und anderen Darbietungen. Na-türlich durfte ein Western-Saloon nicht fehlen, wo die Hurdy-Gurdies auftraten. (650 Jahre Espa, 1997).

Nachdem Stubenrauch das mögliche Zu-standekommen des Ortsnamens Espa er-klärt hatte, ging es die „Kühtrepp” hin-ab in das Oberdorf, vorbei am Ehrenmal. An dieser Stelle zeigte Stubenrauch, wo sich der überbaute Bunker und der Juden-friedhof befinden. Sie erwähnte das trau-rige Schicksal der Familie Grünebaum. Auf dem Weg zur Kirche erwähnte sie die Bank, das Teichfest mit Sonnwendfeier, das ehemalige Posthaus von Conrad Fett, in dem auch eine Gastwirtschaft mit Kegel-bahn und Tanzboden beheimatet war. Von 1962 bis 1994 wurde die Poststelle von An-neliese Fett geleitet. Danach gab es keine Poststelle mehr.

Der nächste längere Halt war die Kirche. Die an den Wänden hängenden Gemälde aus der Galerie Stubenrauch beeindruck-ten die Besucher, sie lauschten aufmerk-sam den Erzählungen Stubenrauchs, dass

die Kirche und Schule bis Anfang der 60er Jahre in einem Gebäude untergebracht wa-ren, dass sich im Erdgeschoss der so ge-nannte Betsaal befand und darüber im ers-ten Stockwerk ein einklassiger Unterricht stattfand. Sie erzählte auch von der 200 Jah-re alten Dorflinde, die 1935 einem orkanar-tigen Sturm zum Opfer fiel, dem Gemischt-warenlädchen Heller, dessen Inhaber Albert Heller, Sohn des Landgängers Adolf Heller, in London 1899 geboren wurde, dem Back-haus und der Nagelschmiede Beuth.

Zur bildlichen Untermalung zeigte Stu-

Vielfältige Geschichte Espas vom Silberbergwerk bis zur KircheFührung mit der Künstlerin Holde Stubenrauch/Illustration mit historischen Aufnahmen

benrauch Fotos aus ihrem Heimatbuch. Es folgte das Haus der Familie Beuth, aus dem die Brüder Charles Alexander Beuth und Wilhelm Beuth stammten, die nach Ameri-ka auswandern wollten und mit dem Schiff „Cimbria” bei Borkum untergingen. Das Pfarrhaus, das Hassler-Häuschen mit viel Geschichte, das Dorfgemeinschaftshaus und noch einiges mehr waren interessante The-men für die Zuhörer.

Den Abschluss der Führung bildete ein Besuch im Atelier von Holde Stuben-rauch.