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SC
24 WS 17/18 Georg Frey
2. Vorlesung im Aufbau der Vorlesung
1. Einführung Soft Control: Definition und Abgrenzung, Grundlagen
"intelligenter" Systeme
2. Wissensrepräsentation und Wissensverarbeitung (Symbolische KI)
Anwendung: Expertensysteme
3. Fuzzy-Systeme: Umgang mit unscharfem Wissen
Anwendung: Fuzzy-Control
4. Konnektionistische Systeme: Neuronale Netze
Anwendung: Identifikation und neuronale Regler
5. Genetische Algorithmen, Simulated Annealing, Differential Evolution
Anwendung: Optimierung
6. Zusammenfassung & Literaturhinweise
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25 WS 17/18 Georg Frey
Inhalt der 2. Vorlesung
1. Expertensysteme
1. Idee
2. Anwendungsgebiete
3. Vergleich mit konventionellen Programmen
2. Grundlegende Architektur von Expertensystemen
1. Erklärung der Komponenten
2. Formen der Wissensbasis
3. Inferenzmechanismen
3. Fallbasiertes Schließen
4. Zusammenfassung
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26 WS 17/18 Georg Frey
Expertensysteme
• Kernidee (natürliches Vorbild)
Menschliches abstraktes Denken
• Historie
Erste Expertensysteme Anfang der 1970er (Jedoch Probleme durch hohen
Rechenaufwand)
• Anwendung in der Automatisierungstechnik
Heute: Vielfältiger industrieller Einsatz auf höheren Automatisierungsebenen
• Beispiele
Systeme zur unterstützenden Prozessführung
Systeme zur Fehlerdiagnose
Trainingssysteme (Simulatoren)
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28 WS 17/18 Georg Frey
Vergleich: Konventionelle Programme vs. Expertensysteme
In Expertensystemen wird das Wissen i. A. von der
Problemlösungsstrategie getrennt, während bei konventionellen
Programmen Wissen und Problemlösungsstrategie implizit in einen
Algorithmen eingebettet sind
Algorithmen
Daten
Wissen
Daten
Problemlösungs
-strategie
konventionelle Programme Expertensysteme
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29 WS 17/18 Georg Frey
Architektur von Expertensystemen
Quelle: Lunze
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30 WS 17/18 Georg Frey
Wissenserwerbskomponente
• Schnittstelle zum Experten, der sein Wissen in das System eingibt, ändert oder überprüft
• Im Idealfall ist die Schnittstelle so aufgebaut, dass keine Programmierkenntnisse erforderlich sind
• Oft wird zwischen die Wissenserwerbskomponente und den Experten noch ein Systementwickler geschaltet (Wissensingenieur)
• Der Wissensingenieur unterstützt den Experten bei der Eingabe oder er fragt das Expertenwissen in Interviews ab und bereitet es selbständig für die Eingabe auf
• Hohe Bedeutung, da Wissenserwerb als Engpass in der Expertensystem-Erstellung gilt
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31 WS 17/18 Georg Frey
Wissensbasis
• Hier wird das im System vorhandene Wissen geeignet gespeichert
• Man unterscheidet drei Bereiche/Komponenten der Wissensbasis
1. Bereichsbezogenes Wissen: Die eigentliche Wissensbasis, d.h. das Wissen,
das vom Experten oder Wissensingenieur eingegeben wurde
2. Fallspezifisches Wissen: Wissen über das aktuell vom System zu lösende
Problem, das vom Benutzer eingegeben oder automatisch abgefragt wurde
3. Zwischenergebnisse: Ergebnisse einzelner Regeln, die von der
Problemlösungskomponente erzeugt wurden, und zur weiteren Verarbeitung in
anderen Regeln dienen können
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32 WS 17/18 Georg Frey
Problemlösungskomponente
• Anwendungsneutraler Teil der Wissensverarbeitung (auch
Inferenzmaschine)
• Programmsystem, das mittels der Wissesbasis die Problemlösung
generiert
• Aufbau der Inferenzmaschine hängt von der Art der Wissensbasis
ab
Regelverkettung (vorwärts, rückwärts) bei Produktionsregelsystemen
Ableitung (Resolution) bei logikbasierten Systemen
Vergleich bei fallbasierten Systemen
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33 WS 17/18 Georg Frey
Dialogkomponente
• Schnittstelle zum Benutzer des Expertensystems
• Fragt die Problemstellung geeignet ab
• Präsentiert die Lösung und erklärt sie
• Problem der Erklärung:
System kann transparent machen, wie es zu dem Ergebnis gekommen ist.
(Nützlich bei der Fehlersuche und nötig zur Vertrauensbildung)
Tiefergehende Erklärungen zum „Warum“ und „Weshalb“ einer Lösung sind
jedoch nicht möglich.
Die Ansätze in XPS auch die Tiefenstruktur von Problemen abzubilden stecken
noch in den Anfängen (Tiefenstruktur = dem Problem zu Grunde liegende
technische, physikalische oder chemische Zusammenhänge)
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34 WS 17/18 Georg Frey
Formen der Wissensbasis
• Regelbasierte Systeme
Produktionsregelsysteme
Logikbasierte Systeme
• Fallbasierte Systeme
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35 WS 17/18 Georg Frey
Produktionsregelsysteme
• Produktionsregeln als kleinste Bausteine der Wissensbasis
• Aufbau:
WENN bestimmte Bedingungen erfüllt sind,
DANN wird auf folgende Fakten geschlossen
• Beispiel: Fehlerdiagnose (Syntax des Systems Babylon)
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37 WS 17/18 Georg Frey
Generelles Vorgehen bei der Inferenz
Quelle: Lunze
• MATCH: Es wird
untersucht, welche
Regeln im aktuellen
Problemzustand
anwendbar sind
Konfliktmenge =
Menge aller
anwendbaren Regeln
• SELECT: Auswahl
einer Regel aus der
Konfliktmenge
• ACT: Anwendung der
ausgewählten Regel
auf den
Problemzustand
neuer
Problemzustand
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38 WS 17/18 Georg Frey
Inferenzmethoden: Vorwärtsverkettung vs. Rückwärtsverkettung
• Vorwärtsverkettung:
Ausgehend von bekannten Fakten werden Regeln ausgeführt
Deren Konklusionen stellen neue Fakten dar
Abbruch, wenn keine Regel mehr feuern kann
ungezielte Suche
• Rückwärtsverkettung
Ausgehend von einer Hypothese werden Regeln gesucht, die diese überprüfen
Eine Regel wird gesucht, die die Hypothese als Konklusion enthält
Dann wird mit den Prämissen dieser Regel entsprechend verfahren, bis man auf
bekannte Prämissen (Fakten) stößt
• Gemischte Strategie
Zunächst Hypothesenbildung (forward) = Auswahl der Regel für die die meisten
Prämissen als gültig erkannt wurden
Danach Hypothesentest (backward) = Versuch, die noch fehlenden Prämissen zu
verifizieren
• Bei allen Verkettungsmethoden kann noch zwischen Tiefensuche bzw.
Breitensuche unterschieden werden
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40 WS 17/18 Georg Frey
Beispiel: Wasserversorgungssystem (Lunze)
• Regeln sind in Form eines
Entscheidungsbaums
gegeben
• Problem: Druck ist niedrig
gesucht wird der Grund
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41 WS 17/18 Georg Frey
Logikbasierte Systeme
• Basieren auf der Aussagen- bzw. Prädikatenlogik
• Erlauben die Verwendung von Variablen
• Anwendung z.B. logikorientierte Programmiersprache PROLOG
• Wissensbasis besteht aus Fakten (Aussagen) und Regeln
(Implikationen)
• Beispiel:
Aussagen:
A1 = Rührer läuft
A2 = Inertgasatmosphäre liegt an
A3 = Flussweg ist abgeschaltet
A4 = Dosierung läuft
A5 = Dosierung läuft nicht
Implikationen
(A1 & A2 & A3) A4
A3 A4
Ableitungen
Seien A1, A2, A3 TRUE dann kann als Wert von A4 auch TRUE abgeleitet werden
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42 WS 17/18 Georg Frey
Logikbasierte Systeme: Erweiterungen
• Default-Logik: Für unbekannte Prämissen werden Defaultwerte (i.A. TRUE) angenommen
• Mehrwertige Logiken: Z.B. vierwertig (WAHR, Wahrscheinlich WAHR, Wahrscheinlich FALSCH, FALSCH)
• Modale Logik: „Es ist möglich, dass ... gilt“
• Autoepistemische Logik: „Ich glaube, dass ... gilt“
• Temporale Logik: Berücksichtigung zeitlicher Relationen: „A gilt nachdem B gilt“
• Einbeziehung von Wahrscheinlichkeitsaussagen in die Logik
• Unscharfe Logik: Wird im Abschnitt Fuzzy-Systeme ausführlich behandelt
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43 WS 17/18 Georg Frey
Probleme regelbasierter Systeme
• Grundannahme, dass sich technisches Erfahrungswissen in Regeln
ausdrücken lässt ist zumindest fragwürdig
• Regeln werden oft dazu missbraucht, Kontrolllogik in das System zu
codieren
• In Regeln wird oft der Kontext (Gültigkeitsbereich) codiert
• In Regeln werden oft strukturelle Beziehungen verschlüsselt, z.B.
stellen manche Regeln Spezialisierungen anderer Regeln dar
• Regeln lassen sich nicht strukturieren und organisieren
Vermischung des Wissens (Fakten, Kontext, Kontrolle) führt dazu, dass
Expertensysteme nicht in der Lage sind, ihr eigenes Systemverhalten
hinreichend zu erklären.
Fehlende Strukturierung führt an die Grenzen technischer
Anwendbarkeit (sinnvolle Systeme besitzen i.d.R. tausende von
Regeln)
Ausweg: Fallbasierte und objektorientierte Ansätze
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44 WS 17/18 Georg Frey
Fallbasierte Systeme
Fallbasiertes Schließen FBS (Case Based Reasoning, CBR)
• Fall ist irgendwie geartete Erfahrung beim Lösen eines Problems.
• Nutzung der Erfahrung, oder eines Falles die Lösung auf ein neues aktuelles aber hinreichend ähnliches Problem anzuwenden.
• Spezielle Fortentwicklung wissensbasierte Systeme
• Fälle aus selbem Bereich sonst Analogie (unterschiedliche Domänen: Sonnensystem und Atommodell) Fallbasiertes Retrieval (Lösung unverändert übernehmen)
Fallbasiertes Schließen (Fall adaptieren)
• Verzicht auf Wahrheit, Nützlichkeit stattdessen (Optimierungsproblem)
• Ansatz basiert auf dynamischen Gedächtnis (grundlegende Annahmen) Erinnern und Anpassen (Adaptieren) sind zentrale mentale Prozesse beim
Verstehen
Indexierung ist für das Erinnern wichtig
Verstehen führt zur Reorganisation des Gedächtnisses, weshalb dieses dynamisch ist
Die Gedächtnisstruktur für die Wissensverarbeitung sind dieselben wie die für die Wissensspeicherung
SC
45 WS 17/18 Georg Frey
CBR: Anwendungs-Voraussetzungen
1. Es müssen hinreichend viele Erfahrungen vorliegen
2. Es muss einfacher sein diese Erfahrungen zu nutzen als die Probleme
direkt zu lösen
3. Die Verwendung der Lösungen der Fallbasis darf sicherheitskritischen
Anforderungen nicht widersprechen
4. Die zur Verfügung stehenden Informationen sind unvollständig oder
unsicher und ungenau
5. Eine Modellierung im Sinne traditioneller wissensbasierter Systeme ist
nicht oder nicht einfach erhältlich
• Häufige Anwendung im Bereich der Diagnostik und im elektronischen
Verkauf aber auch Konfigurieren und Planen.
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47 WS 17/18 Georg Frey
CBR: Beispiel
• Auswahl des passenden Falls über Ähnlichkeit der Fälle
• Wie definiert man Ähnlichkeit
1. Definition von Ähnlichkeitsmaßen für die einzelnen Attribute (lokales
Ähnlichkeitsmaß)
2. Zusammenfassung zu einem Gesamtmaß (z.B. gewichtete Summe)
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48 WS 17/18 Georg Frey
Zusammenfassung und Lernkontrolle zur 2. Vorlesung
Wissen was Expertensysteme sind
Anwendungsgebiete von Expertensystemen nennen können
Grundlegende Architektur von Expertensystemen und die darin
enthaltenen Komponenten kennen
Grundtypen von Expertensystemen und deren Funktionsprinzip
kennen:
Regelbasierte Systeme
Fallbasierte Systeme