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© Martin Poss, Care Management & Consult GmbH

Krisen und Krisenintervention

Martin Poss


Akute Krisen und Krisenintervention Überblick:

1. Bedeutung des Wortes Krise2. Krise als Chance?3. Entstehung von Krisen4. Krisenkategorien5. Krisenspezifisches6. Dauer von akuten Krisen7. Folgen von Krisen8. Versuch einer Krisendefinition9. Ziele von Krisenintervention10. Rahmenbedingungen für die

Arbeit mit akuten Krisen11. Über den Prozess von

Krisenintervention12. Hilfreiches und weniger

Hilfreiches bei einem Krisengespräch


KriseBedeutung des Wortes

• aus dem griechischen: Trennung, Unterschied, Entscheidung

• im chinesischen Sprachgebrauch wei-ji sind 2 Zeichen, die einzeln das Symbol für Gefahr und für Möglichkeit beinhalten


"Krise als Chance" - Relevanz zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen

• Krisen können die Chance zur Veränderung, zur positiven Anpassung an veränderte Bedingungen, zur Lösung bislang schwelender Konflikte beinhalten.

• Jeder Krise wohnt aber auch die Gefahr von Fehlentwicklung und Katastrophe inne.

• Insofern ist es besonders für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, anders als bei Erwachsenen, wichtig, die Krisen nicht nur als etwas Unangenehmes, im Grunde aber Positives zu sehen, sondern das erste Augenmerk auf die Risiken, die akute Gefährdung und Verletzung von Kindern und deren psychisches Leid zu richten. (Kinderschutzarbeit)

• Dieses Hauptaugenmerk entwertet nicht den zweiten Blick auf längerfristige Veränderung.


MenschlicherOrganismus

GleichgewichtHomöostasis

Entstehung von Krisen




GleichgewichtHomöostasisBelastungssituation Belastungssituation

Belastungssituation





UngleichgewichtGrenzsituation

Belastungssituation Belastungssituation






Versuch, dieHomöostasis

wieder herzustellen








wieder herzustellen


AVerarbeitungsmöglichkeiten

vorhanden







wieder herzustellen



vorhanden

Realistische Einschätzung der Situation

plus







wieder herzustellen



vorhanden


plus

angemessene Unterstützung in der Situation







wieder herzustellen



vorhanden


plus


plus

angemessene Bewältigungs-

mechanismen







wieder herzustellen



vorhanden


plus


plus


mechanismen führen zu

Lösung des Problems

Wiederherstellungdes Gleichgewichts

Ergebnis







wieder herzustellen



vorhanden


plus


plus





Ergebnis

keine Krise

Keine Krise







wieder herzustellen



vorhanden


plus


plus





Ergebnis

BVerarbeitungsmöglichkeitenteilweise o. nicht vorhanden

keine Krise







wieder herzustellen



vorhanden


plus


plus





Ergebnis


Verzerrte Einschätzung

der Situation und / oder

keine angemessene Unterstützung in der Situation

und / oder

keine (angemessenen) Bewältigungsmechanismen

führen zu

keine Krise







wieder herzustellen



vorhanden


plus


plus





Ergebnis


Verzerrte Einschätzung

der Situation und / oder

keine angemessene Unterstützung in der Situation

und / oder

keine (angemessenen) Bewältigungsmechanismen

führen zu

ungelösten ProblemenUngleichgewicht und

GrenzsituationenErgebnis

keine Krise Krise


Hans u. die Pille


Tu doch was


Krisenkategorien

• Es gibt potentiell vorhersehbare Krisen, die mit

lebensgeschichtlichen Umbruchsituationen zu tun haben

=> Entwicklungskrisen

• Es gibt Krisensituationen, die nicht vorhersehbar sind

=> Situationskrisen


Entwicklungskrisen


Situationskrisen1. Natur- und von Menschen verursachte Katastrophen

• - Erdbeben, Sturm, Überschwemmung• - Nuklearunfall• - Flugzeugunglück• - Kriegerische Handlungen• - ethnische Säuberungen

2. Verbrechen• - Vergewaltigung• - Raub• - Geiselnahme

3. Krankheit• - Chirurgischer Eingriff• - Verlust von Gliedmaßen• - Lebensbedrohliche Krankheit• - Tödliche Krankheit, Aids, Krebs• - Brandverletzungen• - Unfall• - Geburtsdefekte• - Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch, Unfruchtbarkeit• - Alkohol- und Drogenmissbrauch• - Psychiatrische Erkrankungen

4. Unerwarteter Todesfall• - Tödlicher Unfall• - Mord• - Selbstmord• - Tod eines/einer guten Freundes/Freundin, lieben Verwandten• - Plötzlicher Kindstod

5. Familiäre Krisen• - Trennung, Scheidung• - Häusliche Gewaltanwendung• - Sexuelle, physische Misshandlung

6. Ökonomische Krisen• - Arbeitslosigkeit• - Obdachlosigkeit• - Migration


Spezifikation von Krisen

• Eine Krise hat immer ein auslösendes Moment.

• Eine Krise hat eine eingrenzbare Dauer.

• Eine Krise führt immer zu einem Ergebnis.


Dauer von Krisen

• Eine akute Krise dauert in der Regel

ca. 6 Wochen (4 – 8)!

• Alles andere sind chronifizierte Krisen.

• Chronifizierte Krisen benötigen andere Zugänge als akute Krisen


Folgen von Krisen

Krisen können drei verschiedene Ausgänge haben:

• 1. Erreichen einer anderen und besserenEbene an Bewältigungsstrategien. positive Veränderung Entwicklung

• 2. Einstellung eines neuen Gleichgewichtes durch Anpassung an die neue Situation:

keine Veränderung Gleichgewicht

• 3. Durch die (Nicht)bearbeitung können sich weitere Schädigungen manifestieren:

negative Veränderung Fehlentwicklung


Krisendefinition n. M. Poss


Ziele von Krisenintervention

• 1. Deeskalierendes Wirken auf die schädigenden

Anteile des krisenhaften Geschehens

• 2. Nutzen des Veränderungspotentiales

der Krise


Notwendige Rahmenbedingungen für die

Arbeit mit akuten Krisen

• 1. Schnelle Verfügbarkeit• 2. Erforderlicher Freiraum für (längere)

Krisenintervention - Vorübergehende Entbindung von sonstigen

Verantwortlichkeiten -

• 3. Rückendeckung und Unterstützung• 4. (Keine) zeitliche Begrenzung für

Kriseninterviews• 5. Die zeitliche Freistellung für

umfassende Krisenhilfe• 6. Professionalität• 7. Ressourcensammlung für mögliche

Überweisungen• 8. Starke Nerven, eine gute Versicherung

und viel Humor


Prozess v Krisenintervention


Vorgehensmodell der Krisenintervention in FamilienDas 11-Schritteprogramm

I. BeziehungsaufnahmeSchritt 1: Joining und Strukturieren des GesprächesSchritt 2: Verständnis der Krise aus der Sichtweise der Familie

II. DiagnostikSchritt 3: Verständnis der Krise aus der Sichtweise des

KrisenarbeitersSchritt 4: Erkenntnisse über die Familienstruktur, Grenzen

und RessourcenSchritt 5: Einschätzung von Gefährdung

III. Intervention A ► BeziehungsaspektSchritt 6: Erste Einschätzung und (Neu-) Formulierung der

Krisensituation durch den KrisenarbeiterSchritt 7: Ansprechen und Bearbeiten von durch die Krisen-

situation hervorgerufenen Gefühlen

IV. Intervention B ► ManagementSchritt 8: Engagieren der Familienmitglieder in den Problem-

lösungsprozess bzw. Übernahme von Verantwortungim Problemlösungsprozess

Schritt 9: Wahl des drängendsten Problems

V. VereinbarungSchritt 10: Festlegung der Vorgehensweise und Vereinbarung

eines Zeitplanes und der einzelnen Lösungsschritte im Detail. Mögliche Überweisungsvereinbarungen treffen

VI. Nachsorge Schritt 11: Überprüfung der Überweisung und Eigenkontrolle des

Krisenarbeiters


Hilfreiche KrisengesprächeKrisengespräch

Was man tun sollte Was man lassen sollte

Kontakt herstellen

- Joining -

Aufmerksam zuhören

Gefühle / Tatsachen widerspiegeln

Akzeptanz zeigen

Eigene Geschichte einbringen

Ignorieren von Tatsachen / Gefühlen

Be- / Verurteilen oder Partei ergreifen

Ausmaß der Probleme erfassen

- Einschätzung -

Offene Fragen stellen

Um Konkretisierung bitten

Bedrohliche Gefährdungen genau prüfen

Ja / Nein oder Aus- wahlfragen

Fortgesetzte Ablenkungen

Ignorieren von Gefahrenzeichen

Mögliche Lösungen erarbeiten

- Management -

Brainstorming fördern

Blockierungen direkt bearbeiten

Prioritäten setzen

„Tunnelversionen“ zulassen

Blocks unerforscht lassen

Wirrwarr an Nöten zulassen

Konkrete Schritte

unternehmen

- Management -

Nacheinander

Spezielle Kurzzeitziele erarbeiten

Konfrontation an der Stelle wo es nötig ist

Nur dann direktiv sein, wenn es unbedingt sein muss

Alles auf einmal und jetzt lösen

Langfristig bindende Entscheidungen treffen

Zu ängstlich sein

Keine Verantwortung zu übernehmen, wo es

notwendig wäre

Vereinbarungen

Vereinbarungen für weiteres Gespräch genau treffen

Vorgehensweise einschätzen

Einzelne Details offen lassen / annehmen, dass Klient den Plan in eigene

Hände nimmt

Einschätzung jemand anderem überlassen


Max Frisch

"Krise kann ein produktiver Zustand sein. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen."

Max Frisch (1911-1991), schweizerischer Schriftsteller

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