analysisdpraesent.at/anatut19/analysis_1-3_grabner_2016-17_tu...analysis 2" von herrn professor dr....

495
Analysis Zweite Auflage Vortragender: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Grabner Peter Mitschrift von: Kloner Christoph 19. Juli 2018

Upload: others

Post on 30-Jan-2021

2 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

  • AnalysisZweite Auflage

    Vortragender: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn.

    Grabner Peter

    Mitschrift von: Kloner Christoph

    19. Juli 2018

  • Vorwort zur zweiten Auflage

    Nach mehrmaligem Korrekturlesen, habe ich mich dazu entschlossen, eine zweiteAuflage zu verfassen. Ich habe nahezu jede Grafik überarbeitet. Darüber hinaushabe ich gravierende Änderungen am Layout vorgenommen.Einen großen Dank möchte ich Frau Kropiunig Julia aussprechen, für die Kor-rekturen zu Teil 3. Mit ihrem hohen mathematischen Können und ihrem un-ermüdlich-wachsamen Auge war es ihr möglich, sehr viele Fehler zu finden. So-wohl banale Tippfehler, als auch komplexe Fehler mathematischer Art.Außerdem möchte ich auch Herrn Prokop Lukas BSc, BSc danken für seine Un-terstützungen im Bereich LATEX und dessen Feinschliff.So zeitaufwändig und kräftezehrend die Überarbeitung war, so zufrieden bin ichnun mit dem Ergebnis.Fehler, egal ob es sich um Tippfehler handelt, Fehler in der Deutschen Spracheoder sogar Fehler mathematischer Natur, bleiben leider nicht aus. Für Anmer-kungen bezüglich gefundener Fehler, Ungenauigkeiten oder Inkonsistenzen binich sehr dankbar.

    Gratkorn, Juli 2017 Kloner Christoph

    I

  • Vorwort zur ersten Auflage

    Diese Vorlesung ist gesplittet in drei Teile und behandelt die reelle Analysis.Inhalt dieser Vorlesung ist der Stoff der Analysiskurse des ersten bis drittenSemesters an Österreichischen Universitäten.Darüber hinaus ist der Stoff sehr stark angelehnt an die Bücher

    ”Analysis 1”

    und”Analysis 2” von Herrn Professor Dr. Konrad Königsberger.

    Es finden sich beispielsweise einfache Differentialgleichungen, Fourierreihen, Stamm-funktion und Integrationstechniken, sowie Differentiation von Kurven. Ergänzenddazu sind zahlreiche Beispiele, Aufgaben und historische Anmerkungen.Gegen Ende wird ein besonderes Augenmerk auf mehrdimensionale Differential-und Integralrechnung gelegt.Die Differentialrechnung wird, aufbauend auf dem Konzept der linearen Appro-ximation, zunächst für Funktionen auf Gebieten in einem Rn und dann koordina-tenfrei für Abbildungen auf Gebieten in einem endlich-dimensionalen normiertenRaum entwickelt. In der Integralrechnung bringen wir das Lebesgue-Integral, danur dieses eine leistungsfähige Theorie zur Vertauschung von Integration undGrenzwertprozessen ermöglicht. Die vorliegende Einführung scheint in der Lehr-buchliteratur neu zu sein. Das für Treppenfunktionen elementar erklärte Integralwird fortgesetzt auf die Klasse derjenigen Funktionen, die sich beliebig genaudurch Treppenfunktionen approximieren lassen, wobei als Approximationsmaßdie L1-Halbnorm dient, die wir ohne Zuhilfenahme des Integrals für alle Funk-tionen auf dem Rn definieren.Großen Dank möchte ich Herrn Michael Julius Preischl B.Sc. M.Sc., für seinezahlreichen Tipps, seine Zeit und seine Geduld für all meine anfänglichen Fragenzu LATEX aussprechen.Des weiteren möchte ich Herrn Valentin Havlovec, Herrn Johannes Krondorferund Herrn David Präsent danken, die mir maßgeblich dabei geholfen haben,diese Mitschrift zu vervollständigen.Zuletzt möchte ich noch einen großen Dank an Herrn Professor Dipl.-Ing. Dr.techn.Grabner Peter aussprechen, der mir sowohl bei Fragen zum Stoff geholfen hat,als auch bei Fragen zu LATEX mit Rat und Tat zur Seite stand.

    Gratkorn, Dezember 2017 Kloner Christoph

    II

  • Inhaltsverzeichnis

    I Analysis 1 10.1 Naive Mengenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.2 Die natürlichen Zahlen und vollständige Induktion . . . . . . . . 100.3 Ordnung auf N0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130.4 Einige einfache Abzählaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

    1 Aufbau des Zahlensystems 211.1 Die Reellen Zahlen: R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211.2 Axiome der Ordnung auf R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.3 Intervalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251.4 Supremum und Infimum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271.5 Die komplexen Zahlen C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321.6 Reelle und komplexe Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361.7 Polynome (Polynomfunktionen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371.8 Polynomdivision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381.9 Nullstellen von Polynomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391.10 Erweiterung der Definition des Binomialkoeffizienten . . . . . . . 401.11 Rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431.12 Partialbruchzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

    2 Folgen, Reihen, Grenzwerte 482.1 Rechenregeln für Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512.2 Häufungspunkte (Häufungsweite) von Folgen . . . . . . . . . . . 572.3 Uneigentliche Grenzwerte, beziehungsweise Häufungspunkte . . . 622.4 Bemerkungen zur Vollständigkeit von R (beziehungsweise C) . . 652.5 Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652.6 Alternierende Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682.7 Reihen mit beliebigen Gliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702.8 Absolute Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712.9 Summierbare Familien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 792.10 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

    3 Stetige Funktionen 963.1 Normale Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1033.2 Eigenschaften stetiger Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063.3 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1093.4 Grenzwerte von Funktionen und stetige Fortsetzung . . . . . . . 115

    3.4.1 Rechenregeln für Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . . . 1173.5 Einseitige und uneigentliche Grenzwerte . . . . . . . . . . . . . . 119

    4 Elementare Funktionen 1224.1 Die Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

    4.1.1 Eigenschaften von R→ R . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1264.2 Der natürlich Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1274.3 Exponentialfunktion und Logarithmus mit beliebiger Basis . . . . 1274.4 Die Binomische und Logarithmische Reihe . . . . . . . . . . . . . 130

    4.4.1 Bestimmung von Logarithmen . . . . . . . . . . . . . . . 132

    III

  • 4.5 Trigonometrische Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1334.6 Polarkoordinaten in R2 und C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1414.7 Wurzelziehen in C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1424.8 Exponentialfunktion und Logarithmus in C . . . . . . . . . . . . 1434.9 Hyperbelfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1484.10 Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150

    5 Differentialrechnung von Funktionen einer Variablen 1525.1 Entwicklung der Differentialrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . 162

    II Analysis 2 174

    6 Höhere Ableitungen und der Satz von Taylor 179

    7 Konvexe Funktionen 1857.1 Eine stetige nirgends differenzierbare Funktion . . . . . . . . . . 193

    8 Stammfunktion 195

    9 Diskussion von Funktionen (Kurvendiskussion) 196

    10 Integralrechnung 19910.1 Integrationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

    10.1.1 partielle Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21310.1.2 Substitutionsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21710.1.3 Logarithmische Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

    10.2 Algorithmisches Bestimmen von Stammfunktionen . . . . . . . . 21810.3 Integration von normal konvergenten Reihen . . . . . . . . . . . . 22510.4 Das Integral von Riemann; das Riemann-Integral . . . . . . . . . 22710.5 Das Integralrestglied in der Taylorformel . . . . . . . . . . . . . . 24110.6 Die Euler-MacLaurin’sche Summenformel . . . . . . . . . . . . . 242

    11 Die Bernoulli-Polynome 244

    12 Gleichmäßige Konvergenz 258

    13 Metrische Räume und Topologie 27013.1 Lage von Punkten zu einer Menge . . . . . . . . . . . . . . . . . 27613.2 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27913.3 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28013.4 Der Fixpunktsatz von Banach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292

    14 Die Gamma-Funktion 296

    15 Kurven 30515.1 Bogenlänge von parametrischen Kurven . . . . . . . . . . . . . . 30615.2 Bogenlänge von Funktionsgraphen, Volumen und Oberfläche von

    Rotationskörpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31015.2.1 Rotationskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

    15.3 Die Guldin’schen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314

    IV

  • 15.3.1 Erste Guldin’sche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31415.3.2 Zweite Guldin’sche Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

    15.4 Die Leibniz’sche Sektorformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31515.5 Krümmung ebener Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32015.6 Frenetsche Formeln und Hauptsatz der Kurventheorie . . . . . . 321

    15.6.1 Evoluten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32215.7 Raumkurven in R3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32415.8 Krümmung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

    16 Funktionen in mehreren Variablen 32816.1 Ein wenig Topologie des Rd . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32916.2 Höhere Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34016.3 Taylor Formel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34216.4 Differenzierbare Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

    III Analysis 3 34716.5 Der Laplace-Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35016.6 Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35116.7 Der Hauptsatz über implizite Funktionen . . . . . . . . . . . . . 35616.8 Extremwertaufgaben mit Nebenbedingungen . . . . . . . . . . . 358

    17 Differentialgeometrie der (Hyper-)Flächen 36217.1 Die Dupinsche Indikatrix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36617.2 Die Gaußsche Krümmung und die mittlere Krümmung . . . . . . 36717.3 Parallelverschiebung von Vektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 36717.4 Geodätische Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37017.5 Vektorfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37317.6 Abbildungen zwischen Flächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37717.7 Theorema egregium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38017.8 Bestimmung von Oberflächen - skalare Flächenintegrale . . . . . 38517.9 Minimalflächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38717.10Krümmung von Flächenkurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388

    18 Der Satz von Stone-Weierstraß 390

    19 Fourier-Reihen 39519.1 Dirichtletsche Konvergenztheorie der Fourier-Reihen . . . . . . . 40419.2 Besselsche Theorie der Fourier-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . 41019.3 Die Poissonsche Summenformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417

    20 Parameterintegrale 42120.1 Ein wenig über Variationsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 428

    21 Mehrdimensionale Integralrechnung 43421.1 Jordan-Messbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44221.2 Normalbereich in höheren Dimensionen . . . . . . . . . . . . . . 449

    V

  • 22 Vektorfelder, Kurven-/Oberflächenintegrale und Integralsätze45622.1 Skalare Oberflächenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45622.2 Kurvenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45922.3 Bemerkungen zu skalaren Oberflächenintegralen . . . . . . . . . . 46622.4 Der Integralsatz von Gauß in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . 46822.5 Oberflächenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47422.6 Der Integralsatz von Stokes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47822.7 Der Integralsatz von Gauß im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . 48022.8 Alternierende Differentialformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487

    VI

  • Teil I

    Analysis 1

    1

  • Begriffe

    • Aussage: Satz, der wahr oder falsch sein kann

    • Logik: beschäftigt sich mit Aussagen und Verknüpfungen von Aussagen

    Verknüpfungen

    • Konjunktion: A und B ... A ∧ B

    • Disjunktion: A oder B ... A ∨ B

    • Negation: nicht A ... ¬A

    • Subjunktion:”Wenn A, dann B”... A → B

    • Bijunktion:”Genau dann A, wenn B gilt”... A ↔ B

    Veranschaulichung durch die Wahrheitstafel

    A B A ∧ B A ∨ B A → B A ↔ Bw w w w w ww f f w f ff w f w w ff f f f w w

    Bemerkung 1.

    • Wenn A → B als wahr angenommen wird (A → B immer wahr), dann schreibtman statt →, einen ⇒.(Doppelpfeil impliziert Wahrheitsgehalt und muss nicht weiter überprüft werden).

    • Wenn A und B immer wahr sind, schreibt man statt ↔, einen ⇔.

    • Es gilt A ⇒ B = (¬A)∨ B

    Begriffe

    • Tautologie: Aussage, die immer wahr ist(z.B.: A ∨ (¬A)

    )• Kontradiktion: Aussage, die immer falsch ist

    (z.B.: A ∧ (¬A)

    )Rechenregeln der Logik

    Überprüfung durch Wahrheitstafeln

    A ∧B ⇐⇒ B ∧A(A ∧B) ∧ C ⇐⇒ A ∧ (B ∧ C)A ∨ (B ∧ C) ⇐⇒ (A ∨B) ∧ (A ∨ C)A ∧ (B ∨ C) ⇐⇒ (A ∧B) ∨ (A ∧ C)

    2

  • Vorrangregeln

    • Und (∧) ist stärker als Oder (∨)

    • Klammer ist stärker als Und

    • Negation (¬) ist stärker als Klammer

    Bemerkung 2.

    (A ∧B) ∨ (C ∧D) ⇐⇒ A ∧B ∨ C ∧D(A ∨B) ∧ (C ∨D) ⇐⇒ A ∧ C ∨A ∧D ∨B ∧ C ∨B ∧D

    Gesetze von De Morgan

    ¬(A ∨B) ⇐⇒ (¬A) ∧ (¬B)¬(A ∨B) ⇐⇒ (¬A) ∨ (¬B)

    Schlussregeln

    • Ableitungsregel: A ∧ (A → B) ⇒ B [Modus ponens]

    • Widerlegungsregel: (¬ B) ∧ (A → B) ⇒ ¬A [Modus tollens]

    • Kettenschluss: (A → B) ∧ (B → C) ⇒ A → C

    • Fallunterscheidung: (A ∨ B) ∧ (A → C) ∧ (B → C)

    Begriff: Aussageform: Aussage, deren Wahrheit von einer Variable abhängt.

    Beispiel 1.

    A(x) ⇐⇒ x ist eine gerade ZahlA(4) ⇐⇒ w

    A(−10) ⇐⇒ f

    Quantoren ∀x ...”für alle”

    (oder: ∀x : A(x)⇔

    ∧xA(x)

    )∃x ...

    ”es existiert ein x”

    (oder ∃x : A(x)⇔

    ∨xA(x)

    )∃!x ...

    ”es gibt genau ein x”

    Bemerkung 3.

    • ¬(∀x : A(x)

    )⇐⇒ ∃x : ¬A(x)�

    Um eine Aussage über alle x zu widerlegen, muss eines, oder mehrere Gegenbei-spiele gefunden werden.

    3

  • • ¬(∃x : A(x))⇐⇒ ∀x : ¬A(x)

    Lincoln-Zitat

    ∃t ∈ T, ∀x ∈ P : F (t, x) ∧ ∃x ∈ P,∀t ∈ T : F (t, x) ∧ (∀t ∈ T, ∀x ∈ P : F (t, x))

    ”You can fool all the people some time and some of the people all the time, but

    you cannot fool all the people all the time.”

    0.1 Naive Mengenlehre

    Definition 0.1. Definition von CantorEine Menge ist eine Zusammenfassung von Objekten unseres Denkens, oder unserer Anschauungzu einem Ganzen.x ∈ A ... Aussageform (welche wiederum wahr oder falsch sein kann)

    Mengenoperationen A, B ... Mengen

    • ∅ ... leere Menge, ¬(x ∈ ∅)

    • A ∪ B ...”A vereinigt B”: ∀x ∈ (A ∪B)⇐⇒ x ∈ A ∨ x ∈ B

    • A ∩ B ...”A geschnitten mit B”: ∀x ∈ (A ∩B)⇐⇒ x ∈ A ∧ x ∈ B

    • A\B ...”A ohne B”: x ∈ (A \B)⇐⇒ x ∈ A ∧ x /∈ B

    • A ⊆ B ...”A ist Teilmenge von B”: x ∈ A =⇒ x ∈ B�

    A $ B ...”echte Teilmenge”: A ⊆ B ∧ A 6= B�

    A = B ... x ∈ A⇐⇒ x ∈ B

    Bemerkung 4. Zerlegung von einer Aussage in 2 Aussagen:A=B ⇐⇒ A ⊆ B ∧ B ⊆ A

    De Morgan für Mengen

    A \ (B ∪ C) = (A \B) ∩ (A \ C)A \ (B ∩ C) = (A \B) ∪ (A \B)

    Definition 0.2. PotenzmengeA ... Menge,P(A) ... Menge der Teilmengen von A

    B ⊆ A⇐⇒ B ∈ P(A)

    Es gilt: |P(A)| = 2|M |

    4

  • Beispiel 2.

    A = {1, 2, 3}

    P(A) ={∅, {1}, {2}, {3}, {1, 2}, {1, 3}, {2, 3}, {1, 2, 3}

    }

    A ... Menge, X ... Aussageform

    B ={a ∈ A

    ∣∣∣ X(a)} ... a ∈ B ⇐⇒ a ∈ A ∧X(a)Beispiel 3.

    A = {1, 2, 3}

    B ={a ∈ A

    ∣∣∣ a ist gerade } = {2}Russel’sches Paradoxon M ... Menge aller Mengen =⇒M ∈MN =

    {x ∈M

    ∣∣∣ x /∈ x} :N ∈ N ⇒ N /∈ N EN /∈ N ⇒ N ∈ N E⇒ M kann keine Menge sein, auch wenn sie Cantors Definition entspricht.

    Sei I 6= ∅ eine Menge (”Indexmenge”)

    i ∈ I: Mi ... ”Familie von Teilmengen”

    M =⋃i∈IMi x ∈M ⇐⇒ ∃i ∈ I : x ∈Mi

    N =⋂i∈IMi x ∈ N ⇐⇒ ∀i ∈ I : x ∈Mi

    Operatoren über i Mengen

    Definition 0.3. Kartesische ProdukteA, B ... Mengen

    A×B ={

    (a, b)∣∣∣ a ∈ A ∧ b ∈ B} ... geordnete Menge der Paare

    An = An−1 ×AA3 ... Menge der Tripel

    A4 ... Menge der Quadrupel

    ...

    An ... Menge der n-Tupel

    5

  • Definition 0.4. Kartesische Produkte über i MengenSei I eine Indexmenge, i ∈ I : Mi

    ×i∈I

    Mi ={

    (mi)i∈I

    ∣∣∣ ∀i ∈ I : mi ∈Mi}

    Abbildungen Seien M und N Mengen.

    f :

    {M → Nm 7→ f(m)

    f ordnet jedem m ∈M ein Element f(m) zu und zwar nach der Vorschrift.Andere Schreibweise: F ⊆ M × N mit folgender Eigenschaft: ∀m ∈ M ∃!n ∈N : (m,n) ∈ FFür jedes Element m aus M gibt es genau ein Element n aus N

    f :

    {M → Nm 7→ n

    M

    Nf

    Eigenschaften von Abbildungen

    • f heißt injektiv, wenn

    {∀m1,m2 ∈M : m1 6= m2 =⇒ f(m1) 6= f(m2)∀m1,m2 ∈M : m1 = m2 =⇒ f(m1) = f(m2)

    Schreibweise: f : M ↪→ N

    • f heißt surjektiv, wenn: ∀n ∈ N , ∃m ∈M : f(m) = n

    Schreibweise: f : M � N

    • f heißt bijektiv, wenn f injektiv und surjektiv ist.

    Jedes n ∈ N kommt genau einmal als Bild vor.

    6

  • Satz 0.1. Sei f : M → N eine Abbildung, Dann ist:

    1. f injektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g1 : N →M gibt, sodass:

    ∀m ∈M : m = g1(f(m)

    )2. f surjektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g2 : N →M gibt, sodass:

    ∀n ∈ N : n = f(g2(n)

    )3. f bijektiv genau dann, wenn es eine Abbildung g : N →M gibt, sodass:

    ∀m ∈M : m = g(f(m)

    )und ∀n ∈ N : n = f

    (g(n)

    )Beweis.

    1.”⇐” Angenommen es gibt g1 : N →M mit der Eigenschaft

    f(m1) = f(m2)⇒ g1(f(m1)

    )︸ ︷︷ ︸m1

    = g1(f(m2)

    )︸ ︷︷ ︸m2

    das heißt:

    f(m1) = f(m2) ⇒ m2 = m1

    also ist f injektiv

    ”⇒” Angenommen f sei injektiv, das heißt jeder Punkt n ∈ N tritt

    höchstens als Bild von einem Element m ∈M auf{∃!n ∈ N : n = f(m) g1(n) = m∀n ∈ N : n 6= f(m) g1(n) = m2

    −→ g1(f(m)

    )= m

    M M M

    N N N

    injektiv surjektiv bijektiv

    7

  • 2.”⇐” Angenommen es gibt ein g2 mit der obigen Eigenschaft.

    zu zeigen: f ist surjektiv: ∀n ∈ N, ∃m ∈Mm=g2(n)

    : N = f(m) = f(g2(n))

    ”⇒” Angenommen f sei surjektiv

    n ∈ N :{m ∈M

    ∣∣∣ f(m) = n} 6= ∅g2(n) ∈

    {m ∈M

    ∣∣∣ f(m) = n}f(g2(n)

    )= n

    3.”⇐” Angenommen ∃g : N →M mit der angegebenen Eigenschaft. Aus 1.

    und 2. folgt, dass f bijektiv ist

    ”⇒” Angenommen f ist bijektiv: f ist injektiv︸ ︷︷ ︸

    ∃g1:N→Mwie oben 1)

    und surjektiv︸ ︷︷ ︸∃g1:N→Mwie oben 2)

    aus 1. g1

    (f(g2(n)

    ))= g2(n)

    aus 2. f(g2(n)

    )= n

    ⇒ g1(n) = g2(n)

    g :{

    N → Mn 7→ g1(n) = g2(n)

    Definition 0.5. Sei f : M → N bijektiv, dann heißt die Abbildung g : N →M aus Punkt 3. dieUmkehrabbildung von f : f (−1) := g

    Bemerkung 5. Gibt es eine Umkehrabbildung f (−1) : N →M einer Abbildung f : M →N , dann ist f bijektiv.

    Bemerkung 6. Zwei Abbildungen f : A → B und g : C → D sind genau dann gleich,wenn A = C, B = D und ∀a ∈ A : f(a) = g(a)

    Beispiel 4.

    f =

    {{1, 2} → {1, 2, 3, 4}

    x 7→ x+ 1 6= g ={{1, 2} → {2, 3}

    x 7→ x+ 1injektiv, nicht surjektiv bijektiv

    Bemerkung 7. Identität auf A

    idA :

    {A → Aa 7→ a

    8

  • A wird auf sich selbst abgebildet.

    Definition 0.6. Ist f :

    {A → Ba 7→ f(a) und g :

    {B → Cb 7→ g(b) , dann ist g◦f :

    {A → Ca 7→ g

    (f(a)

    )”g nach f” oder

    ”g Ring f”.

    Hintereinanderausführung von g und f (Verknüpfung, beziehungsweise Verkettung von g und f)

    Bemerkung 8.

    f (−1) ◦ f = idAf ◦ f (−1) = idB

    Definition 0.7. Sei f : A→ B eine Abbildung.

    M ⊆ A : f(M) ={b ∈ B

    ∣∣∣ ∃m ∈M : f(m) = b} ... Bild unter f von M={f(m)

    ∣∣∣ m ∈M} ... Kurzschreibweise (salopp)N ⊆ B : f (−1) =

    {a ∈ A

    ∣∣∣ f(a) ∈ N} ... Urbild(-menge) von N unter fDie Urbildmenge existiert, unabhängig davon, ob die Abbildung bijektiv ist, oder nicht.

    Schreibweise: f

    keineKlam-mern︷︸︸︷−1 ( N︸︷︷︸

    Mengeeinge-setzt

    )

    Achtung! f−1 6= f (−1)

    A B

    M f(M)

    f−1(N) N

    f(a) /∈ Nf−1(N)

    f

    9

  • Bemerkung 9. M ⊆ f−1(f(M)

    )und f

    (f−1(N)

    )⊆ N

    Definition 0.8. Sei A eine endliche Menge. Dann schreibt man |A| für die Anzahl ihrer Elemente.#A, #(A) ...

    ”Kardinalität von A”

    Definition 0.9. AuswahlaxiomSei I eine Menge und (Mi)i∈I︸ ︷︷ ︸

    Familievon

    Mengen

    , dann gibt es eine Abbildung

    f : I →⋃i∈IMi : ∀i ∈ I : f(i) ∈Mi

    ”f ist eine Auswahl”, für jedes i ∈ I wird ein Element aus der dazugehörigen MengeMi ausgewählt.

    Bemerkung 10.

    ×i∈IMi ... Das Auswahlaxiom garantiert, dass ×

    i∈IMi 6= ∅

    Bemerkung 11. A,B seien Mengen, Dann heißen A und B disjunkt (element-fremd),wenn A ∩B = ∅.

    0.2 Die natürlichen Zahlen und vollständige Induktion

    ∅, {∅},{∅, {∅}

    },{∅, {∅},

    {∅, {∅}

    }}, ...

    Definition 0.10. Die Peano-Axiome der natürlichen Zahlen sind:

    1. 0 ∈ N0

    2. ∀n ∈ N0 : n′ ∈ N0 ... für jedes Element n ∈ N0 gibt es in N0 ein weiteres Element n′

    3. ∀n ∈ N0 : n′ 6= 0 ... der Nachfolger n′ von n ist nicht 0 ⇒ 0 ist der Anfang von N0

    4. ∀m ∈ N0, ∀n ∈ N0 : m′ = n′ ⇒ m = n ... verschiedene Elemente haben verschiedeneNachfolger.

    5. ∀A(0 ∈ A und ∀n ∈ A : n′ ∈ A

    ): N0 ⊆ A ... N0 ist die kleinste Menge aller Mengen A,

    die die Eigenschaften 1. - 4. besitzt.

    5’. Alte Schreibweise:∀X :

    (X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n′)

    )⇒ ∀n ∈ N0 : X(n)

    Sei A eine Menge wie oben: B ={n ∈ A

    ∣∣∣ X(n)}⇒ N0 ⊆ B10

  • Schritt 5’. führt uns zum Prinzip der vollständigen Induktion. Diese ist eine Beweisform für Aus-sagen über die natürlichen Zahlen.

    Beispiel 5.

    1 + 2 + 3 + ...+ n∑2 ·∑

    n = 0 0 0 0 · 1n = 1 1 2 1 · 2n = 2 3 6 2 · 3n = 3 6 12 3 · 4n = 4 10 20 4 · 5

    ⇒ 1 + 2 + ...+ n = n · (n+ 1)2

    1. Induktionsbasis:

    X(0) =0 · (0 + 1)

    2= 0

    2. Induktionsvoraussetzung:

    X(n) : 1 + 2 + ...+ n =n · (n+ 1)

    2

    Korrektheit wird vorausgesetzt

    3. Induktionsbehauptung:

    X(n+ 1) = X(n′)

    Korrektheit will überprüft werden:

    1 + 2 + ...+ n+ (n+ 1) =(n+ 1) · (n+ 2)

    2

    4. Induktionsschritt:

    X(n)⇒ X(n′), X(n)⇒ X(n+ 1) :

    1 + 2 + ...+ n+ (n+ 1) =n · (n+ 1)

    2+ (n+ 1) =

    (n+ 1) · (n+ 2)2

    11

  • Beispiel 6.

    12 + 22 + 32 + ...+ n2∑6 ·∑

    n = 0 0 0 0n = 1 1 6 1 · 2 · 3n = 2 5 30 2 · 3 · 5n = 3 14 84 3 · 4 · 7n = 4 30 180 4 · 5 · 7n = 5 55 380 5 · 6 · 11

    Formel erraten

    ⇒ 12 + 22 + 32 + ...+ n2 = n · (n+ 1) · (2n+ 1)6

    Es scheint, als ob eine Formel gefunden wurde, die aber bis jetzt nur für n ≤ 5 zweifelsfreistimmt. Beweis für n Elemente durch vollständige Induktion.

    Beweis.

    1. Basis:

    n = 0 :

    0 · (0 + 1) · (2 · 0 + 1)6

    = 0 X

    2. Voraussetzung:

    12 + 22 + 32 + ...+ n2 =n · (n+ 1) · (2n+ 1)

    6

    3. Behauptung:

    12 + 22 + 32 + ...+ n2 + (n+ 1)2 =(n+ 1) · (n+ 2) · (2(n+ 1) + 1)

    6

    4. Induktion:

    12 + 22 + 32 + ...+ n2︸ ︷︷ ︸ersetzen durch

    Induktionsvoraussetzung

    +(n+ 1)2(

    !=

    (n+ 1) · (n+ 2) · (2n+ 3)6

    )

    =n(n+ 1)(2n+ 1)

    6+ (n+ 1)2 =

    =n+ 1

    6·(n · (2n+ 1) + 6 · (n+ 1)

    )=

    =n+ 1

    6·(2n2 + n+ 6n+ 6

    )=

    =n+ 1

    6·(2n2 + 7n+ 6

    )=

    =n+ 1

    6· (n+ 2) · (2n+ 3)

    12

  • Bemerkung 12. Rechenoperationen auf N0

    Addition:”

    m+n” m,n ∈ N0m+ 0 = m, m+ (n+ 1) = m+ n′ = (m+ n)′

    Multiplikation m · 0 = 0m · 1 = mm · (n+ 1) = m · n′ = m · n+m

    0.3 Ordnung auf N0

    m ≤ n ⇔ ∃k ∈ N0 : m+ k = n[besonders n ≤ n′ ≤ n′′ ≤ n′′′ ≤ ...

    ] }”kleiner gleich ”

    m < n ⇔ m ≤ n und m 6= n ⇔ ∃k ∈ N0 \ {0}︸ ︷︷ ︸=N

    : m+ k = n}

    ”strikt kleiner ”

    Definition 0.11.

    N = N0 \ {0}

    Bemerkung 13.”≤” ist eine Totalordnung, das heißt:

    ∀m,n ∈ N0 : m ≤ n oder n ≤ m[m ≤ n und n ≤ m ⇔ m = n

    ]

    Satz 0.2. Die natürlichen Zahlen mit”≤” sind wohlgeordnet, das heißt:

    Jede nicht leere Teilmenge A ⊆ N0 besitzt ein kleinstes Element:

    ∀A ⊆ N0, A 6= ∅, ∃a ∈ A : ∀b ∈ A : b ≥ a

    Beweis. Sei A 6= ∅ eine Teilmenge von N0, die kein kleinstes Element besitzt.Zeige darum, dass ∀n ∈ N0: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅

    1. Basis: n=0 A ∩ {0} = ∅Wenn 0 ein Element von A wäre, dann ist 0 das kleinste Element von A E

    2. Voraussetzung: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅

    3. Behauptung: A ∩ {0, 1, ..., n, n+ 1} = ∅

    4. Induktion: A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅, angenommen A ∩ {0, 1, ..., n, n + 1} 6= ∅⇒ n+ 1 ∈ A⇒ n+ 1 ist das kleinste Element von A E

    ⇒ damit gilt ∀n ∈ N0 : A ∩ {0, 1, ..., n} = ∅ und damit A = ∅ E

    13

  • Satz 0.3. Mathematischer WitzEs gibt keine uninteressante natürliche Zahl

    Beweis. Angenommen es gibt uninteressante natürliche Zahlen:

    U ={u ∈ N0

    ∣∣∣ u ist uninteressant } 6= ∅Nach Satz 0.2 hat U ein kleinstes Element u. u ist das kleinste Element derMenge der uninteressante Zahlen, dadurch ist es interessant E

    Beispiel 7.

    1729 = 123 + 13 = 103 + 93

    kleinste Zahl, die sich als Summe zweier Kuben schreiben lässt.

    Definition 0.12. Summenzeichena1, a2, ..., an ... Zahlensaloppe Definition:

    n∑k=1

    ak ”:= ” a1 + a2 + ...+ an

    ”Summe von k ist 1 bis n über ak”

    Saubere induktive Definition:

    0∑k=1

    ak := 0

    n+1∑k=1

    ak :=

    (n∑k=1

    ak

    )+ an+1

    k ... Laufvariablek = 1 ... untere Summationsgrenzen ... obere Summationsgrenze

    Beispiel 8.

    n∑k=1

    k =n(n+ 1)

    2

    Bemerkung 14. Wenn I eine geordnete Menge ist:∑i∈Iai i durchläuft die Menge I.

    14

  • Definition 0.13. ProduktzeichenSaloppe Definition:

    n∏k=1

    ak ”:= ” a1 · a2 · ... · an

    ”Produkt von k ist 1 bis n über ak”.

    Saubere Definition:

    0∏k=1

    ak := 1

    n+1∏k=1

    ak :=

    (n∏k=1

    ak

    )· an+1

    Manchmal: ∏i∈I

    ai

    Bemerkung 15.

    n∏k=1

    k := n! ...”

    n Faktorielle”,”

    Fakultät ”

    Bemerkung 16.

    A ⊆ N0, A 6= ∅ besitzt ein kleinstes Element∀A ⊆ N0, A 6= ∅, ∃a ∈ A : ∀b ∈ A : b ≥ a

    ”N0 ist wohlgeordnet”

    Bemerkung 17. Die Wohlordnung von N0 ist äquivalent zum Induktionsaxiom 5.Zu zeigen: Wohlordnung ⇒ Induktion:

    ∀X :(X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n)⇒ X(n′)

    )=⇒ ∀n ∈ N0 : X(n)

    Sei X eine Aussageform mit X(0) und ∀n ∈ N0 : X(n)⇒ X(n′)

    A ={n ∈ N0

    ∣∣∣ ¬X(n)}Angenommen A 6= ∅, dann besitzt A wegen der Wohlordnung von N0 ein kleinstes ElementN ∈ A, N 6= 0, weil X(0).Sei m ∈ N0 mit m′ = N =⇒ X(m)⇒ X(m′) = X(N) E

    15

  • Beispiel 9. Sei q 6= 1. Dann gilt für alle n ∈ N0:n∑k=0

    qk =qn+1 − 1q − 1

    ...”

    geometrische Summenformel”

    Beweis. durch Induktion:

    1. Basis: n = 0 :

    1 =q − 1q − 1

    = 1 X

    2. Voraussetzung:

    n∑k=0

    qk =qn+1 − 1q − 1

    3. Behauptung:

    n+1∑k=0

    qk =qn+2 − 1q − 1

    4. Schritt:

    n+1∑k=0

    qk =

    n∑k=0

    qk + qn+1 =qn+2 − 1q − 1

    qn+1 − 1q − 1

    + qn+1 =qn+2 − 1q − 1

    qn+1 − �1 + qn+1(q − 1) = qn+1 − �1

    ���qn+1 + qn+2 −���qn+1 = qn+2

    wahre Aussage

    0.4 Einige einfache Abzählaufgaben

    1) Auf wie viele verschiedene Arten können n paarweise verschiedene Objekteangeordnet werden?

    Möglichkeiten Anzahl

    n = 2 1, 2 oder 2, 1 #2n = 3 1, 2, 3 ∨ 2, 1, 3 ∨ 2, 3, 1 ∨ 3, 2, 1 ∨ 3, 2, 1 ∨ 1, 3, 2 #6n = 4 ... #24

    16

  • Pn = Anzahl der Anordnungsmöglichkeiten von n Elementen

    Pn+1 = (n+ 1)︸ ︷︷ ︸Möglich-

    keiten das(n+1)-teElementin die nbereits

    geordneteneinzuordnen

    Pn

    Pn := n! =

    n∏k=1

    k

    Pn+1 = (n+ 1)! =

    (n∏k=1

    k

    )· (n+ 1)

    Satz 0.4. Die Anzahl der Anordnungen von n paarweise verschiedenen Elementen is n!.

    Beweis. Die Induktionsbasis ist nach 1) für n = 2 und n = 3 bewiesen.Induktionsschluss: Die Klasse derjenigen Anordnungen der Elemente 1, ..., n+1,die das Element k auf Platz 1 haben bei beliebiger Anordnung der übrigenn Elemente, enthält nach Induktionsannahme n! Anordnungen. Es gibt n + 1derartige Klassen. Die Anzahl aller Anordnungen der Elemente 1, ..., n + 1 istalso (n+ 1)n! = (n+ 1)!

    Bemerkung 18. Jeder Anordnung von n Elementen entspricht genau eine Permutation.Das heißt die Anzahl der Permutationen ist gleich n!.

    Sn ={f : {1, 2, ..., n}

    ∣∣∣ bijektiv } ... symmetrische Gruppe︸ ︷︷ ︸Ist die Gruppe, die aus allen

    Permutationen einer n-elementigenMenge besteht

    #Sn = n!

    2) Auf wie viele Arten kann man k Elemente aus n auswählen?

    Fall (a): Reihenfolge der gezogenen Elemente wird berücksichtigt

    Ziehung:verbleibende Elemente: n n− 1 n− 2 ... n− k + 1

    Zug-Nummer: 1 2 3 ... kAnzahl der Möglichkeiten:

    # = n · (n− 1) · (n− 2) · ... · (n− k + 1)

    = n · (n− 1) · ... · (n− k + 1) · (n− k) · ... · 2 · 1(n− k) · ... · 2 · 1

    # =n!

    (n− k)!

    ”Variationen von n Elementen zur k-ten Klasse”(V nk )

    17

  • Fall (b): ohne Berücksichtigung der Reihenfolge der gezählten Elemente

    # =n!

    k!(n− k)!:=

    (n

    k

    )... Binomialkoeffizient

    ”Variationen ohne Wiederholung von n Elementen zur k-ten Klasse”(Cnk )

    Beispiel 10. Seien A und B zwei Mengen für die gilt: A∩B = ∅. Weiters seien |A| = mund |B| = n dann gilt |A ∪B| = m+ n.Man will aus A ∪B k Elemente ziehen:

    (m+nk

    )k∑l=0

    (m

    l

    )·(

    n

    k − l

    )=

    (m+ n

    k

    )... Vandermondesche Indentität(

    n

    k

    )= 0 für k > n(n

    −1

    ):= 0(

    n

    0

    )=

    (n

    n

    )= 1

    Man will k+1 Elemente aus n+1 ziehen. Sei diesmal |A| = n und |B| = 1 und A∩B = ∅(n+ 1

    k + 1

    )=

    (n

    k + 1

    )· 1 +

    (n

    k

    )· 1︸ ︷︷ ︸

    k Elemeteaus A,

    ein Elementaus B

    =

    (n

    k + 1

    )+

    (n

    k

    )

    keine Berücksichtigung der Reihenfolge, keine Wiederholung.

    18

  • Satz 0.5. Der binomische Lehrsatz

    (x+ y)n

    n = 1 : x+ yn = 2 : x2 + 2xy + y2

    n = 3 : x3 + 3x2y + 3xy2 + y3

    (x+ y)n = (x+ y) · ... · (x+ y)︸ ︷︷ ︸n-mal

    Elemente durch ausmultiplizieren:

    xn ... 1 malxn−1 · y ... n malxn−1 · yk ...

    (nk

    )mal

    =⇒ (x+ y)n =n∑k=0

    (n

    k

    )· xn−k · yk und (x− y)n =

    n∑k=0

    (n

    k

    )· (−1)k · xn−k · yk

    Beweis.

    1. Basis: n = 0 :

    1 =

    0∑k=0

    (0

    0

    )︸︷︷︸

    =1

    ·x0−k · yk = 1 X

    2. Voraussetzung:

    (x+ y)n =

    n∑k=0

    (n

    k

    )· xn−k · yk gelte

    3. Behauptung:

    (x+ y)n+1 =

    n+1∑k=0

    (n+ 1

    k

    )· kn+1−k · yk

    19

  • 4. Schritt:

    (x+ y)n+1 = (x+ y)n · (x+ y) IV=

    (n∑k=0

    (n

    k

    )· xn−k · yk

    )· (x+ y) =

    =

    n∑k=0

    (n

    k

    )· xn+1−k · yk +

    n∑k=0

    (n

    k

    )· xn−k · yk+1 =

    =�nn+1∑�kl=0

    (n

    �kl

    )· xn+1−�kl · y�kl +

    n+1∑l=�10

    (n

    l − 1

    )· xn+1−l · yl

    ︸ ︷︷ ︸Der Wert der Summe ändert sich nicht,weil die neune Summanden gleich 0 sind

    =

    =

    n+1∑l=0

    ((n

    l

    )+

    (n

    l − 1

    ))︸ ︷︷ ︸

    =(n+1l )

    ·xn+1−l · yl =n+1∑l=0

    (n+ 1

    l

    )· xn+1−l · yl

    20

  • 1 Aufbau des Zahlensystems

    N ist gegeben durch die Peano-Axiome

    Z ist N ∪ {0} ∪ (−N) mit −N ={−n

    ∣∣∣ n ∈ N}Q ist

    {pq

    ∣∣∣ p ∈ Z, q ∈ N}p1q1

    +p2q2

    =p1q2 + p2q1

    q1q2p1q1· p2q2

    =p1p2q1q2

    p1q1p2q2

    =p1q2q1p2

    Bemerkung 19. Je zwei Elemente a, b ∈ (N0,Z,Q) sind vergleichbar: es gilt entwedera < b, a = b, oder a > b. Es gilt genau eine der Relationen.

    Bemerkung 20.((N0,Z,Q),≥

    )ist eine Totalordnung (a ≤ b⇔ a < b∨ a = b). je zwei

    Elemente sind miteinander vergleichbar (6= Wohlordnung).

    1.1 Die Reellen Zahlen: RR hat folgende Eigenschaften:

    K1: 0 ∈ R, ∀x ∈ R :

    x+ 0 = x

    K2: 1 ∈ R, ∀x ∈ R :

    x · 1 = x

    K3: ∀x, y ∈ R : [Kommutativgesetz]

    x+ y = y + x, x · y = y · x

    K4: ∀x, y, z : [Assoziativgesetz]

    (x+ y) + z = x+ (y + z), (x · y) · z = x(y · z)

    K5: ∀x, y, z ∈ R : [Distributivgesetz]

    (x+ y) · z = x · z + y · z

    21

  • K6: ∀x ∈ R, ∃y ∈ R :

    x+ y = 0,[y := −x

    ]K7: ∀x ∈ R, x 6= 0, ∃y ∈ R :

    x · y = 1,[y := x−1 =

    1

    x

    ]

    ”R ist ein Körper”

    1.2 Axiome der Ordnung auf R01: ∀x, y ∈ R: x > 0 und y > 0 ⇒ x+ y > 0 < x · y

    02: ∀x ∈ R : x < 0 ∨̇ x = 0 ∨̇ x > 0 (∨̇...exklusives oder)R ist eine Totalordnung

    03: ∀x ∈ R ∃n ∈ N0 : n− x > 0 (Archimedisches Axiom)

    x < y ⇐⇒ y − x > 0x > y ⇐⇒ x− y > 0x ≤ y ⇐⇒ x < y ∨ x = yx ≥ y ⇐⇒ x > y ∨ x = y

    Bemerkung 21. 1. a < b und b < c ⇒ a < c [Transitivität](b− a > 0 und c− b > 0 01=⇒ (c− b) + (b− a) = c− a > 0 ⇐⇒ c > a

    )2. a > b, c ∈ R =⇒ a+ c > b+ c, (a+ c)− (b+ c) = a− b > 0

    3. a > b, c ∈ R =⇒ c > 0: a · c > b · c; c < 0: a · c < b · c a− b > 0 c > 0 01=⇒ (a− b) · c > 0 =⇒ a · c > b · ca− b > 0 c < 0 =⇒ (a− b) · (−c) > 0 =⇒ −c > 0b · c− a · c > 0 ⇐⇒ bc > ac

    Das heißt: Die Ungleichungsrichtung bleibt bei Multiplikation mit einer positivenZahl erhalten, bei Multiplikation mit einer negativen Zahl kehrt sie sich um.

    4. ∀a ∈ R, a 6= 0: a2 > 0({a > 0a < 0

    }3.

    =⇒ a2 > 0)

    5. 1 > 0 :(1 = 12 > 0

    )6. a > b > 0 =⇒ 1b >

    1a

    22

  • Satz 1.1. Die Bernoullische UngleichungSei x ≥ −1, dann gilt für alle n ∈ N0:

    (1 + x)n ≥ 1 + n · x

    Beweis. Durch Vollständige Induktion:

    1. Basis: n = 0

    (1 + x)0 ≥ 1 + 0 · x X

    2. Voraussetzung:

    (1 + x)n ≥ 1 + n · x

    3. Behauptung:

    (1 + x)n+1 ≥ 1 + (n+ 1) · x

    4. Schritt:

    (1 + x)n+1 ≥ 1 + (n+ 1) · x(1 + nx)︸ ︷︷ ︸

    IV

    ·(1 + x) ≥ 1 + nx+ x

    �1 + �x+��nx+ nx2 ≥ �1 +��nx+ �x

    nx2 ≥ 0

    Satz 1.2. i) Sei q > 1, dann gibt es zu jedem k > 0 ein n ∈ N: qn > k

    ii) Sei 0 < q < 1, dann gibt es zu jedem ε > 0 ein n ∈ N: qn < ε.

    Beweis.

    i) q > 1, q = 1 + q′ mit q′ > 0

    qn = (1 + q′)n > 1 + n · q′!≥ k ⇐⇒ n ≥ k − 1

    q′∈ R

    Aus Axiom 03 folgt, dass es ein solches n ∈ N gibt, das diese Gleichungerfüllt.

    ii) 0 < q < 1, ε > 0 ... dann gibt es nach i) ein k ∈ N:

    q̃n >1

    ε= k

    ⇒ qn = 1q̃n

    < ε

    q̃ :=1

    q> 1

    23

  • Definition 1.1. Sei x ∈ R: |x| :=

    {x für X ≥ 0−x für x < 0

    |x| heißt der Absolutbetrag von x

    Bemerkung 22. Eigenschaften von |x|

    A1: ∀x ∈ R: [Definitheit]

    |x| ≥ 0 und |x| = 0 ⇐⇒ x = 0

    A2: ∀x, y ∈ R : [Multiplikativität]

    |x · y| = |x| · |y|

    A3: ∀x, y ∈ R : [Dreiecksungleichung]

    |x+ y| ≤ |x|+ |y|

    Beweis.

    A1: folgt direkt aus der Definition

    A2: |x · y| =(± x)· (±y) = |x| · |y| ... Vorzeichen passend gewählt.

    A3:

    |x| ≥ x und |x| ≥ −x|y| ≥ y und |y| ≥ −y

    }Aus der Definition

    |x|+ |y| ≥ (x+ y)|x|+ |y| ≥ −(x+ y)

    }|x|+ |y| ≥ |x+ y|

    Bemerkung 23. Umgekehrte Dreiecksungleichung

    ∀x,∈ R :∣∣∣|x| − |y|∣∣∣ ≤ |x− y|

    Beweis.

    |x| = |y − (y − x)|

    Drei-ecks-

    Unglei-chung

    ≤ |y|+ |y − x|⇒ |x| − |y| ≤ |y − x| = |x− y|

    |y| − |x| ≤ |x− y|(|x| − |y|

    )≤ |x− y|

    −(|x| − |y|

    )≤ |x− y|

    }⇒

    ∣∣|x| − |y|∣∣ ≤ |x− y|24

  • Bemerkung 24. Eine Abbildung |·| : K → R (K Körper, K1-K7) mit den EigenschaftenA1-A3 heißt eine Bewertung. Auf Q gibt es unendlich viele Bewertungen. Eine davon ist|·| wie oben.

    Eine Bewertung heißt archimedisch, wenn ∀x ∈ K, x 6= 0 ∃n ∈ N: |n · x| ≥ 1.|·| wie oben archimedisch, alle anderen sind nicht archimedisch.

    Bemerkung 25. |x| ist der Abstand von x ∈ R zu 0. |x − y| ist der Abstand zweierZahlen x, y ∈ R zueinander.

    Bemerkung 26.

    x ∈ R03:⇒ ∃n ∈ N0 : n > x

    Sei x > 0{n ∈ N

    ∣∣∣ n > x} 6= ∅m sei das kleinste Element dieser Menge

    m− 1︸ ︷︷ ︸größte

    natürlicheZahl≤x

    ≤ x < x

    bxc := m− 1x ≤ 0 dann gibt es ein n ∈ N : n+ x > 0bxc = bn+ xc − n ∈ Z größte ganze Zahl ≤ x

    bxc := max{k ∈ Z

    ∣∣∣ k ≤ x}

    1.3 Intervalle

    a, b ∈ R, a < b

    (a, b) ={x ∈ R

    ∣∣∣ a < x < b} offenes Intervall[a, b] =

    {x ∈ R

    ∣∣∣ a ≤ x ≤ b} abgeschlossenes intervall(a, b] =

    {x ∈ R

    ∣∣∣ a < x ≤ b} links offen, rechts geschlossen (halboffen)Definition 1.2. Eine Menge von Intervallen In = [an, bn] heißt Intervallschachtelung, wenn:

    1. I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ...

    25

  • 2. ∀ε > 0, ∃n ∈ N : |In| := bn − an < ε

    IntervallschachtelungsaxiomFür jede Intervallschachtelung (In)n∈N gibt es eine reelle Zahl x, die in allen Intervallen In ent-halten ist.

    x ∈⋂n∈N

    In

    Bemerkung 27. x ist eindeutig bestimmt. Angenommen x, y ∈⋂n∈N

    In.

    oBdA: x < y: ε = y−x2 > 0, ∃n : |In| < ε, x, y ∈ I: y − x = 2ε E zur IntervalllängeSei (In)n∈N eine Intervallschachtelung. Dann gibt es ein x ∈ R sodass:⋂

    n∈NIn = {x}

    Satz 1.3. Sei x ∈ R, x > 0 und k ∈ N, dann gibt es genau ein y ∈ R, y > 0 sodass yk = xbeziehungsweise y = k

    √x

    Beweis. Zuerst sei x > 1. Definiere eine Intervallschachtelung für y:

    I1 = [1, x], 1k = 1 < x < x2 =⇒ y ∈ I1

    Angenommen I1, I2, ..., In wären bereits definiert

    In = [an, bn], mn =an + bn

    2

    In+1 =

    {[mn, bn] wenn m

    kn ≤ x

    [an,mn] wenn mkn > x

    ⊆ In

    x ∈ In+1

    Eigenschaften von In+1Für x < 1 definiert man x′ = 1x und setzt x’ in den bereits geführten Beweis.

    Bemerkung 28.

    akn ≤ x ≤ bkn

    |In+1| =1

    2· |In|

    |In| =(

    1

    2

    )n−1· |I1|

    Nach dem Satz 1.2 gibt es ∀ε > 0 ein n ∈ N:(

    12

    )n−1 · |I1| < ε. Damit ist (In)n∈N eine

    26

  • Intervallschachtelung.

    Intervall-schachtelungs-

    axiom=⇒ ∃!y : ∀n ∈ N : y ∈ In

    Beweis. Es ist zu zeigen: yk = x

    betrachte dazu: I(k)n = [akn, b

    kn], I

    kn+1 ⊆ Ikn

    bkn − akn = (bn − an) · (bk−1n + bk−1n an + ...+ bnak−2n + ak−1n︸ ︷︷ ︸k Summanden

    ) ≤ (bn − an) · k · bk−11

    ∀ε′ > 0 ∃n : bn − an <ε

    k · bk−11:= ε′ ⇒ bkn − akn ≤ (nn − an) · k · bk−11 <

    ����k · bk−11·����k · bk−11 = ε

    Ikn ist eine Intervallschachtelung für x. ∀n : x ∈ Ikn, damit gilt für y. yk = x,yk ∈ Ikn, an ≤ y ≤ bn, akn ≤ yk ≤ bknSei η 6= y mit ηk = xη > y ⇒ yk = x Eη < y ⇒ yk = x E

    Sei nun 0 < x < 1, dann 1x > 1,1y :=

    k

    √1x ⇒ y

    k = x, x = 1 ⇒ y = 1

    1.4 Supremum und Infimum

    Definition 1.3. Eine Teilmenge M ⊆ R heißt nach oben beschränkt, wenn:

    ∃K ∈ R : ∀x ∈M : x ≤ K[K heißt obere Schranke von M

    ]M heißt nach unten beschränkt wenn:

    ∃k ∈ R : ∀x ∈M : x ≥ k[k heißt untere Schranke von M

    ]M heißt beschränkt, wenn M nach oben und unten beschränkt ist:

    ∃K ∈ R, ∃k ∈ R : ∀x ∈M : k ≤ x ≤ K

    Satz 1.4. Sei M ⊆ R nach oben beschränkt, dann gibt es eine reelle Zahl s = sup(M) (Supremumvon M) mit folgender Eigenschaft:

    ∀x ∈M : x ≤ s ↔ s ist obere Schranke∀s′ < s : ∃x ∈M : x > s′ ↔ s ist die kleinste obere Schranke

    Sei M ⊆ R nach unten beschränkt, dann gibt es eine reelle Zahl i = inf(M) (Infimum von M)

    27

  • mit folgenden Eigenschaften:

    ∀x ∈M : x ≥ i ↔ i ist untere Schranke∀i′ > i : ∃x ∈M : x < i′ ↔ i ist größte untere Schranke

    Eine beschränkte Menge besitzt Infimum und Supremum.

    Beweis. Sei M ⊆ R nach oben beschränkt: (M 6= ∅)

    ∃K : ∀x ∈M : x ≤ K

    Definiere eine Intervallschachtelung In = [an, bn].∀n : an ist keine obere Schranke von M∀n : bn ist keine obere Schranke von M

    b1 = K, x ∈M, a1 = x− 1

    Angenommen die Intervalle bis zum Index n wären bereits definiert.

    In = [an, bn]

    mn =an + bn

    2

    In+1 = [an+1, bn+1] =

    {[an,mn] wenn mn eine obere Schranke von M ist

    [mn, bn] wenn mn keine obere Schranke von M ist

    (In)n∈N ist eine Intervallschachtelung:

    In+1 ⊆ In, |In+1| =1

    2· |In| =⇒ |In| =

    (1

    2

    )n−1I1

    ⇒ ∀ε > 0, ∃n ∈ N : |In| < ε

    Intervallschachtelungsaxiom ⇒ ∃s ∈ R : ∀n ∈ N : s ∈ Inzu zeigen: s = sup(M)

    1. Zeige: s ist obere Schranke:Angenommen ∃x ∈ M : x > s, wähle ε in der zweiten Eigenschaft derIntervallschachtelung als ε = x− s, dann gibt es n mit (bn − an) < ε

    an ≤ s ≤ bn =⇒ 0 ≤ b1 − s < εbn − s < x− s =⇒ bn < x E

    2. Zeige: i ist die kleinste obere Schranke:Angenommen s′ < s ist auch obere Schranke von M. Wähle ε = s − s′,dann gibt es ein n, sodass:

    bn − an < ε an ≤ s ≤ bn =⇒ 0 ≤ s− an < εs− an < s− s′ =⇒ s′ < an E

    Existenz des Infimums Sei M nach unten beschränkt: ∃k ∈ R: ∀x ∈ M :x > k, U =

    {k ∈ R

    ∣∣∣ k ist untere Schranke von M} 6= ∅. U ist nach obenbeschränkt durch jedes x ∈ M , i = sup(U) ist die größte untere Schranke vonM.

    28

  • Bemerkung 29. M ⊆ R, dann muss nicht sup(M) ∈M , inf(M) ∈M gelten.

    • Wenn sup(M) ∈M gilt, dann schreibt man max(M) = sup(M)

    • Wenn inf(M) ∈M gilt, dann schreibt man min(M) = inf(M)

    Bemerkung 30. Wenn M ⊆ R nicht nach ober beschränkt ist, dann schreibt an:

    sup(M) =∞ ⇐⇒ ∀k ∈ R, ∃x ∈M : x > k

    Wenn M nicht nach unten beschränkt ist, schreibt man:

    inf(M) = −∞ ⇐⇒ ∀k ∈ R, ∃x ∈M : x < k

    Bemerkung 31.

    sup(∅) = −∞inf(∅) =∞

    Bemerkung 32. Die Existenz von inf(M) beziehungsweise sup(M) (für jeweils nachunten beziehungsweise nach oben beschränkte Mengen M) ist äquivalent zum Intervall-schachtelungsaxiom.

    Beweis. Intervallschachtelungsaxiom ⇒ ∃ inf, sup XAngenommen jede beschränkte Menge M besitze inf(M) und sup(M). Sei In =

    [an, bn] eine Intervallschachtelung. A ={an

    ∣∣∣ n ∈ N} ∀m,n : an ≤ bm∀n : an ≤ b1, das heißt: A ist nach oben beschränkt x = sup(A) := sup

    n∈N(an)

    zu zeigen:∀n : x ∈ [an, bn] ∀n : an ≤ x nach Definition

    ∀m,n : an ≤ bm ∀m : x = supn∈N

    (an) ≤ bm

    }∀n : x ∈ [an, bn]

    Bemerkung 33. Sei [an, bn] eine Intervallschachtelung.

    supn∈N

    (an) ≤ bm ⇒ supn∈N

    (an) ≤ infm∈N

    (bm)⇒ supn∈N

    (an) = infm∈N

    (bm)

    29

  • Beweis.

    x = supn∈N

    (an)

    y = infm∈N

    (bm)

    y ≥ xAngenommen: y > x : ε = y − x, ∃n : bn − an < ε

    an ≤ x y ≤ bnε = y − x ≤ bn − an < ε E

    Annahme der strikten Ungleichung führt zum Widerspruch =⇒ Gleichheit vonsup(an) und inf(bm) ist bewiesen.

    Satz 1.5. Q liegt dicht in RSeien x, y ∈ R, x < y, dann gibt es ein q ∈ Q mit x < q < y.

    Beweis. Nach dem archimedischen Axiom gibt es eine natürliche Zahl n mitn(y − x) > 1⇔ y > 1n + x.

    m

    n≤ x < m+ 1

    n≤ x+ 1

    n< y

    ⇒ x < m+ 1n

    < y

    ⇒ q = m+ 1n∈ Q

    Definition 1.4. Eine Menge M heißt abzählbar, wenn es eine bijektive Abbildung f : N → Mgibt und heißt höchstens abzählbar, wenn ∃g : N→M das surjektiv ist.

    Bemerkung 34. N und Z sind abzählbar

    f(1) = 0

    f(n) =

    {n2 für n gerade

    −n−12 für n ungerade

    Q ist abzählbar

    q = 1 : ..., −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, ...q = 2 : ..., − 32 , /, −

    12 , /,

    12 , /,

    32 , ...

    q = 3 : ..., /, − 23 , −13 , /,

    13 ,

    23 , /, ...

    30

  • Satz 1.6. R ist nicht abzählbar, sondern überabzählbar.

    Beweis. Angenommen R ∗= {x1, x2, x3, ...} wäre abzählbar, definiere eine Inter-vallschachtelung In mit xn /∈ In:

    I1 = [x1 + 1, x1 + 2] mit x1 /∈ I1Angenommen In sei bereits definiert

    m(1)n =2an + bn

    3

    m(2)n =an + 2bn

    3

    entweder gilt: xn+1 /∈ [an,m(1)n ]oder xn+1 /∈ [m(2)n , bn]

    an bnm

    (1)n m

    (2)n

    Wähle In+1 als Intervall, in dem xn+1 nicht liegt. In ist dann eine Intervall-schachtelung:

    ∀n ∈ N : xn /∈ In⇒ ∃x ∈ R : x ∈ In⇒ ∀n ∈ N : xn 6= n E

    Bemerkung 35. Wäre R abzählbar, gäbe es eine Nummerierung n, die alle x ∈ Rdurchläuft, dann müsste es ein n geben, mit dem man x ∈ In erreicht. Die Intervall-schachtelung ist so konstruiert, dass das nicht geht.

    Bemerkung 36. Wenn M abzählbar ist, dann schreibt man

    |M | = ℵ0

    ”Aleph Null”

    |N | = ℵ0|R| > ℵ0

    31

  • Lösen von Gleichungen

    ax = b(a, b ∈ R

    mit a 6= 0

    )⇒ x = b

    a∈ R

    x2 + px+ q = 0 ⇐⇒(x+

    p

    2

    )2+ q − p

    2

    4= 0(

    x+p

    2

    )2=p2

    4− q

    x1,2 = −p

    2±√p2

    4− q

    1.5 Die komplexen Zahlen C

    Definition 1.5. i2 = −1 ... heißt die imaginäre Einheit (i /∈ R)

    C ={x+ iy

    ∣∣∣ x, y ∈ R} ... Menge der komplexen ZahlenBemerkung 37. Rechenregeln

    (x1 + iy1) + (x2 + iy2) = (x1 + x2) + i(y1 + y2)

    (x1 + iy1) · (x2 + iy2) = x1x2 + iy1x2 + iy2x1 +��i2−1y1y2= (x1x2 − y1y2) + i(y1x2 + y2x1)

    x ∈ R : x+��i · 0 ∈ C⇒ R $ C1

    x+ iy(x,y)6=(0,0)

    =(x− iy)

    (x+ iy)(x− iy)=

    x− iyx2 − i2y2

    =x

    x2 + y2− i y

    x2 + y2

    Das heißt: C erfüllt die Eigenschaften K1 bis K7: C ist also ein Körper.C kann nicht geordnet werden: i2 = −1 < 0 widerspricht 01 und 02.

    Definition 1.6.

    x ...”Realteil von z” x =

  • Bemerkung 38.

    2

  • A1: |z| ≥ 0

    A2: |z · w| = |z| · |w|

    A3: |z + w| ≤ |z|+ |w|

    Bemerkung 41.

    |

  • 1.

    z2 = 3− 4i =⇒ z = x+ iyz2 = (x2 − y2) + 2xyi =⇒ x2 − y2 = 32xy = −4 =⇒ x2 + y2 = |3− 4i| = 5

    x2 − y2 = 3x2 + y2 = 5

    }x2 = 4y2 = 1

    }x = ±2y = ±1

    x+ iy = ±(2− i)√

    3− 4i = ±(2− i)

    2.

    z3 − 1 = 0 =⇒ z1 = 1 ist eine Lösung(z − 1) · (z2 + z + 1) = 0 =⇒ z2 + z + 1 = 0

    z2,3 = −1

    2±√

    1

    4− 1 = −1±

    √3

    2

    −1± i√

    3

    2heißt

    ”dritte Einheitswurzeln”

    ξ =−1± i

    √3

    2=⇒ ξ2 = 1

    ξ=

    ξ

    ξ · ξ= ξ

    ξ4 = ξ =⇒ ξ5 = ξ

    −1+√

    32

    −1−√

    32

    1− 12

    120◦

    35

  • Gleichseitiges Dreieck

    3.

    x3 + ax2 + bx+ c = 0

    x = y − a3→ x3 = y3 − ay2 + a

    2

    3y − a

    3

    27

    x2 = y2 − 2a3y +

    a2

    9

    0 = y3 +���0 · y2 + py + q

    y = u+ v

    y3 = u3 + 3u2 + 3uv2 + v3 = u3 + v3 + 3uv(u+ v︸ ︷︷ ︸=y

    )

    u3 + v3 + (3uv + p︸ ︷︷ ︸3uv:=−p

    ) · (u+ v) + q = 0

    ⇒ u3 + v3 = −q

    uv = −p3→ u3v3 =

    (−p

    3

    )3u3 und v3 sind die Lösungen der Gleichung: z2 + qz +

    (−p3)3

    = 0

    z2 + qz +(−p

    3

    )3= (z − z1) · (z − z2) = z2 − (z1 + z2) + z1z2

    u3, v3 = −q2±√(q

    2

    )2+(p

    3

    )3u, v =

    3

    √−q

    2±√(q

    2

    )2+(p

    3

    )3y =

    3

    √−q

    2+

    √(q2

    )2+(p

    3

    )3+

    3

    √−q

    2−√(q

    2

    )2+(p

    3

    )3︸ ︷︷ ︸

    Cardanosche Formel

    Meist für(q

    2

    )2+(p

    3

    )3≥ 0

    Satz 1.7. Fundamentalsatz der AlgebraSei p(z) = zn + an−1z

    n−1 + ...+ a1z + a0 mit a0, a1, ..., an−1 ∈ C, dann gbt es ein α ∈ C, sodassp(α) = 0

    1.6 Reelle und komplexe Funktionen

    Definition 1.7. Sei U ⊆ R (beziehungsweise C), dann heißt eine Abbildungf : U︸︷︷︸

    Definitions-bereich

    → R︸︷︷︸Werte-bereich

    (beziehungsweise C) eine reelle (beziehungsweise komplexe) Funktion.

    36

  • Bemerkung 43. Rechenoperationen mit Funktionenf, g : U → R (beziehungsweise C)

    f ± g :{U → R (oder C)x 7→ f(x) + g(x)

    f · g :{U → R (oder C)x 7→ f(x) · g(x)

    Wenn g(x) 6= 0 ∀x ∈ U :

    f

    g:

    {U → R (oder C)x 7→ f(x)g(x)

    Definition 1.8. Sei x ∈ Q, x > 0, r = pq

    xpq = xr :=

    (q√x)p

    xp1q · x

    p2q =

    (q√x)p1+p2

    = xp1+p2q

    xr1 ·r2 = xr1+r2 (r1, r2 ∈ Q)(xy)r = xr · yr

    x 7→ xr heißt Potenzfunktion mit dem rationalen Exponenten r

    1.7 Polynome (Polynomfunktionen)

    Definition 1.9. p(x) = anxn + an−1x

    n−1 + ... + a1x + a0 mit a0, ..., an ∈ R oder C heißt einPolynom. (an 6= 0) n heißt der Grad von p, Grad(p):=n.a0, ..., an heißen die Koeffizientenan 6= 0 Leitkoeffizienta0 das konstante Glied.Wenn an = 1, dann heißt p normiert, q(x) = 0 heißt Nullpolynom.

    Satz 1.8. Satz von der Division mit RestSeien p und q Polynome, q 6= 0, dann gibt es Polynome r, s, sodass p = q · s + r gilt. daher istGrad(r) < Grad(q).

    Bemerkung 44. Analogie zur Division mit Rest auf Z(Grad(·) ∼= 1

    ).

    37

  • Beweis.

    p(x) = pnxn + ...+ p1x+ p0

    q(x) = qmxm + ...+ q1x+ q0

    m ≥ 0, (qm 6= 0)Induktion nach n: p(x) = p0

    m = 0 : s = p0q0 r = 0 q(x) = q0 6= 0 p0 =p0q0· q0 6= 0

    m > 0 : s = 0 r = q0 p0 = p(x) = 0 · q(x) + p0Sei p(x) = an+1x

    n+1 + anxn + ...+ a1x+ a0 ein Polynom vom Grad n+ 1

    p(x) =an+1qmm

    q(x) · xm+1 + p1(x)

    Es gilt n+ 1 ≥ m, definiere p1(x)

    p1(x) = an+1xn+1 + anx

    n + ...+ a0 −an+1qm

    (qmxm + ...+ q0)x

    n+1−m =

    = (an+1 −an+1qm−1

    qm)xn + ...

    Grad(p1) ≤ nInduktionsvorraussetzung:

    pn(x) = s1(x) · q(x) + r1(x) mit Grad(r1) < Grad(q)

    p(x) =an+1qm· xn+1−m · q(x) + s1(x) · q(x) + r1(x) =

    =

    (an+1qm· xn+1−m + s1(x)

    )︸ ︷︷ ︸

    x(s)

    ·q(x) + r1(x)︸ ︷︷ ︸r(x)

    Grad(p) < Grad(q) : p(x) = 0 · q(x)︸ ︷︷ ︸s

    + p(x)︸︷︷︸r

    Behauptung s und r sind eindeutig bestimmt.Angenommen:

    p(x) = s1(x) · q(x) + r1(x) = s2(x) · q(x) + r2(x)(s1(x)− s2(x)

    )q(x) = r2(x)− r1(x)

    Grad((s1(x)− s2(x)

    )q(x)

    )≥ Grad(q) E

    1.8 Polynomdivision

    38

  • Beispiel 12.

    x4 + 3x2 + 0x2 − 5x + 2 : (x2 − 2x+ 3) =

    Quotient derPolynomdivision︷ ︸︸ ︷x2 + 5x+ 7

    −(x4 − 2x3 + 3x2)5x3 − 3x2 − 5x + 2

    − (5x3 − 10x2 + 15x)7x2 − 20x + 2

    − (7x2 − 14x + 21)− 6x − 19 → Rest derPolynomdivision

    Bemerkung 45.

    x2 + 5x+ 7− 6x+ 19x2 − 2x+ 3

    = (x2 − 2x+ 3) · (x2 + 5x+ 7)− 6x− 19

    1.9 Nullstellen von Polynomen

    Definition 1.10. Sei p(x) = pnxn + pn−1x

    n−1 + ... + p1x + p0 ein Polynom, dann heißt α ∈ Ceine Nullstelle von p, wenn p(α) = 0. (

    ”Wurzel von p”)

    Bemerkung 46. Sei p ein Polynom und α eine Nullstelle von p.

    p(x) = p1(x) · (x− α) + r(x)︸︷︷︸konstant

    Grad(r)

  • weil Nullstellen mehrfach auftreten können:

    p(x) = p1(x− β1)k1 · (x− β2)k2 · ... · (x− βl)kl

    Dabei sind die βi paarweise verschieden und es gilt k1 + k2 + ...+ kl = n. Man nennt kidie Vielfachheit von βi.

    Folgerungen

    1. Aus dem Fundamentalsatz der Algebra (Satz 1.7) folgt, dass ein Polynom vom Gradn genau n Nullstellen hat, wenn man diese mit Vielfachheit zählt.

    2. Weil das Produkt p(x) = pn(x− β1)k1 · ... · (x− βl)kl genau dann 0 ist, wenn einerder Faktoren verschwindet, sind β1, ..., βl alle Nullstellen von p.

    3. Sei p ein Polynom vom Grad ≤ n und seien α1, ..., αn+1 ∈ C paarweise verschieden.Wenn p(α1) · p(α2) · ... · p(αn+1) = 0, dann ist p das Nullpolynom. (p = 0)

    4. Folgerung aus 3.: Seien p und q zwei Polynome vom Grad n und α1, ..., αn+1 ∈ Cpaarweise verschieden. Wenn p(αj) = q(αj) für j = 1, ..., n + 1, dann ist p(x) =q(x).

    Satz 1.9. Punkt 4. der Folgerung ↑

    Bemerkung 47.

    d(x) = p(x)− q(x) hat Grad ≤ n und n+ 1 Nullstellen

    α1, α2, ..., αn+13.

    =⇒ d(x) := 0

    1.10 Erweiterung der Definition des Binomialkoeffizienten

    Definition 1.11. (n

    k

    )=

    n!

    k!(n− k)!=n · (n− 1) · ... · (n− k + 1)

    k!(x

    k

    ):=

    x · (x− 1) · ... · (x− k + 1)k!

    Polynom in x ∈ C(Es gilt k ∈ N0)

    40

  • Beispiel 13.

    (− 12k

    )=

    (− 12)·(− 32)· ... ·

    −(k− 12 )=︷ ︸︸ ︷(

    −12− k + 1

    )k!

    =

    = (−1)k · 2−k︸ ︷︷ ︸( 12 )

    k

    ·1 · 3 · 5 · ... · (2k − 3) · (2k − 1)k!

    =

    = (−1)k · 2−k · 1 · 2 · 3 · 4 · 5 · ... · (2k − 3) · (2k − 2) · (2k − 1) · 2kk! 2 · 4 · 6 · ... · (2k − 2) · 2k︸ ︷︷ ︸

    2·1·2·2·...·2·(k−1)·2·k=2k·k!

    =

    = (−1)k · 2−k · (2k)!k! · 2k · k!

    = (−1)k · 4−k ·(

    2k

    k

    )

    Beispiel 14. (−kk

    )=

    (−x) · (−x− 1) · ... · (−x− k + 1)k!

    =

    = (−1)k · x · (x+ 1) · ... · (x+ k − 1)k!

    =

    = (−1)k ·(x+ k − 1

    k

    )

    Bemerkung 48. Der Binomialkoeffizient(xk

    )mit x ∈ C und x /∈ N0 hat keine kombina-

    torische Bedeutung.

    k∑l=0

    (m

    l

    )·(

    n

    k − l

    )=

    (m+ n

    k

    )m,n ∈ N0, k ∈ N, fest

    Sei n ∈ N0 fest, dann ist:

    k∑l=0

    (m

    l

    )·(

    n

    k − l

    )=

    (m+ n

    k

    )eine Gleichung in Polynomen in der Variablen m ∈ N0 (Polynome vom Grad k). DieGleichung gilt jedenfalls für m = 0, 1, ..., k (k + 1 Werte). Nach Satz 1.9 stimmen daher

    41

  • die Polynome überein. Damit gilt:

    k∑l=0

    (x

    l

    )·(

    n

    k − l

    )=

    (x+ n

    k

    )für x ∈ C (1.1)

    Sei nun x fest: Damit is der Term (1.1) eine Gleichung in Polynomen in der Variablenn ∈ N0. Die Gleichung gilt für n = 0, 1, ..., k (k+1 Werte). Nach Satz 1.9 stimmen daherdie Polynome überein. Damit gilt:

    k∑l=0

    (x

    l

    )·(

    y

    k − l

    )=

    (x+ y

    k

    )für x, y ∈ C

    Bemerkung 49.

    x = y = −12(

    − 12l

    )= (−1)l · 4−l ·

    (2l

    l

    )

    (−1k

    )=

    (−1) · (−2) · ... ·

    (−1−k+1)=︷ ︸︸ ︷

    (−k)k!

    = (−1) ·��k!��k!

    k∑l=0

    (− 12l

    )·(− 12k − l

    )=

    k∑l=0

    (−1)l · 4−l ·(

    2l

    l

    )· (−1)k−l · 4−(k−l) ·

    (2(k − l)k − l

    )=

    = (−1)k · 4−k ·k∑l=0

    (2l

    l

    )·(

    2(k − l)k − l

    )︸ ︷︷ ︸

    =4k

    = (−1)k =((− 12)

    +(− 12)

    k

    )

    Bemerkung 50. Sei p(x) = pnxn+ ...+p1x+p0 ein Polynom mit reellen Koeffizienten.

    Dann treten die komplexen Nullstellen paarweise auf. Sei α ∈ C eine Nullstelle von p:o(α) = pnα

    n + ...+ p1α+ p0 = 0Wende komplexe Konjugation an: p(α) = pnαn + ...+ p1α+ p0 = 0 = p(α)

    42

  • Bemerkung 51.

    p(x) = pn(x− α)k1 · (x− α)k2 · ... ⇒ k1 = k2(x− α) · (x− α) = x2 − (α+ α)︸ ︷︷ ︸

    −p∈R

    x+ αα︸︷︷︸q∈R︸ ︷︷ ︸

    reelles Polynom

    α ∈ C \ R, α, α = −p2±√p2

    4− q mit p

    2

    4− q < q

    Satz 1.10. Sei p(x) = pnxn+...+p1x+p0 ein Polynom mit komplexen Koeffizienten, dann zerfällt

    p über C in Linearfaktoren, das heißt: p(x) = pn · (x − β1)k1 · ... · (x − βl)kl mit β1, ..., βl ∈ C,k1, ..., kl ∈ N und k1 + ...+ kl = n.

    Satz 1.11. Sei p(x) = pnxn + ...+ p0 ein Polynom mit reellen Koeffizienten, dann zerfällt p über

    R in lineare Faktoren(x2 + px+ q mit p

    2

    4 < q)

    . Das heißt:

    p(x) = pn · (x− β1)k1 · ... · (x− βl)kl · (x+γ1x+ δ1)m1 · ... · (x2 + γsx+ δs)ms

    mit β1, ..., βl ∈ R, γ1, ..., γs, δ1, ..., δs ∈ R

    mitγ2j4< δj für j = 1, ..., s

    und k1 + k2 + ...+ kl + 2 · (m1 + ...+ms) = n

    1.11 Rationale Funktionen

    Definition 1.12. Seien p und q Polynome, q 6= 0, dann heißt r(x) = p(x)q(x) eine rationale Funktionr(x) und ist definiert für alle x ∈ C für die q(x) 6= 0 ist.

    Dr ={x ∈ C

    ∣∣∣ q(x) 6= 0}

    Bemerkung 52. Wenn p(x)q(x) im gemeinsame Faktoren von p(x) und q(x) bereinigt wird,

    entsteht die gekürzte Darstellung von r(x) = P (x)Q(x) . Das heißt: P (x) und Q(x) haben keine

    gemeinsamen Nullstellen. Der vollständige Definitionsbereich von r:

    Dr ={x ∈ C

    ∣∣∣ Q(x) 6= 0}

    43

  • Beispiel 15.

    r(x) =x”− 1

    x2 − 3x+ 2=��

    ��(x− 1) · (x+ 1) · (x2 + 1)���

    �(x− 1) · (x− 2)=

    (x+ 1) · (x2 + 1)x− 2

    1.12 Partialbruchzerlegung

    Satz 1.12. Seien p und q rationale Funktionen, Grad(p) < Grad(q) und q 6= 0. Zerfalle q inLinearfaktoren q(x) = qn(x−α1)k1 · ... · (x−αl)kl mit α1, ..., αl ∈ C paarweise verschieden, danngibt es ein Aij ∈ C, und i = 1, ..., l, beziehungsweise j = 1, ..., k sodass:

    p(x)

    q(x)=

    l∑i=1

    kj∑j=1

    Aij(x− αi)j

    Beweis. Durch Indukion nach m = Grad(q).

    IA: m = 1: Grad(p) < 1⇒ Grad(q) = 0

    p(x)

    q(x)=

    poq1x+ q0

    =

    p0q1

    x−(− q0q1

    ) X⇒ A11 =

    p0q1

    α1 =p0q1

    X

    IS: Angenommen die Aussage ist richtig für Grad(q) < m

    Grad(q) = m

    q(x) = (x− α1)k1 · q1(x) mit q1(α1) 6= 0Grad(q1) < m

    p(x)q(x) =

    A1k1(x−α1)k1

    + Rest / · (x− α1)k1 · ...⇒ p(x)q(x) = A1k1 + (x− α1)

    k1 · Rest︸ ︷︷ ︸hat keinen Nenner

    /x = α1

    ⇒ p(α1)q1(α1) = A1k1 +(((((((((α1 − α1)k1 · Rest

    ⇒ das heißt: wähle A1k1 =p(α1)q1(α1)

    Ansatz unter der Annahme,

    dass der Beweis klappen wird

    p(x)

    q(x)=

    p(x)

    q1(x) · (x− α1)k1− p(α1)q1(α1) · (x− α1)k1

    +A1k1

    (x− α1)k1=

    =p(x)− p(α1)q1(α1) · q1(x)q1(x) · (x− α1)k1

    − A1k1(x− α1)k1

    Grad

  • p(x)− p(α1)q1(α1)

    · q1(x) = (x− α1)k1 · p1(x)︸ ︷︷ ︸Grad(p1)

  • C:

    x2 + x− 2(x+ 1)2 · (x+ 1− i)

    = C + (x+ 1 + i)

    Definiert bei x = −1− i(−1− i)2 − 1− i− 2

    (−i)2 · (−1− i+ 1− i)=

    2i− 1− i− 2(−1) · (−2i)

    =3 + i

    2i=

    1 + 3i

    2= C

    D:

    D = C =1− 3i

    2

    ⇒ x2 + x− 2

    (x+ 1)2 · (x2 + 2x+ 2)=

    −2(x+ 1)2

    − 1x+ 1

    +1 + 3i

    2(x+ 1 + i)+

    1− 3i2(x+ 1− i)

    Bemerkung 53. Sei p(x)q(x) eine beliebige rationale Funktion:

    1. Fall: Grad(p) < Grad(q) ⇒ PBZ

    2. Fall: Grad(p) ≥ Grad(q) ... PBZ nicht zulässig

    p(x) = s(x) · q(x) + r(x)p(x)

    q(x)= s(x)︸︷︷︸

    Polynom

    +r(x)

    q(x)︸ ︷︷ ︸PBZ

    Das heißt: Jede rationale Funktion kann in der Form p(x)q(x) = s(x)︸︷︷︸Polynom

    +PBZ geschrieben

    werden. Diese Darstellung ist eindeutig.

    46

  • Beweis. s(x) entsteht durch Polynomdivision ⇒ eindeutig bestimmt.

    r(x)

    q(x)=

    l∑i=1

    kj∑j=1

    Aij(x− αi)j

    =

    l∑i=1

    kj∑j=1

    Bij(x− αi)j

    mit Bij 6= Aij

    0 =

    l∑i=1

    kj∑j=1

    Aij −Bij(x− αi)j

    Wähle i = I, sodass ein j entstehtmit Bij 6= Aij . Wähle j = J maximal

    0 =

    J∑j=1

    AIj −BIj(x− αI)j

    +

    l∑i=1i 6=I

    ki∑j=1

    Aij −Bij(x− αi)j

    / · (x− αI)J

    = (AIJ −BIJ) + (−αI) ·

    l∑i=1i 6=I

    ki∑j=1

    Aij −Bij(x− αi)j

    = AIJ −BIJ + 0⇒ Aij = BIJ E

    ⇒ Es gibt nur eine Partialbruhzerlegung⇒ Die Partialbruchzerlegung ist eindeutig bestimmt

    47

  • 2 Folgen, Reihen, Grenzwerte

    Definition 2.1. Eine Abbildung f : N(0) → R (beziehungsweise C) heißt eine Folge reeller(beziehungsweise komplexer) Zahlen.Schreibweise: a1 = f(1)Folge: → (an)n∈N beziehungsweise (aN )n∈N0

    Definition 2.2. Eine Folge (an)n∈N reeller beziehungsweise komplexer Zahlen konvergiert, gegena ∈ R (beziehungsweise C), wenn

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε

    Das heißt: Für jede vorgegebene Fehlerschranke ε > 0 wird |a − an| < ε wenn n ”groß genug”wird.Sprechweise dazu: |a− an| < ε für ”fast alle” n.

    ”fast alle ” ⇔ ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ... für alle mit Ausnahme von endlich vielen

    Schreibweise

    a = limn→∞

    (an) ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε

    a heißt der Grenzwert von (an)n∈N

    Definition 2.3. Eine Folge (an)n∈N heißt konvergent, wenn sie einen Grenzwert besitzt

    ⇔ ∃a ∈ R (beziehungsweise C), ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |a− an| < ε

    Satz 2.1. Eine Folge (an)n∈N kann höchstens einen Grenzwert haben.

    Beweis. Angenommen (an)n ∈ N hat zwei Grenzwerte a und b mit a 6= b.

    ∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε∀ε > 0, ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |an − b| < ε

    ε =|b− a|

    2> 0

    n ≥ max{N1, N2}

    |a− b| = |a− an + an − b| ≤ |a− an|+ |an − b| <|b− a|

    2+|b− a|

    2= |b− a| E

    Definition 2.4. Eine Folge (an)n∈N heißt Nullfolge, wenn:

    limn→∞

    (an) = 0 ⇔ ∀ε > 0, ∃N ∈ N, ∀n ≥ N : |an| < ε

    48

  • Beispiel 17. s ∈ Q und s > 0:

    limn→∞

    (1

    ns

    )= 0

    ε > 0 :

    ∣∣∣∣ 1ns∣∣∣∣ < ε

    1

    n< ε

    1s

    n > ε−1s

    N =⌈ε−

    1s

    ⌉︸ ︷︷ ︸∈R+

    +1 ... die nächstgrößere ganze Zahl von ε−1s plus 1

    Dann gilt:1

    ns< ε für n ≥ N

    a > 0 :

    limn→∞

    ( n√a) = 1

    Beweis. Zweiteilung:

    a > 1:

    xn =n√a− 1 > 0

    n√a = 1 + xn

    a = (1 + xn)n ≥ 1 + n · xn

    ⇒ 0 < xn ≤a− 1n

    ε > 0 : xn < ε gilt sicher, wenna− 1n

    < ε gilt.

    Das heißt: n >a− 1ε

    und N =

    ⌈a− 1ε

    ⌉+ 1

    a < 1:

    yn =1n√a

    =n

    √1

    a

    1

    a> 1, daher gilt lim

    n→∞(yn) = 1

    1

    yn= n√a∣∣∣∣ 1yn − 1

    ∣∣∣∣ = |yn − 1|yn ≤ |yn − 1| < ε (wenn n ≥ N)

    49

  • Bemerkung 54.

    limn→∞

    (n√n)

    = 1

    Beweis.

    xn =n√n− 1 ≥ 0

    n√n = 1 + x0 ⇔ n = (1− xn)n

    n = 1 + nxn +

    (n

    2

    )x2n + ... ≥ 1 +

    (n

    2

    )x2n

    n− 1 ≥ n(n− 1)2︸ ︷︷ ︸

    (n2)

    x2n ⇒ x2n =2

    n

    xn ≤√

    2√n

    0 ≤ xn ≤√

    2√n

    xn < ε gilt, wenn

    √2√n< ε

    n >2

    ε2

    N =

    ⌈2

    ε2

    ⌉+ 1

    Bemerkung 55.

    |q| < 1 ⇒ limn→∞

    (qn) = 0

    Beweis.

    Q =1

    |q|> 1

    Qn = (1 + (q − 1))n ≥ 1 + (Q− 1) · n

    |qn| = 1Qn≤ 1

    1 + (Q− 1) · n< ε

    n >

    (1

    ε− 1)· 1Q− 1

    N =

    ⌈(1

    ε− 1)· 1Q− 1

    ⌉+ 1

    50

  • Bemerkung 56.

    |z| > 1 ⇒ limn→∞

    (nk

    zn

    )= 0 für k ∈ N

    Beweis.

    1 + x = |z| : (1 + x)n+k+1 =n+k+1∑l=0

    (n+ k + 1

    l

    )≥

    l=k+1

    (n+ k + 1

    k + 1

    )xk+1 =

    =(n+ k + 1)(n+ k)(n+ 1)

    (k + 1)!xk+1

    ⇒ (n+ k + 1)(n+ k)(n+ 1)(k + 1)!

    xk+1 ≥ nk+1

    (k + 1)!xk+1

    |z|n+ k + 1 = (1 + x)n+k+1 ≥ nk+1

    (k + 1)!xk+1

    |z|n ≥ nk+1

    (k + 1)!·(

    x

    1 + x

    )k+1∣∣∣∣nkzn

    ∣∣∣∣ ≤ nk(n+ 1)!nk+1 ·

    (x

    1+x

    )k+1 = 1n · (k + 1)! ·(

    1 + x

    x

    )k+1

    ε > 0 : Wenn1

    n· (k + 1)! ·

    (1 + x

    x

    )k+1< ε gilt, dann gilt auch:

    ∣∣∣∣nkzn∣∣∣∣ < ε

    n >(k + 1)! ·

    (1+xx

    )k+12

    ⇒ N =

    ⌈(k + 1)! ·

    (1+xx

    )k+12

    ⌉+ 1

    2.1 Rechenregeln für Grenzwerte

    Satz 2.2. Seien ((an)n∈N und (bn)n∈N konvergente Folgen reeller (beziehungsweise komplexer)Zahlen:

    a = limn→∞

    (an) und b = limn→∞

    (bn)

    Dann gilt:

    1. (an ± bn)n∈N ist konvergent und es gilt:

    a± b = limn→∞

    (an ± bn)

    2. (an · bn) ist konvergent und es gilt:

    a · b = limn→∞

    (an · bn)

    51

  • 3. Wenn ∀n ∈ N : bn 6= 0 und b 6= 0, dann konvergiert(anbn

    )n∈N

    und es gilt:

    a

    b= limn→∞

    (anbn

    )4. (an)n∈N ist konvergent und es gilt:

    a = limn→∞

    (an)

    5. (|an|) ist konvergent und es gilt:

    |a| = limn→∞

    (|an|)

    Beweis.

    1.

    ∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| <ε

    2

    ∀ε > 0, ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |bn − b| <ε

    2⇒ |(an ± bn)− (a± b)| ≤ |an − a|︸ ︷︷ ︸

    < ε2

    + |bn − b|︸ ︷︷ ︸< ε2

    < ε

    2. (bn)n∈N

    ε = 1 ⇒ ∃N0 ∈ N : ∀n ≥ N0 : |bn − b| < 1|bn| = |b+ (bn − b)| < |b|+ |bn − b| ≤ |b|+ 1

    Sei ε > 0:

    ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| ≤ ε2(|b|+1)∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |bn − b| ≤ ε2(|a|+1)

    n ≥ max{N1, N2} : |anbn − ab| = |anbn − abn + abn − ab| ≤

    ≤ |bn| · |an − a|+ |a| · |bn − b| ≤����(|b|+ 1) ·ε

    2����(|b|+ 1)

    + |a| · ε2(|a|+ 1)

    =

    2+|a||a|+ 1︸ ︷︷ ︸

  • gilt und wende dann 2. auf (an)n∈N und(

    1bn

    )n∈N

    an.

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |bn − b| < ε

    ε =|b|2

    Dann gibt es ein N0 : ∀n ≥ N0 : |bn − b| <|b|2

    |bn| = |b− (b− bn)| ≥∣∣|bn| − |b− bn|∣∣ > |b| − |b|

    2=|b|2> 0

    ∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |bn − b| <|b|2· ε

    Für n ≥ max{N1, N0} gilt dann∣∣∣∣ 1bn∣∣∣∣− ∣∣∣∣1b

    ∣∣∣∣ = |bn − b||bn| · |b| < ��|b|2ε

    �2��|b|

    �2��|b|

    = ε

    4. |an − a| = |an − a| ...

    5.∣∣|an| − |a|∣∣ ...

    Satz 2.3. Seien (an)n∈N und (bn)n∈N konvergente Folgen reeller zahlen mit a = limn→∞

    (an) und

    b = limn→∞

    (bn). Wenn es ein N0 ∈ N gib, sodass ∀n ≥ N0 : an ≥ bn gilt, dann gilt a ≥ b.

    Beweis.

    ∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |bn − b| < ε

    }n ≥ N = max{N0, N1, N2}

    a− ε < an < a+ εb− ε < bn < b+ ε

    }→ 0 ≤ an − bn < (a+ ε)− (b− ε) = a− b+ 2ε

    0 < a− b+ 2ε∀ε > 0 : b− a < 2ε

    ⇒ für beliebige ε > 0 nur möglich, wenn: b− a ≤ 0b ≤ a

    Satz 2.4. EntschließungssatzSeien (an)n∈N, (bn)n∈N und (cn)n∈N Folgen reeller zahlen und gelte für N0 ∈ N : ∀n ≥ N0 :an ≤ bn ≤ cn.Wenn (an)n∈N und (bn)n∈N konvergieren und a = lim

    n→∞(an) = lim

    n→∞(cn) gilt, dann kovergiert auch

    (bn)n∈N und es gilt: a = limn→∞

    (bn)

    Beweis.

    ∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : |an − a| < ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 : |cn − c| < ε

    }N = max

    (N0, N1, N2

    ): n ≥ N

    a− ε < an ≤ bn ≤ cn < a+ ε⇒ a− ε < bn < a+ ε⇔ |bn − a| < ε

    53

  • Definition 2.5. Seien (an)n∈N und (bn)n∈N Folgen, dann schreibt man an ∼ bn[”asymptotisch

    gleich”], wenn lim

    n→∞

    (anbn

    )= 1.

    Definition 2.6. Eine Folge (an)n∈N reeller, oder komplexer Zahlen heißt beschränkt, wenn es einm ∈ R+ gibt, sodass ∀n ∈ N : |an| ≤M

    Satz 2.5. Eine konvergente Folge ist beschränkt.

    Beweis.

    (an)n∈N, ∀ > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an − a| < εε = 1 : ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an| = |a+ an − a| ≤ |a|+ 1

    M = max(|a1|, |a2|, ..., |aN−1|, |a|+ 1

    )⇒ ∀n : |an| ≤M

    Definition 2.7. Sei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen, dann heißt (an)n∈N:

    • monoton wachsend, wenn ∀n ∈ N :

    an+1 ≥ an

    • streng monoton wachsend, wenn ∀n ∈ N :

    an+1 > an

    • monoton fallend, wenn ∀n ∈ N :

    an+1 ≤ an

    • streng monoton, wenn ∀n ∈ N :

    an+1 < an

    (an)n∈N heißt monoton, wenn es entweder monoton wachsend oder fallend ist.

    Satz 2.6. Eine monotone und beschränkte Folge ist konvergent, wenn

    • (an)n∈N monoton wachsend ist, dann gilt

    limn→∞

    (an) = supn∈N

    (an)

    54

  • • (an)n∈N monoton fallend ist, dann gilt

    limn→∞

    (an) = infn∈N

    (an)

    Beweis.

    • Sei (an)n∈N monoton wachsend.Weil (an)n∈N beschränkt ist, existiert a = sup

    n∈N(an) lauf Satz 1.4

    ∀n ∈ N : an ≤ a∀ε > 0, ∃N ∈ N : aN > a− ε⇒ ∀n ≥ N : an ≥ aN > a− ε

    das heißt: ∀n ≥ N : a− ε < an ≤ a < a+ ε⇒ |an − a| < ε

    • Sei (an)n∈N monoton fallen.Weil (an)n∈N beschränkt ist, existiert a = inf

    n→∞(an) laut Satz 1.4

    ∀n ∈ N : an ≥ a∀ε > 0, ∃N ∈ N : aN < a+ ε⇒ ∀n ≥ N : an ≤ aN < a+ ε

    das heißt: ∀n ≥ N : a− ε < a ≤ an < a+ ε⇒ |an − a| < ε

    Beispiel 18.

    pn =2 · 4 · 6 · ... · (2n)

    1 · 3 · 5 · ... · (2n− 1)

    an =pn√n

    und bn =pn√n+ 1

    Es soll gezeigt werden: bn+1 ≥ bn ⇔b2n+1b2n≥ 1

    b2n+1b2n

    =pn+1√n+ 2

    2 ·√n+ 1

    2

    p2n=

    =��2

    2 ·��42 ·��62 · ... ·���(2n)2 ·

    (2(n+ 1)

    )2��1

    2 ·��32 ·��52 · ... ·�����

    (2n− 1)2 · (2n+ 1)2 · (n+ 2)·��1

    2 ·��32 ·��52 · ... ·�����

    (2n− 1)2 · (n+ 1)

    ��22 ·��42��62 · ... ·��

    �(2n)2=

    =(2n+ 2)2 · (n+ 1)(2n+ 1)2 · (n+ 2)

    =4(n3 + 3n2 + 3n+ 1

    )4n3 + 12n2 + 9n+ 2

    =4n3 + 12n2 + 12n+ 4

    4n3 + 12n2 + 9n+ 2> 1

    an+1 ≤ an ⇔a2na2n+1

    ≥ 1

    55

  • ��22 ·��42 ·��62 · ... ·��

    �(2n)2

    ��12 ·��32 ·��52 · ... ·���

    ��(2n− 1)2 · n

    ·��12 ·��32 ·��52 · ... ·���

    ��(2n− 1)2 · (2n+ 1)2 · (n+ 1)

    ��22 ·��42��62 · ... ·��

    �(2n)2 · (2n+ 2)2=

    =(2n+ 1)2

    2n(n+ 1)=

    4n2 + 4n+ 1

    4n2 + 4n> 1

    ⇒ (an)n∈N ↓ (monoton fallend)⇒ (bn)n∈N ↑ (monoton wachsned)

    b1 ≤ b2 ≤ ... ≤ a2 ≤ a1⇒ b1 ≤ bn ≤ an ≤ a1

    (an)n∈N und (bn)n∈N sind beschränkt und monoton, daher konvergent.

    p = limn→∞

    (an) = limn→∞

    (bn) daanbn

    =

    pn√n

    pn√n+1

    =

    √n+ 1√n

    =

    √1 +

    1

    n

    ⇒ limn→∞

    (anbn

    )= 1

    p =√π: (√

    2 = 21·√

    2= b1 ≤ p ≤ a1 = 21·√1 = 2√

    2 ≤ p ≤ 2

    )

    pn =2 · 4 · ... · (2n)

    1 · 3 · ... · (2n− 1)=

    (2 · 4 · ... · (2n)

    )21 · 2 · 3 · ... · (2n− 1) · (2n)

    =4n(n!)2

    (2n)1=

    4n(2nn

    ) ∼ p√nlimn→∞

    (pn√n

    )= p ←→

    (2n

    n

    )∼ 4

    n

    p√n

    ( 12

    n

    )=

    12

    (12 − 1

    )· ... ·

    (12 − n+ 1

    )n!

    =(−1)n−1 ·

    (12

    )2 · 1 · 3 · ... · (2n− 3)n!

    · 2n− 12n− 1︸ ︷︷ ︸

    =1

    =

    =(−1)n−1 · 1 · 3 · ... · (2n− 1)2 · 4 · 6 · ... · (2n) · (2n− 1)

    =(−1)n−1

    2n− 1· 1pn∣∣∣∣( 12n

    )∣∣∣∣ = 1pn(·(2n− 1) ∼ 1p√n · (2n− 1) = 12pn√n · (1− 12n) ∼ 12pn√n = 12pn 32Beispiel 19.

    ”Babylonisches Wurzelziehen”

    a > 0 :√a

    x0 ... gegeben[beliebig gewählter Startwert

    ]x0 ist ein grob geschätztes Ergebnis von

    √a

    Angenommen x0 =√a, dann muss

    √a = ax0 gelten, wenn x0 6=

    √a, dann sind beide

    Ausdrücke nur Näherungen. Im Folgenden werden beide diese Näherungen gemittelt und

    56

  • so eine rekursive Folge definiert.

    x0,a

    x0... Näherungen für

    √a −→

    x1 =12 ·(x0 +

    ax0

    )xn+1 =

    12 ·(xn

    axn

    )Beschränktheit:

    xn ≥√a für n ≥ 1

    xn+1 −√a =

    1

    2xn·(x2n − 2

    √axn + a

    )=

    1

    2xn·(xn −

    √a)2 ≥ 0

    xn − xn+1 = xn −1

    2xn·(x2n + a) =

    1

    2xn·(2x2n − x2n − a

    )=x2n − a

    2xn≥ 0

    √a ≤ xn ≤ xn+1 ≤ ... ≤ x1 ⇒ (xn)n∈N ist beschränkt

    ⇒ (xn)n∈N konvergiert

    ⇒ x = limn→∞

    (xn) = limn→∞

    (xn+1) = limn→∞

    (1

    2

    (xn +

    a

    xn

    ))=

    1

    2

    (limn→∞

    (xn) +a

    xn

    )> 0

    ⇒ x = 12

    (x+

    a

    x

    )⇔ x2 + a = 2x ⇔ x2 = a ⇔ x = ±

    √a

    2.2 Häufungspunkte (Häufungsweite) von Folgen

    Konvergenz: a = limn→∞

    (xn)

    Definition 2.8. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Dann heißt h[in R oder

    C]

    ein Häufungspunkt (Häufungsweite), wenn für jedes ε > 0 die Ungleichung |an − a| < ε fürunendlich viele n erfüllt ist ⇐⇒ wenn für jedes ε > 0 unendlich viele Folgenglieder die Umgebung|xn − h| < ε erfüllen

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |xn − h| < ε

    Definition 2.9. Sei (an)n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen und sei (nk)k∈N eine strengmonoton wachsende Folge natürlicher Zahlen, dann heißt die Folge (ank)k∈N eine Teilfolge von(an)n∈N.

    Satz 2.7. Sei (an)n∈N weine Folge reeller oder komplexer Zahlen, dann ist h ein Häufungspunktder Folge genau dann, wenn es eine gegen h konvergente Teilfolge von (an)n∈N gibt.

    Beweis.

    ”⇒” Sei h ein Häufungspunkt von (an)n∈N

    ε =1

    kmit k = 1, 2, ...

    57

  • k = 1 :

    N = 1, ∃n1 ≥ 1 : |an1 − h| < 1

    k = 2 :

    N = n1 + 1, ∃n2 ≥ n1 : |an2 − h| <1

    2

    ...

    k :

    N = nk−1 + 1, ∃nk ≥ nk−1 : |ank − h| <1

    k

    (akn)k∈N ist dann eine Teilfolge von (an)n∈N und es gilt:

    h = limk→∞

    (ank)

    ”⇐” Sei (an)n∈N eine gegen h konvergente Teilfolge von (an)n∈N

    ∀ε > 0, ∃K ∈ N : ∀k ≥ K : |ank − h| < ε

    Das heißt: für jedes ε > 0 unterscheiden sich die Folgenglieder ank , ank+1 , ...︸ ︷︷ ︸∞−viele

    um weniger als ε von h.

    Beispiel 20.

    an = (−1)n +1

    na2n = 1 +

    12n ←→ 1 = limn→∞(a2n)

    a2n+1 = −1 + 12n+1 ←→ −1 = limn→∞(a2n+1)

    Satz 2.8. Bolzano-Weierstraß

    (i) Jede beschränkte Folge besitzt einen Häufungspunkt

    (ii) Jede beschränkte Folge besitzt eine konvergente Teilfolge

    Bemerkung 57. Nach Satz 2.7 sind diese beiden Aussagen äquivalent.

    58

  • Beweis. (i) Sei (an)n∈N eine beschränkte Folge reeller Zahlen

    ∃a, b ∈ R : ∀n ∈ N : a ≤ an ≤ b[an ∈ [a, b]

    ]I0 = [a, b]

    Wähle I1 =

    [a,a+ b

    2

    ]beziehungsweise

    [a+ b

    2

    ]je nachdem,

    welches der beiden Intervalle ∞-viele Folgenglieder enthält

    In = [αn, βn] , In+1 =

    [αn,

    αn + βn2

    ]beziehungsweise In+1 =

    [αn + β2

    2

    ]Dann bildet I1 ⊇ I2 ⊇ I3 ⊇ ... eine Intervallschachtellung

    Nach Intervallschatelungsprinzip (V) gibt es genau ein h ∈ R sodass:∀n ∈ N : h ∈ In

    Behauptung: h ist ein Häufungspunkt von (an)n∈N

    Sei ε > 0, wähle n so groß, dass |I| < εh ∈ In, |In| < ε⇒ In ⊆ (h− ε, h+ ε)

    Nach Konstruktion liegen in In unendlich viele Folgenglieder,

    also auch in (h− ε, h+ ε)

    (ii) Sei an = xn + iyn eine beschränkte Folge komplexer Zahlen.

    ∃M ∈ N : ∀n ∈ N : |an| ≤M ⇒ |xn| ≤M, |yn| ≤M(xn)n∈N ist eine beschränkte Folge reeller Zahlen.

    Diese besitzt nach (i) einen Häufungspunkt und nach (ii) eine

    konvergente Teilfolge

    x = limk→∞

    (xnk)

    (ynk)k∈N ist eine beschränkte Folge reeller Zahlen.

    Diese besitzt eine konvergente Teilfolge(ynkl

    )l∈N

    ⇒(ankl

    )konvergiert

    Bemerkung 58. Eine Teilfolge einer Teilfolge ist immer noch eine Teilfolge der ur-sprünglichen Folge.

    59

  • Definition 2.10. Sei (an)n∈N eine beschränkte Folge reeller Zahlen. Dann heißt:

    lim supn→∞

    (an) = limn→∞

    (sup

    {an

    ∣∣∣ n ≥ k}) der limes superior[”obere Häufungsgrenze”

    ]lim infn→∞

    (an) = limn→∞

    (inf{an

    ∣∣∣ n ≥ k}) der limes inferior[”untere Häufungsgrenze”

    ]

    Bemerkung 59.

    bk = sup{an

    ∣∣∣ n ≥ k}Die Mengen

    {an

    ∣∣∣ n ≥ k} nehmen mit wachsendem k ab.{an

    ∣∣∣ n ≥ k + 1} ⊆ {an ∣∣∣ n ≥ k}Damit ist (bk)k∈N monoton fallend und beschränkt, daher konvergent

    Ebeneso für lim inf

    Sei h∗ = lim supn→∞

    (an) = limn→∞

    (sup

    {an

    ∣∣∣ n ≥ k})ε > 0 : ∃K ∈ N : ∀k ≥ K :

    ∣∣∣h∗ − sup{an ∣∣∣ n ≥ k}∣∣∣ < εgenauer: h∗ ≤ sup

    {an

    ∣∣∣ n ≥ k} < h∗ + εalso gilt ∀n ≥ k : an < h∗ + ε

    ∀k : h∗ − ε < sup{an

    ∣∣∣ n ≥ k} =⇒ ∀k, ∃n ≥ k : an > h∗ − εdas heißt.: für unendlich viele n gilt: an > h

    ∗ − ε=⇒ h∗ ist ein Häufungspunkt von (an)n∈N

    h∗ − ε h∗ wäre ein Häufungspunkt von (an)n∈N

    ε =h′ − h∗

    2> 0

    h∗ + ε = h′ − ε < an︸ ︷︷ ︸ist nach der Überlegungoben nur für höchstensendlich viele n erfüllt

    < h′ + ε E

    Ebenso für lim infn→∞

    (an)

    60

  • Satz 2.9. Charakterisierung von”

    lim inf” und”

    lim sup”Sei (an)n∈N eine beschränkte Folge reeller Zahlen, h∗ = lim inf

    n→∞(an) und h

    ∗ = lim supn→∞

    (an), dann

    gilt:

    i) ∀ε > 0 an < h∗ − ε für fast alle nii) ∀ε > 0 an > h− ε für ∞− viele niii) ∀ε > 0 an > h∗ − ε für fast alle niv) ∀ε > 0 an < h∗ + ε für ∞-viele n

    Bemerkung 60.

    lim infn→∞

    (an)

    kleinster

    ≤und

    lim supn→∞

    (an)

    größter

    Häufungspunkt

    Wenn: lim infn→∞

    (an) = lim supn→∞

    (an) = a, dann konvergiert (an)n∈N gegen a

    h∗ = h∗ = a :

    ∀ε > 0 ∃N1 ∈ N : ∀n ≥ N1 : an < a+ ε∀ε > 0 ∃N2 ∈ N : ∀n ≥ N2 an > a− ε

    }n ≥ N = max(N1, N2)

    a− ε < an < a+ ε⇒ |a− an| < ε

    Bemerkung 61.

    infn∈N

    (an) ≤ lim infn→∞

    (an) ≤ lim supn→∞

    (an) ≤ supn∈N

    (an)

    Beispiel 21.

    an = (−1)n +1

    nlim supn→∞

    (an) = 1 und lim infn→∞

    (an) = −1

    61

  • zu zeigen nach i)

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : an < 1 + ε

    (−1)n + 1n

    ?< 1 + ε

    (−1)n + 1n≤ 1 + 1

    n≤ 1 + ε

    gilt für n >1

    ε

    ⇒ N =⌈

    1

    ε

    ⌉+ 1

    ii)

    ∀ε > 0, an > 1− ε für ∞− viele n

    a2n = 1 +1

    2n> 1 > 1− ε

    iii)

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : an > −1− ε

    an = (−1)n +1

    n> −1 > −1− ε

    ⇒ N = 1

    iv)

    ∀ε > 0 : an < −1 + ε für ∞− viele n

    a2n+1 = −11

    2n+ 1< −1 + ε

    n >1

    2ε− 1

    2

    N =

    ⌈1

    2.3 Uneigentliche Grenzwerte, beziehungsweise Häufungspunkte

    Definition 2.11. Sei (an)n∈N eine Folge reeller Zahlen, dann gilt:

    limn→∞

    (an) = +∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N : an > Mlimn→∞

    (an) = −∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N : an < −M

    lim supn→∞

    (an) = +∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∀N ∈ N ∃n ≥ N : an > M

    lim infn→∞

    (an) = −∞ ⇐⇒ ∀M > 0 ∀N ∈ N ∃n ≥ N : an < −M

    limn→∞

    (an) = ±∞⇐⇒ limn→∞

    (|a|)

    = +∞

    62

  • Satz 2.10. Konvergenzkriterium von CauchyEine Folge (an)n∈N reeller oder komplexer Zahlen konvergiert genau dann, wenn:

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < ε[”

    Cauchy-Eigenschaft”]

    Wenn eine Folge diese Eigenschaft hat, nennt man sie Cauchy-Folge.

    Beweis.

    ”⇒” Sei (an)n∈N konvergent:

    ∃a : ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : |an − a| <ε2

    ∀m ≥ N : |am − a| < ε2Seien m,n ≥ N : |am − an| =

    ∣∣(am − a)− (an − a)∣∣ ≤ |am − a|+ |an − a| < εdas heißt: ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| ε

    ”⇐” Sei (an)n∈N eine Cauchy-Folge:

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀m,n ≥ N : |am − an| < εε = 1 : ∃N0 ∈ N : ∀m,n ≥ N : 0 : |am − an| < 1⇒ |an0 − an| < 1n ≥ N0 : |an| = |aN0 + (an − an0)| = |an0 |+ |an − an0 | ≤ |an0 |+ 1M = max

    (|a1|, |a2|, ..., |aN0−1|, |aN0 |+ 1

    ): ∀n ∈ N : |an| ≤M

    das heißt: (an)n∈N ist beschränkt

    Nach Satz 2.7 besitzt (an)n∈N eine konvergente Teilfolge(ank)k∈N

    a = limk→∞

    (ank)

    ∀ε > 0, ∃K ∈ N : ∀k ≥ K :∣∣a− ank ∣∣ < ε2

    Cauchy-Eigenschaft: ∀ε > 0, ∃N1 ∈ N : ∀m,n ≥ N1 : |am − an| <ε

    2

    Sei ε > 0 : N = max(N,nk

    )n ≥ N : |an − a| =

    ∣∣an − ank + ank − a∣∣ ≤ ∣∣an − ank ∣∣︸ ︷︷ ︸< ε2

    +∣∣ank − a∣∣︸ ︷︷ ︸

    ε2

    < ε

    63

  • Beispiel 22.

    a0 = 1, a1 =12 , a2 =

    13 , a3 =

    35 , ...

    an+1 =1

    an + 1

    ∀n : 12≤ an ≤ 1 ... Behauptung

    3

    2≤ an + 1 ≤ 2

    ⇒ 12≤ 1an + 1︸ ︷︷ ︸an+1

    ≤ 23≤ 1

    Bemerkung 62.

    ∀ε > 0, ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : ∀k ∈ N : |an+ k︸ ︷︷ ︸=:m

    − an| < ε

    Beispiel 23. Fortsetzung des Beispiels 22

    |an+k − an| =∣∣∣∣ 1an+k−1 + 1 − 1an−1 + 1

    ∣∣∣∣ = |an+k−1 − an−1|(an−1 + 1)︸ ︷︷ ︸≥ 32

    · (an+k−1 + 1)︸ ︷︷ ︸≥ 32

    ≤ 49

    ∣∣an+k−1 − an−1∣∣Induktion iterieren: immer Index um 1 absenken:

    ...

    ⇒ ≤ · · · ≤(

    4

    9

    )n· |ak − a0| ≤

    (4

    9

    )n· 1

    2

    Sei ε > 0, dann ∃N ∈ N : ∀n ≥ N : 12·(

    4

    9

    )n< ε

    daraus folgt: ∀n ≥ N : ∃k ∈ N : |an+k − an| ≤1

    2

    (4

    9

    )n< ε

    (an)n∈N ist eine Cauchy-Folge, daher konvergent

    ⇒ a = limn→∞

    (an) = limn→∞

    (an+1) = limn→∞

    (1

    an + 1

    )=

    1

    a+ 1

    ⇒ a2 + a− 1 = 0 −→ a = −1±√

    5

    21

    2≤ an ≤ 1⇒ a ist positiv ∀n ∈ N

    64

  • 2.4 Bemerkungen zur Vollständigkeit von R (beziehungs-weise C)

    Intervallschtelungsprinzip (V) =⇒⇐=infsup =⇒ lim inflim sup

    a)=⇒ Bolzano-Weierstraß

    Bolzano-Weierstraß =⇒ Cauchy-Kriterium b)=⇒ Intervallschatelungsprinzip (V)

    a) lim inflim sup =⇒ Bolzano-Weierstraß:lim inf und lim sup existi